Evangelienbuch - Eine fränkische Bibel-Dichtung aus dem 9. Jahrhundert - Otfrid von Weißenburg - E-Book

Evangelienbuch - Eine fränkische Bibel-Dichtung aus dem 9. Jahrhundert E-Book

Otfrid von Weißenburg

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Beschreibung

Otfrid, ein Mönch der Benediktinerabtei Weißenburg, schuf wenige Jahre nach dem unbekannten Dichter des altsächsischen"Heliand" um 865 sein "Evangelienbuch". Es ist als ein biblisches Epos in seiner fränkischen Muttersprache gedichtet, und verwendet als Stilmittel den romanischen Endreim, statt des germanischen Stabreimes. Es ist heute das größte, noch erhaltene Werk in althochdeutscher Sprache.

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Schätze der christlichen Literatur

Band 27

Inhaltsverzeichnis

Vorwort.

Zueignungen.

I. Ludwig, dem König des Ostreiches, ewiges Heil!

II. Otfrid an den Bischof Salomo von Konstanz.

III. Otfrid an sein Vaterland.

IV. Gebet.

Das Evangelienbuch.

I. Der Priester Zacharias.

2. Die Jungfrau Maria.

3. Des Täufers Geburt.

4. Weihnacht.

5. Simeon und Hanna.

6. Der Stern der Weisen.

7. Flucht und Heimkehr.

8. Der Knabe im Tempel.

9. Der Täufer Johannes.

10. Die Versuchung.

11. Die Berufung der Jünger.

12. Die Hochzeit in Kana.

13. Reinigung des Tempels.

14. Nikodemus.

15. Das Zeugnis des Täufers.

16. Der Jakobsbronnen.

17. Die Bergpredigt.

18. Der Zenturio von Kapernaum.

19. Bethesda.

20. Speisung der Fünftausend.

21. Die Kananitin.

22. Der Jünger Bekenntnis.

23. Das Laubhüttenfest.

24. Die Ehebrecherin.

25. Sie wollen den Christ steinigen.

26. Der Blindgeborene.

27. Am Fest der Tempelweihe.

28. Die Erweckung des Lazarus.

29. Maria von Bethanien.

30. Der Einzug in Jerusalem.

31. Die Verheißung des Gerichts.

32. Das Ostermahl.

33. Gethsemane.

34. Der Sanhedrin.

35. Pilatus.

36. Golgatha.

37. Die Auferstehung.

38. Die Jünger von Emmaus.

39. Der Herr erscheint den Aposteln.

40. Himmelfahrt und Gericht.

Schlußgebet.

Zu dieser Ausgabe.

Impressum.

Vorwort.

Die christliche Kirche hatte, seit Karl der Große durch das Schwert und seine Kleriker durch die Macht der Überzeugung die Sachsen bekehrt hatten, zu jener Macht sich erhoben, durch welche das deutsche Volk endlich seine Einheit fand. Schon durch die Bruderkriege der Söhne Ludwigs des Frommen drohte dieser Einheit der Untergang, bis es dem tüchtigsten derselben, Ludwig dem Deutschen, gelang, Deutschland als selbständiges Reich aus der zerfallenden, unnatürlichen Weltmonarchie seines Großvaters zu retten, und ihm nach langen Kämpfen Frieden zu schaffen. In diese kurze glückliche Zeit des deutschen Ludwig fiel die Abfassung unseres zweiten größeren literarischen Nationaldenkmals, das wir zum erstenmal in einer Übersetzung darbieten. Das erste Denkmal war der etwa vierzig Jahre frühere Heliand, die von einem patriotischen Sachsenpriester verfaßte poetische Evangelienharmonie, gedichtet für ein neubekehrtes Volk, dem hier das Evangelium im Gewand altgermanischer Heldensitte dargeboten wurde, um den starken Sachsen ihr kaum aufgenommenes Christentum als ein erneutes und geheiligtes Heldentum zu empfehlen. Der Sachsensänger sang seinen Christensang in der uralten Form der heidnischen Heldengedichte unseres Volkes, mit dem locker gehaltenen Stabreim, den kein Schlußreim und kein Strophenbau beherrschte, sondern den nur der Gleichklang einzelner Konsonanten oder Vokale zusammenhielt, so daß er schwer melodisch gesungen werden konnte. Die Form des Heliand war der starke heidnische Schlachtgesang. Mit der christlichen Milderung der Sitten, mit der damit entstandenen sanfteren Anschauung der Natur und des Lebens mußte das Bedürfnis eines reinen, melodischen Ausdrucks der Volkspoesie erwachen.

