Finanzimperialismus - Michael Hudson - E-Book

Finanzimperialismus E-Book

Michael Hudson

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Beschreibung

Seit über 100 Jahren beherrscht der amerikanische Finanzimperialismus das weltweite Finanzsystem. Dieses Buch erzählt die Vorgeschichte der dramatischen Ereignisse, die Michael Hudson in "Der Sektor" geschildert hat. Bis 1917 hielten sich die USA aus der Weltpolitik heraus. Bevor der Erste Weltkrieg ausbrach, hatten die USA die US-Zentralbank Federal Reserve (FED) gegründet. Sie und die Wall Street, meist gelenkt von superreichen Amerikanern, verlagerten Entscheidungen mit weltweiter Wirkung von der Politik auf die Finanzen. Eingängig und überzeugend schildert Michael Hudson die Geschichte des amerikanischen Finanzimperialismus seit 1917 und zeigt, wie gefährlich die Lage weltweit geworden ist – für die USA und die gesamte Weltwirtschaft. Die verheerende Entfesselung des Finanzkapitalismus, die Kontrolle der globalen Finanzströme durch die Wall Street und die FED schildert er als eigentliche Vorgeschichte der dramatischen Weltfinanzkrise von 2008, die keineswegs überwunden ist.

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Seitenzahl: 853

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Michael Hudson

Finanzimperialismus

Die USA und ihre Strategie des globalen Kapitalismus

Aus dem Amerikanischen von Stephan Gebauer und Thorsten Schmidt

Klett-Cotta

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel:

»Super Imperialism. The Economic Strategy of American Empire« im Verlag Pluto Press, London

© 2003, 2016 Michael Hudson

Für die deutsche Ausgabe

© 2017 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH,

gegr. 1659, Stuttgart

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Schutzumschlag: Rothfos & Gabler, Hamburg

Unter Verwendung einer Abbildung von ullstein bild – Bonn Sequenz

Datenkonvertierung: Dörlemann Satz, Lemförde

Printausgabe: ISBN 978-3-608-94753-3

E-Book: ISBN 978-3-608-10974-0

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet über ‹http://dnb.d-nb.de› abrufbar.

Inhalt

Einleitung zur deutschen Ausgabe

Kapitel 1Ursprünge der zwischenstaatlichen Schulden (1917–1921)

Kapitel 2Der Zusammenbruch des globalen Gleichgewichts (1921–1933)

Kapitel 3Die Vereinigten Staaten verschmähen die globale Führungsrolle

Kapitel 4Das Leih-Pacht-System und der Zerfall des britischen Weltreichs (1941–1945)

Kapitel 5Bretton Woods: Der Triumph des staatlichen amerikanischen Finanzkapitals

Kapitel 6Der kommunistische Block wird isoliert

Kapitel 7Die amerikanische Strategie in der Weltbank

Kapitel 8Der Imperialismus der US-Auslandshilfe

Kapitel 9GATT und der doppelte Standard

Kapitel 10Die Vorherrschaft des Dollars durch den IWF (1945–1946)

Kapitel 11Wie Amerika seine Kriege mit den Finanzmitteln anderer Länder finanzierte (1964–1968)

Kapitel 12Macht durch Bankrott (1968–1970)

Kapitel 13Das Imperium durch eine Währungskrise vervollkommnen (1970–1972)

Kapitel 14Die monetäre Frühjahrsoffensive von 1973

Anhang

Anmerkungen

Personenregister

Sachregister

Einleitung zur deutschen Ausgabe

Theoretisch sollten alle Länder vom globalen Finanzsystem profitieren. In der Darstellung der Mainstream-Ökonomie sind die internationalen Finanzen, der Handel und die »Auslandshilfe« (definiert(1) als jeglicher staatliche Kredit) ein(1) beinahe utopisches System, das allen Ländern zugutekommt, sie ihres Vermögens nicht beraubt und ihnen keine Austerität aufzwingt(1). In Wahrheit spielen die Vereinigten Staaten seit dem Ersten Weltkrieg eine(1) führende Rolle bei der Gestaltung eines internationalen Finanzsystems, das(1) ihren eigenen Banken, landwirtschaftlichen Exporteuren, ihrem Erdöl- und(1) Erdgassektor(1) und den Käufern ausländischer Ressourcen Gewinne sichert und die Schulden eintreibt, die andere bei ihnen haben.

Jedes Mal, wenn dieses globale System im vergangenen Jahrhundert zusammengebrochen ist, wurde es vor allem durch die amerikanische Dominanz und das Streben der amerikanischen Banken und Anleihebesitzer nach schnellen Gewinnen destabilisiert. Das rund um den Dollar errichtete Finanzsystem halst immer mehr Industrie- und Entwicklungsländern erdrückende Schulden auf. Seine drei institutionellen Säulen – der Internationale Währungsfonds (IWF), die(1) Weltbank und(1) die Welthandelsorganisation – haben andere Länder, darunter zuletzt die postsowjetischen baltischen Staaten, Griechenland und(1) das übrige Südeuropa, in monetäre, fiskalische und finanzielle Abhängigkeit gezwungen. Die Belastung ist mittlerweile derart erdrückend, dass sie das nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete(1) System zerstört.

Die destruktivste Fiktion in den internationalen Finanzbeziehungen lautet, alle Schulden könnten – und müssten tatsächlich – bezahlt werden, selbst wenn das ganze Volkswirtschaften zerstört, die zum Sparen gezwungen werden. Auf diese Art sollen nicht die Arbeitsplätze und die Industrie, sondern die Anleihebesitzer gerettet werden. Aber einige europäische Länder, allen voran Deutschland, schrecken(1) davor zurück, sich für eine ausgewogenere Weltwirtschaft einzusetzen, die allen Ländern Wachstum ermöglichen(1) und eine wirtschaftliche Kontraktion und Schuldendeflation wie in der Gegenwart vermeiden würde.

Die erzwungene Austeritätspolitik in Deutschland nach(2) dem Ersten Weltkrieg

Nach(2) dem Ersten Weltkrieg wich(3) die US-Regierung von der in Europa üblichen Praxis ab, ihren Verbündeten die Schulden zu erlassen, die sie zur Finanzierung des Kriegs angehäuft hatten. Amerikanische Regierungsvertreter verlangten von den (1)Alliierten die Bezahlung der Waffen, die sie vor dem Kriegseintritt der USA im Jahr 1917 aus Amerika bezogen hatten. Um ihre Schulden bei den Vereinigten Staaten begleichen zu können, erlegten die amerikanischen Verbündeten ihrerseits Deutschland Reparationen(3) auf. Eine von John Maynard Keynes geführte(1) Gruppe britischer Diplomaten wollte die Verantwortung für etwaige katastrophale Folgen der Belastung durch die Reparationsleistungen nicht übernehmen und versprach, das gesamte aus Deutschland erhaltene(4) Geld direkt einfach an das amerikanische Finanzministerium weiterzuleiten.

Die unerträglich hohen Reparationszahlungen trieben Deutschland in(5) die Austerität. Die(2) Folge war der wirtschaftliche Zusammenbruch. Die Reichsbank begann, Geld zu drucken, was zu Hyperinflation und(1) einer Finanzkrise führte(1). Die Schuldendeflation hatte große Ähnlichkeit mit jener, die vor einer Generation die Schuldnerländer der Dritten Welt heimsuchte, sowie mit der gegenwärtigen Krise in den europäischen PIIGS-Staaten (Portugal(1), Irland(1), Italien(1), Griechenland(1) und(2) Spanien).

Um(1) die deutschen Reparationen und die Schulden der Alliierten finanzierbar zu machen, ermöglichten die USA durch eine komplizierte Politik des leichten Geldes Zahlungsströme über drei Banden: Amerikanische Investoren kauften hochverzinste deutsche Anleihen, die(1) deutschen Gemeinden tauschten die mit diesen Anleihen eingenommenen Dollar bei der Reichsbank in Reichsmark um, und die Zentralbank verwendete(1) die Devisen zur Bezahlung der Reparationsschulden bei Großbritannien, Frankreich(1) und(1) anderen Alliierten, die mit dem Geld ihrerseits ihre Schulden bei den Vereinigten Staaten begleichen konnten.

Aber die Lösung, derart hohe Schulden aufrechtzuerhalten, indem man den Schuldnern das für die Tilgung benötigte Geld leiht, kann nur zeitweilig funktionieren. Die amerikanische Federal Reserve ermöglichte(1) diesen Geldfluss über drei Banden, indem sie die Zinsen in(1) den USA niedrig hielt. So hatten amerikanische Investoren einen Anreiz, deutsche Kommunalobligationen und andere hochverzinste Anleihen zu(2) kaufen. Die Niedrigzinspolitik hielt auch die Wall Street davon(1) ab, Geld aus Großbritannien abzuziehen(2) und dadurch eine weitere Verschärfung des Sparkurses und eine Vertiefung der Wirtschaftskrise nach(1) dem Generalstreik im Jahr 1926 zu verursachen. Aber in den Vereinigten Staaten führten die niedrigen Zinsen und der leichte Zugang zu Krediten zum(2) Anschwellen einer Immobilienblase und in der Folge eines Börsenbooms, der(1) im Jahr 1929 mit einem Crash endete(2). Im Jahr 1931 brach der Dreiecksfluss der Zahlungen zusammen. Die USA und Europa schlitterten in eine Schuldendeflation. Die Weltwirtschaftskrise dauerte(1) bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im(2) Jahr 1939.

Als sich der Krieg seinem Ende zuneigte, nahmen die Pläne für die Nachkriegszeit Gestalt an. Die amerikanischen Diplomaten hatten eine wichtige Lektion gelernt: Diesmal würde es keine Schulden für Waffenlieferungen und keine Reparationen geben. Um das globale Finanzsystem zu stabilisieren, würde man eine Goldpreisbindung sowie(1) auf die Bedürfnisse der Kreditgeber zugeschnittene Regeln einführen. Ende der Vierzigerjahre hielten die USA rund 75 Prozent der globalen Goldreserven. Gestützt(1) darauf fungierte der US-Dollar als Reservewährung der(1) Welt und konnte zum 1933 festgelegten Kurs von 35 Dollar pro Unze in Gold eingelöst(1) werden.

