Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur #9 - Roseanne A. Brown - kostenlos E-Book

Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur #9 E-Book

Roseanne A. Brown

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Beschreibung

Bist du bereit für eine aufregende Reise in fremde Welten? Bist du bereit, dich von fantastischen Geschichten verzaubern zu lassen? Dann ist dieser Leseproben-Mix genau das Richtige für dich! Tauche mit »A Song of Wraiths and Ruin« von Roseanne A. Brown ein in eine spannende, von der westafrikanischen Folklore inspirierten Dilogie: Um ihre Mutter wiederzubeleben, braucht die junge Königin Karina das Herz eines Königs. Kurzerhand bietet sie dem Gewinner des berühmten Solstasia-Turniers ihre Hand an. Malik hingegen setzt alles daran, das Turnier zu gewinnen, um seine kleine Schwester zu retten. Denn ein rachsüchtiger Geist verlangt als Preis für ihr Leben den Tod der Königin Karina ... Oder begleite die unfreiwilligsten Welt-Retter der Fantasy, die Ork-Brüder Balbok und Rammar, auf ihrem 6. Abenteuer, das auch als Einstieg in die Saga geeignet ist. In »Die Welt der Orks« von Michael Peinkofer erschüttert ein mächtiges Beben die gesamte Insel und als die Orks den riesigen, zurückgebliebenen Krater untersuchen, entdecken sie einen kleinen Orkling. Doch wer ist der Kleine, der von keinem der bekannten Clans abstammt und der eine seltsame Anziehungskraft auf Krähen ausübt? Urkomisch geht es auch in der bitterbösen Science-Fiction-Komödie »Do not eat!« von Kevin Hearne zu: Erst muss Physiker Clint Beecham mit ansehen, wie sein bester Freund von Aliens gefressen wird, dann wird er selbst auf deren Raumschiff verschleppt. Während die Aliens mit Reiseproviant in Form von 50.000 Gefangenen ihren Heimatplaneten ansteuern, um dort vom All-you-can-eat-Buffet namens Erde zu schwärmen, wird den Wissenschaftlern eines klar: Es ist höchste Zeit, E.T. so richtig in den Arsch zu treten! Diese und weitere fantastische Geschichten von den Autor*innen Madeleine Puljic, Markus Heitz und Stefanie Hasse findest du in der Leseproben-Sammlung zu den Fantasy-Titeln des Knaur Verlages. Das kostenlose eBook enthält Leseproben zu: - Roseanne A. Brown, »A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia« - Markus Heitz, »AERA Die schwärzeste Nacht« - Michael Peinkofer, »Die Welt der Orks« - Madeleine Puljic, »All Lovers Lost« - Stefanie Hasse, »Das verratene Herz« - Kevin Hearne, »Do not eat!«

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Roseanne A. Brown / Markus Heitz / Michael Peinkofer / Madeleine Puljic / Stefanie Hasse / Kevin Hearne

Fantastische Aussichten:Fantasy & Science Fiction bei Knaur

Ausgewählte Leseproben von Roseanne A. Brown, Michael Peinkofer, Madeleine Puljic, Markus Heitz u.v.m.

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Bist du bereit für eine aufregende Reise in fremde Welten? Bist du bereit, dich von fantastischen Geschichten verzaubern zu lassen? Dann ist dieser Leseproben-Mix genau das Richtige für dich!

Tauche mit »A Song of Wraiths and Ruin« von Roseanne A. Brown ein in eine spannende, von der westafrikanischen Folklore inspirierten Dilogie: Um ihre Mutter wiederzubeleben, braucht die junge Königin Karina das Herz eines Königs. Kurzerhand bietet sie dem Gewinner des berühmten Solstasia-Turniers ihre Hand an. Malik hingegen setzt alles daran, das Turnier zu gewinnen, um seine kleine Schwester zu retten. Denn ein rachsüchtiger Geist verlangt als Preis für ihr Leben den Tod der Königin Karina ...

