Fessel mich - Nimm mich | Erotischer SM-Roman - Rose Garver - E-Book

Fessel mich - Nimm mich | Erotischer SM-Roman E-Book

Rose Garver

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Beschreibung

Dieses E-Book entspricht 168 Taschenbuchseiten ... Maria lebt nach ihrer Trennung ein biederes Leben. Das findet ein jähes Ende, als ihre Freundin verschwindet. Maria folgt ihren Spuren, die zu einem Fotostudio in Portugal führen. Sie nimmt Kontakt auf und gibt sich als Model aus. Erst vor Ort wird ihr klar, dass es sich nicht um normale Fotos handelt, sondern um SM- und Bondage-Bilder. Maria ist fasziniert von den beiden attraktiven Fotografen und gerät in eine Welt voller Lust und Leidenschaft. Doch was ist mit ihrer Freundin geschehen? Wird Maria ihr Schicksal teilen? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.

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Seitenzahl: 223

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Impressum:

Fessel mich - Nimm mich | Erotischer SM-Roman

von Rose Garver

 

Rose Garver ist das Pseudonym einer Autorin, die eigentlich im Genre Spannungsliteratur zu Hause ist. Mit dem Bereich der erotischen Romantik begibt sie sich auf neues Terrain. Die Autorin lebt seit vielen Jahren mit einer Katze in ihrer Wahlheimat Spanien. Dort sitzt sie gern am Meer, um neue Geschichten mit Leben zu füllen. Das Rauschen des Meeres lässt sie die Zeit vergessen, bis ihre Protagonisten vor ihrem geistigen Auge Gestalt annehmen und in romantisch-prickelnde Situationen geraten. Rose genießt den warmen Wind, der über ihre Haut streichelt, und transportiert die dabei entstehende Sehnsucht in ihre Storys. Ihre ersten drei Kurzgeschichten veröffentlichte sie unter dem Pseudonym Lisa May.

 

Lektorat: A. K. Frank

 

 

Originalausgabe

© 2023 by blue panther books, Hamburg

 

All rights reserved

 

Cover: © wisky @ 123RF.com

Umschlaggestaltung: MT Design

 

ISBN 9783756111848

www.blue-panther-books.de

Kapitel 1

Schneeflocken tanzten in der Luft. Jede für sich, bis sie auf eine weitere traf, um sich mit ihr zusammenzuschließen. In dicken polsterartigen Verbunden schwebten sie zur Erde.

Maria starrte auf das Schneegestöber von ihrem Fenster aus. Ihre Knie drückte sie gegen die Heizung und sie genoss die Wärme, die das harte Metall ihrem Körper spendete.

Die kahlen Äste der Bäume vor dem Haus, in dem sie im dritten Stock lebte, wurden nach und nach mit einer weißen Schicht bedeckt und verliehen dem Kargen plötzlich eine romantische Ausstrahlung.

Doch dann wurde Maria wieder von dem Drang getrieben, den Hausputz fertigzustellen. Der Geruch von Zitrone und Alkohol erfüllte die Luft. Die Regale aus Glas glänzten, die Glasrahmen, in denen Bilder ihrer Familie und Freunde steckten, waren ihr nächstes Ziel.

Als sie den Rahmen mit dem Foto ihrer Freundin in den Händen hielt, entwich Maria ein Seufzer. Schon seit drei Monaten sprachen sie nicht mehr miteinander. Maria wusste, dass Tara recht hatte, doch was ging sie das an? Nicht jeder lebte im Müll und verbrachte seine Zeit mit wechselnden Männergeschichten.

Sie richtete sich die Spange, die ihr Haar zusammenhielt, und staubte die restlichen Fotorahmen ab.

Drei Monate! So lange hatten sie sich noch nie angeschwiegen. Und wenn es nur ihre neunmalklugen Anrufe waren, dass sie doch mit auf irgendeine verruchte Party kommen solle, einen Mann treffen müsse und …

Als sie gerade den Parkettboden mit einer Bodenpflege bearbeiten wollte, klingelte das Telefon. Vielleicht Tara?

Mit gemischten Gefühlen nahm sie ab, doch es war Natalia, eines der Mädels aus ihrer Clique.

»Hallo Maria, was machst du gerade?«

»Nichts Besonderes. Ich habe den Schneeflocken im freien Fall zugesehen, warum?«

»Arbeitest du nicht?«

»Nein, ich habe mir endlich mal Urlaub genommen.«

»Das trifft sich gut, wir wollen etwas Wichtiges besprechen und haben gehofft, dass du dabei bist.« Natalias Stimme klang besorgt.

