Es ist nur eine Phase, Hase - Maxim Leo - E-Book
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Es ist nur eine Phase, Hase E-Book

Maxim Leo

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Beschreibung

Aufgepasst: Der Hase hoppelt ins Kino! Ab Herbst 21 – die große Verfilmung des Bestsellers Monatelang stand Es ist nur eine Phase, Hase von Jochen Gutsch und Maxim Leo ganz oben in der Spiegel-Bestsellerliste. Jetzt ist das Erfolgsbuch verfilmt worden: mit Christoph-Maria Herbst, Christiane Paul, Jürgen Vogel und Peter Jordan in den Hauptrollen. Außerdem dabei: Ulrich Tukur und Cordula Stratmann. Extrem Lustiges aus dem Alltagswahnsinn der Alterspubertierenden – jetzt im Kino. »Gutsch und Leo schreiben schräg, komisch, ein bisschen durchgeknallt, aber sehr wahrhaftig über einen Lebensabschnitt, mit dessen Merkwürdigkeiten sie nicht gerechnet hätten.« Christine Westermann »Ich liebe diesen Titel.« Susanne Fröhlich »Ein ebenso heiteres wie gemeines Trostbuch für Alterspubertierende.« Süddeutsche Zeitung

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Über das Buch

Pubertät ist schlimm. Klar. Aber nicht so schlimm wie: Alters­pubertät! Das Alterspubertier ist ein angegrautes, bequemes, oft kurzsichtiges Wesen, das die Ruhe liebt, das Wandern, das Wort »früher« und bestuhlte Pop-Konzerte. Männliche Alterspubertiere zwängen ihren runden Ü45-Körper in Neoprenanzüge und beginnen einen Kitesurf-Lehrgang. Andere laufen Marathon. Das weibliche Alterspubertier flüchtet sich gern in die Spiritualität und »will sich neu entdecken«. Oder Marmelade einkochen. Klingt scheußlich? Ist es auch. Aber eben auch sehr, sehr lustig ... Ein kleiner Trost: Alterspubertiere sind die größte Bevölkerungsgruppe in ­Europa. Du bist nicht allein.

Über die Autoren

Jochen Gutsch ist Reporter beim Spiegel und Kolumnist der BerlinerZeitung. Er erhielt den Theodor-Wolff-Preis und den Henri-Nannen-Preis. Er veröffentlichte den Roman Cindy liebt mich nicht (mit Juan Moreno), der für das Kino verfilmt wurde. 2011 erschien sein mit Maxim Leo verfasster Bestseller Sprechende Männer.

Maxim Leo ist Kolumnist der Berliner Zeitung. Für seine Familiengeschichte Haltet euer Herz bereit wurde er mit dem Europäischen Buchpreis ausgezeichnet. Er schreibt Tatort-Drehbücher und eine Krimireihe.

Maxim Leo & Jochen Gutsch

Es ist nur eine Phase, Hase

Ein Trostbuch für Alterspubertierende

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ISBN 978-3-8437-1744-1

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2018

Umschlagabbildung: Michael Sowa

Umschlaggestaltung: Sabine Wimmer, Berlin

Mit Illustrationen von Wolf Leo

E-Book: LVD GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis
Über das Buch/ Über die Autoren
Titel
Impressum
Im Auftrag des Herrn
Müde, gereizt und enttäuscht vom Feminismus
Fünfzig
Boys don’t cry
Ein Stückchen frische Hüfte
Oben atmungsaktiv, unten wasserdicht
Als wir unter anderem mal einen Dampfgarer kauften
Wurstpellen-Mann
Schlafen und träumen
Im leeren Nest
Kleine Hafenrundfahrt
Im Körper des Alterspubertiers
Die Prostata
Das Kopfhaar
Die Laune
Die Hitzewallungen
Das Fett
Das Gehirn
Falscher Jude versus Springendes Zebra
Herbst in der Hose
Die neue weibliche Fruchtbarkeit
Tagebuch eines Trinkers
Let’s go crazy
Relaxen, kuscheln, vögeln
Folge deinem Herzen
Nur alte Leute hier!
Feedback an den Verlag
Empfehlungen