Oder begleite die unfreiwilligsten Welt-Retter der Fantasy, die Ork-Brüder Balbok und Rammar, auf ihrem 6. Abenteuer, das auch als Einstieg in die Saga geeignet ist. In »Die Welt der Orks« von Michael Peinkofer erschüttert ein mächtiges Beben die gesamte Insel und als die Orks den riesigen, zurückgebliebenen Krater untersuchen, entdecken sie einen kleinen Orkling. Doch wer ist der Kleine, der von keinem der bekannten Clans abstammt und der eine seltsame Anziehungskraft auf Krähen ausübt?

Urkomisch geht es auch in der bitterbösen Science-Fiction-Komödie »Do not eat!« von Kevin Hearne zu: Erst muss Physiker Clint Beecham mit ansehen, wie sein bester Freund von Aliens gefressen wird, dann wird er selbst auf deren Raumschiff verschleppt. Während die Aliens mit Reiseproviant in Form von 50.000 Gefangenen ihren Heimatplaneten ansteuern, um dort vom All-you-can-eat-Buffet namens Erde zu schwärmen, wird den Wissenschaftlern eines klar: Es ist höchste Zeit, E.T. so richtig in den Arsch zu treten!

Diese und weitere fantastische Geschichten von den Autor*innen Madeleine Puljic, Markus Heitz und Stefanie Hasse findest du in den Vorab-Leseproben zu den Fantasy-Titeln des Knaur Verlages, die im Frühjahr und Sommer 2022 erscheinen.

Inhaltsübersicht

Vorwort

Roseanne A. Brown – A Song of Wraiths and Ruin.

Markus Heitz – AERA: Die schwärzeste Nacht

Michael Peinkofer – Die Welt der Orks

Madeleine Puljic – All Lovers Lost

Stefanie Hasse – Das verratene Herz

Kevin Hearne – Do not eat!

Im Frühjahr 2022 eröffnet das Knaur-Fantasy-Programm wieder fantastische Welten. Lass Dich von unseren Leseproben mitreißen und entdecke die unterschiedlichen Facetten der Fantasy: Fiebere mit Karina und Malik dem Solstasia-Fest entgegen, ermittle mit Atheist Malleus Bourreau in einem göttlich-verruchten Fall, begib Dich mit Ork-Königen auf irrwitzige Abenteuer, folge Vampiren durch das moderne Hamburg und brich einen göttlichen Fluch. Wenn es Dich mehr zur Science-Fiction zieht, kannst Du mit einer Alien-Snack-Attack deinen Lesehunger stillen.

Wir wünschen Dir viel Spaß auf Deinen Leseabenteuern, wohin auch immer sie Dich führen werden!

 

Dein Droemer-Knaur-Team

Roseanne A. Brown

A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia

Aus dem Amerikanischen von Diana Bürgel

Alle zehn Jahre findet im Königreich Sonande das Solstasia-Turnier statt, bei dem alle Nationen des Reiches zusammenkommen, um dem Wettstreit der Champions beizuwohnen. Doch für die junge Königin Karina geht es um viel mehr: Um ihre Mutter wiederbeleben zu können, braucht sie das Herz eines Königs. Daher bietet Karina dem Gewinner des Festes ihre Hand an …

Zur gleichen Zeit kommt Malik mit seinen beiden Schwestern in die Stadt, voller Hoffnung auf ein neues Leben. Doch ein rachsüchtiger Geist entführt seine kleine Schwester Nadia und verlangt einen furchtbaren Preis: den Tod von Königin Karina. Für Malik gibt es nur eine Chance, Karina nahe genug zu kommen, um sie zu töten: Er muss das Solstasia-Turnier gewinnen …

Anmerkung der Autorin

Dieses Buch thematisiert milde Formen von selbstverletzendem Verhalten, Gewaltfantasien, emotionalen und körperlichen Missbrauch, Angstzustände und Panikattacken, den Tod der Eltern und den Tod von Tieren. Ich habe mich sehr um einen sensiblen Umgang mit diesen Inhalten bemüht, möchte Dich aber dennoch darum bitten, vorsichtig zu sein, falls Du diese Themen als triggernd empfinden könntest.