Der Kirche sollte unser Volk auch diese neue, ihm bis heute gebliebene Form seiner Dichtersprache mitdanken, nachdem sich die alte, heidnische rauhe Form überlebt hatte. Seit dem fünften Jahrhundert sang sie ihre lateinischen Hymnen in metrisch scharf gemessenen, zumeist gereimten vierzeiligen Strophen, welche die Sprache zur Musik machen, ohne sie zu fesseln, und notwendig einen Reichtum an Melodien schaffen mußten. Die Hymne aber war nur Eigentum des Klerus, das Volk konnte nicht in Gesänge einstimmen, die ihm in der fremden Sprache zutönten, aber sich des Gehörten mit dem Wunsche freuen, selbst also in seiner Sprache zu singen. Sobald ihm dieser Wunsch durch deutsche Strophen gewährt war, mußte diese reine Form in das dichterische Volksbewußtsein eindringen und einen Schatz von Volksliedern und Volksmelodien erschaffen, der unserem Volk zu einer lyrischen Poesie half, die die aller anderen Völker übertrifft, weil keins von ihnen die Gemütsinnigkeit des deutschen hat. Der Mann, welcher den Mut und die Ausdauer hatte, dem christianisierten Vaterland eine christliche Dichtersprache, nach dem Vorbild der lateinischen Hymnen und schwach anklingender deutscher Vorgänger, zu schaffen, wurde ein Wohltäter seines Volkes, das durch die neu geschaffene rein christliche Ausdrucksweise das Christentum erst voll und durchdringend in sein Bewußtsein aufnahm, indem es damit auch sein poetisches Bedürfnis befriedigte.

Otfrid von Weißenburg ist dieser Mann gewesen. Er brauchte seinem seit Jahrhunderten christlich gewordenen Frankenvolk, das er so begeistert liebte, das Christentum nicht, wie der Sänger des Heliand, als eine Neuigkeit zu empfehlen, die sich gar wohl mit dem germanischen Volkstum in Übereinstimmung bringen lasse, sondern er wollte das deutsche Christentum, ja das ganze deutsche Volksbewußtsein, von seinen rauhen, heidnischen Anklängen läutern, ohne seinem dichterischen Bewußtsein wehzutun, wie es Ludwig der Fromme getan, der das heidnische Volksepos zu stürzen suchte, ohne ihm etwas Besseres zu bieten, bis der Heliand den ersten Ersatz, aber noch in der altheidnischen Form bot. Otfrid, vom rein epischen Heliand wahrscheinlich unabhängig, tat den entscheidenden Schritt: er bot seinem Volk das erste lyrisch-epische christliche Lehrgedicht nach Inhalt und nach Form, und wählte zum Stoff den höchsten, den die Menschheit hat: das Leben Jesu. Er kleidete die Erzählungen der Evangelisten in deutsche Strophen, die sich für seine wohllautreiche althochdeutsche Sprache so wohl schickten, an die er sie aber erst gewöhnen mußte. Der heidnische Stabreim klang seinem priesterlichen Ohr widerlich, er mahnte ihn zu sehr an eine Volkspoesie, die bei all ihrer Kraft und Herrlichkeit des Ungeheuerlichen, Blutgierigen, Wilden, ja Schmutzigen so viel hatte. Aber mit Mühe mußte er die Reime suchen, die noch selten und wohl nur zufällig getönt hatten, und sie dem alten Volksmetrum anpassen und in Strophen zusammenbauen. Er suchte, um in der Ungeübtheit nicht steif und pedantisch zu werden, einen Mittelweg: neben dem korrekten Schlußreim seiner Verspaare ließ er den bloß alliterierenden Laut gelten. Er reimte z. B. korrekt mari und wari, aber auch manage und biladane. Die Verse selbst ließ er, wie die frühere Alliterationspoesie getan, einherkommen, wie sie ihm eben ins Ohr fielen, bald im ruhigen Gang der Jamben und Trochäen, bald in hüpfenden Versmaßen. Den vierzeiligen Strophenbau machte er sich zwar zur Regel, setzte ihn aber nicht überall durch. Weil ihm die neue Form oft einen schweren Kampf mit dem spröden Material verursachte, so warf er sich in Wiederholungen, die ihm so zur Gewohnheit wurden, daß er den gleichen Inhalt zwei- und dreimal mit anderen Worten sagen kann, und oft nur, um ein neues Attribut zu nennen, einen ganzen Vers aufwendet, während es sich mit einem Worte sagen läßt. Zuweilen sind aber diese Wiederholungen auch als Refrain für den Gesang entstanden. Seine große Redseligkeit führte ihn auch dazu; er hörte sich so gern in seiner wohlklingenden Sprache, daß er gleich der Walddrossel dasselbe oft in neuen Modulationen wiederkehren ließ.

