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Jens Rübner wurde 1960 in Leipzig geboren. Von Beruf ist er gelernter Koch. Er wohnt in der Messe-, Buch- und mittlerweile auch Filmstadt-Leipzig. Als ältester von vier Kindern entdeckte er schon in seiner Kinderzeit die Leidenschaft für das Medium Film und Fernsehen. Sein Hauptaugenmerk gilt dabei der ostdeutschen Filmgeschichte DEFA. Ein Kapitel aus längstvergangenen Tagen. Nach »Verrückte, außergewöhnliche Sachsen« und »Auf den Spuren der Kinderdarsteller von gestern« Teil I und II beschäftigt sich sein viertes und sicherlich letztes Werk mit dem Thema »Faszination Kulisse«. Er startete den Versuch herauszufinden, wo vor zig Jahren einst Außenaufnahmen unter dem Signet der DEFA und des DDR-Fernsehens stattfanden. Ist seine Spürnase fündig geworden, spickt er es mit Geschichtchen und Anekdötchen rund ums ostdeutsche Filmgeschehen.
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Seitenzahl: 221
Veröffentlichungsjahr: 2013
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Titelseite
Impressum
Vorwort
Faszination Kulisse
„Traumwerker“
Schauplätze, Drehorte und Spielräume
Privates
Die Geburt der DEFA
Kino zum Anfassen
Spurensuche
Hinter den Kulissen
Damals war’s
Medienstadt und Filmpark Babelsberg
Zeit-Reise
Die Anfänge 1946 – 1950
„Die Russen kommen“
„Kaninchenfilme“
Unternehmen „Schwarzer Samt“
Karrierestart bei der DEFA
Kinderfilme
„Die Heiden von Kummerow“
„Wir kaufen eine Feuerwehr“
Jugendfilme
„Geheimakten Solvay“
Zwischen Pflichterfüllung und Arbeitsleben
Es riecht nach Benzin
Spielfilme
Weitere Spielfilme
„Zwei alte Krieger wie uns, die trennt nur der Tod“
„Solo Sunny“
Erfüllung eines Kindheitstraumes
Auf den Spuren eines berühmten Falken
Wenn es am Schönsten ist …
Filmstadt Görlitz
Besondere, unberechenbare Geschöpfe
„Sachsens Glanz und Preußens Gloria“
Filmstadt Quedlinburg
Vorsicht, schwieriger Film
Abends um zehn
Liebe zwischen Leipzig-Gohlis und Rotem Haus
„Die Zeit der Störche“
Einer, der es wissen muss
Zwischen Wirklichkeit und Ideal
„Das kalte Herz“
Der Zauber bleibt!
„Der Drache Daniel“
Reine Kulissenfilme
Eins, zwei, eins, zwei …
„Ich werde Filmstar“
Der Trick mit dem Trick
Trickreiche Spurensuche
Das Wunder von Buchenwald
Die Spur der Wölfe
„Das unsichtbare Visier“
„Märkische Chronik“
„Rottenknechte“
„Die Verlobte“ und „Anton, der Zauberer“
Hinter den Kulissen von „Ich war neunzehn“
„Aus dem Leben eines Taugenichts“
„Die Glatzkopfbande“
„Das Land hinterm Regenbogen“
Dienen auf besondere Art
Auf Wiedersehen DEFA
Das Letzte
Quellenverzeichnis/Literaturangaben
Fotoverzeichnis
Jens Rübner
Engelsdorfer Verlag 2011
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Copyright (2011) Engelsdorfer Verlag
Alle Rechte beim Autor
www.engelsdorfer-verlag.de
eISBN: 978-3-86703-985-7
Ich kann mir den DEFA-Film nicht vorstellen ohne seine „Fans“. Richtige Enthusiasten in Filmclubs und Filmschulen – kritisch begleitend, forschend, meinungsbildend. Nicht nur Autogramm- und Programmsammler. Kenner eben, die uns, den Filmemachern, ein Forum schufen für den Kontakt mit unserem Publikum, die uns ernsthafte Partner waren im Gespräch, Kritiker und Ideengeber manchmal, quer durch alle Altersklassen, vom Kind bis zum Rentner aktiv. Wir haben Spaß gehabt miteinander, haben uns ein manches Mal heftig gestritten, uns zünftig die Meinung gesagt – aber immer ging es um den Film, den wir gerade gemeinsam auf der Leinwand erlebt hatten, ging es um das gemeinsame Anliegen Zukünftiges vielleicht besser zu machen, Geschichten zu finden, die ganz nah dran waren an der Gefühlswelt der Zeit, an ihrer Welt. Geschichten die von den Ängsten und Träumen erzählten, die Welt durchschaubarer machen so wie sie ist, als veränderbar erkennen ließen…
Wir haben uns zugehört.