Im Auftrag des Herrn

Müsste ich einen Moment benennen, in dem ich zum Alters­pubertier wurde, den »point of no return« sozusagen, dann waren es die zwei Sekunden, in denen mein Augenarzt sagte: »Tja, Sie brauchen eine Lesebrille.«

Zuvor hatte ich versucht, die Sache zu ignorieren und im Alltag mit Tricks über die Runden zu kommen. Im Restaurant schaute ich angestrengt in die Speisekarte, die Buchstaben verschwammen zu einem unleserlichen Brei, also sagte ich zu meiner Frau: »Liebling, ich nehme einfach das Gleiche wie du.« Hatte ich Glück, stand ihr der Sinn nach Wiener Schnitzel. Hatte ich Pech, löffelte ich Kürbis-Ingwer-Suppe oder lutschte an einer Portion Soja mit Gemüse herum.

Saß ich allein im Restaurant, war die Situation kniffliger. ­Zuerst fragte ich nach dem Tagesgericht oder der Empfehlung. Sagte mir beides nicht zu, musste ich improvisieren. Ich tippte zum Beispiel auf die Speisekarte und fragte den Kellner: »Hier, schauen Sie mal, würden Sie sagen, das ist eher eine Vorspeise oder eine Hauptspeise?«

Oft habe ich mir gewünscht, dass es in Restaurants spe­zielle Speisekarten für Alterspubertiere gibt. Sie sind groß wie Wohnungstüren und werden von studentischen Hilfskräften an den Tisch gekarrt. Die Buchstaben sind auf ein Seitenformat von DIN A1 hochgezoomt. Warum habe immer nur ich so gute, praktische Ideen?

Letztlich war es dann ein Foto, das meinen Lesebrillen-­Widerstand brach. »Guck mal, kennst du den?«, fragte meine Frau und hielt mir eines Morgens ihr Handy vor das Gesicht. Das Foto zeigte einen Mann, der mir erstaunlich ähnlich sah, am Tisch saß und Zeitung las. Aber las er überhaupt? Oder versuchte er – seine Nase berührte fast das Papier –, die Buchstaben einzuatmen?

Am nächsten Tag ging ich zum Augenarzt.

Am übernächsten zum Optiker.

Heute habe ich eine Lesebrille, sie ist nicht direkt hässlich, aber sobald ich sie aufsetze, saugt sie die letzte Jugendlichkeit aus meinem Gesicht. Ich sitze am Tisch, lese die Zeitung, und spricht mich jemand an, schiebe ich die Lesebrille Richtung ­Nasenspitze und schiele über die Brillengläser hinweg wie über ­einen Gartenzaun. Allein in dieser winzigen Geste steckt alle Opahaftigkeit der Welt.

Meine Frau ist genervt, weil ich sie jetzt mehrmals in der Woche frage: »Hast du meine Brille gesehen?«

»Welche?«, antwortet sie.

Ich sollte erwähnen, dass ich auch kurzsichtig bin. Ich habe also zwei Brillen. Eine ist immer weg. Es ist rätselhaft. Manche Alterspubertiere nehmen ihre Lesebrille deshalb präventiv in Haft und binden sie sich mit Hilfe eines Brillenbandes um den Hals, wie einen Kampfhund an den Baum.

Gestern verschwanden dann meine beiden Brillen gleichzeitig. Sie arbeiteten im Team. Sie wollten mich verhöhnen, fertigmachen. Halb blind tastete ich mich durch die Wohnung, robbte auf den Knien über den Teppich, schnüffelte schließlich wie ein Brillenspürhund unter dem Bett und um das Klo herum und fluchte vor mich hin. Verfluchte die Brillen, mein Leben, mein Alter. Ja, das tat ich, gottverdammte Scheiße noch mal!

