Escapade: Der Aufbruch in die Freiheit - Marie Bäumer - E-Book
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Escapade: Der Aufbruch in die Freiheit E-Book

Marie Bäumer

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Beschreibung

Unsere Welt von heute ändert sich beunruhigend schnell, wir stehen stark unter Druck und fühlen uns zunehmend unsicherer. Kein Wunder, wenn wir unsere eigene Zukunft wenig optimistisch betrachten. Zu Recht? Die erfolgreiche Schauspielerin Marie Bäumer hält dagegen: "Umso mehr benötigen wir jetzt unsere eigene positive Kraft", sagt sie. "Sie steckt in uns, auch wenn wir manchmal glauben, sie verloren zu haben. Wir müssen sie nicht einmal suchen. Wir brauchen sie nur freizulegen!" Es ist unser Körper, in dem wir den Schlüssel finden, emotionale Blockaden zu lösen, um wieder auf ureigene kraftvolle Ressourcen zurückzugreifen. Diesen "Ausbruch in die Freiheit" fand Marie Bäumer in ihrer Schauspielerausbildung bei den besten Mediatoren und Trainern. Ihr großes Wissen gibt Marie Bäumer an viele Menschen weiter. In ihrem "Atelier Escapade" in Deutschland und Frankreich lernen die Teilnehmer, Blockaden zu erkennen und zu lösen, um ein eigenbestimmtes Leben zu führen. Nun gibt es Marie Bäumers positive Lebensbotschaft erstmals als Buch. Darin begleitet sie die Leser auf einer emotionalen Reise zu den persönlichen Kräften und Ressourcen. Sie verknüpft ihre eigenen Erfahrungen mit ihrem schauspielerischen Weg, vermittelt dabei ihre Lebensphilosophie und gibt konkrete Hilfestellungen. 

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Seitenzahl: 210

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Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Projektleitung: Maria Hellstern

Lektorat: Alexandra Bauer (textwerk, München), Karin Leonhart für textwerk, München

Korrektorat:

Covergestaltung: independent Medien-Design, München, Horst Moser, Svenja Wamser

eBook-Herstellung: Gabriel Mlesnite

ISBN 978-3-8338-6933-4

1. Auflage 2019

Bildnachweis

Coverabbildung: Sébastien Manigaud

Illustrationen: Marie Bäumer

Fotos: Sébastien Manigaud

Syndication: www.seasons.agency

GuU 8-6933 09_2019_02

Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

Wichtiger Hinweis

Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung der Autorin dar. Sie wurden von der Autorin nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

BRIEF AN DIE LESER

Liebe Leser, Frauen und Männer,

es freut mich sehr, Ihnen zu schreiben, was mich bewegt, was mich leitet und lehrt. Mein Wunsch ist, dies mit Ihnen zu teilen und Ihnen in diesem Buch von der Freude und der Leichtigkeit zu berichten, die ich immer wieder aufs Neue erlebe, wenn ich mich meinem Wesenskern öffne und mich von ihm durchs Leben führen lasse. Mich führen lasse, zu meinen Träumen und Visionen und zu meiner persönlichen Escapade.

Es erfüllt mich mit tiefem Glück, wenn ich Menschen dabei unterstützen kann, zu ihrem Ursprung vorzudringen und zusammen mit ihnen erleben darf, wie sie ihren Wesenskern wachrufen und erkennen, welchen Schatz er birgt. Und wie sie den Mut finden, zu dem zu stehen, was sie ausmacht, und damit die Energie freisetzen, sich ihrer persönlichen Escapade zu widmen. Das ist der Motor, der mich bisher in meinem Leben angetrieben hat und mir bis heute Kraft verleiht.

Mit der Gründung des Atelier Escapade ging ich der Frage auf den Grund, was uns Menschen daran hindert, uns ebendiesem wesentlichen Kern zu öffnen. Was blockiert uns und unseren Körper, welche Mechanismen manifestieren sich, die das Verfolgen unserer Ziele erschweren? Ich begann erneut einen Dialog mit meinem Körper und traf so, Schritt für Schritt, auf den Grund der möglichen Ursachen. Auch die Beschäftigung mit den Lebensgeschichten von Freunden, von Menschen, die mir auf meinem Weg begegnen, führt mich immer wieder zu der Frage: Wie erleben sie die Dinge, die sie tun?

