Erfolgsstrategien für Einkaufsverhandlungen - Thomas Roithmeier - E-Book

Erfolgsstrategien für Einkaufsverhandlungen E-Book

Thomas Roithmeier

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Beschreibung

Für den Erfolg in schwierigen Verhandlungen im Einkauf sind nicht nur gute Argumente entscheidend. Interessenbasierte Verhandlungsstrategien, betriebswirtschaftliche Argumentation, das Eingehen auf Persönlichkeit und Kulturkreis des Gesprächspartners sowie das persönliche Auftreten sind hier maßgeblich.  Dieses Buch von Thomas Roithmeier bietet praxiserprobte Strategien, Methoden und Taktiken für anspruchsvolle Verhandlungen im Einkauf. Sie erfahren, wie Sie überzeugend kommunizieren, typische Fehler in Einkaufsverhandlungen vermeiden und erhalten schlagkräftige Gegenargumente für Einwände von Lieferanten. Darüber hinaus enthält das Buch spezifische Best-in-Class-Strategien zur Abwehr von Preiserhöhungen bei Produktlieferanten und Dienstleistern sowie Konzepte für Verhandlungen mit Monopolisten. Mit praxisporientierten Beispielen. Inhalte: - Auf was Sie in Verhandlungen achten sollten - Professionelle Vorbereitung von Verhandlungen - Erfolgsfaktoren für die Verhandlungsführung - Preiserhöhungen erfolgreich abwehren - Verhandlungsstrategien mit Monopolisten - Ratschläge für schlechte Verhandler:innen

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Seitenzahl: 457

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

InhaltsverzeichnisHinweis zum UrheberrechtImpressumVorwort1 Auf was Sie in Verhandlungen achten sollten1.1 Hören Sie auf zu feilschen, verhandeln Sie endlich!1.1.1 Der distributive Verhandlungsstil1.1.2 Der integrative Verhandlungsstil1.1.3 Die wesentlichen Prinzipien des »Harvard-Konzepts«1.1.3.1 Menschen und Probleme getrennt voneinander behandeln1.1.3.2 Sich auf Interessen konzentrieren, nicht auf die Positionen1.1.3.3 Entwickeln von Entscheidungsmöglichkeiten1.1.3.4 Bestehen auf der Anwendung objektiver Kriterien1.2 Sabotieren Sie sich nicht selbst1.3 Achten Sie auf Entscheidungskompetenz1.4 Setzen Sie »Soft Power«- statt »Hard Power«-Methoden ein2 Professionelle Vorbereitung von ­Verhandlungen2.1 12-Punkte-Plan zur professionellen Vorbereitung2.2 Beurteilung der Machtverhältnisse2.3 Festlegung und Evaluierung der gegenseitigen Ziele2.4 Wahl des geeigneten Verhandlungsstils2.5 Analyse der Interessen des Lieferanten2.6 Aufbau der Verhandlungsstrategie2.7 Einstellung auf den Gesprächspartner2.7.1 Umgang mit extrovertierten, emotionalen Personen2.7.2 Umgang mit introvertierten, sachorientierten Personen2.8 Erforderliche Zahlen, Daten und Fakten2.9 Aufbau überzeugender Argumente2.10 Entwicklung der Gesprächsstrategie2.11 Vorbereitung auf Einwände der Gegenseite2.12 Wahl einer überzeugenden Rollenverteilung2.13 Organisatorische Aspekte3 Erfolgsfaktoren für die ­Verhandlungsführung3.1 Strukturieren Sie die Verhandlung3.2 Bauen Sie eine positive Beziehung auf3.3 Achten Sie auf Körpersprache3.4 Überzeugen Sie durch Ihre Kommunikation3.5 Hören Sie aktiv zu3.6 Stellen Sie viele Fragen3.7 Behandeln Sie alle Einwände3.8 Lösen Sie Konflikte3.8.1 Ursachen für Konflikte in Verhandlungen3.8.2 Lösung von Sachkonflikten3.8.3 Lösung von Beziehungskonflikten3.8.4 Lösung von inneren Konflikten und Wertkonflikten3.9 Führen Sie das Gespräch3.10 Meistern Sie souverän Grenzsituationen3.11 Berücksichtigen Sie interkulturelle Aspekte3.12 Machen Sie keine dummen Fehler4 Preiserhöhungen erfolgreich abwehren4.1 Alle Jahre wieder: Preiserhöhungen von Lieferanten4.2 Typische Gründe für Preiserhöhungen4.3 Wie Preiserhöhungsschreiben entstehen4.4 Preiserhöhungsschreiben analysieren4.5 Auf Preiserhöhungsschreiben geschickt reagieren4.6 Die optimale Gesprächsstrategie festlegen4.7 Der 10-Stufenplan zur Abwehr von Preiserhöhungen4.7.1 Phase 1: Die geforderte Preiserhöhung validieren4.7.1.1 Stufe 1: Die Gründe für die Preiserhöhung erfragen4.7.1.2 Stufe 2: Nachweise für die Preiserhöhung einfordern4.7.1.3 Stufe 3: Berechnung der Preiserhöhung nachvollziehen4.7.1.4 Stufe 4: Validierung der Berechnung4.7.1.5 Stufe 5: Notwendigkeit der Preiserhöhung hinterfragen4.7.2 Phase 2: Kostensenkungsworkshop4.7.2.1 Stufe 6: Maßnahmen, um Kostensteigerung aufzufangen4.7.2.2 Stufe 7: Identifikation Einsparpotenziale: Material4.7.2.3 Stufe 8: Identifikation Einsparpotenziale: Produktion4.7.2.4 Stufe 9: Identifikation Einsparpotenziale: Logistik4.7.2.5 Stufe 10: Maßnahmen vereinbaren und terminieren4.8 Sonderaspekte: Preiserhöhungen Dienstleister4.8.1 Überprüfung des Unternehmergewinns4.8.2 Weitere Kostensenkungspotenziale ermitteln und umsetzen4.9 Tricks von Lieferanten bei Preiserhöhungen5 Verhandlungsstrategien mit Monopolisten5.1 Leidet Ihr Unternehmen auch am »Stockholm-Syndrom«?5.2 Typische Fehler im Umgang mit Monopolisten5.2.1 Der Glaube, ein Lieferantenwechsel sei nicht möglich5.2.2 Barrieren für einen Lieferantenwechsel werden überschätzt5.2.3 Einwände der Fachbereiche werden nicht behandelt5.2.4 Behandlung des Monopolisten als Erfüllungsgehilfen5.2.5 Konfrontatives Feilschen statt partnerschaftliche Gespräche5.2.6 Ignoranz der wahren Interessen des Monopolisten5.3 Verhandlungsstrategien mit Monopolisten5.3.1 Das »Eisberg-Prinzip« mit Gewinnteilung5.3.2 Sicherheitsnetz entfernen5.3.3 Die schnelle Nachverhandlung5.3.4 »Abstrafung« durch Volumenreduzierung5.3.5 Mehr Gesamtgewinn durch mehr Volumen5.3.6 Den Monopolisten mit seinem Jahresabschluss schlagen5.3.7 Wenn nichts mehr geht: Eskalationsstrategien6 Ratschläge für schlechte Verhandler7 Anhang7.1 Über den Autor7.2 Kontakt mit dem Autor | Weitere Informationen

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

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ISBN 978-3-648-18393-9

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Thomas Roithmeier

Erfolgsstrategien für Einkaufsverhandlungen

1. Auflage, Januar 2025

© 2025 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG

Munzinger Str. 9, 79111 Freiburg

www.haufe.de | [email protected]

Bildnachweis (Cover): © VioletaStoimenova, iStock

Produktmanagement: Bettina Noé

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Vorwort

Mitte der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts, zwei Jahre vor Liberalisierung des Strommarktes, kam einer meiner Mitarbeiter1 in mein Büro und sagte: »Herr ­Roithmeier, ich habe gerade mit dem Stadtwerk die Strompreise verhandelt. 8,5 % Einsparungen pro Jahr.« »Wie haben Sie das denn geschafft?«, fragte ich erstaunt, denn eine Einsparung in dieser Höhe mit einem echten Monopolisten zu erreichen, vor dem es kein Entrinnen gab, ist ein außergewöhnlicher Erfolg.

Für die Jüngeren unter den Lesern sei angemerkt, dass es auf dem Strommarkt zum damaligen Zeitpunkt keinen Wettbewerb gab. Die Stadtwerke waren monopolistische Staatsbetriebe, zu denen es keine Alternative gab. Jeder, sowohl Industrieunternehmen als auch Privathaushalte, mussten also ihren Strom von den Stadtwerken beziehen, ob sie wollten oder nicht. Die Stadtwerke waren zum damaligen Zeitpunkt also echte Monopole.

Doch zurück zu meinem Mitarbeiter und seiner Verhandlung der Strompreise. »Aber warum hat sich das Stadtwerk denn auf einen Preisnachlass eingelassen? Die haben doch gar keinen Grund, die Preise zu senken, denn wir müssen den Strom ja sowieso abnehmen«, fragte ich meinen Mitarbeiter. »Och«, meinte er, »es bedurfte nur etwas Überzeugung und Kreativität«, erklärte er mir schmunzelnd und schilderte mir seine Verhandlungs- und Argumentationsstrategie.