»Was ist passiert? Natürlich komme ich. Wann und wo?«

Natalia seufzte. »Ich will jetzt nicht die Pferde wild machen. Vielleicht hat ja eins der Mädels eine Erklärung. Wir treffen uns heute Nachmittag gegen vier bei Pedro.«

»Okay, ich werde dort sein.«

»Super! Dann sehen wir uns später.«

Maria drückte das Gespräch beunruhigt weg. Was es wohl zu besprechen gibt? Ob etwas passiert war, dass sich alle zu einem Treffen verabredeten? Und dann die Ernsthaftigkeit, ja beinahe Verzweiflung in Natalias Stimme?

***

Maria öffnete die Eingangstür des Mietshauses, in dem sie lebte, und wurde in kalte Winterluft eingehüllt. Die Schneeflocken blieben ausnahmsweise mal liegen und bildeten bereits einen dünnen weißen Teppich auf dem Bürgersteig. Auf der Straße wurde er von den Autoreifen noch zum Schmelzen gebracht.

Sie zog ihre Wollmütze tiefer und steckte die Hände in die Jackentaschen. Ihr Atem entließ kleine Nebelwölkchen, während sie in Richtung Innenstadt lief.

Pedro war ein alter Schulfreund und betrieb ein zentral gelegenes Bistro. Dort trafen sie sich meist alle zwei Wochen. Sechs Mädels, sieben mit ihr eingeschlossen. Manchmal fuhren sie gemeinsam in den Urlaub, doch mit den Jahren begann eine nach der anderen sich zu verheiraten oder Nachwuchs zu bekommen. Dann gingen der Partner und Familie natürlich vor und so wurden solche Ausflüge in letzter Zeit immer seltener.

Unter ihren Füßen knirschte der Schnee, was sie liebte. Die Luft war rein und klar. Der Verkehr floss gemächlich auf den großen Alleen, von denen sie zwei überquerte. Schließlich bog sie in ein paar schmale Nebenstraßen und erreichte das Bistro, dessen Schaufenster mit gelb leuchtenden Weihnachtssternen dekoriert war.

Pedro kam ihr entgegengelaufen, als sie den Laden betrat. Herzlich zog er sie in seine Arme und strahlte sie an.

»Schön, dich zu sehen!«

»Hallo Pedro. Du hast aber zeitig die Weihnachtsstimmung hervorgezaubert. Hübsch sieht es aus.«

Pedro nahm ihr – wie immer ganz Gentleman – den Mantel ab und grinste verschmitzt.

»Weihnachten ist schon in wenigen Wochen. Und so einer Dekoration kann bei dem Schneegestöber keiner widerstehen.«

Maria lächelte und bemerkte, dass es tatsächlich ungewöhnlich voll war. Ihre Freundinnen winkten und schienen in ein Thema vertieft zu sein.

»Hallo Mädels.« Maria zog sich einen Stuhl an den Tisch und bekam von Pedro einen Kakao mit dicker Sahnehaube hingestellt.

»Wie der dich schon wieder anschmachtet«, kicherte Andrea und lugte kurz zum Tresen.

»Was hast du gegen ihn?«, begann nun auch Nicole, worauf Maria genervt die Augen verdrehte.

»Ihr müsst nicht denken, nur weil ich länger Single bin, den erstbesten Kerl abzugreifen. Was ist nun so wichtig? Natalia wollte am Telefon nichts verraten.«

Maria hoffte, so das Thema schnell vom Tisch zu haben. Schon eine ganze Weile versuchten sie, sie mit Pedro zu verkuppeln, was ihr extrem auf die Nerven ging.

Alle setzten ernste Gesichter auf. Andrea rührte ungewöhnlich lange in ihrer Kaffeetasse.

»Wir machen uns Sorgen um Tara. Sie hat sich schon seit mindestens drei Monaten nicht mehr gemeldet. Ihrem Mitbewohner Olaf bin ich vor ein paar Tagen begegnet. Er hat gleich nach ihr gefragt. Auch er weiß nicht, wo sie steckt. Er sah besorgt aus. Und Olaf ist kein Mensch, der sich schnell Sorgen macht, geschweige bemerkt, wenn Tara länger nicht da ist.«

Maria nickte. »Ich dachte, sie sei noch sauer auf mich und würde sich deshalb nicht melden.« Maria schob den Teelöffel in die Senkrechte und richtete die Tasse so aus, dass der Griff rechts lag. Dann positionierte sie die Serviette auf dem Tisch, dass die Winkel gerade lagen.

