Fernwandern mit Kindern - Dimitri Simonov - E-Book

Fernwandern mit Kindern E-Book

Dimitri Simonov

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Beschreibung

Eine praktische Anleitung zum (Fern-) Wandern für die ganze Familie mit ehrlichen, ungeschönten Perspektiven - die der Frau, die des Mannes und die der Kinder. Es soll die Realität und die Schwierigkeiten bei einer solchen Unternehmung herausstellen. Unser Buch ist ein Erfahrungsbericht einer Familie, die sich das Fernwandern mit Kindern erfolgreich erschlossen hat und es mit anderen teilen möchte. Der Inhalt fokussiert sich auf die München-Venedig Wanderung.

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Seitenzahl: 95

Veröffentlichungsjahr: 2022

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für Liam und Maya

INHALTSVERZEICHNIS

Von der Idee zum Projekt

Eine Frage der Motivation

Wie fängt man an?

Und die Kinder machen das mit?

Tourenplanung und Logistik

Bloggen, fotografieren oder beides?

Den Rhythmus finden

Beim Wandern navigieren

GPS, Wanderkarte oder Schilder?

Smartphone oder Navigations gerät?

Gut versichert unterwegs

Ist eine Fernwanderung teuer?

Ausrüstung

Ordnung hilft!

Was braucht man für die Hüttenübernachtung?

Unterwegs

Wie intensiv soll das Training sein?

DAV-Kurse

Persönlicher Muskelaufbau

Kondition

Wir sind eine Gruppe

Und täglich grüßt die Wanderroutine

Morgens

Beim Wandern

Abends

Nach der Tour

Anderen erzählen

Was hat es mit uns gemacht?

Die München-Venedig-Tour –Anpassungen

Alpenvorland

Kalkalpen, Karwendelgebirge

Zentralalpen

Nördliche Dolomiten

Südliche Dolomiten

Anhang

Wie packe ich den Rucksack?

Das muss in den Rucksack – Eine Packliste

Fishermen's Trail

Von der Idee zum Projekt

Unser Buch ist ein Erfahrungsbericht. Der Erfahrungsbericht einer Familie, die sich das Fernwandern mit Kindern erschlossen hat und es mit anderen teilen möchte. Tagesausflüge oder kindgerechte Wanderungen findet man oft in der Literatur, aber wie wäre es mit einer Route, die über vier Wochen und 550 Kilometer geht? Einer Route, die für Erwachsene ausgelegt ist und mit 22000 Höhenmetern dem Körper und der Psyche einiges abverlangt? Wir haben mit unseren beiden Kindern die Strecke vom Münchner Marienplatz bis zum Markusplatz in Venedig in 30 Tagen am Stück zu Fuß zurückgelegt, dabei viel Spaß und Abenteuer sowie emotionale Tiefen und Höhen erlebt. Da es bereits einige Wanderführer für den „Traumpfad“ München–Venedig gibt, fokussieren wir uns mit diesem Bericht auf die praktische Umsetzung. Wir hatten das Internet und Buchhandlungen durchsucht und uns dabei ständig gefragt: Wie aber genau machen die das? Eine Antwort haben wir nicht bekommen und möchten sie gerne mit diesem Buch geben. Wir möchten Familien Mut machen. Und vielleicht Erwachsenen, die sich eine Fernwanderung gewünscht, aber nicht zugetraut haben. An sie stellen wir folgende Frage: Wenn wir es mit Kindern geschafft haben, warum glaubt ihr, wäre das für euch nicht möglich?

Das Buch soll dem interessierten Leser etwas geben, das wir nicht finden konnten: eine praktische Anleitung zum Fernwandern für die ganze Familie mit ehrlichen, ungeschönten Perspektiven – die der Frau, die des Mannes und die der Kinder. Es soll die Realität und die Schwierigkeiten bei einer solchen Unternehmung herausstellen. Wer die Realität akzeptieren kann und bereit ist, sich mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen, wird seine Fernwanderung meistern und genießen können. Das ist unsere Erfahrung. So hat es für uns funktioniert.

Mehrere Faktoren führten dazu, dass wir unsere Ideen für eine Fernwanderung konkreter werden ließen und die München-Venedig-Tour schließlich mit beiden Kindern erfolgreich absolviert haben. Woher kam die Idee? Wir waren keine erfahrenen Wanderer und nie über einen Tagesausflug hinaus unterwegs gewesen. Gut, wir sind recht aktiv, trotzdem: Fängt man nicht eher klein an? Mit einer Wanderwoche zum Ausprobieren? Im Nachhinein fügen sich viele Puzzleteilchen zusammen: Dimitris Neigung zum Outdoor, Zeltausflüge mit den Kindern, die „Adventurer of the Year“-Artikel in National Geographic. Die Kinder, die von früh an Sportler waren und keinen Wettkampf scheuten. Nellys Auge für die Schönheit der Berge und Landschaften.

