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Das Böse UND das Gute im Menschen, das Unheimliche UND das Befreiende – all dies offenbart sich in den Geschichten eines Autors, der sich selbst auf seiner Website (www.guidosawatzki.de) als Träumer und als Suchender zwischen endlosen Welten beschreibt. Die insgesamt 11 Kurzgeschichten des ersten Bandes der Mystery-Reihe "Guido's skurrile AnekTOTEN" sind thematisch unterschiedlich; sie verbindet ihr überwiegend makabrer und kurioser Charakter – das Ganze mit einem leichten Augenzwinkern serviert. Die erste Geschichte dieser Anthologie "Das eine Ende des Seils" handelt von einer jungen Frau, die zum Tod durch den Strang verurteilt wurde. Peu à peu wird der Leser zum Kern der Geschichte geführt – mit einem juckenden Strick und überraschendem Ende. Die Geschichte "Alles gut" erzählt von den Suizid-Versuchen einer Frau. Dem im Weg stehen Gedanken an die Menschen, denen sie dabei schaden könnte. Schafft sie es, ihre moralischen Skrupel beiseitezuschieben und ihr Vorhaben zu Ende zu bringen? Die Erzählung "Als der Clown sprang" schildert die Gefühle eines Mannes, der sich, als Clown verkleidet, vor den Augen zahlreicher vergnügter Zuschauer von einer hohen Klippe stürzen will. Von Schuldgefühlen geplagt ist er hin- und hergerissen. Wird er springen? "Als die Schneeflocken nicht mehr schmelzen wollten" berichtet von einer jungen Frau, die sich gerne nackt im Schnee vergnügt. So etwas erhitzt die Gemüter bei den ehrbaren Bürgern der Kleinstadt, in die sie gezogen ist, ganz gewaltig. In "Hund zum Frühstück" projiziert ein verschrobener Dorfbewohner den unendlichen Hass auf sich selbst zuletzt auf Hunde, nachdem er mit seinem Dasein voller Fehlschläge, seiner verkorksten Jugend und seinem, in allen Bereichen gescheiterten Leben nicht zurechtkommt. "Der Dornbusch brennt" erzählt von einem jungen Mann, der die Schatten seiner Vergangenheit endgültig abschütteln will. Zu diesem Zweck hat er seinen Freund eingeladen, den er seit 30 Jahren nicht gesehen hat – und den er für schuldig an seinem Albtraum hält. Ein verunsicherter Sohn und eine dominante Mutter sind die beiden Hauptfiguren in "Der Schönschreiber und die Krähe". Er wird in allen Lebensbereichen von seiner Mutter bevormundet und gegängelt. Schließlich zieht die Ehefrau die Reißleine. Eine sexbesessene Frau steht im Mittelpunkt von "Die Farbe Blau". Diese spielt nicht nur im Titel eine Rolle, sondern zieht sich auf perfide Art durch die ganze Geschichte, in der es um verletzte Gefühle, Ehebruch und Rache geht. In "Dunkle Wasser" verschwinden inmitten einer Landschaft voller Moore und Tümpel auf mysteriöse Weise nacheinander ein kleiner Hund und ein sechsjähriges Mädchen. Dort soll auch ein riesiger Hecht sein Unwesen treiben. "Eine zuviel" erzählt von der seelischen Zerrissenheit eines Mannes, der, obgleich gedemütigt und bis ins Mark getroffen, seine erste große Liebe nicht vergessen kann und vor nichts zurückschreckt - bis er an die "Richtige" gerät. Die Liebe zwischen zwei Frauen in "Es knackte" geht soweit gut, bis eine von ihnen erfährt, dass die andere anscheinend doch nicht ganz die Finger von den Männern lassen kann. Dass beide Frauen noch dazu im selben Geschäft arbeiten, verkompliziert die Angelegenheit.
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Seitenzahl: 79
Veröffentlichungsjahr: 2024
Wenn die menschliche Phantasie der Realität begegnet, dann gewinnt auf jeden Fall die menschliche Phantasie die Oberhand - weil sie das Schöpferische und Kreative auf ihrer Seite hat.
Egal, wie skurril oder unheimlich die Kurzgeschichten sich lesen mögen – Ziel des Autors ist es, aus der Ware Mensch das menschliche Sein zu formen und dem Anonymen ein Gesicht zu geben. Mensch sein ist für ihn weit mehr als nur das, was Augen sehen. Mit wenigen Mitteln zeigt er auf, dass selbst aus einem kleinen Flüstern ein großer Aufschrei werden kann.
Guido Sawatzki
Es knackte . . .