Das bedeutete auch, dass die Vereinigten Staaten einmal mehr die Zahlungsbilanzdefizite der(1) europäischen Staaten finanzieren mussten. Das Recycling der offiziellen staatlichen Kreditaufnahme wurde vom Internationalen Währungsfonds und(2) der Weltbank übernommen(2). In beiden Einrichtungen hatten nur die amerikanischen Vertreter das Recht, ein Veto gegen Maßnahmen einzulegen, die nicht in ihrem nationalen Interesse waren. So verwandelte sich die »Stabilität« des internationalen Finanzsystems in(1) einen globalen Kontrollmechanismus, der dazu diente, die Interessen der Kreditgeber in den Vereinigten Staaten zu schützen.

Um sich Gold oder(2) an das Gold gekoppelte(3) Dollar beschaffen(1) und damit ihre heimische Währung stabilisieren zu können, mussten andere Länder die von den USA vorgegebenen Regeln für Handelsbeziehungen und (1)Investitionen befolgen: Sie mussten auf Kapitalverkehrskontrollen verzichten und Beschränkungen für ausländische Unternehmen aufheben, die ihre Bodenschätze ausbeuten(1) oder öffentliche Dienstleistungen, heimische Industriebetriebe und Banken übernehmen wollten.

Im Jahr 1950 war das auf dem Dollar beruhende globale Wirtschaftssystem nicht mehr aufrechtzuerhalten. Es strömte immer mehr Geld in die Vereinigten Staaten, was den Dollar weiter stärkte. Der Koreakrieg führte zu einer Trendwende. Zwischen 1951 und 1971 stieg das Zahlungsbilanzdefizit der USA aufgrund der Militärausgaben im Ausland unablässig. (Die Handels- und Investitionsbilanzen des Privatsektors blieben ausgeglichen.)

Die amerikanischen Staatsschulden ersetzen den Goldstandard

Die(4) Ausgaben für Militärinterventionen im Ausland, die zum Rückfluss amerikanischen Goldes nach(5) Europa führten, schwollen zu einer Flut an, als sich der Vietnamkrieg ab 1962 über Südostasien ausbreitete. Das amerikanische Finanzministerium hielt den Wechselkurs des Dollar stabil, indem es über den Londoner Gold Pool(1) große Mengen des Edelmetalls zum Kurs von 35 Dollar pro Unze verkaufte. Im August 1971 stoppte Präsident Nixon schließlich(1) den Aderlass, indem er die Goldpreisbindung des(2) Dollar aufgab.

Für das weitere Vorgehen gab es keinen Plan. Die meisten Beobachter sahen in der Abkoppelung des Dollar vom Gold eine(6) Niederlage der Vereinigten Staaten. Zweifellos bedeutete dieser Schritt das Ende der 1944 errichteten Ordnung des globalen Finanzmarkts. Aber wie sich herausstellte, war das keineswegs eine Niederlage der USA, im Gegenteil: Da die Zentralbanken anderer(2) Länder nach 1971 kein Gold mehr(7) kaufen konnten (ohne damit auf deutliche Ablehnung bei den USA zu stoßen), gab es nur noch einen Vermögenswert, in dem sie ihre Zahlungsbilanzüberschüsse anlegen konnten: amerikanische Staatsanleihen. Doch diese Wertpapiere waren(1) nicht länger »so gut wie Gold«. Die(8) Vereinigten Staaten begaben nach Belieben Anleihen, um(3) ihre rasch steigenden Haushaltsdefizite zu finanzieren.

Durch die Verschiebung vom Gold zu(9) den zur Finanzierung des amerikanischen Zahlungsbilanzdefizits gedruckten Dollar, mit denen die ausländischen Zentralbanken nun(3) überschwemmt wurden, verwandelten sich die amerikanischen Militärausgaben in die Grundlage der weltweiten Währungsreserven. So(1) lieferte das amerikanische Zahlungsbilanzdefizit die Dollar, mit denen die Haushaltsdefizite der USA und die Kreditschöpfung finanziert wurden: Ausländische Zentralbanken schleusten(4) die amerikanischen Ausgaben im Ausland zum US-Finanzministerium zurück.

In der Praxis werden die anderen Länder besteuert, ohne Einfluss auf die Verwendung ihrer Kredite an(3) den amerikanischen Staat zu haben. Die europäischen Zentralbanken waren(5) noch nicht soweit, eigene Vermögen anzuhäufen und die Dollarzuflüsse in ausländische Aktien oder in den direkten Staatsbesitz an Unternehmen zu investieren. Sie verwendeten ihre Handels- und Zahlungsbilanzüberschüsse einfach zur Finanzierung der amerikanischen Haushaltsdefizite. Das versetzte die US-Regierung in die Lage, die Steuern vor allem für die höchsten Einkommen zu(1) senken.

Der monetäre Imperialismus der USA konfrontierte die europäischen und asiatischen Zentralbanken(1) mit(6) einem Dilemma, das bis heute Bestand hat: Wenn sie aufhören, Vermögenswerte in Dollar zu kaufen, werten die Währungen ihrer Länder gegenüber dem Dollar auf. Der Kauf amerikanischer Staatsanleihen ist der einzige Weg, um die Wechselkurse stabil zu halten und auf diese Art zu verhindern, dass sich die Exporte dieser Länder in Dollar verteuern und auf den Märkten des Dollarraums durch billigere Produkte verdrängt werden.

Das System war kaum so geplant, aber als es etabliert war, wurde es bald bewusst verteidigt. Mein Buch Super Imperialism hat sich im Großraum von Washington am besten verkauft, und das Verteidigungsministerium beauftragte mein Hudson Institute, die genaue Funktionsweise dieses extraktiven Finanzsystems zu erklären. Ich wurde auch ins Weiße Haus eingeladen, um es zu erläutern, und amerikanische Geostrategen verwendeten mein Buch als Handbuch zur praktischen Umsetzung (was ich nicht bezweckt hatte).

Die Aufmerksamkeit verlagerte sich rasch auf die erdölexportierenden Länder(2). Nachdem sich die Exportpreise für amerikanisches Getreide kurz(1) nach der Aufgabe des Goldstandards im(2) Jahr 1971 vervierfacht hatten, erhöhten die erdölexportierenden Länder(3) ihre Ölpreise ebenfalls um das Vierfache. In einer Sitzung im Weißen Haus erfuhr ich, dass amerikanische Diplomaten den Regierungen Saudi-Arabiens und(1) anderer Länder der Region zu verstehen gegeben hatten, diese könnten für ihr Öl so(4) viel verlangen wie sie wollten, aber die Vereinigten Staaten würden es als kriegerischen Akt deuten, würden sie ihre Einnahmen aus dem Erdölexport nicht(5) in Vermögenswerten anlegen, die in US-Dollar denominiert waren.

An diesem Punkt wurde das internationale Finanzsystem unverhohlen(2) extraktiv. Es dauerte bis zum Jahr 2009, bis ein erster Versuch zum Ausstieg aus diesem System unternommen wurde. In jenem Jahr berief die Shanghai Cooperation Organization (SCO(1)) eine(2) Konferenz im russischen Jekaterinburg ein. Dort wurde ein Bündnis geschmiedet, dem sich Russland, China(1), Kasachstan(1), Tadschikistan(1), Kirgisistan(1) und(1) Usbekistan anschlossen(1); der Iran, Indien(1), Pakistan(1) und(1) die Mongolei erhielten(1) Beobachterstatus. Die US-Regierung wollte ebenfalls Beobachter entsenden, aber ihre Bitte wurde ausgeschlagen.

Die amerikanische Reaktion besteht darin, den neuen Kalten Krieg auf den Finanzsektor auszuweiten, die Regeln für das internationale Finanzsystem zum(3) Vorteil der USA und ihrer Satelliten zu ändern – und andere Länder davon abzuhalten, sich aus dem System zurückzuziehen, das den Vereinigten Staaten einen finanziellen Freifahrtschein ausstellt.

Der Internationale Währungsfonds ändert(3) seine Regeln, um Russland und(2) China zu(2) isolieren

Um Russland und(3) China zu(3) isolieren, unterwarf die Regierung Obama mit ihrer konfrontativen Diplomatie die Bretton Woods-Institutionen einer(1) strengeren Kontrolle der USA und der NATO. Damit(1) wurden die nach dem Zweiten Weltkrieg hergestellten(3) Verbindungen unterbrochen.

Der amerikanische Plan war, die russische Wirtschaft(4) so zu schwächen, dass das Land für einen Regimewechsel (eine »Farbenrevolution«) reif würde. Russland sah(5) sich gezwungen, sich von Westeuropa abzuwenden und nach Osten zu orientieren, um die langfristigen Beziehungen zu China und(4) Zentralasien(2) zu stärken. Die USA haben Europa gedrängt, sein Erdöl und(6) Erdgas bei(2) amerikanischen Verbündeten zu kaufen, und durch die Sanktionen wurden die Handels- und Investitionsbeziehungen Deutschlands(1) und(6) Europas zu Russland und(6) China ausgehöhlt(5). Auch europäische Landwirte, andere(1) Exporteure und Investoren wurden um Chancen gebracht, und eine Flut von Flüchtlingen aus gescheiterten postsowjetischen Staaten wurde in den Einflussbereich der NATO gezogen(2).

Die US-Strategen mussten die Regeln des IWF dringend(4) ändern, weil im Dezember 2015 Schulden der Ukraine in(1) Höhe von 3 Milliarden Dollar beim russischen Staatsfonds fällig wurden. Lange Zeit gewährte der Währungsfonds Ländern(5), die sich weigerten, ihre Schulden bei anderen Ländern zu begleichen, keine Kredite. Dieser(4) Grundsatz diente in erster Linie dazu, die finanziellen Forderungen des amerikanischen Staates abzusichern, der normalerweise eine Führungsrolle in Kreditgeberkonsortien mit(1) anderen Regierungen und amerikanischen Banken spielte. Aber auf Betreiben der USA änderte der IWF im Januar 2015 seine Regeln: Von nun an war er bereit, Ländern, die mit ihren Schuldenrückzahlungen an(1) andere Staaten in Rückstand waren, Kredit zu(5) gewähren; implizit zielte diese Maßnahme gegen China (das(6) die amerikanischen Geostrategen als wichtigsten langfristigen Widersacher betrachten), Russland und(7) andere Länder, welche die amerikanischen Finanzkrieger isolieren wollen, um ihnen eine neoliberale Privatisierungspolitik aufzuzwingen(1).1

Der amerikanische Neoliberalismus fördert(2) die Privatisierung und Zerstückelung des Eigentums der Schuldnerländer

Seit dem Zweiten Weltkrieg nutzen(4) die Vereinigten Staaten den Dollarstandard und ihre Vormachtstellung im Währungsfonds und(6) in der Weltbank, um(3) Handel und Investitionen zu(2) ihrem eigenen Vorteil zu steuern. Aber nun, da die gemischte Wirtschaft Chinas schneller(7) wächst als alle anderen und Russland auf(8) dem Weg der Erholung ist, haben die Länder die Möglichkeit, bei der Asiatischen Infrastrukturinvestitionsbank (AIIB) und(1) anderen nicht von den USA beherrschten Konsortien Kredite aufzunehmen(6).