1
Malik

»Abraa! Abraa! Kommt und versammelt euch – hier beginnt gleich eine Geschichte!«

Der Singsang der Griotte strich durch die sengend heiße Wüstenluft, vorbei an den Eselgehegen und edelsteingeschmückten Wohnanhängern der Zeltsiedlung vor dem Westtor des Stadtstaates Ziran. Instinktiv reagierte Malik auf den Ruf und wandte sich in die Richtung, aus der die Stimme der Geschichtenerzählerin kam. Unwillkürlich umklammerte er den Tragegurt der Umhängetasche über seiner Schulter fester.

Die Griotte war eine untersetzte Frau, fast einen ganzen Kopf kleiner als Malik, und ihr Mund dehnte sich zu einem zähneentblößenden Grinsen. Jeder Zoll ihrer dunkelbraunen Haut war mit wirbelnden, knochenweißen Tätowierungen verziert und voller Symbole, die Malik nicht verstand.

»Abraa! Abraa! Kommt und versammelt euch – hier beginnt gleich eine Geschichte!«

Nun wurde der Ruf vom stetigen Rhythmus einer Djembé-Trommel untermalt, und binnen weniger Minuten hatte sich eine beachtliche Menschentraube bei dem Baobab versammelt, unter dem sie stand. Es war die perfekte Zeit für eine Geschichte – diese Stunde, in der die Abenddämmerung in die Nacht überging und das letzte schwache Sonnenlicht den Himmel noch erhellte, während die Welt darunter schon in Dunkelheit getaucht war. Die Zuhörer setzten sich auf umgedrehte Kisten und zwischen abgenutzte Karren und blickten alle paar Minuten suchend zum Himmel hinauf, obwohl Bahias Komet erst in ein paar Stunden erscheinen und den Beginn des Solstasia-Festes ankündigen würde.

Die Griotte rief ein drittes Mal, und Malik ging einen weiteren Schritt auf sie zu, dann noch einen. Als die Zirani seine Heimat im Eshran-Gebirge erobert und besetzt hatten, waren die Griots die Ersten gewesen, die gegangen waren. Doch die wenigen Verbliebenen hatten einen tiefen Eindruck in Maliks Seele hinterlassen. Einem Griot zuzuhören war, als würde man eine neue Welt betreten. Eine Welt, in der Helden durch den Himmel tanzten und Geister ihnen folgten. Eine Welt, in der Gottheiten mit einer einzigen beiläufigen Bewegung ganze Berge schufen. Maliks Körper schien sich von allein in Bewegung zu setzen, gefangen im hypnotischen Lockruf der Frauenstimme.

Zwei Monate lang waren seine Schwestern und er durch die Wüste Odjubai gereist. Ihre einzige Gesellschaft waren das Knarren des falschen Karrenbodens, unter dem sie sich versteckten, der Wind, der durch die Dünen heulte, und das leise Wimmern der anderen Geflüchteten gewesen. Was konnte es schon schaden, sich eine einzige Geschichte anzuhören und nur einen Moment lang zu vergessen, dass sie kein Zuhause mehr hatten, zu dem sie zurückkehren konnten und kein …

»Malik, pass auf!«

Eine kräftige Hand packte ihn am Kragen, und er stolperte zurück. Den Bruchteil einer Sekunde später landete ein ledriger Fuß von der Größe einer kleinen Kuh stampfend auf der Stelle, an der er gerade noch gestanden hatte. Ein Schatten schob sich über Maliks Gesicht, während der Chipekwe vorüberschlenderte und bei jedem donnernden Schritt Sand und Kiesel aufwirbelte.

Als Kind hatte Malik Geschichten über Chipekwes gehört, aber keine der Erzählungen hatte die gigantische Größe dieser Kreaturen einfangen können. Sie jagten Elefanten in der Savanne, und mit ihrem gepanzerten Kopf hätten sie mit Leichtigkeit das Dach des alten Hofhauses seiner Familie durchbrechen können. Das spitze Horn, das ihnen aus der Nase spross, war fast so groß wie Malik selbst.