Ich musste ebenfalls sehr schmunzeln, als er mir seine Verhandlungsstrategie und Vorgehensweise erklärte, mit der er das eigentlich Unmögliche geschafft hatte: Bei einem echten Monopol eine signifikante Preissenkung zu erzielen. Dann fügte er ­augenzwinkernd hinzu: »Außerdem haben die eine Rechnung geschickt und Rechnungen sind verhandelbar. Ansonsten hätte das Stadtwerk ›Gebührenbescheid‹ darauf schreiben sollen.«

Wie konnte dieser außergewöhnliche Erfolg gelingen? War es Zufall? Hat der Einkäufer nur »Glück« gehabt? Hat er einem blutigen Amateur gegenübergesessen? Wollte der Vertreter der Stadtwerke seinen Arbeitgeber vorsätzlich ruinieren? Nichts von all dem ist zutreffend. Dieser außergewöhnliche Verhandlungserfolg wurde durch exzellente Vorbereitung, überzeugende Argumente, die richtige Rollenverteilung und eine glaubwürdige Umsetzung erreicht. Wie genau, dazu später in Kapitel 5, »Verhandlungsstrategien mit Monopolisten.«2

Warum Sie dieses Buch lesen sollten

Vielleicht stöhnen Sie jetzt bereits innerlich auf und denken sich: »Oh Gott, schon wieder ein Buch über Verhandlungsführung. Warum sollte ich dieses Buch lesen?« Diese Frage können Sie sich selbst beantworten, indem Sie ehrlich für sich selbst oder für Ihre Mitarbeiter die folgenden Fragen beantworten:

Erzielen Sie oder Ihre Mitarbeiter signifikante Verhandlungserfolge (5 %+) mit Monopolisten oder müssen Sie in der Regel »klein beigeben«?

Kennen Sie oder Ihre Mitarbeiter alternative Verhandlungsstrategien mit unterschiedlichen Typen von Monopolisten, um Ihre Ziele durchzusetzen?

Können Sie oder Ihre Mitarbeiter Preiserhöhungen bei Produktlieferanten oder Dienstleistern betriebswirtschaftlich validieren, um herauszufinden, ob die Preiserhöhung überhaupt gerechtfertigt ist?

Können Sie oder Ihre Mitarbeiter Preiserhöhungen von Lieferanten größtenteils komplett abwehren – auch in der heutigen Krisenzeit?

Wissen Sie oder Ihre Mitarbeiter, wie man bei Dienstleistern betriebswirtschaftlich überprüft, ob deren Verrechnungssätze angemessen sind oder nicht?

Erzielen Sie oder Ihre Mitarbeiter in Verhandlungen mit Dienstleistern im Durchschnitt 25 %–30 % an Einsparungen?

Wissen Sie oder Ihre Mitarbeiter, wie man auf Basis des »Harvard-Konzeptes«3 interessensbasiert verhandelt, um bessere Ergebnisse in Ihren Verhandlungen zu erzielen, oder feilschen Sie immer noch?

Sollten Sie nur eine Frage mit »Nein« beantworten müssen, lohnt es sich, dieses Buch zu lesen. Denn im Gegensatz zu vielen Büchern über Verhandlungsführung, die sehr oft für Anfänger geschrieben sind, wendet sich dieses Buch an Verhandlungsprofis aus dem Einkauf, die vielleicht noch den einen oder anderen Kniff dazulernen möchten. Es ist jedoch durchaus auch für Anfänger geeignet.

Auch sind viele Bücher über Verhandlungsführung oft sehr allgemein und vage gehalten. Es hat mich immer geärgert, dass in kaum einem Buch konkrete Verhandlungsstrategien und -methoden, Verhandlungstaktiken, Argumentationstechniken für bestimmte Verhandlungssituationen etc. beschrieben werden. Und schon gar nicht auf den Einkauf ausgerichtet. Das will ich mit diesem Buch ändern.

Worum es in diesem Buch geht

Dieses Buch ist das Ergebnis von 30 Jahren Einkaufserfahrung, in denen ich unzählige Verhandlungen geführt habe. Es werden ausschließlich Verhandlungsstrategien und -taktiken beschrieben, die sich in der Praxis bewährt haben – in verschiedenen Branchen, in großen und kleinen Unternehmen, im In- und Ausland und bei unterschiedlichsten Machtverhältnissen in der Lieferbeziehung.

Um sich in schwierigen Verhandlungen durchzusetzen, insbesondere wenn man es mit mächtigen, monopolartigen Lieferanten oder Gesprächspartnern aus anderen Kulturkreisen zu tun hat, bedarf es jedoch mehr als nur guter Argumente. Erfolgsentscheidend sind auch Aspekte der Verhandlungspsychologie, ein klarer, prägnanter und überzeugender Kommunikationsstil, das Einstellen auf die Persönlichkeit und den Kulturkreis des Gesprächspartners sowie ein überzeugender, persönlicher Auftritt. Auch der angewandte Verhandlungsstil und viele weitere Aspekte, zusammen und aufeinander abgestimmt, sind für den Verhandlungserfolg entscheidend.

Sie erfahren, wie Verhandlungsprofis sich exzellent vorbereiten, um ihre Ziele auch in schwierigen Verhandlungen durchzusetzen.

Sie erhalten konkrete und praxiserprobte Strategien, Methoden und Taktiken für herausfordernde Verhandlungen im Einkauf.

Sie erfahren spezifische Best-in-Class-Strategien und Methoden zur Abwehr von Preiserhöhungen bei Produktlieferanten und Dienstleistern.

Sie lernen Verhandlungsstrategien mit Monopolisten kennen, die es Ihnen ermöglichen, Ihre Ziele und Vorstellungen in vollem Umfang durchzusetzen.

Sie erfahren, wie Sie in Verhandlungen überzeugend kommunizieren, Ihre Körpersprache zur Verstärkung Ihrer Standpunkte nutzen, um sich bei Ihren Gesprächspartnern souverän durchzusetzen.

Sie lernen, welche Fehler oft in Einkaufsverhandlungen gemacht werden und wie man sie vermeidet.

Sie erhalten schlagkräftige Gegenargumente für typische Einwände von Lieferanten in verschiedenen Verhandlungssituationen.

Alle diese Punkte und noch mehr werden in dem vorliegenden Buch angesprochen und anhand von praxisorientierten Beispielen erläutert. Auch führe ich an vielen Stellen konkrete Gesprächs- und Argumentationsleitfäden auf, die Ihnen die jeweilige Gesprächs- und Argumentationstaktik veranschaulichen sollen.

Wenn ich in Verhandlungs- oder Argumentationsbeispielen die Sicht des Vertriebes schildere, so ist das nicht erfunden, sondern so wie es sich typischerweise abspielt. Das weiß ich zu einem, weil ich selbst lange Jahre im Vertrieb tätig war, und zum anderen aus unzähligen Vertriebstrainings und Coachings, die ich gegeben habe und noch immer gebe.

Es könnte sein, dass Sie manche Verhandlungsstrategien, besonders die eine oder andere Eskalationsstrategie, als sehr provokativ oder vielleicht sogar als praxisuntauglich beurteilen. Provokativ sind die Beispiele und sie müssen es auch sein, da es sich um Eskalationsstrategien handelt. Aber praxistauglich sind sie in jedem Fall, denn meine Mitarbeiter und ich wenden diese in entsprechenden Situationen seit Jahren an und erzielen damit sehr gute Erfolge. Sie müssen sich nur trauen und diese souverän umsetzen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.

Die schlechte Nachricht jedoch gleich vorweg

Es gibt keinen Zauberstab in der Verhandlungsführung, der Ihnen zu 100 % den Erfolg in einer Verhandlung garantiert. Wenn das jemand behauptet, lügt er entweder Sie oder sich selbst an, heißt Pinocchio oder leidet an einem fortgeschrittenen Stadium von Realitätsverlust. Es gibt leider Verhandlungssituationen, in denen Sie alles richtig machen, sich aber dennoch nicht durchsetzen können, weil es einfach nicht gelingt, Interesse bei der Gegenseite zu erzeugen, sich Ihren Zielen und Vorstellungen anzuschließen.

Aber es gibt praxisbewährte Verhandlungsstrategien und Taktiken, die Ihren Verhandlungserfolg sowohl quantitativ als auch qualitativ erhöhen, mit denen Sie somit überdurchschnittlich oft Ihre Ziele in Verhandlungen erreichen und dabei noch bessere Ergebnisse erzielen. Davon handelt dieses Buch.

Zu guter Letzt

Bei einigen Themen in diesem Buch konnte ich es nicht vermeiden, ironisch, sarkastisch oder humorvoll über bestimmte Verhandlungssituationen oder über typische Fehler, die Einkäufer in Verhandlungen begehen, zu schreiben. Falls Sie Schwierigkeiten haben, mit einem kritischen Blick in den eigenen Spiegel umzugehen, oder mit Humor, Sarkasmus, Ironie oder plakativen Darstellungen, dann sollten Sie dieses Buch schnell aus der Hand legen. Allen anderen wünsche ich viel Spaß beim Lesen und viele neue Erkenntnisse.

1Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Buch das generische Maskulinum verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

2Vgl. Kap. 5.2.6, Ignoranz der wahren Interessen des Monopolisten.

3Roger Fisher, William Ury, Bruce Patton: Das Harvard Konzept, 7. Edition, 2018.

1 Auf was Sie in Verhandlungen achten sollten

In diesem Kapitel geht es um die wesentlichen Erfolgsfaktoren für Verhandlungen. Diese Erfolgsfaktoren treffen auf jede Verhandlung zu, unabhängig von den einzelnen Themen. Auch gelten diese Erfolgsfaktoren sowohl für berufliche als auch für private Verhandlungen.

