Flecken - Stefan Kalbers - E-Book

Flecken E-Book

Stefan Kalbers

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Beschreibung

Entschuldigung, haben Sie kurz Zeit? Wollten nicht auch Sie immer schon mal wissen: …wie egal es sein kann eine Wandergruppe mit dem ICE zu überfahren? …warum Psychologen gern kleine Hunde treten? … wieso man einer Religionsstudentin keine Spermaprobe zugestehen sollte? Dann ist da noch die Sache mit dem jungen Mann, der einfach nicht aufhört zu wachsen. Von dem Affen ganz zu schweigen. Die Kurzgeschichten in diesem Band gleichen unerwünschten Flecken (im Gehirn). Sie gehen nie wieder weg. Stefan Kalbers versteht es auch in seinem neusten Werk die "Un"-Tiefen des menschlichen Seins auszuloten und uns schmerzlich zu verabreichen.

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Impressum

©opyright 2012 by Autor

Umschlaggestaltung: [D] Ligo design + development

Grafiken:

www.fotolia.de | gewebemuster © LeitnerR #30434206

www.shutterstock.com | Food stains © Iwona Grodzka

www.shutterstock.com | Collection stains of coffee for grunge design © Lukiyanova Natalia/frenta

Lektorat: Christoph Strasser

Satz: Fred Uhde (www.buch-satz-illustration.de)

ISBN: 978-3-95791-035-6

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags gestattet.

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[email protected]

Mehr Infos jederzeit im Web unter www.unsichtbar-verlag.de

Unsichtbar Verlag | Wellenburger Str. 1 | 86420 Diedorf

Stefan Kalbers

Flecken

Entschuldigung, hast Du kurz Zeit?

Hey, Du, ja genau Du. Na, gerade im Supermarkt wieder ne Fairtrade-Bio-Cola ohne Zucker gekauft? Wir machen hier eine Umfrage, dauert auch nicht lange, zum Thema … ach so, Du hast keine Zeit? Na, denn eben nicht, Du ARSCHLOCH, lauf doch weiter in Deinen modischen Jeans und Turnschuhen und der Jacke, die mehr kostet als manch einer im ganzen Monat verdient und maschinell auf used getrimmt wurde. Stöpsel Deine Kopfhörer wieder zurück ins Ohr, tu so, als müsstest Du ganz dringend auf das Display Deines Apfel-Ichphon schauen und VERPISS DICH. Verschluck Dich bloß nicht an Deinem Kaugummi. Den Fragen entkommst Du nicht, früher oder später holen sie Dich ein. Weißt Du was? Ich SCHREIE sie Dir einfach hinterher, DU GOTTVERDAMMTES STÜCK SCHEIßE.

Jetzt mal ganz ehrlich: Kann Dich überhaupt noch irgendwas schocken?

Hast Du sie nicht auch gefunden, die Suchmaschine, die auf Sex und Gewalt in jeglicher nur erdenklicher Form spezialisiert ist? Und zwischendrin gibt’s die lustigsten Unfälle, bei denen Menschen ihre Beine verlieren, in Flammen aufgehen oder durch die Windschutzscheibe fliegen.

Haben wir sie nicht alle gesehen, die Videos im Netz, auf die man unwillkürlich stößt, wenn man nur hartnäckig genug dranbleibt? Die sonnengebräunten brasilianischen Transsexuellen, die einen auf eine Sonnenliege gefesselten Mann vollkotzen, anpissen und zuscheißen? Die Frauen, die sich von Schäferhunden besteigen lassen, Pferdeschwänze lutschen oder sich Aale einführen? Männer, die Kühe von hinten rammeln oder sich ein nach Luft schnappendes Fischmaul über den Schwanz stülpen? Langweilen Dich die üblichen SM Strap-on, Peitsch-, Fessel und Stiefelleckgeschichten auch schon so lange? Verstehst Du auch nicht, warum um, gähn, Entschuldigung, Kinderpornos noch so ein Theater gemacht wird. Die sind doch längst out. Die gehören zum Alltag wie die Marmelade aufs Frühstücksbrötchen.

Dann doch lieber die japanischen Jugendlichen, die auf verwackelten Bildern einen Mitschüler im Treppenhaus grün und blau prügeln, bis er am Boden liegen bleibt. Oder die total vermummten Fanatiker, die einem an einen Stuhl gefesselten Ungläubigen mit übergestülpter Kapuze unter Zuhilfenahme eines größeren Messers Schnitt für Schnitt den Kopf abtrennen. Das sieht doch fast aus wie Kunst. Zumindest ist es ein Handwerk, das man doch lieber vom Fachmann ausführen lässt. Immer gern gesehen auch die ganzen Hinrichtungen (Erhängen, Kopfschuss, von Panzer überrollen) aus Kriegsgebieten und diese Clowns, die sich selbst in die Luft sprengen. Mangelhaft oft nur die Bild- und Soundqualität. Ich meine, wenn man sich die Filmchen mit dem Beamer in HD Qualität an die heimische Leinwand projizieren möchte, um sich dabei einen runter zu holen, bleibt doch so manches auf der verpixelten Strecke. Wo kann ich da meine Rechte als Konsument eigentlich einklagen?

