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Seit dem Tod seines Vaters und seines Bruders war Joey nicht mehr derselbe. Aus dem einst unauffälligen Jungen war ein hartherziger, spöttischer junger Mann geworden. Selbst seine Mutter, die ihn über alles liebte, wusste nicht mehr, wie sie mit ihm umgehen sollte.
Joey arbeitete als Pfleger im Krankenhaus – ein Beruf, der eigentlich Mitgefühl und Geduld verlangte. Doch er nutzte seine Stellung, um sich mit den Kollegen makabere Wetten auszudenken. Sie rieten, wie lange ein Patient noch leben würde oder wer von ihnen wohl zuerst sterben müsse. Dazu kamen immer neue Streiche, die er Patienten und Kolleginnen spielte, als wäre das Leid anderer für ihn nur ein Spiel.
Eines Tages jedoch schlug das Schicksal zurück: Bei einem seiner Streiche verlor Joey die Kontrolle – und fand sich plötzlich in der Hölle wieder. Doch selbst der Teufel konnte nichts mit ihm anfangen. Joey tat nicht, was man ihm befahl, er widersetzte sich trotzig jedem Befehl. So blieb dem Fürsten der Unterwelt nichts anderes übrig, als ihn fortzuschicken.
Joey erwachte im Himmel vor den Toren des Petrus. Hier sollte er seine Flügel verdienen, um als Engel aufgenommen zu werden. Doch auch im Paradies blieb Joey stur, widerspenstig und voller Eigenwillen. Petrus, der schon viele schwierige Seelen erlebt hatte, stand vor einer neuen Prüfung: Würde es ihm gelingen, Joey auf den rechten Weg zu führen – oder war dieser junge Mann selbst für den Himmel eine zu große Herausforderung?
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Im Krankenhaus
Nach dem Autounfall seines Vaters lebte Joey allein mit seiner Mutter im Haus seiner Eltern. Er wurde einfach nicht damit fertig, dass er sowohl seinen Vater als auch seinen Bruderverloren hatte. Nach dem Tod der beiden hatte er sich verändert: Er ging jedes Wochenende auf Tour. Doch immer, wenn Joey am Wochenende unterwegs gewesen war, hatte seine Mutter am nächsten Morgen ihre Last mit ihm. Denn er wollte nicht aus dem Bett kommen, um zur Arbeit zu gehen. Meist brauchte sie fast eine Stunde, bis sie ihn aus den Federn bekam.
So war es auch an diesem Morgen. Sie hatte es satt, mit ihrem Sohn umzugehen, und konnte das ewige Saufen nicht mehr ertragen. Sie war schon fast so weit, ihn auf die Straße zu setzen. Selbst wenn er schon aufgestanden war, musste sie ihn immer wieder rufen, bevor er kam.
„Joey, wann bist du denn so weit? Wie oft muss ich dich noch rufen, bevor du kommst?“, rief sie nach oben, sodass er es in seinem Zimmer hörte.
„Ach, Mann! Kann man nicht einmal liegen bleiben? Ich bin doch noch müde – es war eine lange Nacht!“, schrie er aus seinem Zimmer zurück und deckte sich erneut zu.
Als seine Mutter das hörte, wurde sie sauer und rief:„Wer saufen kann, muss auch aufstehen können – und nun sieh zu!“
Da er immer noch nicht kommen wollte, machte sie sich auf den Weg in Joeys Zimmer. Sie hatte bereits die Hälfte der Treppe geschafft, doch da stand ihr Sohn schon neben seinem Bett. Er kannte seine Mutter zu gut und hatte sich doch noch fertig gemacht, um ihr zuvorzukommen.
