Frau ohne Welt. Teil 3: Der Krieg gegen die Zukunft - Bernhard Lassahn - E-Book

Frau ohne Welt. Teil 3: Der Krieg gegen die Zukunft E-Book

Bernhard Lassahn

0,0

Beschreibung

Das Feminine ehren, den Feminismus als Ideologie des Hasses aber verabscheuen: Bernhard Lassahn zeigt, wie's geht. Er schäumt nicht, er beschreibt so amüsiert und heiter wie andererseits scharfsinnig, warum der Feminismus nicht zukunftsfähig ist – und das auch gar nicht sein will. Wir haben Zustände wie vor einem Bürgerkrieg, es hagelt Extremismusvorwürfe aller Art: Sexismus, Rassismus, Faschismus, Frauen-, Homo-, Transphobie, menschengemachte Erderwärmung, Weltuntergang! Die Stimmung ist aufgeheizt. Wir erleben einen Kulturkrieg, der ans Eingemachte und aufs Ganze geht, er verfeindet Mann und Frau sowie Eltern und Kinder – und setzt damit unsere Zukunft aufs Spiel. Das erste Opfer in diesem Krieg ist wie immer die Wahrheit. Die geht noch jedesmal verloren, wenn die Gespräche verstummen. Der Krieg wird weitergehen, solange Vorurteile überwiegen und die Parteien nicht einsehen, dass sie ohnehin niemals hätten gegeneinander antreten dürfen. Bernhard Lassahn gibt mit trotzigem Humor einen Lagebericht, der aufzeigt, was der vierzigjährige Krieg angerichtet hat. Zwischen den Geschlechtern, zwischen den Generationen. Die Bilanz könnte kaum bitterer sein. Und doch bleibt Lassahn zuversichtlich, dass die Welt nicht untergehen wird, denn "the only engine of survival" – das meint auch Leonard Cohen – bleibt weiterhin die Liebe. Frauen, liebt Männer! Männer, liebt Frauen! Lest Frau ohne Welt!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 352

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



FRAU OHNE WELT

Trilogie zur Rettung der Liebe von Bernhard Lassahn

TEIL III – DER KRIEG GEGEN DIE ZUKUNFT

INHALT

Willkommen im Vorgarten

Schlaflose Nächte und Schreie in der Nacht

Die Schrecken der Flut und die Schrecken der Ebbe

Hände hoch! Keine falsche Bewegung!

Männer machen nicht mehr mit

Rotes Licht für die Liebe. Grünes Licht für Sex

Die nackte Lüge

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose

Die geheimen Träume der Halbweltfrauen

Der böse Blick einer Frau mit Augenklappe

The Winner Takes It All

Bielefeld gibt es. Die Welt dagegen gibt es nicht

Keine Empathie für niemand

Etikettenschwindel, wenn es ans Eingemachte geht

Das Argument der großen Axt

Die Freiheit zu tun, was einem gesagt wird

Das dunkle Geheimnis des Frauenkalenders

Mach mit! Es gibt Geld und ein gutes Gewissen

Der Vergewaltiger im Sammeltaxi

Die Waffe der Ölweiber

Die Empfindlichkeit der Schneeflocken in Zeiten der Erderwärmung

Von »Yeah, Yeah, Yeah!« zu »Nein heißt Nein!«

Die Revolution hat keine Kinder, die sie fressen könnte

Der Blick durch die Tuba

Schuld und Schulden der Vergangenheit

Die Schrift an der Wand

Von der Apo zur Apokalypse zur Fempokalypse

Der Weltuntergang als Kleinkunstprogramm

Kaputte Retourkutschen

Von nichts kommt nicht nichts

Das unfassbare Risiko der Hausfrau und Mutter

Auf der Suche nach dem guten Menschen

Return to Paradise – zurück im Garten

Impressum

Willkommen im Vorgarten

Kommen Sie getrost näher, Sie sind immer noch im Vorgarten. Sie können mir nicht mit der Tür ins Haus fallen, und ich kann nicht ausfällig werden und Sie nicht überrumpeln. Ich kann nicht plötzlich mit der Tür aus dem Haus herausfallen, wie ein Ritter, der einen Ausfall aus seiner Burg wagt und dabei die Tür wie ein Schild vor sich herträgt.

Dafür ist der Vorgarten gut. Er schafft eine gewisse Pufferzone für Unentschlossene. Man lernt sich schon ein wenig kennen, ohne sich allzu dicht auf die Pelle zu rücken.

Vorgarten? Wer redet so? Erich Kästner. Der hat geschrieben, der Vorgarten zu einem Haus sei so etwas wie das Vorwort zu einem Buch. Man ist schon fast da. Man bildet sich ein erstes Urteil, eh man weitersieht. Wie sieht der Garten aus? Gibt es Rosen? Gartenzwerge? Einen Fahrradständer? Liegt irgendwo Kinderspielzeug herum? Ist auch ausreichend Unkraut vorhanden? Bekanntlich sollte man einem Garten misstrauen, in dem es kein Unkraut gibt.

Im Vorgarten blühen die Vorurteile. Wer wohnt hier? Ein Mann. Ein alter. Ein weißer. Aha. Also vermutlich ein Feind. Jedenfalls ein Feind in den Augen der hüpfenden Jugend, die jeden Freitag klagt, dass die Alten ihr die Zukunft gestohlen hätten und ein Feind in den Augen der Feministen mit dem bösen Blick.

Hier ist auch die Schwelle, an der wir zurückblicken auf das, was bisher geschah: Es gibt schon zwei Bücher zur Frau ohne Welt, mit den Untertiteln Der Krieg gegen Mann und Der Krieg gegen das Kind – was erstaunlich martialisch klingt für jemanden wie mich, der sich in seiner Jugend gerne als Pazifisten gesehen hat und immer noch das Ende des überflüssigen Geschlechterkrieges herbeisehnt, bei dem es nur Verlierer gibt. Deshalb gibt es den Untertitel: Trilogie zur Rettung der Liebe.

Der Krieg ist nicht vorbei, »the war is not over«, sagt jemand, der in dieser Frage – und neuerdings auch in Umweltfragen – Zuständigkeit und weltweites Gehör beansprucht. Wer tut das? Emma Watson, die wir in der Rolle der Hermine in den Harry Potter-Filmen liebgewonnen haben und die später als UN-Sonderbotschafterin für Frauen- und Mädchenrechte die HeForShe-Kampagne entwickelt hat, die viel gelobt wurde – doch nicht von allen. Kritik kam von den PoC, den people of colour, von Schwarzen, die ihr den Vorwurf machten, eine privilegierte Weiße zu sein. Es scheint also noch mehr Kriegsschauplätze zu geben, nicht nur zwischen Männern und Frauen.

Im ersten Band hatte ich Leonard Cohen zitiert, der singt, dass es einen Krieg zwischen Männern und Frauen gibt und einen zwischen Weißen und Schwarzen, »a war between the black and white, a war between the man and the women«, außerdem einen zwischen Armen und Reichen und zwischen Linken und Rechten. Das reicht nicht. Wir müssen noch einen Krieg berücksichtigen, den Cohen nicht besungen hat: den Krieg zwischen den Generationen, zwischen Alten und Jungen.

