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"Ich vergesse, was dahinten ist, strecke mich aber aus nach dem, was vorn ist und jage auf das Ziel zu, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes, nach oben in Christus Jesus." (Philipper 3, 13+14) Ingrid Scharkus erzählt von ihren Erlebnissen mit Jesus, ihrem Glauben und ihrer Gemeinde. Kleine Geschichten vom Alltag, in dem sich Göttliches offenbart.
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Seitenzahl: 75
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Copyright © 2025 by Ingrid Scharkus
All rights reserved.
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Texte und Fotos: © Copyright by Ingrid Scharkus
Umschlaggestaltung: © Copyright by Dr. Bernd Floßmann
Verlag: Ingrid Scharkus
Wicherns Garten 1
20537 Hamburg
Druck: epubli, ein Service der neopubli GmbH, Berlin
1. Band „Sternenfieber“: ISBN 978-3-95645-586-5
2. Band „Sternenstadt“: ISBN 978-3-95645-613-8
Früher habe ich die ganze Geschichte mit anderen Augen gesehen. Geburtstag war etwas Besonderes. Es war toll, wieder ein Jahr älter geworden zu sein. Gerade meine ersten Geburtstage waren wie Prüfungen. Da kam die ganze Verwandtschaft zusammen, nahm an einem großen runden Kaffeetisch Platz und wartete andachtsvoll. Worauf? Richtig! Auf die Torte.
Es gab zwei Lösungen des Problems: Die erste bestand darin, dass ich (ich war noch nicht sehr alt) einen Zipfel des schönen, weißen Tischtuchs ergriff und meine ständig wachsenden Kräfte sehr selbstbewusst einsetzte. Mit einem einzigen Ruck erledigte sich dann die Kaffeetafel im vor aus auf dem Schoß der restlichen verdutzt dreinschauenden Onkel und Tanten. Ich wurde daraufhin – nur unter lautstarkem Protest versteht sich – in ein Nebenzimmer gesperrt und der Rest der Tafel in geräuschärmerer Umgebung zu neuer Herrlichkeit gestaltet.
Die zweite Lösungsart war ein Jahr später das Werk meiner Mutter. Abermals saßen alle andachtsvoll um den gedeckten Kaffeetisch und warteten auf die Torte. Diesmal war das Tischtuch befestigt. Im nächsten Augenblick erschien meine Mutter freudestrahlend und sehr schwungvoll, wie es damals so ihre Art war, mit dem Kuchentablett in der Tür. Ich war inzwischen älter, auch reifer geworden und kannte meine Mutter. So war ich es nun, die rechtzeitig die Flucht ergriff, sehr zur Verwunderung meiner Verwandten. Aber die Situation klärte sich bald, nachdem meine Mutter sich mit einigen weiteren beschwingten Schritten der Kaffeetafel näherte „Hier ist der Kuchen!“ sagte sie siegesbewusst. Aber noch im selben Augenblick bekam sie eine ihrer so genannten ‚Reflexbewegungen’. Jeder erhielt sein Stück Torte, das muss ich schon sagen, aber wie! Mit lautem Platschen landete das Kuchentablett umgekehrt auf dem Tisch. Ich nehme an, das war der Anlass dafür, dass es später hauptsächlich Kopenhagener, Hanseaten, Berliner und Schweinsohren gab.
Mit zwei Jahren eroberte ich meine Welt, eigentlich mit Charme.
Früher freute ich mich sehr auf meinen Geburtstag. In der Schule äußerte sich das so. dass ich mich eine Woche zuvor meldete und meine Lehrerin fragte: “Weißt du eigentlich, dass ich bald Geburtstag habe?“ Das erste Mal wusste sie es nicht. Das war Grund genug für mich, sie täglich erneut daran zu erinnern, zum Leidwesen meiner Mitschüler. Sie waren sehr erleichtert, als es endlich soweit war.