»Wir haben recherchiert, nicht wir, sondern Lena«, fuhr Andrea fort und riss Maria aus ihren Zwängen. Erwartungsvoll und besorgt sah sie hoch.

Lena räusperte sich und zog einen Notizblock aus ihrer roten Handtasche. Ihre himmelblauen Augen schauten bedeutungsvoll in die Runde.

»Nachdem Tara einfach nicht mehr an ihr Handy ging, habe ich Olaf überredet, dass er uns in ihr Zimmer reinlässt, um nach Hinweisen zu suchen. Auch in ihre Mails habe ich reingelesen. Ganz wohl war mir nicht dabei, doch was, wenn sie in Schwierigkeiten steckt?«

»Na klar. Das hätten wir doch alle gemacht«, beruhigte Maria Lena, die augenscheinlich ein schlechtes Gewissen hatte, die Privatsphäre ihrer Freundin derart missbraucht zu haben.

Die anderen Mädels nickten beipflichtend.

»Konntet ihr denn Hinweise finden?«, erkundigte sich Natalia und schlang den letzten Bissen eines Apfelplunders herunter.

Lena presste die Lippen zusammen und verengte die Augen.

»Sie ist nach Portugal gereist, so viel steht schon mal fest. Ein Rückflugticket hat sie nicht gebucht.«

»Portugal? Kennt sie dort jemanden?«

Lena zuckte mit den Schultern. »Nicht, dass ich wüsste. Sie wollte dort auch keine Freunde besuchen, sondern als Model einen Job annehmen.«

Alle rissen überrascht die Augen auf.

»Wieso hat sie niemandem davon erzählt?«, warf Natalia ein. »Es ist doch nichts Verwerfliches daran. Und wieso meldet sie sich nicht? Sie muss doch wissen, dass wir uns total Gedanken machen.«

»Genau das macht mir Sorgen! Und deshalb wird eine von uns dort hinfahren. Ich habe noch die E-Mail des Fotografen. In einer der Nachrichten spricht Tara von zwei Models, die er sucht und dass sie Interesse hätte. Er hat ihr dann eine Einladung gesendet. Ich habe mir gedacht, dass wir es genauso machen. Eine schreibt ihm, dass sie gehört hätte, dass er ein Model suche, wie die Bezahlung aussieht – denn es soll ja echt wirken –, und dann hoffen wir mal, dass er zusagt.«

»Liebe Lena, das klingt ja alles ganz nett, doch ist das am Ende nicht gefährlich? Sollten wir nicht lieber die Polizei auf den Plan rufen?«, warf Maria kritisch ein.

Lena schürzte ihre roten Lippen und winkte ab. »Die Polizei! Bis die was machen, brauchen die doch richtige Beweise. Hinweise, dass etwas passiert ist. Die haben wir nicht. Zudem Portugal! Maria, sprichst du nicht Portugiesisch?«

Maria kicherte. »Jetzt sind wir schon so viele Jahre befreundet. Ich bin zur Hälfte Spanierin und selbst mein Spanisch lässt zu wünschen übrig.«

Lena verzog enttäuscht das Gesicht.

»Was haltet ihr denn nun von meiner Idee, dass jemand versucht, dort als Model herumzuschnüffeln?«

»Herumschnüffeln!«, wetterte Sandra. »Das ist doch kein Thriller und wir sind keine Schauspieler. Herumschnüffeln. Das ist doch kein Spiel. Wer weiß, was dort für Leute sind!«

Lena zuckte mit den Schultern. »Wo ist das Problem? Ein bisschen modeln und die Ohren offen halten. Oder vielleicht direkt fragen.«

»Das könnten wir doch auch von hier aus machen. Warum sendest du dem Fotografen nicht einfach eine Mail und fragst nach Tara?«, erkundigte sich Maria und löffelte die Sahnehaube ihres Kakaos ab.

»Das habe ich doch schon gemacht.«

Alle Augenpaare hingen erwartungsvoll an Lenas Lippen.

»Er hat geschrieben, dass er nur kurz mit ihr Kontakt gehabt hätte, dass sie seinen Ansprüchen nicht genügt hätte. Aber wisst ihr was?« Lena blickte wieder mit großen Augen von einer zur anderen. »In ihren Mails konnte ich lesen, dass sie dort für fünf Wochen eine Anstellung bekommen hat.«

»Wem hat sie das geschrieben?«, wollte Andrea wissen.