1.1 Hören Sie auf zu feilschen, verhandeln Sie endlich!

»Ein tieferer Verhandlungssinn erfordert die Fähigkeit, die Differenzen zu akzeptieren und Wege zu finden, zusammenzukommen.«

Mahatma Gandhi

In der Komödie »Das Leben des Brian«4 der britischen Komikergruppe Monty Python gibt es eine wundervolle Szene, in der Brian auf der Flucht vor den Römern einen künstlichen Bart kaufen möchte, um sich zu verkleiden. Es entwickelt sich folgender Dialog mit dem Verkäufer:

Brian:

»Wie viel wollen sie dafür?«

Verkäufer:

»20 Schekel«

Brian:

»Okay, hier!«

Verkäufer:

»Wie? Sie wollen nicht feilschen?«

Brian:

»Nein, ich muss schnell weg!«

Verkäufer:

»Bert? Dieser Mensch will nicht feilschen!«

Brian:

»Wo ist das Problem? Sie wollten 20, ich gab ihnen 20!«

Verkäufer:

»Wollen sie etwa behaupten, er sei keine 20 wert?«

Brian:

»Gut, dann gebe ich Ihnen 19.«

Verkäufer:

»Nein, nein, nein! So macht das keinen Spaß. Sie müssen richtig feilschen!«

Brian:

»Na gut, ich gebe Ihnen 10.«

Verkäufer:

»Waaaas 10 für diese tolle Ware?! Wollen Sie mich beleidigen?!!«

Brian:

»Na gut, 11.«

Verkäufer:

»11? Mich hat er 12 gekostet!«

Brian:

»17?«

Verkäufer:

»Na na naa. Sie sind bei 14!«

Brian:

»14!«

Verkäufer (empört):

»14?«

Brian:

»Aber Sie haben gesagt, ich soll 14 sagen. Sagen sie mir, was ich sagen soll, bitte!«

Selbstverständlich ist der Prozess des Feilschen in dieser Szene sehr humorvoll und etwas übertrieben dargestellt, aber so ähnlich läuft es auch in vielen Preisverhandlungen im Einkauf ab, wie ich in der täglichen Praxis immer wieder feststellen muss. Der einzige Unterschied ist, dass sehr oft auf Basis von Drohungen oder Einschüchterungen gefeilscht wird und nicht so humorvoll wie in dem oben genannten Beispiel.

Die in vielen orientalischen Ländern tief verwurzelte Tradition des Feilschens wird in dem oben aufgeführten Dialog jedoch auf wundervoll humorvolle Weise dargestellt. Wie Sie mit Sicherheit auch wissen, wird es im Orient als normal angesehen und sogar erwartet, dass man beim Einkaufen verhandelt, besonders auf Märkten oder in Geschäften, wo die Preise nicht festgelegt sind. Die Käufer nutzen dabei gerne Argumente über die Qualität der Ware, die verwendeten Materialien, die Handwerkskunst oder die Vergleichbarkeit mit ähnlichen Produkten, um den Preis zu drücken. Die Verkäufer nutzen häufig psychologische Tricks und Taktiken, um den Preis hoch zu halten. Dazu gehören das Hervorheben der Exklusivität des Produktes, die Präsentation als limitiertes Angebot oder das Herstellen einer emotionalen Verbindung zur Ware.

Feilschen wird als eine Art Wettbewerb gesehen, ein spielerischer und interaktiver Prozess, bei dem derjenige »gewinnt«, der über das größere Verhandlungsgeschick, die raffiniertere verbale Geschicklichkeit und über mehr Cleverness verfügt. Käufer wollen das Gefühl haben, den besten Deal gemacht zu haben, während Verkäufer versuchen, den maximalen Gewinn zu erzielen. Hierbei wird großer Wert auf einen respektvollen und höflichen Umgang gelegt, um den Verhandlungsprozess positiv zu gestalten. Sowohl Käufer als auch Verkäufer schätzen Geduld und Ausdauer, denn schnell abzubrechen, wird als unhöflich wahrgenommen.

Auch ist Feilschen in orientalischen Kulturen oft ein tief verwurzelter Bestandteil der sozialen Interaktion und es wird häufig Zeit in den Aufbau einer persönlichen Beziehung investiert, bevor über den Preis gesprochen wird. Emotionen und Geschichten spielen dabei eine große Rolle. Feilschen wird als Zeichen von Respekt und Engagement angesehen und ist ein integraler Teil des sozialen Miteinanders. In westlichen Kulturen hingegen wird Feilschen eher als notwendiger Teil des Kaufprozesses betrachtet, der teilweise sogar als unangenehm empfunden wird, weil man befürchtet, unangemessen wahrgenommen zu werden, wenn man zu stark handelt.

Außer natürlich bei uns im Einkauf, wo oft gefeilscht wird, als würden sich zwei arabische Teppichhändler gegenüber sitzen. Der Unterschied ist jedoch, dass Feilschen bei uns im Einkauf direkter und effizienter durchgeführt wird und die Argumente oft auf harten, konfrontativen Begründungen basieren und nicht auf emotionalen, herzzerreißenden Geschichten. Es wird ein klarer Fokus auf den Preis und die Konditionen gelegt, wobei die Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer im Hintergrund steht. Das Ziel ist, den besten Preis für sich selbst zu erzielen, und nicht, wie in orientalischen Kulturen üblich, einen Konsens zu erreichen, mit dem beide Parteien zufrieden sind. Daher lautet ein altes arabisches Sprichwort auch: »Ein Geschäft ist nur ein gutes Geschäft, wenn beide Seiten etwas unzufrieden sind.«

Auch in Einkaufsverhandlungen könnten Sie auf orientalische Art und Weise verhandeln, wenn Sie dies möchten, und nicht in Form eines konfrontativen Positionskampfs, bei dem jede Minute das Wort »Wettbewerb« fällt. Wie? Sie meinen ich übertreibe oder das wäre deplatziert? Dann lassen Sie mich ein paar Beispiele geben:

Beispiel 1

Einkäufer – Typische Argumentation: »Wenn Sie uns den geforderten Preisnachlass nicht einräumen, dann werden wir diesen und zukünftige Aufträge bei Ihren Wettbewerbern platzieren.«

Einkäufer – Orientalische Argumentation: »Wenn Sie uns den geforderten Preisnachlass nicht einräumen, dann wird mein Chef mir wieder vorwerfen, ich hätte nicht hart genug verhandelt, und ich kann meine dringend benötigte Gehaltserhöhung vergessen. Wollen Sie das wirklich verantworten? Ich habe eine Frau und drei Kinder und würde es mir gerne leisten können, einmal wieder mit der ganzen Familie in den Urlaub zu fahren.«

Beispiel 2

Einkäufer – Typische Argumentation: »Wenn Sie auf die geforderte Preiserhöhung bestehen, dann werde ich der Geschäftsführung empfehlen, das Volumen an einen Ihrer Wettbewerber zu vergeben.«

Einkäufer – Orientalische Argumentation: »Wenn Sie auf die geforderte Preiserhöhung bestehen, dann verursacht dies bei uns erhebliche Mehrkosten in unserem Unternehmen und reduziert unseren Gewinn erheblich. Wir müssen womöglich Mitarbeiter entlassen, um die Mehrkosten zu kompensieren. Denken Sie mal an die ganzen Einzelschicksale. Das sind alles Familienväter, die ihre Familien ernähren müssen und die Sie in die Arbeitslosigkeit schicken. Haben Sie da kein schlechtes Gewissen dabei?«

Das wäre doch mal was, oder? Eins garantiere ich Ihnen, Sie werden Ihren Gesprächspartner vollkommen aus dem Trott bringen und ihn verwirren. Zugegeben, er wird sich vielleicht fragen, ob Sie vergessen haben, Ihre Pillen zu nehmen oder was Sie geraucht haben; aber durch die emotionale Ansprache und die aufgezeigten Konsequenzen seines Handelns, lenkt er gegebenenfalls eher ein, als wenn Sie ihm mal wieder mit Wettbewerb drohen.

In Verhandlungstrainings frage ich daher die Teilnehmer gerne, was sie von dem nachfolgenden Seminar, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, ­halten.

Abb. 1:

Training »Feilschen wie am Basar«

Die typische Reaktion ist immer die Gleiche: »Genial, kann man das Seminar bei Ihnen auch buchen?« Nein, das kann man bei mir nicht buchen. Beim ersten Mal war ich baff über die Reaktionen, denn ich hatte eher mit Reaktionen wie »Das meinen Sie nicht ernst, oder?«, »Das ist ja albern, so kann man mit Lieferanten heutzutage nicht mehr umgehen«, »Vielleicht hat man so in den Siebzigern verhandelt, aber heute doch nicht mehr« oder ähnlichen Aussagen gerechnet. Nur nicht, dass fast jeder Einkäufer das Seminar buchen möchte. Inzwischen überlege ich mir ernsthaft, ob ich das Seminar nicht doch anbieten soll. Aber zurück zum Ernst der Sache.

Die Kernfrage für den Erfolg in jeder Verhandlung

In Ihren Verhandlungen stehen Ihnen grundsätzlich zwei Verhandlungsstile zur Verfügung: der distributive und der integrative Verhandlungsstil. Oder anders ausgedrückt: Feilschen oder interessensbasiert nach dem »Harvard-Konzept« verhandeln. Es gibt jedoch eine Frage, die Sie sich bei der Vorbereitung von jeder Verhandlung stellen sollten, unabhängig davon, ob Sie distributiv oder integrativ verhandeln:

Wie kann ich bei meinem Gesprächspartner Interesse generieren, sich meinen ­Zielen und Vorstellungen anzuschließen?

Das ist sie, die Kernfrage für alle Verhandlungen. Egal ob Sie mit einem Lieferanten über Preise, Termine oder sonstige Themen diskutieren, als Lieferant mit einem Kunden verhandeln, gerne eine Gehaltserhöhung von Ihrem Chef hätten, mit Ihrem Bankdirektor ein günstiges Darlehen vereinbaren wollen oder Ihre Partnerin davon überzeugen möchten, im nächsten Urlaub doch nicht in ein Fünf-Sterne-Hotel in die Karibik zu fliegen, sondern lieber mit Ihnen eine Gletschertour im südlichen Polarkreis zu unternehmen.

