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Dieser Band vereinigt Gedichte aus 4 Jahrzehnten. Sie markieren Wege des Denkens und Suchens nach Erkenntnis. Was kann der Einzelne tun, um Zwietracht, Vorurteile und Hass zu überwinden? Wie kann man die eigene geistige Entwicklung fördern und Sinn und Glück im Leben finden? In einer Welt, die immer mehr von egoistischen, kurzfristigen und oberflächlichen Zielen bestimmt ist, in der wir dabei sind, die Grundlagen eines friedlichen Zusammenlebens zu zerstören und gleichzeitig mit unserer Umwelt auch die unserer Existenz, scheint eine Besinnung auf das, was das Leben schön und wertvoll macht, dringend erforderlich. Belletristik
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Seitenzahl: 74
Veröffentlichungsjahr: 2021
Roland Greis
Flugversuche
Gedichte
© 2021 Roland Greis
Verlag und Druck:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-347-21887-1
Hardcover:
978-3-347-21888-8
e-Book:
978-3-347-21889-5
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
In Erwartung von Licht
Gespräche sind der Flügelschlag, ohne den wir auf günstigen Wind warten müssen.
Orientierung
1
Ruhig und zielstrebig
das Richtige tun
und alles Hindernisse
als Herausforderung nehmen;
Sich nicht beirren lassen
vom Beifall oder Gelächter der Welt.
In Dir selbst
ist alle Kraft,
die Du brauchst.
2
Warten können,
weil der Same gelegt ist;
Sich freuen können
am Wachsen der Frucht;
Bereit sein
zur Zeit der Ernte.
3
Befriedigend scheint
und ruhmreich der Sieg
über den Gegner zu sein.
Größer aber und
schwerer zugleich ist der Sieg
über sich selbst.
4
In dieser Zeit der Erschütterungen
sei unerschütterlich.
5
Prüfe,
aber prüfe zuerst dich selbst,
denn nur, wenn Du weißt,
wer Du bist,
kannst Du erkennen,
wem Du begegnest.
6
Zum Tor für Andere
und für Licht
kann nur werden,
wer sich selbst
nicht mehr wichtig nimmt
und in Bescheidenheit
und Demut
seine Aufgabe erfüllt.
7
Mahatma Gandhi
Schau ihn an
den Zerbrechlichen!
Seine dünnen,
abgemagerten Arme
haben das britische Weltreich
aus den Angeln gehoben.
Der runde, kahl geschorene Kopf
mit den abstehenden Ohren:
Bewahrer der Weisheit von drei Jahrtausenden.
Das kindlich entschlossene Lächeln
der Sanftmut,
mit dem er
seine bis an die Zähne bewaffneten Gegner
bezwang.
Schau ihn Dir an
und erbleiche!
8
Gandhi
Wie lange haben sie versucht,
sich gegenseitig das Wasser abzugraben,
sich bekämpft
und wieder bekämpft
Auge um Auge,
bis alle blind geworden sind.
So viele Siege und Niederlagen,
so viele Triumphe und Opfer
wofür?
Und dann bist Du gekommen
und hast sie erinnert
und ihnen gezeigt,
was der Mensch vermag,
der das allen gemeinsame Übel
bei sich selbst zu bekämpfen beginnt.
Deine Liebe, Mahatma,
hat uns
die Selbstachtung wieder gelehrt,
die Selbstachtung dessen,
der um die eigenen Schwächen weiß
und, sich selbst überwindend,
nicht mehr des Siegs
über Andere bedarf.
Du hast ihnen ins Auge geblickt
und ihren Hass
ins Bodenlose Deiner Liebe
hinabstürzen lassen
bis dahin,
wo er aufschlagen musste
auf dem eigenen Gewissen
und ihnen vor Scham
der zum Schlag erhobene Arm
heruntersank.
Dein zähes, unnachgiebiges Vertrauen
in den Gott, der in uns allen wohnt,
hat uns wieder sehen gemacht.