Seit 2015 haben wir mit der München-Venedig-Idee geliebäugelt und langsam nahm sie Gestalt an. Sicher gibt es viele andere Strecken, aber über die Alpen zu gehen und am Meer in Venedig anzukommen, klang am reizvollsten. „Irgendwann gehen wir über die Alpen, nur wir zwei. Wenn die Kinder groß sind und selbstständig. Das wäre doch was, oder?“ Die Elternseele auf neue Gedanken bringen. Eine Paartherapie für den nächsten Lebensabschnitt? Und dann eines Tages kam unsere damals zwölfjährige Tochter Maya: „Das macht ihr wohl nicht ohne uns! Oder heißt das, ihr plant den coolsten Urlaub aller Zeiten und wollt uns nicht mitnehmen? Ich mein, das ist echt gemein, das Gemeinste, was Eltern tun können!“ Sie setzte uns argumentativ so lange zu, bis unsere Überlegungen darauf gelenkt waren, es doch mit den Kindern zu versuchen. Liam dagegen war recht zurückhaltend, mit seinen damals acht Jahren war das, was wir vorhatten, für ihn eher abstrakt. Aber eigentlich war es für uns alle abstrakt. 2016 dann wurde es konkret, wir haben uns so lange mit dem Thema gedanklich auseinandergesetzt, bis wir überzeugt waren, dass es eine Superchance wäre, für die ganze Familie etwas zu tun, wovon wir noch jahrelang zehren könnten. Etwas Gemeinsames. Etwas, das uns in die Liga der coolen Leute aufsteigen lässt. Liams Beine werden mit zehn wohl lang genug sein, Maya ist sowieso durchtrainiert und wir Eltern sind noch nicht so alt, das packen wir schon. Fünf Wochen Urlaub wurden ein Jahr im Voraus genehmigt und den Start legten wir auf den 29. Juli 2017.

Eine Frage der Motivation

Dimitri: Es ist der Reiz der Herausforderung, der mich angetrieben hat. Das Gefühl, eine lange Strecke aus eigener Muskelkraft, mit einem Minimum an Gepäck mit der Familie gehen zu können, ist für mich ein Gefühl der Freiheit und Selbstbestimmtheit. Freiheit von dem täglichen Diktat des modernen Lebens. Reduzierung auf das Wesentliche. Das Gefühl, sich für sieben, acht ... zehn Stunden täglich wandernd auf den eigenen Körper zu verlassen. Es hat mich infiziert. Ich musste sehr geduldig warten – auf den richtigen Zeitpunkt, auf eine Zustimmung der Familie –, bis das ganze Vorhaben genügend ausgereift war, um es in die Tat umzusetzen. Mir war wohl bewusst, dass diese Herausforderung vielschichtig ist ... körperliche Fitness, Ausrüstung, die Motivation jedes Einzelnen und das Wichtigste, Verantwortung über die Sicherheit der Kinder und sich selbst. Jeder musste auf dieser Reise etwas für sich finden, sonst würde es vermutlich nicht funktionieren. Die Motivation und die positive Einstellung müssen die Sorgen und Ängste überwiegen.

Nelly: Ich habe eigentlich nichts erwartet, weil die Vorbereitung so intensiv war. Die Vorfreude war mit dem Festlegen des Starttermins irgendwie verflogen und Sorgen begannen ihren Platz einzunehmen. Auch Erwartungen hatte ich keine mehr, da ich absolut keine Vorstellung vom dem hatte, was da auf uns zukam. So etwas hatten wir noch nie gemacht, nicht in dieser Form, und deswegen hatte mein Kopf auch keine Vorstellung von etwas, aus dem Erwartungen gebildet werden konnten. Natürlich hoffte ich, dass alles gut geht, und dafür haben wir mit Dimitri viel Zeit investiert: Erfahrungsberichte gelesen, geeignete Ausrüstung gesucht und verglichen, unsere Abwesenheit zu Hause organisiert.

Ängste haben mich eigentlich täglich begleitet oder waren es bloß Sorgen? Immer wieder habe ich mich gefragt, ob es die richtige Entscheidung war, die Kinder mitzunehmen. Die Angst bezog sich auf unsere Verantwortung für ihr Wohlergehen. Ich konnte mir die Frage nicht beantworten, denn ich wusste ja nicht schon vorher, was richtig ist. Aber ich wusste, dass ich es machen und die Kinder unbedingt dabeihaben will. Schon häufig in meinem Leben habe ich mich auf mein Bauchgefühl verlassen, in Situationen, wo das Rationale versagt und mein Kopf nicht mehr weiterweiß, hat das immer zuverlässig geklappt. Ich hatte kein seltsames Gefühl und verspürte in mir keinen Widerstand, also habe ich mich darauf eingelassen und versucht, meinen Sorgen eine rationale Unterstützung in Form von optimaler Vorbereitung zu geben. Dazu muss ich sagen, dass die Vorbereitung eigentlich Dimitri übernommen hat. Und da ich gesehen habe, wie akribisch und verantwortungsbewusst er die Sache anpackt und wie viel Zeit er investiert, bestand meine Vorbereitung nur darin, seine Erkenntnisse anzuhören und mein Okay oder „Keine Ahnung“ abzugeben.