Jetzt mal ganz ehrlich: Kannst Du noch an irgendetwas glauben?

Dreht sich Dir nicht auch der Magen um bei dem Gesabber der katholischen und evangelischen Kirche, während Priester und Ratsvorsitzende ein gutes Vorbild für sexuell krankhaft gestörte Alkoholiker abgeben? Kommen Dir nicht auch gewisse Zweifel, wenn Du den vermeintlichen Stellvertreter Gottes auf Erden mit über achtzig Jahren vornübergebeugt lateinische Wortfetzen ins Mikrofon brabbeln hörst? Eine Religion, die sich das Kreuz, ein Folter­instrument, als Symbol ausgesucht hat und daran festhält, dass auch Jungfrauen Kinder gebären können? Oder stehst Du eher auf die bärtige Variante mit Turban und erhobenem Zeigefinger? Erwachsene Männer, die in Nachthemden herumlaufen und davon überzeugt sind, dass vierzig Jungfrauen auf sie warten, wenn sie sich selbst als Silvesterkracher definieren? Oder willst Du lieber das ewige Opfer sein und sehnst dich nach einer Klagemauer? Dann empfiehlt sich vielleicht nach Israel auszuwandern. Das ist Dir nicht sexy genug? Ein bisschen Hollywoodstyle sollte es schon sein? Keine Tiere essen und viele Kinder adoptieren? Hat Buddha nicht auch immer so süß gelächelt? Wenn Du mehr auf Science Fiction stehst, solltest Du mal Scientology ausprobieren, deren Begründer Weltraum- und Westernheftchen geschrieben hat. Alles Mainstream? Du bist mehr so der Alternativ / Undergroundtyp? Satanistenkirche, schwarze Magie, Rituale und so? Oder lieber jahre­lang in der Bude hocken und »Om« vor sich hersingen? Hat Dir das »Ich bin« schon das Hirn verkalkt? Kristalle und Edelsteine vielleicht? Gespräche mit dem Schutzengel oder gechannelten Wesenheiten aus der 13. Dimension? Tarotkarten und Horoskop? Positiv denken und hey, die Bestellungen beim Universum klappen wirklich? Oder bevorzugst Du den jugendlichen, hedonistischen Ansatz und findest, das Wichtigste im Leben sei »eine gute Zeit« zu haben? Geld, Sex, Drogen? Aber Vorsicht, Falle: Glaubst Du nicht an das einzig Richtige, Wahre und Alleingültige, dann kommst Du in DIE HÖLLE! Und zum Lachen musst Du auf jeden Fall in den Keller gehen.

Jetzt mal ganz ehrlich: Hältst Du Dich nicht auch für einen aufgeklärten Zeitgenossen?

Du hast schon mal Die Zeit, Konkret oder den Spiegel gelesen, findest aber die Bild manchmal »ganz witzig«? Beim Thema knappe Ressourcen, Umweltschmutzung und dritte Welt kennst Du Dich aus? Du glaubst, Demokratie ist die einzig tragbare Staatsform und das Wichtigste ist Toleranz? Glaubst Du auch daran, dass Gewalt keine Lösung ist? Dass die Gesellschaft Tabus braucht, um funktionieren zu können? Glaubst Du an Recht und Ordnung? Lächelst Du gern über den Spruch »Die Polizei – Dein Freund und Helfer«, wählst aber sofort 110, wenn der Nachbar, der leider stärker ist als Du, mal die Musik laut aufdreht? Du findest Dich locker zurecht in Deinen 90 Fernsehkanälen, kennst die wichtigsten Lifestyletrends und versuchst Dich gesund zu ernähren? Findest auch Du, dass Wikipedia, eine echt coole Sache ist? Du machst gern mal Party bist aber ansonsten eher der gechillte Typ? Du glaubst, älter zu werden bedeutet von ganz allein auch mehr vom Leben verstanden zu haben? Du hast Dich bewusst für das Leben entschieden, dass Du führst? Du könntest Dir vorstellen, Organe zu spenden, willst aber keinen Organspenderausweis unterschreiben? Spielst Du auch Lotto, würdest aber selbst bei Millionengewinnen niemals Deinen Job aufgeben? Du bist Dir ganz sicher, dass Du gesund bleibst und alt wirst, weil es Dir Deiner Meinung nach zusteht? Glaubst nicht auch Du, wer sich nur richtig anstrengt im Leben, der wird es auch zu etwas bringen? Und Du bist stolz darauf, Deinen persönlichen elften September überlebt zu haben, nur weil Du schon alle Milchzähne verloren hast?