Ich möchte Ihnen von einem Traum erzählen, den ich während der Gründungsphase des Ateliers träumte: Ich hatte neun Kinder, fünf Mädchen und vier Jungen. Alle waren rothaarig, wild gelockt, leicht gewellt, glatthaarig, mit unterschiedlichsten Haarschnitten und Frisuren. Es war ein wunderbares Kuddelmuddel lebhafter Wesen, alle in ähnlichem Alter zwischen sechs und neun Jahren. Ich fühlte mich aufs Herrlichste beschenkt. Als ich aufwachte, wusste ich plötzlich ihre Namen. Sie hießen: Licht, Liebe, Leichtigkeit, Lachen, Leidenschaft, Lust, Lernen, Lehren und Lob.

Bitte vergessen Sie Ihre Träume nicht, schreiben Sie sie auf und leben Sie sie aus vollem Herzen! Nicht verschieben bitte – jetzt leben!

In innigster Verbundenheit mit dem Leben und der Liebe zum Menschen,

Ihre Marie Bäumer

1 EINLADUNG ZUR ESCAPADE

EINE HEIMAT FINDEN

Ich war gerade aus den USA zurückgekehrt, wo ich eine sechswöchige Tour mit drei Pferden und einem Expeditionsführer unternommen hatte, der bereits mehrfach Nordamerika zu Pferd durchquert hatte. »Zwei im Wilden Westen« hieß die Dokumentarreihe, die uns fast 2000 Kilometer von Arizona bis nach Montana führte.

Das war meine letzte große Escapade. Ein unbeschreibliches Erlebnis, das meinem Leben wieder einmal eine entscheidende Wendung geben sollte. Und dabei fällt mir meine erste große Escapade ein, von der ich Ihnen vorab gern erzählen würde …

MÉMOIRE: MIT DEM FAHRRAD DURCH DIE BRETAGNE

Meine erste Escapade unternahm ich mit 17 in den Sommerferien. Ich durchquerte mit meinem Fahrrad die Bretagne. Am Abend des dritten Tages kam ich durch ein kleines Dorf, in dem ich vor einem typisch bretonisch weißen Häuschen auf ein älteres Paar traf. »Sie sind ganz allein unterwegs!?« – Der alte Herr und seine Frau schauten mich mit großen Augen ungläubig an. Hinter mir fuhr ein junger Mann auf einem Moped vorbei. »Ist das nicht Ihr copain?« Ich musste kurz auflachen. Wie konnten sie denken, dass ich mit dem Fahrrad, aber mein Freund mit einem Moped unterwegs sein sollte?!? Mein Gesicht spannte, die Lippen waren aufgesprungen, und ich war hundemüde und vor allem sehr hungrig. Es war ein ungewöhnlich heißer Tag, und ich hatte über gute 40 Kilometer immer wieder neue Steigungen bezwungen. Die beiden Alten sahen sich an und machten eine Pause. Sie schienen mit der Situation überfordert. »Die gîte d’étape, in der ich heute Nacht unterkommen wollte, ist leer, das war mir etwas unheimlich. Daher dachte ich, vielleicht könnte ich heute Abend bei Ihnen bleiben?«, versuchte ich einen erneuten Anlauf.

Mir steckte noch die letzte Nacht in den Knochen, in der ich auf Anraten meines Vaters einen Priester um ein Nachtquartier gebeten hatte. Da dieser katholisch war, kam sein Haus für mich nicht infrage, aber er ließ mich in seinem Schuppen auf dem Hof ein Lager aufschlagen, und ich schlief, sobald ich meine Isomatte ausgerollt und meinen Pullover unter meinen Kopf geschoben hatte, mit einem tiefen Seufzer ein.