Wenn Sie in einer Verhandlung kein Interesse bei dem Gesprächspartner erzeugen können, sich Ihren Vorstellungen und Zielen anzuschließen, gehen Sie lieber einen Cappuccino trinken. Oder noch besser ein gutes Glas Wein. Denn Sie werden kein Ergebnis oder zumindest kein gutes Ergebnis erzielen. »Das stimmt ja gar nicht«, werden Sie jetzt vielleicht denken, »Ich habe noch nie großartig über Interessen nachgedacht und dennoch immer meine 3 % bis 5 % Preisnachlass erhalten.« Das mag durchaus sein, aber wie man in Bayern so schön sagt, die Verkäufer kommen auch nicht auf der Nudelsuppe daher geschwommen, und schlagen genau diese Prozentwerte auf ihr Angebot auf, um Spielraum für die Verhandlung mit Ihnen zu haben. Sie holen sich also nur das zurück, was der Lieferant im Vorfeld auf ein Angebot aufgeschlagen hat. Und oft nicht einmal das, wenn die Gegenseite das Feilschen par excellence beherrscht.

Selbst wenn Sie feilschen, müssen Sie Interesse beim Gesprächspartner generieren, Ihnen entgegenzukommen. Mächtige Gesprächspartner, wie beispielsweise Quasi-Monopolisten haben grundsätzlich kein Interesse, Ihnen entgegenzukommen, weil sie wissen, dass Sie von ihnen abhängig sind. Daher scheitern in der Regel Verhandlungen mit Monopolisten, wenn mit diesen gefeilscht wird und Sie im Rahmen der Vorbereitung der Verhandlung versäumt haben, darüber nachzudenken, wie Sie bei dem Monopolisten Interesse generieren könnten. Lieferanten, die von Ihnen abhängig sind oder Sie gerne als Kunde behalten würden, haben ein grundsätzliches Interesse, Ihnen entgegenzukommen, das nicht extra angesprochen werden muss.

Lassen Sie mich die Unterschiede zwischen dem distributiven und dem integrativen Verhandlungsstil anhand einer privaten Verhandlung verdeutlichen, die ich vor zehn Jahren in dem spanischen Küstenort, in dem wir unsere spanische Niederlassung betreiben, erleben durfte.

Eine kleine Anekdote

Vor ein paar Jahren saß ich spätnachmittags mit spanischen und deutschen Freunden, die zu Besuch waren, bei Gin Tonics und Wein in einer Strandbar, so wie es in Spanien vor dem Abendessen üblich ist. Karla, die sechzehnjährige Tochter unserer deutschen Freunde wollte unbedingt eine »original« Louis Vuitton Handtasche von einem Straßenhändler, der fünf Meter entfernt war, kaufen. Der Straßenhändler hatte diese für 30 EUR ausgezeichnet.

Karla ging hin, hielt ihm fünfzehn Euro entgegen und sagte: »Das würde ich für die Tasche bezahlen.« Der Straßenhändler schüttelte nur gelangweilt den Kopf. Daraufhin legte sie ihre letzten fünf Euro drauf aber der Straßenhändler war genauso begeistert wie vorher. Enttäuscht zog sie ab.

Daraufhin meinte Reyes, die siebzehnjährige Tochter unserer spanischen Freunde: »Komm, ich zeig dir, wie das geht.« Sie ging mir Karla wieder zum Straßenhändler und sagte diesem: »Ich habe gehört, du wolltest meiner Freundin die Tasche nicht für 15 EUR verkaufen.« Daraufhin der Straßenhändler: »Stimmt, das lohnt sich nicht für mich.« Reyes weiter: »Da machst du aber einen Fehler, denke ich, denn nächste Woche kommen neun ihrer deutschen Freundinnen zu Besuch und wenn die sehen, dass sie so eine tolle Tasche hat, wird jede der Freundinnen auch so eine Tasche haben wollen. Du weißt doch, wie wir Mädchen in dem Alter sind. Und die kannst du dann alle für 30 EUR verkaufen und richtig Geld verdienen.« Der Straßenhändler guckte plötzlich interessiert und fragte: »Wirklich?« »So wahr wie ich hier stehe«, schwor Reyes, »aber wenn, dann die größere Tasche.« »Aber die kostet 40 EUR«, meinte der Straßenhändler. »Genau«, sagte Reyes, »Wenn du nächste Woche neun Mal die große Tasche verkaufst, verdienst du ja noch mehr.« Der Straßenhändler dachte kurz nach und verkaufte dann schließlich die große Tasche für 15 EUR. Vermutlich wartet er heute noch, dass die neun Freundinnen endlich auftauchen und die Taschen kaufen.

Wo liegt der Unterschied im Verhandlungsstil von Karla und Reyes? Ganz einfach. Karla versuchte zu feilschen und hatte dabei wenig Erfolg, weil sich der Straßenhändler dachte, dass noch genügend Mädchen oder Frauen vorbei kommen werden, die ihm die Tasche zum ausgezeichneten Preis abkaufen werden. Reyes sprach sein Interesse an, mehr zu verdienen, als geplant. Auch wenn das mit den Freundinnen »geschummelt« war – der kleine Bluff erfüllte seinen Zweck.

Nachfolgend werde ich die wesentlichen Unterschiede, Anwendungsbereiche, Vor- und Nachteile beider Verhandlungsstile gegenüberstellen.

1.1.1 Der distributive Verhandlungsstil

Beim distributiven Verhandlungsstil kämpfen beide Seiten um die Verteilung eines festgelegten Betrages oder Wertes, um einen Vorteil für die eigene Seite zu erlangen. Dabei bedeutet der Gewinn der einen Seite immer den Verlust der anderen Seite in gleicher Höhe.

Abb. 2:

Methodik des distributiven Verhandlungsstils

Ein kleines Beispiel: Ein Einkäufer fordert von einem Lieferanten einen Preisnachlass von 6 %, ohne dass technisch, logistisch oder qualitativ an den Produkten etwas geändert werden darf. Und auch auf den geforderten Liefertermin besteht der Einkäufer. Der Lieferant wird vermutlich bei 1,5 % Nachlass beginnen, aber egal wie man sich einigt, der Preisnachlass, den der Einkäufer als »Gewinn« erzielt, ist ein Gewinnverlust für den Lieferanten in gleicher Höhe.

Denn woher soll der Lieferant den geforderten Preisnachlass nehmen, außer aus seinem Gewinn, wenn er technisch, qualitativ oder logistisch nichts an den Produkten ändern darf? Beim Feilschen wird also nichts anderes gemacht, als den Gewinn des Lieferanten neu aufzuteilen. Daher wird dieser Verhandlungsstil auch distributiv, sprich »verteilend«, genannt.

Dieser Verhandlungsstil ist, wie bereits erwähnt, leider noch immer der typische Verhandlungsstil von vielen Einkäufern. Dies gilt auch für Verhandlungen zur Abwehr von Preiserhöhungen: Die Festlegung auf eine Position, zum Beispiel: »Ihre Preiserhöhung akzeptieren wir nicht!« Anschließend wird versucht, diese Position durch Drohungen, Ultimaten und dem Aufbauen von Druck durchzusetzen. Es wird um Prozentpunkte gefeilscht, sodass selbst erfahrene Teppichhändler auf einem orientalischen Basar vor Neid erblassen würden.

Dabei wird keine Rücksicht auf die Interessen des Verhandlungspartners genommen, sondern es geht ausschließlich darum, die eigenen Ziele durchzusetzen. Die Folge ist oft eine gestörte oder sogar zerstörte Kunden-Lieferanten-Beziehung, da sich immer einer der Beteiligten übervorteilt fühlt. Aber wenn Sie gerne so verhandeln, dann sollten Sie vielleicht doch das oben vorgestellte Seminar buchen, denn es repräsentiert nichts anderes als diesen Verhandlungsstil.

In Verhandlungen, in denen sich Ihr Zielkorridor, das heißt der Spielraum zwischen Ihrem maximalen und minimalen Ziel in Bezug auf eine Verhandlungsposition, mit dem Zielkorridor Ihres Gesprächspartners überschneidet (siehe Abb. 3), können Sie durchaus mit dem Gesprächspartner bis zur geistigen und körperlichen Erschöpfung feilschen.

Abb. 3:

Zielkorridore der Gesprächspartner überschneiden sich

Sie und Ihr Gesprächspartner bewegen sich unter Nennung Ihrer Argumente Schritt für Schritt aufeinander zu und je nachdem, wer die besseren Argumente hat und sie überzeugender kommuniziert, wird entweder bei -5 % oder bei 0 % eine Einigung erzielen. Aber wie oft kommt eine solche Konstellation vor? Sehr selten, wie wir Einkäufer alle wissen. Und die Praxis zeigt vielfach, dass durch Feilschen erzielte Ergebnisse deutlich schlechter sind als die Ergebnisse, die durch einen interessensbasierten Verhandlungsstil erreich werden.

Betrachten wir daher die praxistypische Konstellation, nämlich, dass Ihr Zielkorridor und der Zielkorridor Ihres Gesprächspartners weit auseinanderliegen. In diesem Fall, der oft die Regel darstellt, gibt es keine Überschneidung der Zielkorridore (siehe Abb. 4), sondern einen Risikobereich der Nichteinigung. Wenn Sie in einer solchen Konstellation feilschen, werden Sie entweder kein Ergebnis erzielen oder nur ein sehr unbefriedigendes oder stark risikobehaftetes Ergebnis erreichen.

Abb. 4:

Zielkorridore der Gesprächspartner überschneiden sich nicht

Warum ist das so? Lassen Sie mich, unter der Berücksichtigung der Machtverhältnisse in einer Kunden-Lieferanten-Beziehung, kurz erläutern, was passiert, wenn Sie in Verhandlungen, in denen sich die Zielkorridore nicht überschneiden, feilschen und nicht interessensbasiert verhandeln.

Alternative 1: Die Machtverhältnisse sind ausgeglichen

In dieser Konstellation ist keine der beiden Seiten von der anderen abhängig. Was passiert? Beide Gesprächspartner bewegen sich im Laufe des Gesprächs wieder Schritt für Schritt aufeinander zu, schauen aber schließlich in den Abgrund des Risikobereichs der Nicht-Einigung.