Für uns „Macher“ waren sie der Seismograph der Gefühle, der Gradmesser ob und wie die von uns erzählten Geschichten ihre Wirkung zeigten. Unverzichtbar war der direkte Kontakt mit ihrem Publikum für Autoren, Regisseure und Schauspieler. Sie hatten mitzureden in den Jurys der Festivals, vergaben ihren eigenen Preis – den „Findling“ – und keiner von den Machern sah ihn ungern in seiner Sammlung.
Über 700 DEFA-Filme hat die Leinwand gesehen. DEFA Geschichte ist damit geschrieben worden – ein ganzes Stück Filmgeschichte überhaupt. Künstlerleben waren damit verbunden und das Arbeitsleben einer großen Schar von Könnern hinter der Kamera, hoch motiviert, kreativ, mit bester Fachbildung, eine verschworene Gemeinschaft. Gelebte Leben.
Das DEFA Studio hat man „abwickeln“ können, als Konkurrenz der Etablierten, man hat es verkauft. Marktwirtschaft. Die Bemühungen Einiger aber in dieser Neuen Republik, die Filmkunst der Alten als „staatstragend“ zu disqualifizieren und ihre Geschichte einfach vergessen zu lassen, die sind gescheitert.
Die große Zahl derer – 17 Millionen immerhin – die mit dem DEFA-Film groß geworden sind vom Kind zum Greis, gelebte Leben also, die kann man nicht einfach aus der Geschichte streichen. Das sind die, die sich auf ein Wiedersehen freuen, wenn sich in den Fernseh- und Kinoprogrammen auch heute noch „alte Titel“ finden lassen. Und manch „Altbundesbürger“ hat staunend einen alten DEFA Film für sich entdeckt und musste seine vorgefasste Meinung revidieren.
Das ist auch denen geschuldet, die sich DEFA-Filmfreund nennen, die Fans und Enthusiasten, die Chronisten, die Entdecker wie Jens Rübner einer ist.
Ich wünsche seinem Büchlein einen „guten Weg“.
Berlin, April 2008
Deutscher Regisseur und Autor
Die Deutsche Film AG, kurz DEFA, war das volkseigene Filmstudio der DDR mit Sitz in Potsdam-Babelsberg.
Über die Geschichte der DEFA ist im Laufe der Jahre eine Reihe von Büchern erschienen. Wenn ich richtig nachgeforscht habe, aber keines, was sich mit dem Themen Drehorte und Kulissen aus DEFA- und DDR-Filmen beschäftigt.
Ich möchte hier keine wissenschaftlichen Abhandlungen darüber schreiben oder es als Nachschlagewerk herausgeben. Nein, ein vielseitig interessierter Filmfreund aus dem Osten Deutschlands möchte kurzweilig über gute und weniger gute Filme plaudern, verbunden mit lustigen oder ernsten Begebenheiten, die „Hinter den Kulissen“ passierten.
„Faszination Kulisse“, so lautet der Titel des Buches. Er besteht aus zwei Wörtern – Faszination und Kulisse. Betrachten wir diese doch einmal etwas genauer. Der Begriff Faszination charakterisiert den Grund einer Begeisterung für eine Sache. Synonyme, also sinnverwandte Wörter für Faszination sind Bezauberung, sind Schwärmerei oder Leidenschaft.
Das Wort Kulissen, von französisch coulisse, Schiebewand, stellt Teile der Dekoration bei Theateraufführungen oder Filmaufnahmen dar. Im Theater werden Kulissen von den Werkstätten nach den Entwürfen des Bühnenbildners hergestellt; beim Film von der Baubühne nach Angabe des Szenenbildners. Mit der Bezeichnung „Kulisse“ kann auch allgemein ein Hintergrund gemeint sein. Der Begriff „Hinter den Kulissen“ beschreibt auch im übertragenen Sinne etwas, was der Öffentlichkeit verborgen ist. Meine Ausführungen werden sich überwiegend mit dem Thema Film als mit dem der Theaterwelt auseinandersetzen.
Die DEFA, die ostdeutsche Filmgesellschaft, war voller Storys, voller guter und schlechter Geschichten. Liebesgeschichten, politische Geschichten, Klamotten aller Art. Da könnte man doch etwas draus machen. Ob es jemanden interessiert? Ob es denn jemand liest? Keine Ahnung! Ob mir jemand etwas darüber erzählt? Es sind ja viele auch eitel gewesen. Bestimmt gibt es welche, die etwas zu erzählen haben. Manches ist vielleicht ein Kracher, ein Bringer.
