Zu spät . . . - Guido Sawatzki - E-Book

Zu spät . . . E-Book

Guido Sawatzki

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Beschreibung

In Band 3 meiner Kurzgeschichtenreihe "Guido's skurrile AnekTOTEN" mit dem Titel "Zu spät …" geht es um das Leben, wie wir es lieben - aber auch um die Angst davor. Das Böse und das Gute - im Menschen gehen beide eine Synthese ein, die sich ebenfalls in den Geschichten des Autors widerspiegelt. "Was ist schon Blut?", stelle ich beispielsweise als Frage provozierend in den Raum. Träume seien doch der wahre Schmierstoff zum Leben. Sie sind es, die über unser Dasein herrschen … bis zum letzten Atemzug. Zufall und Schicksal sind weitere Aspekte in meinen 11 Kurzgeschichten. Auch von Menschenfischern ist da die Rede, sogar wunderschöne Meerforellen drehen ihre Kreise und auch Chagall und Pavarotti lasse ich zu Wort kommen. Der Kurzgeschichtenband "Zu spät" – eine Ode an die Vielfalt des Lebens. Das Ganze überdies in einem breiten Spektrum. Die Macht der Natur thematisiere ich ebenso wie die Wahrscheinlichkeit der Vorhersehung. Der skurrile Verlauf in den Geschichten wirkt bizarr und aufwühlend zugleich – das Ende: Völlig unerwartet.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 114

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Natur und Trieb sind eins -

die Antwort darauf, welche Richtung

die Natur den menschlichen Trieb

letztendlich einschlagen lässt,

nachdem der Verstand kapituliert hat,

verhüllt das Sein.

Was ist schon Blut?

Träume sind der wahre Schmierstoff

Zum Leben.

Blut kann ersetzt werden,

ist in Konserven vorrätig -

Träume jedoch herrschen

über unser Dasein …

bis zum letzten Atemzug.

Guido Sawatzki

Zu spät …

11 skurrile Kurzgeschichten

Band 3

© 2024 Guido Sawatzki

Umschlag, Illustration: Desdemona Winkler

Lektorat, Korrektorat: Desdemona Winkler

Druck und Distribution im Auftrag von Guido Sawatzki:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland

ISBN

 

Paperback

978-3-384-31591-5

Hardcover

978-3-384-31592-2

e-Book

978-3-384-31593-9

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist Guido Sawatzki verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag von Guido Sawatzki, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Tot-Träume

Weich und seidig

Wie die Erdkrümel auf die Krawatte kamen

Wiedergeboren

Wir sehen uns

Chagall und der Nebenbuhler

Zu spät . . .

Ein letzter Riss

Bestimmung

The Swan

O terra, addio

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Tot-Träume

O terra, addio

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Tot-Träume

Schweißgebadet schreckte sie hoch, schaute auf den Wecker: Zwei Uhr morgens.

„Nicht schon wieder! Was hast du denn in letzter Zeit?“ Sein Gesicht sprach Bände. „Du weißt doch, wie sehr ich gerade in meinem Business Schlaf brauche!“ „Sorry …“ sagte sie kleinlaut. Klar ging sein Job vor. ER hatte selbstverständlich Vorrang … bei allem. Nein, Verständnis von ihrem Mann erwartete sie keines. Eines war jedoch sicher: Es hing alles mit dem Haus zusammen … verdammtes altes Gemäuer!

20 Jahre schon lebten sie in diesem Haus nahe der Stadtkirche. 17. Jahrhundert, Fachwerk auf Sandstein, unverwüstlich. Angeblich. Ihr Mann geriet jedes Mal ins Schwärmen, wenn er Besuchern das Haus zeigen konnte. Ganz besonders stolz schien er auf das Gruselkabinett im Keller des alten Hauses zu sein; sie nannte es zumindest so – wegen des Grabsteins, der dort stand. Seit ewigen Zeiten, wie sie vermutete. Die Schrift war jedenfalls so verwaschen, dass die Ziffern darauf kaum mehr zu lesen waren. Gut, sie hätten einen Sachverständigen einen Blick darauf werfen lassen können – „aber das lohnt sich doch nicht“, hatte sie sich erfolgreich zur Wehr gesetzt. Und außerdem, was hätten sie davon gehabt?

Beta wusste jedenfalls nur eines: Jedes Mal, wenn – zum Glück nur selten – mal wieder die Sprache darauf kam – beispielsweise erst kürzlich mal wieder, als ihr Mann seinem Lieblingshobby frönte und mit einem Geschäftsfreund und dessen Frau in den Katakomben des Hauses verschwand -, hatte sie in der darauffolgenden Nacht Träume. Und zwar von der Art, wie man sie selbst der besten Freundin nicht zumuten wollte. Natürlich hatte sie es auch ihrem Mann gegenüber verschwiegen.