Es kämpft jedoch nicht jeder gegen jeden, wie es sich Thomas Hobbes in seinem berühmten Albtraum über ein höllisches Zusammenleben vorgestellt hat, in dem der Mensch dem anderen Menschen gegenüber zum Wolf wird – homo homini lupus – vielmehr stellt sich eine Gruppe gegen die nächste, ein Rudel gegen ein anderes. Es kämpfen Gruppen, die sich selbst gebildet haben, gegen Gruppen, in die andere einsortiert wurden, ob sie wollten oder nicht. So entstand die so genannte Identitätspolitik, eine politische Orientierung, bei der die Zughörigkeit zur Gruppe zum ausschlaggebenden Kriterium aufgestiegen und zur Trumpfkarte bei jeder Diskussion geworden ist.

Der Einzelne zählt nicht mehr, es kommt lediglich auf die Gruppenzugehörigkeit an, auf das richtige Rudel. Es gibt auch keine Einzelmeinungen mehr, nur noch Konsens. So sind Vorurteile entstanden und haben sich zu Verallgemeinerungen verfestigt, die für den Kampf gegen das feindliche Rudel unerlässlich sind. Sie gewährleisten den Gruppenzusammenhalt, der ohne ein starkes Feindbild nicht vorhanden wäre.

Tribalismus wirkt wie ein Turbo: Der Graben zwischen »wir« und »denen« – us and them – wird tiefer, der Ton lauter, die Stimmung feindlicher. Gruppen sind gnadenlos, ein Rudel gibt kein Pardon, ein Rudel kennt keine Dankbarkeit. Die Gruppenzugehörigkeit wirkt als Durchlauferhitzer für Aggressionen und wühlt Instinkte auf, die bisher unter Kontrolle waren.

Wir haben Zustände wie vor einem Bürgerkrieg – einem Krieg, den wir so noch nicht kannten; einem Geschlechterkrieg, in dem künstliche Gruppen ohne wirklichen Zusammenhalt, die aus wenigen Kriegstreibern und vielen ahnungslosen Mitläufern bestehen, an zwei Fronten gleichzeitig gegeneinander antreten, in einem sinnlosen Krieg zwischen Mann und Frau und zwischen Eltern und Kindern – damit gegen die Zukunft.

Davon handelt das Buch. Ich versuche, einen Lagebericht zu geben und will an Einzelbeispielen, in denen ich Muster erkenne, aufzuzeigen, was der vierzigjährige Krieg angerichtet hat. Ein Kultur-Krieg, der aufs Ganze geht.

Er hat seltsame Zwischenwesen geschaffen: Männer, die nicht männlich sein dürfen, weil Männlichkeit verdammt ist und als toxic masculinity angesehen wird, und Frauen, die diese verdammten Rollen übernehmen, die dann – wie durch ein Wunder – nicht mehr als toxisch gelten. Die idealen Zwischenwesen von heute sind neutral, sie sind geschlechtslos, sie sind inter oder trans und sehen in dem Gender-Sternchen ihren neuen Stern am Horizont aufsteigen, dem sie bedingungslos folgen. Frauen wollen heute keine Mütter mehr sein, sie fürchten ein Morgen und geben sich jünger, als sie sind. Männer wiederum leiden unter dem Peter-Pan-Syndrom und weigern sich erwachsen zu werden.

Die neuen Zwischenwesen haben sich zwischen den Fronten eingerichtet, sie sind weder männlich noch weiblich, weder alt noch jung. Die Angleichungsbewegungen gehen von beiden Seiten aus: Kinder werden wie Staatsmänner behandelt, Staatsmänner verhalten sich wie Kindsköpfe. Ein Mädchen, das aussieht, als wäre es acht Jahre alt, spricht vor der UN, im Bundestag singt Andrea Nahles das Pippi-Langstrumpf-Lied. Wir sind auf dem Weg zu einem Menschen ohne Eigenschaften, zu einem Einheitswesen, das weder das eine, noch das andere ist, das nichts falsch, aber auch nichts richtig macht.

Das erste Opfer in einem Krieg ist die Wahrheit. Die geht verloren, sobald die Gespräche verstummen. Niemand verfügt exklusiv darüber, wir können uns nur auf eine gemeinsame Suche nach der Wahrheit begeben. Wo sollen wir suchen? Im Internet wird Wahrheit angeboten, als wäre es heiß begehrte Ware, wir brauchen nur den Suchbefehl »the truth about …« eingeben, schon werden wir bedient. Architekten, die an der offiziellen Interpretation der Ereignisse von 9/11 zweifeln, nennen sich Truther. Die Wahrheit scheint zum Greifen nah und bleibt uns doch fremd.

Die beiden politischen Magazine, die sich an den gegenüberliegenden Seiten des tiefen Meinungsgrabens befinden, haben sich beide die »Wahrheit« auf die Fahne geschrieben: Das Compact-Magazin wirbt mit dem Slogan »Mut zur Wahrheit«, der Spiegel mit »Keine Angst vor der Wahrheit«. Wer kennt denn nun die Wahrheit?

»Tell the Truth« fordern die Demonstranten von Extinction Rebellion, die sich als Rebellion gegen das Aussterben verstehen und verlangen, dass sich Politiker bedingungslos dem anschließen sollen, was sie für die letzte Wahrheit halten. Andere halten Pappschilder hoch mit Slogan wie »Climate Change Is Real« oder »Rape Culture Is Real«. Manche der jungen Frauen haben sich die Parolen sogar auf die nackte Haut geschrieben, als hätten sie dadurch Golddeckung. Es ist aber nur falscher Glanz.

Sexismus. Rassismus. Faschismus. Extremismus. Frauenfeindlichkeit. Homophobie. Transphobie. Erderhitzung. Weltuntergang. Zumindest die Stimmung ist stark aufgeheizt. Doch wie schlimm ist es wirklich? Was können wir wissen? Was sollen wir tun? Was dürfen wir hoffen? So hätte Immanuel Kant gefragt, wenn er nicht etwa den Einzelnen, sondern Gruppen angesprochen hätte. Wir wissen es nicht mehr. Wir sind jahrelang mit Propaganda zugeschüttet worden und stehen ratlos in einem Irrgarten aus Lügen – aus fake news –, aus falschen Prognosen und zweifelhaften Wetten auf die Zukunft.

»Wir sind die Zukunft der Bauern und Arbeiter!«, verkündete Lenin einst. »Wir sind die Zukunft Europas!«, behauptete Hitler. Das war einmal. Heute wird die Zukunft in düsteren Farben ausgemalt, »we don’t have time«, heißt es bei den Fridays-for-Future-Demonstrationen, wir haben nur noch zehn Jahre Zeit. Oder sechs. Wenn es überhaupt eine Zukunft geben sollte, dann wird sie weiblich sein. So hatte sich das Margarete Mitscherlich vorgestellt, die im Jahr 2017 hundert Jahre alt geworden wäre, Hillary Clinton glaubt immer noch daran, »I still believe the future is female.«

Das glauben nicht alle. Janice Fiamengo tut es nicht mehr. Sie sieht sich nicht mehr als Feministin, selbst wenn sie früher eine war, die – so wie ich auch – auf die Straße gegangen ist, um die Nacht zu erobern und für Frauenrechte zu demonstrieren. Sie ist keine Feministin mehr und gibt eine frappierend einfache Erklärung, die uns aufhorchen lassen sollte, selbst wenn uns Frauen-Themen langsam nerven und wir glauben, dass uns die Gender-Perspektive nicht interessieren muss. Es betrifft uns alle, wenn wir nicht in einer Lügenwelt leben wollen, in der wir verkümmern.

