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Die Geschichte der CSU ist eine politische Success-Story ohne Gleichen: Die Christlich-Soziale Union Bayern gründete sich 1945 nach dem Ende des 2. Weltkriegs und ist seit 1957 ununterbrochen an der bayerischen Regierung beteiligt. Keine andere deutsche Volkspartei kann diesen Erfolg bei den Wählern für sich verbuchen. Aber warum ist das so? Für was steht diese Partei? Wie ist sie aufgebaut? Diese und andere Fragen werden in dem vorliegenden Buch diskutiert. Aus dem Inhalt: Konservatismus, Strukturelle Merkmale der CSU, Erfolgsfaktoren der Partei, Agenda Setting, Profil und Selbstverständnis der CSU, Medienpräsenz.
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Seitenzahl: 241
Veröffentlichungsjahr: 2013
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Coverbild: Bundesarchiv, B 145 Bild-F049272-0002 / Storz / CC-BY-SA [CC-BY-SA-3.0-de (http://creativecommons. org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons
Erfolgsgarant CSU
Was die Partei so erfolgreich macht
Die CSU – Noch Volkspartei oder schon Klientelpartei? Von Matthias Gottschalk
Einleitung
Analyse der CSU
Funktionale Merkmale
Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
Was erklärt die Erfolge der CSU? Von Tanja Sterian
Einleitung
Materialbasis
Erfolgsfaktoren der CSU
Fazit: Perspektiven und Herausforderungen der CSU
Literaturverzeichnis
Analyse zum Erfolg der CSU in Bayern von Katrin Möbius
Einleitung
Von der Parteigründung zur Hegemonialmacht – die historisch-strukturelle Entwicklung der CSU
Die innerparteiliche Entwicklung der CSU
Vom Agrarstaat zum High-Tech-Standort – die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns und die Rolle der CSU
Historisch-Strukturelle Erfolgsfaktoren
Überwindung der Spaltung in verschiedene Traditionszonen
Organisationspolitische Strategie der CSU
Die Sonderstellung der CSU als Landespartei mit bundespolitischem Anspruch
Politische Kerninhalte der CSU
Politische Grundgedanken
Tradition und Innovation – das politische Erfolgsrezept?
Inszenierung und Medienauftritt der CSU
Selbstdarstellung
Kampagnen
Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Der Konservatismus in der Nachkriegszeit oder: nicht nur 60 Jahre CDU/CSU von Holger Czitrich-Stahl
Vorbemerkung (Juli/August 2005)
Der Konservatismus in der Nachkriegszeit
Der Pragmatismus der Nachkriegszeit
Vom „Gärtnerkonservatismus zur Tendenzwende“
Die Re-Ideologisierung des Konservatismus seit der „Tendenzwende“
Der deutsche Imperativ – der Konservatismus der achtziger Jahre
Anmerkungen
2011
Deutschland war nach dem zweiten Weltkrieg politisch, strukturell, sozial und wirtschaftlich am Boden. Im ganzen Land bildeten sich kleine Parteien, welche sich die Aufgabe stellten, das Land wieder stark zu machen. Diese Tendenzen kamen auch in Bayern auf, wo der ehemalige preußische Ministerpräsident, Reichsminister und damalige Regierungspräsident von Unterfranken, Adam Stegerwald, in einer Rede von einer Demokratie sprach, welche sich nicht nur auf christlichen Grundsätzen, sondern auch auf den Gewerkschaften und den Aussprachen zwischen Arbeitern und Bauern stützen würde.[1] Wenige Wochen nach seinem Tod am 03.12.1945 wurde am 08.01.1946 die Landespartei der Christlich Sozialen Union (CSU) in München gegründet. Trotz eines schlechten Beginns entwickelte sie sich seit den 1950er-Jahren zu der Kraft in Bayern, welche nicht selten bei Landtagswahlen die absolute Mehrheit gewinnen konnte. Sich selbst sieht die CSU als Partei in Bayern, welche die bayerischen Interessen auch auf Bundesebene vertreten will und deswegen als Volkspartei auftritt. Aber kann man von einer Volkspartei sprechen, wenn sich diese nur in einem Bundesland auch zu Bundestagswahlen aufstellen lässt? Kann man davon sprechen, auch wenn diese Partei sich klar auf die Fahnen geschrieben hat, die Interessen Bayerns, also nur eines Bundeslandes, im Bund zu vertreten?