Maya: Es fing damit an, dass ich gehört habe, wie Mama und Papa von „ihrem“ großen Plan redeten. Ich war richtig empört, als sie mir erklärten, dass ich und Liam nicht mitkommen würden. Ich habe mir damals sogar überlegt, wie ich es zur Not schaffen könnte, trotzdem mitzukommen. Mein Masterplan klang so: Ich folge ihnen einfach heimlich und wenn sie mich dann irgendwann sehen, können sie mich nicht mehr zurückschicken. Natürlich habe ich ihnen nichts davon erzählt, das war ja geheim. Bis dahin habe ich versucht, sie zu überreden (ich bin ein sehr guter Überreder :). Für alle Kinder unter euch: Ihr müsst einfach eure Eltern mit Vorteilen und schönen Situationen, die eintreten könnten, überhäufen (hier bietet sich zum Beispiel ganz toll die Stärkung der Familiengemeinschaft an) und nebenbei ganz viel Verständnis zeigen – nie die Hoffnung aufgeben! :) Nach einer Weile habe ich dann gemerkt, dass der Gedanke, es zusammen zu machen, für alle immer weniger abwegig erschien. So weit, bis wir irgendwann tatsächlich angefangen haben zu überlegen, in welchem Jahr unser Abenteuer stattfinden soll. Ab dem Zeitpunkt stand für mich fest, dass wir es machen (ich glaub für alle anderen auch, obwohl es keiner zugeben wollte. Es hieß zu dem Zeitpunkt noch, das seien „nur Zukunftsspinnereien“).

Es gab mehrere Gründe, wieso ich unbedingt mitwollte: Einer war, dass ich mir vorgestellt hab, wie braun gebrannt, gesund und sportlich man nach diesen vier Wochen aussehen müsste :) (meine Erwartungen wurden in diesem Punkt nicht so ganz erfüllt, wenn das also das Einzige ist, was euch interessiert, dann würde ich eher ein All-inclusive-Hotel mit Fitnessprogramm auf Mallorca empfehlen). Noch ein Grund war für mich, dass ich die Berge und alles, was mit Natur zu tun hat, liebe und ich mich schon immer sehr dafür interessiert hab. Für alle Naturfreunde und gerade für die Nicht-Natur-Freunde, die eine Erinnerung brauchen, wie schön die Welt ist, kann ich nur von Herzen empfehlen, es zu machen. Komm vom Sofa hoch und fang an zu planen (Ja, jetzt. Ich warte.).

Ich habe mir nie große Gedanken oder Sorgen über die lange Reise gemacht. Ich glaube, das Sorgenmachen ist eher so ein Mama-Ding. Meine einzige Sorge war, dass jemand von uns stirbt, weil er den Berg runterpurzelt. Bei Liam und mir habe ich mir ehrlich gesagt gar keine Gedanken darüber gemacht, ob wir es schaffen. Ich habe auch kein extra Training gemacht und darauf vertraut, dass es mit meiner Faulheitsmethode (die ich grundsätzlich immer anwende und die mich noch nie enttäuscht hat! Ein Hoch auf die Faulheit!) funktioniert. Bei Mama und Papa könnte noch am ehesten was passieren, dachte ich. Sie waren nach den Probewanderungen immer müder als wir. Aber ich habe nicht ernsthaft daran gezweifelt, dass sie es schaffen. Ich bin im Nachhinein ganz dankbar, dass nicht alle diese doch große Sache so locker nahmen wie ich:). Wer weiß, ob es dann geklappt hätte? Das Sorgenmachen hat nämlich auch eine praktische und wichtige Seite.

Liam: Ich dachte, das wäre eine Schnapsidee. Ich dachte, diese Phase geht mal zu Ende, und dann ist gut. Die Idee, nach Venedig zu marschieren, ließ mich kalt. Obwohl wir trainiert haben, habe ich nicht wirklich geglaubt, dass wir die Tour machen. Ich war eher pessimistisch, es sind 550 Kilometer und wir sind bis dahin höchstens mal 20 Kilometer gewandert, das schien unwirklich. Als wir dann Ausrüstung kauften und die Route schon feststand, dachte ich, okay, wir versuchen es tatsächlich. Dann dachte ich, nach den ersten drei oder vier Tagen brechen wir wieder ab.

Wie fängt man an?

Dimitri: Ich war meistens die treibende Kraft hinter den Vorbereitungen. Ich hatte sehr viel Respekt vor der Tour und der Aufgabe, zu viert mit zwei Kindern vier bis fünf Wochen lang durch die Gegend zu marschieren. Es wird wohl auch nur einen Anlauf geben, sollte es nicht funktionieren, ist fraglich, ob wir uns noch einmal