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Dieses Buch ist ein Lesebuch und will zwei Funktionen erfüllen. Zum einen soll der Leser mit den Erscheinungen des Mönches Hippolyt die apokryphen Evangelien von Bartholomäus, Petrus, Maria Magdalena, Judas Iskariot und Philipp kennenlernen, Evangelien, die nicht in den Kanon der heutigen Bibel hineinfanden, aber dennoch in vielen Gemeinden gelesen wurden. Zudem wählt der Mönch als Verkündigungsort die Moritzkirche in Spandau, manche sagen, die älteste Kirche Berlins. So findet sich denn auch am Schluss eine kleine Chronik der zu recherchierenden Daten, die die Moritzkirche betreffen. Diese Kirche verdient in der Tat ein wenig mehr Aufmerksamkeit, darum endet das Buch mit Ideen, auf angemessene Weise an diese Kirche zu erinnern.
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Seitenzahl: 313
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Gewidmet:
Den Freunden der Spandauer Moritzkirche
Der geheimnisvolle Ort
Teil I - Das Bartholomäus-Evangelium
Teil II - Das Petrus-Evangelium
Teil III – Das Evangelium der Maria Magdalena
Teil IV - Das Evangelium nach Judas Iskariot
Teil V – Das Philipper-Evangelium
Kleine Chronik der Moritzkirche von Spandow
Willkommen zu „Erscheinungen an der Moritzkirche“, einem Lesebuch, das die faszinierenden Facetten der apokryphen Evangelien neu entfaltet und gleichzeitig einen besonderen Blick auf die Moritzkirche in Spandau wirft – ein Ort von ergreifender Geschichte und spiritueller Bedeutung.
In den Seiten dieses Buches wird der Leser eingeladen, in die Welt der apokryphen Evangelien einzutauchen. Der Mönch Hippolyt führt Sie durch die Erzählungen der Evangelien von Bartholomäus, Petrus, Maria Magdalena, Judas Iskariot und Philipp. Diese Texte, die nicht Eingang in den biblischen Kanon fanden, bieten dennoch einen großen Reichtum an Gedanken und Überlegungen, die in vielen Gemeinden jener Zeit Beachtung fanden. Es ist mein Ziel, deren Bedeutung neu zu beleuchten und eine Brücke zwischen ihrer historischen Relevanz und dem heutigen Glaubensleben zu schlagen.
Die Moritzkirche, oftmals als die älteste Kirche Berlins bezeichnet, bietet einen idealen Rahmen für unsere Reise. Diese ehrwürdige Stätte, die 1920 abgerissen wurde, war nicht nur ein Ort des Gottesdienstes, sondern auch ein Zeuge für die bewegte Geschichte der Stadt und der Menschen, die hier lebten und ihren Glauben praktizierten. Mit einem abschließenden Kapitel, das eine Chronik der Moritzkirche präsentiert, möchten wir ihr die Anerkennung zuteilwerden lassen, die sie verdient. Die Chronologie bietet spannende Einblicke, auf dass wir alle uns ihrer Bedeutung bewusst werden und Anregungen finden, wie wir an diese Kirche und ihr Erbe angemessen erinnern können.
Wir laden Sie ein, mit offenen Herzen und neugierigem Geist diese Seiten zu durchblättern. Möge die Entdeckung der apokryphen Evangelien und die Würdigung der Moritzkirche nicht nur Wissen, sondern auch Inspiration und eine tiefere Verbindung zu unserem Glauben entfalten.
Ihr Johannes Simang
Im Jahre 1493 erwarb der Rat von Spandow ein uraltes Gemäuer, das unter den Einheimischen nur als die ‚graue Mönchszelle‘ bekannt war. Ein Ort, der von Jahrhunderten des Schweigens und vergessenen Gebeten umhüllt war. Versteckt in der Jüdenstraße, schien das Gebäude einen eigenen Atem zu haben, ein Flüstern der Vergangenheit, das die Passanten mitunter erschaudern ließ.
An einem nebligen Abend, dem 20. April, traten die Minoriten, deren Kloster sich in Berlin erhob, an den Rat von Spandow heran. Mit ernsten Mienen baten sie um die Fortsetzung der Gastfreundschaft für die Mönche, die in Spandow von Zeit zu Zeit das Wort Gottes verkündeten. „Das Haus, das der Visitator, Nicolaus de Buge, westlich des Kirchhofs erbauen ließ, soll weiterhin für unsere Brüder zugänglich bleiben“, so die flehende Stimme des ältesten Mönchs. „Oder so möge Eure Weisheit eine andere Lösung finden.“ Der Rat gewährte ihnen die Graue Zelle als gastlichen Ort für Mönche.
Nicht lange, und ein unbekannter Mönch – klein, von mittleren Jahren und mit einem geheimnisvollen Leuchten auf seinem Antlitz – nahm seinen Platz in der grauen Zelle ein. Seit seinem Kommen in der nebligen Dämmerung an einem Karfreitag des Jahres raunten sich Bewohner Spandows eigentümliche Geschichten zu: Man erzählte von seltsamen Erscheinungen, die sich mit der Ankunft des Mönches in der Jüdenstraße zeigten, der sich einigen als Hippolyt vorgestellt hatte.
In den stillen Nächten, während der Mond sein bläuliches Licht auf die Zelle warf, beobachteten die Leute, wie der Mönch durch die Gassen schritt. Manchmal schien es, als würde er flüstern, als spräche er mit unsichtbaren Gefährten. Dann wieder verweilte er still vor Fenstern, als horche er auf ein fernes Echo, das nur ihm zu Ohren gelangte.
Gerüchte verbreiteten sich wie der unheimliche Nebel selbst. Einige meinten gar, in der stillen Stunde, wo der Tag dem Abend weicht, sähe man Lichtblitze im Fenster der Grauen Zelle und würde dabei von einem gespenstischen Gesang begleitet. Das Lächeln des Mönches schien die Schatten zu vertreiben, doch gleichzeitig erweckte sein Blick ein tiefes Unbehagen.