9
Zum Tode Mahatma Gandhis
Dieser Mensch
mit den zusammengezogenen Brauen
blinden Hasses,
wir sehen ihn,
wie er,
Ehrfurcht heuchelnd,
sich unter die Suchenden mischt,
wir sehen den Kniefall,
seine zum Schein gefalteten Hände,
die Sekunden später
die Waffe auf Deine Brust richten werden,
und wie er,
im Versuch, Dich, große Seele,
zu töten,
abdrückend,
mit drei Schüssen sich selbst
und seine zukünftigen Leben auslöscht.
Und während Du
mit den Worten He Rama
zu Boden sinkst
und dem Mörder
die Arme herabfallen,
schneidet sich wie ein Messer
in uns hinein die Gewissheit,
dass nichts
Dich lebendiger macht
als dieser Tod.
10
Auf Dich kommt es an,
denn Du bist es,
der die Welt verändert!
Wenn Du nicht
den Sinn Deines Lebens
ergreifst
und Dich nicht
der Lemmingflut lebender Leichname
entgegenstellst
und Dein Halt rufst,
wer sonst soll es tun?
Wenn Du enttäuscht,
resigniert,
hoffnungslos
stehen bleibst
und Dich in Selbstmitleid ertränkst;
Wenn Du nicht beginnst,
die Fassaden niederzureißen
und wartest,
bis sie zusammenstürzend
uns alle begraben -
Dann wird es geschehen:
Sie werden über Dich hinweg
ihren Totentanz weiter tanzen,
Dich hineintreten
ins Nichts
und Recht behalten.
Auf Dich kommt es an!
Ergreife Dich selbst
und die Welt wird eine andere sein.
11
Du kannst ihnen nicht sagen
was zu tun sei,
aber Du kannst anfangen,
den Weg selber zu gehen
und die Schwächen,
die wir alle haben,
bei Dir selbst zu bekämpfen.
12
Immer
habe ich gesucht
jemanden,
der hinter mir steht,
wenn ich falle,
der mir auch noch
ins verzerrte Gesicht
vertrauensvoll schaut
und im richtigen Augenblick
die Hand auf meine Hand legt,
jemanden,
der mich erinnert
an mein besseres Ich,
wenn ich vergesslich bin,
der mich aufhebt,
wenn ich gestürzt bin:
Jemanden,
mit dem zusammen ich,
mich selbst verändernd,
vieles ändern kann.
13
Glücklichsein
Die Stimme,
die durch das alltägliche
Presslufthammergeräusch
hindurchdringt,
die Wärme eines Händedrucks
im Winter,
das Lächeln
schweigenden Einverständnisses
und eine Sekunde lang
der Widerschein des Lichts
im Auge, das dich erneut
zum ersten Mal sieht.
14
Friedensgebet 5. 10. 1983, 11.30 Uhr
Fünf Minuten für den Frieden,
das sind,
fünf Minuten, in denen in Ost und West
vier Millionen Dollar für Rüstung ausgegeben werden,
fünf Minuten, in denen vierhundert Menschen verhungern,
fünf Minuten, in denen fünf neue Tropfen
in das zum Überlaufen volle Fass fallen.
Aber,
wenn es nur fünf Minuten sind,
in denen keiner von uns einen Gedanken denkt,
der das Fass weiter füllen hilft;
fünf Minuten, in denen versucht wird,
dem Wahnsinn
ein wenig Vernunft und Liebe
und Ehrfurcht und Achtung vor allem,
was lebt,
entgegen zu setzen,
vielleicht können das
fünf Minuten sein,
in denen wir eine Handvoll
von dem Schutt abtragen helfen,
den wir und Andere
mit jedem Tag auf uns häufen,
an dem wir in Ablehnung,
Verneinung
und Selbstüberhebung
erstarren.
15
Jedes Mal kann nur ein Anfang sein
auf einem Weg voller Anfänge,
dessen Richtschnur die Treue ist
zu sich selbst:
Die Fähigkeit des Geistes
stärker zu sein.
16
Seit ich Dich fühle
und das Licht Deiner Führung erlebe
sind Trauer und Schmerz
nur mehr Wege
der Gewissheit zu Dir.
Jetzt erst
kann ich das Fallen der Blätter
mit Dankbarkeit sehen,
und der Zug der Vögel,
die in wärmere Zeit
hinüberfliegen,
erfüllt mich nicht mehr
mit Sehnsucht,
sondern mit Freude
auf ein anderes Jahr.