Wer bezahlt es? Eine Stiftung, die DEFA-Stiftung? Wer verlegt es? Der Schwarzkopf-Verlag? Ein anderer Verlag? Keine Ahnung! Oder soll ich mich am Ende dann doch selbst irgendwie „durchwurschteln“ wollen?
Gedanken, die mich Tage, Wochen, ja sogar viele Monate beschäftigten.
Wenn aus Träumen Ideen, aus Ideen Pläne und aus Plänen Realität werden, dann haben die „Traumwerker“ einen großen Anteil daran. Die „Traumwerker“ – das sind Szenenbildner, Tischler, Dekorateure, Kunstmaler, Masken- und Kostümbildner, Filmarchitekten sowie Bildhauer und Stuckateure. Sie alle zusammen sind für die „perfekten“ Kulissen verantwortlich.
„Alle Tanks fluten ... Alles klar zur Tauchfahrt!“ Das russische UBoot der Boomer-Klasse sticht in die Tiefe. Über eine hydraulische Wippe können im nachgebauten U-Bootrumpf Tauchgangsimulationen nachgestellt, Wassereinbrüche künstlich aktiviert werden. Notsignale, Nebel und Lichteffekte machen die Illusion, das maritime Spektakel perfekt.
Wabernde Nebelschwaden, diffuses Licht, ein Käuzchenruf … aus dem Halbdunkel schreiten unheimliche Gestalten auf Sie zu …, die perfekte Kulisse für eine Mittelalterstadt.
Wiehernde Pferde, Country Musik und Square Dance, der Duft von Spare Ribs und das Klingen der Sporen … Willkommen in einer Open Air Kulisse einer Westernstraße mit Saloon, Bank und Sheriff’s Office.
„Traumwerker“ vollbrachten und vollbringen immer noch wahre Wunder, wenn es darum geht, Kulissen zu erstellen, die von der Wirklichkeit nicht mehr zu unterscheiden sind. Ob ein prunkvoller Thronsaal oder die Gärten des kleinen Muck, dem beliebtesten „Pantoffelhelden“ des Märchenfilms. Dies vollbringen die „Künstler“ Tag für Tag, früher meist auf überdimensionalen Leinwänden oder mit sehr viel Mühe und ungeheuerlichem handwerklichen Geschick. Heute entstehen Kulissen zum Großteil am Computertisch. Aber alle taten oder tun es aus einem einzigen Grund: damit es immer wieder aufs Neue heißt, das Technikteam wird eingewiesen, die Darsteller begeben sich in Position: „Ton ab, Klappe, und Action!“
Wie sagte einst Jean Paul, ein deutscher Schriftsteller: „Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“
Wenn wir die Erinnerung an schöne Stunden, an unvergessliche Erlebnisse, an Momente voller Glück nicht hätten, dann hätten wir in schmerzlichen Stunden keine Kraft, diese zu überstehen. Aber zum Glück haben wir ja unser „Paradies“, in das niemand außer uns eindringen kann, in das wir jeder Zeit zurückkehren können, wann immer wir wollen.
Ein „Ach ja ...“ für „Ossis“, die ab und zu zurückdenken. Ein „Muss“ für „Wessis“, die mehr wissen wollen.“ Man kann sie nicht als tot bezeichnen. Spurenelemente sind heute noch hier und da auffindbar, obwohl schon seit 1994 juristisch zu grabe getragen. „Die DEFA, die ostdeutsche Filmfabrik, ist so etwas wie eine Scheintote, eine Untote – also etwas, was von jeher die Fantasie beschäftigt und Interesse auf sich zieht.“
Der Film ist ein Raum der Bewegung und ein Raum in Bewegung. Ein Spielraum. Eine Schnittstelle zwischen Traum und Wirklichkeit. Eine Welt der Bilder mit unterschiedlichen Schauplätzen und Drehorten. Die Orte, an denen die Filmpersonen agieren, sind nicht einfach nur eine neutrale Umgebung. Die Orte erzählen auch die Geschichte, der sie dienen.
Das Zusammenspiel aller kreativen Kräfte eines Filmteams, besonders des Regisseurs und Kameramanns, des Szenenbildners und der Schauspieler lassen Orte, Räume und Dinge zu einem intimen, sorgsamen, beinahe geheimen Medium, einem Klangkörper für Gefühle und Gedanken der Protagonisten, für Erinnertes und Erlebtes, Zukünftiges und Mögliches werden. Der Drehort, das Filmset, die Location, die Filmkulisse bestimmt das Aussehen und die Atmosphäre eines Films. Er, sie oder es kann durch Pracht und Opulenz beeindrucken, aber auch verhalten und verschwiegen daherkommen.