Otfrid hatte aber bei seinem Werk noch eine andere Absicht, deren Ausführung zwei Werke aus seinem Evangelienbuch machte, von denen am besten eins ohne das andere aufträte. In seiner Zeit war die allegorische, moralische und mystische Auslegung der Schrift beliebt; er brachte auch diese in seine Strophenform, und pflegte, wenn er die Erzählung einer evangelischen Geschichte vollendet hatte, eine allegorische, oder mystische, oder moralische oft breite Betrachtung in gereimter Prosa anzuhängen, die uns nur als Erinnerung an die Schriftauslegungsweise seiner Zeit interessiert, ihm nicht immer eigen gehört und uns zu schleppen nötigt, wo wir uns freuen wollen. Wir suchen den Dichter in freiem Feld und finden dazwischen den Prediger aus der Kanzel; das will sich nicht zusammenreimen, wie sehr es auch Otfrid zusammenzureimen strebte, der seinem Volk zugleich die Glaubenslehre seiner Zeit mitteilen wollte, von der es noch wenig wußte. So kommt es, daß man in ihm nur einen geringen Dichter anerkennt, ja ihm die dichterische Begabung abspricht. Will man Otfrid, den Dichter, den Schöpfer unserer mitteldeutschen und modernen Poesie erkennen, so muß man die Spreu seines Werkes vom Weizen sichten und den dogmatischen Teil abschneiden, man muß die lähmenden Wiederholungen zusammenschließen, die fremdartige Zutat seiner gereimten Predigten abtun, höchstens davon ausnehmen was als lyrische Zutat das Epos schmückt und erwärmt. Dann wird man in ihm den sanft singenden, heiligen Sänger der Gottesminne erkennen, der mit liebenswürdiger Naivität anzieht, mit klarem Vortrage fesselt, mit originellen, genialen Eingebungen überrascht und aus jedem einzelnen Stück ein organisches Ganzes, mit leitenden Grundgedanken macht, im Messias seinem starken Volk den Heldenkönig und Volksrichter, der über allen ist und von oben kommt, in den Aposteln das treue Heergeleite solchen Königs zeigt.

Der Übersetzer unternahm es, diesen Versuch zu wagen, mußte aber auch im Bau der Strophen so regelrecht verfahren, wie es die Bildungsstufe der Sprache unserer Zeit fordert. In Otfrid klingt als Grundlage seiner freigehaltenen Verse die drei und vierfache Hebung durch; der Übersetzer wählte die vierfache Hebung zu seinem Vortrag in Otfrids, korrekter gegebenen, Reimpaaren und vierzeiligen Strophen.