»Irgendeiner Cécile. Sie haben sich wohl auf der Reise nach Portugal kennengelernt. Sie hat von Tara seitdem auch nichts mehr gehört. Jetzt sagt mal ehrlich: Da stimmt doch was nicht! Der Fotograf verheimlicht etwas. Ganz eindeutig.« Ihre Stimme war laut geworden, sodass die Sitznachbarn bereits rüberschauten.

Maria seufzte. »Und was, wenn wir keine Antwort erhalten, nachdem sich eine von uns als Model angeboten hat? Oder eine Absage bekommt?«

»Auf alle Fälle muss jemand dort hin, um nach Tara zu suchen!«

»Und diejenige bist du?«, fragte Maria spitz. Denn Lena schien ja auch sonst im Alleingang zu agieren, doch diese schüttelte den Kopf.

»Ich würde es tun, doch mein Freund ist so megaeifersüchtig. Typisch Italiener! Er hat sofort auf stur geschaltet.« Missmutig blickte sie auf ihre Sahneschnitte und stocherte auf die Schokoladen-Dekoration ein.

»Na super. Und wer, wenn das überhaupt ein guter Plan ist, soll das machen?«

Alle sahen sich ratlos an.

»Also ich kann nicht«, bekräftigte Lena.

»Ich auch nicht. Ich habe bereits meinen ganzen Urlaub aufgebraucht.«

»Ich auch.«

»Ich habe Familie, wie soll ich da einfach verschwinden?« Daniela blickte weinerlich.

Maria seufzte. Niemand schien nach Portugal reisen zu können, doch den Plan verwerfen wollte auch keiner.

»Ich denke, wir müssen eine andere Lösung finden.«

»Was ist eigentlich mit dir? Du sagst, dass du gerade Urlaub hast. Wieso schreibst du den Fotografen nicht an?«

Maria hätte am liebsten laut losgelacht, wäre die Lage nicht so angespannt.

»Ich? Als Model? Du spinnst ja.«

Sandra riss ihre nachtschwarzen Augen auf. »Natürlich. Du könntest richtig super aussehen.«

»Könnte?«, hakte Maria nach und presste die Lippen zusammen. Diese elende Göre, ging es ihr durch den Kopf.

Sandra errötete leicht und wirkte erleichtert, als Lena das Gespräch rettete.

»Sie hat recht. Weißt du noch Karneval vor drei Jahren? Was für eine heiße Braut wir aus dir gemacht haben? Doch nun versteckst du dich wieder hinter dem Dutt und den schrecklichen Klamotten, die du trägst. Du könntest mit jedem Model mithalten. Du hast eine beneidenswerte Figur, tolle grüne Augen und diesen schönen Braunton in deinen langen Haaren, die du immer so streng trägst. Doch das alles versteckst du. Warum auch immer, aber es wird Zeit, dass du aus deinem Schneckenhaus herauskommst.«

Die anderen Mädels kicherten und nickten beipflichtend.

Maria verzog schmollend den Mund. »Danke für die Blumen.«

»Jetzt hab dich nicht so. Du bist die Einzige, die gerade Urlaub hat, gut aussieht und Single ist.«

»Ich und ein Model. Ihr tickt ja nicht richtig!«

Lena schürzte die Lippen und schien sie wie ein Kaufobjekt abzuscannen.

»Wir treffen uns heute Abend bei mir. Mein Freund ist mit seinen Kumpels zum Bowlen. Dann werden wir aus unserer braven Maria eine heiße Braut machen, ein Foto schießen, mit dem wir den Fotografen in Portugal anschreiben, und alles Weitere wird sich dann zeigen.«

Alle nickten. Maria ärgerte sich. Die hatten es leicht, den anderen eifrig beizupflichten, schließlich mussten sie sich nicht aufbrezeln, um bei einem Portugiesen gut anzukommen. Einem Fremden! Vielleicht einem Mörder!

»Was, wenn der Fotograf ein Serienkiller ist?«, fragte Maria und wusste selbst, wie dämlich das war. Doch einige wirkten tatsächlich besorgt.