Jetzt mal ganz ehrlich: Du findest solche Umfragen scheiße? Deine Einstellung geht niemanden etwas an? Du hast zu vielen Themen keine Meinung? Du möchtest, dass einfach alles immer so bleibt, wie es war? Du möchtest nicht nachdenken müssen? DU WILLST EINFACH DEINE RUHE HABEN?

Alles klar, es war nett und absolut belanglos, Dich kennengelernt zu haben.

Schönen Tag noch.

Märchen

Glaubte man den Berichten der Tierschutzverbände, dann war der Bestand dieser Vogelgattung drastisch gesunken. Und tatsächlich hatte ich damals noch nie ein lebendes Exemplar gesehen. Doch eines Morgens schob ich wie üblich meinen Maltisch von der Wand weg, kletterte darauf und stand etwas unsicher auf meinen zwei Beinen, um die hinzugewonnene Welt hinter dem Fenster zu bewundern. Dass ich jetzt alleine aus dem Fenster schauen konnte, wann ich wollte, war ein aufregendes Stück Freiheit, dass ich mir selbst erobert hatte. Auf dem Garagendach gegenüber hatten sich über Nacht neue Nachbarn breitgemacht. Ein Storchenpaar war dabei, sein Nest einzurichten. Begeistert fiel ich vom Tisch. Und nach einer kurzen Ohnmacht rannte ich mit einer Beule am Kopf zu meinen Eltern, um ihnen die Neuigkeiten mitzuteilen. Am gleichen Tag erfuhr ich, dass ich einen Bruder bekommen würde.

Vier Jahre später hatte ich diesen Bruder bereits gehörig satt. Mit einer Unschuldsmiene machte er alles kaputt, was mir lieb und teuer war, ohne sich dabei jemals wirklichen Ärger einzuhandeln. Damals machte sich ein erster Verdacht in mir breit. Die Ungerechtigkeiten dieser Welt konnte ich mir nur so erklären: Meine Eltern waren gar nicht meine echten Eltern. Ich war adoptiert oder schlimmer noch, entführt worden. Und während meine wirklichen Eltern bestimmt voller Verzweiflung nach mir suchten, war ich dazu verdammt, mit einem stiefbrüderlichen Sabberkopf mein Zimmer zu teilen. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Hier galt es, eine Lektion zu erteilen, die alle gleichermaßen vor den Latz knallte. Und spätestens nachdem ein Stockbett angeschafft wurde, war das Maß der Erträglichkeit überschritten. Die Frage, wer oben schlafen durfte, war Anlass für endlose Schlachten. Das Recht des Erstgeborenen wurde schamlos angetastet. Und meine Begründung, warum die obere Etage für mich lebenswichtig war, wurde allgemein belächelt. Dabei lag doch auf der Hand, dass die Monster unter dem Bett zuerst denjenigen fressen würden, den sie bequem von unten aus erreichen konnten. Stattdessen sollten wir uns abwechseln. So nahm ich den Ratschlag meiner Tante zu Herzen. Wenn wir ein wirkliches Anliegen haben, so sagte sie, sollten wir zu Gott beten. Gott würde uns zuhören. In seiner allmächtigen Güte verstehe er die Regungen tief in unseren Herzen, und er würde unsere Not lindern. Und tatsächlich: Das Wunder geschah. Ein paar Tage später weckte mich das laute Geschrei meiner Eltern. Der unliebsame Bruder lag leblos auf dem Boden. Offenbar war er kopfüber vom Stockbett gefallen und hatte sich das Genick gebrochen. Oder etwas haarig-schleimiges mit großen Zähnen und fiesen Krallen hatte ihn dort hinuntergeworfen. Um ehrlich zu sein, verstand ich die Aufregung nicht ganz. Hatte ich nicht lautstark vor den nächtlichen Monstern gewarnt? Doch das Volk, zu dem ich sprach, war taub gewesen, jetzt bekam es eben die Rechnung präsentiert. Nachdem Gott mich auf diese Weise ermutigt hatte, meinen eigenen Weg zu gehen, fing ich an, die gesamte Welt in Frage zu stellen. Ich machte mich auf die Suche nach dem Wunderbaren und förderte ganz erstaunliche Erkenntnisse zu Tage, die nur für eine kleine eingeweihte Minderheit zugänglich waren.