Kurze Zeit später war ich schlagartig hellwach: Es näherten sich die Schritte von mehreren Menschen. Ihren Stimmen und den Geräuschen nach, die sie von sich gaben, handelte es sich um eine Gruppe jüngerer Männer, offensichtlich stark angeheitert. Sie kamen näher und gaben dabei Hühnerlaute von sich, sodass ich mich in meiner Fantasie bereits in ihren Fängen wähnte. Ich griff nach einem kleinen Finnendolch, den mir meine Patentante mitgegeben hatte, und malte mir aus, was ich tun könnte, wenn die Horde mich hier entdecken würde … Ich schaute mich fieberhaft um, in der Dunkelheit war kaum etwas zu erkennen, also tastete ich mich vorsichtig voran. Ich spürte mein Herz in meiner Brust derart klopfen, dass ich fürchtete, es müsste draußen zu hören sein, mein Atem beschleunigte sich, bis ich kaum mehr Luft bekam, und es laut in meinen Ohren pochte. Die Männer schienen nun den Schuppen umstellt zu haben. Sie kennen sich sicher aus, bestimmt haben sie gesehen, dass ich hier drinnen bin, und freuen sich jetzt, ihrem Opfer ganz in Ruhe auflauern zu können. Ich fühlte die Schweißbäche an meinen Schläfen und versuchte, meine Taschenlampe zu fassen zu kriegen. Da hörte ich, wie jemand die Türklinke herunterdrückte. Mein Herz stand still, ich sprang auf und erinnerte mich erleichtert, dass ich von innen abgeschlossen hatte. Das Gegacker war nun rund um den Schuppen herum zu vernehmen, und das Gelächter nahm weiter zu. Ich verfluchte meine Entscheidung, mich alleine in dieser Baracke niedergelassen zu haben, und suchte verzweifelt nach einem Versteck. Meine Peiniger rüttelten vehement an der Tür, es klopfte am Fenster, und mir schien, einer oder zwei von ihnen waren aufs Dach geklettert.

Nach sich endlos ziehenden Minuten gab die Meute auf, und die Stimmen verebbten in der Ferne. In dieser Nacht tat ich kein Auge mehr zu. Am nächsten Morgen trat ich vollkommen gerädert in die Pedale und schwor mir, mich nicht noch einmal einer solchen Situation wie in der vergangenen Nacht auszusetzen.

Die alte Frau fasste ihren Mann am Arm und machte grunzende Laute. »Mon mari ronfle!« – Mein Mann schnarcht! Ich strahlte sie erleichtert an, als ich ihre Bereitschaft spürte, dieses verrückte deutsche Mädchen in ihr Haus zu lassen, das, warum auch alles in der Welt, mit gerade einmal 17 Jahren allein eine Fahrradtour durch die Bretagne machte. »Das macht mir gar nichts, merci mille fois!«

Und schwupp! stand ich mit Madame und Monsieur im Badezimmer. Er kletterte in die Dusche, um mir jedes Detail seiner neu installierten Armatur mit erhobener Stimme vorzuführen, während seine Frau mich stolz anstrahlte. Wenn du einer Sprache nicht ganz mächtig bist, haben die Menschen um dich oft die Tendenz, lauter zu sprechen, als würde es zu einem besseren Verständnis führen.

Madame bereitete mir eine heiße Schokolade und Baguette mit Butter und selbst gemachter Konfitüre, und ich war glücklich in diesem kleinen, friedlichen Universum des bretonischen Rentnerpaars. Im Fernsehen lief eine Sendung über Politik, und ich wurde immer wieder mit Kommentaren einbezogen, die ich nicht verstand. Ich nickte jedoch freundlich zustimmend, und unser Band war geknüpft.

Tatsächlich habe ich noch nie jemanden so schnarchen gehört wie Monsieur. Es war eine ganze Bärenhorde, die er da versammelt hatte, aber ich habe auch selten so erleichtert und woh-lig in einem Bett geschlafen, angrenzend an das Schlafzimmer meiner liebenswürdigen Gastgeber.