Dieser Frage versucht die vorliegende Arbeit nachzugehen. Dabei soll anhand der von Martin Sebaldt aufgestellten Kriterien untersucht werden, ob und inwieweit es sich bei der CSU um eine Volkspartei handelt. Sebaldt unterscheidet zwischen strukturellen und funktionellen Merkmalen. Die strukturellen umfassen den Organisationsaufbau einer Partei (flächendeckend sowie durchorganisiert), eine hauptamtliche, professionelle Parteiführung, eine gezielte und strukturierte Partizipation der Basis sowie systematische Beziehungen zu Vorfeldorganisationen. Die funktionellen Merkmale umfassen ein alle Schichten betreffendes Wahlprogramm, eine programmatische Orientierung hin zur Mitte, ein optimales Wahlkampfmanagement zur Stimmenmaximierung, eine umfassende politische Personalrekrutierung und einen realistischen Anspruch auf die alleinige Führung einer Regierung.[2] Anhand dieser Kriterien und exemplarischer Beispiele soll untersucht werden, ob die CSU auch heute noch das Prädikat „Volkspartei“ verdient hat oder ob sie zu einer „Klientelpartei“ geworden ist. Dabei soll wie folgt vorgegangen werden: Zuerst sollen die strukturellen Merkmale untersucht werden, indem der Parteiaufbau der CSU untersucht wird hinsichtlich seiner Beteiligungsmöglichkeiten von Verbänden und Bürgern, aber auch die verschiedenen Machtzentren sollen in diesem Abschnitt untersucht werden. Als nächstes wird überprüft, ob es sich bei der politischen Leitung der CSU um eine hauptamtliche, professionelle Parteiführung handelt. In einem weiteren Schritt sollen dann die Partizipationsmöglichkeiten der Parteibasis untersucht werden. Letztlich werden noch die Beziehungen zu Vorfeldorganisationen der CSU untersucht, hinsichtlich ihres Einflusses auf die Politik der CSU aber auch ihrer Rekrutierungsfähigkeit. Bei den funktionalen Merkmalen soll beginnend auf die Parteiprogramme der CSU eingegangen werden. Dabei wird gerade auf die thematische Entwicklung aller Programme seit 1946 eingegangen. Diesem Vergleich schließt sich das Kriterium der programmatischen Orientierung zur Mitte an, welche auf den Grundsatzprogrammen beruht. Zur Untersuchung des Wahlkampfmanagements zur Stimmenmaximierung werden die beiden letzten die CSU betreffenden Wahlkämpfe, die Bundestagswahl 2009 und die Landtagswahl 2008, analysiert. Danach soll die umfassende politische Personalrekrutierung untersucht werden. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Jungen Union (JU), welche von CSU und CDU gleichermaßen als Rekrutierungsorgan genutzt wird. Das letzte funktionale Merkmal, der realistische Anspruch auf die alleinige Führung der Regierung, wird dann durch den Blick auf die Geschichte der CSU in Bayern und im Bund überprüft. Schlussendlich soll dann noch ein Fazit gegeben werden, in dem die Ergebnisse zusammengefasst und die Frage beantwortet wird, ob die CSU auch heute noch als Volkspartei angesehen werden kann.
Zur Untersuchung des Volksparteiencharakters der CSU ist es notwendig, ihren Aufbau zu untersuchen. Dabei muss beachtet werden, inwieweit die Partei sich für Außenstehende öffnet, aber auch, wie die Partizipation der Parteibasis betrieben wird. Auch der Wertewandel, welcher sich in der Gesellschaft seit Jahren vollzieht, spielt hier eine nicht zu unterschätzende Rolle, sieht sich die CSU gerade als christliche Partei auf Grundlage christlicher Werte. Des Weiteren wird der generelle Aufbau der Partei behandelt, da nur eine funktionsfähige Grundstruktur der Partei eine politische Handlungsfähigkeit gewährleisten kann.
Die CSU hat seit ihrer Gründung 1946 den Anspruch, die Interessen Bayerns zu vertreten, auch auf Bundesebene. Dazu bestehen von Anfang an vielfältige Verbindungen zu Verbänden und Organisationen, welche die CSU als Grundlage ihrer Entscheidungen nach ihren Interessen befragt. Dabei stechen zum einen der Bayerische Bauernverband (BBV) und die Gewerkschaften heraus, mit denen die CSU auch heute noch ein gutes Verhältnis hat. Das Verhältnis mit den Kirchen, im Besonderen mit der katholischen Kirche, hat sich gerade in den 1960er-Jahren mit den immer stärker werdenden Säkularisationstendenzen verändert, sodass die Kirche für die CSU nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Auch öffnete sich die CSU mit ihrem Grundsatzprogramm von 1976 auch für Nicht-Christen.[3]
