Es geht um Peter - Annabella Annabella - E-Book

Es geht um Peter E-Book

Annabella Annabella

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkinder" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit. Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann. »Ihr redet, als ginge es um eine Ware – und nicht um ein Kind«, sagte Stefan Graf von Barny zornig, wie es schien. »Aber letzten Endes geht es um Peter, das Kind unseres Bruders Archibald.« »Wenn du so klug daherredest, Steff«, meinte Charlotte von Hanauer, seine Schwester, beleidigt, »dann nimm du ihn doch, den verwöhnten, kleinen Fratz.« »Wenn ihr euch weiterhin nicht einig werdet, wird mir wohl kaum etwas anderes übrig bleiben. Aber schließlich hast du – und auch Henner – eine Familie, während ich dauernd herumreise und keinen festen Wohnsitz habe.« »Nun ja, dafür hast du mehr Geld als wir und weniger Sorgen. Ich habe drei Kinder – und Charlotte zwei.« »Und ich finde, da kommt es auf eines mehr oder weniger auch nicht mehr an«, erwiderte Stefan von Barny. »Alles schön und gut«, gab Henner, der älteste Bruder, zu bedenken, »ich würde Peter ja auch nehmen, aber schließlich bin ich von Hertha mehr oder weniger abhängig.« »Traurig genug für dich«, meinte Stefan ironisch, »daß du dich so herumkommandieren läßt. Letzten Endes hast du die Klitsche wieder in Schwung gebracht und deine ganze Kraft eingesetzt, damit ihr wieder so dasteht. Und ich meine…« »Der Besitz gehört immerhin Her-tha«, unterbrach Henner seinen Bruder, »und Hertha will eben von dem Kind eines Schauspielerehepaares nichts wissen.« »Verstehe!«

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Fürstenkinder – 76 –

Es geht um Peter

Ein Waisenjunge - auf der Suche nach einer Heimat

Annabella Annabella

»Ihr redet, als ginge es um eine Ware – und nicht um ein Kind«, sagte Stefan Graf von Barny zornig, wie es schien. »Aber letzten Endes geht es um Peter, das Kind unseres Bruders Archibald.«

»Wenn du so klug daherredest, Steff«, meinte Charlotte von Hanauer, seine Schwester, beleidigt, »dann nimm du ihn doch, den verwöhnten, kleinen Fratz.«

»Wenn ihr euch weiterhin nicht einig werdet, wird mir wohl kaum etwas anderes übrig bleiben. Aber schließlich hast du – und auch Henner – eine Familie, während ich dauernd herumreise und keinen festen Wohnsitz habe.«

»Nun ja, dafür hast du mehr Geld als wir und weniger Sorgen. Ich habe drei Kinder – und Charlotte zwei.«

»Und ich finde, da kommt es auf eines mehr oder weniger auch nicht mehr an«, erwiderte Stefan von Barny.

»Alles schön und gut«, gab Henner, der älteste Bruder, zu bedenken, »ich würde Peter ja auch nehmen, aber schließlich bin ich von Hertha mehr oder weniger abhängig.«

»Traurig genug für dich«, meinte Stefan ironisch, »daß du dich so herumkommandieren läßt. Letzten Endes hast du die Klitsche wieder in Schwung gebracht und deine ganze Kraft eingesetzt, damit ihr wieder so dasteht. Und ich meine…«

»Der Besitz gehört immerhin Her-tha«, unterbrach Henner seinen Bruder, »und Hertha will eben von dem Kind eines Schauspielerehepaares nichts wissen.«

»Verstehe!« Stefan lächelte ein wenig zynisch. »Und da Hertha nun einmal die Hosen anhat, muß der liebe brave Henner gehorchen.«

»Bitte!«

»Ist schon gut, Henner. Ich weiß Bescheid. Und was hast du für Ausflüchte, Charlotte?« wendete er sich nun der Schwester zu.

»Wie redest du denn mit mir?« erwiderte Charlotte spitz. »Schließlich bist du ja zum Vormund Klein-Peters ernannt worden – und nicht wir.«

»Zum Vormund schon. Aber ich soll letzten Endes bestimmen, wo Peter bleibt, und schließlich seid auch ihr die Geschwister Archibalds und habt Familie, während ich Junggeselle bin.«

»Das hättest du ändern können. Aber wer will schon einen Mann wie dich, so einen Herumtreiber, Abenteurer, so einen Vagabunden der Liebe.«

»Du sagst es, Charlotte! Und da verlangst du, daß ich in ein so unruhiges Leben auch noch ein Kind mit hineinziehe?«

Charlotte zuckte die Schultern.