Ein Buch über die Vielfalt und das Besondere eines Arbeitsgebietes. Ein Buch über Filmkulissen, Schauplätze, Drehorte und Spielräume, das selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
„Ton ab!“ „Läuft.“
„Kamera ab!“ „Läuft.“
„Klappe!“ „Bitte!“
Lang, lang ist es her, als ich heil und gesund das Licht der Welt erblickte, im Monat November des Jahres 1960 und im Sternbild des Skorpions geboren wurde.
Von den Kirchtürmen der Leipziger Umgebung drang ein Glockengeläut in das Zimmer der Neugeborenenstation im Krankenhaus des Stadtteiles Connewitz, gerade so, als wolle es die Ankunft eines neuen Erdenbürgers verkünden.
Aus Liebe, Lust und Leidenschaft wurde ich gezeugt. Ich war ein Wunschkind, wie mir meine Eltern später berichteten, war ein putzmunterer Krawallmacher, ein quicklebendiger Quengelgeist und neugierig wie „Pittiplatsch“ aus der Märchenstube.
Mir entging absolut nichts. Ich hatte, beziehungsweise glaubte, alles im Visier zu haben. Schon im Krabbelalter schepperte und klirrte es am laufenden Band, weil ich überall mit Schnüffelnase und meinen noch nicht koordinierbaren Fingern zu Gange war. Ich freute mich wie ein kleiner Kobold darüber, während meine Mutti entnervt seufzte: „Unser kleiner Wildfang, die ganze Wirtschaft geht noch flöten.“
Wir, meine Mutter, mein Vater, drei Geschwister und ich – eine Schwester war leider schon 1957 mit sechs Monaten an einer damals unheilbaren Hautkrankheit gestorben – lebten in einer Kleinstadt mit 16 000 Einwohnern. Die Stadt Taucha liegt 10 km östlich von Leipzig, am Rand eines ausgedehnten Landschaftsschutzgebietes in der Parthenaue.
Dort war ich eine geraume Zeit bis zum Abschluss meiner Lehr- und Armeezeit. Später wohnte ich mit meiner ersten Frau in Eilenburg. Irgendwann kam ich wieder nach Leipzig und ich denke, ich werde es hier noch eine ganze Weile aushalten. Auch wenn mir diese Stadt manchmal „tierisch“ auf den Nerv geht, fühle ich mich sehr wohl in dieser kleinen Großstadt mit all ihren von mir geliebten und unbeliebten Menschen darin.
Ich erlernte den Beruf des Koches. Ich bin zum zweiten Male verheiratet und habe mittlerweile einen 23-jährigen Sohn. Als ältestes von vier Kindern entdeckte ich schon in meiner wunderschönen Kinderzeit die Passion für das Medium Film und Fernsehen. Mein Hauptaugenmerk galt dabei der ostdeutschen Filmgeschichte, einer Geschichte aus längst vergangenen Tagen. Diese Leidenschaft hält übrigens bis heute an. Nebenher arbeite und unterstütze ich schon seit vielen Jahren unentgeltlich Projekte, die sich mit dem Babelsberger Filmstudio beschäftigen. Dazu zählen Zu- und Ausarbeitungen für Fernseh- und Filmdokumentationen. Des Weiteren lieferte ich Material, das man für die Herstellung und Produktion von Filmmusik, CDs – Schwerpunkt DEFA – brauchte und zu guter Letzt organisiere ich ab und an kleinere Ausstellungen, die das Thema DEFA-Filmgeschichte beinhalten. Das letzte große Projekt, das der Autor tatkräftig unterstützte, war das Film-Fest im Juni 2008 in Wusterhausen an der Dosse. Zum 775 Jubiläum der Stadt wurden die Filme „Die Brücke“ und „Der Drache Daniel“, in Anwesenheit von Film-Prominenz gezeigt. Da vor vielen, vielen Jahren Wusterhausen die Ehre hatte, als Kulisse für diese Filme zu dienen.
Im Moment steht aber das Hobby-Schreiben im Vordergrund. Mit dem Untergang der DDR ging auch ein Kapitel der deutschen Filmgeschichte zu Ende. Ein Teil deutscher Kulturgeschichte wurde abgewickelt und kaputt gemacht.
Mein aktuellstes und sicherlich letztes Werk beschäftigt sich mit dem Thema KULISSEN-DREHORTE-DEKORATIONEN, wie immer man es nennen mag. Ich starte den Versuch herauszufinden, wo vor zig Jahren einst Außenaufnahmen unter dem Signet der DEFA stattfanden?
In meiner Freizeit bin ich einerseits gern mit lieben und aufrichtigen Menschen zusammen, um Gedanken und Meinungen auszutauschen oder einmal ins Kino zu gehen. Auf der anderen Seite bin ich auch sehr gern allein, um abzuschalten, die Seele baumeln zu lassen oder meinem Hobby zu frönen. Ansonsten gibt es da noch eine Art Körperertüchtigung, gepaart mit einem ausgiebigen Saunabesuch.