Es geht um sehr viel mehr als um die Frage, welche Länder sich die Bauaufträge und das Bankgeschäft sichern werden. Es geht darum, ob die Entwicklungsphilosophie dem klassischen Weg folgen und von öffentlichen Infrastrukturinvestitionen ausgehen oder ob der öffentliche Sektor privatisiert und die Planung ertragsorientierten Unternehmen überlassen werden soll.

Die Vereinigten Staaten und Deutschland – und(7) in jüngster Zeit China – verdanken(8) ihren Aufstieg zu führenden Industrienationen öffentlichen Investitionen in(3) die wirtschaftliche Infrastruktur. Das Ziel einer solchen Politik besteht darin, die Kosten des Lebens und der Geschäftstätigkeit zu senken, indem grundlegende Dienste subventioniert oder kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Im Gegensatz dazu haben die amerikanischen Privatisierer die Verschuldung als Druckmittel eingesetzt, um die Entwicklungsländer, die postsowjetischen Volkswirtschaften und zuletzt die südeuropäischen Länder zum Ausverkauf ihres Staatseigentums zu zwingen. Die gegenwärtigen Pläne, die neoliberale Politik mit der Transpazifischen Partnerschaft (TTP), dem(1) Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) und(1) dem Transatlantischen Freihandelsabkommen (TAFTA) auf(1) die Spitze zu treiben, dienen dazu, die staatlichen Planungsbefugnisse den Interessen des Finanzsektors und der Großkonzerne unterzuordnen.

Die amerikanischen Strategen hofften offenkundig, die Androhung der Isolation werde genügen, um Russland, China(9) und(9) andere Länder gefügig zu machen, sollten diese versuchen, Handel und Investitionen in(4) ihren eigenen nationalen Währungen unter Kontrolle zu bringen. Sie konnten sich entweder mit Sanktionen wie jenen abfinden, die über Kuba und(1) den Iran verhängt(2) wurden, oder die Isolation vermeiden, indem sie sich dem vom Dollar beherrschten Finanz- und Handelssystem und der Finanzialisierung ihrer Wirtschaft unter amerikanischer Kontrolle unterwarfen.

Das Problem ist, dass der Washington Consensus extraktiv(1) und kurzsichtig ist. Er bringt die Saat aus für Abhängigkeit, kreditfinanzierte Spekulationsblasen und in der Folge Schuldendeflation und Austerität. Dieses(3) Finanzsystem ist darauf ausgelegt, Chancen auf Preistreiberei und Konzernprofite zu nutzen. Die gegenwärtig von den USA vorangetriebenen Handels- und Investitionsabkommen würden die Regierungen zur Zahlung von Geldbußen zwingen, die den Kosten der Erfüllung von Umweltschutzbestimmungen, der Maßnahmen zur Preisregulierung, des Konsumentenschutzes und anderer sozialpolitischer Eingriffe entsprechen, welche die Unternehmensgewinne schmälern könnten. »Unternehmen könnten eine Entschädigung von Ländern verlangen, deren Gesundheits-, Finanz- und Umweltpolitik sowie andere Maßnahmen im allgemeinen Interesse in den Augen der Manager den Interessen ihres Unternehmens schadet, und die Konzerne könnten Regierungen vor internationalen Gerichtshöfen verklagen. Diese entsprechend den Vorgaben der Weltbank und(4) der Vereinten Nationen organisierten Tribunale wären befugt, den Steuerzahlern eines Landes hohe Entschädigungszahlungen für Rechtsvorschriften aufzuerlegen, die sich nachteilig auf die »erwarteten zukünftigen Gewinne« eines Unternehmens auswirken können.2

Diese politische Drohung spaltet die Welt in proamerikanische Satellitenstaaten und Länder, die an Investitionen in(5) öffentliche Infrastrukturen und(1) an einem System festhalten, das lange Zeit als progressiver Kapitalismus bezeichnet wurde. Der von den USA verfochtene Neoliberalismus im(3) Dienst der finanziellen und Unternehmensinteressen des Landes hat Russland, China(10) und(10) andere Mitglieder der Shanghai Cooperation Organization dazu(3) bewegt, ein Bündnis zu schließen, um ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit zu verteidigen, anstatt durch dollarisierte Kredite in(7) Fremdwährungsschulden zu versinken.

Im Mittelpunkt der heutigen globalen Auseinandersetzung stehen die letzten Jahrhunderte der sozialen und politischen Reformen in der westlichen Welt. China, Russland(11) und(11) andere Nationen beschreiten den klassischen westlichen Weg der Entwicklung, wobei sie an einer gemischten Wirtschaft mit öffentlichen und privaten Bestandteilen festhalten. Sie ziehen es vor, neue Institutionen wie die AIIB zu(2) gründen, anstatt zu versuchen, die am Dollarstandard festhaltenden Institutionen IWF und(7) Weltbank zu(5) reformieren. Sie haben die Wahl zwischen kurzfristigen Gewinnen durch Abhängigkeit, die in die Austerität mündet(4), und einer langfristigen unabhängigen Entwicklung, die letzten Endes Wohlstand garantiert.

Länder, die Widerstand leisten, riskieren militärische Aggression oder einen verdeckten Umsturz. Die Vereinigten Staaten hatten lange vor der Ukrainekrise den Vorwand aufgegeben, die Demokratie zu unterstützen. Das ist klar, seit die USA im Jahr 1953 den Putsch gegen die säkulare Regierung des Iran unterstützten(3) und sich 1954 am Staatstreich in Guatemala beteiligten(1), um eine Landreform zu(1) verhindern. Beispiele für die Unterstützung oligarchischer und diktatorischer Klientenregime in Lateinamerika in(1) den Sechziger- und Siebzigerjahren waren der Sturz Allendes in(1) Chile und die »Operation Condor« zur Ermordung von Oppositionellen in ganz Lateinamerika. Unter(2) Präsident Barack Obama und(1) Außenministerin Hillary Clinton beanspruchen(1) die USA für sich, aufgrund ihres Status als »unverzichtbare Nation« hätten sie das Recht gehabt, die NATO-Angriffe(3) auf Libyen und(1) Syrien zu(1) organisieren, während Europa die Flüchtlinge aufnehmen darf.

Deutschlands Wahl

Das war nicht der Zweck der Aufklärung. Im Lauf ihres industriellen Aufstiegs mussten Deutschland und(8) andere europäische Länder auf dem Weg zu freien Märkten viele Jahre kämpfen, um dem grundbesitzenden Adel und den Bankiers die Möglichkeit zu entziehen, wirtschaftliche Renten aus der übrigen Bevölkerung herauszupressen. Dies war die wesentliche Bestrebung der politischen Ökonomie im 19. Jahrhundert und der Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert. Im vergangenen Jahrhundert gingen die meisten Ökonomen davon aus, dass der Industriekapitalismus Überfluss erzeugen, dass die demokratischen Reformen Investitionen in(6) öffentliche Infrastrukturen ermöglichen(2) und dass die staatliche Regulierungspolitik die(1) Lebenshaltungskosten und(1) die Kosten der unternehmerischen Tätigkeit niedrig halten würden. Die amerikanische Wirtschaftsdiplomatie droht(1) die Errungenschaften dieser wirtschaftlichen Ideologie rückgängig zu machen, indem sie die Regulierungsbefugnisse der öffentlichen Hand aushöhlt und mit TTIP und(2)TAFTA eine(2) radikale Privatisierungsagenda durchsetzt.

In den Lehrbüchern wird behauptet, Handel und Investitionen erleichterten(7) es der Wirtschaft ärmerer Länder, den Anschluss an die Entwicklung zu finden, indem sie die Demokratisierung förderten, was den Gesellschaften dieser Länder dabei helfe, nach dem Vorbild der europäischen und nordamerikanischen Industriegesellschaften die etablierten Interessengruppen und Oligarchien zu überwinden. In Wahrheit rückt die Welt nicht näher zusammen, sondern driftet weiter auseinander. Seit dem Platzen der transatlantischen Finanzblase im Jahr 2008 dominiert die Austeritätspolitik. Überschuldeten Ländern wird nahe gelegt, den Wirtschaftsabschwung durch eine Privatisierung ihres öffentlichen Sektors zu bewältigen.

Die unmittelbare Frage, die Deutschland und(9) die anderen westeuropäischen Länder beantworten müssen, lautet, wie lange sie noch der von den USA vorgegebenen Sanktionspolitik folgen und auf Handels- und Investitionschancen in Russland, im(12) Iran und(4) anderen Ländern verzichten wollen. Die amerikanische Unnachgiebigkeit droht, die anderen Länder angesichts einer tektonischen geopolitischen Verschiebung zu einer kategorischen Wahl in Bezug auf die angemessene Rolle des Staates zu zwingen: Sollte der öffentliche Sektor grundlegende Dienste anbieten und die Bevölkerung vor räuberischen Monopolen, Extraktion wirtschaftlicher Renten und finanzieller Polarisierung schützen?

Die globale Finanzkrise der(2) Gegenwart hat ihren Ursprung im Ersten Weltkrieg und(4) seinen Folgen. Damals hätte das Prinzip verfochten werden müssen, dass souveräne Nationen nicht gezwungen werden dürfen, ihr wirtschaftliches Überleben auf dem Altar des Schuldendienstes gegenüber staatlichen und privaten Gläubigern zu opfern. Das im Westfälischen Frieden von 1648 verankerte Konzept der Nation begründete das internationale Recht auf dem Grundsatz der Gleichberechtigung souveräner Staaten und der Nichteinmischung. Ohne eine globale Alternative zu einer Politik, die zulässt, dass die Verschuldung Gesellschaften spaltet und Volkswirtschaften zerreißt, ist der monetäre Imperialismus der Gläubigerstaaten unvermeidlich.

Die globale Spaltung zwischen Gläubiger- und Schuldnerstaaten im vergangenen Jahrhundert hat Europa seiner demokratischen Bestimmung beraubt, die Regierungen mit der Macht auszustatten, die Interessen der Finanzwirtschaft und anderer Rentiers zu überwinden. Stattdessen folgt der Westen den USA, die uns in ein Zeitalter zurückführen, in dem diese Interessen die Regierungen beherrschen. Dieser Konflikt zwischen Gläubigern und Demokratie, zwischen Oligarchie und Wirtschaftswachstum (ja(1) sogar dem wirtschaftlichen Überleben) wird unser Leben in der nächsten Generation und vermutlich im gesamten 21. Jahrhundert prägen.