Gut ausgeschlafen, fielen mir am Morgen wieder ein paar Vokabeln mehr ein, und so war unser gemeinsames Frühstück ein lebhafter Abschluss, bevor ich mich energiegeladen auf mein Fahrrad schwang, um weiter gen Westen zu fahren. Wir haben uns noch einige Jahre lang Karten geschrieben, und ich vermute, sie hatten reichlich Erzählstoff durch ihren unverhofften Gast aus Deutschland.

Meine Reise führte mich von Nantes weiter bis nach Brest, wo wir uns schließlich zu dritt zusammentaten: Ein Schweizer und eine Deutsche, die ebenfalls mit ihren Rädern unterwegs waren. Täglich versuchte ich, meine Eltern anzurufen, damit sie sich nicht sorgten, wusste jedoch nicht genau, wie das funktionierte. Die Dame von der Telefonvermittlung sprach mir zu schnell, und so zog ich von Telefonzelle zu Telefonzelle – ohne Erfolg. Wir fuhren gemeinsam mit unseren Rädern per Zug nach Paris, und als ich endlich meine Eltern erreichte – der Schweizer erklärte mir, dass ich bei der Vorwahl eine Null weglassen müsste –, hatten sie bereits sämtliche Krankenhäuser in der Bretagne durchtelefoniert. »Ich muss waschen und brauche Geld, und dann muss ich nach Bern! Die Reise war fantastisch, ich bin so fit wie noch nie!« Meine Mutter atmete tief durch. »Komm erst mal nach Hause, alles Weitere sehen wir dann.«

Paris hatte mich überwältigt, und meine Entscheidung nach dieser Tour war gefallen: die Sprache, das Ursprüngliche, die Sinnlichkeit und die Schönheit der Landschaft. In diesem Land wollte ich leben!

17 Jahre später bin ich aufgebrochen, und heute ist Frankreich mein Zuhause.

GEFÜHLE ERGRÜNDEN – KRÄFTE FREILEGEN

In der Zeit zwischen diesen beiden wegweisenden Eskapaden, zwischen Frankreich und den USA, liegen knapp drei Jahrzehnte. In diesem Zeitraum habe ich drei Schauspielschulen besucht, in über 40 Filmproduktionen mitgewirkt, 20 Jahre lang Schauspieler und Studenten unterrichtet und an mir, an den Menschen und am Leben erforscht, was uns berührt, was uns bewegt, was uns beschäftigt. Mein Anliegen war es, meine Arbeit immer mehr zu verfeinern, um eine vollkommene Authentizität in der Verkörperung meiner Figuren zu erreichen. Meine Lehrer waren meine Dozenten, meine Studenten, meine Kollegen, meine Tiere, meine Freunde und Mitmenschen. Von ihnen allen lerne ich, mit ihnen übe ich, sie inspirieren mich, und mit ihnen teile ich meine Erfahrungen.

Seit jeher galt mein Interesse dem Körper und seinem emotionalen Ausdruck. Ich war meine eigene Probandin und habe mir dabei folgende Fragen gestellt:

In welchem Teil unseres Körpers empfinden wir unsere Emotionen?

Wie drücken wir sie aus?

Wie kann ich sie ganz und gar erlebbar machen?

Was passiert, wenn wir unsere Gefühle zurückhalten und sie in uns aufstauen?

Wie erkenne ich, was mich ausmacht?

Bin ich mir im vollem Umfang meiner Kräfte bewusst – und setze ich sie ein, um meine Visionen zu leben?

Die Erkenntnisse, die ich dabei gesammelt habe, inspirierten mich dazu, das Atelier Escapade zu gründen, um auch mit Menschen außerhalb des Schauspiels wichtige Werkzeuge zu teilen. Werkzeuge, die helfen, mittels des Körpers Gefühle zu erkennen und Kräfte freizulegen. Und da gibt es kein: »Der hat es gut, der kann ja … aber ich muss noch …« Oder: »Ich würde ja gern … aber ich habe grad so viel zu tun.« Dann gibt es nur noch ein konkretes Planen: die eigene Escapade zu starten!