Die Beziehungen der CSU zum BBV liegen in der agrarpolitischen Kraft des Freistaates Bayern auch schon vor 1946 begründet. Erst während der Zeit Franz Josef Strauß’ änderte sich dieses Bild, als sich erstens die Wirtschaft Bayerns von einer agrarisch geprägten zu einer industriell geprägten entwickelte und zweitens, als sich immer neue Agrarverbände gerade in den 1970er-Jahren gründeten.[4] Trotzdem kann der CSU nicht vorgeworfen werden, mit der auftretenden Zersplitterung der Agrarverbände eine Abkehr von diesen Betrieben zu haben. Zwar wurden die Gespräche nun mit mehreren Verbänden geführt (allen voran der BBV und der Bund deutscher Milchbauern (BDM)), jedoch wurden deren Interessen stets von der CSU als wichtig empfunden, auch und gerade wegen der immer noch bestehenden agrarischen Ausrichtung des Freistaates, dessen primärer Wirtschaftssektor auch heute noch ca. 113.000 Betriebe[5] mit ca. 600.000 Arbeitern zählt, die direkt oder indirekt an der Landwirtschaft beteiligt sind.[6] Dies macht deutlich, dass auch weiterhin die Bauernverbände für die CSU eine wichtige Rolle spielen werden, sodass:
„Ein realpolitisch geprägter Dialog mit den Landwirten […] für die CSU auch in Zukunft von Nöten seien [wird], da die Landwirtschaft zum einen nach wie vor ein nicht zu verachtendes Wählerpotential in Bayern darstellt, zum anderen immer noch einen nicht zu vernachlässigende wirtschaftliche Rolle im Freistaat spielt.“[7]
Das Verhältnis zu den Gewerkschaften entwickelte sich genau entgegengesetzt zu dem der Bauernverbände. War das erste zu Beginn sehr gut und wurde gegen Ende immer komplizierter, so verhält es sich bei den Gewerkschaften genau anders herum. Erst die Einflusseinbuße und der Bedeutungsverlust der sozio-ökonomischen Konfliktlinie ließen das Verhältnis von Gewerkschaften und CSU besser werden.[8] Dies führt dazu, dass die Partei ihre Rolle unter den Arbeitnehmer weiter wird ausbauen können, was auch schon bei den letzten Wahlen die CSU betreffend zeigte, konnte sie doch den Anteil der sie wählenden Arbeitnehmer steigern.[9] War die Christlich Soziale Union in den Jahren seit ihrer Gründung bis zur Wende stark abhängig von den Gewerkschaften,[10] so wird die Abhängigkeit wohl immer weiter bis in die Bedeutungslosigkeit abdriften, da die Gewerkschaften für die CSU weder einen weiteren Vermittler darstellen, noch ist sie auf das Wohlwollen der Gewerkschaften zu den Wahlen angewiesen, da die meisten Arbeitnehmer, wie bereits erwähnt, die CSU schon wählen.[11] Trotz allem wird die CSU wohl nicht die Verbindung zu den Arbeitnehmerverbänden abbrechen, stellen sie doch weiterhin eine nicht zu unterschätzende Größe in der deutschen Verbändelandschaft dar. Hilfreich für den gemeinsamen Interessenaustausch ist der Fakt, dass sich der DGB seit den 1980er-Jahren von der SPD distanzierte und sich die Beziehung beider zueinander abschwächte[12], sodass der DGB nicht mehr nur als Vermittler der SPD gilt, was der CSU sehr zugute kommt.[13] Heute ist die Beziehung beider durch eine pluralistische Interaktion geprägt, was auch dem Fakt geschuldet ist, dass beide Seiten sich bewusst wurden, dass gerade in wirtschaftlich schwierigen Situationen ein gemeinsames Vorgehen von Nöten seien könnte.[14] Dies alles macht deutlich, dass die CSU seit Neustem und auch weiterhin von den Gewerkschaften wählbar bleiben wird.
Allgemein ist zu dem Punkt „umfassende und flächendeckende Organisation“, so wie er hier exemplarisch bearbeitet wurde, zu sagen, dass die CSU heute in diesem Punkt besser aufgestellt ist als zuvor. Die Zusammenarbeit mit vielen Verbänden entwickelte sich gut, sodass die CSU heute aus einen großen Fundus auswählen kann und so die Politik für die einzelnen Interessengruppen optimal gestalten kann. Dieser Punkt kann demzufolge als „sehr gut“ charakterisiert werden.
Der Aufbau der CSU kann in zwei Teile geteilt werden: den vertikalen, welcher die einzelnen Gruppen der CSU (Orts-, Landesgruppen etc.) wiederspiegelt und den horizontalen, welcher die einzelnen Machtzentren der CSU wiedergibt, einschließlich der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag. Zuerst soll hier auf den vertikalen Aufbau eingegangen werden. Die CSU gliedert sich in folgende Verbände auf: Orts-, Kreis-, Bezirksverbände sowie den Landesverband. Diese sind dabei an die bestehende Verwaltungsstruktur des Landes angelehnt, insgesamt gibt es sieben Flächenbezirke (Ober- und Niederbayern, Oberpfalz, Schwaben, Ober-, Unter- und Mittelfranken) und drei städtische Bezirksverbände (Augsburg, Nürnberg/Fürth und München).[15] Dabei kommt den Kreis- und Ortsverbänden eine besondere Rolle zu, wird doch in ihnen die eigentliche Basisarbeit vollzogen. Eine Besonderheit der Verbände ist es, das sich die Ortsverbände nicht an den bestehenden Stadt- und Landkreisen orientieren und so eine deutlichen größere Anzahl als die politischen Gemeinden Bayerns darstellen. Dies ist auf die Eingemeindung im Zuge der kommunalen Gebietsreform im Jahre 1972 zurückzuführen, welche zwar Kreise und Gemeinden in ihrer Zahl verkleinerte, sich jedoch nicht auf die bestehenden Strukturen der CSU auswirkte, wodurch ein Überhang an Ortsverbänden zu Stande kam.[16] Die Partizipationsmöglichkeiten dieser kleineren Einheiten werden an anderer Stelle zu untersuchen sein.