Janice Fiamengo hat sich vom Feminismus abgewandt, weil sie die vielen Lügen nicht mehr ertragen konnte, die peu à peu aus falschen Zahlen und falschen Begriffen ein in sich geschlossenes System gebildet haben, das einen totalitären Charakter angenommen hat. Sie konnte nicht mehr darüber hinwegsehen, dass die Voraussetzungen falsch sind, dass manipulierte Statistiken in die Welt gesetzt werden und dass die Sprache verkommt. Man kann in einem Kartenhaus aus Falschbehauptungen und Falschbeschuldigungen nicht in Frieden wohnen, man muss fürchten, dass es jederzeit zusammenbricht. Man muss ständig »mit zwei Gesichtern leben«, wie es viele der Aussteiger gesagt haben, die ein totalitäres System überstanden haben. Sie konnten nicht mehr in den Spiegel gucken, weil sie ein moralisches Minimum verraten mussten. Es tut einem in der Seele weh, so leben zu müssen. Es macht krank.

Fiamengo ist Professorin in Kanada, die eine umfangreiche Video-Serie –The Fiamengo files – und zuletzt den Sammelband Sons Of Feminism veröffentlicht hat, der uns einen generationsübergreifenden Überblick bietet. Es gibt entsprechend dazu einen Bericht der Töchter, den Daughters Of Feminism. Damit kommen Vergangenheit und Zukunft für beide Geschlechter in den Blick und ermöglichen erstmals ein vollständiges Bild. Sowohl die Töchter als auch die Söhne waren stark vom Feminismus geprägt, sie sahen sich selbstverständlich als Feministen und haben erst spät gemerkt, wie sehr sie davon geschädigt wurden. Im Nachhinein sehen sie den Feminismus als ein monströses Gebilde aus lauter Lügen.

»Wir haben alle gelogen. Jeder ein bisschen. Und wir haben es gewusst.« So haben es Václav Havel und Alexander Solschenizyn zusammengefasst, als sie kritisch auf das kommunistische Lügengebäude zurückgeblickt und dabei selbstkritisch ihr eigenes Mitwirken daran reflektiert haben. Es ergeht einem nicht nur im Kommunismus so; Verkrüppelung entsteht in jedem totalitären System. Einige der Bücher aus dem Regal meiner Mutter über das Leben unterm Hakenkreuz haben so vielsagende Titel wie Betrug war alles, Lug und Schein oder Lebenslüge Hitler-Jugend. Betrug war buchstäblich »alles« – und alle haben mitgemacht. Es gab keine Rückzugsmöglichkeit mehr, der gesamte Alltag war überschattet, die Lüge war allgegenwärtig.

Totalitäre Systeme bauen sich durch kleine und kleinste Grenzüberschreitungen auf, die ständig nachverhandelt werden. Es geht scheinbar um Kleinigkeiten, die jedoch in Wirklichkeit keine sind. Hinzu kommen überdimensionierte Beschuldigungen gegen einen Feind, der in Wirklichkeit gar keiner ist, sondern erst durch eine grandiose Sprache, die keine Zwischentöne und Mittellagen und damit auch keine Kompromiss- und Friedensmöglichkeiten zulässt, zum Feind aufgebaut wird.

Der sexistische Krieg ist ein totaler Krieg. Alle Lebensbereiche werden durchdrungen. Es wird ein Kulturkrieg geführt, ein culture war, der das Gute, Schöne und Wahre zerstören will. Sobald wir das Fernsehen einschalten, werden wir einer gendergerechten Scheinwelt ausgeliefert, die durch das gesamte Programm aus aktuellen Nachrichten, Werbung, Wetterbericht, Unterhaltung, Sport und Spannung hindurchscheint. Der gesamte öffentliche Raum – das gilt für Kirchen, Politik, Schulen und Universitäten – ist sprachlich gleichgeschaltet, durchgegendert, feminisiert und verweiblicht. Die Kriegspropaganda beschwört in einem unablässigen Trommelfeuer aus Siegesmeldungen eine weibliche Zukunft, die offenbar unmittelbar bevorsteht wie der Endsieg. Frauen, so hören wir, haben Männer längst überholt, haben sie abgehängt und überflüssig gemacht. Die Frauen von heute sind nicht mehr aufzuhalten in ihrem Machtstreben, sie können alles.

Sie können es sogar besser. Für den nächsten James-Bond-Film ist Emma Watson vorgeschlagen, nicht in der Rolle eines Bond-girls, sondern – she instead of him – als Agent 007. Das war der, der gesagt hatte: »Mein Name ist Bond, James Bond«.

Aus so einer Blase kommt man nur schwer wieder heraus. Cassie Jaye hat es geschafft. Sie hatte mit Nebenrollen in Hollywood vor der Kamera als nette Blondine angefangen, als »the cute girl-next-door who always died in horror films.« Nachdem sie mehrere Tode in Horrorfilmen sterben musste, hat sie die Seiten gewechselt, hat sich hinter die Kamera gestellt und eigene Dokumentarfilme zu Gender-Themen gedreht. Dann hat sie die rote Pille eingenommen und gleich noch einmal die Seiten gewechselt: Sie ist nun auch keine Feministin mehr.

The Red Pill heißt ihr Film, mit dem sie, wie sie selbstironisch bemerkt, Kontakt mit dem Feind aufgenommen hatte – damit meinte sie Männerrechtler, moderne Väter, die von ihren Schicksalen erzählten, die den Kontakt zu ihren Kindern und den Glauben an die Zukunft verloren hatten. Am Ende des Films sieht sie diese Männer nicht mehr als Feinde an. Die Idee für den Titel stammt aus dem Film Matrix. Darin steht der Held Neo vor der Wahl, entweder die rote oder die blaue Pille zu nehmen. Nimmt er die blaue, bleibt alles, wie es ist, und er kann weiter in seiner Traumwelt leben. Mit der roten Pille würde er in der Wirklichkeit ankommen.

Sie spielt außerdem mit einem Motiv aus Alice im Wunderland, dem Land, in dem alles falsch ist. Ein weißes Kaninchen führt sie da hinein – down the rabbit hole – und erschüttert ihre Weltsicht. Cassie Jaye hat es geschafft, ihre Einstellung zu überprüfen und zu ändern. Die meisten können es nicht.