Im Schauspiel kreieren wir Widerstände für unsere Figuren, um daran die menschlichen Regungen und deren Unzulänglichkeiten sowie ihre Stärken zu zeigen. Durch einen dramatischen Spannungsaufbau erzeugen wir beim Zuschauer den starken Wunsch, dass ebendiese Konflikte sich lösen. Geschieht dies, erfährt der Zuschauer Erleichterung.

Im Alltag erleben wir Menschen permanent Konfliktsituationen und suchen instinktiv danach, Spannungen zu entladen oder auszugleichen. Diese emotionalen Spannungen sind alle am Körper erkennbar – nur für viele von uns sind sie unsichtbar geworden. In unserer Gesellschaft haben wir den mentalen Bereich sehr stark aktiviert und kultiviert. Ich schlage vor, zunächst einmal vollkommen darauf zu vertrauen, dass uns unser Denken jederzeit mit voller Präsenz zur Verfügung steht.

Was meiner Beobachtung nach vernachlässigt wurde, sind die Bewegung und der Körper und damit die in ihm beheimateten Gefühle, die, letzten Endes, für alle unsere wesentlichen Entscheidungen im Leben verantwortlich sind.

WARUM ATELIER ESCAPADE?

Als Erstes fragte ich mich: Woher komme ich? Und wohin bewege ich mich mit dieser neuen Aufgabe als Mediatorin? Meine Quelle sind die Kreativität und die Fantasie. Wir bewegen uns viel im Atelier Escapade, daher wollte ich für die Teilnehmer einen großen Raum finden. Es bot sich an, in einer meiner Schauspielschulen anzufragen, ob ich dort ein Studio mieten könnte, um meine Teilnehmer zu empfangen. Ein Atelier assoziiert einen kreativen Gestaltungsraum, und so verstehe ich meine Aufgabe: Wir kreieren mit unserem Körper als Werkzeug kraft unserer Imagination und unserer Gefühle einen Raum, von dem aus jeder seine persönliche Escapade startet. Ein Aufbruch zu unserem Wesenskern, aus dem wir alles schöpfen, um unsere Lebensziele Schritt für Schritt zu verwirklichen.

Der französische Begriff escapade ist von dem lateinischen Wort excappare abgeleitet, und damit war im ursprünglichen Kontext gemeint, »das Ordenskleid abzulegen« oder »einer Gewohnheit zu entsagen«. Im 18. Jahrhundert wurde der gleichbedeutende Begriff aus dem Französischen Escapade ins Deutsche übernommen. Mit einer Eskapade kann ein mutwilliger Streich gemeint sein oder aber das Entwischen aus einer alltäglichen Situation. Im Pferdesport bedeutet Eskapade, dass ein Pferd ein Hindernis verweigert.

Während einer Escapade kann es also passieren, dass wir aus der »gewohnten Fassung geraten« – und damit beginnt ein spannender Prozess. Es sind oft nur Nuancen in einer veränderten Körperhaltung, die diesen Prozess bereits in Gang setzen und uns nicht selten überraschende Kräfte verleihen.

DIE DREI GRUNDPFEILER DES ATELIER ESCAPADE

Die Basis des Ateliers steht auf drei Grundpfeilern, zu denen wir immer wieder zurückkehren:

Bewegung

Raum

Verbindung

Stellen Sie sich vor, Sie betreten einen großen, runden Raum. Wir stellen diese drei Pfeiler in jeweils demselben Abstand an den Rand und ziehen eine Verbindungslinie zwischen ihnen. Mit allem, was ich Ihnen an die Hand geben möchte, können Sie immer wieder zu diesen drei Pfeilern zurückkehren. Von dort aus starten wir die Escapade und haben dennoch ein profundes Basislager.

Grundpfeiler Nr. 1: Bewegung

Ohne Bewegung bewegt uns nichts.

Grundpfeiler Nr. 2: Raum

Definition, Einnehmen und Halten des persönlichen Raumes.

Grundpfeiler Nr. 3: Verbindung

Der Kontakt zu mir und meinen Mitmenschen.