»Willst du dich umbringen?«, fauchte Leila, nachdem der Schatten des Chipekwes vorübergezogen war. Über ihre schiefe Nase hinweg funkelte seine ältere Schwester ihn an. »Pass auf, wohin du gehst!«

Die Wirklichkeit sickerte zurück in Maliks Körper wie ein Tropfen aus einem rostigen Wasserhahn, und allmählich wurde der Ruf zur Geschichte von den Stimmen der Wagenfahrer übertönt, die ihren Tieren Befehle zubrüllten. Von den Melodien der Musizierenden, die ihr Publikum mit Sagen von vergangenen Solstasia-Festen unterhielten, und von den anderen Klängen der Zeltsiedlung. Ein paar Leute waren stehen geblieben, um diesen Trottel anzustarren, der sich fast zu Tode hätte trampeln lassen, und das Gewicht ihrer Blicke ließ Malik die Hitze ins Gesicht steigen. Er drehte an seinem zerschlissenen Tragegurt herum, bis ihm das Leder in die Handfläche schnitt. Schatten huschten am Rand seines Blickfelds umher, und er drückte die Augen so fest zu, dass es wehtat.

»Tut mir leid«, murmelte er.

Ein kleiner Kopf, umgeben von einer Wolke fröhlicher, springender dunkler Locken, tauchte hinter Leila auf. »Hast du das gesehen?«, rief Nadia. Seiner jüngeren Schwester stand vor Staunen der Mund offen. »Der war … mindestens eine Million Fuß hoch! Ob der wegen Solstasia hier ist? Kann ich ihn mal anfassen?«

»Er ist sehr wahrscheinlich wegen Solstasia hier, weil jeder wegen Solstasia hier ist«, gab Leila zurück. »Und du fasst hier gar nichts an.« Sie wandte sich wieder an Malik. »Gerade du solltest es eigentlich besser wissen, als einfach so davonzuschlendern.«

Malik umklammerte seinen Tragegurt noch fester. Es hatte keinen Sinn, seiner großen Schwester erklären zu wollen, welche Macht ein Ruf zu einer Geschichte auf ihn hatte. Er neigte zu Tagträumereien und zum Umherschlendern, Leila dagegen bevorzugte Logik und Planung. Sie sahen die Welt unterschiedlich, in mehr als einer Hinsicht.

»Tut mir leid«, wiederholte Malik, den Blick fest auf den Boden gerichtet. Er sah auf den Sonnenbrand auf der Oberseite seiner in Sandalen steckenden Füße. Sie waren voller Blasen nach der langen Reise in Schuhen, die für so etwas nicht gedacht gewesen waren.

»Heiliger Patuo, gib mir Kraft. Auf euch beide aufzupassen ist, als müsste man einen Sack Flöhe hüten.« Malik zuckte zurück. Leila musste wirklich wütend sein, sonst hätte sie ihren Schutzgott nicht in die Angelegenheit verwickelt.

Sie streckte Malik die linke Hand hin. Auf der Handfläche prangte das Symbol, das ihre Mondausrichtung zeigte.

»Na, komm. Gehen wir lieber, bevor sich noch ein Elefant auf dich setzt.«

Nadia kicherte, und Malik ärgerte sich über die Stichelei, trotzdem nahm er gehorsam Leilas Hand. Die andere bot er Nadia an, die ohne Zögern zugriff.

Niemand achtete auf Malik und seine Schwestern, als sie sich einen Weg durch die Zelte der Tausenden von Menschen bahnten, die für Solstasia von überallher nach Ziran gekommen waren. In der Siedlung vor der Stadt gab es Hunderte von Geflüchteten, und jeden Tag kamen Dutzende von ihnen dazu. Drei weitere – jung und unbeaufsichtigt, wie sie waren – machten da kaum einen Unterschied.

»Solstasia afeshiya! Solstasia afeshiya!«

Die Worte erklangen von überall und nirgends, ein Ruf zum Fest in einer Sprache, die älter war als Ziran selbst. In ein paar Stunden würde Bahias Komet – benannt nach der ersten Sultanin Zirans – am Himmel erscheinen und eine ganze Woche zu sehen sein. Damit würde er das Ende dieses Zeitalters kennzeichnen und gleichzeitig ein neues einläuten. Während dieser Woche veranstalteten die Zirani ein Fest, das als Solstasia bekannt war. Sieben Champions – um die sieben Schutzgottheiten zu repräsentierten – würden sich je drei Herausforderungen stellen. Der Gewinner würde zeigen, welche Gottheit über das kommende Zeitalter herrschen sollte.