Was musste geschehen, dass sie es konnte? Zwei Übungen waren es, die mit der Arbeit an einem Dokumentarfilm zusammenhängen: Zuerst musste sie lernen, die Leute ausreden zu lassen. Sie merkte plötzlich, wie schwer ihr das fiel; sie konnte gar nicht richtig zuhören, sie wartete immer nur auf ein Stichwort, um einzuhaken und zu widersprechen. Sie musste lernen, sich zu beherrschen. Die nächste Übung bestand darin, das dokumentierte Material abschreiben. Das mag an Strafarbeiten aus Schulzeiten erinnern, aber sie merkte, dass sie erst durch den Vorgang des Schreibens richtig verstanden hat, was die Männer, die sie interviewt hatte, überhaupt sagen wollten. Als sie diesen Effekt bei einer Pressekonferenz erklärte, empfahl sie das auch den anwesenden Reportern: Notieren Sie das! –»Write this down«, sagte sie. Bei ihr hatte es gewirkt. Sie ist von einer Blondine zu einer Schriftgelehrten geworden.

Sprache kann einen Reinigungsprozess bewirken. Deshalb bin ich Ihnen auch mit einem Buch unter dem Arm entgegengekommen und habe Kästner zitiert. Ich werde noch aus anderen Büchern vorlesen. Die Literatur wacht stets im Hintergrund, wenn ich über Frauen und Männer, über den Krieg und über die Liebe spreche. Eine achtsame Sprache hilft, die Gedankenwelt aufzuräumen. Eine lügenhafte Sprache führt ins Unglück. Viele der Lügen lassen sich relativ leicht erkennen, sie fallen durch schiefe Formulierungen und heillose Übertreibungen auf und lassen sich leicht vermeiden. Ich versuche es. Ich vertraue darauf, dass man mit dem Bemühen um eine wahrhaftige Sprache auf einem guten Weg ist – auf einem, der zu einem Geschlechterfrieden führen kann.

Also: Willkommen! Treten Sie ein! Wenn Sie mögen, können Sie noch kurz, eh es losgeht, vor das Fenster treten – da oben ist mein Schlafzimmer – und ganz laut »Sex!« schreien.

Schlaflose Nächte und Schreie in der Nacht

»Sex?! Oh, nein! Sex! Nein, Sex! Ich fasse es nicht!«

»Äh … Sex?«, »Was soll das denn? Sex?«

»Sex! Sex! Sex!«

Eine Bekannte von mir hatte Pech. Sie konnte im Sommer nicht mehr bei offenem Fenster schlafen. Sie wohnte in der Langen Gasse in der Altstadt von Tübingen. Wir schreiben das Jahr 1977, wir schauen ein wenig zurück, um – wie sich Ernst Bloch das vorgestellt hat – die »Zukunft in der Vergangenheit« zu entdecken. Ich beginne mit einem kleinen Rückblick. Ich bitte, die Jahreszahl nicht allzu genau zu nehmen und mir eine gewisse Unschärfe bei der Zeitangabe zuzubilligen, immerhin mache ich eine präzise Ortsangabe.

Ich werde sogar noch großzügiger mit den Zeitangaben verfahren und das Jahr 1977 zu einem regelrechten Schicksalsjahr im Kampf der Geschlechter aufwerten und als das Jahr zeichnen, in dem der Sexismus, von dem damals noch niemand wusste, was man sich darunter vorstellen sollte, Einzug in unser Zusammenleben gehalten, sich wie eine Seuche ausgebreitet und alle Bereiche des Alltagslebens durchdrungen hat. Doch zurück zum genau lokalisierten Ort, der früher einmal still war. Warum konnte meine Bekannte nicht mehr bei offenem Fenster schlafen? Warum ließ ihr der Sex keine Ruhe?

Ihr Zimmer lag im ersten Stock. Im Erdgeschoss hatte neuerdings ein Sexshop eröffnet, ein »Fachgeschäft für Ehehygiene«, wie es im Untertitel hieß – ein Fremdkörper in dem beschaulichen Universitätsstädtchen, eng und buckelig, wie Goethe es beschrieben hatte. Ein zauberhafter Ort. Wenn da ein als Nachtwächter verkleideter Schauspieler mit Hellebarde und Laterne durch die Gassen gezogen wäre, wie das neuerdings als Touristenattraktion inszeniert wird, hätte man den Eindruck gewinnen können, die Zeit wäre tatsächlich stehen geblieben und man hätte mit Franz von Dingelstedts Liedern eines kosmopolitischen Nachtwächters verkünden können: »Die Stunde, die hat nichts geschlagen«.

Nun hatte die Stunde etwas geschlagen. Eine neue Zeit war angebrochen: Es gab einen Sexshop. Er wirkte, als wäre über Nacht ein verirrtes Raumschiff aus einer anderen Zeitzone notgelandet.

In lauen Sommernächten war es besonders schlimm. Nächtliche Spaziergänger, die bis vor kurzem vergleichsweise ruhig durch die Gassen geschlendert oder getorkelt waren, ließen angesichts des neuen Ladens alle Hemmungen fallen; es brach aus ihnen heraus wie eine Urgewalt. Selbst wenn sie ohne Gesprächspartner durch die Nacht schwankten, mussten sie den Namen des Shops laut vorlesen und ihr Leid klagen, wie Hunde es tun, wenn sie den Mond anbellen: »Sex Shop! Sex Shop!« Sie konnten einfach nicht vorübergehen, ohne einen Kommentar abzugeben, als müssten sie den Shop – oder den Sex insgesamt – verfluchen. So wie Babys bei der Geburt schreien, so brüllten die Nachtschwärmer beim Herandämmern der neuen Epoche. Manche lachten künstlich, manche gequält, bei manchen klang es wie ein Hilferuf. Der Laden wirkte auf sie seltsam bedrohlich, er gab sich als Niederlassung einer feindlichen Macht zu erkennen, die schon eine erste Bodenstation errichtet hatte.

Zur selben Zeit – nicht auf den Tag oder Monat genau – hatte in der Nähe vom Zimmertheater ein Laden aufgemacht, für den eine vergleichbare Besonderheit galt. Davon erzählte mir jemand, der im ersten Stock über dem neu eingerichteten Buchladen wohnte und in lauen Sommernächten ebenfalls keinen Schlaf fand. Auch an seiner Adresse unterbrachen Nachtschwärmer ihren Rundgang und konnten es nicht lassen, kräftige Kommentare abzugeben. Auch hier waren es Männerstimmen, die grölten und schimpften und ein Grummeln erzeugten wie bei einem heranziehenden Gewitter. Es ging um Bücher. Genau gesagt um den Laden, in dem sie angeboten und um die besonderen Bedingungen, unter denen sie verkauft wurden. Ursprünglich, so erklärte mir der Schlafgestörte, hätte er keinerlei Sympathien für die Emanzen aus dem Erdgeschoss gehabt, die direkt unter seinem Schlafzimmer den neuen Buchladen »Nur für Frauen« betrieben, doch seit er Nacht für Nacht mit anhören musste, wie Männerstimmen den Laden verfluchten – man habe grundsätzlich nichts gegen die Frauenbewegung, solange sie nur schön rhythmisch wäre –, hatte er sein Herz für die Nachbarinnen entdeckt und grüßte sie freundlich. Den Laden sollte er trotzdem nicht betreten.