Michael Hudson, Frühjahr 2016

KAPITEL 1

Ursprünge der zwischenstaatlichen Schulden (1917(1)–1921)

Dennoch ist eine große Veränderung – wahrscheinlich im Endergebnis eine verhängnisvolle Veränderung – von unserer Generation bewirkt worden. Während des Krieges warfen die Privaten ihre kleinen Bestände in den nationalen Schmelztiegel. Kriege haben manchmal dazu gedient, das Geld unter die Leute zu bringen, so als Alexander die Tempelhorte von Persien oder als Pizarro die der Inkas auflöste. Aber bei dieser Gelegenheit konzentrierte der Krieg das Gold in(10) den Kellern der Zentralbanken und(7) diese Banken haben es nicht wieder hergegeben.

John Maynard Keynes, Vom(2) Gelde1

Seit dem Ersten Weltkrieg waren(5) die Wirtschaftsbeziehungen nicht mehr von privaten Investitionen geprägt(1), sondern von den Schulden, die(2) Staaten bei anderen Staaten hatten. Noch entscheidender als der Umfang dieser Schulden war die Konzentration des Kredits, der nun in den Händen eines einzigen Landes gebündelt war: der Vereinigten Staaten. Vor dem Krieg hatte sich kein Ökonom ausmalen können, wie sehr das Verhalten der Vereinigten Staaten von dem älterer Gläubigerländer abweichen oder wie sich das neue System der zwischenstaatlichen Schulden von dem der privaten internationalen Investitionen unterscheiden(8) würde.

Bis zum Ersten Weltkrieg hielten(6) in erster Linie Privatinvestoren ausländische(1) Vermögenswerte in(1) Form von Finanzanlagen oder hypothekarisch gesicherten Schuldverschreibungen, deren Grundlage Ertrag abwerfende Beteiligungen an Eisenbahnen, Bergbauunternehmen, Banken und anderen Unternehmen im Ausland waren. Es war üblich, dass die Staaten hohe Schulden hatten(3), aber diese Schulden hatten sie in erster Linie bei Privatanlegern, nicht bei anderen Staaten.

Die internationalen Kredite und(8) Investitionen sollten(9) sich selbst amortisieren. Wenn der Wohlstand anderer(1) Länder stieg, wurden die Investoren, die(1) ihr Geld in Bergbauunternehmen, Fabriken und andere Unternehmen investiert hatten, an den Gewinnen beteiligt. Handelte es sich um Staatsanleihen, so(1) profitierten sie von höheren Steuereinnahmen. Die Regierungen borgten sich Geld, um Projekte zu finanzieren, die das Nationaleinkommen erhöhten und damit mehr Steuergelder in die Staatskasse spülten, mit denen die Kredite zurückgezahlt werden konnten.

Der Krieg änderte das. Er begründete gewaltige Forderungen von Staaten gegenüber anderen Staaten. Diese Schulden waren(4) deutlich höher als die internationalen Privatinvestitionen und beruhten auf vollkommen neuartigen Prinzipien. Der Großteil der Forderungen entfiel nach dem Krieg auf Kredite für(9) Waffenlieferungen, die(1) sich im Jahr 1923 auf 28 Milliarden Dollar beliefen, sowie auf die Reparationszahlungen von(1) 60 Milliarden Dollar, die Deutschland seit(10) 1921 zu leisten hatte. Diesen Verpflichtungen von insgesamt 88 Milliarden Dollar, die durch die Zinsen weiter(2) stiegen, standen keine annähernd entsprechenden produktiven Ressourcen und kein erkennbar steigendes Steueraufkommen gegenüber. Nicht der Aufbau neuer Ressourcen, sondern die Zerstörung der Ressourcen im Krieg wurde finanziert. Die Kredite, mit denen die Aufrüstung der Entente-Mächte finanziert(1) worden war und jetzt die von Deutschland in(11) anderen Ländern angerichteten Zerstörungen bezahlt werden sollten, brachten keine Erträge, mit denen die Nachkriegsschulden getilgt werden konnten. Im Gegensatz zu den privaten Investitionen waren(2) sie nicht durch produktive Vermögenswerte besichert(2). Und ihr Ausmaß stand in keinem Verhältnis zur Fähigkeit der Entente-Mächte oder Deutschlands, die(12) Schulden mit ihrem Volkseinkommen zu(1) tilgen.

Der Erste Weltkrieg hatte(7) die beteiligten Staaten 209 Milliarden Dollar an direkten Aufwendungen gekostet.2 Europa war nicht imstande, diesen unproduktiven Ressourcenverbrauch allein zu finanzieren. Bis zum Kriegseintritt der Vereinigten Staaten am 7. April 1917 hatten(1) die Entente-Mächte(2) amerikanische Waffen auf Kredit gekauft(10) und Schulden in(5) Höhe von 3,5 Mrd. Dollar in Form von Staatsanleihen angehäuft(2), die sich in den Händen amerikanischer Privatanleger befanden. Um die amerikanischen Rüstungsgüter bezahlen zu können, verkauften die kriegführenden Mächte Europas zudem amerikanische Eisenbahnanleihen, Aktien und(1) andere Wertpapiere im(2) Wert von fast 4 Mrd. an amerikanische Bürger.3 Im Ergebnis stieg das Nettoauslandsvermögen der Vereinigten Staaten um 7,5 Mrd. Dollar.

Europa war im Welthandel an(1) seine finanziellen Grenzen gestoßen. Bei Kriegseintritt der Vereinigten Staaten war die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kontinents erschöpft. Es mangelte ihm an Bargeld für den Kauf ausreichender Mengen an amerikanischen Waffen, und die europäischen Staaten besaßen nicht genug Sicherheiten, um über die amerikanischen Banken zusätzliche Kredite aufzunehmen(11). Daher beschloss der Kongress im(1) Anschluss an die Kriegserklärung, amerikanische Staatsmittel für Rüstungskredite an(1) die Verbündeten bereitzustellen.

Es dauerte fast ein Jahr, bis die amerikanischen Truppen aufgestellt, ausgebildet und für den Kampfeinsatz in Europa bereit waren. Präsident Wilson hatte(1) sein Land nicht nur bis 1917 aus dem Krieg herausgehalten, sondern auch zugelassen, dass sich die USA militärisch nicht auf einen großen Konflikt wie den in Europa vorbereiteten. Allerdings hatten die Vereinigten Staaten Geld, Arbeitskräfte und Kapazitäten für die Waffenproduktion. Innerhalb weniger Wochen bewilligte der Kongress einen(2) Kredit von(12) 3 Mrd. Dollar für die Verbündeten. Das Finanzministerium erklärte in einem Bulletin, man habe den Alliierten die(2) Kredite gewährt(13), »um sie in die Lage zu versetzen, den Kampf zu führen, den ansonsten die amerikanische Armee zu hohen finanziellen und menschlichen Kosten führen müsste – Amerika müsse Geld investieren, das es nie zurückbekommen werde, und Menschenleben opfern, die unwiederbringlich verloren sein würden«. Der Abgeordnete im Repräsentantenhaus A(1). Piatt Andrew zog folgende Parallele: Die Vereinigten Staaten befänden sich »praktisch in derselben Lage wie viele Männer in den Nordstaaten, die im Bürgerkrieg nach der Einberufung in die Unionsarmee Männer einstellten, die sie am Arbeitsplatz vertreten sollten«.4

Der Kongress hatte(3) einen guten Grund, das Geld für Europa in Form von Krediten bereitzustellen(14), anstatt großzügig amerikanische Ressourcen für die Sache der Entente aufzuwenden(3). Ein Jahrzehnt später stellte das Council on Foreign Relations fest(1): »Diese Verpflichtungen beruhten auf dem allgemeinen Prinzip, dass die Verbündeten nicht weniger für die Kredite zahlen(15) sollten, als die US-Regierung für(1) die Gelder bezahlt hatte, die sie sich bei den amerikanischen Bürgern beschafft hatte. Der Haushaltsausschuss erklärte in seinem Bericht über die Gesetzesvorlage für den ersten Liberty Loan, dieser(1) Kredit müsse(16) ›nicht mit zukünftigen Steuern finanziert werden‹«.5 Nicht in dieser Rechnung berücksichtigt wurden die Kosten, die Europa durch den Verlust von Menschen und Eigentum zu(1) tragen hatte.

Auf der einen Seite erfüllten die europäischen Regierungen die Forderungen internationaler Privatinvestoren, indem(2) sie die Investitionen ihrer(10) Bürger in amerikanische Vermögenswerte beschlagnahmten(3) und verkauften, um amerikanische Waffen zu kaufen. Aber innerhalb kurzer Zeit häuften sich finanzielle Verpflichtungen zwischen den Staaten an, da Europa wachsende Schulden für(6) Rüstungsgüter gegenüber dem amerikanischen Finanzministerium hatte. Die Verbindlichkeiten der(7) europäischen Verbündeten gegenüber den USA stiegen einschließlich der nach dem Krieg begebenen Victory Loans bis(1) 1921 auf 12 Mrd. Dollar, beginnend mit einem Kredit über(17) 3 Mrd. Dollar, der im Jahr 1917 gewährt wurde. Philip Snowden, der(1) Finanzminister in der ersten britischen Labour-Regierung(3), wies darauf hin, dass die amerikanische Regierung ihre Rüstungsindustrie und die verbundenen Wirtschaftszweige mit(1) rund 3 Mrd. Dollar an Ertragssteuern belegt hatte. Dieser Betrag entsprach dem Wert des ersten offiziellen amerikanischen Kreditpakets für die europäischen Verbündeten, woraus Snowden folgenden(2) Schluss zog: »Die Summen, die Amerika ab 1917 verlieh, um den Verbündeten zu helfen, seinen Kampf zu führen, waren nur ein Teil des Gewinns, den es vor seinem Kriegseintritt aus den Verbündeten herausholte.«6

Der amerikanische Finanzminister Andrew Mellon räumte(1) ein, dass die Vereinigten Staaten mit einigen Transaktionen im Krieg eine Rendite von 80 Prozent erzielt hatten.7 Aber man hatte Krediten den(18) Vorzug vor Subventionen gegeben(1). Wie ein Bankier später feststellte: »Niemand in und außerhalb der Regierung ahnte, was diese Entscheidung kosten würde. Sie bedeutete, dass der amerikanische Staat in den folgenden drei Jahren die Verbündeten mit Kriegsmaterial im Wert von mehr als 9 500 000 000 Dollar versorgen und als Gegenleistung das nicht besicherte Versprechen der Rückzahlung zu einem unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft erhalten würde.«8