»Wenn er dir dumm kommt, dann sagst du, dass wir jeden Tag auf Nachricht von dir warten und über ihn Bescheid wissen. Wir machen zudem ein Codewort aus. Wenn das in deinen Nachrichten auftaucht, dann rufen wir sofort die Polizei auf den Plan. Was hältst du davon?«

Maria seufzte. »Für Tara, die blöde Göre, mach ich’s. Wenn sie wieder auftaucht, sage ich ihr so richtig die Meinung.«

»Ich auch«, brummte Sandra und alle nickten zustimmend, als seien sie nur Zaungäste dieser Unterhaltung.

Kapitel 2

Maria saß in ihrem kleinen Atelier und räumte ihre Ölfarben weg, säuberte die Pinsel, um sie nach Größe geordnet an ihren Platz zu legen, und betrachtete noch einmal das Farbenspiel auf der Leinwand. Die bunten Häuser, die sie gemalt hatte, spiegelten sich im Fluss, der darunter entlangfloss.

Portugal! Fotoshootings! Ich als Model! Ihr wurde flau im Magen. Insgeheim hoffte sie, dass der Fotograf nie antworten oder kein Interesse zeigen würde.

Sie warf einen Blick auf die Wanduhr. Sie würde sich langsam auf den Weg machen müssen. Sie wusste natürlich, dass man mit etwas Schminke und den passenden Klamotten eine Frau aus ihr zaubern konnte, die Aufmerksamkeit auf sich zog, doch das war ganz und gar nicht ihr Naturell. Sie wollte einen Mann, der sie wegen ihres Intellekts schätzte, wegen ihrer Charaktereigenschaften, wegen des Wesens, das sie innerlich war.

Sie seufzte. Sie glaubte schon lange nicht mehr an die wahre Liebe zweier Menschen. Und sie hasste sich selbst dafür, dass sie ihrem Ex insgeheim nach wie vor nachtrauerte. Er war Wissenschaftler, hatte nie Zeit gehabt und doch, die wenigen Stunden, die sie in der Woche miteinander verbracht hatten, waren von einer tiefen Verbundenheit geprägt gewesen. Dann jedoch hatte er sich einfach abgekapselt, bis die Beziehung schließlich in die Brüche ging. Ganz verstanden hatte sie das nie.

Im Flur warf sie einen Blick in den Spiegel, richtete sich die Spange, die ihre Haare straff zusammenhielt, und zog noch den dicken Rollkragenpullover an. Im Hausflur begegneten ihr die Nachbarsmädchen, die kichernd nach unten rannten.

Die kalte Luft ließ sie frieren und gleichzeitig wieder einen klaren Kopf bekommen. Sie musste unbedingt eine andere Lösung finden! Als Model würde sie absolut nicht mithalten können.

Ihre Schritte hinterließen Abdrücke im Schnee. Lena wohnte nur wenige Straßen weiter in einem modernen Mehrfamilienhaus mit schönen Balkonen an der Hausfront. Maria bemerkte den Wagen von Sandra. Mit jedem Schritt wurde ihr unwohler zumute. Sie hatte doch überhaupt keine Ahnung, wie man sich vor einer Kamera zu bewegen hatte!

Die Haustür stand offen. Zügig nahm sie die Stufen, immer zwei auf einmal, und erreichte den zweiten Stock. Hinter der Wohnungstür hörte sie die Stimmen ihrer Freundinnen und klingelte.

Lena öffnete und zog Maria in die Wohnung, in dessen breitem Flur die anderen Mädels bereits auf sie warteten.

»Wir wollen dir alle sagen, wie froh wir sind, dass du es versuchen möchtest.« Lena umarmte sie herzlich.

»Jetzt macht bitte nicht so einen Wirbel. Ich bin zudem nicht überzeugt, dass ich die Richtige dafür bin.«

Nach ihrem ernst ausgesprochenen Zweifel erstarb das fröhliche Gehabe, was Maria als absolut unpassend empfand. Sie waren es ja auch nicht, die in ein anderes Land fliegen sollten, um sich dort als Model auszugeben.

»Lass uns nicht gleich so schwarzsehen«, beschwichtigte Lena und zog sie ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch stand eine Flasche Sekt, auf die sie zielstrebig zulief und mit einem lauten Plopp öffnete. Gerecht teilte sie die perlende Flüssigkeit auf sechs Gläser auf.