* * *
Von einem gewissen Alter an hörten Geburtstage auf, mir Spaß zu machen. Ich finde es einfach nicht mehr so wichtig, dass alle wissen, wie alt ich bin. Darum habe ich mich ab siebenundzwanzig darum bemüht, die Sache zu verschweigen. Das wiederum hatte noch unangenehmere Folgen. Bei einem Waldspaziergang mit mehreren Teilnehmern posaunte eine Namensschwester heraus: „Du wirst siebenundzwanzig, nicht war?“ Nun wussten es alle.
Auch im Büro bemühte ich mich, meinen Geburtstag so unauffällig wie möglich zu gestalten. Gleich als ich hereinkam, stürmte mir mein Chef entgegen: „Herzlichen Glückwunsch und weiterhin alles Gute!“ Er hatte einen Geburtstagskalender. Nachdem mir weitere Kollegen gratuliert hatten, die Ihrerseits auch einen Geburtstagskalender besaßen, setzte ich mich genervt auf meinen Büroschemel. Da tönte es hinter mir: „Armes Mädchen, hast Geburtstag und musst soviel arbeiten.“ Ich drehte mich um und erblickte einen etwas rundlichen, untersetzten, wie immer Zigarre rauchenden Kollegen, der einmal von sich selbst sagte, er sei ein all-round-Typ (figürlich). „Also ich kann eigentlich am wenigsten dafür, dass ich Geburtstag habe“, sagte ich, das ist doch ein Tag wie jeder andere. Nur der erste Geburtstag war etwas anstrengend.“
„Dafür haste auch gleich ’ne Tracht Prügel bekommen!“
„Na, das kann ich ihnen sagen, das war vielleicht eine Begrüßung!“ Ein etwas schnarrendes Lachen hinter mir bewies mir, dass die Angelegenheit erfolgreich abgewiesen war.
Bereits am Tag zuvor war ich mit schwierigen Vorbereitungen beschäftigt gewesen. Ich hatte vor, Geflügelsalat zu machen, hatte aber keine Lust gehabt, ein Huhn zu kochen. Not macht erfinderisch. Ich stürmte um die Ecke in den nächsten Imbiss: „Zwei halbe Hähnchen bitte!“
„Die sind gerade alle.“
„Können Sie nicht noch eins grillen?“, fragte ich verzweifelt. Wie sollte ich mich auch um viertel nach fünf in einen Supermarkt stürzen, ein vereistes Huhn aus der Truhe ziehen und das bis um sechs gar kriegen? Zur Bekräftigung sagte ich: „Ich komme ganz bestimmt wieder. Und ich zahle auch im voraus.“
Bei soviel Begeisterung für ihre Grillhähnchen konnte die Inhaberin schon aus Geschäftsstolz nicht widerstehen. „Also gut, in vierzig Minuten ist es fertig.“ Ich zahlte, ging zunächst erleichtert nach Hause und stürmte nach genau vierzig Minuten wieder in die Imbissbude, auf die Minute genau. Voller Stolz überreichte mir die Inhaberin das Hähnchen: „Guten Appetit!“ Sollte ich ihr die Wahrheit sagen? Aber dazu hatte ich sowieso keine Zeit. Ich nahm das heißeste aller Hähnchen in die Hand und balancierte es nach Hause. Dass der Geflügelsalat nach Grillhähnchen schmeckte, wer hat das schon bemerkt?
Erst einen Tag später hatte ich Zeit, mir meinen Geburtstag genauer durch den Kopf gehen zu lassen. Was hatte sich verändert, außer dass ich total Pleite ins neue Lebensjahr ging?
Es gab keine zermatschte Torte, keinen ruckartig abgedeckten Kaffeetisch, keine Gehaltserhöhung, keinen Ansturm der Verwandtschaft, kein respektvolleres Verhalten meiner Kollegen, keine günstigere Steuerklasse.