Frühere Kriege waren weitgehend auf der Grundlage von Subventionen geführt(2) worden, wobei ein Staat – dies galt insbesondere für Großbritannien – die(4) militärischen Ausgaben seiner Verbündeten finanzierte. Diese Methode war schon im 14. Jahrhundert angewandt worden, als Eduard III. »französische(1) und flämische Prinzchen dafür bezahlte, dass sie französisches Territorium für ihn eroberten. Als sich die moderne europäische Staatenordnung entwickelte, sah sich jeder Bewerber um eine Vormachtstellung in Europa einem Bündnis gegenüber, das von einem unerbittlichen Großbritannien finanziert(5) wurde.« Die Subventionen waren »eine Gewähr für Loyalität und Einsatzfreude. Sie wurden monatlich gezahlt und konnten prompt eingestellt werden, wenn der Eifer eines Verbündeten nachließ. (…) Wurden statt Subventionen Darlehen gewährt, so hatte dies unangenehme Folgen« wie im Fall der österreichischen Kredite(1) in(19) den Jahren 1795–97.9 Exorbitant hohe Provisionen und wirtschaftliche Probleme in den Schuldnerländern belasteten(1) die diplomatischen Beziehungen, und die Feindseligkeit gegenüber dem Geberland war kaum geringer als die Dankbarkeit.

Eine Subventionspolitik hatte(1) auch Frankreich bei(2) der Finanzierung des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs verfolgt. »Die finanzielle Unterstützung Frankreichs in(3) Form von Waffenlieferungen und(2) Nachschub trug wesentlich zum Erfolg der Revolte der nordamerikanischen Kolonien bei, deren Truppen bis nach Yorktown vorrückten, und für diesen Sieg schuldeten die Revolutionäre den französischen Bodentruppen(4) und der Unterstützung zur See Dank, deren Kosten für Frankreich auf(5) 700 000 000 Dollar geschätzt wurden und für die es keine Gegenleistung verlangte. Frankreich half(6) mit direkten Geschenken im Umfang von 2 000 000 Dollar und mit späteren Krediten von(20) 6 000 000 Dollar. In den Kreditvereinbarungen mit Benjamin Franklin verzichtete(1) die Regierung von Ludwig XVI. auf(1) Zinszahlungen während(3) des Kriegs, ein Vorgehen, das die Vereinigten Staaten nach dem Weltkrieg [nur] in der Finanzierungsvereinbarung mit Belgien wählten(1).« Und die Vereinigten Staaten ließen sich mit der Rückzahlung der als Kredit gewährten(21) französischen Hilfe(7) Zeit. »Zwischen 1786, als die erste Tilgung fällig wurde, und 1790 konnte weder die Konföderation noch die junge amerikanische Republik irgendwelche Zinszahlungen leisten oder auch nur einen Teil des Darlehens tilgen. Die wiederholten Rückzahlungsforderungen der neuen französischen Republik(8) im(9) Jahr 1793 stießen auf taube Ohren bei einer amerikanischen Regierung, die sich nur um die Bedürfnisse ihres verarmten Volkes kümmerte, das seine eigene Nation zu errichten versuchte. Erst mit einiger Verspätung gelang es dem Finanzgenie Alexander Hamilton, diese(1) Schulden durch(8) Umwandlung in Anleihen aus(4) der Welt zu schaffen, die im Jahr 1815 getilgt wurden.«10

Die meisten Kriege, die in den hundert Jahren zwischen den Napoleonischen Kriegen und dem Ersten Weltkrieg geführt(8) wurden, waren begrenzte bilaterale Konflikte, darunter der Deutsch-Französische Krieg, der(1) Burenkrieg, der(1) Spanisch-Amerikanische Krieg und(1) der Russisch-Japanische Krieg. Sieht(1) man vom Krimkrieg ab(1), so waren an diesen Auseinandersetzungen keine großen Staatenbündnisse beteiligt. Daher wurden weder Kredite noch(22) Subventionen zwischen(3) Verbündeten gewährt. Der Erste Weltkrieg hingegen(9) löste sowohl gemessen an den direkten Kosten als auch an den wirtschaftlichen Nachwirkungen einen finanziellen Flächenbrand von bis dahin ungekannten Ausmaßen aus. Und anders als die meisten Kriege des vorangegangenen Jahrhunderts wurde er auf europäischem Boden ausgefochten, was dort zu hohen Verlusten an Menschenleben und Eigentum führte(2).

Als sich der Krieg ausbreitete, hatte es zunächst den Anschein, als würde am Subventionssystem festgehalten(1), da ansonsten die Gefahr bestand, dass die Verbündeten einfach aus dem Konflikt ausstiegen, wenn ihre wirtschaftlichen Mittel erschöpft waren. Zu Beginn des Kriegs, im Februar 1915, einigten sich die Regierungen Großbritanniens, Frankreichs(6) und(10) Russlands darauf(13), ihre finanziellen und militärischen Ressourcen zu bündeln. Drei Jahre später, Russland war(14) mittlerweile aus dem Krieg ausgestiegen, bewegten Briten und(7) Franzosen Griechenland(11) zum(3) Kriegseintritt auf Seiten der Entente. Sie(4) versprachen, die Zahlung der an das Land gelieferten Kriegsgüter »nach dem Krieg abhängig von der finanziellen und wirtschaftlichen Situation Griechenlands zu regeln. Eine Rückzahlung wäre in diesem Fall kaum in Frage gekommen; vielmehr wurde sie unter Rückgriff auf die Methoden des 18. Jahrhunderts dem Bedürfnis untergeordnet, die Gefolgschaft [Griechenlands] zu sichern.«11

Auch die Vertreter der US-Regierung hatten(2) ihren Verbündeten ursprünglich versichert, sie müssten sich keine Sorgen über die Rückzahlungsbedingungen machen. Diese sollten nach dem Sieg geregelt werden, wobei implizit von einer Rückzahlung der nominalen Kreditsummen ausgegangen wurde. Zu einer Zeit, als es in der amerikanischen Öffentlichkeit breite Unterstützung für den Vorschlag gab, Frankreich zum(12) Dank für seine Hilfe während der Amerikanischen Revolution 1(1) Milliarde Dollar für den Kampf gegen die Achsenmächte zu(1) schenken, wurde die französische Regierung offiziell ermutigt, ihre gesamten Rüstungsanstrengungen über die Vereinigten Staaten abzuwickeln. Die indirekt ausgesprochene Zusage lautete, dass diese Finanzierung letzten Endes de facto ein Geschenk sein werde. Der Senator Kenyon aus(1) Iowa erklärte: »Herr Präsident, ich für meine Person hoffe, dass einer der Kredite, sollten(23) wir ihn gewähren, nie zurückgezahlt werden wird und dass wir nie seine Tilgung verlangen werden. Für das, was die französische Republik für die Vereinigten Staaten getan hat, schulden wir ihr mehr, als wir je zurückzahlen können. Frankreich kam(13) uns in der Stunde unserer größten Bedrängnis mit Geld, mit einem Teil seines Heeres und seiner Marine zu Hilfe. Es ist zu bezweifeln, dass wir ohne die Hilfe Frankreichs unsere(14) eigene Nation bekommen hätten. (…) Ich möchte nicht erleben, dass diese Regierung Frankreich auffordert(15), den Kredit zu(24) tilgen, den wir ihm gewähren werden.«12 Typisch für die allgemeine Haltung der amerikanischen Öffentlichkeit zur Zeit der Verhandlungen über die Kredite für Europa war die Aussage des Vorsitzenden im für Haushalts- und Steuerfragen zuständigen Ausschuss im Repräsentantenhaus Kitchin(2): »Tatsache(1) ist, dass wir von Glück reden können, wenn wir dieses Geld nach dem Krieg überhaupt zurückbekommen.«13 Ein späterer Autor erklärte: »Als sich Amerika im April 1917 dem(2) Bündnis anschloss, war es seine Aufgabe, so rasch wie möglich Soldaten und Waffen an die Front zu bringen. Die Waffen trafen etwa ein Jahr vor den Truppen ein. Wären die Männer so schnell dort gewesen wie die Waffen, so hätten sie die Granaten abfeuern können. In diesem Fall hätten wir die Granaten sowie die weißen Kreuze und die Versicherungen der Männer bezahlen müssen, die beim Einsatz der Waffen gefallen wären. Aber unsere Männer waren nicht so schnell drüben, und es blieb unseren Verbündeten überlassen, den Feind zurückzuschlagen und die dafür eingesetzten Waffen zu bezahlen.«14

Aber die Vereinigten Staaten traten zu besonderen Bedingungen in den Krieg ein. Nach Darstellung des Council on Foreign Relations waren(2) sie kein Verbündeter, sondern lediglich ein Partner. Statt Subventionen boten(4) die USA nur Kredite an(25). Die Begründung lautete, dass sie nicht mit territorialen oder kolonialen Ansprüchen in den Krieg eintraten. »Hätten ihre Darlehen die Form von Subventionen gehabt, so wären sie natürlich an einem Teil der Kriegsbeute interessiert gewesen, denn es liegt im Wesen der Subvention, dass(5) der Geldgeber wesentlichen Einfluss auf die Neuverteilung hat. Pitt führte(1) die Koalition gegen Napoleon an; er wollte Europa neu ordnen. Amerikas Interesse im Krieg in Europa bestand darin, seine Hoheitsrechte gegen einen Aggressor zu verteidigen, und sobald diese Rechte gesichert waren, lag es bei den Verbündeten, die Kriegsbeute untereinander aufzuteilen, während die Vereinigten Staaten einen getrennten Frieden mit Deutschland schlossen(13). Der Berliner Vertrag von 1921 ist(1) der deutlichste Beleg dafür, dass es kein Bündnis zwischen den Vereinigten Staaten und ihren Partnern im Krieg gab.«15

Das Ergebnis dieser einzigartigen Militärpolitik war, dass die amerikanischen Kredite zum(26) wesentlichen wirtschaftlichen Merkmal des Kriegs wurden. Diese Politik sorgte dafür, dass sich die nominellen Kredite, die sich die europäischen Verbündeten untereinander gewährten, nach dem Krieg in zwischenstaatliche Forderungen verwandelten, weil sämtliche von den Vereinigten Staaten gelieferten Waffen und die in den Nachkriegsjahren gewährte Wiederaufbauhilfe zur Gänze bezahlt werden mussten.