»Mädels!«, begann sie und wartete, bis sich alle ihr zuwandten. »Wir vermissen unsere liebe Tara. Maria braucht nun jeden Tipp, den ihr habt, um als Model nicht aufzufallen. Das ist es doch, worüber du dich am meisten sorgst, oder nicht? Du bist eine mutige Frau, welche die Dinge blitzschnell durchschaut, deshalb kann es nur daran liegen.«

Maria musste kichern. Sicher lag es an dem halben Glas Sekt, das sie einfach heruntergekippt hatte, was sie normalerweise nie tat.

»Ihr geht mir so was von auf die Nerven! Ihr wisst doch alle, dass ich meine Ticks habe, da brauche ich wohl keinen Hehl draus zu machen. Ich hasse Schmutz, Dinge, die ungeordnet wirken, und diese Sache mit Portugal beinhaltet eigentlich das alles für mich. Wollen wir nicht erst diesen Fotografen anschreiben? Vielleicht antwortet er gar nicht, dann wäre alle Mühe umsonst gewesen, die wir investieren wollen.«

»Wir brauchen ein richtig schickes Bild von dir«, erwiderte Sandra kleinlaut.

»Sandra hat recht«, pflichtete Lena ihr bei. »Und deshalb machen wir jetzt ein Model aus dir, wenn du einverstanden bist.«

Maria seufzte. Sie hatte keinen Plan, wie sie aus dieser Nummer wieder herauskam, und nickte zerknirscht.

Maria konnte den Eindruck nicht abschütteln, dass alle irgendwie Spaß an der Sache gefunden hatten, nur sie selbst nicht. Auch Tara war in den Hintergrund geraten. Fünf kichernde und schwatzende Frauen mittleren Alters wollten aus ihr eine heiße Braut machen. Sie erinnerte sich mit Schaudern an das letzte Mal. Sie hatte ausgesehen wie eine Bordsteinschwalbe, jeder Kerl hatte sich nach ihr umgedreht. Das war ihr nicht nur unangenehm gewesen, sondern richtiggehend peinlich.

»Setz dich und löse mal diese Haarspange. Wieso trägst du dein Haar eigentlich nie offen?«, fragte Andrea, als sie die brünette Mähne beobachtete, wie sie sich aus den Plastikzacken herauslöste und sich lockig auf Marias Schultern legte.

»Und diese schöne Farbe! Ist das natürlich?« Sandra ließ ihre Hand über das Haar gleiten.

Maria lachte. »Ihr seid ziemlich albern, merkt ihr das eigentlich gar nicht? Natürlich färbe ich sie ab und zu. Ihr müsst nicht denken, dass ich mich nicht auch hübsch mache.«

Lena winkte ab. »Ich glaube, das ist lange her, so filzig wie die sind. Aber lassen wir das. Vielleicht tut dir ein Trip in eine andere Welt, ach, was sag ich, ein Trip in ein anderes Leben richtig gut. Dein Wissenschaftsfuzzi hat dich doch total runtergezogen. Du brauchst dir keine Mühe zu geben, das zu verheimlichen. Wir alle wissen das. Wir alle können es auch nachvollziehen. Er war zwar sonderbar, aber ein richtig leckeres Früchtchen.«

Maria runzelte die Stirn, doch das Gekicher der anderen ließ ihren Groll wieder schwinden.

»Ich möchte dir die Haare schneiden!« Lenas Stimme klang streng und fordernd. Maria wusste, dass sie ihr das nur schwer würde ausreden können. Lena war die nervigste Person, die sie kannte, wenn es darum ging, den eigenen Willen durchzusetzen.

»Du willst mir die Haare abschneiden?«

Lena kicherte. »Nein, ein Model mit langen Haaren ist doch klasse. Aber wir sollten sie etwas in Form bringen. Leicht gestuft und ein Pony würde dir guttun.«

»Wieso denn das?«

»Würde dir gut stehen.«

Maria zuckte mit den Schultern. Ein Pony! Ehe ihr ein passender Protest über die Lippen kam, stimmten die anderen bereits mit ein.

»Oh ja, ein Pony! Lass ihn dir schneiden. Lena kann das.«

»Ich weiß, dass sie Haare schneiden kann«, stöhnte Maria. »Dann von mir aus.«

Sie lehnte sich in den Stuhl zurück und ließ die Prozedur von fünf aufgedrehten Frauen über sich ergehen.

Ehe sie sichs versah, fielen die ersten Haarsträhnen. Als sie diese am Boden liegen sah, wurde ihr nicht besser zumute. Einen Spiegel gab es nicht, sie würde sich also gedulden müssen, bis sie fertig waren.