Aber jetzt bin ich hier,
wo es Winter ist
und vom Froste die Fahnen klirren,
aber nicht, um zu frieren,
sondern einen Berg anzuzünden
aus dürrem und totem Geäst,
dass Wärme wird
und das Eis schneller schmilzt.
17
Nun bist Du da
und liegst ganz nackt
zum ersten Mal allein
und bist so still
als würdest Du
noch ganz woanders sein.
Das erste Licht
des neuen Tags,
es dämmert draußen schon,
und mit der Sonne
fängst auch Du
Dein Leben an, mein Sohn.
18
Der Tag hat angefangen
nach langer, schwerer Nacht
voll Hoffen, Fragen, Bangen:
Du bist zur Welt gebracht.
Im Arm der Mutter schmunzelt
Dein schlafendes Gesicht,
ein wenig noch verrunzelt,
doch voller Zuversicht.
Halb öffnest Du die Augen,
nimmst einen kurzen Blick
und gleitest dann zufrieden
in andre Welt zurück.
Wegweiser für Schüler
19
Siehst Du das Licht,
das strahlend hell
und wärmend
aus der Pforte fällt,
die jeden Tag,
an dem Du suchend
selbst Dich öffnest
immer weiter wird?
Wer einmal dieses sah,
am Morgen, wenn der Sonne Glanz
die ganze Welt in Farben taucht,
der wird nicht ruhn
und voller Dankbarkeit
so gut es geht
das Seine tun.
20
Wenn der Seiltänzer das Seil betritt
und zum anderen Ende strebt
und mit dem Auge bei jedem Schritt
an den eigenen Füßen klebt -
dann verliert er die Richtung und stürzt.
Wer hinüber will, der fasst in den Blick
auf der anderen Seite das Ziel
und sorgfältig tastend Stück um Stück
erreicht er das, was er will.
Und der Weg wird um vieles verkürzt.
21
Das, was getan sein will,
ganz und gar tun.
Nur, was gewachsen ist,
lässt uns auch ruhn.
Das schwer Erreichbare
freudig getan.
Nur, wer sich Ziele setzt
schreitet voran.
22
In Trägheit verharren
die Zeit sich vertreiben,
welch lustloses Leben,
welch sinnloses Leiden!
Menschengeist ist lichtbegierig,
will bewegt, betätigt sein,
ewig streben, suchen, fragen,
jeden Tag erneut es wagen:
So dringt Licht ins Dunkel ein
und das Trübe, ist´s auch schwierig,
wird am Ende klar und rein.
23
Die Schuld beim Andern stets zu sehn,
führt zur Verzweiflung Tag für Tag.
Nur wer sich selbst verändern mag,
wird aufrecht vor sich selber stehn.
24
Ein Bergwerk voll kostbarer Steine
ist jeder Mensch.
Wer seinen Stollen treibt,
Schichten durchbricht,
tastend sich tiefer gräbt,
oft ohne Licht,
täglich ein wenig mehr
gründet und sucht,
einmal, da findet er
kostbare Frucht.
25
Erkenne Dich selbst
und Du findest im Kleinen
die Welt, die Dich hält.
Erforsche die Welt,
das Gesetz zu erfahren,
ohne das sie zerfällt.
Und dann tue das,
was Dich und die Welt
zusammenhält.
26
Um Erdenschwere zu entfliehn
aus Lebensquellen Kraft zu ziehn,
strebt Sehnsucht in die Welt des Traums,
um hier, im Licht des Seelenraums
von Mühsal frei voll aufzublühn.
Doch freudig dann zurückzukehrn
ist eine Kunst, die nur gelingt,
wenn man den Quell zur Erde bringt:
Denn dort entsteht nur Fruchtbarkeit,
wo aus dem Lebensquell der Zeit
ein Keim auf schweren Boden fällt,
sich mühevoll ins Dunkel quält,
erst wurzelt, Kraft saugt, dann nach oben bricht,
erneut hinauf zum Sonnenlicht.
Nicht, um vom Dunkel weg ins Licht zu fliehn:
Um Lebenslicht in Dunkelheit herab zu ziehn.