Die einzige Grundlage der offiziellen Verschuldung Europas(1) war die eng gefasste, am Buchstaben des Gesetzes klebende und letzten Endes bürokratische Annahme, dass die Schulden unantastbar(9) waren, eben weil sie Schulden waren. »Aber das System ist gebrechlich, und hat sich nur erhalten, weil die Last, die es den zahlenden Ländern auferlegte, bis jetzt nicht drückend war, sich in greifbaren Werten verkörpert hatte und mit der allgemeinen Eigentumsordnung verknüpft(1) ist, und weil die schon geliehenen Summen im Verhältnis zu denen, die man noch zu leihen hoffte, nicht ungebührlich groß sind«, stellte John Maynard Keynes kurz(3) nach Unterzeichnung des Versailler Vertrags fest(1).16 Er sagte voraus, dass weder Deutschland noch(14) die Entente-Mächte(5) in der Lage sein würden, die offiziellen Schulden mit ihren laufenden Einnahmen zurückzuzahlen, geschweige denn, dass es ihnen gelingen würde, die benötigten Devisen mit(1) der Erhebung von Steuern aufzubringen. Das Ergebnis werde ein weltweiter Zusammenbruch von Investitionen und(11) Handel sein. Dann werde eine neue Ära globaler Feindseligkeiten durch Zahlungsausfälle von Staaten verschärft, die ihren Verpflichtungen, insbesondere jenen gegenüber anderen Staaten, nicht mehr nachkämen.

Der Weltkrieg endete(10) im November 1918. Amerikanische Regierungsvertreter wollten Europa rasch mit Hilfs- und Wiederaufbaukrediten versorgen, aber der Kongress war(4) nicht bereit, die benötigten Mittel bereitzustellen. Nun drohte ein Zusammenbruch der landwirtschaftlichen und industriellen Erzeugerpreise in den Vereinigten Staaten, da sich die europäischen Staaten die Nahrungsmittel aus den USA, deren Preise in den Kriegsjahren sprunghaft gestiegen waren, nicht mehr leisten konnten. Als Großbritannien im(8) Januar 1919 seine monatlichen Lebensmittelbestellungen strich, machte sich unter den amerikanischen Landwirten Furcht vor einem Preissturz breit. Die Regierung hatte bereits angeordnet, »tausende Automobile und Motorfahrzeuge zu verschrotten, um die Automobilindustrie vor(1) dem Ruin zu retten«.17

Ähnliche Pläne schien es für die Landwirtschaft zu geben. Herbert Hoover, der zu jener Zeit die im Ersten Weltkrieg für(11) die Verteilung der Lebensmittel eingerichtete(1) U.S. Food Administration leitete(1), schrieb an Präsident Wilson: »Unsere(2) Erzeuger haben enorme Vorräte (…) angehäuft, die zur Lieferung bereit liegen. Bei den meisten Erzeugnissen können wir die Zusicherungen einhalten, die wir den Erzeugern gegeben haben, aber bei Schweinefleischprodukten ist(2) die Situation kritisch: Diese Produkte verderben leicht und müssen exportiert werden. (…) Wenn wir keine Abhilfe schaffen, wird es auf dem amerikanischen Markt zu einem Debakel kommen, und weil die Banken den Schweinefleischerzeugern Vorschüsse in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar gegeben haben, werden wir nicht nur in eine Finanzkrise schlittern(3), sondern auch den amerikanischen Landwirt betrügen, der sich mit ganzer Kraft für diese Produktion eingesetzt hat. Der Überschuss ist so groß, dass der amerikanische Markt ihn unmöglich aufnehmen kann, und diese leicht verderblichen Erzeugnisse werden jeden Wert verlieren.«18

Im Kampf gegen die Krise versuchte die Regierung den Kongress zu(5) umgehen, der sich gegen Wiederaufbaukredite sträubte. »Die Regierung entschloss sich, so zu tun, als wäre der Krieg noch im Gange. Formal war das auch der Fall, denn in den Gesetzen über die Kreditvergabe war vorgesehen, dass der Krieg mit einer entsprechenden Erklärung des Präsidenten beendet würde.«19 In einem Bericht an die Regierung über das Problem der Demobilisierung wurde(1) ein Plan angeregt, der das Weltbankprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg vorwegnahm(5): »Neben den militärischen gibt es in der Übergangszeit für Truppen und Material eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten, die es ermöglichen, den Abzug zu strecken. Vor allem ist es unbedingt erforderlich, Maschinen, Ausrüstung und andere Investitionsgüter zu(1) ersetzen, die durch den Krieg abgenutzt und unbrauchbar sind. Sodann können Menschen, Material und Anlagen zum Wiederaufbau in den vom Krieg verwüsteten Gebieten eingesetzt werden. In (16)Frankreich, (2)Belgien und Russland besteht(15) großer Bedarf an Menschen und Material, und ein Großteil der dort benötigten Industrieanlagen könnte(1) in den Vereinigten Staaten erzeugt werden.«20 Ein Teil der für den Wiederaufbau benötigten Ressourcen wurde mit Zustimmung der amerikanischen Regierung nach Deutschland und(15) Österreich verlegt(2), um diesen Ländern dabei zu helfen, eine Revolution zu verhindern.21

Im März 1918 wurde der erste Victory Liberty Loan vergeben(2). Der einzige Zweck dieses Kredits bestand darin, »den Kauf von Gütern, die sich direkt oder indirekt im Besitz der Vereinigten Staaten befinden und nicht von diesen benötigt werden, sowie von Getreide zu(2) ermöglichen, dessen Preis die Vereinigten Staaten garantieren oder garantieren können«. Diese Kredite dienten(27) der Überbrückung einer dreijährigen Übergangszeit vom Waffenstillstand bis zum Jahr 1921. Der Kongress verweigerte(6) seine Zustimmung zum Versailler Vertrag, und(2) ihren Separatfrieden mit Deutschland schlossen(16) die Vereinigten Staaten erst im August 1921 mit dem Berliner Vertrag. Und erst am 4. November dieses Jahres erklärte Präsident Harding den(1) Ersten Weltkrieg rechtskräftig(12) für beendet. Die Erklärung galt rückwirkend ab dem 2. Juli 1921, jenem Tag, an dem der Senat beschlossen hatte, den Kriegszustand mit Deutschland und(17) Österreich-Ungarn zu(1)(3) beenden.

Als der Krieg schließlich vorüber war, wandten sich die Vereinigten Staaten der Frage zu, wie sie das Geld für die Waffenlieferungen eintreiben(3) konnten, die den europäischen Verbündeten zum Sieg verholfen hatten. Schon bevor der Waffenstillstand den militärischen Konflikt beendete, »wurde in den europäischen Staatskanzleien an zahlreichen Vorschlägen für die Tilgung der zwischenstaatlichen Kriegsschulden gearbeitet(1). Sie wurden den amerikanischen Delegierten bei der Friedenskonferenz inoffiziell mitgeteilt und verwandelten sich schließlich in den Gegenstand direkter Angebote.« Aber die USA zierten sich. Mr. Rathbone vom(1) Finanzministerium erklärte im März 1919 gegenüber dem stellvertretenden französischen Hochkommissar(17), sein Ressort werde »weder bei der Friedenskonferenz noch anderswo Diskussionen über irgendeinen Plan oder eine Regelung zur Aufhebung, Bündelung oder Neuverteilung der Verpflichtungen ausländischer Regierungen gegenüber den Vereinigten Staaten zustimmen«. Darüber hinaus warnte er Frankreich(2), sollte(18) eine verbündete Regierung einen Plan unterstützen, »der Zweifel an der ordnungsgemäßen Rückzahlung der Vorschüsse weckt«, so würden »die nach dem Waffenstillstand gewährten amerikanischen Kredite nicht(28) verlängert«.22

Die Vereinigten Staaten waren verärgert, denn Frankreich und(19) Italien zeigten(2) im Jahr 1921 kaum Interesse an der Rückzahlung ihrer Kriegsschulden. Aber(2) besonders ablehnend war ihre Haltung gegenüber Großbritannien, das(9) direkt auf die Löschung aller Verbindlichkeiten einschließlich(10) der Reparationen drängte(2), um die wirtschaftliche Normalität wiederherzustellen. Im Februar 1922 erzwang der Kongress eine(7) Entscheidung, indem er die Foreign War Debt Commission einrichtete(1). Geleitet wurde dieser Ausschuss, der sich mit den Schulden ausländischer(11) Staaten beschäftigen sollte, von Finanzminister Andrew Mellon, der(2) die ausländischen Schuldner aufforderte, sich mit den USA auf eine Methode für die Rückzahlung des Geldes zu einigen, das sie sich im Krieg geborgt hatten. »Bei der Gestaltung des Bezugsrahmens für den Ausschuss legte der Kongress zwei(8) Grundsätze fest: Erstens sollten die Schulden innerhalb von 25 Jahren zurückgezahlt werden, wobei der Mindestzinssatz 4,5 Prozent nicht unterschreiten sollte, und zweitens bestimmte er in einer sehr komplizierten rechtlichen Form, dass die zwischen Amerika und seinen Schuldnern zu schließenden Vereinbarungen keinerlei Verbindung zu den kriegsbedingten Schulden herstellen(12) durften.«23 Mit anderen Worten, die Schulden der Verbündeten bei den Vereinigten Staaten sollten zu Zinssätzen bestehen bleiben, die bei normalen Geschäftskrediten galten. Der Kongress würde nicht zulassen, dass ein Zusammenhang zwischen den Schulden der Verbündeten für Waffenlieferungen und(4) den deutschen Reparationszahlungen hergestellt wurde.