Dann klingelte es an der Tür. Als ich öffnete, stand ein älterer Herr in einem weißen Bademantel vor mir. An den Füßen trug er weiße Badelatschen. Ich hatte den Mann, da war ich mir sicher, nie zuvor gesehen. Gleichzeitig kam er mir aber auch total bekannt vor.

»Guten Tag«, sagte der Mann und hielt mir zwei Brillen entgegen. Meine Brillen! Dann ging er an mir vorbei in meine Wohnung und setzte sich auf meine Couch.

Er tat das mit einer solchen Autorität, dass ich einfach die Wohnungstür schloss und hinterhertrottete.

»So«, sagte der Mann und legte die Füße auf den Couchtisch, »du hast dich beschwert. Was kann ich für dich tun?«

»Ich habe mich beschwert …?«, fragte ich.

Der Mann zog ein weißes Notizbuch aus der weißen Bademanteltasche. »Exakt … achtundzwanzigmal in den vergangenen drei Wochen. Weil deine Haare weniger werden, dein Bauch wächst, du bald fünfzig wirst. Du beschwerst dich, dass du keine Abenteuer mehr erlebst, du klagst über deine pubertierenden Kinder, deine mittelharte Morgenlatte, die moderne Popmusik, dein Sexleben, die Lesebrille … Soll ich weiter aufzählen? Dazu das Gefluche. Gottverdammt, gottverfickt, gottwasauchimmer. Ich kann’s nicht mehr hören!«

»Sie sind … Gott?«, fragte ich.

»Darauf kannst du einen lassen«, sagte Gott. »Also, was ist los?«

»Ich bin in der Alterspubertät.«

»Na und? Ich auch«, sagte Gott.

»Sie auch?«, fragte ich.

»Ja, eine wunderbare Zeit. Ich bin angekommen in der Lebensmitte, habe mir was aufgebaut: die Erde. Ich bin gelassener als früher, klüger, muss nicht mehr jeden Quatsch mit­machen. Mein Sohn ist auch endlich raus aus der Pubertät. Herrlich! Und ich arbeite nicht mehr so viel. Freitags stelle ich das Handy aus. Oder mache die Rufumleitung zum Papst rein.«

Gott kramte in seiner ausgebeulten Bademanteltasche und holte einen rauchenden, absolut göttlich duftenden Joint hervor, an dem er nun genüsslich sog. Wie gerne, dachte ich noch, würde ich auch mal wieder … als Gott mir schon den Joint hinhielt.

»Ich bin achtundvierzig Jahre alt«, sagte ich und spürte, wie der göttliche Stoff durch mein Gehirn schoss wie eine Leucht­rakete. »Und ich vermisse meine Jugend.«

»Echt? Ich bin siebenhundertdreiundsechzig Milliarden Jahre alt und vermisse meine Jugend kein bisschen«, sagte Gott. »In der Jugend habe ich nur unnützen Quatsch erfunden: den roten Pavian-Arsch, den Brokkoli, den Rosenkohl, die deutschen Mittelgebirge, den Heuschnupfen oder Belgien.«

»Und die Alterspubertät?«, fragte ich.

»Die fiel mir erst später ein«, sagte Gott. »Ich dachte, ich gönne den Menschen mal eine Verschnaufpause. Nach der anstrengenden, sexlastigen Jugend. Ich wollte ihnen eine entspannte, reife, hormonell gedämpfte Zeit verschaffen, in der sie nach dem schönen Motto leben: Alles kann, nichts muss. Die gol­denen Jahre zwischen vierzig und sechzig! Stattdessen … suchen die Menschen plötzlich nach dem bekloppten Lebenssinn, machen Yoga, arbeiten bis zum Burnout, spritzen sich Botox in den Arsch, rennen über den Jakobsweg. Na ja, wenigstens ist es ­lustig.«

»Lustig? Die Alterspubertät ist total deprimierend«, sagte ich.