Zwei neue Geschäfte, zwei Zeitzeichen, zwei Klagemauern, zwei Verlockungen, zwei Gefahrenstellen, die ahnen ließen, wie eine sexistische Zukunft aussehen würde. Meine Bekannte hatte den Eindruck, dass Männer nicht mit dem »Weltknoten Sexualität« umgehen konnten – das waren nicht ihre Worte; sie meinte wohl, dass Männer ihre Triebe nicht unter Kontrolle hätten – und der Mann, der über dem Frauenbuchladen seine Ruhe haben wollte, konnte hinzufügen, dass sie ebenso wenig wüssten, wie sie mit der neu aufblühenden Frauenbewegung umgehen sollten. Mit der nächtlichen Ruhe war es jedenfalls vorbei. Es hatten sich zwei Abgründe aufgetan. Zwei Risse waren auf dem Tanzboden entstanden, auf dem sich die Geschlechter begegnen konnten. Beide Orte wirkten, als hätten feindliche Truppen erste Brückenköpfe errichtet. Man konnte es ahnen: Gemeinschaften, die bisher zusammengehalten hatten, würden zerfallen; die Liebe, wie man sie bisher kannte, würde einem absehbaren Ende entgegengehen.

Es waren Orte, die man meiden sollte. Ein junges Ehepaar, das sich in der Stiftskirche trauen ließ, würde bestimmt keinen Abstecher in das nahegelegene »Fachgeschäft« machen, um da »Hygieneartikel« für ihre Ehe einzukaufen. Ein Student würde dem Sexshop weder zusammen mit seiner Liebsten einen Besuch abstatten, noch mit Mitbewohnern aus der Wohngemeinschaft, die allgemein WG »Weh geh!« genannt wurde, damit das Weh und Ach des Alleinseins vergehe. Er würde den Laden auch nicht bei einem Spaziergang als neue Attraktion der Altstadt seinen Eltern vorführen, wenn die zu Besuch kämen. Der Sexshop störte die vertikalen und horizontalen Geschlechter-Verhältnisse gleichermaßen.

Der Frauenbuchladen auch. Mit meiner Freundin könnte ich den Laden nicht betreten, ich müsste draußen warten und würde ausgerechnet mit ihr darüber streiten, ob es so einen Laden überhaupt geben sollte. Ich würde mit meinem Vater kopfschüttelnd vor dem Schaufenster stehen und wir würden uns fragen, warum wir nicht hineingehen und Die Scham ist vorbei von Anja Meulenbelt oder Memoiren einer Tochter aus gutem Hause von Simone de Beauvoir kaufen könnten. Man bekam die Bücher auch anderswo, insofern war der Frauenbuchladen keine Bereicherung. Die Besonderheit lag allein darin, dass ein Mann unerwünscht war. Immerhin haben wir noch gestritten und die Köpfe geschüttelt. Tübingen ist Universitätsstadt. Da wurde viel geschwätzt und diskutiert.

Nun hat sich das Klima geändert. Wir sind bis auf die Knochen eingeschüchtert. Wir frösteln und halten uns bedeckt, als wäre Schnee gefallen und hätte sich meterdick über unsere Gespräche gelegt. Die Themen Feminismus und Pornographie berühren wir lieber nicht. Gender auch nicht. Ein wohlmeinendes Kompliment kann heute als sexistischer Angriff interpretiert werden; ein Ausdruck, der gestern noch unverfänglich war, kann heute schon als hate speech gelten. Im Rückblick kommt mir das Tübingen der Siebziger wie ein Naturschutzgebiet vor, in dem noch ein unbefangener Gedankenaustausch möglich war.

Heute werden – damals undenkbar – Professoren wie Gerhard Amendt, Ulrich Kutschera oder Martin van Creveld von aufgebrachten Studenten mit Trillerpfeife, die sich als Schiedsrichter aufspielen, oder von schlecht informierten Gleichstellungsbeauftragten an wissenschaftlichen Vorträgen gehindert, wenn sie im Verdacht stehen, den Feminismus zu kritisieren. Zunehmend trifft es auch Politiker, die als »liberal« gelten. Heute darf man nicht mal mehr sagen: Also, das wird man doch wohl noch sagen dürfen. Harald Schmidt bekennt, dass seine Shows heute nach einer Woche abgesetzt würden. Bei einer Veranstaltung mit dem SPD-Mitglied Thilo Sarrazin in Bremen musste die Polizei mit einem Mannschaftswagen anrücken, bei einer Lesung mit Birgit Kelle mit sechs. Nur jeder sechste Deutsche fühlt sich noch frei, im Internet beziehungsweise in der Öffentlichkeit seine Meinung zu äußern. Das Forschungsinstitut Allensbach hatte nachgefragt, ob man vorsichtig sein müsste. Muss man. Wir haben keine Klimakatastrophe, wir haben eine Meinungsklima-Katastrophe.

»Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen«, heißt es bei Ludwig Wittgenstein im Tractatus logico-philosophicus. Der finnische Tango-König M.A. Numminen hat den Satz vertont und trägt ihn mit großer Orchesterbegleitung vor, als wollte er ein Zitat, das Voltaire nachgesagt wird, mit einem Ausrufezeichen versehen: »Was zu dumm ist, um es auszusprechen, das singt man.« Oder man schreit. Damals hatte es noch Aufschrei gegeben, nicht im Internet, sondern in den buckligen Gassen von Tübingen, da konnte man einen letzten Aufschrei in der Nacht hören:

»Oh, nein! Sex!«

Die Schrecken der Flut und die Schrecken der Ebbe

Im Jahr 1977 erlebte die Sexwelle einen spektakulären Höhepunkt. Man hatte schon vorher leichte Wellenschläge spüren können: Es gab Sex-Kinos und kleinere Rotlichtviertel in Bahnhofsnähe, zumeist in Städten, in denen Soldaten stationiert waren, doch nun hatte sich ein heftiger Sturm zusammengebraut. Die Sexwelle, die über Deutschland hereinbrach, war nicht nur eine harmlos Modewelle, es war eine Monsterwelle, die bleibende Schäden hinterließ.

Es hatte einen gewissen Anlauf gebraucht: Schweden und Dänemark waren mit der Freigabe von Pornographie und einem liberalen Umgang mit Homosexualität vorausgegangen. Das hatte in den skandinavischen Ländern zu einer Mode von Schweden-Witzen geführt. 1969 hatte in Kopenhagen die erste Sexmesse stattgefunden, bei der die Besucher von splitternackten Hostessen begrüßt wurden; erste Sexshops wurden in Kopenhagen und direkt an der Grenze zu Deutschland eröffnet. Nicht weit von der Landesgrenze hatte sich auf deutscher Seite der Beate-Uhse-Versand niedergelassen; die Sexwelle kam mit einer steifen Brise aus dem kühlen Norden.

Post aus Flensburg konnte nun zweierlei Bedeutung haben: Verkehrssünder erhielten Mahnungen vom Kraftfahrt-Bundesamt, Sünder des Geschlechtsverkehrs kleine Päckchen vom diskreten Beate Uhse Versand – wenn wir die Kunden des Versandhauses als Sünder der besonderen Art ansehen wollen: als Geschlechtsverkehrssünder, was sicher einige ihrer Ehepartner so empfunden haben. Vielleicht sogar die Kunden selber. Neugier, Unbehagen, Schuldgefühle und Lust gingen direkt ineinander über. Für manche lag allein schon der Besuch in einem Sexshop im Grenzbereich zum Seitensprung und wurde als moralische Verfehlung, zumindest als Versagen angesehen.