11 skurrile Kurzgeschichten
© 2024 Guido Sawatzki
Umschlag, Illustration: Desdemona Winkler
Lektorat, Korrektorat: Desdemona Winkler
Druck und Distribution im Auftrag Guido Sawatzki:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland
ISBN
Paperback
978-3-384-12453-1
Hardcover
978-3-384-12454-8
Großschrift
978-3-384-12456-2
e-Book
978-3-384-12455-5
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist Guido Sawatzki verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag von Guido Sawatzki, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Das eine Ende des Seils
Alles gut
Als der Clown sprang
Als die Schneeflocken nicht mehr schmelzen wollten
Hund zum Frühstück
Der Dornbusch brennt
Der Schönschreiber und die Krähe
Die Farbe Blau
Dunkle Wasser
Eine zuviel
Es knackte
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Das eine Ende des Seils
Es knackte
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Das eine Ende des Seils
Ein Gesetz sah sie für sich nicht anwendbar. Bis zu der Stunde, da ein raues Stück Seil die zarte Haut ihres schlanken Halses auf ganz unspektakuläre Art und Weise aufzuscheuern begann - ohne dass sie etwas dagegen tun konnte; denn beide Arme hatte man ihr, wie es das Ritual vorsah, auf den Rücken gefesselt. Unangenehm war nur, dass sie sich dadurch nicht mehr selbst zu kratzen vermochte, selbst wenn es noch so sehr juckte. Denn dieses Seil war neu, völlig anders als die alten, die glatt waren wie ein gebrauchter Kälberstrick; leicht rutschend und doch zuverlässig fest. Erbarmungslos fest. Der neue, eher faserige Strick dagegen kitzelte immer irgendwo auf der Haut. Besonders lästig hinten am Haaransatz, wo sich die Haut entzünden kann, wenn beispielsweise das Hemd oder T-Shirt längere Zeit getragen wird – also auch schon etwas muffelig riecht. Oder aber, dass man sich an der schwellenden Halsschlagader kratzen möchte, die, sobald stärkerer Druck ausgeübt wird – ja, auch durch ein Seil -, sich verdickt, sodass jeder sieht, dass sich da in Kürze ein Stau bilden wird; ein Stau, der letztendlich zur Bewusstlosigkeit führen muss. Je nach Konstitution des Stücks Fleisch – am Ende hängt da nur noch ein Stück Fleisch – geht es mal schneller, mal dauert es länger. Übrigens lässt die Regierung neuerdings nur noch brandneue Seile zu, obwohl die gebrauchten die Sache sicherlich verkürzen könnten.
Überhaupt wäre die Angelegenheit ratzfatz erledigt, würde man sie so wie früher handhaben. Doch wäre dies meiner Meinung nach wenig einfühlsam geschweige denn taktvoll. Außerdem würde das die Freude am ganzen Spektakel nehmen – und wer möchte schon gerne als Spaßbremse gelten. Wie sehr die Zuschauer mit ihr mitlitten, ließ sich daran erkennen, dass einige der Damen im Publikum begannen, ihren Wollschal abzulegen – ihnen war wohl zu heiß – oder gar selber sich an denselben Stellen kratzten, wo das Seil den - und das mussten selbst sie zugeben – wirklich verführerisch schönen, schlanken, zarten Hals des Mädchens berührte. Ein solch solidarisches Verhalten gebot einfach der Moment – alles andere wäre kalt und gefühllos - und deshalb, vor allem aus diesem Grunde, war dem schönen Mädchen dort, auf der anderen Seite ihrer aller Mitgefühl gewiss.
Mancher böse Blick richtete sich denn auch auf den sorgfältig gekleideten Mann, der ungeachtet seines fortgeschrittenen Alters ohne Weiteres als Teilnehmer einer Modenschau durchgegangen wäre – auf dem Laufsteg; versteht sich. Ja – eine der besonders engagierten Zuschauerinnen verstieg sich gar zu der Geste, dem Mann – er befand sich übrigens gemeinsam mit dem jungen Mädchen auf der anderen Seite der durchsichtigen, schallsicheren Scheibe – ihr seidenes Halstuch entgegenzuschleudern. Angesichts der zunehmenden Unruhe auf Seiten des Publikums blieb diesem tatsächlich nichts anderes übrig, als mit einem Wink seinen jungen Helfer – er mochte wohl in dem Alter des jungen Mädchens sein - herbeizuwinken; dies offenkundig in der Absicht, mit diesem edlen Stück Stoff den Hals des Mädchens zu schmücken und ihm so die unsägliche Tortur zu ersparen, sich nicht jucken zu können, wann immer ihm danach war. Dankbar ließ es das junge Mädchen zu, dass das sehr vornehm wirkende feine Seidentuch um den Strick an seinem Hals gewickelt wurde – sie quasi aus der einen Welt, in der die staatliche Ordnung über allem stand, in die zukünftige, ungewisse Welt begleiten sollte.