»Stellt euch vor, jeder Karneval und jedes Maskenfest und jede Feier auf der ganzen Welt würden alle gleichzeitig stattfinden.« So hatte Nana es ihnen einmal beschrieben, und obwohl sich seine Großmutter in einem Lager Hunderte von Meilen entfernt befand, konnte Malik fast die Wärme ihrer runzeligen braunen Hände auf seinen Wangen spüren, die dunklen Augen erfüllt von einer Weisheit, die er sich kaum vorstellen konnte. »Sogar das wäre nichts im Vergleich zu einer einzigen Stunde von Solstasia.«

Obwohl Leila nicht einmal sonderlich schnell lief, dauerte es nur wenige Minuten, bis Malik der Schweiß über den Rücken rann und sein Atem in kurzen, schmerzhaften Stößen kam. Die Reise hatte seinen ohnehin schon schwachen Körper noch weiter ausgezehrt, bis er kaum mehr als eine Hülle seiner selbst war. Nun begannen violette und grüne Punkte bei jedem Schritt vor Maliks Augen zu tanzen, während die erbarmungslose Wüstensonne auf ihn niederbrannte.

Sie steuerten sechs identische Holzplattformen auf einem großen freien Platz an, auf dem die Behörden der Zirani die in die Stadt strömenden Menschen überprüften. Jede Plattform war doppelt so groß wie ein Wohnanhänger. Reisende, Kaufleute und Geflüchtete versuchten, den Kontrollpunkt zu passieren und dabei so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu ziehen.

»Händler sowie Gruppen von fünf oder mehr Personen nach rechts! Einzelpersonen sowie Gruppen von vier oder weniger Personen nach links«, rief einer der Amtsleute. Zwar sah Malik einige Soldaten der Zirani in silber-braunen Uniformen, Sentinels entdeckte er jedoch nirgends. Gut – das Fehlen der wachhabenden Elitekrieger Zirans war stets ein Grund zur Freude.

Malik hob den Blick zu dem vor ihm aufragenden Gebilde. Anders als beim Chipekwe hatten die alten Geschichten nicht untertrieben, was die Größe Zirans betraf. Die Außenmauer erstreckte sich, so weit das Auge reichte, und verblasste am Horizont zu einer schillernden Luftspiegelung. Siebenstöckige, uralte Gebäude aus Sandstein und Lehmziegeln erhoben sich über die Siedlung, und das Westtor bildete eine dunkelbraune, hufeisenförmige Abweichung im roten Stein.

Straßenhändler, die Kapital aus der hier versammelten Menge schlagen wollten, hatten ihre Stände entlang des Pfads zur Stadt errichtet und priesen ihre Waren zunehmend hektisch jedem an, der an ihnen vorüberkam. Alle möglichen Güter stapelten sich auf ihren Verkaufstischen: ebenhölzerne Gebetsstatuen der Großen Mutter und der sieben Schutzgottheiten, Hörner aus Elfenbein, mit denen man lauter trompeten konnte als jeder Elefant, leise klingelnde Armbänder, um Geister und das unheimliche Volk fernzuhalten.

Obwohl es viel Kundschaft an den Ständen gab, ließen die meisten von ihnen die Armbänder unberührt. Übernatürliche Wesen waren Stoff für Geschichten, die man sich in finsteren Nächten zuflüsterte, mehr nicht. Malik wusste aus Erfahrung, dass diese Armbänder nie funktionierten und oft einen juckenden grünen Ausschlag auf der Haut hinterließen.

Bei dem Gedanken an das unheimliche Volk warf Malik wieder einen Blick über die Schulter, doch hinter ihm drängten sich nur Menschen. Er musste sich entspannen und aufhören, sich zu benehmen, als könnten ihn jeden Moment irgendwelche eingebildeten Monster packen. Das Einzige, worauf er sich jetzt konzentrieren musste, war, mithilfe des gefälschten Passierscheins in seiner Schultertasche in die Stadt zu kommen. Dann würden Leila und er Arbeit finden, denn dank Solstasia gab es derzeit Tausende von unbesetzten Stellen. Sie würden genug Geld verdienen, um auch für Mama und Nana Passierscheine zu kaufen.