Beim horizontalen Aufbau stehen vor allem die verschiedenen Machtzentren der CSU im Fokus. Dabei handelt es sich um die Landesleitung der Partei, der Landtagsfraktion im Bayerischen Parlament, der Staatskanzlei, der Landesgruppe der CSU im deutschen Bundestag, sowie dem Parteipräsidium einschließlich des Parteivorstandes. In dieser Reihenfolge sollen die verschiedenen Machtzentren nun untersucht werden hinsichtlich ihrer Stellung im Parteisystem der CSU, ihres Machtfaktors und ihrer derzeitigen Stellung.
Landesleitung. Die Landesleitung steht für die Parteiorganisation auf Landesebene. Ihre Kernfunktion besteht in der organisatorischen Führung der Partei auf Landesebene, sprich: in der Mitgliederverwaltung, die Planung von politischen Großveranstaltungen sowie dem jeweils zu führenden Wahlkampf.[17] Der Machtfaktor der Landesleitung ist stark begrenzt, da er abhängig von der ihr vom Parteivorsitzenden zugeschriebenen Rolle ist. Dabei ist wichtig zu fragen, inwieweit er in andere Machtzentren eingebunden ist (zum Beispiel war Erwin Huber als Bundespolitiker eher der Landesgruppe im Deutschen Bundestag zugeneigt) und wie sehr die Parteibasis hinter ihm steht.[18] Eine weitere Rolle in der Landesleitung spielt der Generalsekretär, da er als Vertreter der Partei eine große Ausstrahlungswirkung besitzt. Nimmt dieser seine Rolle nur schwach oder auch falsch war, sinkt auch die Macht der Landesleitung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Machtfaktor der Landesleitung stark vom Parteivorsitzendem und dem Generalsekretär abhängt. Auch ist sie primär als Dienstleister für die Parteigliederung zu sehen, welche für die inhaltliche Politikformulierung irrelevant ist.[19] Doch gerade durch ihre Serviceorientierung fällt der Landesleitung in heutiger Zeit eine entscheidende Rolle zu, da sie nicht nur in Zeiten unsicherer Wahlergebnisse ein Gespür für die Interessen der Parteibasis hat, sondern auch als Ideengeber für künftige Wahlkämpfe fungiert. So wird sich ihre Bedeutung wohl mehr und mehr zu einer für die Politiker und die CSU im allgemeinen höheren steigern.[20]
Landtagsfraktion. In der Landtagsfraktion sind die Abgeordneten der CSU des bayerischen Landtages vertreten. Sie funktioniert als Transmissionsriemen zwischen Partei und Bürgern und sorgt dafür, dass der politischen Spitze die Wünsche der Parteibasis übertragen werden.[21] Dies wird dadurch möglich, dass ein Großteil der Abgeordneten entweder Kreis- oder Bezirksvorsitzende der CSU sind und dadurch einen sehr guten Draht zur Parteibasis besitzen.[22] Ihre eigentliche Machstellung erhält die Partei aber durch die Stellung des Fraktionsvorsitzenden. Wenn dieser mehr als Erfüllungsgehilfe von Ministerpräsident und Parteivorsitzendem agiert, so schwindet der Einfluss der Landtagsfraktion dramatisch. Zurzeit kann davon ausgegangen werden, dass die Fraktion eher eine untergeordnete Rolle spielt, denn wie die Süddeutsche Zeitung am 30.11.09 tituliert, herrscht:
„Kammerflimmern im Herzen der CSU. Die Landtagsfraktion hat unter Seehofer an Einfluss verloren.“[23]
Immer wenn die Fraktion davon ausgehen kann, dass der amtierende Ministerpräsident und Parteivorsitzende für Mehrheiten im Parlament sorgen kann, lässt sie sich auf autoritäre Führungsstile ein und gibt so ihre Macht selbst ab. Dabei hängt es aber von ihr selbst ab, ob und wie sie ihre Macht einsetzt und/oder erhalten will, indem sie einen starken Fraktionsvorsitzenden aufstellt und ihre eigenen Interessen auch selber durchsetzt.[24]
Staatskanzlei. Der Existenzanspruch der Staatskanzlei ergibt sich aus der Notwenigkeit des Informationsvorsprunges des Ministerpräsidenten und seiner Leitungsfunktion. Dabei unterstützt sie den amtierenden Ministerpräsidenten in der Ausübung seiner Pflichten. Ihre Funktionen sind die der Präsidial- und Kanzleifunktion (Unterstützung des Ministerpräsidenten), die Leitungsfunktion, die Koordinierungsfunktion (Abstimmung der Tätigkeiten im Staatsministerium), die Kooperationsfunktion (mit Bund, Ländern und Verbänden sowie Interessenvertretungen), die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Ressortfunktion (Medienpolitik), sowie die parteidemokratische Funktion (Kontakt mit Partei zur Abstimmung über Verhalten und Reden des Ministerpräsidenten).[25] Ihre Machtstellung erhält die Partei dabei aus der Stellung, die ihr der Ministerpräsident zuweist. Führte Edmund Stoiber die Partei noch über die Staatskanzlei, verlor sie durch den Amtsantritt von Horst Seehofer zunehmend an Bedeutung, da dieser nicht nur strikt auf eine Trennung von Partei und Staat achtete, sondern auch die meisten politischen Entscheidung lieber selber traf und diese nicht, wie unter Stoiber, von Spitzenbeamten in der Staatskanzlei treffen ließ.[26] Ihre Stellung ist heute eher niedriger zu bewerten als unter Stoiber, jedoch hat sie als Informationsquelle des Ministerpräsidenten immer noch eine bedeutende Machtfunktion inne.