»Hans-Hermann will nicht, daß Edith und Günther durch das Schauspielerkind verdorben werden.«

»Schluß mit der Diskussion! Peter bleibt also bei mir. Er täte mir eh leid, wenn er bei euch leben müßte.«

»Das ist nun aber doch…«

»Die Höhe, ich weiß, Charlotte. Erspare dir deine Worte. Und nun entschuldigt mich bitte. Ich muß mich um Peter kümmern. Wenn ihr noch Wünsche habt, läutet bitte nach Christoph. Er wird euch bestens bedienen.«

»Aber…« Charlotte schnappte hörbar nach Luft. »Wo willst du denn jetzt hin? Ich denke, du hast dich heute für uns freigemacht.«

»Ich muß Peter von der Schule abholen.«

Charlotte erwiderte nichts mehr. Sie sah, nachdem die Tür hinter Stefan ins Schloß gefallen war, ihren ältesten Bruder Henner an.

»Stefan hat viel zu früh die Eltern verloren. Wir haben ihm viel zuviel durchgehen lassen – ihn viel zu sehr verwöhnt. Das rächt sich jetzt.«

Henner von Barny zuckte die Achseln.

»Eigentlich hat er ja recht, der Kleine, aber…«

»Was, du willst ihm auch noch recht geben? Aber wir waren uns doch vorher einig, daß es für dich und mich nicht möglich ist, Peter zu nehmen.«

»Nun, ja, aber schließlich kommt es wirklich auf ein Kind mehr oder weniger nicht an. Du zum Beispiel hättest ihn ruhig nehmen können.«

»Wieso gerade ich?« Charlotte sah ihren Bruder ganz empört an. »Ihr habt einen landwirtschaftlichen Betrieb, viel Platz und außerdem…«

»Hertha hat mehr zu tun als du«, unterbrach der Bruder sie, »sie arbeitet den ganzen Tag, während du…«

»Nun sage nur noch, ich läge den ganzen Tag auf der Bärenhaut. Ja, was meinst du denn, was ein Haushalt wie der meine an eine Frau für Anforderungen stellt?«

»Ich weiß«, sagte Henner bedächtig. »Empfänge und noch einmal Empfänge, Repräsentationspflichten und Einladungen.«

»Ja, glaubst du denn etwa, das erfordert keine Arbeit und Mühe? Ich muß immer dasein, ich habe keine Minute für mich. Nicht einmal um die Kinder kann ich mich so kümmern, wie ich gern möchte.«

»Du tust mir in der Seele leid, Charlotte, du bist eine arme Frau.«

Empört fuhr die Schwester hoch.

»Wie redet ihr denn alle auf einmal mit mir, auch du? Mir kommt vor, Stefans unmögliche Art hat heute auf dich abgefärbt.«

»Ich wünschte manchmal, ich wäre wie Stefan«, erwiderte der Bruder müde. »Er würde sich nie beeinflussen lassen. Er tut immer das, was er will.«

*

Während seine Geschwister sich seinetwegen in die Haare gerieten, fuhr Stefan von Barny dem Außenbezirk der Stadt zu, wo sich die Oberschule und ein Teil der Mittelschule befanden.

Er stellte seinen Wagen gegenüber ab und wartete auf seinen kleinen Neffen Peter.

Als die ersten Schüler erschienen, ging er schnell auf die andere Seite und stellte sich vor dem Schulgebäude auf. Er sah Peter gleich, der Kleine war mit seinem rostbraunen Lockenschopf kaum zu übersehen.

Fast zärtlich ruhte Stefans Blick auf ihm. Archibald war sein Lieblingsbruder gewesen, und er hatte ihn oft um dieses Kind und seine reizende Frau beneidet.

Wenn ich so eine Frau finden würde wie Petra, hatte er oft gedacht, könnte ich auch mein Junggesellenleben aufgeben!

Peter von Barny entdeckte den gleichen Onkel sofort. Seine in der letzten Zeit traurigen Augen leuchteten auf.

»Oh, Onkel Stefan, du holst mich heute selbst ab?«

»Ja, Peterle, nachdem ich frei habe, komme ich doch besser selbst.«

»Prima, Onkel Stefan! Aber ich dachte, du hattest Besuch?«

»Nun, mein Kleiner, der Besuch galt eigentlich mehr dir, aber ich denke, du wirst auch ohne ihn auskommen – oder?«

»Klar doch! Ich bin froh, wenn ich die dicke Tante Charlotte und den strengen Onkel Henner nicht zu sehen brauche.«

Stefan verbiß sich ein Lachen.

»Aber so etwas sagt man doch nicht, mein Junge!« erwiderte er gewollt streng.