Wie viele Kinder des Jahres 1946 wurde die DEFA nicht in der weißgekachelten, keimfreien Atmosphäre eines modernen Kreißsaales geboren. Sie erblickte unter recht rauen Bedingungen das Licht der Welt, im zerbombten, zerschossenen Berlin. Aber wie alle Kinder jener Tage wurde sie besonders liebevoll begrüßt. Sie war ein Hoffnungsschimmer, ein Stück der Zukunft, die besser sein sollte als die Vergangenheit.
Am 17.Mai bekam sie deshalb nicht nur ihre Geburtsurkunde, sondern auch gute Worte mit auf den Weg. „Die Filmgesellschaft DEFA hat große Aufgaben zu lösen“, sagte der sowjetische Oberst Tulpanow, der ihr die Lizenz erteilte. Und weiter: „Die größte von ihnen ist der Kampf für den demokratischen Aufbau Deutschlands, das Ringen um die Erziehung des Volkes, insbesondere der Jugend, im Sinne von Demokratie und Humanität.“ Als Patengeschenk wies er ihr Heimstätten zu: die Filmateliers in Johannisthal und Alt-Nowawes. Es waren keine Luxusappartements, in ihnen sah es aus wie damals überall: geborstene Mauern, Bretter vor den Fenstern, Dächer ohne Ziegel. Aber die Arbeit konnte beginnen. Und während in den Studios noch gemauert, gemalt, gezimmert wurde, fiel in einer Berliner Straße schon die erste Klappe zum ersten deutschen Nachkriegsfilm. Wolfgang Staudte drehte Außenaufnahmen zu seinem ersten Werk „DIE MÖRDER SIND UNTER UNS“.
Wir schreiben heute den 9. November 2006. Es ist ein wunderschöner Herbsttag.
Vielleicht erinnern Sie sich noch: Heute vor siebzehn Jahren geschah das Unglaubliche. Kurz vor Mitternacht öffneten sich die Schlagbäume, Minuten später strömten Tausende von Menschen nach West-Berlin oder zum Brandenburger-Tor. Die Mauer war gefallen.
So ist das mit den Verstorbenen. Jahrestage fördern die Erinnerung, meist aber eine durchsiebte.
Mit unserer Gesellschaftsordnung ging nicht nur die DDR, sondern auch vieles andere den Bach runter, so auch die DEFA, die ostdeutsche- staatliche Filmfabrik. Die DEFA feierte ihren verhinderten, fünfzigsten schon vor zig Jahren. Doch am 17. Mai 2006 hätte sie ihr sechzigstes Wiegenfest. Der Bilderfabrik gebührt trotz alledem Würdigung. Wie jeder volkseigene Betrieb feierte sie sehr gute, gute, mittelmäßige und preisgekrönte Produkte aber auch eine Menge Schrott. Darüber hinaus bot das Produktionssystem aber auch immer Lücken und es gab immer findige und einfallsreiche Filmleute, die sie nutzten. Geübt im Verschleiern und Nichtaussprechen von Wahrheiten wurde Kritik auf raffinierte Weise eingebaut, die der DDR-Zuschauer auf die gleiche spitzfindige Weise zwischen den Bildern entdeckte. Nur wer sich innerhalb der Grenzen bewegte, konnte weitermachen.
Wie schreibt man eine Geschichte für, über den Film? Wie wird ein Film gedreht? Wer ist daran beteiligt? Wie viel kluge Ideen und fleißige Hände sind nötig, ehe ein Film seinem Publikum vorgestellt werden kann?
Der Begriff Kulisse stammt aus der Theaterwelt und umschreibt den Dekorationsaufbau für eine Bühne bzw. für ein Set. Bei uns in der Filmwelt hieß es Dekoration. Man unterschied zwischen der Innen- Dekoration im Atelier und der Außen-Dekoration im Freien. So entstanden für den Film errichtete Räume oder Bauwerke, in oder vor denen die Filmhandlung spielte.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Wir haben eine Kulisse, eine Dekoration, eine Fassade gebaut. Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger. Sprachsteine, Begriffsfugen, geflügelte Worte aus der Filmwelt. Diesem Sprachgebrauch, diesen Wortfetzen, konnte man in der Filmstadt Potsdam-Babelsberg, im DEFA-Studio für Spielfilme oft begegnen.
Die Aufnahme ist alt, aber der Standort ist derselbe
Mein Büchlein möchte sich mit dem Thema Drehorte, Kulissen aus DEFA und DDR-Filmen auseinandersetzen.