CSU Landesgruppe im Deutschen Bundestag. Da die CSU sich als Landespartei mit bundespolitischem Anspruch versteht, kommt der Landesgruppe der CSU im deutschen Bundestag von Anfang an eine starke Bedeutung zu. Dabei ist ihre Geschlossenheit ihr größter Trumpf, entweder bei den Fraktionsverhandlungen mit der CDU oder bei Verhandlungen mit dem Parteivorstand.[27] Trotz dieser Geschlossenheit spielt die Landesgruppe innerhalb der CSU nur eine untergeordnete Rolle.[28] Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die CSU zwar einen bundespolitischen Anspruch gibt, primär jedoch für die Interessen Bayerns eintritt und dadurch die Bundesebene außen vor bleibt. Ihre Machtstellung hängt dabei von mehreren Faktoren ab: ist der Parteivorsitzende Bundes- oder Landespolitiker, befindet sich die CSU in der Bundesregierung und wie viele Bundestagsabgeordnete haben wichtige Funktionen in der CSU inne, z.B.: Kreis- oder Ortsvorsitzender? Zurzeit scheint sich eher das Bild zu festigen, dass der Landesgruppe von Seiten der CSU-Führung keine besonders große Rolle zugewiesen wird, obwohl Horst Seehofer selber Bundespolitiker war. Aber die deutliche Ansage von seiner Seite gegen den amtierenden Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich nach dessen Kritik an Angela Merkel zeugt davon, dass Seehofer selber eine Profilierung der Landesgruppe auf Bundesebene nicht tolerieren wird.[29]
Parteipräsidium mit Parteivorstand. Durch die ansteigende Menge von Bundes- und Europapolitikern verwässert der Anspruch der Landespolitiker im Parteipräsidium stetig. Laut Satzung der CSU steht den Abgeordneten von Bundes- und Europaebene die Mitgliedschaft in Führungspositionen zu, sodass die Landespolitiker nicht die Möglichkeit haben, sich in diesem Gremium zu profilieren.[30] Durch die Satzung wird aber auch vermieden, dass Kommunalpolitiker ohne Mandat im Präsidium vertreten sind, worunter die Partizipation der Basis stark leidet. Jegliche Entscheidungen wirken dadurch wie von oben erzwungen oder einfach durchgewunken.[31] Die Machtstellung des Parteipräsidiums ergibt sich aus der Stellung und Menge der in ihr vertretenen Abgeordneten. Durch die in der derzeitigen Legislaturperiode hohe Anzahl von Bundes- und Europapolitikern in der CSU scheint die Landespolitik fast vollständig an den Rand gedrängt. Erst die nächsten Wahlen in diesen Ebenen werden zeigen, inwieweit sich der Machtanspruch des Präsidiums auch auf Landesebene wieder relativieren wird.
Zusammenfassend ist für den Punkt „durchorganisierter, ebenen übergreifender Aufbau“ festzustellen, dass die CSU sehr wohl über solch einen Aufbau verfügt. Problematisch erscheint jedoch, dass die Stellung der einzelnen Machtzentren so stark von den jeweiligen politischen Führungspersönlichkeiten und Begebenheiten abhängig sind. Dadurch kann es immer mal wieder dazu kommen, dass sich die Macht einer Institution mit einem Machtwechsel, sei es Personell oder in einer Regierung, sofort verflüchtigt oder extrem ausbaut. Eine höhere Konstanz in diesem Bereich wäre ratsam, da sonst das Bild der Partei in der Bevölkerung oder in der Parteibasis sich eventuell negativ entwickeln könnte. Daher ist für diesen Punk ein „noch gut“ zu konstatieren.