Hinter unserem Haus befand sich ein kleiner Garten, in dessen dichten Hecken ich mich oft zurückzog. Es gab schmale, begehbare Erdstreifen zwischen den Büschen, die ich mein eigen nannte. Direkt an unserem Grundstück grenzte der Holzschuppen unseres Nachbarn. Durch kleine, schmutzige Fenster sah ich den rundlichen Herr Pfefferkorn mit verschiedenem Werkzeug hantieren. Es ging das Gerücht, ein Gerät, das Herr Pfefferkorn nicht reparieren könne, müsse erst noch erfunden werden. Ich erinnere mich an den Abend eines heißen Sommertages, als ich aus dem Gebüsch heraustrat und über den Zaun kletterte. Dabei machte ich absichtlich laute Geräusche, denn das Gehör des alten Mannes war nicht mehr ganz in Schuss. Einmal hatte ich ihn dermaßen erschreckt, dass er mir eine Ohrfeige verpasste. Hinterher brachte er mich zu meinen Eltern und entschuldigte sich dafür. Dabei fand ich es seltsam, dass er sich bei meinen Eltern entschuldigte, anstatt bei mir. In der folgenden Zeit nahm ich mir dann vor, zurückzuschlagen, wenn ich nur groß genug dazu wäre. Anschließend würde ich ihn zu seiner Frau schleppen und sagen: »Frau Pfefferkorn, sie entschuldigen, aber ich habe ihrem Mann aufs Maul gehauen. Das musste einfach mal sein.« An jenem schwülen Sommerabend kletterte ich also lautstark über den Zaun und schaute zur offenen Tür des Schuppens herein.

»Hallo, kleiner Mann«, begrüßte er mich, ohne von seiner Werkbank hochzuschauen.

»Was machen Sie da?«, wollte ich wissen. »Dürfen Sie das überhaupt?«

Vielleicht hat ihm mein Tonfall nicht ganz gefallen, denn jetzt schaute er sehr wohl hoch.

»Komm mal her. Ich zeige dir was.«

Er war dabei, einen Fön zu reparieren. Der Schalter hatte drei verschiedene Rasterpunkte und sollte je nach Abstufung immer heißere Luft von sich geben. Die ersten zwei Stufen waren in Ordnung, aber bei der dritten tat sich plötzlich überhaupt nichts mehr. »Und willst du wissen, warum?«, fragte er mich. »Pass mal auf.« Er betätigte den Schalter immer wieder und plötzlich donnerte es draußen. Er forderte mich auf, es selbst einmal zu versuchen. Es dauerte ein Weilchen, ich hob den Fön wie meine Faschingspistole und schob den Schalter hin und her, aber schließlich donnerte es wieder. Herr Pfefferkorn schaute nach draußen und meinte: »Wenn du noch ein wenig weitermachst, fängt es an zu regnen.« Klar, das wollte ich dann schon genauer wissen. Ich gab den Wetterfön praktisch nicht mehr aus der Hand. Als mein rechter Daumen wund gescheuert war wechselte ich auf den linken über. Aber die Arbeit sollte sich lohnen. Das war toll! Es fing tatsächlich an zu regnen!

»Das hast du gut gemacht«, lobte mich Herr Pfefferkorn. »Mit diesem Fön kannst du es regnen lassen, wann immer du willst.«

»Kann ich den mitnehmen?«

»Nein.«

Na gut. Das war nicht so schlimm. Ich war im Besitz eines kostbaren Geheimnisses. Die Leute hatten keine Ahnung, dass unser Nachbar für das Wetter verantwortlich war. Wenn ich im Winter nicht genügend Schnee für einen Schneemann hatte, ging ich rüber zu Herrn Pfefferkorn. Meistens regelte er das für mich.

Stinke-Ingo von nebenan ließ sich auch nicht so gerne von mir erschrecken. Er war der größte Grimassenschneider aller Zeiten. Aber leider trug er den Namen Stinke-Ingo nicht ganz zu unrecht, und so war ich sein einziger Freund. Er konnte schielen wie ein Weltmeister, warnte mich aber davor, ihn nachahmen zu wollen, denn: »Wenn jemand schielt und du erschreckst ihn, dann schielt er für immer, und du bist dann schuld.«

In Gedenken meines Geheimnisses um den Wetterfön deutete ich zaghaft an, dass die Dinge nicht immer so waren wie sie schienen. Schließlich konnte ich ihn überreden, ein paar Experimente mit sich durchführen zu lassen. Wir besorgten uns zwei große Packungen Eis und ein paar Flaschen Bier. These eins lautete: »Nachdem man Eis gegessen hat, darf man nichts trinken, sonst bekommt man Bauchweh.« Stinke-Ingo schnitt mir ein paar Grimassen und löffelte nebenher locker das Eis in sich rein. Dann trank er das Bier. Wir warteten zehn Minuten. Ich schaute auf meine Uhr. Schließlich fragte ich ihn, ob er Bauchweh hätte. Er schaute mich ganz komisch an, als ob er losflennen wollte. Unverständliche Laute rutschten über seine Lippen. Gleich darauf kotzte er das Eis bei uns in den Garten. Ergebnis: Nach dem Eis essen bitte nichts trinken. Man bekommt tatsächlich Bauchweh.