Dass ein dunkles Geheimnis unter der dicken Lehmschicht des Kellergewölbes, das so flach war, dass man dort nur gebückt gehen konnte, lauern würde, wie die Frau des Geschäftsfreundes mutmaßte … ja, auch an diese Möglichkeit musste sie gelegentlich denken. Aber als Akademikerin fühlte sie sich durchaus in der Lage, Realität von Fiktion zu unterscheiden. Außerdem war sie von Beruf Lebensmittelchemikerin. Auch war ihr bewusst, welche Anziehungskraft gerade solche Phänomene auf leichtgläubige Gemüter ausübten. Gut … dass schon mittlerweile der dritte Hund – und sie hatte alle heiß und innig geliebt – hatte eingeschläfert werden müssen, so etwas warf natürlich auch bei ihr Fragen auf; zumal der Lieblingsplatz von allen dreien nun mal der Keller gewesen war. Lange hatte sie erwogen, eine Erdprobe zu nehmen; zumal es ihr ein Leichtes gewesen wäre, eine chemische Analyse selber zu erstellen. Aber wie hätte sie das ihrem Chef erklären sollen?

Und so hatte sie es Monate und Jahre vor sich hergeschoben. Als dann allerdings vor wenigen Tagen ihr vierter Hund erkrankte, hatte sie es nicht mehr ausgehalten. Das Röhrchen mit der Probe lag jedoch immer noch in ihrem Spind im Institut. In den nächsten Tagen würde sie es holen … ja, und die Probe untersuchen. Sie zögerte einen Moment; dachte über die möglichen Folgen nach. Doch … ganz bestimmt würde sie es tun.

„Nichts … nichts. Es ist nichts. Ich habe nur schlecht geträumt“, antwortete sie ihrem Mann. Der hatte sich da allerdings schon wieder auf die andere Seite gedreht; ihre Antwort war wohl etwas spät gekommen. Was sollte sie ihm denn auch sagen, ohne Gefahr zu laufen, dass er sie gleich zu einem Psychoguru schickte. Wer weiß, vielleicht würde sie auch das noch tun; und zwar ohne Aufforderung – vor allem, wenn sie irgendwann zu schlafwandeln beginnen würde.

Beta hätte ihn fast noch gefragt, wie ER sich denn nach gerade mal drei Stunden Schlaf fühlen würde. Aber nein … . Stattdessen versuchte sie, sich in ihren Gedanken einzuigeln oder sich in Träumen freizuschwimmen … je nachdem.

Später, beim Klingeln des Weckers, stand sie auf. Wie jeden Morgen, egal wie ihr gerade war. Sie funktionierte eben. Machte ihm das Frühstück, räumte ab, sagte „Tschüss, mein Liebling“ – alles wie immer. Nicht alltäglich war, dass sie danach wieder wie tot in ihr Bett fiel. Doch davon bekam keiner etwas mit.

Mittlerweile hatte sie begonnen, sich ernsthaft Sorgen zu machen wegen ihrer Schlafstörungen – und vor allem wegen ihrer Träume. Mit diesen Gedanken schlief sie ein – nicht jedoch, bevor sie nochmal mit der Hand unter ihr Kopfkissen gefasst und nach dem Messer getastet hatte, das dort seit geraumer Zeit bereitlag … . Es war noch da.

*

(IHR TRAUM:)

Sie hatte es geschafft. Tatsächlich. Trotz des verstauchten Knöchels. Pech, dass das gleich zu Anfang passiert war. Damit war sie dann 334 Stufen – wohlgemerkt alte, hohe Steinstufen – in diesem Glockenturm mit seinen engen Windungen hinaufgestiegen … eine beeindruckende Leistung – oder? Beta fühlte sich jetzt bombig; und dies, obwohl sie doch nur einen Pyjama anhatte. Frieren? Nein, warum auch. Ihr Hochgefühl jedoch schwand in dem Maße, wie sie sich vor Augen hielt, weshalb sie eigentlich auf den Kirchturm hinaufwollte.

Allein für den Aufstieg hatte sie nahezu zwei Stunden gebraucht; weil sie so oft anhalten musste … doch nicht nur wegen des Knöchels. Nein, sie hatte so viele Pausen gebraucht, weil sie ihre Gedanken ordnen wollte … nur ordnen. Zwischendurch legte sie sich sogar auf die alten, ausgetretenen Stufen aus Sandstein; kuschelte sich regelrecht hinein. Eigentlich liebte sie dieses Gestein – genauso wie sie überhaupt alte Gemäuer liebte. Wenn Steine reden könnten, hatte sie früher gedacht. Mittlerweile wusste sie es besser: Ja, Steine KÖNNEN reden! Ihre Struktur gab nicht nur Auskunft über ihre Beschaffenheit – nein. Wenn man sich in die Zeit zurückversetzte, als sie aus dem Berg, dem Fels herausgeschlagen, zu Hügeln aufgetürmt, schließlich verbaut wurden - in einer Burg, einer Kirche. Und wie die Menschen damals gekleidet waren, wie sie Mittagspause gemacht hatten, die Frauen ihre Männer mit den in Körben mitgebrachten Speisen versorgten … - und, vor allem, was sie sich über das Bauwerk, welches sie da gerade mit ihren Händen schufen, selber für Gedanken machten. Betas Phantasie kannte da keine Grenzen.

