Fertig machen dich deine Fertigkeiten - Rolf Friedrich Schuett - E-Book

Fertig machen dich deine Fertigkeiten E-Book

Rolf Friedrich Schuett

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Beschreibung

Die ältesten Aphorismen waren einzelne Lehrsätze, die jüngeren sind doktrinäre Feinde von Doktrinen. Bis heute doktern sie an uns herum. In idealen Bonmots führen die vorherrschenden Ideologien, Normen und Usancen einer Zeit sich selbst ad absurdumm, und "credo, quia absurdum". "Sprachkürze gibt Denkweite." (Jean Paul) "In die Geschichte gehen Sätze mit höchstens sieben Wörtern ein." (Hugo Steinhaus) "Ein lakonisches Volk sind wir nicht." (Johannes Gross) "Ein Haufen aufs Geratewohl hingeschütteter Dinge ist die schönste Weltordnung." (Heraklit, um 500 v. Chr.) "Der Witz ist das Prinzip und Organ der Universalphilosophie." (Friedrich Schlegel) "Der Aphorismus ist nur aus seiner Stellung zwischen Philosophie und Poesie beschreibbar." (Stefan Fedler, 1992) "Alles Schreiben ist aphoristisch." (Jacques Derrida, 1979)

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Seitenzahl: 53

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INHALT

Surrealistische Philosophorismen

Apropos idyllische Elfenbeintürme

Drecksarbeiter aller Länder, zerstreut euch!

Das Behagen in der Unkultiviertheit

Die ältesten Aphorismen waren Lehrsätze, die jüngeren sind doktrinäre Feinde von Doktrinen. Bis heute doktern sie an uns herum.

„Predigen Sie ihnen doch einmal das Ideal des stillen Menschen, des arbeitsamen Gelehrten! Dass es ihnen voll genug sein soll, wenn sie die großen Werte deutscher Kultur erhalten können und weitergeben: die werden ihnen was erzählen! (Nietzsche hat´s genau gewusst: und gebilligt und mitempfunden! So gehört er zum rohesten Pöbel!: wie sagt er geschliffen: frage einen derben kleinen Igel auf der Straße, ob er etwa besser und klüger werden wolle, und er wird ironisch lächeln; aber raune verheißend: willst Du mehr Macht?!!!; hei, wie da die Äuglein leuchten!!)“ (Arno Schmidt: „Brand´s Heide“)

Surrealistische Philosophorismen

Zen-Koans und narrenfreie Mystik

In der Literatur „ist die Absicht des Autors,

Schmerz zu bereiten, so sichtbar, dass man sich

ein wenig mehr verhärtet.“ (Marcel Proust)

Gewohnheit macht Schlimmes erträglicher und Schönes unerträglicher.

Künstler müssen künstlich wirken, um natürlicher zu sein als übrige Kunststoffmenschen.

Du schießt nicht den Vogel ab, den du hast.

Modernste Essstörung:

Ernährungsbewusstsein.

Ich liebe das Alter, als wäre ich noch der Alte.

Ein Satz lügt durch seine Kürze, ein Aufsatz durch seine Länge, ein Buch durch seine Tiefe.

Beizeiten beiseite. Man sucht die grünste Art des Alterns, die reifste Form ewiger Unreife.

Jugend rebelliert, aber für schönen Unsinn; Alter ist imperfekt, aber vollendet hässlich.

Macht Dreck zu Gold, das zu Scheiße wird!

Dankbare Götter machten Philemon und Baucis nach ihrem Tod zu Bäumen. Die würden moderne Alte gern noch ausreißen.

Wo es bergab geht, muss kein Gipfel erklommen sein.

Ein 70jähriger Rimbaud ist so absurd wie ein 17jährig verstorbener Goethe.

Aphorismus: Breviloquenz der Narrenfreiheit.

Nietzsche 2000: Romantik des Realistischen, Verklärung der Aufklärung, Kult der Unkultiviertheit und Poetik des Prosaischen …

Verlangsamt sich das Altern, beschleunigt sich das Sterben.

Großes liegt darin, mit Kleinem leben, Kleines darin, mit Großem nicht leben zu können.

Reagan, Kohl, Papst Paul II.: „Tuis“ haben vor weltbewegenden Personen meist versagt.

Die Masse ist einsam in jedem, das Individuum in Massen gemeinfrei.

U-Bahn. Man fliegt fließend durch die Erde:

U-Haft im U-Boot auf dem Trockenen.

Kunst: Kann eine Darstellung des Unannehmbaren selber annehmbar angenehm sein? Kann ein Bild von dem, was zum Weinen ist, selber guten Gewissens zum Lachen sein?

Jemand will sich das Leben nehmen, legt sich mit Abschiedsbrief auf Bahngeleise, um danach zu entdecken, dass der Zug ihm das zweifelhafte (und technisch absurde) Geschenk machte, nur beide Beine, nicht den Kopf, abzufahren und das Leben zurückzugeben, aus welchen Motiven auch immer: Dieser Cartoon will keine Krüppel verhöhnen, aber wo nur moralischer Takt herrscht, ist kein Schwarzer Humor mehr möglich, der ja vom Widerstreit gleichzeitiger Gefühle lebt.