Als sie oben ankam und die Tür zu seinem Zimmer öffnete, sagte er spöttisch:„Hurra, sie ist da! Ich bin so weit – den Weg hättest du dir sparen können.“
„Das hätte ich dir auch nur geraten!“, drohte seine Mutter und öffnete das Fenster. „Ich habe nur Ärger mit dir! Was soll ich nur mit dir machen?“ schimpfte sie weiter. „Joey, wir müssen uns mal über dein ewiges Herumtreiben unterhalten. So geht das nicht weiter!“
Doch von ihrem Sohn bekam sie nur eine schnoddrige Antwort. Es interessierte ihn gar nicht, was seine Mutter sagte.„Wie oft soll ich es dir noch sagen? Es geht dich nichts an, was ich mache und wie oft ich es mache. Und nun lass mich durch, sonst komme ich deinetwegen noch zu spät zur Arbeit“, sagte er und drängte sie beiseite.
Anschließend schnappte er sich seine Jacke und machte sich auf den Weg – ohne zu frühstücken oder sich zu verabschieden. Seine Mutter rief ihm noch nach, doch er reagierte überhaupt nicht. Joey war in Gedanken ganz woanders und hörte sie nicht einmal.„Joey, willst du denn nicht noch etwas essen?“, rief sie ihm fragend nach. Dann murmelte sie vor sich hin: „Mann, Mann – was habe ich nur bei ihm falsch gemacht? Warum werde ich so bestraft?“
Da er nicht mehr antwortete, schloss sie das Fenster wieder und ging die alte Treppe hinunter in die Küche.
Joey brauchte nicht lange, bis er beim Hospital ankam, wo er als Krankenpfleger arbeitete. Er mochte den Job nicht, aber da seine Mutter es so wollte und er keinen anderen gefunden hatte, machte er ihn eben. Kaum war er im Gebäude, hörte er schon einen Kollegen seinen Namen rufen:„Joey, kommst du auch langsam mal? Wir warten schon!“„Ja, sieht man doch, dass ich hier bin! Oder seid ihr blind?“, rief er zurück.
„Hey Joey, hast du dir für heute schon wieder etwas ausgedacht?“, fragte ein anderer Kollege.„Ja, habe ich“, antwortete Joey und schnäuzte sich in sein Taschentuch.„Und was ist es?“, fragte ein weiterer.„Lasst uns eine Wette abschließen“, schlug Joey vor und grinste.
„Wie eine Wette? Was soll das für eine sein?“, fragte der Kollege verdutzt.„Hört zu: Ihr kennt doch den alten Herrn Hansen auf Station 4 – der, der seit ein paar Tagen hier liegt und bei dem die Ärzte keine Hoffnung mehr haben“, begann Joey, wurde aber von seinem Freund Meik unterbrochen.„Ja, den kennen wir! Aber was hat das mit der Wette zu tun?“„Na, und was ist mit dem?“, fragte auch Toni, der dritte Kollege.„Ihr hättet mich nicht unterbrechen müssen – ich wollte es euch gerade erzählen. Also: Ich wette, dass Herr Hansen seine Augen früher zumacht als Herr Meyer von Station 5, Zimmer 8“, sagte Joey und streckte ihnen die Hand hin.
„Um wie viel wetten wir denn?“, fragte Meik.„Hm, lass mich überlegen…“ Joey überlegte kurz und schlug dann vor: „Wir wetten um eine Cola und 10 Euro – aber nur, wenn euch das nicht zu viel ist.“
Die anderen drei waren einverstanden – für so etwas waren sie immer zu haben. Doch bevor sie einschlugen, schlug Joey noch eine zweite Wette vor:„Ich wette, dass die alte Bender auf Station 4, Zimmer 6, es nicht merkt, wenn ich ihr heute Wurmstücke ins Essen mische.“„Meinst du nicht, dass das ein bisschen zu weit geht?“, fragte Matze, der vierte im Bunde.„Na gut, dann eben nicht!“, gab Joey enttäuscht zurück. „Dann musst du halt Fotos von den Pflegerinnen machen, wenn sie sich umziehen.“„Muss das sein? Kann ich nicht was anderes machen?“, fragte Matze, dem das sichtlich unangenehm war.„Dann eben nicht, du Flasche! Aber ihr müsst mir noch sagen, wer eurer Meinung nach zuerst den Löffel abgibt“, sagte Joey.