Die Bürger begannen, den Mönch und seine Schreine zu fürchten. Was verbarg dieser stille Mann, der in der Dunkelheit wandelte und das Geheimnis um sich heraufbeschwor? Die Angst, die die Stadt durchzog, vermischte sich mit der Faszination für das Unerklärliche. Zum ersten Mal seit vielen Jahren begegnete die Bevölkerung einer Präsenz, die jenseits des Gewöhnlichen lag – und in der Dunkelheit der Grauen Mönchszelle flüsterten die Geister des Vergessens.
Niemand wusste, was am Ende des Weges vor ihnen lag, doch alle spürten das heraufziehende Unheil, das mit jedem Schritt des kleinen Mönches auf die Straßen von Spandow zukam. Dem zu begegnen, das sollte der Auftrag des Hippolyt sein. Doch von all dem ahnten die Spandower nichts.
In der Stille der Grauen Zelle, wo das Licht des Mondes schüchterne Schatten an die Wände warf und der Wind als leises Flüstern durch die Ritzen der alten Steine drang, saß Mönch Hippolyt in tiefen Gedanken versunken. Die Kerzen vor ihm zitterten wie die Seelen derer, die in Unruhe waren, und erlauschten dem geheimnisvollen Rauschen der Nacht. Es war, als ob der Raum selbst Atem holte, um ein verborgenes Geheimnis zu offenbaren.
Da, in der tiefsten Dunkelheit, erschien ein Licht — nicht von der Welt, wie Hippolyt es kannte. Es glühte sanft, schimmerte im Dämmerlicht und formte sich allmählich zur Gestalt eines Mannes, dessen Antlitz gezeichnet war von einer Heiligkeit, die jede Sterblichkeit überstieg. Es war Bartholomäus, der Evangelist, der in der Nacht zu ihm sprach, mit einer Stimme, die wie das Echo der himmlischen Sphären klang.
„Hippolyt“, sprach der Jünger, „mein Kommen ist nicht zufällig. Dies ist die Zeit, in der die Seelen derer, die an den Ufern des Glaubens zögern, die Wahrheit erkennen müssen. Ihre Herzen sind schwer und ihre Furcht verdunkelt den Blick auf das Licht, das ihnen geschenkt wurde. Ich bin gesandt, um dir das Evangelium zu offenbaren, das du verkünden sollst.“
Der Mönch sank auf die Knie. Er spürte die Kraft des heiligen Zeugnisses, die in der Luft pulsierte, und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als er fragte: „Was willst du mir, o Bartho-lomäus, sagen?“
„Die Botschaft, die ich bringe, ist ein Ruf zur Erneuerung, ein Licht in der Dunkelheit“, begann der Evangelist, während er um ihn herum einen goldenen Schein entfaltete, der die Wände der Zelle erhellte. „Vor vielen Jahrhunderten, als der Messias unter den Menschen wandelte, verkündete ich die Worte des Lebens und des Geistes. Doch die Menschheit verliert sich in einem Labyrinth aus Angst und Zweifel. Sie benötigen deine Hände, um das, was ich einst sagte, neu zu erwecken.“
Er sprach von den Wundern, die sie zusammen erlebten, von der Speisung der Fünftausend bis zur Heilung der Krüppel. Und während er das Evangelium des Glaubens entblätterte, spürte Hippolyt sowohl die Schmerze der Menschen in Spandow als auch die Hoffnung, die in ihren Herzen verborgen lag.
„In dieser Zeit, in der Lügen durch den Alltag schlüpfen und der Zweifel in die Seelen eindringt, ist es an dir, als Mönch, die Menschen zu erwecken. Sprich zu ihnen von der Barmherzigkeit, von der Vergebung und von der Liebe, die keine Grenzen kennt. Sie sollen sich erinnern, dass sie geliebt sind, auch in ihren finstersten Stunden.“
Plötzlich breite sich der Raum in eine überwältigende Dimension aus. Hippolyt sah Visionen der Menschen: Ihre Schmerzen, ihre Tränen, ja sogar ihr Lächeln, wenn ein Funke der Hoffnung sie durchzog. Ein seltsames Geräusch wurde zur Melodie der Seelen und vermischte sich mit den besonnenen Worten des Evangelisten.
„Doch sei gewarnt, Mönch! Nicht jeder wird deine Worte hören, nicht jeder wird sie annehmen. Der Weg der Wahrheit ist gepflastert mit dem Widerstand derer, die im Schatten verweilen. Aber du bist nicht allein; ich werde immer bei dir sein, in jedem Gebet, in jedem Flüstern des Glaubens.“
Als Bartholomäus die letzte Botschaft in die Dämmerung der Zelle entließ, begannen die Schatten um Hippolyt zu schwinden. Der Evangelist wandte sich ihm zu, und in seinen Augen schimmerte das Licht ewigen Lebens.
„Erhebe deine Stimme, dieser Punkt der Dunkelheit, denn deine Worte werden wie Feuer in den Herzen der Menschen zünden. Sie werden das Licht in ihre Ecken tragen und sich erheben, und du, Hippolyt, wirst das Werkzeug sein, das Glaube und Hoffnung zurückbringt in die Seelen von Spandow.“
Mit einem letzten, gleißenden Aufblitzen verschwand Bartholomäus, und die Zelle fiel wieder in eine gewohnte Stille. Doch in Hippolyts Herzen brannte das Evangelium, und er wusste, dass er die Wahrheit, die er erfahren hatte, verkünden musste — nicht nur als Mönch, sondern als Lichtträger im Dunkel der Welt.