Eine spätere Deutung lautete, diese Weigerung, die Beziehung zwischen den Schulden der(13) Verbündeten und den deutschen Reparationen anzuerkennen(3), habe ihren Ursprung im Wunsch Präsident Wilsons gehabt(3), eine faire Lösung für Deutschland zu(18) finden. »Als die Verbündeten kurz vor Kriegsende den Wunsch eines Schuldenerlasses an(1) Präsident Wilson herantrugen(4), lief ihre Argumentation auf den Vorschlag hinaus, die Vereinigten Staaten sollten auf diese Forderungen verzichten, damit den Verbündeten mehr von den deutschen Reparationszahlungen übrig bleibe. Die Idee war, dass die Vereinigten Staaten die Verbündeten nicht zur Zahlung zwingen sollten, damit die Verbündeten ihrerseits Deutschland nicht(19) so hohe Belastungen auferlegen müssten. Wenn sie ihre Forderungen gegenüber (20)Deutschland mäßigen konnten, hatten sie bessere Aussichten, diese Forderungen einzutreiben. Diesen Vorschlag wies Präsident Wilson in(5) seinem Brief an Lloyd George vom(1) 5. August 1920 erbost zurück. ›Die Vereinigten Staaten‹, erklärte er, ›können einen Vorschlag nicht nachvollziehen, der darauf hinausläuft, dass sie entweder einen Teil der deutschen Reparationen bezahlen oder den verbündeten Regierungen eine Abfindung zugestehen, um sie dazu zu bewegen, Deutschland nur(21) Zahlungsverpflichtungen aufzuerlegen(1), die es auch bewältigen kann‹.«24

Am 3. November erläuterte Wilson seine(6) Vorstellungen näher: »Es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass der Kongress oder(9) die öffentliche Meinung dieses Landes jemals einem Erlass eines Teils der britischen Schulden(10) bei(14) den Vereinigten Staaten zustimmen werden, um die britische Regierung(11) dazu zu bewegen, Frankreich oder(20) einem anderen Verbündeten seine Schulden bei Großbritannien teilweise(12) zu erlassen. Genauso unwahrscheinlich ist, dass sie einer Streichung oder Verringerung der Schulden eines der alliierten Staaten zustimmen würden, um diese Staaten dazu zu bewegen, eine praktische Lösung für die Reparationsforderungen zu finden.« Mit diesen Äußerungen reagierte Wilson auf(7) die Hythe-Konferenz vom 16. Mai, bei der Großbritannien und(13) Frankreich gemeinsam(21) eine parallele Streichung der Schulden der Verbündeten untereinander und der Reparationsverpflichtungen Deutschlands gefordert(22) hatten, ein Vorschlag, der später in die britische Balfour-Note(14) vom(1) August 1923 aufgenommen wurde.

Die Schwierigkeiten Deutschlands mit(23) den Reparationsleistungen beurteilten(4) die Vereinigten Staaten ausgewogen. Nachdem die amerikanische Regierung die Verbindung zwischen den Reparationen und(5) den interalliierten Schulden gekappt(15) hatte, hatten die USA kein direktes finanzielles Interesse an den deutschen Reparationsleistungen und konnten daher Einfallsreichtum beweisen, ohne selbst erhebliche Kosten tragen zu müssen. Im Gegensatz dazu förderte die Frage der Schulden zwischen den Verbündeten ein Höchstmaß an Kurzsichtigkeit, Gier und bürokratischer Blindheit zutage, was anscheinend daran lag, dass die USA hier direkte finanzielle Interessen hatten. Die amerikanische Regierung riet ihren Verbündeten, sich gegenüber Deutschland zu(24) mäßigen, legte selbst jedoch in den Beziehungen zu den Alliierten keine(3) Mäßigung an den Tag. Sie verlangte von den europäischen Verbündeten, sie sollten keine Entschädigung für ihre Kriegskosten und die erlittenen Schäden verlangen, wollte jedoch für ihre eigenen Beiträge zum Sieg über die Achsenmächte in(2) vollem Umfang entschädigt werden, wobei sie sich auf das erwähnte formale Argument stützte, die Vereinigten Staaten seien im Weltkrieg kein Verbündeter, sondern lediglich ein Partner gewesen, der kein Interesse an der Aufteilung der Kriegsbeute habe. Eine Verknüpfung der interalliierten Kriegsschulden mit(3) den deutschen Reparationszahlungen hätte die Verbündeten von ihren Verpflichtungen gegenüber den Vereinigten Staaten befreit, sobald sie keine Zahlungen mehr von Deutschland erhielten(25). Die USA hatten sich nicht an der Festsetzung der Reparationen beteiligt, sondern waren lediglich als Waffenlieferant und Anbieter von Wiederaufbauhilfe aufgetreten.

Die Politik der amerikanischen Regierung gehorchte wirtschaftlichen Beweggründen, wurde jedoch nicht einfach von den Bestrebungen des Privatsektors angetrieben(1). Tatsächlich konnte Deutschland die(26) Reparationszahlungen in Hartwährung nur mit dem Export von mehr Gütern bewältigen. Dazu musste es die Preise der Produzenten jener Länder unterbieten, denen es im Weltkrieg gegenübergestanden hatte. In ähnlicher Weise untergruben die Vereinigten Staaten, indem sie darauf beharrten, dass ihre europäischen Verbündeten ihre Schulden beglichen(16), obwohl ihnen die Mittel dazu fehlten, bald die Stabilität des Finanzsektors und(1) der Preise, die eine Voraussetzung für einen funktionierenden Welthandel und(2) einträgliche internationale Investitionen war(12).

Den amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlern war durchaus bewusst, dass »der Umfang der Reparationsleistungen ein(6) Maßstab dafür war, was die Welt von Deutschland zurückhaben(27) wollte«.25 Sie verwiesen darauf, dass die europäischen Verbündeten, wenn sie Deutschland hohe(28) Reparationen auferlegten(7), auch bereit sein mussten, Deutschland in(29) die Lage zu versetzen, seinen Verpflichtungen nachzukommen, indem es seine Produkte auf ihren Märkten verkaufte. Wie sonst konnte sich Deutschland die(30) benötigten Mittel beschaffen, nachdem ihm die Auslandsinvestitionen weggenommen(1) worden waren? Unglücklicherweise wollte die amerikanische Regierung nicht sehen, was dies für ihre eigene Beziehung zu Europa bedeutete: Der Betrag der Schulden der(17) europäischen Verbündeten bei den Vereinigten Staaten entsprach der Menge an Importen aus den verbündeten Ländern und Deutschland, welche(31) die Amerikaner ins Land lassen würden. Doch anstatt die Zölle zu(1) senken, erhöhten die USA sie zwischen 1921 und 1933 stetig, um die heimischen Produzenten vor der ausländischen Konkurrenz zu schützen, insbesondere vor Konkurrenten aus Schuldnerländern, deren(2) Produkte sich verbilligten, weil diese Länder in ihrem vergeblichen Bemühen, den Schuldendienst zu(1) bewältigen, ihre Währungen abwerteten.

Gleichzeitig schottete die US-Notenbank (das(2) Federal Reserve System(3)) die amerikanische Wirtschaft gegen die Auswirkungen der Goldeinfuhren auf die Binnenwährung ab und verhinderte, dass die normalen inflationären Entwicklungen(1) dazu beitrugen, die Handelsbilanz gegenüber(1) Europa wieder auszugleichen. Das Ergebnis war, dass das Finanzministerium und die Federal Reserve trotz(4) des großen amerikanischen Anteils an den globalen Goldreserven darauf(2) verzichteten, von Großbritannien die(15) Führungsrolle bei der Aufrechterhaltung der Stabilität im internationalen Finanzsystem zu übernehmen. George Auld drückte(1) es so aus: »Zu der Zeit, als der Dawes-Plan umgesetzt(1) wurde (1924), war das Weltsystem durcheinander geraten. Das Pfund Sterling(1) hatte(2) seine Leitfunktion eingebüßt – zumindest schien es so –, aber der Dollar war noch kein unverzichtbarer Bestandteil der Weltwirtschaft. Das(1) internationale Währungssystem versuchte(1), ohne seinen Partner, das Kreditsystem, zu(1) funktionieren. Es gab keinen Staat, der die Funktion eines globalen Kreditgebers erfüllte(2) hätte.«26

Das unvermeidliche Resultat war, dass Deutschland ausblutete(32), da ihm die europäischen Siegermächte Reparationsleistungen(1) auferlegten(8), die es unmöglich bewältigen konnte. Deutschlands einzige(33) Hoffnung war, amerikanische Geldgeber zu finden, um die Reparationszahlungen leisten zu können. Und eine Weile gelang ihm das.

Das kompromisslose Vorgehen der Vereinigten Staaten gegenüber den verbündeten Schuldnerstaaten bewegte(3) das Außenministerium dazu, sich in die Kreditvergabe der amerikanischen Privatinvestoren an(3) ausländische Staaten einzumischen. Vor dem Krieg hatte die Regierung oft die Interessen des privaten amerikanischen Finanzkapitals vertreten(1). Aber jetzt sollte dieses Finanzkapital in den Dienst der amerikanischen Diplomatie gestellt(1) werden. Das Council on Foreign Relations sagte(3) es im Jahr 1928 unmissverständlich: »Im Jahr 1914 schuldeten wir Ausländern etwa 4 500 000 000 Dollar, jetzt sind wir Gläubiger mit Forderungen über 25 000 000 000 Dollar einschließlich der Kriegsschulden. Die(4) Metamorphose in unserer finanziellen Beziehung zur übrigen Welt eröffnet der Bundesregierung die Chance zur Intervention. Zwar(1) handelt es sich mit Ausnahme der Kriegsschulden um(5) private Kreditbeziehungen zwischen dem amerikanischen Investor und dem ausländischen Kreditnehmer, aber(1) der Geldgeber ist nun einmal ein Bürger der Vereinigten Staaten, und seine Geschäfte im Ausland wirken sich auf seine Bürgerschaft aus und könnten unseren Beziehungen zu ausländischen Regierungen schaden.«27

So stellten die Vereinigten Staaten ebenso wie Großbritannien, die(16) Schweiz, Frankreich(1) und(22) andere Staaten ihre Kapitalausfuhren in(1) den Dienst ihrer Diplomatie. In(2) einer Mitteilung vom 3. März 1922 bekundete das State Department seine(1) Hoffnung, »dass amerikanische Unternehmen, die darüber nachdenken, Kredite an(29) das Ausland zu vergeben, das Außenministerium rechtzeitig über die wesentlichen Fakten und die folgenden bedeutsamen Entwicklungen informieren werden«. (Das State Department räumte(2) in seiner Mitteilung ein, dass die Unternehmen nicht zu einer solchen Benachrichtigung verpflichtet waren.)