In der Praxis wirkt sich das so aus, dass man sich zunehmend im Kreis bewegt und die Fronten sich immer weiter verhärten, da keiner der Gesprächspartner bereit ist, von seinem Minimalziel abzuweichen; bis der Zeitpunkt kommt, an dem der Einkäufer in einem verärgerten Tonfall sagt: »Ich denke, so kommen wir heute nicht weiter. Ich schlage vor, wir brechen ab, sie kalkulieren ihr Angebot nochmals nach und senden mir bis nächste Woche ein verbessertes Angebot.«

Sollte der Gesprächspartner dies tatsächlich tun, lassen sie bitte nicht gleich die Champagnerkorken knallen, denn sein »verbessertes« Angebot wird keineswegs Ihre Forderung erfüllen, sondern im allerbesten Fall ein symbolisches Entgegenkommen darstellen. Oder der Lieferant packt zusammen, setzt seinen Hut auf und sagt: »Tut mir leid, aber ihre Forderung ist für mich ruinös. Unter diesen Bedingungen bin ich nicht bereit, sie zu beliefern.« Kurzum, die Verhandlung platzt. Und jetzt?

Alternative 2: Der Lieferant ist mächtiger

In dieser Konstellation ist der Lieferanten mächtiger, weil er beispielsweise ein sogenannter »Monopolist« ist, sonstige Abhängigkeiten zu ihm bestehen oder er sich in einem Nachfragemarkt befindet. An dieser Stelle habe ich eine gute Nachricht für Sie. Sie müssen sich mit keinem Akzeptanzbereich auseinandersetzen, sondern der Lieferant zieht bei seiner Maximalforderung einen Strich und verkündet: »Wenn Sie unserem Angebot/unserer Preiserhöhung nicht zustimmen, können wir sie leider nicht mehr beliefern.«

Hand aufs Herz: Wer von uns Einkäufern hat diesen oder ähnliche Sätze in den letzten drei Jahren nicht bereits ein Dutzend Mal gehört? Was bleibt übrig? Nichts weiter als in die Tischkante zu beißen und das Angebot bzw. die Forderung des Lieferanten zu unterschreiben. Einen Positionskampf mit einem mächtigeren Gesprächspartner können Sie nicht gewinnen. Um einen solchen »Kampf« erfolgreich zu bestehen, müssen Sie eine der Verhandlungsstrategien mit »Monopolisten«5 nutzen.

Alternative 3: Der Lieferant ist schwächer

»Des is a gmahde Wiesn«, werden jetzt bestimmt viele meiner bayerischen Einkäuferkollegen denken. Für alle, die jenseits des berühmten Weißwurstäquators leben, hier die Übersetzung: »Das ist eine gemähte Wiese.« Der Satz bedeutet so viel wie »eine leicht zu bewältigende Aufgabe, ein mühelos erreichbares Ziel, eine ausgemachte, sichere Sache«6. Der Lieferant steht ja im Wettbewerb, ist vielleicht sogar von Ihnen abhängig und alternative Lieferanten sind bekannt und der Lieferant kann womöglich ohne große Kosten und ohne hohen Zeitaufwand »umgeklappt«, d. h. durch einen anderen Lieferanten ersetzt werden. Wirklich? Ist die Wiese tatsächlich schon gemäht? Oder ist es nicht doch sehr risikobehaftet, sich verleiten zu lassen, den Lieferanten gnadenlos in die Knie zu zwingen? Das ist es in der Tat, denn es könnte sich unter anderem der sogenannte »Lopez-Effekt« einstellen.

Dieser geht auf José Ignacio López de Arriortúa zurück, der zunächst für Opel bzw. den Mutterkonzern General Motors (GM) und später dann für Volkswagen tätig war. López setzte unter anderem auf radikale Kostensenkungen im Einkauf. Durch die Ausnutzung seiner Verhandlungsmacht setzte er die Zulieferbetriebe so gnadenlos unter Druck, dass diese seine radikalen Preisforderungen unterschrieben. Insbesondere bei GM und später bei Volkswagen drückte er die Preise der Zulieferer so stark, dass viele von ihnen nicht nur finanziell extrem belastet wurden, sondern letztendlich auch Insolvenz anmelden mussten. Die Erhöhung des Vergabevolumens an die Lieferanten sollte zwar auch deren eigene Kosten senken, das Ergebnis war jedoch, dass viele Lieferanten zusätzlich die Qualität Ihrer Produkte erheblich »optimierten«, um Ihren kargen Gewinn etwas aufzubessern. Dies führte im Zeitverzug zu massiven Qualitätsproblemen erst bei GM und dann bei Volkswagen.

Wenn Sie über die entsprechende Marktmacht verfügen, können Sie also durchaus die Lieferanten in die Knie zwingen und kurzfristige Erfolge erzielen. Diese können allerdings zulasten der Qualität gehen, so wie es bei José Ignacio López de Arriortúa der Fall war, oder die Lieferanten werden schlicht und einfach insolvent. Oder, wie unser Wirtschaftsminister sagen würde, sie hören einfach auf, zu arbeiten. Ein weiteres Risiko ist, dass der Lieferant einfach nicht mehr die Mengen liefert, die Sie benötigen, weil er sich den Großteil seiner Produktion für Kunden freihalten möchte, die Preise bezahlen, mit denen er noch etwas verdienen kann.

Lieferanten »bluten zu lassen«, wie José Ignacio López de Arriortúa dies getan hat, birgt also drei Risiken: Qualitätsrisiken und Versorgungsrisiken aufgrund von Insolvenz oder nicht ausreichenden Mengen, die Sie geliefert bekommen. Wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit jedes dieser Risiken ist und welche Auswirkungen diese Risiken auf die Produktion Ihrer Produkte haben, müssen Sie selbst, von Fall zu Fall, abschätzen. Aber ich konnte Ihnen hoffentlich verdeutlichen, dass Feilschen nicht der ideale Verhandlungsstil ist, wenn die Zielkorridore sich nicht überschneiden. Egal wie die Machtverhältnisse sind.

Nachteile des distributiven Verhandlungsstils

Der distributive Verhandlungsstil kann zwar in Ausnahmefällen vorteilhaft sein, denn distributive Verhandlungen sind häufig kürzer als interessensbasierte Verhandlungen. Jedoch birgt der distributive Verhandlungsstil auch Risiken für die Beziehung zwischen den Parteien und hat einige weitere Nachteile:

Konflikterhöhung: Da der distributive Verhandlungsstil oft als konfrontativer Kampf um Positionen umgesetzt wird, führt dieser oft zu Beziehungskonflikten, die emotional aufgeladen sind. Dies kann zu einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Parteien führen und den Verhandlungsprozess und zukünftige Verhandlungen zusätzlich belasten. Auch können Positionskämpfe den Verhandlungsprozess unnötig verlängern, da sich die Parteien in ihren Positionen festfahren.

Gefahr von »Gewinner«- und »Verlierer«-Dynamiken: Positionskämpfe führen häufig dazu, dass eine Seite als Gewinner und die andere als Verlierer hervorgeht. Da sich in der Regel die stärkere Partei oft auf Kosten der schwächeren Partei durchsetzt, führt dies oft zu Unzufriedenheit bei der »unterlegenen« Partei und kann der Beziehung schaden und zukünftige Verhandlungen erschweren.

Kreative Lösungen werden verhindert: Positionskämpfe fördern oft die Fokussierung auf feste Verhandlungspositionen und das Ignorieren der zugrunde liegenden Interessen und Bedürfnisse der jeweiligen Partei. Dies führt in der Regel zu suboptimalen Ergebnissen. Wenn sich die Verhandlung ausschließlich auf das Verteidigen von Positionen beschränkt, wird es schwieriger, kreative Lösungen oder Kompromisse zu finden, die für beide Parteien vorteilhafter sein könnten.

Unsicherheit und Rivalität: Der distributive Stil fördert einen Wettbewerbsgedanken unter den Gesprächspartnern, der zu Rivalität und Blockaden führen kann, anstatt zu kooperativen Lösungsansätzen. Wenn eine Partei merkt, dass die andere nicht offen für Kompromisse oder alternative Lösungen ist, kann dies zu einem Vertrauensverlust führen, der die zukünftige Zusammenarbeit beeinträchtigt.

Blockade der Kommunikation: Parteien konzentrieren sich oft darauf, ihre eigenen Positionen zu verteidigen, anstatt zuzuhören oder die Perspektive der anderen Seite zu verstehen. Dies kann die offene Kommunikation erheblich stören, eine Vereinbarung deutlich erschweren oder zu Blockaden durch den einen oder anderen Gesprächspartner führen.

Resümee

Selbst wenn sich Ihr Zielkorridor mit dem Ihres Gesprächspartners überschneidet und Sie durchaus feilschen könnten, werden Sie mit einem interessensbasierten Verhandlungsstil bessere Ergebnisse erzielen als durch Feilschen.7 Selbstverständlich kann der Zielkorridor des Gesprächspartners nur abgeschätzt werden. Sie kennen Ihren Zielkorridor und kennen das Maximalziel des Gesprächspartners in Form seines Angebotes oder seiner geforderten Preiserhöhung. Aber wenn man die Branche kennt, das Lieferantenunternehmen und den Gesprächspartner, ist es möglich, das Minimalziel des Gesprächspartners abzuschätzen. Ich rate Ihnen daher, lieber interessensbasiert zu verhandeln, als zu feilschen, wenn Sie auch nur das Gefühl haben, dass sich die Zielkorridore nicht überschneiden.

Insgesamt eignet sich der distributive Verhandlungsstil gut für Situationen, in denen es um klare Ressourcenteilung geht, wie zum Beispiel beim Einkauf von Standardprodukten in einem wettbewerbsorientierten Umfeld oder bei einmaligen Verhandlungen, wie beispielsweise dem Kauf eines Grundstücks oder eines Pkws.