»Schau dich doch an«, sagte Gott. »Wie du auf Knien über den Teppich gerobbt bist, fluchend, immer knapp an der Lese­brille vorbei – das war sehr, sehr komisch. Wir haben alle gebrüllt vor Lachen.«

»Wir?«, fragte ich. »Wer ist wir?«

»Na, die ganze Mischpoke: Petrus, Mohammed, Jesus, Luther, Amy Winehouse, Mutter Teresa … Wenn wir im Himmel ein bisschen Spaß brauchen, schauen wir uns Katzen­videos auf YouTube an. Oder Alterspubertiere auf der Erde.«

Gott lachte. Es klang, als würde man eine Katze in den Müllschlucker werfen.

»Weißt du, was das Allerlustigste ist?«, fragte Gott.

»Ich will’s gar nicht wissen«, sagte ich.

»Wenn sich ein Alterspubertier so verzweifelt gegen das Schicksal wehrt. Dieses dramatische Aufbäumen. Dieses: Ich will mich wieder spüren! Saukomisch ist das.« Dann stand Gott auf, drückte mir den Joint in die Hand, klopfte mir ­väterlich auf die Schulter und ging. Ich hörte nur noch seine Schritte durch das Treppenhaus hallen.

»Aber was soll ich jetzt tun?«, rief ich Gott hinterher.

»Schreib ein Buch!«, rief Gott. »Ein Buch, das Trost spendet. Für dich und andere Alterspubertiere.«

»So eine Art Bibel oder was?«, fragte ich.

»Nee, was Lustiges«, rief Gott.

Und dieser Auftrag war das Letzte, was ich von ihm hörte.

Müde, gereizt und enttäuscht vom Feminismus

Wir lagen im Bett, Samstagnacht. Wollten endlich schlafen, aber es ging nicht. Unmöglich. »Dieser verdammte Lärm«, sagte ich. Aus dem Hof schallte es: BUMM-BUMM-BUMM. Irgendwo wurde gefeiert, infernalisch laut gefeiert. Es war, als würden wir direkt in der Disco schlafen.

Ich schaute auf die Uhr: 01.30 Uhr.

»Tu was!«, sagte meine Frau schlaftrunken.

Immer sagt sie »Tu was«, wenn sie nicht weiß, was sie tun soll.

Dann soll ich was tun.

»Warum ich?«

»Ja, wer denn sonst? Du bist schließlich der Mann.«

Dann drehte sie sich um, Kissen auf dem Kopf.

Ich ging ins Wohnzimmer, müde, gereizt und enttäuscht vom Feminismus. Ich öffnete die Balkontür zum Hof: BUMM-BUMM-BUMM. In einigen Wohnungen war noch Licht, ich lauschte wie eine Eule in die Nacht. Wo kam der Lärm her? Wo war die Quelle? Schwer zu sagen.

Ich zog mir eine Jacke über und schlich durch das Treppenhaus, Etage für Etage, an den Wohnungstüren lauschend. Ich fühlte mich ein bisschen unwohl, als ich so patrouillierte. Andererseits, dachte ich, gibt es ja immer zwei Wege, so ein Lärmproblem zu lösen: den uncoolen und den coolen. Natürlich war ich der Mann für den coolen Weg. Ich würde an der Wohnungstür klingeln und sagen: »Freunde, super Party habt ihr hier am Start! Ich würde auch total gerne bleiben und euch meine neuen Moves auf dem Dancefloor zeigen. Leider bin ich heute etwas müde, weil ich die ganze Woche schon steil unterwegs war. Könntet ihr die Musik ein klitzekleines bisschen leiser machen? Danke, Leute! Party on!«

Von dieser Vorstellung ermutigt, ging ich rüber in den Seitenflügel, der Lärm wurde lauter, ich stieg die Treppe hoch. BUMM-BUMM-BUMM. Vor der Partywohnung stand ein junger Mann. Er sah mich an, grinste, sagte: »Geile Hose, Alter.«

Dann schlüpfte er in die Wohnung.