Kohlhaas bekam Recht und ward bestraft für die Mittel, es sich zu verschaffen.

Wer anderes will, als er hat, verliert, was er hat.

Mehr Macht ist mehr Vorrecht auf Unrechttun.

Unrecht schafft den Staat, der sich Recht schafft

Recht ist eher das kleinere Übel

als das größere Gemeinwohl.

Recht wie Unrecht hilft den wenigen Starken gegen die vielen Schwachen.

Mensch: vegetarisch vollbeschäftigtes Vegetier.

Am Recht darf niemand sich rächen.

Menschlichkeit: Mensch noch unter Menschen, Dieb über Dieben, Heuchler hinter Meuchlern.

Türmt in Elfenbeintürme, die man stürmt!

Warum kennen sterbliche Lebewesen nur unsterbliche Steine und nicht auch umgekehrt?

Ist es schon Kunst, gut von ihr zu leben?

Hinter dem Gesetz sind manche wieder gleicher als vor dem Gericht.

Wäre es gerecht, wo Rechtsstaat unnötig wäre?

Das Recht schützt die Schwäche der Schwachen

Ich weiß, morgen werde ich halbwegs wissen, was mein heutiges Wissen gänzlich entwertet.

In Demokratien brauchen Starke nur Clans für ihren Egoismus, Schwache aber Massendemos gegen ihre Individualität.

Rechtsstaat paradox: Meute ohne Beutel auf Beutezügen ohne richtige Ausbeuter.

Recht und Gerechtigkeit sind nie besser als Justiz und Juristen.

Das Entgleiten von allem hast du fest im Griff, bis jeder Begriff dir festlich entgleitet.

Das Alter leidet daran, nicht die Jugendleiden, die Jugend freut sich, nicht die Altersfreuden zu fühlen.

Moderne Despoten diktieren freie Verträge.

Fertig machen uns nur unsere Fertigkeiten.

Steckenpferd: hochtrabende Eselei.

Lässt sich Geschehenes nicht ungeschehen machen, soll auch nichts Ungeschehenes mehr passieren.

Ist Sentenzenschleifen ein Kopfzerbrechen über strenge Formen des Formzerbrechens oder nur ein verdrehtes Kopfverdrehen?

„Die Bücher haben alles bewirkt.“

(Voltaire, zitiert von Joseph de Maistre)

Das Alter verliert sogar das letzte Gefühl des Depressiven, gefühllos zu werden.

Die totalitäre Gesellschaft versteht nur, was sie nicht verbietet, die permissive toleriert nur, was sie nicht versteht.

In der Tauschgesellschaft ist und gilt alles nur für anderes, in der Ästhetik der sinnliche Stoff auch nur für die künstlerische Form.

Sind Begründungen von Wahrheitsbeweisen gründlich wahre Beweise für Wahrheit?

Forscher entdecken und erfinden etwas nur, um bald überholt und vergessen zu werden. Bestätigen Aphoristiker nur diese Regel?

Dass Platon, Spinoza und Kant Spinner seien, denkt der Spießer. Nietzsche bestätigte ihn nur.

Der Aphoristiker will den unerhörten Ideolekt des unansehnlich Unscheinbaren sprechen.

Der Steinalte hat ein Kunstherz aus Gallenstein. Er wird zu Stein, ob Kiesel- oder Edelstein.

Ist Demokratie die Diktatur von Herkunft, Geld und Naturtalent?

Was treibt zum Angriff mehr als der Widerstand und zum Widerstand?

Über Kants Dinge an sich gibt es Bolzanos Sätze an sich, die für uns Aphorismen sein können.

Dürften alle so viel kaufen wie du, könnte niemand mehr etwas kaufen.

Wer über fremde Verhältnisse lebt, ist Ausbeuter.

Verbindlich darf nun nur noch sein, dass alles unverbindlich sein muss.

Jede Partei sagt, ihr Gegenprogramm dürfe man nicht deren Vertretern überlassen.

Bigger bang for the buck. Kränken kränkelnde Kinder eher Mütter oder Väter?

Kann ich etwas ernstlich wollen, ohne erst das Gegenteil zu tun, oder kann ich es tun, indem ich das Gegenteil will?

Humane Existenz insistiert auf Exzentriker, und wer in sich geht, wächst über sich hinaus.

Sagt Heidegger nicht mehr vom genichteten Nichts als über sein alles nichtendes Seyn?

Stellt seine Stärken in Satans Dienst, wer seine Fehler in Gottes Dienst stellt?

Ist Globalisierung neuer Kolonialismus oder Nationalismus alte Menschenrechtsverletzung?

Heideggers Leben folgte aus seinem Tod, der nicht nur auf sein und aus seinem Leben folgte.

Was haben Dinge gemeinsam, die zur selben Welt gehören, und was hat die Welt an sich, um in unendlich vieles zerfallen zu können?

Ungefähr(lich)e Erfahrung. Ist alle Gemeinheit eine Gefahr für die Allgemeinheit?

Mit Lebenskunst kann man so wenig lebendige Kunst machen wie ohne.