Von Otfrids Lebensumständen ist uns wenig bekannt. In der Zueignung an sein Frankenvolk und an dessen edlen König spricht sich der eingeborene Franke aus. Heimat und Familie bleiben unbekannt, wir wissen nur, daß er armer Leute Kind gewesen.1 Schon in früher Jugend scheint er in die reiche Benediktinerabtei Weißenburg im Elsaß getreten zu sein. Er besuchte von hier aus die Domschule in Konstanz, wo er in dem nachmaligen Bischof Salomo seinen Lehrer fand, bereiste andere Abteien Alemanniens, und studierte hierauf in der berühmten Klosterschule zu Fulda unter dem Abt Rhabanus Maurus, dem Beförderer deutscher Sprache und Weise, einem Schüler Alcuins, des edlen Freundes Karls des Großen, deren beider Kommentare über die Evangelien er in seinem Werk benützte. Rhabanus wird von seinen Zeitgenossen, namentlich von Walahfrid Strabo von Reichenau, als der Beförderer deutscher Sprache und Literatur gepriesen, und erfüllte seinen Schüler Otfrid mit seiner Liebe für seines Volkes vernachlässigte Sprache. Nachdem Rhaban 848 Erzbischof von Mainz geworden, verließ auch Otfrid Fulda und kehrte nach Weißenburg zurück, wo er Priester und Lehrer an der Klosterschule wurde und jahrelang an seinem deutschen Evangelienbuch mit ausdauernder Liebe arbeitete, bis er es zwischen 865 und 868 seinem König weihen konnte, nachdem er den Schluß des Werkes, den er vor der Mitte desselben ausgearbeitet, seinem Lehrer Salomo dankvoll gewidmet hatte. Rhaban lebte damals nicht mehr.

Handschriften seines Evangelienbuchs, zum Teil nahe an seine Zeit rührend, sind in den Bibliotheken in Heidelberg, München und Wien. Ausgaben besorgten 1571 Mathias Flacius nach der Arbeit des Pirmin Gasser, 1776 Johann Schilter, 1831 Grass in Königsberg, 1856 Kelle in

Berlin. Ein Buch Gedichte und drei Bücher über die Psalmen von Otfrids Hand sind verloren.

1 Er spricht in dem Gebet Seite 18 von seiner armen Mutter.

Zueignungen.

I. Ludwig, dem König des Ostreiches, ewiges Heil!

Herr Ludowig, der König schnell, der ist in aller Weisheit hell.

Den weiten Ost, das Frankenland, hält er in seiner starken Hand.

Er hält Gericht dort tugendvoll, wie es der deutsche König soll.

Ihm mehre immer sich das Heil, und jede Wonne sei sein Teil.

Der Welten Herr erhöh sein Gut, erfreu ihm immer seinen Mut,

Und Stund an Stunde allezeit erheb er seine Herrlichkeit.

Doch, will ich es für mich erwählen, sein hohes Lob euch zu erzählen,

Nicht schreib ich seine Taten auf durch aller meiner Tage Lauf.

Weit geht es über meine Macht, wird nimmermehr von mir vollbracht,

Zu herrlich seine Dinge gehn, als daß ich sie euch mag erspähn.

Der Edelste im Volk der Franken, voll hoher, herrlicher Gedanken,

Hat über all die Seinen acht in seiner Reden weiser Macht.

In seiner Brust, ein starkes Erz, hat er das edle, feste Herz,

Das stets bereitet Gutes gibt auch seinen Kleinsten, die er liebt.

Das ist er selbst, der gute Frank, das ist er allen uns zu Dank,

Der Adeling in Ruhm und Sieg, und heißt für uns Herr Ludowig.

Gar oft umher vom Feind bedroht, entriß er immer sich der Not,

In seines Gottes starkem Schutz, in seinen Ehren, seinem Trutz,

Wo es mit Mut zu fechten galt, umringt von stürmender Gewalt,

Wo der Verleumder ihn bekriegt, hat er mit Gott stets obgesiegt.