Die Professionalität der Parteiführung innerhalb der CSU steht außer Frage. Bereits die CSU-Bezirksverbände verfügen über eine hauptamtliche Führung.[32] Ab dieser Ebene sind alle Funktionen und Stellen mit hauptamtlichen Mitarbeitern besetzt. Auch der Posten des Parteivorsitzenden war seit Gründung der Partei hauptamtlich und professionell geführt. Einziger Kritikpunkt ist, dass sich der Posten des Parteivorsitzenden und der des Ministerpräsidenten teilweise in einer Person wiederfanden und sich dadurch ein gewisser Aufreibungseffekt entwickelte, da beide Ämter von jeweils nur einer Person schon die volle Aufmerksamkeit verlangen. Auch scheint problematisch, dass kein Parteivorsitzender in der Geschichte der CSU nur diesen Posten bekleidete. Entweder handelte es sich um eine Personalunion von Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt oder der Vorsitzende bekleidete gleichzeitig noch ein anderes Amt, entweder auf Landes- oder Bundesebene.[33] Aus diesen Gründen scheint ein „sehr gut“ für diesen Punkt hier übertrieben, sodass ein „gut“ die treffendere Auswahl darstellt.
Die Parteibasis der CSU verfügte in den Anfangsjahren der Partei bis in die Mitte der 1950er-Jahre über kein Mitspracherecht. Erst mit einer Satzungsreform im Jahre 1952 konnte sich die Basis ein gewisses Mitspracherecht erkämpfen, welches erst einmal aber nur auf die Gremien der Partei Bezug nahm. Diese Partizipationstendenzen setzten sich bis in die späten 1960er-Jahre fort, bis 1968 die durch eine weitere Satzungsreform durch das von 1967 verabschiedete Parteiengesetz partizipatorischen Bestimmungen Einzug in die Partei fanden. Erst ab Ende der 1960er-Jahre kann also von einer demokratischen Partizipation der Basis innerhalb der CSU gesprochen werden.[34] Bereits im Grundsatzprogramm von 1976 wird dann auch den Mitgliedern das Recht eingeräumt, sich an den Debatten über die Programm der CSU zu beteiligen.[35] Generell ist die Basisarbeit der CSU besser als bei anderen Parteien. Dies liegt auch daran, dass die Funktionäre der CSU in das Vereinsleben in den Orten selber stark integriert sind:
„Wir sind näher bei den Leuten. Wir sind in den Vereinen, Verbänden und Organisationen besser verankert. Da ist der Schriftführer der Feuerwehr zugleich der Ortsvorsitzende; und von Gesangsverein, der ist zugleich bei uns. Und dann sagt der: Du, komm doch mal vorbei.“[36]
Auch orientieren sich die Abgeordneten der CSU viel stärker an die Bürgerinnen und Bürger als zum Beispiel die der SPD. Beide Seiten pflegen einen völlig unterschiedlichen Politikstil.[37] Aber auch heute noch wird die Stärkung der Parteibasis betrieben. Im Dezember 2009 wurde vom CSU-Vorstand eine Parteireform eingeleitete, welche zum Ziel hat, das Mitspracherecht der Parteibasis zu stärken. Dabei sollen die Parteimitglieder viel mehr in relevante Entscheidungen mit einbezogen werden.[38] Doch auch in der Verteilung von politischen Ämtern zeigt sich die Einflussmöglichkeit der kleineren Verbände und der Parteibasis: Nach jeder Wahl wird von allen die Einhaltung des Proporz gefordert. Dabei können die Verbände regelmäßig ihre Forderungen auch durchsetzen, da der politischen Leitung bewusst ist, dass sie auf die Mitarbeit jener angewiesen ist. Diese Fakten machen deutlich, dass die Partizipation der Basis für die CSU ein wichtiges Thema ist, da sich ihre Macht aus der Partei- wie der Bevölkerungsbasis ergibt, sodass sie deren Wünsche nicht so einfach ignorieren kann. Trotzdem werden die kleineren Verbände bei politischen Entscheidungen teilweise immer noch übergangen. Dies ist jedoch nicht ihre Schuld, da sie sich seit Jahrzehnten für eine bessere Beteiligung einsetzen. Dieser Punkt kann also mit einem „sehr gut“ bewertet werden, da die Basisarbeit der Abgeordneten und die Partizipationsmöglichkeiten aller Parteimitglieder Ihresgleichen in der Parteienlandschaft suchen.