Der Apostel saß plötzlich wie ein Mensch in der Ecke seiner Zelle und erzählte: „Hippolyt, ich möchte dir von einem besonderen Ereignis erzählen, das ich in der Zeit vor der Passion unseres Herrn Christus erlebt habe. Eines Tages waren alle Apostel versammelt, und wir waren voller Fragen. Wir baten unseren Herrn: ‚Herr, offenbare uns die Geheimnisse des Himmels.‘ Doch in seiner Antwort teilte er uns mit, dass er, ehe er seinen Fleischesleib abgelegt hätte, noch nichts mit uns zu teilen vermochte.
Dann kam die Zeit des Leidens und das Wunder seiner Auferstehung. Doch als wir ihn in seinem neuen Glanz sahen, wagte es niemand, ihn zu fragen. Sein Anblick war verändert; die Herrlichkeit seiner Gottheit strahlte so stark, dass wir uns ängstigten und uns fragten, ob wir je wieder die Antworten auf unsere Fragen erhalten würden.
Ich jedoch, bewegt von der Sehnsucht, trat an ihn heran und sprach: ‚Herr, ich möchte mit dir reden.‘ Jesus sah mich an und sagte: „Liebster Bartholomäus, ich weiß, was du sagen willst. Frage also, und ich werde dir auf alles, was du wünschst, antworten. Selbst, was du nicht zur Sprache bringst, werde ich dir kundmachen.‘
Ich fühlte mich ermutigt und voller Hoffnung. So viele Geheimnisse lagen vor uns, und ich wusste, dass ich die Antworten finden konnte, die wir so dringend suchten.
Da sprach ich zu ihm: ‚Herr, als du gingst, um dich ans Kreuz hängen zu lassen, da folgte ich dir von ferne und sah, wie du ans Kreuz gehängt wurdest und wie die Engel vom Himmel herabstiegen und dich anbeteten. Als dann die Finsternis eintrat, da schaute ich hin und sah, dass du vom Kreuz verschwunden warst; nur deine Stimme hörte ich in der Unterwelt, und wie dort plötzlich ein gewaltiges Jammern und Zähneknirschen begann. Künde mir Herr, wohin du vom Kreuze gingst.‘
Da antwortete Jesus: ‚Gesegnet bist du, Bartholomäus, mein Geliebter, weil du dies Geheimnis erkannt hast. Darum werde ich dir jetzt alles, wonach du mich fragst, kundtun.‘
Hippolyt, ich kann dir berichten von einem gewaltigen Ereignis, das sich zugetragen hat, nachdem unser Herr Christus seinen letzten Atemzug am Kreuz ausgehaucht hatte. Nachdem ich die Grablegung unseres Retters erlebt hatte, wurde ich von der tiefen Gewissheit ergriffen, dass etwas Großes bevorstand.
Die Worte des Erzengels Michael hallten in mir wider, als er mich ermahnte: ‚Geh hinab zur Unterwelt! Bring Adam und alle Patriarchen von dort heraus!‘ In diesem Moment wusste ich, dass ich auserwählt war, Teil eines göttlichen Plans zu sein.
Als ich mit den Engeln zu den tiefsten Tiefen hinabstieg, erkannte ich die Macht des Hades, der ahnte, dass Gott selbst die Erde betreten hatte. Ich konnte das Zittern der Unterwelt förmlich spüren, als Hades zum Teufel sprach: ‚Ich sehe, Gott ist auf die Erde herabgestiegen.‘
Hades war von Furcht erfüllt. Jedes Mal, wenn ich weiter hinabstieg, fühlte ich den Atem Gottes, der wie ein mächtiger Wind durch die finstere Region strömte. ‚Öffnet die Pforten!‘, riefen die Engel, und ich wusste, dass der König der Herrlichkeit gekommen war, um die gefangenen Seelen zu befreien.
Doch der Teufel wollte das nicht wahrhaben und warf Hades vor, sich zu fürchten, als wüsste er nicht, dass dies nur ein Prophet sei. Doch die Worte Hades‘ zeigten uns, dass in seinen Gedanken eine schreckliche Wahrheit lag: ‚Wir sind am Ende. Gott selbst ist gekommen, und wo sollen wir uns vor ihm verbergen?‘
Als ich schließlich die eisernen Tore erreichte, zerbrachen sie unter der Kraft meines Gebets und der Autorität Christi. Ich trat ein, und dort begegnete ich dem Teufel, der verzweifelt versuchte, sich gegen die göttliche Macht zu wappnen. Doch ich durchbrach seine Widerstände, band ihn und verhängte unlösbare Fesseln über ihn.
So führte ich Adam und die Patriarchen heraus aus der Dunkelheit, und wir stiegen empor ins Licht. Die Freude und das Erstaunen dieser Seelen über die Erlösung waren unbeschreiblich. Ich kann dir nur sagen, dass der Sieg über den Tod und die Unterwelt vollbracht wurde!
Der Herr hat uns nicht nur befreit, sondern den Weg zum ewigen Leben eröffnet. Möge unser Glaube stets so stark sein zu glauben, dass selbst der Tod uns nicht trennt von seiner Liebe.
Und nachdem ich alle Patriarchen hinausgeführt hatte, ging ich wieder zum Kreuz.“
„Und ich sprach zu Jesu: ‚Herr, ich sah, wie du wieder am Kreuz hingst und alle Toten auferstanden sind und dich anbeteten. Tue mir kund, Herr, wer war es, den die Engel auf ihren Armen brachten, jener übergroße Mensch? Und was sprachst du zu ihm, so dass er schwer aufseufzte?‘
Die Worte unseres Herrn hallen noch immer in meinem Herzen nach, als ich die geheimnisvollen Wahrheiten des Paradieses erfuhr. Nachdem er uns das unglaubliche Offenbarung gemacht hatte, fühlte ich die Schwere und die Herrlichkeit der Aufgabe, die vor uns lag.
