Frau Peters will wandern - Arne Peters - E-Book

Frau Peters will wandern E-Book

Arne Peters

4,9

Beschreibung

Frau Peters will wandern. Herr Peters nicht. Und schon gar nicht von Bochum nach Bielefeld. "Das meint sie doch jetzt nicht ernst", hatte der Autor zunächst gehofft und lachend geantwortet: "Von Bochum nach Bielefeld laufen. Tolle Idee! Dass ich da nicht selber drauf gekommen bin ..." Aber Frau Peters hatte es sehr wohl ernst gemeint und so sitzen sie einige Wochen später in einem Zug der Deutschen Bahn AG von Hamburg nach Bochum. Ein rührender, verregneter, norddeutsch trockener Wanderbericht.

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INHALT

Noch eine Stunde

Du bist keine Schönheit

Doch doch

Der kurze Pfosten

Wink noch mal

Ganz leise

Dann heben wir ab

1

Noch eine Stunde

Sonntag, 7. Mai 2017. Ich sitze mit Frau Peters im Bistro eines Hamburger Sportclubs. Wir schmieden Urlaubspläne. Die Leute an den Nebentischen trinken frisch gepressten Orangensaft und sprechen über Trainingsziele. Wir hingegen haben heute keinen Sport gemacht. „Auch mal schön, nur Sauna“, sage ich und bestelle ein dunkles Hefeweizen. Frau Peters nickt, holt mit einem Teelöffel die Eiswürfel aus ihrer Weißweinschorle und fragt: „Wollen wir nicht mal eine ganz andere Art von Urlaub machen?“ Ich zucke die Schultern: „Natürlich. Gerne. Eine andere kanarische Insel?“

„Nein“, sagt sie und druckst ein wenig herum, „das meine ich nicht - was ganz und gar anderes. Einfach mal durch Deutschland wandern zum Beispiel. Irgendeine zufällig gewählte Strecke. Sagen wir mal von Hannover nach Paderborn oder so.“

„War wohl heute ein bisschen heiß in der Sauna“, denke ich und sage: „Ja - das wäre in der Tat mal was ganz anderes. Von Hannover nach Paderborn laufen. Dass ich da nicht selbst drauf gekommen bin...“ „Brauchst dich gar nicht so lustig zu machen“, sagt Frau Peters, „ich glaube, das kann sehr spannend werden. Und Paderborn war ja nur ein Beispiel. Sag du doch mal ganz spontan zwei Städtenamen.“ Ich greife zum Glas, nehme einen großen Schluck Bier und will gerade antworten, dass es mir nun doch viel zu schnell geht mit dieser Schnapsidee, als eine kräftige Männerstimme hinter mir sagt: „Bochum. Bielefeld.“

Ich drehe mich irritiert um. Ein junges Pärchen, in dunkelgrünem Partnerlook-Bademantel, schlendert vorbei. „Hä?“, fragt die Dame in Grün stellvertretend für mich mit. „Bochum gegen Bielefeld 1:1. Ist gleich zu Ende“, erklärt ihr Begleiter und öffnet die Glastür zum Ruheraum.

„Bochum. Bielefeld. Dann ist das ja schon mal geklärt“, sagt Frau Peters und strahlt. „Super“, lache ich und bestelle die Rechnung. Das Gespräch habe ich kurze Zeit später wieder vergessen. Sie nicht. Und so sitze ich einige Wochen später in einem Zug der Deutschen Bahn AG. Noch eine Stunde bis Bochum...