Der war sein Rat in Not und Leid, in aller sauren Arbeit,

War seine Hilfe, seine Stärke in jedem schweren Heldenwerke.

Dafür soll er des Dankes pflegen, und mit ihm alle seine Degen2,

Und mit ihm sollen preisend stehn die Neider selbst, die unser schmähn.

In seinen Gnaden Gott es lenkt, daß er uns solchen König schenkt,

Sein Leben mög er immer wahren, und uns zulieb ihn auf uns sparen.

Wir haben nun in Freudigkeit die gute, friedensame Zeit,

Die er uns durch ihn niederbot. Dank sei es unserm Herrn und Gott.

Und darum flehe alles gern und gläubig zu dem höchsten Herrn:

„Gott, mach ihm deine Schirmung kund, und wahr ihn stark uns und gesund.

Er hab es alle Tage gut, und lebe fortan wohlgemut.

Er trete siegreich immerdar aus seiner Feinde Drang und Fahr.“

Und lange, lieber Vater mein, laß du ihm seine Tage sein,

Und süß ihm all sein Leben voll, wie man das gutem Manne soll.

Denn Davids hohe Heldenbahn seh ich an meinem König an,

Der trug ja auch in Not und Leid des Lebens harte Arbeit.

Denn er hat sich nur dargestellt als Gottesmann, als Gottesheld,

Bis er besiegt den Leidensbann, wie das der Degen Gottes kann.

Nach dessen Rat ging all sein Tun, du magst es selbst dir lesen nun.

Und gleicher Trost wird uns geweiht, und eine gleiche Heldenzeit.

Durch dieses selben Mannes Mut ersteht in Blüten unser Gut,

Er ward, das sei dir nicht verhehlt, zu gleicher Mühsal auserwählt,

Und trug wie David in Geduld, lud nicht auf sich des Hasses Schuld,

Und mit Geduld fing er es an und schlug den Feind doch aus dem Plan.

Denn wie sich’s wider ihn getürmt, hat lieblich ihn der Herr beschirmt,

In aller Not, in allem Leid, in jeder sauren Arbeit,

Erleichtert ihm der Jahre Last, die ihn zu schwer beladen fast.

Und gab durch sie ihm nur Geleit zu seines Reiches Herrlichkeit.

So hat er ihn für sich bewahrt, nach seines frommen Davids Art,

Denn diesem treuen Helden gleich kam er zu seinem Königreich,

Was jener konnte gottvertraut hat dieser auch für sich erschaut,

Und gleich ihm auf dem Friedenspfad zum Gottesvolk als Richter trat.

Er tue denn in dieser Welt, wie Gott es ziemet und gefällt,

Von Jahr zu Jahren uns zugut, in seinem frommen Glaubensmut. –

In aller seiner tiefen Not hört David was ihm Gott gebot,

Er festete im Glauben sich und waltete dann königlich.

So tat auch der den frommen Dienst, in aller Not sich zum Gewinnst,

Und richtet selber, wie er soll, sein schönes Reich nun freudenvoll.

Die andern Königreiche alle, sie wanken, nahe ihrem Falle,

Uns hält in Gott der König fest, daß uns der Feind nicht faßt und preßt.

Daß er uns nicht das Heil verwehrt, und seine Macht nicht um uns mehrt,

Wir ruhen unter seinem Schutz, lang sei sein Leben unser Trutz.

Christ, freu sein Herz, die Seele sein, und mach ihn ledig aller Pein!

Dann leben wir in Wonn und Heil, die gute Zeit ist unser Teil.

Und reichen Schatz soll er erwerben in Gottes Minne seinen Erben,

Und ewiglicher Minne Lust füll seiner Königin die Brust.

Sie teile mit Herrn Ludowig im Himmel einst ihr ewig Glück.