»Magst du sie denn?« kam die Gegenfrage.

»Nun, schließlich sind sie meine Geschwister, nicht wahr, Peter?«

»Ich habe keine«, sagte Peter ein wenig traurig, »ich weiß auch nicht, ob man sie immer mögen muß. Mein Freund Hans-Jörg zum Beispiel mag seinen Bruder Dieter nicht besonders gern, und mit seiner Schwester Ilse verträgt er sich überhaupt nicht.«

»Das ist aber sehr traurig, Henner. Dein Vater, Tante Charlotte und ich, wir haben uns, soviel wie ich mich erinnern kann, als Kinder ganz gut vertragen.«

»Aber heute auch nicht mehr so sehr doll. Vati hat einmal zu Mutti gesagt, Onkel Henner sei ein alter, verknöcherter Bursche geworden und Tante Charlotte eine eingebildete Ziege. Nur dich hat er gemocht.«

»Nun ja, Peter, die beiden wollten halt nicht viel davon wissen, daß dein Vater den Beruf eines Schauspielers ergriff – und bei mir war es ähnlich.«

»Aber Vati hat doch viel Geld verdient – und Mutti auch. Tilly hat es mir gesagt.«

»Doch, das haben sie, mein Junge, und auf ihre Art waren sie auch sparsam, das muß man ihnen lassen. Alle Künstler sind gewiß nicht so. Und ich rechne das vor allem deiner Mutter hoch an, daß sie für dich vorgesorgt hat.«

»Was heißt das – vorgesorgt?«

»Nun, daß sie dir etwas hinterlassen hat – für deine Ausbildung und so weiter.«

»Mutti hat Geld für mich bei dir gelassen, Onkel Stefan?« Peterle hatte Tränen in den Augen. »Und ich dachte, ich wäre ganz arm!«

»Wie kommst du denn darauf?«

»Weil…, ach, weißt du, weil Tante Charlotte zu Onkel gesagt hat, ich sei ein armes Hascherl.«

»Das hat sie nicht so gemeint, Peter.«

»Was soll denn das bedeuten?«

»Sie hat halt gemeint, es wäre traurig, daß du Vater und Mutter verloren hast.«

»Das glaube ich nicht, Onkel Stefan. Ich habe genau gehört, wie sie gesagt hat: Wenn seine Eltern wenigstens Geld hinterlassen hätten, Henner, aber wer nimmt schon gern so ein armes Hascherl.«

»Soso«, sagte Stefan von Barny nur. Jetzt geht mir erst ein Licht auf, dachte er. Höchstwahrscheinlich hätten ihn die beiden mit Kußhand genommen, wenn sie gewußt hätten, daß Peter monatlich eine Summe von seinem Vermögen bekommt, das von den Eltern seiner Mutter stammt, und Petra nie angegriffen hat.

»Aber gelt, Onkel, du hast mich gern genommen, nicht wahr?«

»Doch, mein Spatz, ich habe dich wirklich gern genommen. Ich hatte nur Angst, daß du dich langweilst, wenn ich so viel auf Reisen bin.«

»Ich habe ja viele Bücher, und dann hast du mir neulich den kleinen Strolch geschenkt.«

»Also hast du ein wenig Freude an dem jungen Dackel gehabt?«

»O sehr! Ich danke dir noch einmal herzlich dafür, Onkel Stefan!«

»Nun, einen kleinen Spielkameraden mußt du haben, Peter, überhaupt, wenn ich nicht da bin. Die alte Mathilde kann nicht gut mit dir spielen, nicht wahr?«

»Nein. Es ist schade, daß wir nicht in unserem Haus wohnen bleiben konnten. Dort war ein schöner Garten – und ein Schwimmbecken.«

»Ich kann nicht gut in eine andere Stadt ziehen, Peter. In der Stadt, in der ich wohne, habe ich die Hauptarbeit, und außerdem liegt sie zentral. Deshalb habe ich sie mir ja auch ausgesucht. Euer Häuschen war zum Ausruhen da, für deine Eltern, wenn sie nicht aufzutreten brauchten und bei ihrem Söhnchen bleiben wollten, aber ich habe leider nie Zeit zum Ausruhen. Es wird immer dafür gesorgt, daß etwas passiert.«

»Und das mußt du alles melden?«

»Ja, mein Junge, ich bin ein freier Mitarbeiter verschiedener Zeitungen, und ich sammle Klatsch und Neuigkeiten. Ich bin nicht fest angestellt, und ich muß daher sehen, daß ich viel Interessantes erfahre und den Zeitungen melden kann. Dafür kann ich aber auch leben, wie ich will. Expeditionen mitmachen, Jagden und vieles mehr.«