These zwei: »Wenn es blitzt, darf man nicht an die Türklinke fassen, weil sonst der Blitz in das Haus einschlägt.« Diesmal war wohl oder übel ich an der Reihe. Beim nächsten Gewitter telefonierte ich also rüber. Wir wollten das live machen, schließlich konnten es meine letzten Worte sein.

»Es hat gedonnert, dann blitzt es auch gleich. Bist du noch dran?« fragte Ingo.

»Ja klar, ich habe die Türklinke fest in der Hand.«

Draußen gewitterte es brutal. Es goss in Strömen. Ich musste an Herrn Pfefferkorn denken. Soviel ich wusste, war er in Italien in Urlaub. Ob er den Fön mitgenommen hatte? Wieder krachte es draußen. Es blitzte auch ordentlich, aber nie in unserer Nähe.

»Was meinst du?« fragte Ingo.

»Keine Ahnung.«

Draußen blitzte es wieder in einiger Entfernung.

»Komm, wir brechen ab. Meine Eltern sagen, ich soll jetzt aufhören zu telefonieren.«

»Okay.«

Total erleichtert legte ich auf. Aber ich schämte mich auch ein wenig.

Forschungsergebnis Nummer zwei: Wenn ihr dieses Experiment macht, dann sorgt dafür, dass die Versuchsperson die Türklinke auch tatsächlich anfasst.

Wir wurden älter, aber wir blieben neugierig. Uns wuchsen plötzlich Haare unter den Achseln und aus der Nase. Unsere Gesichter quollen auf wie der Belag billiger Fertigpizza. Wir rochen jetzt alle irgendwie muffig. Wenn beim Kicken jemand den Ball in den Unterleib bekam, tauchten Sprüche auf wie. »Scheiße, mein Kindergeld.« Wenn einer von uns Pinkeln ging, kam er mit roten Kopf zurück und sagte: »Tor!« Eine mitgeteilte Lebensweisheit unseres Erdkundelehrers lautete damals: »3000 Schuss, dann ist Schluss.« Der alte Mann trug verwaschene Kordanzüge mit ausgebeulten Knien. Sein schütteres Haar kämmte er sich hinter den Ohren vor bis schräg über die Augen, damit seine Glatze nicht so auffiel. Es ging das Gerücht, er trinke hin und wieder ganz gern einen. Seine Tränensäcke, seine Falten, sein gebeugter Gang erzählten uns auf eindrucksvolle Weise von den Qualen eines langen Arbeitslebens. Fast hätten wir ihm geglaubt. Hier galt es sich ganz klar erneut in den Dienst der Wissenschaft zu stellen. Zuerst jedoch mussten Irritationen aufgelöst werden, da Ingo den Spruch falsch interpretierte: »3000 Mal abspritzen und du stirbst.«

»So ein Quatsch. Er meinte 3000 Mal Kommen und du bist leergespritzt.«

»Schrumpft dann der Sack weg, oder wie?«

»Woher soll ich das wissen?«

Wir führten Strichlisten, die wir täglich verglichen. Wer von uns beiden zuerst bei 3001 angekommen war, sollte den anderen mitteilen, was genau passierte. Mit etwas Glück konnte ich jeden Morgen sieben weitere Striche auf meiner Tabelle vorweisen. Ich nahm das Experiment sehr ernst und wichste praktisch den ganzen Tag. Vor dem Frühstück, in der großen Pause, nach dem Mittagessen im Garten, beim Getränke holen im Keller, beim Kieferorthopäden auf dem Gästeklo, vor dem Abendessen in meinem Zimmer und abends im Bett. Auf dem Schulhof nannte man mich nicht umsonst »König der Taschentücher.« Manchmal onanierte ich beim Kieferorthopäden auch während der Behandlung vorsichtig durch die Hosentasche. Das hing davon ab, wer mir gerade im Mund herumstocherte und wie weit sich die Schönheit zu mir hinunterbeugte. In meiner Phantasie war es nachts um halb drei. Die Praxis war vollkommen dunkel, aber draußen schien ein heller Mond. Ich fuhr mit dem Taxi vor und rauchte Zigarre. Kaum war ich eingetreten, tanzten zwölf nackte Zahnarzthelferinnen um mich herum. Zur Abwechslung hatte alle zwölf mal einen Termin bei mir. Diese Phantasie hörte allerdings schlagartig auf, als mich eines der Traumgirls in flagranti erwischte. Ich lag praktisch schon flach auf dem Stuhl.

»Sag mal, Kleiner, was machst du denn da?«

»Äh, nix.«

Sie legte mir ihren Ellbogen wie zufällig auf den Schritt, zwinkerte mir zu und fragte. »Geht da schon was? Soll ich dir mal was zeigen?« Nein, sie sollte mir nichts zeigen. Ich wollte bloß noch nach Hause. Um den entscheidenden Schritt zwischen Theorie und Praxis zu wagen reichte unsere Schuhgröße einfach noch nicht aus.