Die Sexwelle erreichte auch die literarische Welt. Bei einem Rundgang auf der Buchmesse konnte man in dem Jahr – aus heutiger Sicht unvorstellbar – riesige Nacktfotos sehen, als hätte man sich auf eine Sexmesse verirrt. Etwa zehn Jahre zuvor – also im Jahr 1969 – war die entscheidende Wende in der Rechtsprechung vorausgegangen: Der Bundesgerichtshof sah nach eigenem Bekunden seine Aufgabe nicht länger darin, einen moralischen Standard durchzusetzen, vielmehr wollte er sich darauf beschränken, die Gemeinschaft vor Störungen zu schützen. Eine ganze Reihe von Delikten wurden seitdem abgeschafft: zum Beispiel der Ehebruch – der galt bis dahin als Delikt –, die Unzucht mit Tieren, die einfache Homosexualität, die Erschleichung des Beischlafs und die Kuppelei. In der Diskussion um den Roman Die Memoiren der Fanny Hill wurde exemplarisch eine Unterscheidung zwischen weicher und harter Pornografie vorgenommen. Das Buch war bereits 1906 erschienen und stand seither auf dem Index. Nachdem 1964 eine »Luxusausgabe« ediert und wiederum indiziert wurde, klagte der Verleger: Anno 1969 hielt das Gericht fest, dass weiche Pornografie weder für Erwachsene noch für Jugendliche schädliche Folgen hat.

Schon ab 1970 konnte daraufhin eine Serie von Schulmädchen-Reporten anlaufen – stümperhafte Episodenfilme im Stil einer Scheinauthentizität, die sich auf wahre Erlebnisse bezogen und dennoch verlogen waren. Rückblickend sieht der Filmproduzent Wolf C. Hartwig darin die »Geschäftsidee seines Lebens«. Die ohne Aufwand mit unbekannten Schauspielern gedrehten Pseudo-Dokumentationen hatten weltweit insgesamt über 100 Millionen Zuschauer erreicht. Es folgte eine ganze Reihe solcher Filme, Hausfrauen-Report, Lehrmädchen-Report, Tanzstunden-Report, Krankenschwestern-Report – Provinzpossen im Vergleich zu dem, was gleichzeitig in Amerika passierte.

Es gab nicht nur eine, es gab mehrere Sexwellen: Eine aus dem Norden, eine weitere kam über den großen Teich geschwappt. Im Januar 1972 war zuerst in New York, wenig später in anderen Städten, ein Film in die Kinos gekommen, der, wie es heißt, die Nation spaltete wie sonst nur der Vietnamkrieg: Deep Throat, ein von einer Handvoll unbeholfener Halbamateuren heruntergekurbelter Porno, der in wenigen Jahren über 600 Millionen Dollar eingespielt haben soll und damit einer der profitabelsten Filme aller Zeiten ist. Was dermaßen viel Geld einspielt, gilt etwas im Kapitalismus. Das schmuddelige Genre, das bis dahin ein tristes Dasein in Hinterzimmern fristete, war damit auf der großen gesellschaftlichen Bühne angekommen. In den Schlangen vor den Kinos sah man verheiratete Pärchen und Damen in eleganter Abendgarderobe. Noch gab es leichten Gegenwind, der Hauptdarsteller Harry Reems musste für einige Zeit ins Gefängnis, doch mit dem großen kommerziellen Erfolg war der Porno salonfähig geworden und war nicht länger eine unbedeutende Randerscheinung. Er hatte gesamtgesellschaftliche Bedeutung erlangt. Wer sich zu Deep Throat äußerte, urteilte nicht nur über einen Film, sondern gleich über die sittliche Zukunft Amerikas. Seit dem Film Panzerkreuzer Potemkin, so wird in Darstellungen zur Kinogeschichte behauptet, hatte kein anderer Film so eine Wirkung erzielt. Hatte Panzerkreuzer Potemkin seine Bedeutung für die kommunistische Weltbewegung und der Film Birth of a Nation für das Selbstverständnis der Vereinigten Staaten nach dem Bürgerkrieg, so hatte Deep Throat seine Bedeutung für die nun heraufdämmernde Zeit, die im Zeichen der Überbewertung von Sexualität stehen würde: Sex war plötzlich allgegenwärtig.

Mit Deep Throat war zumindest in den USA der Vorstoß in den Mainstream geschafft. Bald schlossen sich Kultfilme an wie Der letzte Tango von Paris, die auch bis Tübingen vordrangen. Vorher hatte noch das generelle Verbot für Pornografie fallen müssen – und es war gefallen. Zuerst 1968 in Dänemark, was die erwähnte Sexmesse ermöglicht hatte. In Deutschland fiel das Verbot erst 1975. Vorausgegangen war das 4. Gesetz zur Reform des Strafrechts, das eine weitere Liberalisierung mit sich brachte und im Sinne der Reformen von 1969 sich jeder moralisierenden Wertung von sexuellen Tätigkeiten entzog. Das zeigte sich bereits an der Neufassung der Überschriften: »Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit«, wie es bis dato hieß, wurde durch »Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung« ersetzt. Der Begriff »unzüchtige Handlung« wurde komplett gestrichen. Es war genau diese Unterscheidung zwischen »Unmoral« und »Sozialschädlichkeit«, die den Wertewandel widerspiegelte: Bestraft werden sollte ein Verhalten nur, wenn es die Interessen anderer oder die der Gemeinschaft verletzte, nicht aber, wenn es unmoralisch war.

Inzwischen hat sich der Wind gedreht. Vierzig Jahre Hochwasser haben die Verhältnisse komplett verändert. Nun wird wieder gewertet. Die Moral hat sich zurückgemeldet, tritt gnadenlos als Hypermoral auf und hat eine Zensur eingeführt, die strenger und umfassender ist als alles, was wir bisher kannten. Die Memoiren der Fanny Hill stehen – zumindest in einigen Universitäten in Kanada – wieder auf dem Index, diesmal weil sie von einigen Studenten als »unerträglich heteronormativ« empfunden werden. Es gibt neue Varianten von sexuellem Fehlverhalten und von »sexistischer Gewalt«. Selbst wenn sie im Mikrobereich liegen, drohen drakonische Strafen. Kleinste Verfehlungen reichen aus, um ein Lebenswerk zu zerstören, auch wenn sie schon lange zurückliegen, bisher nicht als solche angesehen wurden, nicht bewiesen werden können und auch keinen erkennbaren Schaden angerichtet haben – wie der Fall Hunt zeigt:

So wurde gemeldet, der Nobelpreisträger Timothy Hunt, ein Molekularbiologe, habe bei einer Konferenz in Südkorea eine Bemerkung gemacht, die Empörung und betretenes Schweigen ausgelöst hätte: »Lassen Sie mich über meine Probleme mit Mädchen sprechen. Drei Dinge passieren, wenn sie im Labor sind: Du verliebst dich in sie, sie verlieben sich in dich und wenn du sie kritisierst, weinen sie.« Es gab einen gigantischen Sturm der Entrüstung. Hunt musste die Konsequenzen ziehen und von seiner Position als Honorarprofessor zurücktreten – wegen eines »sexistischen Kommentars«, wie die Presse meldete. Auch die britische Forschungsgesellschaft Royal Society distanzierte sich von ihm.