Was hatte sich geändert? Da fiel mir etwas ein. Ich griff nach meiner Bibel und las:
„Ich vergesse, was dahinten ist, strecke mich aber aus nach dem, was vorn ist und jage auf das Ziel zu, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes, nach oben in Christus Jesus.“
(PHILIPPER 3, 13+14)
Es ist Mittwochabend. Ich bin gerade aus der U-Bahn gestiegen, da fängt es an zu regnen. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, aber ich stelle plötzlich fest, warum mir auf einmal alles so leicht vorkommt: ‘Mein Schirm!’, stöhne ich. Also irgendwo habe ich meinen Schirm stehen gelassen. Zu spät!, fährt es mir durch den Sinn. In dem Weihnachtseinkaufstrubel ist es wohl leichter, die berühmte Stecknadel zu suchen. Na ja, tröste ich mich, die Automatik war sowieso nicht mehr in Ordnung. Dauernd ging der Schirm auf, wo es nicht so angebracht war, so wie neulich, mitten im Büro.
Was soll’s? Zuhause angekommen, schnappe ich mir erst einmal meine Teekanne. Eine Tasse Tee kann jetzt nicht schaden. Ich will es mir eigentlich mal wieder richtig gemütlich machen, aber dazu kommt es doch nicht. Mir fällt ein, dass ich versprochen habe, ein paar Gedanken über Weihnachten aufzuschreiben. Also setze ich mich an meine Schreibmaschine und das Unglück nimmt seinen Lauf.
Unsere Teestube war ein gastfreundlicher Ort dank Mitarbeitern wie Ingrid und Dieter P.
Es begann eigentlich alles damit, dass ich vor fast vier Wochen für unsere Teestuben-Adventsfeier eine passende Weihnachtsgeschichte suchte. Ich hatte schon einige Monate zuvor ein Buch mit Weihnachtsgeschichten erstanden. Damals war dafür keine Saison, und darum war das Buch sehr billig gewesen. Ich zog das Buch aus meinem Schreibtisch hervor und begann, in meinen Frühstückspausen, die Geschichten eine nach der anderen zu lesen. Als ich nach vier Tagen erneut mit stark verschleiertem Blick über dem Buch saß und sich meine Kollegen langsam fragten, ob mir etwas fehlte – da regte sich ein Widerspruch in mir. Weihnachten ist doch ein Fest der Freude! Warum sind Weihnachtsgeschichten dann immer so traurig? Immer noch gibt es - Ende der siebziger Jahre - viele Erlebnisse aus der Kriegszeit, auf die ich, für unsere Feier, gerne einmal verzichten möchte Zuerst fragte ich meine Mutter – sie ist nämlich so etwas wie ein Bücherwurm – ob sie nicht eine fröhliche Weihnachtsgeschichte für mich hätte. Sie dachte angestrengt nach. Das einzige, was ihr einfiele, sei eine Geschichte von Kishon, einem israelischen Schriftsteller. Es gehe darum, dass sich die Juden zu dem entsprechenden jüdischen Fest Matze schenken. Ob ich wüsste, was das sei. Ich erinnerte mich an meine nur einen Monat zurückliegende Israelreise. „Du meinst sicher das Zeug, das wie Knäckebrot aussieht und dessen Geschmack etwas an Pappe erinnert.“
„Ja genau“, sagte sie, „In der Geschichte geht es nämlich darum, dass jeder nach dem Fest versucht, die Matze wieder loszuwerden.“
„Ich verstehe, aber wer von den Zuhörern kann das nachvollziehen, wenn er so etwas noch nie gegessen hat?“
„Es ist wohl auch keine direkte Weihnachtsgeschichte“, meinte meine Mutter und Ratlosigkeit erfüllte ihre Miene.
Ich wollte mich nicht entmutigen lassen, aber ich habe bis heute noch keine lustige Weihnachtsgeschichte gefunden. Doch bevor ich nun zu einigen vorweihnachtlichen Erlebnissen kommen kann, muss ich mich erst einmal um mein überkochendes Teewasser kümmern – so! Jetzt muss ich nur aufpassen, dass der Tee nicht zu lange zieht, sonst schreibe ich auch noch eine langweilige, traurige Weihnachtsgeschichte.