2

Du bist keine Schönheit

„Meine Damen und Herren unser nächster Halt in wenigen Minuten Dortmund Hauptbahnhof. Sie haben dort Anschluss an einen Eurocity nach Hamburg-Altona von Gleis 8.“ Ich strahle: „Perfekt. Den nehmen wir. Dann sind wir um 22:00 Uhr wieder zu Hause.“ „Sehr witzig“, sagt Frau Peters, „lass uns lieber schon mal das Gepäck zusammensuchen. Von Dortmund sind es nur noch zehn Minuten bis Bochum.“

Kurze Zeit später sind wir da. „Das Hotel ist nicht allzu weit entfernt“, sagt Frau Peters beim Verlassen des Bahnhofes. „Ich schlage vor, wir gehen zu Fuß.“ „Klar. Sehr gerne.“

Bochum präsentiert sich bei unserer Ankunft von seiner besten Seite: Die Abendsonne taucht Straßen und Gebäude in ein warmes, schönes Licht. Kinder lachen, und in der Ferne hört man Kirchenglocken. „Ganz schön hier, oder?“, sagt Frau Peters. Ich nicke: „Mit der Zeile ‚Du bist keine Schönheit‘ muss der berühmte Sänger ein anderes Viertel besungen haben.“ „Oder es hat sich in den letzten Jahren stark verändert“, gibt Frau Peters zu bedenken. Wie auch immer: Die Stimmung ist gut und ich freue mich tatsächlich ein bisschen auf diese seltsame Wanderwoche. Nur mein nagelneuer Rucksack nervt ein wenig. Es hatte endlose Diskussionen im Vorfeld gegeben. „Man wandert doch nicht mit einem Hartschalen-Rollkoffer!“, hatte Frau Peters immer wieder betont. Dafür gäbe es doch Rucksäcke. Mein Einwand, einen Rollkoffer müsse man aber nicht schleppen, sondern könne ihn, wie der Name schon vage andeute, auch rollen, hatte sie aber verständlicherweise ebenso wenig überzeugt wie mein Hinweis darauf, dass man so einen Koffer auch mal als Sitz gebrauchen könne und obendrein die Kleidung knitterfrei transportiert würde. „Nein. Auch wenn wir zugegebenermaßen auf Straßen laufen und nicht im Gebirge: Wandern und Hartschalen-Rollkoffer - das passt einfach nicht zusammen.“ Es gäbe im Übrigen auch Rucksackkoffer. Wenn ich mich schon unbedingt trotzig von der Wanderszene distanzieren wolle, sei das ja vielleicht ein Kompromiss. Ich hatte schließlich zugegeben, dass die ganze Diskussion Quatsch sei, und mir einen ultraleichten, 40-Liter-Tourenrucksack gekauft, der jetzt vollgestopft mit Laptop, Zweitschuhen, Kamera und ehemals gebügelten Hemden auf meinen Schultern lastet. Um 19:00 Uhr erreichen wir unsere Unterkunft für die heutige Nacht. „Hm“, sage ich, „es gibt ja Hotels, die von innen schöner sind, als man von außen zunächst vermutet.“ Frau Peters nickt: „Gibt es, aber ich fürchte, dieses gehört nicht dazu.“ Dass sie mit dieser Vermutung nicht ganz falsch liegt, wissen wir einige Minuten später, als wir die Tür des Zimmers 22 öffnen. Ich stelle meinen Rucksack in die Ecke, schiebe die Vorhänge zur Seite und öffne das Fenster. „Mach dir nichts draus“, sage ich und öffne das Minipäckchen Gummibären, das als Willkommensgruß auf dem Kopfkissen liegt. „Wir sind ja hier, um zu wandern, und nicht, um im Hotelzimmer zu hocken.“ Frau Peters wischt mit dem Zeigefinger über das Regal neben der Badezimmertür und nickt. Ja, da habe ich recht. Man solle sich die gute Laune jetzt nicht verderben lassen, sondern stattdessen lieber ein schönes Restaurant in der Nähe suchen.

Zwanzig Minuten später sitzen wir in einer urgemütlichen Taverne. „Ich bin Dimitri“, sagt der junge, freundliche Kellner, drückt uns die Speisekarten in die Hand, stellt warmes Brot auf den Tisch und fragt, ob er uns schon mal einen Ouzo bringen dürfe. Darf er. „Das ist ja hierzulande ungewöhnlich, dass sich ein Kellner mit Namen vorstellt“, sagt Frau Peters und schaut Dimitri hinterher, „sehr nett.“ Dann dreht