»Ich möchte später auch einmal Journalist werden, Onkel Stefan!«

»Das würde ich dir lieber nicht raten, mein Junge! Denn dann kommst du nie zu einer Frau und hast nie ein Familienleben.«

»Meinst du?« Nachdenklich betrachtete er den Onkel. »Wenn du soviel herumreist, müßtest du doch eigentlich auch einmal eine treffen, Onkel Stefan!«

»Frauen treffe ich auch genug, aber zum Heiraten taugen die alle nicht. Sie wollen selber herumreisen und nicht daheim auf den Mann warten.«

»Mutti ist zusammen mit Vati gereist, Onkel Stefan, könnte das deine Frau nicht auch?«

»Das ist etwas anderes, mein Junge. Deine Mutti und dein Vati haben zusammen gearbeitet, aber ich kann während der Arbeit keine Frau brauchen. Die würde mich höchstens ablenken.«

Peter seufzte ein wenig.

»Dann wird es sehr schwer sein, für dich die richtige Frau zu finden.«

»Sag nur noch, mein Kleiner, du wolltest mir eine aussuchen.«

Peter wurde glühendrot. »Ich wollte dir suchen helfen, Onkel Stefan, aussuchen kann ich sie nicht. Vielleicht hast du einen anderen Geschmack als ich.«

»Möglich, aber ich glaube, ganz auseinander geht er nicht. Ich fand deine liebe Mutti sehr schön, und du liebtest sie doch auch sehr.«

»Doch, sehr; aber weißt du, Onkel Stefan, manchmal habe ich mir doch gewünscht, Mami würde nicht immer mit Papi reisen und mehr bei mir zu Hause bleiben.«

»Dann warst du manchmal unglücklich, wenn deine Eltern nicht da waren?«

»Ja, manchmal schon«, gestand der Kleine treuherzig. »Aber es hat wohl so sein müssen. Tilly hat es jedenfalls gesagt.«

»Ja, sie hatten einen Beruf, der sie immer wieder von zu Hause fortführte, kleiner Mann. Genau wie mich mein Beruf immer wieder in die bunte Welt hinaustreibt.«

»Ich bin das schon gewohnt«, meinte Peter, »aber wenigstens bist du, wenn du wieder zurück bist, immer ganz für mich da, und das finde ich prima von dir Onkel Sefan! Da habe ich wenigstens immer etwas, auf das ich mich freuen kann.«

»Mein Kleiner!« Sanft strich Stefan von Barny dem Buben über die schimmernden lockigen Haare.

»Du freust dich wirklich immer, wenn Onkel Stefan wieder da ist?«

»Sehr! Ich habe dich schon immer schrecklich gern gemocht, als du zu Vati zu Besuch kamst. Und ich habe mir gewünscht, daß ich einmal so werden würde wie du.«

»Du machst mir ja große Komplimente, Peter. Dabei betitelt mich meine Schwester als Herumtreiber und wer weiß was alles.«

»Deine Schwester ist eine blöde Gans!« Peter hielt sich erschrocken den Mund zu.

»Oje! Das wollte ich nicht sagen. Bist du nun sehr böse, Onkel Stefan?«

»Eher traurig, daß du deine einzige Tante, die Schwester deines Vaters, so betitelst. Tante Charlotte hat es nicht schlecht gemeint. Weißt du, ich bin halt der Jüngste der Barnys gewesen. Und da die Eltern früh gestorben sind hat sie ein wenig Mutterstelle an mir vertreten. Ich glaube, ganz leicht hat sie es nicht mit mir gehabt. Ich hatte immer meinen eigenen harten Kopf, und das ist oft gar nicht gut. Merke dir das für die Zukunft, Peterle.«

»Aber ich mag sie trotzdem nicht! Sie macht immer so ein Gesicht, als wollte sie jeden Moment weinen oder als habe sie auf eine Zitrone gebissen.«

Der Bengel ist wirklich herzerfrischend, dachte Stefan, aber recht geben darf man ihm nicht, und wenn er noch so sachlich und klar urteilt.

»Sie hat halt auch Sorgen mit ihren Kindern und viel Arbeit, Peter.«

»Sind sie denn so schrecklich, die Kinder?«

»Ich weiß nicht, mein Junge. Nach Ansicht deiner Tante sollen sie sehr gut erzogen sein.« Und in Gedanken fügte er hinzu: Jedenfalls viel besser als du, wenn man Charlottes Beteuerungen Glauben schenken darf.

»Hoffentlich sind sie wirklich abgereist«, fiel Peters Stimme in seine Gedanken.