Lena schnitt ihr Haar trocken und steckte es schließlich an den Seiten hoch. Andrea hielt ein sommerliches beiges Kleid, in den Händen, in das Maria hastig hineinschlüpfte. Es betonte ihre weiblichen Konturen.

»Hier, schau, ob sie passen. Du brauchst ja nicht darin zu laufen, sondern sie nur für das Bild zu tragen.« Lena stellte ihr ein paar rote Lackschuhe hin, die höher nicht hätten sein können.

»Sie muss noch geschminkt werden!« Sandra stand bereits mit einem Beutel voller Schminkutensilien parat, doch Lena winkte ab.

»Nein, wir sollten das, was sie draufhat, so belassen. Das steht ihr ganz gut so. Sie soll schließlich keine falschen Erwartungen wecken.«

»Schön, dass euch wenigstens etwas an mir gefällt«, gab Maria schmollend zur Antwort.

»Es geht nicht darum, was uns gefällt, sondern um ein heißes Foto.« Lena wirkte, als sei sie völlig in ihrem Element. Konzentriert begann sie eine Ecke in ihrem Wohnzimmer freizuräumen, baute eine Leinwand auf und stellte ein Stativ bereit.

Als Maria aufstand, stakste sie in Richtung des Stuhls.

»Wow, sieh mal einer an! Das kleine Küken ist ein Schwan geworden«, bemerkte Andrea und kicherte.

»Da sagt kein Fotograf nein. Du wirst sehen«, feixte Lena und zwinkerte ihr zu. Maria erhaschte einen Blick in den Spiegel. Sie sah tatsächlich toll aus. Es lag eine lange Zeit zurück, dass sie sich freiwillig so in Schale geworfen hatte. Doch eines, das wusste sie bereits, so richtig wohl fühlte sie sich in dem sexy Aufzug nicht.

»Die Frisur ist toll geworden«, lobte sie lächelnd Lena, die daraufhin strahlte.

»Das wollte ich schon lange Mal mit dir machen!«

Maria setzte sich unsicher auf den Stuhl und schlug die Beine übereinander, als Lena protestierte.

»Nein, wir wollen kein langweiliges Foto senden. Geh an die Rückseite und lehne dich mit den Händen oben auf die Lehne und strecke deinen Po nach hinten leicht heraus.«

Maria befolgte die Anweisung, kam in eine minimal gebeugte Stellung und lächelte in die kleine Gruppe Frauen, die sie anstarrten, als wären sie Teenager auf ihrer ersten Modelshow.

»Ja, genau so!«, freute sich Lena und begann eifrig zu knipsen.

Maria kam sich vor wie in einem falschen Film. Alle wirkten begeistert und schienen gar nicht den Ernst der Lage vor Augen zu haben.

Als Lena zufrieden mit der Fotoauswahl war, entledigte sich Maria der hohen Schuhe und ließ sich auf die Couch fallen.

»Modeln. Das geht mir ja jetzt schon auf die Nerven. Da sind mir all die Bücher, die ich täglich verkaufe, tausendmal lieber.«

»Ich bin sicher, dass der Beruf Model wesentlich mehr Interessenten aufweisen kann als der der Bibliothekarin.« Sandra lachte schelmisch und stellte ihr ein weiteres Glas Sekt auf den Tisch, das sie dankend ablehnte.

Neugierig starrte sie nun auf den Bildschirm und beobachtete, wie Lena die E-Mail-Adresse eingab.

»Also, was schreiben wir denn dem Herrn Fotografen?«

Maria zuckte mit den Schultern und auch die anderen, die sich um den Computerbildschirm quetschten, machten fraglose Gesichter.

»Wie heißt er denn?«, erkundigte sich Maria.

»José Armado. Mehr weiß ich leider nicht über ihn. Auch das Netz hat nichts hergegeben, als ich seinen Namen in verschiedene Suchmaschinen eingegeben habe.«

»In welcher Sprache hat Tara ihn angeschrieben? Englisch?«

Lena schüttelte den Kopf. »Nein, sie hat auf Deutsch geschrieben und er hat auf Deutsch geantwortet.«

»Das ist doch schon mal ein Anfang! Fang einfach ganz ungezwungen an. Hallo, ich bin Maria«, begann Maria grummelig zu diktieren, aber Lena machte keine Anstalten zu schreiben.