Er trat nicht zurück, er wurde getreten. Er fiel tief, seine Karriere war auf einen Schlag beendet. Als der damalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson sich schützend vor ihn stellen wolle und den »unerbittlichen Moloch politische Korrektheit« anprangerte, geriet er selbst in die Schusslinie, es hieß, er mache sich »schuldig im Sinne des Antidiskriminierungsgesetzes«. Hunt hatte tatsächlich gesagt, dass Frauen weinen, wenn man sie kritisiert, er hatte allerdings auch – wie absichtlich nicht gemeldet wurde – ergänzt: »Spaß beiseite, ich bin beeindruckt von der wirtschaftlichen Entwicklung Koreas. Und Wissenschaftlerinnen spielten dabei zweifellos eine wichtige Rolle. Wissenschaft braucht Frauen.« Applaus! Gelächter! Die ersten Meldungen waren von der Journalistin Connie St Louis bewusst verfälscht worden. Sie wollte ihn fertig machen. Der Kampf gegen Sexismus ist grausam und verlogen, Schuldbeweise sind nicht nötig, es werden vorzugsweise Unschuldige gerichtet – beinah wäre der Kampf erfolgreich gewesen: Sir Richard Timothy Hunt stand kurz davor, sich das Leben zu nehmen.

Hände hoch! Keine falsche Bewegung!

Die Stimmung ist gekippt. Sexualverbrechen und Gewalttaten haben zugenommen; manche sind von bisher nicht gekannter Scheußlichkeit. Wenn man zurückdenkt an Sommertage im Freibad, an nächtliche Spaziergänge, stimmungsvolle Weihnachtsmärkte und Open-Air-Veranstaltungen, die seit den Siebzigern das Leben in der Stadt mit mediterranem Flair durchwehten und uns die neue Lebensqualität bescherten, von der Willy Brandt einst gesprochen hatte, erscheint einem das wie ein Blick in ein Fotoalbum aus einer versunkenen Welt.

Nach den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln hatte es keinen Aufschrei gegeben. Wer Opfer von nicht-deutschen Tätern beklagt, wird als Fremdenfeind und Rassist beschimpft, als jemand, der solche Fälle instrumentalisieren will. Also schweigen wir. Wir erfahren auch wenig von den »orientalischen Vergewaltigungen« in Norwegen und Schweden – im Jahr 2018 wurden laut Polizeibericht 20 Vergewaltigungen pro Tag gemeldet. Und wir wissen wenig von den erschütternden Schicksalen der Mädchen der grooming-Skandale (damit ist Anbahnung sexueller Kontakte gemeint, um Minderjährige zu missbrauchen) von Rotherham, Rockdale, Oxford, Derby, Halifax, Newcastle und Telford – allein da geht es um etwa tausend Fälle –, die jahrelang vertuscht wurden. Das gab keinen Aufschrei.

Geschrien wird im Internet mit einem flotten Hashtag oder Shitstorm. Nun sind es Frauen, die nicht länger an sich halten können und sich lustvoll an den digitalen Steinigungen beteiligen, bei denen sie feige in der Anonymität untertauchen, oder – wie im Fall Hunt – kokette Selfies ins Netz stellen, auf denen sie mit falschen Tränen posieren. Ihnen geht es um Anlässe ganz anderer Größenordnung. Je bedeutungsloser sie sind, umso aufgedrehter wird das Kreischen.

Mit dem Hashtag #metoo ging ein Aufschrei um die Welt, der bei einigen Prominenten – und solchen, die es gerne wären – alte Erinnerungen hochkochte, die zu neuen Beschuldigungen führten, die wie Streubomben wirkten und unüberschaubar viele Unschuldige ins Unglück rissen: Es kam zu Selbstmorden, Löschungen, Kündigungen und Absagen: Filmszenen aus Alles Geld der Welt, in denen Kevin Spacy, mitgewirkt hatte, wurden neu gedreht, Spotify nahm Songs von R. Kelly aus der Playlist, Konzerte mit Plácido Domingo wurden abgesagt, es gab keinen Literaturnobelpreis. Die Ausfälle im Kulturbereich waren keine bloßen Kollateralschäden, für die Krieger im Kulturkampf waren es Etappensiege im culture war, der auch »cancel culture« genannt wird, Versuch einer Auslöschung der gesamten Kultur. Die Schäden sind nicht mehr zu überblicken. Es hat vor allem Unheil gebracht und kaum einen – oder gar keinen – Gewinn. Die meisten Beschuldigungen wurden inzwischen wieder fallen gelassen, es gab nur wenige tatsächliche Verurteilungen, die es womöglich auch ohne MeToo-Welle gegeben hätte. Dass es auch in der Welt der Prominenten Widerlinge gibt, die für ihr Verhalten gegenüber Frauen Strafe verdient haben, ist keine Neuigkeit und müsste nicht zu Beschuldigungen nach dem Gießkannenprinzip führen.

Die schwedische Außenministerin Margot Wallström erinnerte sich, dass sie wie paralysiert war, als ihr Tischnachbar ihr vor Jahren bei einem Bankett die Hand aufs Knie gelegt hatte. Deshalb wollte sie die Kampagne MeToo auf höchster Ebene unterstützen. Was hätte sie sonst auch tun sollen? Sie hätte es ja nicht gleich der ehemaligen Umweltministerin Barbara Hendricks nachmachen müssen, die eine Zigarette auf dem Handrücken eines Mannes ausgedrückt hatte – vielleicht ist Wallström Nichtraucherin –, doch sie sollte schon in der Lage sein, so eine Situation zu bewältigen, ohne eine Staatsaffäre daraus zu machen. Vermutlich leidet sie unter den Spätfolgen von erlernter Hilflosigkeit durch überbehütete Erziehung. Das Unvermögen solcher Frauen, private Angelegenheiten privat regeln zu können, führte zu einer scheinheilig als »notwendige Debatte« bezeichneten politischen Durchsetzung von neuen Verhaltensvorschriften am Arbeitsplatz – als wäre der bisher für Frauen unzumutbar gewesen.

In manchen Firmen in den USA gehört es zu den neuen compliance-Regeln, dass man es melden soll, wenn sich bei Mitarbeitern eine Liebesbeziehung anbahnt. Dabei war der Arbeitsplatz früher eine ideale Begegnungsstätte gewesen, da konnten sich Freundschaften und Ehen anbahnen. Warum – so könnte man naiv fragen, wenn man das Wesen der MeToo-Kampagne nicht verstanden hat, – warum also sollte die Entstehung von Liebe unterbunden werden, es ist doch überhaupt nicht gesagt, dass jede Beziehung zu Missbrauch führt? Doch. Genau das soll damit gesagt sein. Hier wird sprichwörtlich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet – eine Redewendung, die mich als Kind stark beeindruckt hat, vermutlich weil es Babyfotos von mir gibt, die mich in einer Zinkwanne zeigen. Ein Kind mit dem Bade auszuschütten schien mir ein dermaßen dummer und zugleich leicht vermeidbarer Fehler zu sein, dass ich nie verstehen konnte, wieso man so etwas tun konnte.