Ihm sing ich diese Lieder zu, in ihnen hab er seine Ruh.

Die Freudenbotschaft hör er an, die Christ gebeut dem deutschen Mann,

Sie tut uns auf das Himmelreich, das macht den König ewig reich.

Dort laß mich, Herr du, mit ihm sein, des ewigen Glücks mich mit ihm freun.

Ihm leuchte selig zu der Wonne die ewigliche Gnadensonne.

2 Anmerk. d. Hrsg.: Aus dem Altsächsischen: Steht für Held, Knecht, oder auch Kind.

II. Otfrid an den Bischof Salomo von Konstanz.

Ein immer seliges Gemüte das sei der Lohn für eure Güte,

Die ihr die Pflicht des Bischofs tut, auf Konstanz edlem Stuhl nicht ruht.

Er mach euch mit dem Besten satt, das je ein Hirt empfangen hat.

Der euch dazu sich hat beglaubt, und leg es zweifach euch aufs Haupt.

Den Schluß von meinem Liederband send ich zu euch ins Schwabenland,

Daß ihr in ihm erforschen mögt, ob er gesunde Nahrung trägt,

Und ob ihr euch daraus erkiest, was würdig ist, daß man es liest.

Ich leg es an die Seele euch, die ist ja aller Weisheit reich.

Ihr habet sie an mich gewendet und ihre Früchte mir gespendet.

Das rühm ich hoch, erwäg in mir des mannigfachen Gutes Zier.

Ihr gabet mir es fort und fort mit eurem treuen Meisterwort,

Was ich gewirkt, an Huld erreicht, mir nimmermehr das Meine däucht.

Das tat mir alles eure Müh, und eure Güte spät und früh.

Denn das war gar nicht meine Tat, es war nur alles euer Rat.

Darum mein ganzes Herz so voll zum Hort der Gnade flehen soll,

Vergeltung reich euch seine Hand, die er in seinem Wort genannt.

Er send euch seine Wonne zu, des Paradieses ewige Ruh.

Denn ungelohnet nimmer bleibt, wer Gottes Weisheit treulich treibt.

Des Himmels reicher Überfluß empfanget dann euch zum Genuß

Für eure treu geübte Zucht, die ich in meinem Buch versucht.

Wenn irgend es ein Menschenkind mit seinem Wort und Gut gewinnt,

Das wend ich eurem Ruhme zu, und wanke nie im Dank dazu.

Denn was ein Mann, ein junger, tut, wird dadurch oft erst recht und gut,

Daß er es zu dem Lehrer schiebt, der ihn in guter Zucht geübt.

Petrus der reiche lohn es euch von seines Meisters Freudenreich,

Dem unser Herr zu Rom ein Grab, und Haus und Hof dazu noch gab.

Und selber er, der gute Christ, send euch was seine Freude ist.

So lang ich kann all überall ertöne meines Flehens Schall.

Er geb euch, um was er so tief und unverwandt zum Vater rief.

Bald nehm er euer Beten an, und nehme mich mit euch hinan,

Daß wir uns freuen immerdar in Gottes ewigem Gnadenjahr,

Auf seiner Himmelsau uns sonnen, und fröhlich schauen ihre Wonnen.

Das tut ja liebend seine Güte dem frommen, fröhlichen Gemüte,

Mit Heil er uns geboren ward, erfand für uns die Himmelfahrt.

Die fehle uns denn fürder nicht, man glaube, was mein Lied ausspricht

Wir harren allzeit frohen Mutes des ewiglichen Gnadengutes,

III. Otfrid an sein Vaterland.

Was viele Leute sehr mit Fleiß, in ihres Eifers heißem Schweiß

Zusammen sich an Büchern schreiben, um hoch sich ihren Ruhm zu treiben!

Auch strengen sie sich weidlich an, und brechen ihrer Kühnheit Bahn.

Wie weise sie in Worten seien verkünden ihre Reimereien.