Aber was, wenn es ihnen nicht gelang?

Bei dieser Vorstellung ging sein Atem noch kürzer, und die Schatten am Rand seines Sichtfelds begannen erneut zu tanzen. Die Welt um ihn herum verschwamm, und er schloss die Augen und wiederholte in Gedanken das Mantra, das seine Mutter ihm beigebracht hatte, als vor all den Jahren die ersten Panikattacken eingesetzt hatten.

Atme. Bleib im Jetzt. Bleib hier.

Solange sie keine Aufmerksamkeit auf sich zogen, niemanden ansahen und mit niemandem sprachen, sollte alles gut gehen. Es war nur eine Menschenmenge. Es würde ihn nicht umbringen, sich hindurchzubewegen, auch wenn seine Handflächen schweißnass waren und sein wild pochendes Herz ihm die Brust zu sprengen drohte.

»Hey.« Nadia zupfte ihn mit der freien Hand am Hosenbein und deutete auf die Stoffziege, deren Kopf vorne aus ihrer verblichenen Djellaba herausschaute. »Gege möchte wissen, ob ich deine Tasche bekomme, wenn der Chipekwe beim nächsten Mal wirklich auf dich drauftritt.«

Trotz der Angst, die in seinem Bauch rumorte, brachte Malik ein kleines Lächeln zustande. »Gege hat einen schlechten Einfluss auf dich. Hör lieber nicht auf sie.«

»Gege hat gesagt, dass du das sagen würdest«, murmelte Nadia mit der Würde, die nur eine Sechsjährige zustande brachte, und Malik lachte. Ruhe erfüllte ihn. Ganz gleich, was geschah, er hatte seine Schwestern. Solange sie zusammen waren, würde alles in Ordnung kommen.

Sie nahmen ihren Platz in der Schlange hinter einer Frau ein, die mehrere Körbe voller Papayas auf dem Kopf balancierte, und erst jetzt ließ Leila ihn los.

»Wir sind da! Jetzt warten wir.«

Offenbar würden sie eine ganze Weile warten müssen. Obwohl die Siedlung von geschäftiger Energie vibrierte, ging es nur quälend langsam voran. Vor ihnen hatten einige Grüppchen sogar Lager für die Nacht aufgeschlagen, und niemand schien es eilig zu haben.

Nadia zog die Nase kraus. »Kann ich mir die Stände anschauen gehen?«

»Nein«, antwortete Leila und strich sich eine Falte aus dem blauen Kopftuch.

»Aber die Schlange bewegt sich nicht mal!«

»Ich habe Nein gesagt.«

Nadia blies die Wangen auf, und Malik spürte den sich anbahnenden Wutanfall. Leila meinte es gut, aber der Umgang mit kleinen Kindern war nicht gerade ihre Stärke. Also war es Malik, der vor Nadia in die Hocke ging, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein, und auf die Außenmauer deutete. »Siehst du das?«

Nadias Kopf ruckte hoch. »Was denn?«

»Da oben, auf der Spitze des größten Turms.«

Zu Ehren von Solstasia war sogar die Außenmauer mit Bannern geschmückt worden. Sie hingen von den Türmen herab, und jedes davon stellte eine der sieben Schutzgottheiten dar – von Gyata der Löwin, die über die Sonnenausrichtung herrschte, bis zu Adanko der Häsin, Maliks Schutzgöttin, die über die Lebensausrichtung regierte.

Jede Schutzgottheit wachte über einen Tag der Woche, und wenn ein Kind geboren wurde, ritzte ihm die Hebamme das Symbol eines der sieben Gottheiten in die linke Handfläche, damit es seine eigene Ausrichtung kennen würde. Man sagte, die Ausrichtung eines Menschen entschied über jedes wichtige Ereignis in seinem Leben, angefangen von der Arbeit, für die man geeignet war, bis hin zu der Person, mit der man sein Leben teilen wollte.