»Wer?« fragte er ein wenig geistesabwesend.

»Nun, Tante Charlotte und Onkel Henner.«

»Magst du die beiden gar nicht?«

»Nein, Onkel Stefan, bitte, sei nicht böse, aber ich freue mich, wenn ich sie nicht zu sehen brauche. Und ich will auch nicht, daß sie mich so mitleidig ansehen und so von oben herab behandeln.«

»Dann mache ich dir einen Vorschlag, mein Junge. Wir fahren nach Bad Klingenbach und essen dort in dem Wald- und Rasthaus eine Kleinigkeit. Einverstanden, Peter?«

»Aber ich denke, dein alter Christoph kocht etwas für uns?«

»Ich werde Christoph anrufen, daß wir zwei es heute abend essen.«

»Ja, vielleicht ist er dann nicht böse, daß er es mittags ganz umsonst gekocht hat.«

»Sicher nicht, mein Kleiner. Mache dir keine Gedanken. Und da heute so ein schöner warmer Tag ist, kann man vielleicht sogar noch einmal im ­Freien – unter Kastanienbäumen essen.«

»Das ist prima, ich freue mich Onkel Stefan. Ach, was bist du nur lieb! Ich möchte immer bei dir bleiben. Oder muß ich von dir fort?«

»Wie kommst du darauf?«

»Weil Mathilde gesagt hat, der Onkel Henner und die Tante Charlotte seien auch meinetwegen gekommen. Vielleicht würde mich einer von ihnen mitnehmen. Tilly war auch schon ganz traurig, weil sie doch dann keine Arbeit mehr hat.«

»Du bleibst bei mir, das ist bereits beschlossene Sache!«

»Wirklich, Onkel Stefan?«

»Ja, nur mußt du immer ein wenig Geduld mit mir haben. Ich wollte dich erst zu Tante Charlotte oder Onkel Henner geben. Weißt du, er hat einen Bauernhof, schon mehr ein Gut eigentlich, und Knder, mit denen du spielen kannst, und viele Tiere und gute Luft.«

»Ach, ich verzichte lieber darauf und bin bei dir, Onkel Stefan. Vor Onkel Henner habe ich ein wenig Angst, er sieht so schrecklich streng aus, nicht?«

»Aber so schlimm, wie er aussieht, ist er nicht, Peter.«

»Aber ich fürchte mich trotzdem ein wenig!«

»Also gut, reden wir nicht mehr darüber. Es ist entschieden. Du bleibst bei mir und hast ein wenig Geduld mit deinem Onkel, nicht wahr, Peter, das versprichst du mir?«

»Ja, ich will mir viel Mühe geben, damit du mit mir zufrieden bist!«

»Bravo! Ich denke, dann werden wir zwei auch ganz gut miteinander auskommen.«

So war also diese Angelegenheit entschieden, für Stefan jedenfalls. Aber nicht für seine Geschwister, die zufällig erfahren hatten, daß für Peter jeden Monat eine Summe gezahlt würde und der Kleine außerdem ein ganz annehmbares Vermögen hatte, das er erst mit einundzwanzig Jahren bekam.

Es war glatter Zufall, daß es Henner und Charlotte erfuhren. Sie hatten nach Christoph geläutet und um einen starken Kaffee gebeten. Und während sie auf diesen warteten, kam Besuch, der unbedingt auf Herrn von Barny, ihren Bruder Stefan, warten wollte.

Charlotte, die von Hause aus ein wenig neugierig war, kam mit dem Herrn, der sich als Dr. Langenbach vorgestellt hatte, ins Gespräch. Und ganz durch Zufall erfuhr sie, daß er wegen Peter gekommen war.

»Wer von Ihnen nimmt denn nun das Kind?« fragte der Rechtsanwalt, nachdem sich Charlotte und Henner vorgestellt hatten.

»Es bleibt bei Stefan, unserem Bruder«, erklärte Charlotte, »ich kann es nicht brauchen, da ich mich nicht genügend um den Buben kümmern kann. Und mein Bruder – nun, meine Schwägerin will es nicht.«

»Soso«, sagte Dr. Langenbach. »Sie können es nicht brauchen, und Ihre Schwägerin möchte es ebenfalls nicht. Aber Herr von Barny, Ihr Herr Bruder, ist doch auch dauernd unterwegs, da wäre der kleine Neffe doch noch mehr allein.«

Prüfend schaute der Anwalt die Geschwister seines guten Freundes Stefan an.

»Aber Stefan hat mehr Geld als wir, er ist Junggeselle – und bei uns sind bereits drei Kinder«, meinte Henner von Barny.