In ihrem Buch, in Müh und Drang, in sein gedrehter Reden Zwang

Hat sich ihr dunkler Sinn gesunden, der ist zusammen dort gebunden.

Sie auch dabei sich merken ließen, daß keinen darf ihr Werk verdrießen.

Wohl mag sich der zusammennehmen, der’s lesen will und ohne Grämen.

Und manches Volk ist hier zu zählen, und mancher Name mitzuwählen.

Der Griech und Römer ist gerüstet, und macht es, wie es ihn gelüstet.

Gar manchen Mann der Eifer trieb, daß er in seiner Zunge schrieb,

Und eilig an die Arbeit geht, bis sie empor in Ehren steht.

Und soll der Deutsche ganz allein nur unter ihnen säumig sein?

Nie seine Sprache dazu bringen, in ihr sich Gottes Lob zu singen?

So eile denn, o Seele traut, erklingen laß den lieben Laut,

Die Gottesweisen laß sich heben, daß sie in hellen Tönen schweben.

Und reiße mit dem klaren Sinn die Herzen dir gebunden hin,

Laß schreiten dann gelenk und süße all deiner Liederverse Füße.

Aus deiner Regel klaren Wogen komm Gottes Predigt angezogen,

In hellen Freudenton erwache nun deines Volkes edle Sprache.

Auf! eile deines Gottes Willen durch all dein Leben zu erfüllen.

Der Frankensang tön in die Welt, auf, werde Gottes Liederheld!

Aus deiner Verse reinem Wallen laß deines Herrn Gebote schallen.

Sing dich in deinen Tagen aus, und ruh am großen Sabbat aus.

Sechs Zeiten hat der Arbeit Last, der siebenten gebührt die Rast,

Was uns der Christ im Wort vertraut, was uns erzählen die ihm traut,

Das tön in meinen Saiten voll, wie ich zurecht es singen soll.

Sie haben gerne auch gesungen mit ihren edlen Liederzungen.

Sie zierten es mit treuer Tat, und taten es nach Gottes Rat,

Was süße allen Herzen frommt, in Weisheit die vom Himmel kommt.

Vor ihrer hellen Friedensspur ist alles andre Torheit nur.

Was soll der Franke in dem einen nur ungelenk und roh erscheinen?

Er soll den hohen Ton anstimmen in seiner Sprache Liederstimmen.

Er ist ja hoch und kühn gemut, wie einst das stolze Römerblut,

Braucht dem Hellenen nicht zu weichen, und kann an seine Schöne reichen.

Was je die Weisheit kann und weiß, stellt sich ihm treu auf sein Geheiß.

Kühn stellet sich der deutsche Held dem Wild im Forst, dem Feind im Feld.

Schnell ist das Schwert dem Starken los. Reich ist sein Schatz, der Mut ihm groß.

Sie bauen sich mit ihrem Zug im guten Lande an genug,

Ihr wonnigliches, reiches Gut reift allumher in Gottes Hut.

Frei sind sie von der Schande Gift auf weit bekannter, fetter Trift,

Sie graben Erz und Kupfer auch, und nützen es zu jedem Brauch.

Den lichtdurchglänzten Kieselstein erheben sie sich aus dem Main,

Ihr Silber beut die Felsenwand, sie lesen Gold aus Stromessand.

So stehen sie in festem Mut für alles, was sie dünket gut.

Und schnell ihr freier Geist besitzt was ihnen immer frommt und nützt.

Nicht fehlte je der Held im Rat, vom Feind zu retten, wenn er naht.

Noch hat sich keiner eingefunden, den sie nicht hätten überwunden.

Noch wenig schleppte Feindes Hand vom Gute weg aus ihrem Land.

Und keiner ward des Siegers Knecht, sie wahren sich das freie Recht.

Wir können unsre Männer stellen, die werden sie nicht niederfällen,

Uns hat der starke Gott beschert, daß vor uns her der Schrecken fährt.

Wer wider uns den Kampf begann, den sahen rasch wir Mann an Mann,

Verbreiten Furcht mit Schwert und Speer, denn nicht sind Worte unsre Wehr.