In diesem Buch möchte ich Ihnen Bilder und Anregungen an die Hand geben, mit denen Sie bereits zu Hause probieren können. Ich lade Sie im Atelier Escapade dazu ein, mit Ihrem Körper in Dialog zu treten, um die Ihnen innewohnenden Kräfte voll und ganz auszuschöpfen. Wagen Sie einen Aufbruch und erforschen Sie mit mir Ihren Raum und das neue Terrain, das auf Sie wartet. Wagen Sie gemeinsam mit mir einen Sprung aus der gewohnten Fassung.

2DER ATEM

ATMEN ÜBER DIE LANDESGRENZEN HINAUS

Die gute Botschaft lautet: Unser Atem ist immer bei uns. Er begleitet uns ein Leben lang überallhin. Und er ist unser Indikator für unseren emotionalen Zustand. In unserem Atem tauchen alle unsere Ideen, unsere Wünsche, unsere Visionen auf. Atmen Sie und lassen Sie all diese Schätze in sich aufsteigen. Stellen Sie sich vor, dass Sie auf Ihrem Atem stehen, so als wäre er Ihr Fundament, auf dem Sie immer Halt finden. Und auf dem Sie alles Weitere »aufbauen« können: Ihren Körper, Ihre Gefühle, Ihre Gedanken. Der Atem ist unser wichtigstes Werkzeug im Atelier Escapade!

Wenn ich vom Dialog mit dem Körper spreche, dann bedeutet dies, dem Atem zuzuhören, die Wahrnehmung des Atems zu schulen. Und im weiteren Zuge die Sensibilisierung für den Atem unserer Mitmenschen. Der Atem ist das Alphabet der Körpersprache. Können wir den Atem unseres Gegenübers lesen, nehmen wir einen wesentlichen Teil seiner emotionalen Verfassung wahr.

Ich möchte Sie bitten: Seien Sie großzügig mit Ihrem Atem! Atmen Sie und verschieben Sie es nicht auf morgen! Atmen Sie so tief ein, wie Sie können, dehnen Sie Ihre Lungen bis in die schlummernden Lungenspitzen und gönnen Sie sich all die Energie, die Ihnen natürlicherweise zur Verfügung steht. Atmen Sie in den unteren Rücken ein, stellen Sie sich vor, Ihr Becken mit Ihrem Atem zu füllen, das sich dehnt wie der Balg eines Akkordeons. Im Becken steckt unsere zentrale Kraft, aus der heraus wir agieren. Dann atmen Sie lang und ruhig wieder aus. Lassen Sie Ihre Gedanken und Gefühle aufsteigen wie Blasen, die durch Sie hindurchschweben. Stellen Sie sich vor, Sie atmen über Ihren Körper hinaus, in den Sie umgebenden Raum und noch darüber hinweg, an den Stadtrand, an die Landesgrenze, bis zum nächsten Kontinent, übers Meer und in einem weiten Bogen wieder zurück. Dabei lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf, denn auch sie ist an unseren Atem gebunden. Vielleicht taucht das eine oder andere Bild auf, ein Traum, ein Wunsch, eine Idee, die Ihnen Freude macht, notieren Sie sie für später … möglicherweise wird es Ihre nächste Escapade.

Im Schauspiel gehe ich mit meinen Rollen durch eine Art Atempartitur. Ich bewege mich, Schritt für Schritt, durch die Handlung und die Emotionen, lasse den Dialog innerlich laufen und atme. Das schafft mir ein Bewusstsein für den inneren Raum, den der jeweilige Moment braucht. Mit der Tiefe meiner Atmung bestimme ich die Dimension meines emotionalen Ausdrucks.

Oft schaue ich zusammen mit meinen Schauspielstudenten Filmszenen an, in denen wir detailliert beobachten, wie ein Schauspieler atmet. Ob er den Atem blockiert oder den Körper ganz aufmacht und damit durchlässig und authentisch in seinem Spiel wird. Achten Sie einmal darauf und versuchen Sie, nur zu fühlen, ob ein Darsteller Sie wirklich berührt oder Sie nur vom Kopf her verstehen, was vor sich geht. Wir lassen uns heute leicht beschummeln, aber ich bin davon überzeugt, dass sich die Menschen nach Wahrhaftigkeit sehnen und in ihren Gefühlen ernst genommen werden wollen.