Immer schon hat es die Zuschauer fasziniert, die Drehorte zu besuchen, die sie aus ihren Lieblingsfilmen kennen. In einigen Ländern sind Filmschauplätze eine lukrative Einnahmequelle, die beste Werbung für den Tourismus. Ich denke da persönlich besonders an einen der letzten großen Höhepunkte der Filmgeschichte, zumindest für mich: „Der Herr der Ringe.“ Mittelerde, die Heimat von „Hobbit Frodo“ und seinen Gefährten, ist ein sagenhafter Kontinent mit phantastischen Landstrichen, gewaltigen Städten, tiefen Wäldern und gigantischen Bergen. In Wirklichkeit wurde vorwiegend im wunderschönen, traumhaften Neuseeland gedreht.
Oft erlebt man aber nach dem Abzug der Filmteams die Schauplätze sehr viel nüchterner, weil eben gerade die Leinwand mit den darauf und darin wirkenden Akteuren den Drehort interessant gemacht hatte.
Dennoch: Die Flüchtigkeit des Kinovergnügens, der reine Augenschmaus, genügt den meisten, in unserer schnelllebigen Zeit heutzutage nicht
Die Industrie der Verkaufsförderung boomt, ja – zigtausend Menschen leben davon, dass Kinder mit ihren Helden im Kinderzimmer weiterspielen oder sie zumindest auf ihrem T-Shirt mit sich herumtragen wollen.
Spitzfindige Geschäftsleute vermarkten nicht nur die Parkbank, auf der „Forrest Gump“ gesessen hat, obwohl das Original im Historischen Museum in Savannah steht, ... „die Leute wollen sich unbedingt auf dieser Bank fotografieren lassen. Die Touristen wollen eben glauben, dass sie auf der „echten“ sitzen.“ Die Pilger und Filmverrückten strömen auch zu dem Farmhaus, in dem sich Meryl Streep und Clint Eastwood liebten. Früher war es eine heruntergekommene Ruine und jedermann ein Dorn im Auge. Heute kann sie gegen Entgelt besichtigt werden.
Die Drehorte oder Teile davon geben uns das Gefühl, dass wir etwas anfassen können, was eigentlich so wenig fassbar ist. Irgendwie haben wir dennoch das Gefühl, wir betreten „geheiligten Boden“.
Was aber nun, wenn es das Land, mein Geburtsland – die DDR, offiziell nicht mehr gibt, Straßen zigmal oder komplett umbenannt, umgebaut, ja zum Großteil gar nicht mehr existieren?
Das märchenhafte Schloss vom Dornröschen und die grausige Höhle vom Holländermichel aus dem Film „Das kalte Herz“: Gibt es sie wirklich? Warum finden wir den kleinen Ort Käsebrot, die Heimat des wunderbunten Vögelchens, auf keiner Landkarte? Ganz einfach: So wie Schauspieler mit fiktiven Namen in eine Rolle schlüpfen, werden Städte und Dörfer für Filme kurzerhand umbenannt, Schlösser und Burgen umfunktioniert und Häuser nur als Kulisse genutzt.
Niemand sollte seine Wurzeln verleugnen. Der Autor ist im Osten Deutschlands geboren und gereift, also auch definitiv mit der Kino- und Fernsehlandschaft der DDR herangewachsen. Diese Filme waren und sind für mich Zeitzeugen, widerspiegeln mein Lebensgefühl und wecken die eine und andere Erinnerung an meine Sturm und Drangzeit. Man muss und sollte das, was bewahrenswert ist, mit Stolz bewahren.
Bei meinen unzähligen Film-Einsätzen wie zum Beispiel in „Die Schauspielerin“, „Die Nacht der einsamen Herzen“, in einer Tatort-Episode oder mehreren Folgen von „In aller Freundschaft“ als Komparse, Statist oder wie auch immer man es nennen möge, stellte ich fest, dass das, was ich rund um die Aufnahmen, das eigentliche Drehen herum erlebte, wesentlich interessanter war, als die paar Minuten Handlung eines Filmes, die aus einem DREHTAG entstanden.
Besonders hat mir mein zweifacher Einsatz im DEFA-Film aus dem Jahre 1988 „DIE SCHAUSPIELERIN“ gefallen, da ich mich in diesem Film auch äußerlich verwandeln musste. Es war toll, in eine andere Zeit, eine mir bis dato völlig fremde unbekannte Film-Welt versetzt zu werden, unterstützt durch entsprechende Frisuren, originalgetreue Kostüme und hergerichtete Außendrehorte. Ich glaube, da keimte der Gedanke in mir, sich eines Tages auf die Spurensuche nach Drehorten der Filmgeschichte zu begeben.