Zu allem Überfluss erzählte uns besagter Erdkundelehrer, dass seine Informationen wegen der 3000 Schuss so nicht ganz stimmen. Wir umklammerten unsere Strichlisten und lauschten gespannt. Sein Vortrag endete mit der Neuigkeit, dass onanieren auf kurz oder lang zur vollständigen Erblindung führt. Vierzehn Jungs wurden kreidebleich. Wir stellten das Experiment ein, doch wenig später bekam ich meine erste Brille. Ich brauchte Zeit zum nachdenken und sollte sie auch bekommen. In den Sommerferien schickte man mich für zwei Wochen zu den Großeltern. Aber auch dort war es nicht mehr so wie früher. Ich war sichtlich in die Höhe geschossen. Anstatt etwas Taschengeld einfach in die Hand gedrückt zu bekommen, bot man mir jetzt Gartenarbeit an. Als man mir das Geld schließlich in bar ausbezahlte, nahm mich meine Großmutter beiseite:

»Junge, du kannst immer zu uns kommen, egal mit welchem Problem, und das weißt du.«

Ich nickte.

»ABER sollte sich jemals herausstellen, dass du Haschisch spritzt oder Heroin trinkst, dann wollen wir dich hier nie wieder sehen. Ist das klar?«

Meine Grosseltern waren mir lieb und teuer, ich wollte sie nicht enttäuschen. Außerdem hing mir die Drohung in den Knochen. Und so gestehe ich reinen Gewissens: Bis heute habe ich niemals und bei keiner Gelegenheit Haschisch gespritzt oder Heroin getrunken. Und der Allmächtige stehe mir bei, sollte ich das jemals versuchen.

ICE of the living dead

Ich habe einen Traum, und der geht so: Schichtbeginn Samstag mittag 14.00 Uhr. Ich komme aus dem Freibad direkt zur Arbeit. Und zwar mit dem Taxi. In einer Plastiktüte stecken mein nasses Handtuch, das Duschgel, eine Packung Gummibärchen und eine verklebte Ausgabe von Willards Fußfetisch Magazin. Ich steige aus dem Taxi ohne zu zahlen, denn ich habe eine Taxiflatrate. Vor dem Bahnhof grüße ich den einen oder anderen Kollegen von Ferne. Mein Bauch quillt fettig über den Saum der Badehose. Mein Kopf, mein ganzer Körper ist von der ungewohnten Sonne krebsrot und total verbrannt. Die Schlappen an meinen Füßen machen ein floppendes Geräusch. Ich steige in meinen ICE, schließe die Führerkabine auf und mache als erstes den Technikcheck. Anschließend laufe ich alle Waggons ab. Es gibt keine Reservierungen. Es gibt außer mir kein Personal. Alle Plätze sind frei, alle Wagen sind leer.

Wenn das Signal von rot auf grün springt, setzt sich das Ungetüm langsam in Bewegung. Wie eine Schlange kriecht der Zug durch die zahlreichen Weichen im Bahnhofsbereich. Dann werden die Gleise weniger, bis nur noch das eine zu sehen ist, auf dem ich mich selbst bewege. Die Richtung ist vorgegeben, und die Panoramascheibe zeigt mir einen blauen Himmel. Die Beschleunigung lässt die Bäume und Häuser am Wegesrand zu einem einzigen farbfrohen Schmierfilm zerfließen. Tonnenschweres Stahl macht sich auf den Weg, all die unglücklichen Seelen abzuholen. Meine Arbeit kann beginnen.

Ich kann ihn schon von Weitem sehen, wie er da auf der Brücke steht und mir entgegenblickt. Vielleicht hält er sich schon seit Stunden da oben auf und hat zahlreiche Züge an sich vorbeiziehen lassen. Unentschlossen, ängstlich. Ich gebe ihm mit den Frontscheinwerfern ein Signal. Hier bin ich. Ich bin der richtige. Jetzt darfst du. Und dann klettert er auch schon über das Geländer, springt und fällt und fällt. Jeans und T-Shirt stürzen durch die Luft. Mein Club kennt keine Türsteher. Heute heißt es wieder: Eintritt frei. Jeder darf. Bringt eure Freunde mit. Und als wäre die Höhe nicht schon schlimm genug gewesen und seine Glieder aufgeplatzt, blutig und die Knochen gesplittert, so werden jetzt, unumkehrbare Tatsachen geschaffen. Der Zug donnert über ihn hinweg, Blut spritzt an die Scheibe … und das war’s. Das Fahrgeräusch bleibt das Gleiche. Kein Rumpeln, kein Zögern, nur zärtliches Dahingleiten auf Schienen. Der erste Passagier ist an Bord. Ich schalte die Scheibenwischer an, das Blut schmiert etwas, und greife nach der Tüte mit den Gummibärchen.