Atem ist Leben – und Gefühle sind unser Ausdruck für Leben. Es gibt doch nichts Schöneres, als unsere Gefühle unbefangen ausdrücken zu können und damit andere zu berühren. Und dies nicht nur als Schauspieler!

WARUM KINDER UND TIERE UNS SO SEHR BERÜHREN

Kleinkinder und Säuglinge atmen noch ganz natürlich entsprechend ihren Bedürfnissen. Sind diese befriedigt, ist alles im Fluss, so auch der Atem. Sie folgen dem natürlichen Reflex von Anspannung – Ausdruck eines Bedürfnisses, Forderung – und Entspannung – Befriedigung eines Bedürfnisses, positive Resonanz.

Ihre Gefühle drücken sie über ihren Atem aus: Sie spannen sich in der Einatmung nur an, wenn es nötig ist, um sich dann unmittelbar mit der Ausatmung wieder in die Entspannung fallen zu lassen. Nun sind wir Menschen aber sehr komplexe Wesen und reagieren auf alles, was von außen auf uns einströmt. Wir erleben Situationen, die eine vollkommene Entspannung nicht mehr zulassen: Es wird also eine Spannung erzeugt, um etwas auszudrücken – Einatmung –, aber die positive Resonanz, die uns wieder zur Entspannung führen würde – vollständige Ausatmung –, bleibt aus.

Das bedeutet, es folgt Spannung auf Anspannung, und dann entsteht das, was ich den »inneren Stau« nenne. Dieser manifestiert sich im Körper und wird zur Blockade. So kann es zu einer Verflachung des Atems kommen, und schon steht uns weniger Energie zur Verfügung. Folglich müssen wir immer mehr Kraft aufwenden, um uns auszudrücken. Ich habe mich darauf spezialisiert, diese Blockaden zu erkennen und sie zu lösen. Und ich empfinde es immer wieder als Geschenk, zu welcher Erleichterung und welchem Kraftgewinn es führt, wenn der Atem im freien Dialog mit dem Körper fließen kann.

Kleinkinder und auch Tiere stimmen in ihrer Atmung und ihrem Körperausdruck zumeist überein, das macht sie für uns so zugänglich. Sie sind damit eindeutig und emotional greifbar. Wenn wir uns diesen Zustand, in dem wir uns zu Beginn unseres Lebens befanden, wieder bewusst machen, haben wir viel gewonnen und können uns immer wieder überprüfen:

Habe ich tief eingeatmet, und vor allem lang aus? Habe ich meinem Körper über die Ausatmung Entspannung gegönnt – und damit mir und meinem Umfeld Erleichterung verschafft? Kann ich auch in spannungsgeladenen Situationen wieder bewusst in die Entspannung gehen?
MÉMOIRE: DIE GROSSE KÜHLE

Am Tag meiner Abschlussprüfung auf der Hochschule sitze ich mit meiner Dozentin Jutta Hoffmann und einem Kommilitonen im Café. Ich bin mit meiner Aufregung bereits auf Stufe 10 und überlege fieberhaft, wie ich mich aus dieser Misere befreien kann. Ich wage einen Sprung nach vorn. »Ich bin so aufgeregt, mir ist fast übel!«, wende ich mich an Jutta und meinen Kommilitonen. Der schenkt mir ein verständnisvolles Lächeln. Jutta reagiert prompt: »Aufregung bringt nichts!« Ich höre mich antworten: »Ja, toll, das nützt mir jetzt grad auch nichts!« Und im selben Moment verfluche ich meine Direktheit, denn Jutta war streng, und das könnte auch schiefgehen. Einen Hieb kurz vor der Prüfung würde ich vielleicht schlecht wegstecken können …