Nadia klappte der Mund auf, als sie das Sonnenbanner an der Mauer erblickte. »Das ist mein Symbol!«

»Stimmt«, bestätigte Malik. »Gyata beobachtet alle Sonnenausgerichteten, um zu sehen, wer der nächste Sonnenchampion werden soll. Aber sie wird dich nicht auswählen, wenn du weinst.«

»Ich weine nicht!« Nadia hob einen Stock vom Boden auf und schwang ihn durch die Luft. »Und dann, wenn Gyata mich als Champion auswählt, wohne ich im Palast mit der Sultanin, und ich kann essen, was ich will, und dann sage ich Prinzessin Karina, sie soll verbieten, dass ich jemals wieder in einer Schlange stehen muss!«

»Ich glaube nicht, dass die Prinzessin Gesetze erlässt.«

Wieder blies Nadia die Wangen auf, und zum ersten Mal erkannte Malik, wie ähnlich sie einander sahen – das gleiche stark gelockte schwarze Haar, das sich gegen jeden Kamm wehrte, die gleiche hellbraune Haut, die gleichen großen schwarzen Augen, die immer irgendwie überrascht wirkten. Mondeulenaugen, hatte Papa sie immer genannt, und für die Dauer eines Herzschlags fehlte Malik sein Vater so sehr, dass er nicht atmen konnte.

»Na gut, und was würdest du dann tun, wenn du die Prinzessin triffst?«, wollte Nadia wissen.

Was würde er tun, wenn er Prinzessin Karina träfe? Malik schob die schmerzhaften Gedanken an seinen vermissten Vater fort, um über diese Frage nachzudenken.

Eine der größten Vergünstigungen, wenn man zu einem Solstasia-Champion wurde, war das Leben im Palast für die Dauer des Festes. Zwar hätte Malik es niemals zugegeben, aber er hatte sich tatsächlich schon ein-, zweimal ausgemalt, einer der Champions zu werden und seine Ausrichtung vor der ganzen Welt zu repräsentieren. Allerdings war es eine vollkommen aussichtslose Fantasie, da seit der Eroberung durch die Zirani vor über zweihundertfünfzig Jahren kein Eshran mehr zum Champion erwählt worden war.

Außerdem war Prinzessin Karina Alahari den Gerüchten zufolge ein sprunghaftes, verantwortungsloses Mädchen, das nur deshalb zur Thronerbin wurde, weil ihre ältere Schwester vor fast zehn Jahren bei einem Brand ums Leben gekommen war. Prinzessin hin oder her, mit so jemandem wollte Malik nichts zu tun haben.

»Ich glaube nicht, dass die Prinzessin und ich sonderlich gut miteinander auskommen würden«, sagte er.

Nadia schnaubte. »Du bist langweilig!«

Sie versetzte ihm einen Stoß mit dem Finger in den Bauch, und er brach in gespieltem Schmerz zusammen.

»Au! Ich ergebe mich!«, jammerte er. »Hörst du auf, mich umbringen zu wollen, wenn ich dir eine Geschichte erzähle?«

»Ich kenne deine Geschichten alle schon.«

Malik strich ihr die Locken aus der Stirn. Nadia war schon immer klein für ihr Alter gewesen, und nun, nach monatelanger schlechter Ernährung, war sie so zart, dass Malik manchmal fürchtete, ein kräftiger Windstoß könnte sie einfach für immer davontragen.

»Kennst du schon die von dem kleinen Mädchen auf dem Mond?«

Nadia machte große Augen. »Es gibt ein kleines Mädchen auf dem Mond?«

Malik nickte und setzte eine komisch-ernsthafte Miene auf. »Ja. Ihr älterer Bruder hat sie dort ausgesetzt, weil sie einfach nicht aufhören wollte zu schmollen.«

Er unterstrich seine Worte mit einem Stups auf ihre Nase, was ihm ein entrüstetes Kichern von Nadia einbrachte. Da Papa nicht einmal ein Jahr nach Nadias Geburt fortgegangen war, hatte es Malik übernommen, auf sie aufzupassen, wenn Mama, Nana und Leila auf den Feldern arbeiteten. Er kannte sie besser als jeder andere. Er wusste, dass sie alles stehen und liegen lassen würde, um eine Geschichte zu hören, genau wie er selbst. Im Wagen hatte Malik sie mit einer Geschichte nach der anderen über die Gaunerheldin Hyäne unterhalten, und nachdem ihm dazu nichts mehr eingefallen war, hatte er seine eigenen Geschichten erfunden, auf der Grundlage der Legenden, die er im Laufe der Jahre gehört hatte. Er hatte erzählt und erzählt, bis er heiser geworden war. Alles, um Nadia davor zu bewahren, unter der Last ihrer Situation zusammenzubrechen.