Ich erinnere mich daran, wie die Herrlichkeit des Himmels sich mir offenbart hat, und wie ich Jesus fragte, was für ein Opfer in diesem Paradies dargebracht würde. Seine Antwort berührte mich tief: ‚Die Seelen der Gerechten, die den irdischen Leib verlassen, finden ihren Weg in das Paradies. So Adam als erster. Doch ohne seine Ankunft können sie nicht die volle Freude des ewigen Lebens empfangen.‘
Als ich den Herrn fragte, wie viele Seelen täglich diese Welt verlassen, war die Antwort überwältigend – dreißigtausend! Doch die bittere Wahrheit folgte schnell: ‚Nur drei unter ihnen finden den Eingang ins Paradies.‘ Diese Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. So viele Seelen, die in die Dunkelheit des Hades hinabsteigen, und nur so wenige, die die Gnade finden, von Christus empfangen zu werden.“
„Ich wollte weiterhin wissen und fragte Jesus, wie viele Seelen jeden Tag geboren werden. ‚Nur eine‘, sprach er, ‚die über die hinausgeht, die die Welt verlassen.‘ Diese Worte luden eine schreckliche Verantwortung auf uns. Wie viele Seelen sind in der Welt, um das Licht des Evangeliums zu empfangen?“
Daraufhin, als unser Herr diesen Frieden über uns sprach, spürte ich einen tiefen Drang, die Botschaft unseres Retters zu verkünden. Er war in der Lage, die Herzen zu erreichen und die verirrten Seelen zurückzuführen. Wir hatten keine Zeit zu verlieren; die Ernte war groß, aber die Arbeiter waren wenige.
Geliebte Brüder und Schwestern, versammelt an diesem heiligen Ort, umgeben von der ehrwürdigen Moritzkirche, stehe ich hier vor euch, ein Diener der Gnade, gesandt, eure Herzen zu erwecken und euch an die Gewalt der Zeit zu erinnern, in der wir leben. Die Stimmen der Vorfahren rufen uns, sie bitten um unsere Aufmerksamkeit, während die Schatten der Furcht und des Zweifels unsere Seelen einengen wie eisige Hände.
Ich bin mit einer Botschaft gekommen, die mir, im tiefen Traum der Offenbarung, enthüllt wurde. Kennt ihr die Wahrheit, die uns zwischen den Welten verbindet? Während der Evangelist Bartholomäus mit den Engeln in die tiefsten Abgründe des Hades hinabstieg, spürte ich die Macht des Todes, die ängstlich vor dem Herabsteigen Gottes erzitterte! Der König der Herrlichkeit, der befreit, was gefangen ist, war gekommen, um die Ketten des Hades zu zerbrechen und die Seelen zu erlösen!
In dieser Zeit, in der wir leiden unter dem großen Schweigen der Kirchen, unter dem Versagen derer, die die Flamme des Glaubens entfachen sollten, stehe ich hier, um euch zu sagen: Gott fordert unser Herz! Die Furcht Hades‘ ist nicht nur eine schreckliche Wahrheit, sie ist ein Zeichen – ein Zeichen des Kommens, das uns aufruft, mitzuwirken an der Erlösung der Seelen. Bedenkt die Vereinbarung eurer Vorväter! Das Heer der Engel ruft, und ihr, Bürger und Gläubige der Stadt, müsst zur guten Andacht zurückkehren!
Die Messen, die zeremoniellen Handlungen, das Heilige Brot und den Segen des Wassers! Diese Dinge sind mehr als nur Worte und Riten – sie sind das Leben selbst! Ihr habt dem Kapitel des Klosters einen Scheffel Korn gegeben, nicht aus Pflicht, sondern aus der Sehnsucht, euch mit der göttlichen Gnade zu verbinden! Aber nun, wo der Gottesdienst seine Geistlichkeit verloren hat, wo in stummer Wehmut die alten Bräuche verwitterten, seid ihr nicht mehr gebunden.
Doch siehe! Ich sage euch: Lasst uns den gemeinsamen Schritt zurückgehen! Lasst uns die zerbrochenen Verbindungen erneuern, die Kette des Glaubens schärfen mit jeder Messe, die wir halten! Soll der Teufel triumphieren über das, was eure Vorväter aufgerichtet haben? Nein! Schaut, die Ernte der Seelen ist groß, doch die Arbeiter sind wenige. Unzählige Seelen gehen täglich ihrer Bestimmung verloren – nur drei von dreißigtausend finden die Pforten des Paradieses, der Rest verweilt in der Dunkelheit!
Es lodert ein Feuer in den Herzen all jener, die verloren sind. Umarmen wir die Hoffnung und den Glauben! Lasst uns hinaufrufen in den Mikrokosmos der Menschenseele! Wenn der König der Herrlichkeit den Hades überwindet, wo steht ihr dann? Seid ihr bereit, die Wahrheit zu empfangen und die Dunkelheit zu vertreiben?
Denn der Herr sprach: „Die Seelen der Gerechten, die den irdischen Leib ablegen, finden ihren Weg ins Paradies, doch ohne meine Ankunft können sie die volle Freude des ewigen Lebens nicht empfangen!“ O, geliebte Gemeinde! Seid gewiss, die Zeit drängt!
Ich bitte euch, seht das Licht! Seht den Erlöser, der das Kreuz auf sich nahm, damit ihr nicht mehr gebunden bleibt! Wenn wir gemeinsam zur alten Tradition zurückkehren, wird die Kraft des Himmels über uns strömen wie ein mächtiger Strom! Lasst uns die Schwachen stärken, die Mutlosen ermutigen und die gefallenen Seelen zurück zu ihrem Herrn führen!
Wir sind die Arbeiter im Weinberg des Herrn! Mögen wir unseren Teil dazu beitragen, die versammelten Seelen zu versorgen, wie es unsere Vorväter getan haben. Lebt gelassen im Glauben, in der Gewissheit, dass die Liebe des Herrn unveränderlich ist und dass er es ist, der die Tore des Himmels weit öffnet. Seid die Lichtträger, die die Dunkelheit zerreißen und die Welt um euch herum erleuchten. Lasst uns zurückkehren zu den guten Werken, zu den heiligen Messen, die uns leiten und heiligen! Möge der Heilige Geist über unsere Herzen strömen, und möge der Herr uns mit seiner Gnade erfüllen! Amen.