„Aufgabe aller Arbeitsgemeinschaften ist es, das Gedankengut der CSU in ihren Wirkungskreisen zu verbreiten, für die Partei Mitglieder zu werben und an der Lösung der ihren Bereich betreffenden Fragen mitzuarbeiten.“[39]
Dieser Auszug aus der Satzung der CSU beschreibt die Arbeit der Arbeitskreise sehr treffend. Die Arbeitsgemeinschaften sollen sich mit Fragen auseinandersetzen, welche sich in ihrem Themenbereich befinden und gleichzeitig durch ihre Arbeit Neumitglieder gewinnen. Dabei ist es sehr von Nutzen, dass eine Mitgliedschaft in der CSU in den meisten Arbeitskreisen keine Voraussetzung für die Teilnahme darstellt. So sollen Personen langsam, aber stetig an die CSU herangeführt werden.[40] Arbeitskreise oder Vorfeldorganisationen der CSU sind zum Beispiel: die Junge Union (JU), die Frauen-Union (FU), die Arbeitnehmer-Union (CSA), die Arbeitsgemeinschaft Landwirte (AGL) und andere. Da eine Untersuchung aller Arbeitskreise den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde und die JU an anderer Stelle noch einmal behandelt wird, soll hier exemplarisch nur auf die FU und die CSA eingegangen werden. Beide Arbeitskreise vertreten die Interessen und besprechen die Sorgen und Forderungen einer sozialen Schicht: Arbeitnehmer und Frauen. Die Frauen-Union konnte in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre, nachdem sie an die Mutterpartei angeschlossen wurde, zu einer der größten und wichtigsten Arbeitskreise aufsteigen. Dabei stießen Vorstellung und Realität jedoch schnell an ihre Grenzen, da Frauen der politische Prozess auch in den 1970er-Jahren weitgehend verschlossen war.[41] Erst seit Ende der 1970er-Jahre kann sie sich profilieren und steht heute so stark wie nie da. Sie ist in allen zehn Bezirksverbänden organisiert und kann auf eine breite Unterstützung in den kleineren Verbänden bauen.[42] Die Arbeitnehmer-Union wurde als Gegenstück zum DGB gegründet und sollte den Verlust der konfessionellen Gewerkschaftsbewegung kompensieren. Dies gelang ihr aber eher schlecht, sodass sie bis in die früher 1960er-Jahre nicht einmal in allen Bezirksverbänden vertreten war. Erst seit den 1970er-Jahren konnte sie sich festigen und ihre Mitgliederzahl steigern. Heute steht sie gut da, ist aber bei Weitem nicht so stark aufgestellt wie JU oder FU.[43]
Die Beziehungen der CSU zu den Vorfeldorganisationen sind mit „gut“ zu kennzeichnen. Es bestehen viele Organisationen, welche der CSU als Mitgliedwerber dienen und die Partizipation der Basis und Nichtmitglieder vorantreiben, jedoch sind die verschiedenen Organisationen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Sind JU und FU als die stärksten Vorfeldorganisationen zu kennzeichnen, fristen die anderen ein eher trübes Dasein und verfügen bei Weitem nicht über dasselbe Machtpotential. Hier wären Reformen angebracht, um eventuell kleineren Arbeitskreisen zum Beispiel durch Zusammenlegung eine bessere Position zu verschaffen.
Die funktionalen Merkmale beziehen sich auf das „Tagesgeschäft“ der CSU und sollen deutlich machen, wie die Partei versucht, sich in der politischen Welt zu bewahren. Dabei geht es um das Parteiprogramm, welches die Grundlage der Parteiarbeit darlegt, den Wahlkampf, die Personalrekrutierung und einen realistischen Anspruch auf die alleinige Führung einer Regierung. Diese Punkte stellen dar, wie die CSU sich behaupten will und ob sie es schafft.
Nach §6 Abs. 1 Parteiengesetz ist eine zentrale Forderung an die Parteien die Ausarbeitung einer Parteiprogrammes.[44] Dieser Forderung kam die CSU seit ihrer Gründung nach und hat seit 1946 sechs Grundsatzprogramm verabschiedet. Dabei unterscheiden sich die ersten beiden von dem noch heute gültigen Programm am Meisten. 1946 umfasste das Programm lediglich zehn Punkte auf zwei Seiten Papier, darunter die Entnazifizierung, den staatlichen Wiederaufbau sowie das Bekenntnis zu Föderalismus, Subsidiaritätsprinzip und sozialer Marktwirtschaft.[45] Im darauffolgenden Programm von 1957 wurde lediglich das Thema Außenpolitik eingefügt, welches vorher nur in allgemeinen Formulierungen für den Frieden seinen Ausdruck fand.[46] Im 1968 erschienenen dritten Grundsatzprogramm wurde das Thema Außenpolitik noch weiter differenziert. Auch bekennt sich in diesem die CSU zum ersten Mal klar und eindeutig zum Konservatismus:
„Die CSU ist auch eine konservative Kraft und gerade deshalb entschlossen, die Lebendigkeit europäischen Geistes für die Zukunft zu erschließen.“[47]
Das nächste Grundsatzprogramm von 1976 zieht dann zum ersten Mal eine Bilanz für die CSU. Dabei wird deutlich gemacht, dass sie sich stets für die Gesellschaft eingesetzt hat und nun die leitende Funktion übernommen habe. Weiterhin werden hier auch neue Themen eingeführt, wie der Umweltschutz, die Migration, der Auftrag zu politischen Führung, die Informationsfreiheit und -vielfalt und andere.[48] Das fünfte Grundsatzprogramm von 1993 wollte der deutschen Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch der Sowjetunion Rechnung trage, was auch in seinem Umfang deutlich wird, da es mit 130 Seiten das bis dato umfangreichste Grundsatzprogramm der CSU darstellte.[49] Auch wurden in diesem Programm neue Themen festgelegt, wie zum Beispiel Aids, Drogen, Verkehrsentwicklung und Verbreitung der deutschen Sprache. Auch versucht sich die CSU in ihm in 12 Punkten als Volkspartei darzustellen.[50] Im Jahre 2007 erschien das bis jetzt letzte und umfassendste Parteiprogramm der CSU mit 193 Seiten. In ihm werden die christlichen Werte der Partei erstmals in einem eigenen Unterpunkt behandelt. Auch hier werden neue Themen aufgegriffen, wie die Globalisierung, Sterbehilfe, Verbraucherschutz oder Gentechnik.[51] Die Geschichte der Grundsatzprogramme zeigen, dass die CSU immer bemüht war, die Anforderungen der Zeit in ihren Parteiprogrammen aufzunehmen und die daraus folgenden Fragen zu lösen. Dabei wurden bestehenden Themen erweitert und neue hinzugefügt, sodass die Grundsatzprogramm sich immer mit den neu aufgekommenen und bestehenden Themen auseinandersetzten. Dabei geht es nicht nur um eine besondere Gesellschaftsschicht sondern um die Gesellschaft als Ganzes, deren Erhalt und Absicherung auf jeder Ebene für die CSU bestimmend ist. Daher kann dem Punkt „Umfassendes, alle Schichten betreffendes Parteiprogramm“ ein „sehr gut“ gegeben werden.