Jedoch kann ein Positionskampf in Verhandlungen das Finden von »Win-win-Lösungen«, also von Verhandlungsergebnissen, bei denen beide Parteien einen Nutzen erzielen, erheblich behindern. Es ist daher vorteilhafter, sich auf die zugrunde liegenden Interessen und Bedürfnisse der Parteien zu konzentrieren, anstatt an starren Positionen festzuhalten. Und damit kämen wir zum integrativen Verhandlungsstil.

1.1.2 Der integrative Verhandlungsstil

Der integrative Verhandlungsstil, auch als interessensbasierter Verhandlungsstil oder kooperativer Verhandlungsstil bekannt, beruht auf den Grundsätzen des bereits erwähnten »Harvard-Konzepts« und ist in der Einkaufspraxis der erfolgreichere Verhandlungsstil. Es ist ein Ansatz, bei dem die Verhandlungspartner versuchen, gemeinsam Lösungen zu finden, die die Interessen und Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigen.

Im Gegensatz zum distributiven Verhandlungsstil, bei dem sinnbildlich der Kuchen geteilt wird, zielt der integrative Ansatz darauf ab, den Kuchen zu vergrößern, sodass beide Parteien von dem Ergebnis profitieren. Mit dem integrativen Verhandlungsstil versuchen beide Seiten eine Vereinbarung zu treffen, die die gegenseitigen Interessen in einem möglichst hohen Maße erfüllt. Ein Streit um Positionen wird versucht zu vermeiden.

Abb. 5:

Methodik des integrativen Verhandlungsstils

Das Beispiel mit der Orange

Beide Verhandlungsstile lassen sich am besten mit dem bekannten Beispiel der Orange veranschaulichen, das Roger Fisher und William Ury in dem bereits erwähnten »Harvard-Konzept« aufführen:

Zwei Personen streiten sich um eine Orange, denn beide wollen unbedingt die Orange haben. Nach langem Hin und Her einigen sie sich darauf, dass jeder die Hälfte bekommt. Eine echte »Win-win-Lösung«, wie beide meinen, denn jeder erhält genau so viel, wie der andere auch erhalten hat. Keiner wird übervorteilt. Eine faire und sehr gute Lösung, wie Sie sicherlich zustimmen werden, oder nicht?

Doch was passiert als Nächstes? Die erste Person schält ihre Hälfte der Orange, isst die Frucht und wirft die Schale weg. Die andere Person schält ihre halbe Orange auch, wirft die Frucht weg und benutzt die Schale, weil sie einen Kuchen backen will. Sind Sie jetzt immer noch der Meinung, dass das Teilen der Orange die bestmögliche »Win-win-Lösung« ist? Ich denke nicht.

Die Verhandlungspartner haben Positionen bzw. Ansprüche »Ich will die Orange haben« formuliert, die nicht miteinander vereinbar waren. Hätten sie ihre Interessen ergründet »Ich möchte Orangensaft trinken.« und »Ich würde gerne einen Kuchen backen.«, hätte die echte »Win-win-Lösung« auf der Hand gelegen: Die eine Person erhält die ganze Schale und die andere Person das ganze Fruchtfleisch.

Schön, werden Sie jetzt sagen, ich aber bin nicht im Fruchthandel tätig und ich verhandle mit meinen Lieferanten auch nicht über Orangen, sondern über Preise und andere Themen. Richtig. Wie man das »Harvard-Konzept« in industriellen Einkaufsverhandlungen umsetzt, beschreibe ich später noch sehr ausführlich.8

1.1.3 Die wesentlichen Prinzipien des »Harvard-Konzepts«

Gemäß dem »Harvard-Konzept« sind vier grundlegende Prinzipien zu beachten. Durch diese wird die Verhandlung auf eine sachlichere Ebene gehoben, da Argumente ausschließlich sachlich aufgebaut und nachvollziehbar begründet werden und nicht emotional auf Basis von Druck, Drohungen oder Ultimaten. Diese vier sehr wichtigen Grundprinzipien des »Harvard-Konzepts« möchte ich für ein besseres Verständnis nachfolgend kurz erläutern.

1.1.3.1 Menschen und Probleme getrennt voneinander behandeln

Das »Harvard-Konzept« basiert auf einer sachlichen Gesprächsführung und nicht auf emotionalen, persönlichen Auseinandersetzungen. Es wird grundsätzlich immer sachlich über die Probleme gesprochen, ohne diese auf den Verhandlungspartner zu projizieren. Deshalb sollten Sie den Verhandlungspartner nicht als Feind betrachten, sondern als »neutralen« Gesprächspartner, der ebenfalls Interessen hat und versucht, diese durchzusetzen. Konzentrieren Sie sich daher auf die unterschiedlichen Verhandlungspunkte, gemäß dem Motto »Konsequent in der Sache, aber freundlich zu den Menschen« und verstricken Sie sich nicht in persönliche Streitereien.

Beispielsweise sollten Sie es nicht persönlich nehmen, dass Ihr Lieblingslieferant, Ihrer Meinung nach, wieder einmal einen zu hohen Preis angeboten hat. Stattdessen sollten Sie Vergleichsdaten oder Wettbewerbsangebote heranziehen und argumentieren: »Ich verstehe, dass der Preis Ihrer Produkte durch die hohe Qualität, die wir fordern, nicht am unteren Ende liegen kann. Aber lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, wie wir einen für beide Seiten akzeptablen Preis vereinbaren können, der deutlich unter Ihrem aktuellen Angebotspreis liegt.«

Der Vertriebsmitarbeiter eines Lieferanten sollte sich darauf konzentrieren, Ihre spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen zu verstehen, anstatt sich aus persönlichen Gründen angegriffen zu fühlen, wenn Sie seine Preise mit denen des Wettbewerbs vergleichen. Anstatt persönlich beleidigt die Nase zu rümpfen oder zu einem Rechtfertigungsmonolog anzusetzen, sollte er besser wie folgt reagieren: »Ich verstehe, dass der Preis ein wichtiger Faktor für Sie ist. Lassen Sie mich jedoch kurz erläutern, wie die spezifischen Vorteile unserer Produkte Ihre Anforderungen wesentlich besser erfüllen als die Produkte unserer Wettbewerber.«

Auch auf die beliebte »Ad hominem«-Argumentationstechnik9 des distributiven Verhandlungsstils, bei der ein Gesprächspartner persönlich angegriffen wird, sollten Sie in interessensbasierten Verhandlungen verzichten. Das heißt, es wird verhandelt, ohne Ultimaten oder Drohungen auszusprechen oder den Gesprächspartner persönlich zu beleidigen oder anzugreifen.

Haben Sie dennoch keine Scheu, Emotionen und Probleme anzusprechen. Dies sollte jedoch neutral, ohne die Schuld bei dem Gesprächspartner zu suchen, geschehen. Vermeiden Sie daher Gefühlsausbrüche und teilen Sie dem Gesprächspartner in einem ruhigen Tonfall mit, was Sie stört und warum. Denn emotionale Angriffe sind zum einen kontraproduktiv und verhärten zum anderen die Fronten für zukünftige Verhandlungen.

1.1.3.2 Sich auf Interessen konzentrieren, nicht auf die Positionen

Wie ich bereits erläutert habe, ist Feilschen oder das vehemente Verteidigen der eigenen Position wenig zielführend, besonders dann, wenn der Gesprächspartner in der mächtigeren Position ist. Damit ein für beide Seiten bestmögliches Ergebnis erzielt wird, ist es wichtig, sich über die eigenen Interessen und die des Gesprächspartners Klarheit zu verschaffen. Auch wenn diese nicht direkt erkennbar sind, sondern sich hinter den einzelnen Standpunkten des Gesprächspartners, sprich hinter seinen Verhandlungspositionen, verbergen.

Ein Beispiel: Sie möchten eine Preisreduzierung von einem Lieferanten, während der Lieferant auf die Erhöhung der Materialkosten hinweist. Statt um den Preis zu feilschen, könnten Sie mit dem Lieferanten auch Möglichkeiten diskutieren, wie die Kosten entlang der Wertschöpfungskette gesenkt werden könnten, um als Ergebnis einen niedrigeren Preis zu erreichen.10

Legen Sie in der Verhandlung daher Ihre Interessen offen dar und überlegen Sie sich auch im Vorfeld zur Verhandlung, welche Interessen die Gegenseite mit in die Verhandlung bringen könnte. Oder fragen Sie Ihren Gesprächspartner in der Verhandlung nach seinen eigentlichen Interessen. Wenn Sie die Interessen des Gesprächspartners und des Unternehmens, das er vertritt, kennen, können Sie gemeinsam nach Alternativen suchen, die beiden Seiten gerecht werden.

1.1.3.3 Entwickeln von Entscheidungsmöglichkeiten

Mit der Aussage »diese Vorgehensweise ist alternativlos«, die unsere ehemalige Bundeskanzlerin gerne benutzt hat, kommen Sie vielleicht auf einem Parteitag weiter, aber nicht in Verhandlungen. Auch ähnliche Aussagen wie »mein Vorschlag ist der einzige Weg«, »meine Forderung zu erfüllen, ist die einzige Option« etc. sind in Verhandlungen wenig hilfreich.

Verhandlungsergebnisse werden nur sehr selten durch starres Festhalten an der eigenen Forderung erzielt. Und wenn, dann auch nur, wenn Sie mächtiger als der Gesprächspartner sind. Auch wird »Entweder so – oder eben gar nicht!« oder wie die US-Amerikaner gerne sagen »Either my way or the Highway« niemals ein befriedigendes Ergebnis für beide Seiten liefern, was sich wiederum auf die Qualität der zukünftigen Zusammenarbeit auswirken wird.