Wieder saß Bartholomäus in der Ecke der Zelle, wie beim Zukommen vor einigen Tagen … und erzählte:
„Hippolyt, wenn ich über diese Gespräche mit Jesus nachdenke, spüre ich die Dringlichkeit, die er uns vermittelt hat. Wir sind berufen, die gute Nachricht zu verbreiten, um die Seelen zu befreien, die gefangen sind. Jeden Tag müssen wir unsere Aufgaben erfüllen mit dem Wissen, dass jede Seele zählt und dass die Liebe Gottes für jeden einzelnen von uns gilt.
Möge der Herr uns die Kraft geben, unseren Weg zu gehen und die Verlorenen zu finden. Die Antwort auf die Frage nach dem Paradies und dem Zustand der Seelen treibt mich an, das Licht Christi zu verkünden.
Es waren aber die Apostel an dem Orte Chritir mit Maria. Da trat ich an Petrus, Andreas und Johannes heran und sprach zu ihnen: „Wir wollen Maria, die Begnadete, fragen, wie sie den Unfassbaren empfing oder wie sie den Untragbaren trug oder wie sie gebar eine solche Größe. Die aber trugen Bedenken, sie zu fragen.“
Da sprach ich zu Petrus: „Vater Petrus, tritt du als der Oberste an sie heran und frage sie.“
Petrus aber wandte sich an Johannes: „Du bist ein keuscher Jüngling und untadlig, an dir ist es, sie zu fragen.“
Da nun alle Bedenken hatten und hin und her überlegten, trat ich mit heiterem Antlitz zu ihr. Ihre Demut und ihre Herzenswärme ergriffen uns alle. Ich hatte die große Ehre, sie um Antworten zu den tiefsten Geheimnissen der Menschheit zu bitten – insbesondere, wie sie den Unfassbaren empfing und wie sie die Größe des lebendigen Gottes in sich trug.
Du weißt, dass ich mir von den anderen Aposteln den Mut nahm und Maria fragte, wie es möglich war, dass sie ein solches Geheimnis getragen hatte. Doch als sie uns anblickte, erwiderte sie mit einer Stimme, die sowohl sanft als auch voller Macht war: „Fragt mich nicht nach diesem Geheimnis! Wenn ich anfange, davon zu euch zu sprechen, geht Feuer aus meinem Munde und verzehrt die ganze Erde.“
Obwohl wir von ihrer Antwort überwältigt waren, drängten wir sie weiter, denn jeder von uns spürte, dass in ihren Worten eine tiefere Wahrheit verborgen lag. Sie wollte uns nicht die Worte verwehren, also stellte sie eine Bitte auf: „Wir wollen uns zum Gebet aufstellen!“
Die Atmosphäre war geladen, als wir uns hinter Maria versammelten, und ich spürte den Respekt, den wir ihr entgegenbrachten. In diesem Moment wandte sie sich an dich, Petrus, den Obersten der Apostel, und fragte mit einer Stimme, die sowohl Autorität als auch Zärtlichkeit ausstrahlte: ‚Stehst du hinter mir?‘
Ihre Bezugnahme auf den Herrn und seine Worte über die Stellung von Mann und Weib waren tiefgründig. Doch wir wussten alle, dass Maria, durch den Heiligen Geist und durch ihren Gehorsam, das unglaubliche Vorrecht hatte, der Ort zu sein, an dem der Schöpfer selbst ruhte. Trotz unserer Zweifel hieß sie uns, als die ‚leuchtenden Sterne‘, ein Gebet zu sprechen.“
„Maria erklärte uns, dass wir, als Apostel, die Berge waren, von denen Hilfe kommt. Wir waren ermutigt und wollten wissen, wie wir in diesem heiligen Moment um Hilfe bitten sollten. Doch sie lehrte uns Demut, indem sie uns daran erinnerte, dass sie die Mutter des himmlischen Königs sei und wir in der Rolle des Gehorsams stehen sollten.
Inmitten eines ehrfurchtgebietenden Moments hob Maria ihre Hände zum Himmel, und ihre Stimme erhob sich in einem Gebet, das die himmelweiten Räume füllte. Sie betete zu Gott, dem allweisen König, dem Unbeschreiblichen und Unaussprechlichen, und ich erinnere mich an jedes Wort, das über ihre Lippen kam. Die Weite ihrer Anrufung und die Ehrfurcht, die sie in unser Herz pflanzte, waren unermesslich.“
„Wir hörten mit angehaltenem Atem zu, als sie den Schöpfer des Lichtes, den ewigen Logos des Vaters, anrief. Es schien, als würde sie die Himmel selbst bewegen, und in dieser einen Gebetsstunde wurde uns klar, dass wir Zeugen einer göttlichen Wahrheit waren, die weit über unser menschliches Verständnis hinausging.
Nach ihrem Gebet fühlten wir uns gestärkt und inspiriert, und auch ich konnte nicht umhin, die Größe des Geheimnisses zu erahnen, welches sie in sich trug. Ihre Demut und ihr Glaube waren wie ein Lichtstrahl, der uns den Weg wies.