Je länger dieser zeremonielle Akt andauerte, desto wichtiger fühlten sich die Akteure sowie das Publikum, das mittlerweile wie gebannt Besitz von dem schönen Stück Fleisch genommen hatte. Ab und an schien das Mädchen einen kritischen Blick auf die dicht gedrängte Menge zu werfen, begleitet von einem leichten Runzeln auf der wunderschönen Stirn dieses phantastisch geformten Gesichts. Auch meinte ein Augenzeuge sich später an einen regen Austausch von Blicken zwischen dem Mädchen und einigen überaus elegant gekleideten Herren im Publikum zu erinnern. Diese hätten, nach dem Grund ihres Hierseins befragt, jede auch nur entfernte Bekanntschaft mit dem jungen Mädchen mit Sicherheit vehement geleugnet. Auch schienen interessanterweise die Blicke nicht immer freundlicher Art zu sein, ja, eher dazu angetan, ihr das Ende - und ein solches sollte sich zumindest als Ziel der Veranstaltung doch wohl irgendwann abzeichnen – an den aufreizend schönen Hals zu wünschen.
Das hübsche, aber offenbar etwas törichte oder zumindest unerfahrene Geschöpf hatte aber daraufgesetzt, dass in ihrem zarten Alter von 14 Jahren bislang noch kein Mensch geschweige denn ein weibliches und dazu noch außerordentlich anmutiges Ding in diesem Staat gehängt worden war; zumal sie – man kann ohne Scheu sagen von Berufs wegen – Kontakte bis in die höchsten Kreise hatte. Richtig. Hatte. Denn womit sie gewiss nicht rechnete: Auch aus dieser erlauchten Schicht würde so mancher erleichtert aufatmen, wenn er sich ihrer, ihm vielleicht mit der Zeit doch etwas zu engen und deshalb eher lästigen Bekanntschaft mit einem Schlag würde entledigen können.
Das Strafmaß war nach Ansicht ihrer Richter mehr als gerecht; war es doch ausgerichtet an der Tat, derer man sie bezichtigte: Einer der Herren, mit denen sie zuletzt intim verkehrte, war spurlos verschwunden. Gut, sie hatte ihn ausgenommen; hatte seine bis dahin als vorbildlich geltende Ehe zerstört, in deren Folge sich seine Frau das Leben nahm. Und dieser Fall war nicht die Ausnahme. Sie selbst nahm das alles auf die leichte Schulter, kannte sie doch die tiefere Bedeutung des Wörtchens Ehe nicht. Dennoch hatte sie Mitleid mit ihrem letzten Opfer. Sie vereinbarten, dass er für einige Zeit verschwunden bleiben würde, bis Gras über die Sache gewachsen war. Ja, die naive Person glaubte gar, ihn zu lieben. Doch wurde sie von einem Unbekannten angezeigt und die Sache nahm ihren regulären Gang.
Nun sah eine Stufe des strengen Zeremoniells vor, dass der Delinquentin der Mund zugenäht wurde. Zum allgemeinen Erstaunen ließ das junge Mädchen diese Prozedur fast klaglos über sich ergehen. Kaum war jedoch der letzte Stich verknotet, bäumte sie sich auf, sodass die kleine Rampe unter ihr unversehens ins Wanken geriet. Dem Mädchen war soeben klargeworden, dass nichts, aber auch gar nichts mehr reparabel war. Alles vorbei. Denn sie hatte im dichtgedrängten Publikum denjenigen Mann entdeckt, dessentwegen sie jetzt hier stand. Sie wollte etwas sagen, wollte schreien, brüllen – umsonst. Die Fäden hielten.
Die Zuschauer waren aufmerksam geworden. Endlich tat sich etwas. Das Seil hatte sich infolge der unkontrollierten Bewegungen weiter gestrafft und rote Striemen in der Haut des hübschen Halses hinterlassen, wie die Gaffer auf der anderen Seite genüsslich lautstark kommentierten. Die Zuckungen des Körpers dauerten an. Irgendwann hatte sie es geschafft. Die Rampe kippte um.
Das Kitzeln und Jucken des Seils war für das Mädchen trotz des Seidentuchs wohl unerträglich geworden.
Alles gut
Sie hatte schon einiges ausprobiert. Hatte auf einer Brücke über der Autobahn gestanden, auf dem Grat eines Berges balanciert, minutenlang das Glas vor sich mit dem aufgelösten Pulver angestarrt, sich die scheußlich bunten Kriegsfilmchen aus dem Irak, der Ukraine und aus Mali reingezogen … - nein, all diese Möglichkeiten fielen für sie flach.