Wie bereits im vorangegangen Punkt angesprochen, ist und waren die Parteiprogramme der CSU nie auf nur eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe beschränkt. Jedoch stellen zwei Themen eine Hemmschwelle für potentielle Mitglieder dar: der konservative und der christliche Anspruch der CSU. Denn obwohl sich die CSU als Volkspartei sieht[52], macht sie deutlich, dass sie zu christlichen Werten steht und eine konservative Partei ist. Diese beiden Faktoren sind aber nicht für eine Partei der Mitte ausschlaggebend, da eine solche Partei allen zugänglich seien müsste. Auch Personen, welche sich nicht als Konservativ oder den christlichen Werten verbunden fühlen. Daher kann diesem Punkt nur ein „befriedigend“ gegeben werden, da ein direkter Bezug zu Konservatismus und christlichen Werten nicht zwangsweise jedem Menschen zusagt, was aber eine Voraussetzung für eine Partei der Mitte wäre.
Zur Untersuchung, ob und inwieweit die CSU den optimalen Wahlkampf führt, sollen hier nun die beiden letzten die CSU betreffenden Wahlkämpfe verglichen und erläutert werden. Dabei handelt es sich um die Landtagswahl 2008 in Bayern, welche für die CSU in einem Desaster endete, sowie die Bundestagswahl 2009, in der die CSU ebenfalls Verluste zu verbuchen hatte.[53] Die Gründe für den Ausgang der Wahlen sind vielfältig. Zuerst soll hier nun auf die Landtagswahl von 2008 eingegangen werden. Wohl die größte Schwäche der CSU in der Landtagswahl zeigte sich in den Kandidaten Erwin Huber und Günther Beckstein, welche es nicht schafften, sich von ihrem Vorgänger Edmund Stoiber zu emanzipieren und denen es dadurch an der nötigen Ausstrahlungskraft fehlte. Aber auch wahlpolitisch äußerst suboptimale Äußerungen und Verhalten taten ihr Übriges dazu.[54] Die inhaltlichen und personellen Fehler der CSU im Wahlkampf wurden noch dadurch angeheizt, dass die aufgestellten Kandidaten es nicht schafften, ihre politische Führung zu kompensieren sondern diese noch forcierten. Dabei spielt auch die Wahlkampfwerbung eine große Rolle, da sie in dieser Wahl äußerst blass und einfallslos daherkam. So titulierte ein Wahlplakat lediglich „Sommer, Sonne, CSU“, ohne jegliche politische Meinung.[55] Doch auch nach den nach wie vor schlechten Umfrageergebnissen wurde die Wahlwerbung nicht geändert. Dies kann als krasser Fehler der Parteiführung gewertet werden. Bei der Bundestagswahl 2009 leistete sich die CSU ebenso schwerwiegende Fehler. So wurde auf ein gemeinsames Gremium von CSU und CDU zur Wahlkampfabsprache nicht eingeführt, was zu einer heftigen Debatte innerhalb der Union führte.[56] Aber auch inhaltlich verfolgte die CSU einen klaren Abgrenzungskurs gegenüber ihre möglichen Koalitionspartnern: so wurde mehrmals auf eigene Themenvorschläge für zum Beispiel die Steuer- oder Gesundheitspolitik hingewiesen, um sich von der CDU zu profilieren. Auch die FDP wurde direkt angegriffen, da sie nicht wie von der CSU gefordert eine direkte Koalitionsaussage zur Union traf und in einer aufkommenden Personaldiskussion wurde dem FDP-Personal noch Unfähigkeit unterstellt.[57]