Der nächste Fahrgast ist eine Frau. Sie steht im Gebüsch, genau in der Biegung einer ziemlich unübersichtlichen Kurve. Sie will nicht entdeckt werden, will auf Nummer sicher gehen, will auf jeden Fall vermeiden, dass der Zug noch bremsen könnte. Kein Angst, junge Frau, ich nehme jeden Anhalter mit. Unbeholfen klettert sie auf die leicht erhöhten Gleise. Für eine Sekunde kann ich ihr verheultes Gesicht sehen und denke mir noch: Komm, zeig mir ein letztes Mal deine Titten, aber dann klebt sie auch schon irgendwo unter mir an der Frontseite. Ein abgerissenes Bein fliegt durch die Luft, zurück in den Wald, wird wichtige Nahrungsquelle für allerlei Getier. So haben alle was davon: die Frau, die Tiere und ich.

Keine fünf Kilometer weiter muss ich dann aber doch den Kopf schütteln. Immer diese Rentner. Sollten doch Vorbild sein. Schranke unten heißt nun mal, Achtung Zug, bitte stehen bleiben. Auch dann, wenn der ehemalige Herr Studienrat nicht mehr richtig hören kann und Frau »Ich mach regelmäßig Gymnastik und fühle mich noch ganz fit« sagt: »Also, von rechts kommt nichts.« Beim Überqueren der Gleise empfiehlt sich immer zweimal zu schauen. Und das gilt auch für Wandergruppen. Ich zähle auf die Schnelle dreizehn ältere Herrschaften mit Rucksack, Sonnenhut und Wanderstock auf den Gleisen. Ja, Entschuldigung, dass ich jetzt lachen muss, aber das sieht einfach lustig aus. Die blöden Gesichter, das wilde gestikulieren. Hätten sie in Physik besser aufgepasst, dann wüssten sie, dass ich den Zug nicht mehr rechtzeitig stoppen kann, selbst wenn ich wollte. Dann macht es »klatsch, klatsch, klatsch«, rechts und links spritzt Gedärm, Kopf und Wurstbrot durch die Luft. Wenn ich das richtig gesehen habe, hat der Zug einen Mann genau in der Mitte durchtrennt. Na ja, geteiltes Leid ist bekanntermaßen nur halbes Leid. Ich greife wieder nach den Gummibärchen, aber die Tüte ist leer.

In den nächsten zwei Stunden sammle ich noch ein Liebespaar ein, dessen Beziehung vom familiären Umfeld nicht geduldet wird, einen Mann, dessen Frau vor kurzem bei einem Unfall ums Leben kam, einen jüngeren Mann, der eine Krebsdiagnose bekommen hat, und schließlich einen reichen Unternehmer, der es nicht ertragen kann, sich an der Börse verspekuliert zu haben. Alle werden sie nacheinander in die Luft geschleudert, zerrissen und zerteilt, zu Brei gepresst und gleichen anschließend einer frischen Schlachtplatte. Voilà, es ist angerichtet. Dann mache ich Pause. In einem mitteldeutschen Städtchen steht der ICE auf einem Sondergleis. Weit weg von gewöhnlichen Passagieren, die mit neugierigen Blicken auf etwas stoßen könnten, das sie nichts angeht. Die Anzeigetafel ist blank, die Türen bleiben geschlossen.

Ich schlappe durch den Bahnhof, grüsse auch hier von Ferne bekannte Gesichter. In dieser Branche entkommt man einander nicht. Jeder kennt jeden und Gerüchte und Geschichten verbreiten sich schneller als Lucky Luke ziehen kann. Bei McDonald’s lasse ich mir acht verschiedene Burger und eine Cola geben. Verlegen taste ich die Seiten meiner Badehose ab.

»Oh, Scheiße. Kein Geld dabei.«

Der Andere mahnt mit dem Zeigefinger.

»Dann gib mir die Badehose.«

Wir lachen beide, man kennt mich hier. Ich habe eine Burgerflatrate samt Extras. Mit dem Tablett in der Hand verziehe ich mich in die hinterste Ecke und lasse es mir schmecken.

»Ja«, denke ich mir. »Bei uns wird Service groß geschrieben. Wir geben den Kunden, was sie haben wollen. Täglich sind wir im Einsatz. Für Sie, für Deutschland. Kostenlos. Hilfe direkt und unbürokratisch. Kein nerviges Anmelden, Mailadresse hinterlegen, Passwort abholen. Keine Altersverifikation per Postidentverfahren. Kein staatlich beglaubigter Nachweis, dass vorab ein Beratungsgespräch stattgefunden hat.«

Ich liebe meinen Beruf. Er ist sinnvoll, trägt ein klein wenig zur Verbesserung der Welt bei und wird gut bezahlt. Jeder hat das Recht, sein Leben zu beenden wann er möchte. Wir unterstützen die Kunden dabei.