Sie schaute mich jedoch mit prüfendem Blick ganz ruhig an: »Wenn ich auf die Bühne gehe, kommt immer die große Kühle über mich.« Das war alles, mehr sagte sie nicht dazu. Ich atmete tief durch und ließ ihren Satz auf mich wirken. In mir tauchte das Bild eines Schleiers wie Gaze aus dem berühmten, sehr feinen Hamburger Nieselregen auf, der von oben auf mich heruntersegelte und sich über mich legte. Ich nahm die angenehme sanfte Frische auf meiner Haut wahr, die Kühle und das leichte Gewicht. Automatisch senkte sich mein Atem, und die Anspannung in meinem Körper löste sich. All die gestaute Energie strömte Richtung Boden, und von dort holte ich dann bewusst Atem. Das wiederum hatte zur Folge, dass der obere Teil des Körpers frei und beweglich blieb. Jedes Mal bevor ich eine Bühne betrete, etwas vortrage oder auch beim ersten Drehtag eines neuen Films bitte ich die »große Kühle«, über mich zu kommen.

IMAGINATION ALS UNTERSTÜTZER

Ich gebe das Bild der Kühle oft und gern an Studenten oder angehende Schauspieler weiter, aber auch an Menschen, die vor anderen reden, wie Führungspersönlichkeiten, Pastoren oder Vortragsredner. Wir sind mit unseren Gedanken und Gefühlen unmittelbar mit dem Atem verbunden. Deshalb arbeite ich so gern mit Bildern.

Vertrauen Sie Ihrer Vorstellungskraft und lassen Sie den Atem Ihren Bildern folgen. Als Kinder handeln wir unbewusst und demzufolge natürlich. Als erwachsener Mensch können wir uns mit unserem Bewusstsein Klarheit verschaffen und wieder lernen, uns aus Anspannungen in die Entspannung fallen lassen. Versuchen Sie, dies einmal mit durch den Tag zu nehmen: In jedem Moment, in dem Sie tief einatmen oder spüren, dass Sie den Atem anhalten – der Körper wird dann unmittelbar fest –, atmen Sie ganz bewusst aus. In einem kräftigen Schwung oder ruhig und langsam, so wie es gerade kommt. Und nehmen Sie wahr, wie sich die Spannung in Ihrem Körper löst. Vielleicht tauchen plötzlich Gefühle auf, die Sie mit Anstrengung festgehalten haben. Heißen Sie diese willkommen, auch wenn es Trauer und Wut sind, die Sie vielleicht erst mal als unangenehm empfinden könnten. Auf jedes Gefühl folgt immer ein neues, das bereits darauf wartet, empfangen zu werden – nur stand es möglicherweise noch im Stau.

Rede 1: Fremdbestimmt

Ich stehe vor 800 Menschen und soll eine Rede halten, die ein anderer für mich geschrieben hat. Bevor ich auf die Bühne trete, ordne ich meine Blätter. Ich suche fieberhaft nach dem ersten Blatt, wieso ist die Reihenfolge schon wieder durcheinander? Ich fahre durch meine Haare und fühle, dass mein Mund trocken ist. Ich drehe mich um, ist da vielleicht jemand, der mir ein Glas Wasser reichen könnte? Keiner in Reichweite, also trete ich auf die Bühne.

Bevor ich meinen Platz eingenommen habe, beginne ich mit der Begrüßung, es hört sich bereits hölzern an. Mein Rücken versteift sich, ich schaue auf meinen Text. Wo war ich gleich wieder? Ich hole tief Luft, aber sie kommt nicht aus meinem Becken, sondern aus der Brust, und mein Hals wird eng. Es strengt an zu sprechen, die nächsten Worte stolpern aus mir heraus. Ich spüre, wie meine Füße unruhig werden, sie bleiben einfach nicht auf ihrem Platz.

Ich atme wieder ein, merke, wie meine Ohren anfangen zu summen, der Schweiß bricht aus, mir wird heiß, meine Oberarme und Schultern spannen sich an. Ich höre meine Worte, sie klingen gepresst, angestrengt.