Mit dem Wissen um die Interessen Ihres Gesprächspartners sollten Sie vielmehr möglichst viele unterschiedliche Auswahlmöglichkeiten mit ihm entwickeln. Suchen Sie nach Lösungen, die eine echte Win-win-Situation bedeuten. Ich empfehle Ihnen daher, Abstand von »Entweder-oder«-Debatten zu nehmen. Das »Harvard-Konzept« schlägt vor, möglichst viele Optionen zu betrachten und durch Kreativität und Flexibilität zum Verhandlungsziel zu gelangen. Entscheiden Sie sich also lieber für die »Sowohl-als-auch«-Variante und nicht für die »Entweder so, oder gar nicht!«-Variante.

1.1.3.4 Bestehen auf der Anwendung objektiver Kriterien

Im Rahmen dieses vierten Prinzips des »Harvard-Konzeptes« ziehen die Gesprächspartner objektive Kriterien heran, um auf deren Basis Entscheidungen zu treffen. So kann ein faires Ergebnis für beide Seiten erzielt werden. Durch die gemeinsame Entscheidungsfindung unter Anwendung objektiver Kriterien wird auch die beiderseitige Akzeptanz der verhandelten Lösung erhöht.

Stellen Sie sich hierbei folgende Fragen: Sind beide Parteien mit dem Ergebnis zufrieden? Wurden die eigentlichen Interessen beider Parteien berücksichtigt? Ist es eine für beide Parteien faire Vereinbarung?

Wichtig hierbei ist der offene, gemeinsame Austausch, um die beste Lösung zu finden. Keine Seite gibt eine endgültige Lösung vor, sondern diese wird durch objektive und faire Kriterien zusammen entwickelt. Objektive Kriterien können hierbei folgende sein: Produktions- oder Herstellkosten, vergleichbare Angebote von Wettbewerbern, Lieferzeiten, Qualität der Produkte, Referenzen des Lieferanten, Einhaltung von Qualitäts- und Umweltstandards, Garantieleistungen etc.

Eine Entscheidung auf Basis objektiver Kriterien führt zu Akzeptanz durch beide Parteien und einer echten Win-win-Vereinbarung. Im Idealfall sind beide Seiten glücklich mit der Übereinkunft und haben das Gefühl, dass die eigenen Interessen berücksichtigt wurden und in die Vereinbarung eingeflossen sind. Sie sehen also, der integrative Verhandlungsstil bietet mehrere, wesentliche Vorteile.

Vorteile des integrativen Verhandlungsstils

Echte Win-win-Lösungen: Durch den Fokus auf die Interessen beider Parteien können Lösungen gefunden werden, die für alle Beteiligten vorteilhaft sind und ihre Interessen erfüllen. Dies erhöht die Zufriedenheit der Gesprächspartner und sichert eine langfristige gute Beziehung.

Förderung von positiven Beziehungen: Der integrative Verhandlungsstil fördert eine konstruktive, sachliche Zusammenarbeit, die das gegenseitige Vertrauen stärkt und die Kommunikation miteinander deutlich verbessert. Dadurch trägt der integrative Ansatz zu stabilen und dauerhaften Beziehungen bei, da er den Respekt und die Wertschätzung für die Bedürfnisse und Interessen des Gesprächspartners fördert.

Innovative Lösungen: Indem man sich auf Interessen konzentriert und keinen Kampf um Positionen durchführt, können innovative Lösungen gefunden und entwickelt werden, die normalerweise nicht durch einen Positionskampf gefunden worden wären.

Reduzierung von Konflikten: Der interessensbasierte Ansatz fördert auch das Verständnis für die Perspektive und die eigentlichen Interessen des Gesprächspartners. Dies vermeidet Missverständnisse und verringert Konflikte, da der Fokus auf der Lösung von Problemen und nicht auf dem Austragen von persönlichen Konflikten liegt. Hierdurch werden emotionale Spannungen deutlich reduziert.

Durchdachte Entscheidungen: Da der Verhandlungsfokus auf Interessen und nicht auf starren Positionen liegt, sind die Parteien oft flexibler in Bezug auf mögliche Lösungen. Durch eine gründliche Analyse der gegenseitigen Interessen können sachliche und durchdachte Entscheidungen getroffen werden, die besser auf die Bedürfnisse aller Beteiligten abgestimmt sind.

Insgesamt ist der integrative Verhandlungsstil oft die bessere Alternative, als konfrontativ zu verhandeln, weil er die Zusammenarbeit und die gemeinsame Problemlösung in den Vordergrund stellt. Besonders in Verhandlungen, in denen langfristige Beziehungen wichtig sind oder komplexe Probleme gelöst werden müssen, bei denen die Bedürfnisse beider Seiten eine wichtige Rolle spielen.

4Originaltitel: Monty Python’s Life of Brian.

5Vgl. Kap. 5.3.

6Vgl. https://www.bayrisches-woerterbuch.de/gmaht-a-gmahde-wiesn/.

7Vgl. Kap. 2.4.

8Vgl. Kap. 2.4.

9Vgl. Arthur Schopenhauer: Eristische Dialektik oder Die Kunst Recht zu behalten.

10Vgl. Kap. 2.4.

1.2 Sabotieren Sie sich nicht selbst

»Es ist einfacher, einen großen Plan zu machen, als ihn nicht durch kühne Taten zu sabotieren. Lass dich nicht von deiner Furcht zurückhalten.«

Leonardo da Vinci

Wenn Sie in eine Verhandlung gehen und denken: »Oh Gott, jetzt muss ich wieder mit diesem arroganten Choleriker reden« oder »In der Verhandlung erreiche ich sowieso nichts, weil der [Lieferant] ohnehin Monopolist ist« oder »Puhh, mit dieser Erkältung habe ich eigentlich gar keine Lust zu verhandeln«, dann sabotieren Sie sich selbst und das Scheitern der Verhandlung ist vorprogrammiert. Eine sogenannte »Self-Fulfilling Prophecy«11.

Ich erinnere mich noch sehr gut an den ersten Wimbledon-Sieg von Boris Becker am 07.07.1985, da ich sein Endspiel gegen den Amerikaner Kevin Curren live im Fernseher mitverfolgte. Der damals 17-jährige Boris Becker siegte in vier Sätzen mit 6:3, 6:7, 7:6 und 6:4 und begründete damit seinen Ruf als Tennis-Legende. Ich bin mir sicher, dass Boris Becker nicht auf den Center Court ging mit Gedanken wie »Oh je, das kann ja heiter werden, denn Rasen liegt mir ja gar nicht. Außerdem hat Curren wesentlich mehr Erfahrung als ich, daher werde ich bestimmt verlieren.« Wahrscheinlich hätte er dann auch verloren. Eine »Self-Fulfilling Prophecy« eben.

Eher könnte ich mir vorstellen, dass er, ähnlich wie Angela Merkels berühmter Satz »Wir schaffen das«, Gedanken im Kopf hatte wie »Das schaffe ich«, »Ich habe hart trainiert, den fege ich heute vom Platz« oder »Das Turnier lief bisher hervorragend. Ich kann bestimmt gewinnen, wenn ich mich genügend anstrenge.«. Und genauso verhält es sich in Verhandlungen. Wenn Sie in eine Verhandlung hineingehen und denken: »Oh Gott, der schon wieder. Den kann ich ja gar nicht ab. Und dann ist das auch noch ein Monopolist, gegen den man sowieso nichts ausrichten kann; und gut drauf bin ich sowieso nicht mit meiner Erkältung«, dann wird es nicht Ihre brillanteste Verhandlung mit den besten Ergebnissen werden. Gehen Sie aber in die Verhandlung mit den Gedanken »Heute packe ich ihn. Heute überzeuge ich ihn. Ich bin hervorragend vorbereitet und werde mich diesmal bestimmt durchsetzen«, dann wird es höchstwahrscheinlich genauso sein.

Also sabotieren Sie sich nicht selbst. Weder vor der Verhandlung noch in der Verhandlung. Gehen Sie vielmehr positiv gestimmt und mit sportlichem Ehrgeiz in eine Verhandlung. Denken Sie nicht: »Oh Gott, jetzt muss ich wieder mit diesem arroganten Choleriker reden«, sondern »Heute wird es mir gelingen, einen Freund aus ihm zu machen. Ich hab schon eine Idee, wie das geht.«. Oder denken Sie auch ja nicht: »In der Verhandlung erreiche ich sowieso nichts, weil der [Lieferant] ohnehin Monopolist ist«, sondern »Heureka! Jetzt ist mir endlich eingefallen, wie ich bei dem Monopolisten Interesse erzeugen kann, damit er mir entgegenkommt.«

Verdrängen Sie für eine anstehende Verhandlung auch mögliche Schwächen, die Sie glauben zu haben. Oder nehmen Sie sich eine Schwäche vor, die Sie verbessern möchten, und üben dann in der Verhandlung, um aus Ihrer Schwäche eine Stärke zu machen. Wenn Sie beispielsweise wissen, dass Sie in Verhandlungen zu wenige Fragen stellen, dann üben Sie mehr zu hinterfragen und nachzufragen. Das hilft Ihnen nicht nur, die Position der Gegenseite besser zu verstehen, sondern auch, Ihre Argumente zielgerichteter zu platzieren. 

Fokussieren Sie sich vielmehr auf Ihre Stärken (s. Abb. 5). Diese können unter anderem sein: Ihr Fach- und Verhandlungswissen, Ihr Kommunikationstalent und Ihre Stärken im Umgang mit anderen Menschen sowie positive Aspekte Ihrer Persönlichkeit. So werden Sie einen brillanten und überzeugenden »Auftritt« hinlegen, denn Ihre Stärken potenzieren sich gegenseitig. Je mehr Sie sich Ihrer persönlichen Stärken bewusst sind und diese nutzen, umso besser überzeugen Sie und erreichen dadurch bessere Ergebnisse.