»Was ist?«

»Du wirst eine ganz andere Person sein, in einer neuen Umgebung, das ist dir doch klar? Du kannst dort nicht die in sich gekehrte Frau mit strengem Dutt sein.«

Maria blickte unwirsch auf. »Was willst du denn noch? Ich habe zugesagt, vor Ort nach Tara zu suchen. Informationen zu bekommen, ob sie dort war und mit wem sie verkehrt hat. Ich mache es nicht gern, aber zum Modeln muss man nicht sonderlich klug sein.«

Lena lachte. »Du hast doch noch einen Vornamen. Wie war der gleich?«

Maria seufzte deutlich genervt. »Camilla.«

»Gut. Du wirst dich Camilla nennen. Neuer Name, neues Leben. Maria bleibt hier und Camilla fliegt nach Portugal.« Lena starrte sie hartnäckig an, bis Maria nickte.

»Erst muss er überhaupt mal antworten.«

***

Camilla! Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie ihre Familie sie manchmal so genannt hatte. Der Name ihrer Tante, die Schwester ihres Vaters. Sie war eine mutige und selbstbewusste Frau gewesen, die zudem außerordentlich attraktiv war.

Vielleicht war es ein Zeichen, dass Lena ihr diesen Namen nahegelegt hatte? Lächelnd besah sie sich im Spiegel. Dieser dumme Pony machte sie nervös, da er an der Stirn kitzelte. Es schien, als seien da Haarsträhnen, die ihr gleich in den Augen hängen würden. Ganz automatisch griff sie ständig danach. Doch sie sah tatsächlich sehr viel besser aus, wenn sie ihr Haar nicht so streng nach hinten knotete.

Aber das war ihr natürlich bewusst, weshalb sie sich fragte, warum sie so lange geschmollt und nicht mehr am Leben teilgenommen hatte. Das mit David war mittlerweile fast ein Jahr her. Damals hatte sie geglaubt, ihren Seelenpartner gefunden zu haben, doch dann bestand ihre Beziehung nur noch aus sich wiederholenden Enttäuschungen. Er schenkte ihr immer weniger Aufmerksamkeit, geschweige denn liebevolle Momente. Es hatte ihr das Herz gebrochen.

Sie seufzte. Es war Zeit, sich aufzuraffen! Ein anderes Leben zu führen. Offen zu sein für Neues. Camilla! Ja, das passte zu ihr.

Sie schlenderte zurück ins Wohnzimmer, rückte noch mal die Schlüssel zurecht, die im Flur auf einem kleinen Schränkchen lagen. Auch das würde sie sich gern abgewöhnen, doch dafür brauchte es sicher mehr als eine neue Frisur oder einen anderen Namen, dachte sie schmunzelnd.

Sie zwang sich, die Kaffeetasse nicht wegzuräumen, und streckte sich auf ihrer Couch aus. Es dauerte nicht lange und sie dämmerte weg. Erst das Klingeln ihres Telefons riss sie aus einem unruhigen Schlaf.

»Hallo?«

»Ich bin es, Lena. Ich habe dir per Mail deine neue E-Mail-Adresse gesendet und das Passwort. Die habe ich für deinen Model-Auftrag angelegt. Möchtest du selbst ab und zu reinsehen, ob unser Fotograf sich gemeldet hat?«

»Es kommt mir vor, als seist du in einem früheren Leben eine Spionin gewesen.« Maria kicherte. »Natürlich sehe ich regelmäßig nach. Ich bin gespannt, ob was kommen wird. Von Tara noch immer keine Spur?«

»Nein, leider nicht. Es wird Zeit, dass wir nach ihr suchen. Das sieht ihr doch gar nicht ähnlich.«

Maria seufzte. »Ich weiß nicht. Manchmal war sie schon merkwürdig. Hat sich einfach tagelang unsichtbar gemacht.«

»Aber nicht so lange. Selbst zu Hause ist sie schon länger nicht mehr aufgetaucht. Es ist absolut richtig und wichtig, was wir tun!«, erwiderte Lena aufgebracht.

»Was ich tue. Eventuell. Ich sehe gleich mal nach. Mach’s gut.«

Maria nahm die Kaffeetasse vom Tisch, spülte sie sorgfältig aus und stellte sie unter die Kaffeemaschine. Die braune, aromatisch riechende Flüssigkeit füllte die Tasse. Maria seufzte. Ihr wäre es beinahe lieber, wenn sich der Fotograf nie melden würde. Mit einem unguten Gefühl ging sie an den Computer und öffnete ihr neues Postfach.