Genau das wird aber getan. Verschiedene Firmen haben aufgrund der MeToo-Welle einen neuen code of conduct entwickelt. So gibt es Firmen, die vorschreiben, dass man sich nicht mehr zur Begrüßung umarmen und eine Frau nur ein einziges Mal nach einem Date fragen darf, eine zweite Frage gilt bereits als Übergriff. Die Firma Netflix verbietet es schon, sich nach der Telefonnummer zu erkundigen. Komplimente müssen – das galt allerdings schon vor MeToo – sachbezogen sein. Ein Mann muss, wenn er von seiner Chefin angesprochen wird, nach fünf Sekunden den Blick senken wie ein ertappter Sünder. Man fühlt sich dabei an Provokationen, wie sie einer Schlägerei vorausgehen, erinnert – »Was guckst du, Alter?!« – oder an Zustände in schlagenden Verbindungen, als man zum Duell herausgefordert wurde, wenn man jemanden zu lange angeguckt, wenn man ihn fixiert hatte. Nur dass es keine Duelle mehr gibt, keine Möglichkeit, sich zu wehren, sich zu erklären oder womöglich zu entschuldigen, die Strafe folgt auf dem Fuße. Wer einer Frau hinterherpfeift, muss in England mit Bußgeld rechnen.

Auch in Deutschland werden immer noch Fälle hochgespielt: Ein Mann beim WDR hatte vor einigen Jahren im Fahrstuhl zu einer jungen Schriftstellerin »Schatzi« gesagt und sie dabei gleichzeitig an der Hüfte berührt. Es wird ermittelt.

Ein harmloser Witz kann einem Mann den Job kosten. Man muss vorsichtig sein. Komiker treten in den USA nicht mehr an Universitäten auf. Es ist viel zu gefährlich geworden. Humoristen wie John Cleese von Monty Python oder Harald Schmidt, den wir aus seinen Late-Night-Shows in Erinnerungen haben, blicken wehmütig auf eine Zeit zurück, in der sie noch scherzen durften.

In Schweden gibt es erste, als wegweisend geltende Verurteilungen für den neu geschaffenen Straftatbestand der oaktsam våldtäkt, der »unachtsamen Vergewaltigung«. Sexuelle Handlungen werden demnach auch dann als Vergewaltigung gewertet, wenn sich der Partner nicht körperlich wehrt oder nicht »Nein« sagt. Beide müssen »ausdrücklich« und »klar erkennbar« mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden sein und ihr Einverständnis auf jeder Stufe der Nähe neu bestätigen. In einem konkreten Fall war eine Frau zusammen mit einem befreundeten Mann ins Bett gegangen. Er dachte, sie wolle mehr und berührte sie an einer intimen Stelle. Als er den Eindruck gewann, sie würde doch nicht wollen, brach er seine Bemühung umgehend ab: Das gilt bereits als Vergewaltigung, selbst wenn keine Gewalt angewendet und kein Geschlechtsakt vollzogen wurde, und wird mit zwei Jahren und drei Monaten Haft bestraft. Es ist keine Überraschung. Es war wiederholt von Feministen gefordert, die gesetzliche Regelung war langfristig angekündigt worden; es kam mit Ansage. Ein Mann muss beweisen, dass die Frau einverstanden war – und kann das gar nicht, denn selbst eine Unterschrift oder ein Videobeweis wie beim Fußball würde vor Gericht nicht anerkannt. Vor Jahren hätte man so ein Gesetz nicht für möglich gehalten. MeToo hat es möglich gemacht.

So sieht die Welle aus, die heute aus dem Norden kommt: Es ist keine Sex-Welle, es ist eine Sexismus-Welle.

Als in den siebziger Jahren die Sexwelle anrauschte, nutze kaum jemand den Ausdruck »Sexisten«, es hätte einem auch niemand erklären können, was man sich – bitte schön – darunter vorstellen soll. Es gab gelegentlich »Machos«, »Makker« und »Schowis« (Chauvinisten), aber keine Sexisten – es gab auch kein Gender. Die Begriffe gehörten zu einer Währung, die noch nicht eingeführt war. So wie man sich damals für einen Euro nichts hätte kaufen können, so hätte einen niemand verstanden, wenn man in den siebziger Jahren die Termini gebraucht hätte.

Mit dem Fall Brüderle hatte Deutschland seinen Sexismus-Skandal. Der FDP-Politiker hatte an einer Bar einer Journalistin von einem Boulevard-Blatt, das in den siebziger Jahren Themen wie »Frauen sprechen über ihre Brüste« auf der Titelseite gebracht hatte, irgendetwas gesagt, das als »Herrenwitz« galt. Womöglich hatte seine Ehefrau ihm anschließend eine Szene gemacht und geschimpft: Wenn ihr wenigstens Sex gehabt hättet, dann ginge das niemanden etwas an, aber ihr musstet ja unbedingt Sexismus haben, darüber reden jetzt alle. Der »-ismus« macht den Unterschied. Waren die Schulmädchen-Report-Filme Provinzpossen in Sachen Sex gewesen, so war die Affäre Brüderle die Provinzposse in Sachen Sexismus.

Die Verhältnisse sind auf den Kopf gestellt: Die Sexwelle hatte versucht, die Begegnung der Geschlechter zu beflügeln, der Sexismus bewirkt das Gegenteil: jede Begegnung wird im Keim erstickt. Als die Sexwelle angerauscht kam, wurde Sex als etwas gesehen, das im Verhältnis zur Liebe steht. Wer dagegen auf der Sexismus-Welle surft, sieht Sex als etwas, das ausschließlich im Verhältnis zur Macht steht. »Everything in the world is about sex — except sex. Sex is about power”, hatte Oscar Wilde geschrieben, ohne dass er wissen konnte, wie gut das als Kommentar zur aktuellen Situation passen sollte: Alles dreht sich um Sex, beim Sex wiederum geht es um Macht. Monica Lewinsky hatte zunächst ausgesagt, dass ihre Affäre mit Bill Clinton nicht nur einvernehmlich, sondern von ihr sogar ausdrücklich gewünscht war. Nach der MeToo-Welle hat sie sich besonnen und sieht nun doch einen Missbrauch, weil ein Machtgefälle vorlag (was bei einem Präsidenten kaum zu vermeiden ist), allerdings verrät sie ein einseitiges Verständnis von Macht, denn die Verhältnisse wurden vertauscht, sie war es, die ihn der Hand gehabt hatte.

Mit der Sexwelle und der bevorstehenden sexuellen Revolution sollten Hindernisse weggespült werden, um für die, die es ausprobieren wollten, neue Freiheiten zu ermöglichen; die Sexismus-Welle dagegen bringt neue Verbote und neue Strafen in bisher nicht gekannter Unverhältnismäßigkeit für Männer, bei denen es sich lohnt, sie zu schädigen.