Abb. 6:

Ihre wesentlichen Stärken in Verhandlungen

Auf die Punkte »Ihr Wissen« und »Ihr Können« werde ich ausführlich in den Kapiteln 2 und 3 eingehen, daher möchte ich mich hier auf Persönlichkeitsmerkmale beschränken, die in Verhandlungen eine ganz entscheidende Rolle spielen. Eine ausgewogene Kombination der nachfolgenden Aspekte kann entscheidend sein, um sich auch in schwierigen Verhandlungen durchzusetzen:

Positive innere Einstellung: Eine optimistische Grundeinstellung kann helfen, eine positive Atmosphäre zu schaffen und das Vertrauen zwischen den Parteien zu fördern. Anstatt sich auf Probleme zu konzentrieren, suchen Sie nach Lösungen und konstruktiven Wegen, um eine Einigung zu erzielen. Glauben Sie an Ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Das hilft Ihnen, notwendige Entscheidungen zu treffen und Herausforderungen, die sich in der Verhandlung ergeben, anzugehen.

Positive Ausstrahlung: Seien Sie freundlich und offen gegenüber den Gesprächspartnern. Vergessen Sie auch nicht zu lächeln. Erstens strengen Sie damit nur 15 – 20 Gesichtsmuskeln an und nicht mehr als 40 Muskeln, wenn Sie böse gucken, sondern Sie werden positiver wahrgenommen. Mit einer offenen, entspannten Körperhaltung, Lächeln und Blickkontakt signalisieren Sie Offenheit und Freundlichkeit. Freundliche, respektvolle und ermutigende Kommunikation trägt ebenfalls zu einer positiven Ausstrahlung bei. Aktives Zuhören ist ebenfalls wichtig.

Kampfgeist und Hartnäckigkeit: Menschen mit starkem Kampfgeist und hoher Hartnäckigkeit neigen dazu, Herausforderungen als Gelegenheiten zu sehen, zu wachsen und ihre Fähigkeiten zu verbessern. Der Wille, für die eigenen Ziele zu kämpfen, auch in schwierigen Situationen, ist für sie eine starke, innere Triebfeder, die einen antreibt, auch bei Rückschlägen und Schwierigkeiten nicht aufzugeben. Wenn Sie genauso denken und handeln, werden Sie jede Verhandlungssituation erfolgreich meistern.

Selbstbewusstes Auftreten: Ein starkes Selbstbewusstsein hilft, die eigene Position klar zu vertreten, und verleiht Glaubwürdigkeit. Sie sollten jedoch nicht so selbstbewusst auftreten, dass es auf Ihren Gesprächspartner arrogant wirkt – oft eine feine Linie. Eine aufrechte, offene, entspannte Körperhaltung signalisiert Selbstbewusstsein, ebenso wenn Sie konstruktive Kritik annehmen, anstatt defensiv zu reagieren. Eine klare, deutliche und gut modulierte Stimme, kein monotones Genuschel, trägt ebenfalls zu Ihrer selbstbewussten Ausstrahlung bei.

Vertrauenswürdiges Verhalten: Halten Sie Ihre Versprechen und Verpflichtungen ein. Wenn Sie sagen, dass Sie etwas tun werden, setzen Sie es in die Tat um und erledigen es auch termingerecht. Zeigen Sie Respekt gegenüber dem Gesprächspartner, hören Sie aktiv zu und versuchen Sie, die Perspektiven und Standpunkte Ihres Gesprächspartners zu verstehen. Seien Sie auch bereit, Informationen zu teilen und offen über Ihre Entscheidungen und Beweggründe zu kommunizieren. All diese Punkte tragen dazu bei, dass Sie als vertrauenswürdiger Gesprächspartner wahrgenommen werden. Dadurch bauen Sie eine positive, vertrauensvolle Beziehung zum Gesprächspartner auf.

Faire Umgangsformen: Akzeptieren und respektieren Sie unterschiedliche Meinungen, Überzeugungen und Standpunkte, auch wenn diese konträr zu den Ihren sind. Anstatt nur zu kritisieren, sollten Sie Feedback so geben, dass es hilfreich ist und zu Verbesserungen der Beziehung oder zur Lösungsfindung beiträgt. Sprechen Sie Konflikte sachlich und ruhig an, kommunizieren Sie deutlich Ihre Vorstellungen und bieten Sie mögliche Kompromisse an. Auch ist eine klare, offene und ehrliche Kommunikation sehr wichtig. Dazu gehört auch, die Wahrheit zu sagen und authentisch zu sein. 

Freude an der Gastgeberrolle: Geben Sie den Lieferanten, die Sie besuchen, das Gefühl, willkommen zu sein. Eine gute Planung und Organisation im Vorfeld der Verhandlung sorgen dafür, dass alles reibungslos abläuft. Dazu gehören insbesondere eine adäquate Bewirtung sowie die Schaffung einer angenehmen Atmosphäre. Wählen Sie also einen Verhandlungsraum, in dem die Gesprächspartner sich wohlfühlen und keinen fensterlosen Raum irgendwo im Keller Ihres Firmengebäudes. Bieten Sie Getränke und Snacks an, die den Vorlieben der Gesprächspartner entsprechen, also vorzugsweise keinen Kaffee bei Teetrinkern oder Schokoriegel bei Diabetikern.

Kompromissbereitschaft: Seien Sie kompromissbereit und machen Sie Zugeständnisse, um in Konfliktsituationen zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen. Versuchen Sie, mit Ihrem Gesprächspartner alternative Lösungen zu finden, die für Sie und ihn akzeptabel sind und fokussieren Sie sich auf das Verhandlungsziel, statt an einzelnen Standpunkten oder Verhandlungspositionen festzuhalten.

Sehen Sie also jede Verhandlung als positiven, sportlichen Wettkampf an, bei dem derjenige gewinnt, der die besseren, interessensbasierten Argumente hat, diese überzeugender vorträgt, hartnäckiger ist, Einwände schlagkräftiger entkräftet und sich besser auf den Gesprächspartner und dessen Persönlichkeit sowie interkulturellem Hintergrund einstellen kann. Und das können durchaus Sie sein, wenn Sie sich gut vorbereiten sowie positiv gestimmt und gut gelaunt den Verhandlungsraum betreten. Kurzum: Haben Sie einfach Spaß an der Verhandlung und freuen Sie sich auf das rhetorische Duell mit dem Gesprächspartner.

11Die »Self-Fulfilling Prophecy« (Deutsch: eine selbsterfüllende Prophezeiung) geht auf den US-amerikanischen Soziologen Robert K. Merton zurück und bezeichnet das Phänomen, dass eine eigene Vorhersage eines Menschen, durch eine unbewusst ablaufende Verhaltensänderung, dazu führt, dass sich die Erwartung oder Befürchtung tatsächlich erfüllt.

1.3 Achten Sie auf Entscheidungskompetenz

»Der Erfolg besteht darin, die Fähigkeit zu haben, Entscheidungen zu treffen und sie mit Entschlossenheit durchzuführen.«

Winston Churchill

Wenn Sie mit Gesprächspartnern verhandeln, die nicht über die erforderlichen Entscheidungskompetenzen verfügen, verschwenden Sie im günstigsten Fall Zeit und im ungünstigsten Fall werden Sie ausspioniert. »Ausspioniert? Jetzt machen Sie aber mal einen Punkt, Herr Roithmeier. Schließlich sind wir hier in einer Verhandlung und treten nicht in einem ›James Bond‹-Film auf«, werden Sie jetzt vielleicht denken. Lassen Sie mich daher eine kurze Anekdote erzählen.

Eine kleine Anekdote

Als ich noch im Vertrieb war, haben meine Kollegen und ich es immer als am schwierigsten empfunden, wenn der Einkäufer bei einem Kunden gewechselt hat. Der alte Einkäufer war gut einzuschätzen, aber vom neuen Einkäufer wussten wir gar nichts. Weder wie er denkt, wie ehrgeizig er ist oder welche Ziele er hat, noch über welche Persönlichkeit er verfügt und ob er ein Einkaufsprofi oder eher ein Amateur ist.

Daher haben wir gerne einen talentierten Praktikanten oder Werkstudenten ausgesucht, ihn in einen adretten Anzug gesteckt, ihm eine Visitenkarte in die Hand gedrückt, Bruno Evans, Vertrieb, und ihn beauftragt: »Geh mal hin und höre dir an, was er, der Einkäufer des Kunden, zu sagen hat und was er will. Mach aber keine Zugeständnisse, sondern nicke nur freundlich, schreib alles mit und sage höchstens ›Ich denke, das kriegen wir hin‹.«

Gesagt, getan. Nach seiner Rückkehr berichtete der Praktikant/Werkstudent: »Also, es ging um folgende Themen […], die Punkte […] waren ihm sehr wichtig, bei diesen Punkten […] ist er, denke ich, kompromissbereit und diese Argumente […] hat er genannt. Er ist ein jovialer, sympathischer und umgänglicher Mensch, der aber knallhart zu seinen Zielen steht, sehr hartnäckig ist und über sehr gutes Einkaufswissen ­verfügt.«

Jetzt konnten wir uns gezielt auf die eigentliche Verhandlung vorbereiten. Auch auf die Gefahr hin, dass es zu martialisch klingt, es ist wie in der Kriegsführung: Wenn man einen Spähtrupp vorschickt, der einem genau mitteilen kann, wo die Reiter, die Kanoniere und die Infanterie der gegnerischen Armee stehen und wie viele es sind, dann kann man seine eigene Schlachtordnung viel gezielter aufstellen. Und bei Verhandlungen entspricht die Schlachtordnung der Gesprächs-, Argumentations- und Kommunikationsstrategie.

Dieser Trick, einen nicht entscheidungskompetenten Gesprächspartner vorzuschicken, um die eigene Gesprächs- und Argumentationsstrategie zielgerichteter vorbereiten zu können, wird übrigens von einigen Unternehmen genutzt. Überlegen Sie, in welchen Verhandlungen dies bei Ihnen der Fall gewesen sein könnte.