Vielleicht war ja genau das – und natürlich ihre Neugier – für sie der Grund dafür gewesen, den Turm zu besteigen. Doch wünschte sie sich, wenn sie ehrlich sein wollte, in diesem Augenblick wirklich nur noch Saugnäpfe an den Füßen; um an den Außenwänden entlang umso schneller zur Turmspitze hinauf zu gelangen. Aber nein … dann wäre das hier ja viel zu schnell vorbei. Und dafür, dass sie DER ANDEREN ihren Wunsch erfüllte, konnte DIE ihr doch immerhin noch zugestehen, den Weg dorthin zu genießen; und zwar jeden Schritt. Jede Stufe. Nun gut, vielleicht waren sie doch Schwestern im Geiste – gewissermaßen. Die eine wollte wissen, was sie gespürt hatte, als der andere, der Verrückte, der hoffnungslos in sie verliebt gewesen war, sie blind vor Eifersucht hinabstürzte … damals, vor annähernd 200 Jahren … und dann, ganz in der Nähe, über ihrem Leib dieses Haus erbaute. Die Antwort auf die Frage „Warum?“ kannte das Opfer, die junge Frau, zwar, doch hielt sie die Begründung eher für unbedeutend – denn: „Sterben müssen wir doch schließlich alle irgendwann … oder?“ hatte sie der träumenden Beta zugeflüstert.

Ja, Beta tat sie leid, sie wollte ihr diesen Wunsch – der einzige, der dieser Frau, die ihren Namen noch immer nicht verraten hatte, geblieben war – erfüllen. Unbedingt … sogar, wenn es sie selbst das Leben kostete - was irgendwo naheliegend schien. Wie wichtig ihr das war, das hatte sie Beta spüren lassen – über Monate, ja, Jahre hinweg. War in ihr Bewusstsein eingedrungen, hatte sich in deren Träume eingenistet. „Du musst da hinauf … du musst!“ hatte sie ihr immer wieder eingehämmert. Auch hatte sie durchblicken lassen, dass sie dabei auf ihren Namen stoßen würde, den der Verrückte beim Herabsteigen wohl in einer der Steinstufen eingraviert hatte. Mit seinem Siegelring, wie sie verriet. Woher sie das wusste? Na, das habe sie doch in seinen Gedanken lesen können, hernach, nachdem sie tief unten, auf dem steinernen Pflaster, ihr Leben ausgehaucht hatte.

Ja, ein regelrechtes Abenteuer würde das werden – Beta war sich dessen immer sicherer. Jedes Mal, wenn nach einigen Windungen wieder eine Luke im Gemäuer den Blick nach unten erlaubte, verhielt sie einen Moment, um sich die enorme Anzahl der Menschen, die sich dort unten versammelten, bewusst zu machen. Immer mehr wurden es, je höher sie kam. „Bald sind wir da“, flüsterte die Stimme ihr zu; vom Klang her musste die Unbekannte in ihrem Alter gewesen sein. Ja, der lange Anstieg begann Beta zuzusetzen - fast fürchtete sie, an ihrem eigenen Herzschlag zu ersticken. Ja … tatsächlich! Sie konnte schon das Licht schauen!

Die Sonne war gerade dabei, ihre letzten orangeroten Strahlen auf die Erde zu schicken, als die Zeichen, die da, Runen gleich, in den Stein geritzt worden waren, sich ihr in den Weg warfen. „Barbara“ stand dort zu lesen. Barbara – einfach nur Barbara … sonst nichts? Beta war enttäuscht. Im nächsten Moment wiederum dachte sie, wie undankbar, ja, wie hochnäsig sie doch war, dass sie erwartet hatte, die andere – Entschuldigung: Barbara – würde ihr gleich alles verraten … bloß weil sie gerade mal ein paar hundert Stufen einen alten Kirchturm hinaufgestiegen war.

Ja – jetzt wusste sie’s: Erst wenn sie gesprungen sein würde, dann würde sich ihr auch alles andere offenbaren … über ihr eigenes Leben … sobald der letzte Blutstropfen in den Rinnen der Pflastersteine unten versickert wäre … nach polizeilicher Begutachtung und spurentechnischer Untersuchung – versteht sich. Nein, heutzutage wäre man gründlicher … zivilisierter. Doch – würde man auch verstehen?

Beta raffte sich auf. Es wurde Zeit. Sie beugte sich über den Rand der Turmbrüstung. Sie staunte. Eine riesige Menschenmenge hatte sich mittlerweile auf dem Marktplatz am Fuße des Turms versammelt. Sie überlegte, was wohl der Grund hierfür sein könnte. „Limonade, Frankfurter Würstchen zum Sonderpreis … . Noch haben Sie Gelegenheit … nur noch ein paar Minuten, vielleicht nur Sekunden – greifen Sie zu, Herrschaften, greifen Sie zu!“