Der Regierung ging es in erster Linie darum, Kredite an(30) Länder zu verhindern, die noch keine Vorkehrungen getroffen hatten, um ihre Kriegsschulden bei(6) den Vereinigten Staaten zu begleichen. Im Jahresbericht 1925 des amerikanischen Finanzministeriums hieß es, die Regierung habe »nach reiflicher Überlegung entschieden, dass es den Interessen der Vereinigten Staaten schadet, ausländischen Regierungen, die Anpassungen verweigern oder nicht zur Rückzahlung ihrer Schulden bei(18) den Vereinigten Staaten bereit sind, zu erlauben, einen Teil ihres Finanzbedarfs in(1) unserem Land zu decken. Das Verbot betrifft Staaten, Gemeinden und Privatunternehmen in den betroffenen Ländern. Bankiers wurden auf Anfrage vom State Department darüber(3) aufgeklärt, dass die Regierung eine solche Finanzierung ablehnt.«28

Diese Ablehnung verhinderte im Jahr 1925 zumindest im Fall eines Landes die Gewährung von Krediten und(31) ebnete den Weg für eine Einflussnahme des Außenministeriums auf andere Arten von Krediten. Beispielsweise(32) erhob das State Department Einspruch(4) gegen einen amerikanischen Kredit für(33) das brasilianische Kaffeekartell(1); die Begründung lautete, dass die Einnahmen verwendet würden, um den globalen Kaffeepreis auf Kosten der amerikanischen Konsumenten zu stützen. Das Ministerium kündigte auch seine prinzipielle Ablehnung von Krediten für(34) unproduktive Zwecke an und begründete dies damit, dass Rückzahlungsschwierigkeiten der ausländischen Kreditnehmer die(2) diplomatischen Beziehungen belasten könnten. Unerwähnt blieben dabei die fehlende Produktivität der(1)(2)Rüstungskredite für die Verbündeten oder die Gegensätze unter den Staaten, die durch das unnachgiebige Beharren der USA auf einer fristgerechten Rückzahlung dieser Kredite heraufbeschworen(35) wurden. Die Kriegsschulden der(7) europäischen Verbündeten konnten als wirtschaftlich lohnend eingestuft werden, wenn es ihnen gelang, aus Deutschland genug(34) Geld herauszupressen, um ihre Waffenkredite aus(1) dem Krieg zu tilgen.

Die Frage, warum sich die Vereinigten Staaten nach der Festlegung der Reparationen weiterhin(9) weigerten, den Zusammenhang zwischen den deutschen Reparationsverpflichtungen und den Kriegsschulden der(8) europäischen Verbündeten herzustellen, ist geklärt. Die Alliierten brauchten(4) das deutsche Geld, um ihre Kriegsschulden bei den Vereinigten Staaten begleichen zu können. Die Weigerung der Vereinigten Staaten, ihre Forderungen den Reparationseinnahmen der europäischen Verbündeten anzupassen, hatte zur Folge, dass diese ausbluteten, während sie Deutschland ausbluten(35) ließen.

Der amerikanische Staat zeigte gegenüber seinen Schuldnern nicht einmal jenes Entgegenkommen, zu dem private Kreditgeber oft bereit sind. Kaum war der Krieg beendet, da forderte die amerikanische Regierung die Verbündeten auf, mit der Rückzahlung ihrer verzinsten Schulden für(19) die Waffen und andere Unterstützungsleistungen zu beginnen, die mit amerikanischen Staatskrediten finanziert worden waren. In der Geschichte der Kriegführung hatte noch nie ein Verbündeter eine solche finanzielle Entschädigung für seine militärische Unterstützung verlangt. In aller Welt war es üblich, Waffenlieferungen an(5) Verbündete als Kriegskosten abzuschreiben. Diesmal blieben die Kredite in(36) den Büchern stehen. Der Adler hatte die Krallen ausgefahren.

Indem sie sich weigerten, mit ihren europäischen Verbündeten über deren Schulden zu(20) verhandeln, nahmen die Vereinigten Staaten sogar eine unversöhnlichere Haltung ein als die Entente gegenüber(6) Deutschland im(36) Versailler Vertrag. Im(3) Vertrag selbst wurde die Höhe der Reparationszahlungen nicht festgeschrieben; diese Aufgabe wurde einem eigens dafür eingerichteten Ausschuss übertragen. In Artikel 234 war festgelegt: »Der Wiedergutmachungsausschuss prüft(1) ab dem 1. Mai 1921 von Zeit zu Zeit die Hilfsmittel und Leistungsfähigkeit Deutschlands. Er(37) gewährt dessen Vertretern nach Billigkeit Gehör und Vollmacht, danach die Frist für die im Artikel 233 vorgesehenen Zahlungen zu verlängern und die Form der Zahlung abzuändern; ohne besondere Ermächtigung der verschiedenen im Ausschuss vertretenen Regierungen darf er jedoch keine Zahlung erlassen.« Die Reparationszahlungen konnten(10) also angefochten und mit einem einstimmigen Beschluss sogar gestrichen werden. Die Vereinigten Staaten legten gegenüber ihren Verbündeten kein solches Entgegenkommen an den Tag. Die Regelung im Versailler Vertrag machte(4) es möglich, die jährlichen Zahlungen Deutschlands von(38) 7 Milliarden Goldmark im Jahr 1920 auf nur 2 Milliarden Goldmark im Jahr 1929 (das entsprach etwa 426 Millionen Dollar) zu senken.29 Den Verbündeten wurde nichts Derartiges zugestanden. So war es unvermeidlich, dass sie Deutschland schließlich(39) in den Bankrott folgten(1).

Als General Pershing an(1) der Spitze der Entente-Truppen(7) in Paris eingezogen(1) war, hatte er an Lafayettes Grabmal erklärt: »Lafayette, wir(1) sind hier.« In einer bekannten Karikatur aus den Zwanzigerjahren stand er vor dem Monument und sagte: »Lafayette, wir(2) sind hier. Und wir wollen unser Geld.« Von den 28 Mrd. Dollar (nominell), welche die Alliierten untereinander(5) verliehen hatten, waren 12 Mrd. Dollar Schulden bei(21) den Vereinigten Staaten. Davon entfielen 4,7 Mrd. Dollar auf Großbritannien, das(17) seinerseits Forderungen von 11 Mrd. Dollar an seine europäischen Verbündeten hatte. Einen großen Teil dieses Geldes hatten die Briten an(18) Russland verliehen(16). Diese Schulden waren nach der Revolution der Bolschewiken im(1) November 1917 nicht mehr einzutreiben. Das Ausmaß der internationalen Verschuldung war(2) sehr viel höher als das der privaten Auslandsinvestitionen vor(2) dem Weltkrieg. Und während »die amerikanischen Kriegskredite in(1) Form von Gütern gewährt wurden, verlangen die Vereinigten Staaten die Rückzahlung in Dollar oder amerikanischen Staatsanleihen zum(3) Nennwert. Der Nennwert dieser Schulden übersteigt den der weltweiten Goldreserven um(3) 2 Mrd. Dollar. Der logische Schluss daraus lautet, dass die Vereinigten Staaten wohl oder übel die Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen akzeptieren(1) müssen, um Europa mit Dollar zu versorgen.«30 Doch statt das zu tun, erhöhten die USA die Zölle und(2) bekämpften über ihre Notenbank die Inflation. In(2) der Folge floss das europäische Gold in(11) die Vereinigten Staaten ab.

Die europäischen Verbündeten sahen nur eine Möglichkeit, an die Mittel heranzukommen, die sie brauchten, um ihre Schulden bei(22) den Vereinigten Staaten zu begleichen: Sie mussten auf Reparationszahlungen (40)Deutschlands beharren. »Müssten die Alliierten keine(6) Zahlungen an die Vereinigten Staaten leisten«, bemerkte ein britischer Regierungsvertreter im Jahr 1929, »so gäbe es eine einfache Lösung für das Problem der Reparationen. Es(11) wäre nicht schwierig, einen Betrag festzulegen, den Deutschland aufbringen(41) könnte und der für die Verbündeten akzeptabel wäre. Aber da Europa diese gewaltigen Summen an die Vereinigten Staaten zu zahlen hat, wird es sehr schwierig, keine überhöhten Forderungen an Deutschland zu(42) stellen.«31 So bürdete man Deutschland einen(43) Betrag auf, der genügen sollte, um die Staaten der Entente(8) für den Großteil der im Krieg erlittenen Schäden zu entschädigen, und dieser Betrag überstieg die gesamten Vermögenswerte Deutschlands(4). Das(44) Land besaß einfach keine ausreichenden Mittel, um die Entente-Staaten mit dem Geld zu versorgen, das sie brauchten, um ihre Schulden bei den Vereinigten Staaten und untereinander zu begleichen. Snowden bemerkte(3): »Wenn die Finanzierungsvereinbarungen, die Amerika mit seinen europäischen Schuldnern geschlossen hat, zur Gänze fällig werden, so wird Amerika rund 120 000 000 Pfund [600(3) Mio. Dollar] pro Jahr an Rückzahlungen erhalten. Von den deutschen Reparationszahlungen kann im besten Fall ein Ertrag von 50 000 000 Pfund [250 Mio. Dollar] im Jahr erwartet werden, womit der Dawes-Plan letzten(2) Endes eine Zahlung von 125 000 000 Pfund [625 Mio. Dollar] pro Jahr vorsehen wird. Aber kein Verantwortlicher glaubt, dass Deutschland je(45) imstande sein wird, eine Summe zu zahlen, die der letzten Zahl nahe kommt. Es läuft also darauf hinaus, dass die gesamten deutschen Reparationen und vermutlich noch einmal derselbe Betrag obendrauf nach Amerika fließen werden. Das ist kein schlechtes Geschäft für ein Land, das mit der Losung ›Keine Entschädigungen, kein materieller Gewinn‹ in den Krieg eintrat.«32

Snowden bezog(4) sich auf Wilsons Rede(8) vor dem Kongress am(10) 2. April 1917, in(3) der der Präsident erklärt hatte: »Wir verfolgen keine eigennützigen Ziele, wir sehnen uns nicht nach Eroberungen oder Vorherrschaft, wir wollen keine Entschädigung für uns selbst und keine materielle Gegenleistung für die Opfer, die wir aus freien Stücken erbringen werden.« Wilson hatte(9) außerdem Belgien versprochen(3), dass die Vereinigten Staaten die 171 Mio. Dollar, die sie dem Land geliehen hatten, nicht zurückfordern würden. Die USA hielten dieses Versprechen nicht, wenn sie sich auch bereit erklärten, auf Zinsen zu(4) verzichten. Im Gegensatz dazu verzichteten Großbritannien und(19) Frankreich nicht(23) nur auf die Zinsen, sondern auch auf die Darlehensbeträge der sehr viel höheren Kredite, die(37) sie Belgien gewährt hatten.33 Keynes meinte(4) dazu, Frankreich könne(24) von Deutschland »kaum(46) eine Entschädigung für sämtliche Zerstörungen im ländlichen Raum« erhalten. »Doch das siegreiche Frankreich musste(25)