Mit vollem Bauch schlappe ich wenig später zurück zu meinem Zug. Ich lege mich in das Abteil eines Schlafwagens und halte ein Nickerchen. Nach einer Stunde geht es weiter. In einem großen Bogen werde ich die Richtung ändern und schließlich am Abend wieder in meiner Heimatstadt eintreffen. Bis dahin werde ich zwischen zehn und zwanzig weitere verlorene Seelen eingesammelt haben. Hängt immer ein wenig von der Jahreszeit ab, vom Wochentag oder der Ferienzeit. Ich mache das jetzt schon seit 16 Jahren und könnte mir nichts besseres vorstellen.

Soweit der Traum.

In Wirklichkeit muss natürlich auch ich eine Uniform tragen, habe nervige Kollegen und darf mir das Gemecker der Fahrgäste anhören. Der Job ist nicht mal halb so gut bezahlt, die Schichtdienste nerven. Die Taxiflatrate gibt es ebenso wenig wie eine Burgerflatrate.

Ich hocke in der Lounge für Bahnangestellte und beobachte drei Kollegen am anderen Ende des Raumes. Zwei von ihnen sprechen auf den Betroffenen ein. Er sitzt mit krummem Rücken und hängenden Schultern in sich zusammengesunken da. Beinahe vier Monate hat er gefehlt. Nach dem »Unfall« stand er unter Schock. Konnte wochenlang nicht arbeiten. Schuldgefühle zerpflügten sein Gewissen. Er bekam eine Therapie und wurde zur Kur geschickt. Jetzt hängt er wieder öfter hier herum. Will sich wieder eingewöhnen. Bereitet sich innerlich auf seinen ersten Arbeitstag vor. Und natürlich haben alle Verständnis für seine Niedergeschlagenheit. Behaupten, dass würde jedem so gehen. Aber das stimmt nicht. Den ersten Lebensmüden hatte ich keine drei Wochen nach Berufsantritt. Ich sah den Mann auf die Gleise laufen, wie er dastand mit den aufgerissenen Augen, habe ihn überfahren und bin pünktlich im Zielbahnhof eingefahren. Natürlich hätte ich anhalten müssen. Habe ich aber nicht eingesehen. Ich lass mir doch nicht die Tour versauen. Später habe ich behauptet, ich hätte nichts gesehen. Die ganze Sache hätte unterhalb meines Sichtfeldes stattgefunden. Seitdem gelte ich unter den Kollegen als Monster. Aber ich sage euch was, ihr Fotzen: Wenn ihr nicht verstanden habt, dass das Leben eine Abfolge aus Niederlagen und Enttäuschungen ist, gespickt mit dem ein oder anderen Bonbon, dann verkriecht euch in Löcher oder werft euch vor den Zug. Wer nicht mehr leben will, soll sterben, und eure Schwäche ist nicht mein Problem.

Meine Wahrheit vs die Welt 0:1

Der Wecker klingelt wie immer um 6.50 Uhr, und du schlägst auf die Schlummertaste wie ein Gutsbesitzer seinen Untergebenen im Jahre 1754. Schlaftrunken sinkst du zurück in die Kissen, letzte Ausläufer von Traumwellen umfließen das menschliche Bewusstsein, spülen den Müll der Nacht ins Vergessen wie der Metzger die Schlachtabfälle. Wie immer stehst du erst sehr viel später auf, wankst unbeholfen unter die Dusche, während die Kaffeemaschine nach Luft röchelt. Wieder schlägt die nahegelegene Kirchturmuhr eine volle Stunde. Du hängst das nasse Handtuch über den Küchenstuhl, legst den heißgelaufenen Fön zurück ins Holzregal und gießt die laktosefreie Sojamilch über die Haferflocken. Ein neuer Tag hat begonnen. Und du bist immer noch da. Alles ganz normal.

Wie immer schnürst du deine Turnschuhe, modisch abgestimmt zur Jeans und Jacke, alles gekauft im Internetshop deines Vertrauens. Bezahlung per Vorkasse, aber volles Rückgaberecht für dreißig Tage. Was soll da schon schief gehen. Und dann die Treppe runter aus dem Haus hinaus auf die Straße in die Welt. Draußen ist es kalt und es schneit. In der rechten Jackentasche das Mobiltelefon, in der linken den Geldbeutel. Ein Schritt folgt auf den nächsten. Du bist auf dem Weg zur Arbeit, und wer wollte bezweifeln, dass der Tag mit dem Morgen beginnt und mit dem Abend endet und somit alles seine Richtigkeit hat.