Nie hat ein Volk es abgewandt, das wider uns in Waffen stand,

Der Perser nicht und nicht der Meder. Mit teurem Preise büßt es jeder.

Aus einem Buche nahm ich’s wahr, ich kann es nennen euch fürwahr.3

In ihrer sieben, ja in achten von Alexanders großen Schlachten,

Da haben sie die Welt bedräut, mit ihrem Schwert sie hingestreut

Und schlugen sie mit hartem Band ihm unter seine starke Hand.

Und in dem alten Buch ich fand, daß von dem Mazedonerland

Des Lebens erster Ursprung kam dem edlen Volk vom Frankenstamm.

Nicht boten sie sich dazu dar, daß über sie ein König war,

In aller Welt war ihrer keiner und heimgeführt hat sie nicht einer.

Nicht daß ein Volk auf dieser Erde je über sie zum Herren werde.

Ihr eigen Land bewahrten sie in Mut und Weisheit spät und früh.

Nicht legten sie an wen die Hand bis er sein Heil in Knechtschaft fand,

Er soll ein edler Degen währen, soll kühn und weise stehn in Ehren.

Der unfreien, der eignen Leute hat ja genug das Volk schon heute.

Und wem sie müssen eigen sein, der wartet ihrer mild und rein

Und hat sie in sein Herz geschlossen, gleich seinen lieben Stammgenossen.

Doch wenn sie feindlich sich ihm stellen, weiß sie der Franke schnell zu fällen.

Denn alles, was er denkt und meint, das hat er nur mit Gott vereint,

Auch tut er nichts in aller Not, wozu sein Gott den Rat nicht bot.

Sie haben Fleiß zu Gottes Wort, sie achten es als ihren Hort,

Und lieben lernend zu erfragen, was ihnen ihre Bücher sagen.

Es soll in ihre Seele dringen, sie sollen froh hinaus es singen

Und ihres Gottes Wort erfüllen mit ihrem starken Manneswillen.

So seien sie denn hochgeehrt, die Degen, ihres Gottes wert,

Und seine Diener allesamt an seiner Weisheit Licht entflammt.

Nun aber schreib ich unser Heil, das Evangelium sei mein Teil,

Es werde ringsumher gesungen in meines Frankenlandes Zungen.

In diesen Zungen nie erklang dem Herrn und Christ sein Lobgesang,

Und nun sei er von ihrem Wort gepriesen fröhlich fort und fort.

Er hebe sie zu sich herein, und lade sie zum Glauben ein.

Denn wallt er mit in ihren Landen, so ist hier alles neuerstanden.

Doch mit der fremden Völkerzungen ist keinem er ins Herz gedrungen.

Nun hören alle hocherfreut, was ihres Gottes Huld gebeut.

Auf, singen wir den deutschen Sang, wer will, den freue unser Klang,

Und wer von Minnelust bewegt sein deutsches Volk im Herzen trägt.

Herr Christ, dir sei emporgesungen in unsrer Heimat trauten Zungen,

Und unsre Sprache sei erhoben, dich ohne Wandel hoch zu loben.

IV. Gebet.

Herr, nimm mich an, ich bin dein Knecht, dein eigner Mann,

Die arme Mutter mein, sie ist dein eigen, ist schon dein.

Mach dich mir kund, leg deinen Finger mir zum Mund,

Und deine Hand, sie löse meiner Zunge Band.

Daß ich dein Lob all überall mit lautem Schall,

Und die Geburt von deinem Sohn, der ist mein Lohn,

Dir stimme an, wie er zu predigen begann,

Daß ich bewahre fort und fort sein teures Wort;

Die Zeichen, die er hier vollstreckt, die uns erweckt,

Und wie sein Heil der ganzen Welt nun wird zuteil,

Daß meine Rechte treulich schreibe, was alle uns zum Leben treibe.

Wie er uns alle elend fand, und für uns seinen Tod bestand.