Was ist beziehungsweise zählt zu einem Drehort? Wie viele Dekorationen, Drehorte hat ein Film? Die Darsteller selbst sind doch meist nur an wenigen Drehorten beschäftigt. Ist er mit Menschen verknüpft? Oder nur mit reinen Kulissen, Landschaften oder Gegenständen? Dies fragt sich nun schon seit zig Monaten der Hobby-Autor und Betreiber einer kleinen, bescheidenen DEFA-Stube inklusive eines umfassenden Archivs rund um das Babelsberger Filmstudio.
Es ist doch bekanntlich immer wieder faszinierend, Orte zu suchen und aufzusuchen, an denen vor langer Zeit ein Film gedreht wurde. Und wenn die „Spurensuche“ auch noch durch einen Fund, zum Beispiel ein Stückchen Kulisse gekrönt wird, dann ist der Erfolg komplett. Der Autor durchforstete alte Zeitungen und Zeitschriften, tätigte unzählige Telefonate. Auch persönliche Gespräche mit Schauspielern, Drehbuchautoren, Regisseuren und Leuten von der Baubühne folgten. Puzzleartig wurden die erzielten Ergebnisse, soweit machbar und vor allem noch nachvollziehbar, zu einem Ganzen zusammengefügt.
Es war eine jahrelange Arbeit, die nun mit einer Buchveröffentlichung ihre Krönung finden wird.
„Oft lagen zig Kilometer zwischen zwei Räumen, die im Film direkt miteinander verbunden zu sein schienen. Sie mussten einfach nur glaubwürdig sein. Selbstverständlich sind die Echtheit, die Authentizität der Drehorte und der behauptete räumliche Zusammenhang in keiner Weise zwingend.“
Mit der Motivsuche beginnt die eigentliche praktische Arbeit, denn die Vorbereitung eines Filmes beginnt weitaus früher. Aufnahmeleiter und Regisseure verbringen viel Zeit damit, mögliche Motive anzuschauen und auf ihre Brauchbarkeit für den Film zu beurteilen. Die richtige Motivsuche und Auswahl sind entscheidend für die Unterstützung von Drehbüchern.
Von Abbruchhäusern, Großküchen bis hin zu Gefängniszellen, so ziemlich alles, was es in der realen Welt gibt, wird irgendwann auch für Dreharbeiten benötigt. Bevor Regisseure zur Motivsuche umherfahren, legt man ihnen Fotos mit einer größeren Auswahl möglicher Alternativen vor, aus denen sie ihre Favoriten auswählen. Nur diese Schauplätze werden dann etwa mehrere Wochen vor Drehbeginn meist gemeinsam mit dem Kameramann inspiziert. Vor Ort trifft man dann die Entscheidungen, da viele Faktoren eine Rolle dabei spielen.
Wie zum Beispiel die Räumlichkeiten, die Lichtsituation, die technischen Gegebenheiten und vieles mehr.
Jedes Motiv kann bei veränderter Story, Ausleuchtung und Fotografie komplett anders wirken. Ist ein Motiv von der Regie und Kamera abgenommen, beginnt für die Aufnahme- und Produktionsleitung die eigentliche Arbeit. Während die Aufnahmeleitung vor Ort Informationen über den Besitzer und die Gegebenheiten zusammenträgt, kümmert sich die Produktionsleitung vom Büro aus um die Kontakte mit den Behörden, Privateigentümern von interessanten Häusern, Direktoren von Betrieben und verhandelt die Preise für Drehgenehmigungen. Auch wenn man sich mit einem Motivbesitzer einig geworden ist, sind noch verschiedene weitere Genehmigungen einzuholen, etwa von der Stadtverwaltung, um auf der Straße vor dem Motiv, Parkplätze für die Fahrzeuge sperren zu können. Manchmal sind auch Sperrungen von Straßen erforderlich. Dann ist auch das zuständige Polizeirevier für die Genehmigung zuständig. Oberstes Gebot während der Dreharbeit an einem Motiv sollte sein, sich so rücksichtsvoll wie möglich zu benehmen. Dreharbeiten stellen gegenüber der „normalen“ Situation vieles auf den Kopf. Das ist unvermeidbar, dennoch kommt es auf die Art an, wie man die notwendigen Veränderungen am Set vornimmt.
Ein nicht unbedeutender Teil von Filmkollektiven ließ nämlich des Öfteren an einer Vielzahl von Motiven „verbrannte Erde“ zurück, sprich, man führte sich so unmöglich auf, dass man dort einfach keine Drehgenehmigung mehr für andere Filme erteilte. Eine nette und eigentlich selbstverständliche Geste war es auch, bei der Aufführung oder Ausstrahlung des Films den Motivinhabern eine Nachricht, Karte oder Anruf zukommen zu lassen, damit diese sich Ihr „Anwesen“ im Film anschauen können. Somit hoffte man, dass die nächsten Filmstäbe mit ihren Wünschen wieder auf offene Ohren stoßen.
Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, muss es zu Beginn der 80er Jahre gewesen sein, als sich ein langersehnter Wunsch von mir erfüllte. Vielleicht wurde da der gedankliche Grundstein für nachfolgende Ausführungen gelegt!
Ich durfte einen Blick hinter die Kulissen der staatlichen Filmgesellschaft der DDR in Potsdam-Babelsberg werfen. Dazu sollte man wissen, dass man lange, sehr lange Wartezeiten in Kauf nehmen musste, um einmal dieses Studio besichtigen zu dürfen. Oder man hatte Beziehungen, gute Kontakte zu gewissen Personen oder Einrichtungen. Denn im Großen und Ganzen war es nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Nach einer Zugfahrt voller Hindernissen, auf die ich hier und jetzt nicht näher eingehen möchte, stand ich glücklich vor dem Eingang der DEFA. Doch ich sollte gleich den nächsten Dämpfer erhalten. Mir wurde mein Fotoapparat abgenommen. Nichts war es mit „Filmtrophäen“. Für Besucher ist auf dem gesamten Gelände fotografieren verboten, so die Belehrung eines etwas rundlich wirkenden Uniformierten.
Nachdem mein Groll über die Wegnahme meiner „Knipse“ verflogen war, erstaunte mich der Anblick dieses überdimensionalen Geländes, Betriebes enorm. Wo man hinschaute- überall riesige Hallen. Wenige Minuten später wurden wir von einer attraktiven Dame für Öffentlichkeitsarbeit empfangen. Sie führte uns freundlich und sachkundig, soweit ich das damals einschätzen konnte, durch die verschiedenen Hallen und erklärte uns zunächst an einem Modell die einzelnen Gebäude.
So erfuhr ich viele interessante Dinge, nicht nur über die Entstehung dieses gewaltigen Betriebes. Etwa Zweitausendfünfhundert Menschen waren in dem Studio angestellt, wobei der Anteil handwerklicher Berufe überwog. Nach dieser Einführung begann für mich der weitaus interessantere Abschnitt. Wir kamen endlich zur Besichtigung der Hallen und plötzlich stand ich inmitten von Kulissen für verschiedene Kino- und Fernsehfilme. So sah ich eine Mühle, ein altes Bauernhaus, einen Festsaal für einen Märchenfilm, ein Treppenhaus und eine Neubauwohnung, die noch in der Entstehung war. In der Nebenhalle lag ein Haus in Schutt und Asche, das von einem Bombenangriff zerstört worden war sowie ein Kinderzimmer das gerade für eine neue Szene eingeleuchtet wurde, was auch immer das heißen mochte. Ich hatte damals null Ahnung.
So etwas einmal aus nächster Nähe betrachten zu dürfen, war fantastisch. Ich war stark beeindruckt.
Die freundliche Dame erklärte uns noch, mit welchen zum Teil sehr einfachen Tricks „gezaubert“ wird. Ich weiß nun, wie man in Abenteuerfilmen die Szenen auf Schiffen im Ozean dreht, wie ohne großen Aufwand die passenden Hintergründe geschaffen werden oder wie Geschirr zu Bruch geht, das in Wirklichkeit ganz bleibt. Noch voller Eindrücke und berauscht von dem Erlebten sollte dies noch getoppt werden. Ich betrat den größten Requisitenfundus der Welt (damals zumindest – ist sogar im Guinness-Buch der Rekorde vermerkt). Hier fand man wirklich alles, angefangen von Hunderten Uhren, Taschen, Kochtöpfen, Kinderwagen, Kleidern oder den Spiegel aus dem Märchenfilm „SCHNEEWITTCHEN“ und vieles, vieles mehr.
Die Zeit verging wie im Fluge, unsere sachkundige Dame empfahl uns, noch einen Blick in den Schneideraum zu werfen. Die Schnittmeisterin, der Schnittmeister entscheidet, was bleibt und was der Schere zum Opfer fällt, natürlich alles in Absprache mit dem Regisseur. Des Weiteren war zu erfahren, dass hier auch schnitttechnisch Filme für ausländische Studios bearbeitet werden. Der Besuch neigte sich dem Ende entgegen. Mir hat es sehr viel gegeben, es war hochinteressant und so lernte ich ab sofort Filme aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Mit einem freundlichen Auf Wiedersehen wurden wir von diesem Rundgang entlassen. Natürlich bekam ich auch am Ausgang meinen Fotoapparat unversehrt zurück.