Möge der Herr uns die Weisheit schenken, diese heiligen Erfahrungen zu bewahren, damit wir die Menschen ermutigen können, die Botschaft des Evangeliums zu verbreiten und die Liebe Gottes in die Welt hinauszutragen.“
So hörten wir sie beten: „Sieben Himmel vermochten dich kaum zu fassen, von mir aber ließest du zu, ohne mir Schmerz zu bereiten, dich umfassen zu lassen, der du das vollkommene Wort des Vaters bist, durch den alles geschaffen wurde. Verherrliche deinen überaus erhabenen Namen und lass mich reden vor deinen heiligen Aposteln!“
Und nachdem sie das Gebet beendet hatte, begann sie zu ihnen zu sprechen: „Wir wollen uns auf den Erdboden setzen. Komm du, Petrus, Oberster der Apostel, setze dich zu meiner Rechten und lege deine linke Hand unter meine Achsel. Und du, Andreas, tue das gleiche von links. Du aber, jungfräulicher Johannes, halte meine Brust. Und du, Bartholomäus, drücke deine Knie an meine Schultern und presse meinen Rücken zusammen, damit nicht, wenn ich zu reden anfange, meine Glieder sich lösen.“ Und als sie das getan hatten, begann sie: „Als ich im Tempel Gottes weilte und aus der Hand eines Engels meine Speise empfing, erschien mir eines Tages einer in der Gestalt eines Engels; sein Gesicht war nicht beschreibbar, und in seiner Hand hatte er weder Brot noch Becher, wie das bei dem Engel war, der bisher zu mir kam. Und sogleich zerriss der Vorhang des Tempels, und ein gewaltiges Erdbeben trat ein, und ich stürzte auf die Erde, da ich seinen Anblick nicht ertrug.“
„Und so geschah es, dass ich, Bartholomäus, in der Gegenwart unseres geliebten Herrn war, als die Ereignisse sich entfalten sollten. Wir waren versammelt, uns über die Lehren und die Wunder, die unser Herr unter uns vollbracht hatte, auszutauschen. Seine Worte, die wie Samen auf fruchtbaren Boden fielen, erquicken unsere Herzen und unseren Geist.“
„Die heilige Maria, die Mutter unseres Erlösers, trat vor uns und begann, von ihrer Erfahrung zu erzählen. Als sie sprach, leuchtete ihr Antlitz in einem Licht, das uns alle erfüllte, und wir hörten gebannt zu. Doch plötzlich, als sie über das Geheimnis ihrer Empfängnis sprach, kam Feuer aus ihrem Munde, und ich fühlte, wie eine alles verzehrende Kraft durch die Luft wehte. Die Hitze war so intensiv, dass ich um die gesamte Schöpfung fürchtete.“
„In diesem Augenblick trat Jesus rasch zur Seite und sprach mit einer Stimme, die sowohl liebevoll als auch eindringlich war: ‚Maria, halte ein! Rede nicht weiter, sonst wird heute meine ganze Schöpfung zugrunde gehen.‘ Seine Sorge um die Welt, die er so innig liebte, vereinte sich mit seiner göttlichen Autorität.“
„Die Apostel um uns herum waren von einem tiefen Grauen ergriffen, doch der Herr wendete sich uns zu und führte uns auf den Berg Mauria, wo wir uns in seiner Mitte versammelten.
Möge der Herr uns die Kraft geben, die Lasten, die wir tragen, zu teilen und uns gegenseitig zu ermutigen. Doch als wir versammelt waren, zitterte unser Herz in Erwartung. Wir waren uns der Schwere seines Auftrages bewusst, und niemand wagte es, ihn zu fragen.“
„Doch Jesus, voller Mitgefühl, nahm das Wort und sprach: ‚Fragt mich, wonach ihr wollt, damit ich euch belehren und schauen lassen kann. Denn es sind noch sieben Tage, dann gehe ich hinauf zu meinem Vater und werde auch in dieser Gestalt nicht mehr vor die Augen kommen.‘
In diesem Moment spürte ich das Gewicht der Welt auf meinen Schultern. So viele Fragen brannten in mir, und ich fiel auf die Knie und flehte: ‚Herr, was wird aus uns, wenn du von uns gehst? Wie werden wir den Weg finden, den du uns gezeigt hast?‘ In meinen Fragen spiegelte sich die Angst und die Entschlossenheit unserer Mission wider – die Welt mit seiner Wahrheit zu erfüllen.“
„Der Herr sah mich an, und sein Blick war warm und einladend. ‚Fürchtet euch nicht! Ich werde euch den Geist der Wahrheit senden, der euch leiten wird in alle Wahrheit. So lange ihr an mich glaubt und die Liebe, die ich euch geschenkt habe, im Herzen tragt, wird alles, was ihr tut, gesegnet sein.‘
Ein Gefühl tiefster Verbundenheit durchströmte uns, als wir uns in diesem Moment unseres Glaubens versammelten. Wir schlossen uns zusammen, gestärkt durch seine Worte, in dem Wissen, dass wir nicht allein waren. Wir waren begnadete Gefäße, die auserwählt wurden, die gute Nachricht in die Welt zu tragen.“
„Möge unser Herr uns stets daran erinnern, dass wir in seiner Gegenwart stehen und dass wir, durch die Kraft des Heiligen Geistes, die Welt mit seiner Liebe und Wahrheit erfüllen können. Möge unser Glaube unerschütterlich bleiben.
Die Jünger aber sprachen zögernd zu ihm: ‚Herr, zeige uns den Abgrund, wie du uns das verheißen hast.‘ Er entgegnete: ‚Es ist nicht gut für euch, den Abgrund zu kennen. Wenn ihr es aber wollt, so werde ich mein Versprechen halten. Kommt, folget mir und schauet!‘
Und er führte uns an einen Ort, der Cherubim hieß, das ist der Ort der Wahrheit. Dann winkte er den Engeln des Westens. Und die Erde wurde aufgerollt wie eine Papyrusrolle, und vor ihren Augen enthüllte sich der Abgrund. Als die Apostel ihn sahen, fielen sie auf ihr Antlitz.