Geile Hose? Ich trug eine Jacke, darunter aber, wie mir nun auffiel, meinen karierten Schlafanzug. Ich sah aus wie ein trotteliges Väterchen, jemand aus der Raucherecke eines Krankenhauses.

Ich hörte die Leute hinter der Tür betrunken lachen. Es klang jung, euphorisch. Ich hörte das Klirren von Gläsern und Flaschen, ich sah quasi vor mir, wie sie dort tanzten, die Hände in die Luft warfen zum dröhnenden BUMM-BUMM-BUMM.

Und dort sollte ich jetzt klingeln?

Meine coolen Sätze waren weg. Ich könnte höchstens noch stammeln: »Hallo, ich bin der Herr Nachbar. Ich bin achtundvierzig Jahre alt und brauche meinen Schlaf.« Womöglich wird mir das Wort »Nachtruhe« über die Lippen kriechen. Und dann das Wort »Polizei«. Alle werden mich anschauen wie einen Blockwart. Der öde Spaßverderber von nebenan. Gut möglich, dass einer der Partyjungs aggressiv auf mich ­reagiert und sagt: »Was will der alte Wichser?« Ich erwidere: »Der alte Wichser will schlafen.« Eine schöne junge Frau schlägt besänftigend vor: »Feiern Sie doch einfach ein bisschen mit!« Und dann stehe ich da in meinem Schlafanzug und meinen Hausschuhen, die aussehen wie große, filzige Brote, und fühle mich noch älter und kleinkarierter.

Ich schlich zurück in unsere Wohnung. Ein Whisky wird mir guttun, dachte ich. Beim Trinken hatte ich dann eine wunderbare Idee: Erst mal abwarten. Und hoffen, dass andere aus dem Haus etwas tun. Unter uns, da wohnt zum Beispiel die Familie Wagner. Und Herr Wagner, schon Mitte fünfzig, beschwert sich ständig. Wahrscheinlich hatte er längst das Handy am Ohr und rief die Polizei.

Go, Wagner, go!

Ich beobachtete den Hof. Trank noch einen zweiten Whisky. Nichts tat sich. Was war los mit Wagner? Was war los mit den anderen? Schliefen die etwa alle?

Ich beschloss, die Polizei anzurufen. Sollen die doch den Job machen. Die sind doch ausgebildet dafür. Die werden doch bezahlt dafür. Durch meine Steuern! Ja, das dachte ich wirklich: meine Steuern. Großer Gott!

Ich griff zum Telefon, wollte 110 wählen, zögerte aber. Ich meine, es ist das eine, bei einer Party zu klingeln und freundlich um ein wenig Rücksichtnahme zu bitten. Etwas ganz anderes aber ist es, die Polizei zu rufen. Da überschreitest du eine Grenze, mein Freund. So jemand wolltest du doch nie werden. Ein Jetzt-rufe-ich-aber-die-Polizei-Typ. Wie hast du solche Menschen früher genannt? Erinnerst du dich? Rentnerhafte ­Partypetzen! Ganz genau.

Ich rief die Polizei. Ach, scheiß drauf. Ich war so unendlich müde. Ich war mürbe. Ich wollte nur noch, dass es endlich aufhört. BUMM-BUMM-BUMM.

»Abschnitt vier, Sie sprechen mit Wachtmeister Jahnke.«

»Guten Abend! Ich rufe an wegen einer nächtlichen Ruhe­störung. Eine Party.«

Stille am Telefon. Atmen. Genervtes Atmen. Gelangweiltes Atmen.

»Wie laut ist es denn?«

»Wie laut? Na ja. Sehr laut.«

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