Wieder einmal hob Malik den Blick, voller Verwunderung über die Stadt vor ihm. Obwohl das Eshran-Gebirge zu den Territorien der Zirani gehörte, bekamen nur sehr wenige Eshrans die berühmte Stadt tatsächlich zu Gesicht. Der Preis für die Passierscheine war zu hoch, und die Zustimmungsrate für besagte Scheine zu niedrig. Von den Gefahren der Odjubai ganz zu schweigen. Ziran mochte jeden Aspekt des Lebens der Eshrans kontrollieren, bis zu der Entscheidung, in welchem Dorf man wohnen durfte, aber die Freuden Zirans waren wiederum nie für Maliks Volk bestimmt gewesen.

Trotzdem waren sie nun hier und standen am Fuß der größten Stadt der Welt. All die Nächte, in denen sie eng aneinandergeschmiegt unter mottenzerfressenen Decken gelegen und versucht hatten, den beißenden Wind und das Weinen der Menschen um sie herum auszuschließen, die man wie Tiere behandelte. Dazu die seelenraubende Angst, dass er seine Heimat nie wiedersehen würde – all das war es wert gewesen.

Tatsächlich hatte er bisher nicht einmal eine Spur jener … Kreaturen zu Gesicht bekommen, die ihm in Oboure so zugesetzt hatten.

Sie waren jetzt in Sicherheit.

Maliks Gedanken wurden von einem Tumult in der Schlange links von ihnen unterbrochen, als ein ramponierter, von einem räudigen Esel gezogener Leiterwagen die Plattform erreichte. Der alte Mann, der den Karren fuhr, reichte dem Soldaten auf der Plattform einen Stapel Dokumente, während seine Familie ängstlich aus dem Anhänger des Leiterwagens hervorlugte. Malik wurde eiskalt, als er die vertrauten Symbole an der Seite des Wagens erkannte – geometrische Muster, die aus Eshra stammten.

Der Soldat blätterte den dünnen Papierstapel mit demonstrativer Genauigkeit durch. Dann hob er den Knauf seines Schwerts und schlug damit gegen den Schädel des alten Mannes. »Keine Eshrans, mit oder ohne Papiere!«

Keine Eshrans. Wieder begann die Welt um Malik zu verschwimmen, doch er zwang sich dazu, aufrecht stehen zu bleiben. Es war alles in Ordnung. Ihre Papiere gaben sie als Geschwister aus Talafri aus, einer Stadt ein gutes Stück innerhalb der Grenzen der Zirani. Solange sie sich ihren Akzent nicht anhören ließen, würde niemand erfahren, dass sie ebenfalls Eshrans waren.

Die Schreie der Familie hallten durch die Luft, als die Soldaten den alten Mann davonschleiften und den Leiterwagen von der Plattform fortschafften. In dem Durcheinander bemerkte niemand, wie jemand aus dem Wagen auf die staubtrockene Erde fiel. Es war ein Junge, kaum älter als Nadia, trotzdem achtete niemand auf ihn, während alle nach vorn drängten, um in der Schlange den Platz seiner Familie einzunehmen. Es brach Malik das Herz.

Was, wenn es Nadia wäre, die dort im Staub lag und der niemand half? Allein bei dem Gedanken zog sich ihm schmerzhaft die Brust zusammen, und immer wieder sah er zu dem Jungen hinüber.

Leila folgte seinem Blick und runzelte die Stirn. »Lass es.«

Doch Malik hatte sich schon in Bewegung gesetzt. Kurz darauf hob er den Jungen auf und stellte ihn auf die Füße.

»Alles in Ordnung?«, fragte er und tastete ihn nach Verletzungen ab. Aus leeren, tief eingesunkenen Augen sah das Kind zu ihm hoch. Sein Gesicht wirkte verhärmt, und in den schwarzen Tiefen der Pupillen sah Malik sein Spiegelbild.