Jesus aber sprach zu ihnen: ‚Habe ich es euch nicht gesagt, dass es nicht gut für euch sei, den Abgrund zu sehen?‘ Und er winkte den Engeln wieder, und der Abgrund wurde verdeckt.“
„Und er führte sie auf den Ölberg. Es sprach aber Petrus zu Maria: ‚Begnadete, bitte den Herrn, dass er uns alles kundtut, was im Himmel geschieht.‘ Und Maria entgegnete dem Petrus: ‚Du oben behauener Fels, hat nicht auf dir der Herr seine Kirche gebaut? Du bist also der erste, der zu gehen sollte, um ihn zu fragen.‘
Petrus wiederum sagte: ‚Du bist zum Zelt des höchsten Gottes geschaffen worden. Frage du ihn!‘
Maria: ‚Du aber bist das Abbild Adams. Wurde dieser nicht zuerst erschaffen und danach erst Eva? Sieh die Sonne! Sie glänzt nach der Art Adams. Sieh den Mond! Er ist voller Schmutz, weil Eva das Gebot übertrat.‘
‚Es setzte nämlich Gott den Adam in den Osten, die Eva aber in den Westen, und er befahl den beiden Leuchten, zu leuchten, so dass die Sonne mit ihrem feurigen Wagen dem Adam im Osten leuchten, der Mond aber im Westen der Eva sein milchiges Licht spenden sollte. Aber sie besudelte das Gebot des Herrn, und deshalb wurde der Mond schmutzig, und sein Licht glänzt nicht. Da du also das Abbild Adams bist, ist es an dir zu fragen. In mir aber nahm der Herr Wohnung, damit ich die Würde der Frauen wiederherstelle.
Als sie nun auf den Gipfel des Berges kamen, trennte sich der Herr ein Weilchen von ihnen.‘
Da sprach Petrus zu Maria: ‚Du hast den Fehltritt Evas wieder gut gemacht, indem du ihre Beschämung in Freude verwandeltest, an dir ist es also zu fragen.‘
Als aber Jesus wiedererschien, da sprach ich, Bartholomäus, zu ihm: ‚Herr, zeige uns den Widersacher der Menschen, damit wir sehen, wie er ist, oder was sein Werk ist, oder woher er stammt, oder welche Macht er hat, dass er selbst dich nicht schonte, sondern dich ans Kreuz hängen ließ.‘
Da blickte Jesus mich an und sprach: ‚Du verwegenes Herz! Was du nicht schauen kannst, wonach du fragtest?‘ Ich aber erschrak und fiel Jesu zu Füßen und begann so zu sprechen: ‚Nie verlöschendes Licht, Herr Jesus Christus, Unvergänglicher, der du Gnade für die ganze Welt denen verliehen hast, welche dich lieben, und ewiges Leben geschenkt hast durch dein Erscheinen auf Erden, der du dein Dasein droben auf Geheiß des Vaters aufgegeben und dein Werk vollendet hast, der du Adams Niedergeschlagenheit in Freude verwandelt und die Trauer der Eva mit gnädigem Antlitz durch deine Geburt aus der jungfräulichen Mutter überwunden hast, sei mir nicht böse und gib mir das Recht zu fragen.‘ Als er so sprach, hob Jesus mich auf und fragte ihn: ‚Willst du den Widersacher der Menschen sehen, Bartholomäus? Ich sage dir, dass, wenn du ihn siehst, nicht nur du, sondern mit dir all die Apostel und Maria aufs Gesicht fallen werden, und dass ihr sein werdet wie die Toten.‘
Alle aber erklärten ihm: ‚Herr, wir wollen ihn auch sehen.‘ Und er führte sie vom Ölberg hinab, bedrohte die Engel der Unterwelt und gab Michael einen Wink, er solle in der Höhe des Himmels seine gewaltige Posaune ertönen lassen. Da wurde die Erde erschüttert, und Beliar kam herauf, gehalten von 660 Engeln und mit feurigen Ketten gebunden. Er war 1600 Ellen hoch und 40 Ellen breit. Sein Antlitz war wie ein feuriger Blitz, seine Augen aber wie Funken, und aus seinen Nüstern kam ein stinkender Rauch. Sein Mund war wie ein Felsspalt, und ein einziger Flügel von ihm war 80 Ellen lang.“
„Sobald die Apostel ihn sahen, fielen sie zur Erde auf ihr Gesicht und wurden wie die Toten. Jesus aber trat heran, richtete die Apostel auf und gab ihnen den Geist der Lebenskraft. Dann sprach er zu mir: ‚Tritt an ihn heran, Bartholomäus, und setze deine Füße auf seinen Nacken; dann wird er dir sagen, was sein Werk ist, und wie er die Menschen betrügt.‘ Jesus aber blieb mit den Aposteln in der Ferne stehen. Und ich sprach mit gehobener Stimme: ‚O Mutterschoß, geräumiger als eine Stadt! O Mutterschoß, weiter als das Himmelsrund! O Mutterschoß, der du umfasstest den, welchen die sieben Himmel nicht fassen.‘ ‚Du fasstest ihn ohne Schmerzen und hieltest ihn, der sein Wesen ins Kleinste gewandelt hatte, an deinem Busen. O Mutterschoß, der du, im Leibe verborgen, den weit sichtbaren Christus geboren hast!“
Hippolyt: „Bartholomäus, du leuchtet mit einer besonderen Kraft, die ich in meiner Einsamkeit nicht zu ergründen vermag. Was ist geschehen, dass du von solchen Mächten berichten kannst?“
Bartholomäus: „Geliebter Hippolyt, ich habe einen Dialog mit dem Fürsten der Dunkelheit, Beliar, geführt. Fürchterliches Wissen offenbart sich uns, so wie es mir in die Seele gegeben wurde. Ich fühlte die Last seiner Worte wie einen Schatten über mir.“
Hippolyt: „Beliar? Der, von dem wir in der Schrift lesen? Wie konntest du es wagen, ihm zu begegnen?“
Bartholomäus: „Es war der Herr Jesus, der mich dazu aufgefordert hat. Ich fürchtete seine Macht und schlotterte vor dem, was ich tun sollte. Doch die Worte des Herrn gaben mir Kraft.“