Nachdem sie ihren Tipp abgegeben hatten, sah Joey auf die Uhr.„Verdammt, jetzt wird’s aber Zeit! Ich habe schon eine Verwarnung bekommen – wenn ich den Job verliere, gibt’s Ärger mit meiner Mutter, und das brauche ich nicht auch noch“, rief er und lief los.
Matze rief ihm noch etwas hinterher, bekam aber keine Antwort. Joey und seine Kollegen dachten sich ständig neue Wetten aus, um Unsinn mit Patienten zu treiben. Joey war ein gemeiner junger Mann – es grenzte an ein Wunder, dass nie etwas Ernstes passiert war. Einmal hatte er einen Patienten aus dem Bett fallen lassen, nur um dessen Jammern zu hören. Ein anderes Mal hatte er einen aus dem Rollstuhl gestoßen, wobei dieser sich den Arm gebrochen hatte.
Joey war nicht nur bei der Arbeit so – auch andere Menschen, selbst seine Mutter, litten unter ihm. Besonders der kleine Peter von nebenan, den Joey immer wieder schikanierte. Eines Tages traf er Peter vor dem Haus.„Hey, Hosenscheißer! Hast du heute mal wieder Ausgang? Stinkst du bei euch die Bude voll und musst jetzt raus?“„Joey, du bist und bleibst ein Trottel“, konterte Peter.„Pass auf, dass du nicht so eine große Klappe hast, sonst kriegst du Ärger mit mir“, sagte Joey und ließ die Luft aus Peters Vorderrad. „Oh, schau mal – ein Plattfuß!“, lachte er.
Peter wurde wütend: „Joey, ich wünsche dir, dass du zur Hölle fährst und dich der Teufel holt!“„Oh, so eine Reise wollte ich schon immer machen – ein schöner Urlaub“, spottete Joey und ließ auch am Hinterrad die Luft raus.
„Oh Gott, warum kannst du ihn nicht jetzt schon in die Hölle schicken? Sein Heiligenschein drückt wohl, aber die Hörner sieht man schon“, schrie Peter.Joey fasste sich grinsend an die Stirn: „Wie, meine Hörner kann man schon sehen?“„Ja, ich kann sie jedenfalls sehen. Aber ich glaube nicht, dass der Teufel viel Freude mit dir hat.“„Weißt du, was ich sehe?“, fragte Joey.„Nein.“„Ich sehe, dass du gleich ein blaues Auge hast“, sagte Joey und schlug Peter ins Gesicht.
Peter schrie auf: „Joey, warum schlägst du mich? Ich habe dir doch gar nichts getan!“„Das war dafür, dass du gesagt hast, ich hätte Hörner. Jetzt hat der Teufel mit seinem Pferdefuß ausgeschlagen. Leg dich nie mit dem Teufel an!“, höhnte Joey und ging weiter.
Peter rief ihm hinterher: „Weißt du, was du bist? Ein Loser – der Teufel wird Spaß an dir haben!“Joey drehte sich nicht um: „Du kannst mich mal, Hosenscheißer!“
Peter fluchte noch laut und machte sich auf den Heimweg – nun allerdings langsamer, ohne Luft in den Reifen.
Die Tage vergingen, und Joey ließ keine Gelegenheit aus, gemein zu sein. Eines Tages sollte er den alten Herrn Jakobs zu einer Untersuchung begleiten. Sein Weg führte ihn an einem Baugerüst vorbei, das Arbeiter gerade abbauten. Als Joey sah, was sie machten, schlich er sich heran und rüttelte daran. Die Arbeiter erschraken so sehr, dass sie sich festklammerten, um nicht zu stürzen. Einer von ihnen rief auch gleich…
„Hör sofort damit auf, oder willst du, dass hier jemand zu Schaden kommt? Wenn ich wieder unten bin, werde ich mal an dir rütteln“, rief er Joey zu.