Hippolyt: „Was hat er gesagt? Was kann uns sein Wissen lehren?“
Bartholomäus: „Er sprach von seiner eigenen Verwandlung, dass er nun ein anderes Gewand trägt, seitdem er für uns am Kreuz gelitten hat. Denn ich fragte: ‚Herr Jesus, gib mir einen Zipfel von deinem Gewand, dann will ich mich an ihn heranwagen.‘ Jesus entgegnete ihm: ‚Du kannst keinen Zipfel von meinem Gewande bekommen, denn mein Gewand ist nicht mehr das, welches ich vor der Kreuzigung anhatte.‘
Dennoch bin ich ihm in seinem Namen gefolgt. Als ich Beliar, den gefallenen Engel, antraf, war er tief bedrückt und bat um Erleichterung.“
Hippolyt: „Und was hat er dir von seiner Herkunft und seiner Macht erzählt?“
Bartholomäus: „Er hat mir gestanden, dass er einst Satanael genannt wurde, was Engel Gottes bedeutet. Doch als er das Abbild Gottes verworfen hat, nahm er den Namen Satan an, der Höllenengel bedeutet. Seine Macht ist schrecklich, dennoch ist sie nicht unbegrenzt; er hat Angst vor dem, der über ihn steht.“
Hippolyt: „Was kann er tun, und wie unterscheidet sich seine Macht von der des Höchsten?“
Bartholomäus: „Beliar selbst gab zu, dass er, würde er es vermögen, uns alle ins Verderben stürzen würde. Doch er ist gefesselt durch die Herrlichkeit Gottes, die uns schützt und bewahrt.“
Hippolyt: „Das ist Schreckliches zu hören. Wie sollen wir uns denn gegen ihn wappnen in Anbetracht dieser Macht?“
Bartholomäus: „Der Schlüssel liegt im Glauben an Christus, in der Stärke seines Namens. Wie ich Beliar niederdrückte, so können auch wir uns mit dem Wort des Herrn wappnen. Euer Glaube ist das Licht, das jedes Dunkel vertreibt.“
Hippolyt: „Und was musstest du noch von ihm hören, während ihr redetet? Was gab er dir weiter?“
Bartholomäus: „Er bat um Erleichterung und war bereit zu sprechen. Er gestand, dass er am Werk ist, um Seelen in den Abgrund zu ziehen, und dass er vergebens versucht, gegen die Gläubigen zu kämpfen. Diese Dunkelheit hat kein Licht, wo der Glaube scheint.“
Hippolyt: „So bleibt uns nur zu beten und standhaft zu bleiben in der Wahrheit. Mögen wir durch deine Erzählungen gestärkt sein und die Gefahren besser erkennen.“
Bartholomäus: „Genau das ist es, meine liebe Freundschaft. Möge unser Glaube in Wahrheit gedeihen und uns alle vor der Dunkelheit bewahren.“
Hippolyt: „Ich danke dir, Bartholomäus. Deine Worte erleuchten meine Einsamkeit, und ich werde weiter beten für die Kraft des Glaubens in mir und in all unseren Brüdern.“
Bartholomäus: „Und ich werde in Geist und Wahrheit für euch alle stehen, denn das Licht hat den Sieg über die Dunkelheit.“
Hippolyt: „Oh Bartholomäus, deine Worte fügen ein weiteres Licht zu dem hinzu, was ich über die Schöpfung der Engel gehört habe. Du sprichst von der majestätischen Ordnung im Himmel, die vom Höchsten selbst ins Leben gerufen wurde.“
Bartholomäus: „Ja, Hippolyt, die Engel wurden, um der Herrlichkeit Gottes zu dienen, zuerst in mächtigen Scharen und dann als Bewahrer der Schöpfung auf Erden. Ich selbst bin Zeuge dieser Hierarchie und der Macht, die den einzelnen Engeln übertragen wurde. Satanael sagte zu mir: ‚Ich wurde als erster Engel geschaffen. Denn als Gott die Himmel schuf, nahm er eine Hand voll Feuer und bildete zuerst mich. An zweiter Stelle den Michael, den Anführer der oberen Heerscharen. Als dritten den Gabriel, als vierten den Uriel, den Raphael an fünfter Stelle und an sechster den Nathanael.‘ Und weitere 6000 Engel, deren Namen ich nicht kenne.“
Hippolyt: „Und die Rutenträger Gottes? Was für eine grausame Folter müssen sie dir auferlegen, wenn sie dich wiederholt peitschen?“
Bartholomäus: „Es sind die Racheengel, die in der Nähe des Thrones Gottes stehen. Ihre Strafe ist nicht willkürlich; sie ist eine ständige Erinnerung an die Größe des Willens Gottes und an mein Versagen, dem gegen die göttliche Ordnung aufbegehrenden Beliar zu widerstehen. Diese peitschen mich siebenmal am Tage und siebenmal in der Nacht und zerfetzen meine ganze Macht.“
Hippolyt: „Aber wie können diese Engel, die aus der gleichen göttlichen Quelle stammen, dich so quälen? Was kannst du uns über ihre Natur erzählen?“
Bartholomäus: „Diese Engel sind keine Wesen des Bösen; ihre Peitschen sind das Licht der Gerechtigkeit, das verdammte Seelen zu läutern und sie zum Gehorsam zu führen. Sie sind Werkzeuge der Gerechtigkeit und zeigen mir, dass ich, ungeachtet meines einstigen Lichtes, immer noch fallen kann, wenn ich nicht auf den Pfad des Herrn folge.“
Hippolyt: „Ich erkenne, dass selbst die Engel, die uns durch ihren Glauben leiten sollten, in einem ständigen Kampf stehen. Was kannst du uns über die weiteren Engel und ihren Einfluss auf die Welt um uns herum berichten?“
Bartholomäus: „Es gibt vier Engel, die über die Winde gesetzt sind. Jeder von ihnen bringt die Botschaften von Gott in die Welt. Der Engel über dem Boreas, dem kalten Wind, ist ein Hüter der Zeit und sendet die kühle Brise einer neuen Ära, eine Erinnerung an das Kommen des Gerichtes.“
Hippolyt: