Freuden-Spiegel des ewigen Lebens - Philipp Nicolai - E-Book

Freuden-Spiegel des ewigen Lebens E-Book

Philipp Nicolai

0,0

Beschreibung

Dieses eBook: "Freuden-Spiegel des ewigen Lebens" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Philipp Nicolai (1556-1608) war lutherischer Hofprediger und Pfarrer in Herdecke, Alt-Wildungen, Unna und Hamburg sowie Liederdichter. Inhalt: Ein trostreicher Anblick. Unseres Herrn Christi Zeugniß, daß es gewißlich ein ewiges Leben giebt. Ein freudenreicher Anblick. Die große Herrlichkeit des ewigen Lebens. Ein lehrreicher Anblick. Die sechs Eigenschaften des ewigen Lebens. Liebe und Gegenliebe zwischen Gott und seinen Auserwählten. Die Ehre und Herrlichkeit solcher Liebe und Gegenliebe. Gottes liebliche Wohnung in seinen Auserwählten. Gott Alles in Allem. Die himmlische Liebe aller Auserwählten unter einander. Die wahre Union. Ein lieblicher Anblick. St. Augustins schöne Gedanken von der Herrlichkeit des ewigen Lebens. Ein segensreicher Anblick. Der rechte Gebrauch des edlen hohen Artikels vom ewigen Leben. Die heilige Mahnung zum Wandel in der Liebe gegen Gott und den Nächsten. Lebendiger und beständiger Trost in allerlei Kreuz und Anfechtung. Die beste Anleitung der Welt abzusterben. Das herzliche Seufzen nach dem ewigen Leben. Wie das ewige Leben von Gott allein herkommt. Die sechs großmächtigen Wohlthaten Gottes, damit Er das ewige Leben befördert. Die Erschaffung der Menschen zum ewigen Leben. Unsere Erlösung zum ewigen Leben. Unsere Wiedergeburt zum ewigen Leben. Die selige Heimfahrt eines sterbenden Christen aus dieser Welt in das ewige Leben. Der herrliche Zustand der auserwählten Seelen bei Gott in Seinem Paradies. Die zukünftige Auferstehung unseres Fleisches zum ewigen Leben. Wachet auf! ruft uns die Stimme Wie schön leuchtet der Morgenstern So wünsch ich ihr ein gute Nacht Aus meines Herzens Grunde

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 620

Veröffentlichungsjahr: 2015

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Philipp Nicolai

Freuden-Spiegel des ewigen Lebens

Verfasser der Lieder: Wachet auf! ruft uns die Stimme – Wie schön leuchtet der Morgenstern

e-artnow, 2015
ISBN 978-80-268-3640-7

Inhaltsverzeichnis

Ein trostreicher Anblick. Unseres HErrn Christi Zeugniß, daß es gewißlich ein ewiges Leben giebt
Ein freudenreicher Anblick. Die große Herrlichkeit des ewigen Lebens
Ein lehrreicher Anblick. Die sechs Eigenschaften des ewigen Lebens
I. Liebe und Gegenliebe zwischen Gott und seinen Auserwählten
II. Die Ehre und Herrlichkeit solcher Liebe und Gegenliebe
III. Gottes liebliche Wohnung in seinen Auserwählten
IV. Gott Alles in Allem
V. Die himmlische Liebe aller Auserwählten unter einander
VI. Die wahre Union
Ein lieblicher Anblick. St. Augustins schöne Gedanken von der Herrlichkeit des ewigen Lebens
Ein segensreicher Anblick. Der rechte Gebrauch des edlen hohen Artikels vom ewigen Leben
I. Die heilige Mahnung zum Wandel in der Liebe gegen Gott und den Nächsten
II. Lebendiger und beständiger Trost in allerlei Kreuz und Anfechtung
III. Die beste Anleitung der Welt abzusterben
IV. Das herzliche Seufzen nach dem ewigen Leben
Erster Anblick. Wie das ewige Leben von Gott allein herkommt
Zweiter Anblick. Die sechs großmächtigen Wohlthaten Gottes, damit Er das ewige Leben befördert
I. Die Erschaffung der Menschen zum ewigen Leben
II. Unsere Erlösung zum ewigen Leben
III. Unsere Wiedergeburt zum ewigen Leben
IV. Die selige Heimfahrt eines sterbenden Christen aus dieser Welt in das ewige Leben
V. Der herrliche Zustand der auserwählten Seelen bei Gott in Seinem Paradies
VI. Die zukünftige Auferstehung unseres Fleisches zum ewigen Leben
I. Von der Stimme zu Mitternacht und von den klugen Jungfrauen, die ihrem himmlischen Bräutigam begegnen
II. Ein geistlich Brautlied der gläubigen Seelen von JEsu Christo ihrem himmlischen Bräutigam, gestellet über den 43. Psalm des Propheten David
III. Der Welt Abdank für eine himmeldurstige Seele, gestellet über den 42. Psalm Davids, im Ton: So wünsch ich ihr ein gute Nacht
Ein ander Lied vom ewigen Leben, im Ton des Morgensegens: Aus meines Herzens Grunde

Den Ehrenfesten, Hochachtbaren, Hochgelehrten, Vorsichtigen und Wohlweisen Herren, Bürgermeister, Rath und Zwölfen der löblichen Stadt Soest, meinen großgünstigen lieben Herrn und Freunden:

Gnade und Trost von Gott, dem Vater aller Gnaden und alles Trostes, durch unsern HERRN

Ehrenfeste, Hochachtbare, Hochgelehrte, Vorsichtige und Wohlweise, Großgünstige Herrn und Freunde! Der letzte Artikel unseres christlichen Glaubens, so da heißet: Ich glaube ein ewiges Leben – ist der rechte Helm unseres Heils und das Ende unserer Hoffnung. Sein haben sich die lieben Märtyrer und alle Gott liebenden Herzen mitten in ihren großen Nöthen, Kreuz, Schwachheit des Leibes, wie auch mitten im Tode getröstet und sind ritterlich durch den Tod in das Leben gedrungen. Kein Auge hat es gesehen, sagt die Schrift, kein Ohr hat es gehöret und ist in des Menschen Herz nie gestiegen, was Gott denen, die Ihn lieben, bereitet hat (Jes. 64; 1 Cor. 2). Wohl denen, die in Deinem Hause wohnen, die werden Dich loben immerdar. Denn ein Tag in Deinen Vorhöfen ist besser, denn sonst tausend. Ich will lieber der Thür hüten in meines Gottes Hause, denn lange wohnen in der Gottlosen Hütten (Ps. 84).

Da werden wir, wie St. Augustinus seine Bücher de civitate Dei mit diesen Worten beschleußt, »haben Weisheit ohne Irrthum, Licht ohne Finsterniß, Liebe ohne Uebersättigung und Ueberdruß, Gerechtigkeit ohne Sünde, Leben sonder Tod, Ruhe und Erquickung sonder Mühe und Arbeit, Freude ohne Leid, Ehre und Ansehn ohne Furcht und Zagen, Leben ohne Zeit, Gesundheit sonder Krankheit, eine Fülle und volle Genüge aller Güter. Denn Gott wird alles in allem sein, den wir ohne Aufhören schauen, ohne Ueberdruß lieben, ohne Belästigung oder Müdigkeit loben werden.«

Wenn wir das Ende aller Wohlthaten Gottes, die Er seinen Auserwählten auf Erden erzeiget, recht bedenken und zu Herzen nehmen wollen, so hat Er uns zum ewigen Leben erschaffen; und da wir unserer Sünden halber verdammt und verloren waren, hat Er aus inbrünstiger Liebe und grundloser Barmherzigkeit durch Seinen eingebornen Sohn JEsum Christum uns vom Tod, Teufel und Hölle zum ewigen Leben erlöset; schenket uns auch Seinen heiligen Geist und beruft uns in Seinem heilbringenden Wort zum ewigen Leben. Alles ist von Ihm dahin gemeinet und gerichtet: die Schöpfung, das Werk der Erlösung, die Heiligung, die Einsetzung des Predigtamts und der heiligen, hochwürdigen Sakramente, desgleichen die Anzündung des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe, des neuen Gehorsams und der Geduld in uns – daß wir sollen neue Kreaturen, Pflänzlein Seiner Ehre und Kinder des Lichts sein, welche mit Ihm ewiglich leben.

Dieweil wir aber wenig und selten hieran gedenken und haben alle von Natur weltsüchtige und erdliebende Herzen, die dem Zeitlichen mehr als dem Ewigen und vergänglichen Gütern fleißiger als den unvergänglichen nachhangen: so hat unser lieber Gott nach Seinem hochweisen väterlichen Rath das heilige liebe Kreuz, welches Er Seinen Kindern auflegt, zum heilsamen Mittel präparirt und verordnet, daß Er sie hiermit von der Welt und weltlichen Sorgen abwende und zu Sich neige, zu ihrem eigenen Besten und ewiger Seligkeit.

HErr, spricht Jesaias (c. 26), wenn Trübsal da ist, so suchet man Dich; wenn Du sie züchtigest, so rufen sie ängstiglich. Gleichwie eine Schwangere, wenn sie schier gebären soll, so ist ihr angst und schreiet in ihren Schmerzen: so gehet es uns auch, HErr, vor Deinem Angesicht. Da sind wir auch schwanger und ist uns bange, daß wir kaum Athem holen. Desgleichen sagt David: Es ist mir lieb, daß Du mich gedemüthiget hast, daß ich Deine Rechte lerne. Meine Seele verlanget nach Deinem Heil. Ich hoffe auf Dein Wort. Meine Augen sehnen sich nach Deinem Wort und sagen: wann tröstest Du mich? Wie der Hirsch schreiet nach frischem Wasser, so schreiet meine Seele, Gott, zu Dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, daß ich Gottes Angesicht schaue? Errette meine Seele von den Gottlosen, mit Deinem Schwert. Von den Leuten Deiner Hand, HErr, von den Leuten dieser Welt, welche ihr Theil haben in ihrem Leben, welchen Du den Bauch füllest mit Deinem Schatz, die da Kinder die Fülle haben und lassen ihr Uebriges ihren Jungen. Ich aber will schauen Dein Antlitz in Gerechtigkeit. Ich will satt werden, wenn ich erwache nach Deinem Bilde (Ps. 119; 42; 17).

Unter den mancherlei väterlichen Kreuzschlägen aber, dadurch unser lieber Gott Seinen Kindern in dieser Welt Ursach giebt, dem zeitlichen und vergänglichen Wesen täglich abzusterben und nach dem ewigen Gut, welches machet beständigen Muth, ohne Unterlaß zu forschen: hat uns jetziger Zeit die schwere Seuche und Plage der wüthenden Pestilenz getroffen. Die Ebräer heißen sie in ihrer Sprache Deber, welches so viel ist als ein Wort oder Predigt, sintemal uns Gott hiedurch von Seinem gerechten Zorn und über der Welt Bosheit angesteckten und brennenden Grimm und Eifer öffentlich predigt und zur Buße vermahnet, daß man von Sünden ablasse, an Christum glaube und ein durstig Verlangen nach den ewigwährenden himmlischen Gütern trage.

Mit einem solchen Deber hat Er auch, im letztvergangenen 1597. Jahr, dieser Stadt Unna ernstlich zugerufen und sie mit der Pestilenz, die im Finstern schleicht und mit der Seuche, die im Mittag verderbet, dermaaßen angegriffen, daß in kurzer Zeit ohngefähr über die vierzehn Hundert daran zu Bette bis hin zum jüngsten Tage gegangen sind. Auch damit fast den Anfang solcher Strafe dieses Orts in Westphalen machen wollen, indem das Sterben hierauf an andern umliegenden Orten erfolget und noch hin und wieder sein grausam Würgen in Städten, Flecken und Dörfern beweiset.

In solchem Jammer und Elend, als es hier zu Unna in allen Gassen rumorte und oftmals etliche Tage hintereinander über die zwanzig, jetzt vier, sieben, dann acht oder neun und zwanzig und bis in die dreißig Todte nicht weit von meiner Wohnung auf dem Kirchhofe unter die Erde verscharret, worden –: habe ich mit Todesgedanken mich immer schlagen müssen und war mir mehr als einmal zu Muth wie dem König Hiskia, da er sprach: Nun muß (werde) ich nicht mehr sehen den HErrn, ja den HErrn im Lande der Lebendigen. Meine Zeit ist dahin und von mir aufgeräumet wie eines Hirten Hütte, und reiße mein Leben ab wie ein Weber (Jes. 38).

Es überfiel die Pest mit ihrem Sturm und Wüthen die Stadt wie ein unvorhergesehener Platzregen und Ungewitter, ließ bald kein Haus unbeschädigt, brach endlich auch zu meiner Wohnung herein, und gingen die Leute meistentheils mit verzagtem Gemüthe und erschrockenem Herzen als erstarret und halb todt daher, daß einer hätte mögen hieher ziehen, was Moses schreibt (V. 28): Der HErr wird dir ein bebend Herz geben, und verschmachtete Augen, und verdorrete Seele, daß dein Leben wird vor dir schweben. Nacht und Tag wirst du dich fürchten, und deines Lebens nicht sicher sein. Des Morgens wirst du sagen: ach daß ich den Abend erleben möchte! Des Abends wirst du sagen: ach daß ich den Morgen erleben möchte! Vor Furcht deines Herzens, die dich schrecken wird, und vor dem, das du mit deinen Augen sehen wirst.

Zu Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Hildesheim, Göttingen, desgleichen in Niederhessen, und in der Grafschaft Waldeck, meinem lieben Vaterland: zu Corbach, Wildungen und Mengeringhausen fehlete es auch nicht. Und was einer an solchen Orten hin und wieder von Freunden und Bekannten hatte, davon hörete er fast nichts denn von ihren Krankheiten und tödtlichem Abschied von diesem Leben. Wie denn auch mir eitel traurige Zeitungen und traurige Botschaft zu Ohren kamen von etlichen meiner Schwestern, Blutsfreunden und Schwägern, durch die Pest erwürget und hingerissen – welches mir meine Bekümmerniß vermehrte und so viel mehr Anlaß gab, all mein Datum, Herz und Gedanken von der Welt abzuwenden.

Da war mir nichts Süßeres, nichts Lieberes und nichts Angenehmeres, als die Betrachtung des edlen hohen Artikels vom ewigen Leben, durch Christi Blut erworben. Ließ denselben Tag und Nacht in meinem Herzen wallen und durchforschte die Schrift, was sie hiervon zeugte; las auch des alten Lehrers St. Augustini liebliche Tractätlein, darin er dies hohe Geheimniß als ein Nüßlein aufbeißet und den wundersüßen Kern herauslanget. Brachte danach meine Meditationen von Tage zu Tage in die Feder, befand mich Gott Lob dabei sehr wohl, von Herzen getrost, fröhlich im Geist und wohlzufrieden, gab meiner Schrift den Namen und Titul eines Freuden-Spiegels und nahm mir vor, denselben verfasseten Freuden-Spiegel, so mich Gott von dieser Welt abfordern würde, als ein Zeugniß meines friedlichen, fröhlichen und christseligen Abschieds zu hinterlassen; oder aber, so er mich gesund ließe bleiben und noch aufsparete, anderen nothleidenden Christen, welchen er die Pest auch ins Haus senden würde, aus christlicher schuldiger Liebe damit zu dienen und gleich als mit gegenwärtigem Trost beizuwohnen.

Nun hat mich der gnädige fromme Gott mitten unter den Sterbenden vor der grausamen Pest allergnädigst bewahret und mein Leben, über alle meine Gedanken und Hoffnung, wunderbarlich gefristet, daß ich mit dem Propheten David zu ihm sagen kann: Wie groß ist Deine Güte, die Du verborgen hast denen, die Dich fürchten! HErr, Du hast meine Seele aus der Hölle geführet, Du hast mich lebendig behalten, da die in die Hölle fuhren. Ihr Heiligen, lobsinget dem HErrn, danket und preiset Seine Herrlichkeit! Denn Sein Zorn währet einen Augenblick, und Er hat Lust zum Leben. Den Abend lang währet das Weinen, aber des Morgens die Freude. Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen. Du hast meinen Sack ausgezogen und mich mit Freuden gegürtet (Ps. 31; 30).

Wie soll ich dem HErrn, sage ich ferner, vergelten alle Seine Wohlthaten, die Er mir thut? Ich will den heilsamen Kelch nehmen und des HErrn Namen predigen. Ich will meine Gelübde dem HErrn bezahlen, vor allem Seinem Volk. O Herr, ich bin Dein Knecht. Ich bin Dein Knecht, Deiner Magd Sohn. Du hast meine Bande zerrissen. Dir will ich Dank opfern. Ich will Deinen Namen predigen meinen Brüdern, ich will Dich in der Gemeinde rühmen. Rühmet den HErrn, die ihr Ihn fürchtet! Es ehre Ihn aller Same Jacob und vor Ihm scheue sich aller Same Israel. Denn Er hat nicht veracht noch verschmähet das Elend des Armen und Sein Antlitz vor ihm nicht verborgen. Und da er zu Ihm schrie, hörete Er es. Dich will ich preisen in der großen Gemeinde (Ps. 116; 22).

Derwegen, auf daß ich solche Gelübde dem HERRN bezahle, so richte und wende ich nun diese meine Vorrede zu Ew. Ehrenveste, Hochachtbarkeit, Weisheit und Gunst, wie auch zu der ganzen Gemeinde, damit die Troststimme vom ewigen Leben aus Gottes Wort vor Ihren Ohren klinge und das traurige Herz in diesen Sterbensläuften auch erfreuet werde. Denn weil der allmächtige HErr Zebaoth, der da tödtet und machet lebendig, führet in die Hölle und wieder heraus, die giftige ansteckende Pestilenzseuche Denselben E. E. H. W. und G. auch zugeschicket und einen großen Riß damit gethan hat, daß viel vornehme Häupter des Raths und sonst ansehnliche Leute daran gestorben sind: so trage ich, als der Geringsten einer, um des lieben Evangelii willen und wegen unserer geistlichen Verdammniß, hierüber ein herzlich christlich Mitleiden und bitte den Vater meines HErrn und Heilandes JEsu Christi, gleichwie Er Sich über dies Unna zuletzt gnädiglich erbarmet und die grimmige Plage abgewendet hat, also wolle Er Sich auch das zugeschickte Uebel über Ew. Chr. Hoch. W. und G. und über die ganze Gemeinde reuen lassen und dem Verderber, wie zur Zeit Davids, zurufen: Es ist genug! daß er sein Würgeschwert einstecke und ablasse.

Nun halten wir Diener am Evangelio Christi in der Kirche zu Unna einmüthigen und einhelligen Consens mit dem ehrwürdigen Ministerio in E. Chr. Hoch. W. und G. weltberühmten Stadt, da in allen Pfarrkirchen Gott Lob und Dank Sein heilig, theuer werthes Wort rein, klar und von allen sectirischen Corruptelen unverfälscht, nach der ungeänderten Augsburgischen Confession gelehret und gepredigt wird, und die Herren Pastoren ihr Amt mit christlicher Sorgfältigkeit treulich verrichten, sobald mit Strafen und Warnen, wo es der Sache Nothdurft erfordert, als auch mit tröstlicher Unterrichtung und Stärkung der geistlich zerschlagenen und gedemüthigten Herzen zur Zeit der regierenden Pest. Wie solches die drei nützlichen und gelehrten Predigten des Ehrwürdigen, Achtbaren und wohlgelehrten Herrn Johannis Schwartz, Pfarrherrn zu St. Thomas, meines günstigen lieben Bruders in Christo – darin er aus Gottes Wort gründlich anzeiget, woher die Pest ihren Ursprung habe, was für Mittel man dawider gebrauchen möge, und wie sich ein Christ gegen Furcht, Schrecken und Grausen derselben trösten und, so er damit angegriffen würde, zum seligen Abschied schicken und bereiten solle – öffentlich bezeugen.

Desgleichen erinnere ich mich der von Euer H. W. und G. mir erzeigten Ehre und Freundschaft, da Sie vor fast zweien Jahren einem Ehrsamen Rath dieser Stadt Unna zu nachbarlichem Gefallen bei meiner ersten Ankunft aus der Grafschaft Waldeck die günstige Beförderung thaten, daß auf Ihre Unkosten mein Geräthlein bis in Ihre Stadt von Brilon übergeführet und überbracht ward, damit Sie Ihr wohlgeneigtes Herz gegen meine geringe Person dazumal spüren und merken ließen.

Daher Ew. Ehrenv. Hoch. W. und G. ich wiederum jetziger Zeit nächst meinem Gebet zu Gott dem Allmächtigen in diesen großen Nöthen gern womit tröstlich wollte zu Diensten sein. Kann aber solches füglicher und besser nicht wohl thun denn mit Vorstellung des wunderlieblichen angenehmen Artikels vom ewigen Leben: wie nämlich unser lieber Gott sein Volk nach der mühseligen Pilgrimschaft dieses wegflüchtigen Lebens droben im Himmel erquicke, wische ab die Thränen von den Augen seiner Auserwählten, die hier auf Erden haben geweinet, lasse weder Hitze noch Frost auf sie fallen, führe sie zu den lebendigen Wasserbrunnen, speise sie mit dem verborgenen himmlischen Manna des ewigen Lebens, sei selbst ihr Schild, ihr sehr großer Lohn und ihr allerhöhestes Gut, tränke sie mit den reichen Gütern Seines Hauses, daß sie in vollkommener Liebe, Freude und prächtiger Herrlichkeit sich einmüthiglich zusammen halten, jauchzen, frohlocken und wissen nicht mehr von irgend einer Angst, Schmerzen, Krankheit noch Bekümmerniß.

Mit solchem edlen Artikel haben wir uns in allerlei vorfallenden Nöthen und Anfechtungen Leibes und der Seele zu trösten, zu stärken und zu erquicken, der gewissen Zuversicht und unfehlbaren Hoffnung, daß uns, die wir glauben an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes, unser himmlischer Vater über eine kleine geringe Zeit von aller Angst und Traurigkeit erlösen und in dasselbe freudenreiche Paradeis von diesem elenden Jammerthal zu Sich abfordern und heimholen werde.

Und so will mit solchem Trost- und Freuden-Spiegel E. E. H. W. und G. und die ganze löbliche Gemeinde ich verehret (dankbarlichst bedacht) und denselben meine Meditationen vom ewigen Leben dedicirt und zugeeignet haben, auf daß Sie und alle gottseligen Bürger und Bürgerinnen, verlassene Wittwen und Waisen, traurige und bekümmerte Herzen, so ihrer nahen Freundschaft in den währenden Pestilenzläuften durch den zeitlichen Tod auf dieser Welt beraubt worden, sich hieran ergötzen, den seligen freudenreichen Zustand aller Auserwählten bei unserm lieben Gott in Seinem Reich des Schauens daraus vernehmen, sich dessen trösten und daher auch alle ihre Gedanken von der Welt ab zu Gott gen Himmel und nach dem ewigen Vaterland hinwenden mögen.

Ich bin der guten Hoffnung und Zuversicht, sintemal E. Chr. H. W. und G. sammt der christlichen Gemeine zu der heiligen reinen Lehre des göttlichen Wortes, in prophetischer und apostolischer Schrift verfasset, nun von vielen Jahren her sich öffentlich und ungescheut bekennen, auch wohl wissen und in dieser Sterbens-Zeit aus der Erfahrung lernen: wo das Herz traurig ist und vor Todesangst, Furcht und Schrecken alle zeitliche Freude, Hoffnung und Herrlichkeit zerrinnet, daß da allein Gottes Wort ist der beste Stecken und Stab, von dem Baum des Lebens gebrochen, der uns tröstet, wie David sagt: Dein Wort erquicke mich, Deine Gnade müsse mein Trost sein! Wenn Dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre, so wäre ich vergangen in meinem Elend. Erhalte mich HErr, durch Dein Wort, und laß mich nicht zu Schanden werden über meiner Hoffnung (Ps. 23; 119): – so werden Sie in Betrachtung solcher Ursachen diese meine Arbeit, aus Gottes Wort verfasset und mit fleißiger Erwägung zusammengebracht, Ihnen günstiglich belieben und gefallen lassen.

Der ewige allmächtige Gott und Vater unseres HErrn und Heilandes JEsu Christi wolle vor der giftigen Plage E. E. W. und G. sammt der ganzen christlichen Gemeinde, so noch übrig, ganz väterlich bewahren, Sie nach Ihrem großen Leid wieder erfreuen, die Augen Seiner grundlosen Güte und Barmherzigkeit über die Kirche, politische Regierung, Schulen und den Hausstand gnädiglich offen halten, mit reichem Segen zur Heiligung Seines Namens und Fortpflanzung Seines Reichs Ihnen beiwohnen, Sie vor allem Unheil der Seele, Leibes, Ehre und Gutes gnädiglich bewahren, und uns allen verleihen, daß wir in diesem zeitlichen Leben einen christlichen Wandel führen, in der Buße, im Glauben, in der Erkenntniß Gottes, in der seligen Hoffnung, in der Liebe, im neuen Gehorsam, Geduld und guten Werken wachsen und zunehmen, und zuletzt, wenn das Sterbestündlein kommt, seliglich in Christo entschlafen, durch den Tod zum Leben hineindringen und am Tage der letzten himmlischen Posaunen zur ewigen Freude und fröhlichen Gemeinschaft mit der ganzen heiligen Dreifaltigkeit, wie auch zur himmlischen Gesellschaft der lieben Engel und aller auserwählten Menschen auferstehen und ewige Bürger der himmlischen neuen Stadt Jerusalem sein und bleiben mögen. Amen, Datum Unna, den 10. Augusti anno 1598.

E. Ehrenveste, Hochachtbarkeit, Weisheit und Günsten dienstwilligerPhilippus Nicolai, Dr. Ecclesiast. daselbst.

Ich freue mich von Herzen und meine Seele freuet sich in Gott meinem Heiland, so oft ich mich erinnere des trostreichen Artikels vom ewigen Leben und des herrlichen Vaterlandes, da wir gläubigen Christen werden den allmächtigen Ehrenkönig und unüberwindlichen Schlangentreter, unseren einigen Erlöser und Seligmacher JEsum Christum, mit fröhlichen Augen sehen und zu den heiligen Patriarchen, Propheten und Aposteln versammelt werden, auch unsere lieben Freunde, als: Vater, Mutter, Brüder, Schwestern, Mann, Weib, Kinder und alle Bekannte, welche seliglich in dem HErrn entschlafen und im wahren Glauben vor uns hingezogen sind, mit großer Frohlockung wieder sehen. Und Gott wird abwischen alle Thränen von unseren Augen und unsere Klage verwandeln in einen Reigen. Er wird uns mit Freuden umgürten, daß unser Herz in alle Ewigkeit sich freue und solche Freude Niemand von uns nehme.

Wir werden kommen in das himmlische Jerusalem, in die Stadt des lebendigen Gottes, zu der Menge vieler tausend Engel und der Gemeinde der Erstgebornen, die im Himmel angeschrieben sind. Und daselbst werden wir mit fröhlichem Muth jauchzen über dem edlen theuren Schatz, daß der Himmel soll unser sein und alles was Christus hat an unvergänglichen himmlischen Gütern. Gott selbst wird sein unser sehr großer Lohn, unser Tempel, unser Licht und Alles in Allem, und werden wir dafür nicht nehmen aller Welt vergängliche Pracht, Ehre, Freude und Herrlichkeit. Es werden uns freundlich anblicken und anlachen die heiligen Engel, und das ganze himmlische Heer wird uns selig preisen, daß wir an JEsum Christum geglaubet und seinem wahrhaftigen Wort bis in den Tod getrauet haben.

Getrost ist mir mein Herz und Sinn, sanft und stille, so oft ich daran gedenke; und irret mich nicht, daß wir elende Erdenwürmlein und Schafe der Weide Christi auf dieser Welt sind mitten im Leben mit dem zeitlichen Tod umfangen und müssen unseres Glaubens und unserer Hoffnung halben dem Teufel und seinem verfluchten Anhang immerfort durch die Brände laufen. Es sollen die Kinder Gottes nicht verzagen, sondern warten des ewigen Lebens in der Hoffnung, ob sie schon mit Trübsal, Mangel, Hohn, Spott und Ungemach durchs Jammerthal gehen und das Elend bauen, sind trostlose Wittwen und Waisen, verhaßte Prediger, wohlgeplagte Creaturen, arme kranke gefangene und bekümmerte Leutlein, an welchen Jedermann will zum Ritter werden, die ihren Mund in den Staub stecken und lassen sich auf die Backen schlagen, leiden verkehrte Urtheile, schreien über Frevel und bekommen keine Hülfe, müssen Narren sein um Christi willen, ein Fegopfer aller Leute, wie auch ein Schauspiel den Engeln und Menschen.

Der HErr wird bald kommen und hat schon das Seufzen und Schreien seiner Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm rufen, gnädiglich erhöret. Er wird uns retten in einer Kürze und seine Kirche erfreuen nach ihrer Betrübniß. Und was wir nun eine kleine Zeit leiden auf dieser Welt, das ist nicht werth der Herrlichkeit, die an uns soll offenbaret werden. Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schaffet eine ewige und über alle Maaßen wichtige Herrlichkeit, wie sie kein Auge gesehen und kein Ohr gehöret hat und in keines Menschen Herz jemals gekommen ist. O der unaussprechlichen Glorie, die wir dort erleben werden und davon es im himmlischen Freudensaal allenthalben leuchtet zum seligen Trost und zu seliger Erquickung aller Kinder des Lichtes, welche den Teufel, die Welt und alle Anfechtungen durch Christi Blut überwunden haben! O des edlen wunderschönen Paradieses, der herrlichen Stadt Gottes und des himmlischen Landes Kanaan, da es giebt eitel Freuden-Hügel und Trost-Berge, die von lauter Trostmilch und Freudenhonig fließen! Wie muß es doch sein eine wunderschöne Welt, ein lustiger Ort, eine liebliche Wohnung, ein prächtiger Freudengarten und ein Königreich voll alles Trostes, voll aller Gnaden und voll aller Freude, da Gott der Vater sein allerlieblichst und allerfreundlichst Angesicht seinen auserwählten Kindern, Engeln und Menschen augenscheinlich und wundertröstlich offenbaret und da JEsus Christus seine Herrlichkeit sehen läßt, welche er bei dem Vater hatte, ehe denn der Welt Grund gelegt war! Desgleichen auch Gott der heilige Geist wunderlieblich und wunderfreundlich gesehen wird in dem Vater und in dem Sohn. O des schönen edlen Lebens, da die heiligen Engel mit Freuden loben; da die lieben Patriarchen, Propheten und Apostel wohnen, da alle gottseligen Christen aus dieser untreuen, schnöden Welt zu ihrem Volk hin versammelt werden; da unsere gottseligen Eltern, Mann, Weib, Kinder, Geschwister und andere Bekannte im Glauben und Vertrauen auf Christi Blut vor uns hingezogen sind und warten unserer Ankunft mit großer Freude und Wonne!

»O du seliges Leben, sagt Augustinus, welches Gott denen, so ihn lieben, bereitet hat! Wie bist du doch ein recht lebendig Leben! Du bist ein selig Leben, du bist ein beständig sicher Leben, du bist ein still geruhsam Leben, du bist ein reines keusches Leben, du bist ein heiliges Leben, du bist ein ewiges freudenreiches Leben, da man von keinem Tode, von keiner Traurigkeit und Betrübniß höret. Du bist ein Leben ohne Makel, ohne Angst und Noth, ohne Verwesung und Aenderung, ohne Furcht, Schrecken und Entsetzen. Du bist ein Leben, darin alles überaus hübsch, schön, zierlich und lustig ist; da kein Widersacher sich wieder uns auflehnet; da keine Anreizung zur Sünde, da eine vollkommene Liebe, einerlei Herz, Muth und Sinn und eine beständige Einigkeit, da ein ewiger heller, lichter Tag ist; da Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen wird und da mit dieser Speise des Lebens der Mensch also gesättigt wird, daß ihn nimmer mehr hungert.«

O du ewiges seliges Leben, das ist meines Herzens Wunsch und Freude, daß ich daran gedenke, wie herrlich es in dir zugehet. Deine vortrefflichen Güter erlustigen mich von Herzen, nach ihnen habe ich ein sehnlich Verlangen. Und jemehr ich dir nachdenke und deine Lieblichkeit und Süßigkeit beherzige, je mehr die Begierde und das Verlangen nach dir in mir wächst und zunimmt. Und so oft ich an dich gedenke, so lacht mir vor Freuden das Herz in meinem Leibe. Darum habe ich meine Lust daran, daß ich mein Herz, Muth und Sinn zu dir kehre und deine Lieblichkeit anbetend erwäge.

Es ist meine Lust daß ich von dir rede, von dir höre, von dir schreibe, von dir Gespräch halte und von deiner ewigen Seligkeit und himmlischen Herrlichkeit alle Tage lese; und was ich gelesen habe, daß ich solches schließe in meines Herzens Schrein, und ihm stets nachdenke, damit ich also mich abreiße von der hitzigen Sorgfältigkeit, Gefahr, Mühe und Arbeit dieses sterblichen und vergänglichen Lebens und erquicke mich wie ein Pilgrim und Wandersmann mit der süßen, kühlen Luft deiner lebendigen Güte, auf daß ich möge, wenn ich will schlafen gehen, das müde Haupt in deinen Schooß niederlegen und in dir meine Ruhe finden, du ewiges Leben.

Um dieser Ursach willen weide ich mich auf der lustigen schönen Wiese der heiligen Schrift und breche daselbst mit fleißiger Hand ab viele grüne trostreiche Sprüchkräutlein. Diese verzeichneten Sprüche lese ich nicht anders, als äße und schmeckte ich die abgebrochenen Kräutlein. Und gleich wie einer wiederkäuet, also denke ich ihnen fleißig nach; und wenn ich sie wohl betrachtet, erwogen und zusammengebracht habe, dann lege ich sie hin und schließe sie in mein Herz, damit durch solchen Geschmack deiner Süßigkeit ich die Bitterkeit dieses allerelendesten Lebens um so viel weniger fühle.

O ewiges Leben, du bist fürwahr ein seliges Reich! Du weißt von keinem Tode und hast kein Ende. In dir ist eine Ewigkeit und keine Veränderung der Zeit. Da ist ein Tag, der keine Nacht läßt kommen, sondern währet und bleibet ewiglich. Ein christlicher Ritter, der die Welt, den Teufel, den Tod und alles Unglück überwunden hat, der ist da ein Consort, Bruder und Gesell der englischen Throne und Herrschaften, welche immer mit jauchzender Stimme Gott loben, und singt ohn Unterlaß unserm lieben Gott das Freudenlied von der Herrlichkeit Zions und trägt die Krone des ewigen Lebens auf seinem Haupte.

O daß doch irgend ein Mensch auf Erden wäre, der hiervon so lieblich, so herrlich, so tröstlich und so anmuthig reden, singen, predigen und schreiben könnte, daß unter den betrübten, angefochtenen Kindern Gottes viele Herzen damit zur seligen Freude erweckt und reichlich getröstet würden! Wie kommts doch, o lieber Gott, daß wir so träge sind zu glauben deinem heiligen Wort, das vom ewigen Leben zeuget und uns in prophetischer und apostolischer Schrift verkündiget ist? O daß es möchte durch Kraft und Wirkung deines heiligen Geistes wie ein Licht in unseren Herzen brennen! fließen wie ein fruchtbarer Regen, der auf das Gras träuft, und fallen wie ein Thau der das Kraut befeuchtet! O daß es möchte wie durchdringende Spieße und Nägel uns zu Herzen gehen und eitel reichen Trost und lebendige Freude gebären, zur Linderung und Abwendung der großen Traurigkeit, Schwermuth und Anfechtungen, damit deine elenden Christen in diesem Jammerthal unablässig gekränkt, gemartert und wohl geplaget werden.

Wahr ist's, lieber HErr Gott, und wir müssen es ja bekennen: es ist dies edle süße Geheimniß für unsere Vernunft viel zu tief verborgen, die Freude ist zu groß und die Herrlichkeit zu wichtig. Dagegen ist unser Herz zu eng, die Augen sind zu schläfrig und unser Verstand ist viel zu schwach und viel zu ungeschickt, solche Hoheit zu fassen und zu begreifen. Und ob wohl deine erleuchteten Kinder auf dieser Welt etwas davon einnehmen und etlicher maaßen verstehen, daß sie davon reden, singen und schreiben: – so ist doch all ihre Wissenschaft und Weissagung lauter Stück- und Stümpelwerk, und ein kindischer Anfang. Darum bin ich in mir selbst bestürzt und denke: wie soll ich von der Freude des ewigen Lebens vollkömmlich reden und schreiben, da ich sie nicht kann vollkömmlich verstehen, noch mit Gedanken vollkömmlich erreichen? Und was mir nicht überall ins Herz kommt, wie soll ich das überall auf die Zunge bringen, und richtig in die Feder lassen laufen?

Es ist ja wahr: Perikles, Demosthenes, Cicero, Isokrates und dergleichen weltberühmte Redner, wenn sie gleich diesen Artikel recht verständen, würden sie doch mit aller ihrer Beredtsamkeit viel zu schwach und zu gering sein, alles recht zu treffen und genugsam zu beschreiben.

Aber doch willst Du, lieber Gott, und befiehlst ja in Deinem Wort, daß wir in dieser Welt mit unserm Stückwerk den Anfang machen sollen und vom ewigen Leben so viel reden, predigen, singen und sagen als uns die heilige Schrift davon offenbaret. O wohl dem Volk, sagt David (Ps. 89, 16. 17.), das jauchzen kann. HErr, sie werden im Licht Deines Angesichts wandeln. Sie werden über Deinem Namen täglich fröhlich sein und in Deiner Gerechtigkeit herrlich sein. Und Ps. 36, 9. 10: Trunken werden sie von den reichen Gütern Deines Hauses und Du tränkest sie mit Wollust als mit einem Strom. Denn bei Dir ist die lebendige Quelle, und in Deinem Lichte sehen wir das Licht. Es ist vor Dir Freude die Fülle, und lieblich Wesen zu Deiner Rechten ewiglich (Ps. 16.). Darum (Ps. 108) ist's, o Gott, mein rechter Ernst. Ich will singen und dichten, meine Ehre auch. Wohl auf, Psalter und Harfen, ich will frühe auf sein. – Himmel (Ps. 96), freue dich, und Erde sei fröhlich; das Meer brause, und was darinnen ist! Das Feld sei fröhlich, und alles was darauf ist, und lasset rühmen alle Bäume im Walde!

Ei, Du lieber Gott, laß uns doch auch also frohlocken, daß wir nach solcher Vermahnung Deines Propheten David mögen über Deinem Namen täglich fröhlich und in Deiner Gerechtigkeit herrlich sein! Ei laß uns doch von Deiner himmlischen Gnade singen, so viel uns davon offenbaret ist, und Deine Wahrheit rühmen mit unserem Munde für und für! Ei laß uns zu Deinen Thoren eingehen mit Danksagung und zu Deinen Vorhöfen mit Lob, Ruhm und Preis Deines Namens! Bring uns zu Deinem heiligen Berge und zu Deiner Wohnung, HErr unsere Freude und Wonne, daß wir sehen und erkennen Deine große Güte, die Du verborgen hast denen die Dich fürchten, und breitest sie aus über alle die Dich kennen.

Ich will mit herzlicher Freude nun den Anfang machen und mit Lust und Liebe aus prophetischer und apostolischer Schrift des alten und neuen Testaments anzeigen: erstlich, was das ewige Leben aller auserwählten Kinder Gottes droben im himmlischen Paradies für ein edel und freudenreich Leben sei; darnach: von wem dies heilsame Gut herkomme, und wie die heilige Dreifaltigkeit, Gott der Vater, Gott der Sohn, und Gott der heilige Geist aus unaussprechlicher Liebe und Leutseligkeit uns elende Adams-Kinder zum ewigen Leben bereite und dazu kommen lasse.

Dich aber bitte ich, o du großer Ehren-König und Herzog des ewigen Lebens, mein allerliebster Heiland und Seligmacher, HErr Jesu Christ, der Du mit Deinem theuren rosinfarbenen Blut aus großer herzlicher Menschenliebe das ewige Leben uns armen Sündern verdient und erworben hast, und offenbarest solche heimliche Weisheit denen die Dich fürchten und lassest sie Deinen Bund wissen; der Du Dir auch Dein Lob bereitest aus dem Munde der Kinder und Säuglinge, daß sie deine Wunder und Wohlthaten rühmen, preisen, verkündigen und ausbreiten – Dich bitte ich: Laß mich auch einen sein aus diesen Säuglingen, und thue mir auf meine Lippen, daß ich durch Deines heiligen Geistes Kraft und Wirkung den edlen Artikel vom ewigen Leben fruchtbarlich erklären möge, zu Ehren Deiner großen Majestät und zu seligem Trost für alle hochbekümmerten, traurigen Herzen, welche allhier auf Erden weinen und heulen, während die Welt sich erfreuet, und müssen um Deines Namens willen allerlei Drohung, Noth, Spott und Gefahr über sich ergehen lassen. Gieb ihnen, Du Gott alles Trostes, daß dieser Artikel ihr Trostbecher sei, daraus sie rechtes Lebens-Wasser und einen heilsamen Labetrunk schöpfen mögen, ihre durstige, abgemattete Seele damit tröstlich zu erfreuen und zu erquicken.

Ein trostreicher Anblick. Unseres HErrn Christi Zeugniß, daß es gewißlich ein ewiges Leben giebt

Inhaltsverzeichnis

Lebendigen Trost, beständige Freude und herzliche Wonne wirket in uns die fleißige Betrachtung dieses edlen hohen Artikels unsers christlichen Glaubens vom ewigen Leben. Freuet euch und frohlocket alle Christen, die ihr euch von Herzen nach ihm sehnet! Lasset uns singen, springen, jauchzen und fröhlich sein in dem HErrn, unserem Gott und Heiland, über dem seligen Gut welches er uns, seinen trauten Kindern, aus unermeßlicher Liebe von Anfang der Welt bereitet hat! Er wird es auch zur herrlichen Offenbarung kommen lassen, daß wir es mit unseren Augen gegenwärtig sehen, so bald wir die Ritterschaft unseres Glaubens auf Erden treulich vollendet haben und mit des heiligen Geistes Kraft aus diesem mühseligen Jammerthal durch den letzten Strudel des Todes zu dem himmlischen Vaterland hineingedrungen sind.

*

Das ist meines Herzens höchster Trost, meine Freude und Wonne und eine liebliche Ergötzung in allem Kreuz und Widerwärtigkeit, daß ich zu mir sagen kann: Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Wirst du doch nicht ewig in diesem trübseligen Jammerthal bleiben! Es ist dir ein ewiges Leben nach diesem Elend bereitet! Und warum sollt ich daran zweifeln? »Euer Herz, sagt der Sohn Gottes (Joh. 14), erschrecke nicht! Glaubet ihr an Gott, so glaubet ihr auch an mich. In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn's nicht so wäre, so wollt' ich zu euch sagen: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten. Und ob ich hinginge, euch die Stätte zu bereiten, will ich doch wieder kommen und euch zu mir nehmen, auf daß ihr seid, wo Ich bin. – Ich gebe meinen Schafen das ewige Leben (Joh. 10). Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben, und kommt nicht in das Gericht, sondern ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen (Joh. 6). Denn wo Ich bin, da sollen meine Diener auch sein, und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren (Joh. 12). Vater, ich will, daß, wo Ich bin, auch die bei mir seien, die Du mir gegeben hast, daß sie meine Herrlichkeit sehen, die Du mir gegeben hast (Joh. 17).«

Was mag aber dies für eine Herrlichkeit sein? »Wahrlich, spricht er zu dem sterbenden Schächer am Kreuz, Ich sage dir: heute wirst du mit mir im Paradiese sein!« (Luc. 23, 43).

Da hören wir doch nicht eines bloßen Menschen Rede, sondern Gottes Wort, Gottes Verheißung und Gottes Zeugniß vom ewigen Leben. Wer wollte diesem göttlichen Zeugniß nicht trauen? Es schreiben auch wohl die Heiden, sonderlich ihre Dichter, gar schön von den Elysäischen Feldern, von den Inseln der Seligen, von Walhalla und Wingolf, d. i. von einer neuen Welt und schönem lustigen Ort, da die Seelen der redlichen und tugendsamen Menschen nach ihrem Absterben von dieser Welt hinfahren sollen. Aber wer will ihren Fabeln trauen? Menschen-Träume sinds, liebliche, ahnungsvolle Gedichte, darauf sich doch Niemand kann gewiß verlassen. Uns aber prediget und verkündiget von diesem edlen hohen Geheimniß der große Amens-Gott, JEsus Christus, welcher ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, und in welches Munde kein Betrug ist erfunden. »Der HErr hats beschlossen, sagt die Schrift (Jes. 14), wer will's ändern? Des HErrn Wort ist wahrhaftig, und was Er zusagt, das hält Er gewiß (Ps. 33). Ihr sollt inne werden, spricht Gott selbst (Hesek. 12, 24, 25), daß keine Weissagung lügen wird. Denn Ich bin der Herr, was Ich rede, das soll geschehen.«

Ja was thun alle Werke der großen Liebe Gottes, denn daß sie uns vom ewigen Leben predigen? Denn wozu sind wir erschaffen? Wozu hat uns Christus vom Tode, Teufel und der Hölle erlöset? Wozu werden wir vom heiligen Geist durch das Wort und die heiligen Sacramente wiedergeboren? Es ist fürwahr der allerheiligsten Dreifaltigkeit vornehmlich nicht zu thun, noch zu thun gewesen um die kurze Zeit unseres vergänglichen Lebens in dieser Welt. So sind wir auch nicht zu diesem zeitlichen Leben getauft und kommen nicht zur Kirche, zum Abendmahl, noch Gottes Wort anzuhören darum, daß wir lernen, wie man ackern, säen, bauen, pflanzen, handthieren, Kaufmannschaft treiben und dieser Welt gebrauchen soll. Denn solches können auch die Unchristen, Juden, Türken und Heiden wohl, und bedarf man hiezu keiner Sacramente, keines Evangelii, und keiner Absolution. Alles aber ist dem lieben Gott zu thun um unsere himmlische Seligkeit und um das ewige Leben. Zum ewigen Leben sind wir erschaffen, zum ewigen Leben sind wir erlöset, zum ewigen Leben wiedergeboren, zum ewigen Leben getauft, und zum ewigen Leben durchs Evangelium berufen. Was ist auch das Ende unseres Glaubens und unserer seligen Hoffnung, wenn nicht das ewige Leben? Und worauf stirbt ein Christ in dem HErrn, denn daß er ruhe und fahre aus dieser Welt in das ewige Leben?

Ei meine Seele, was kränkest du dich und schleppest dich denn mit solcher Schwermuth und sorglichen Gedanken? Ist's wahr, daß alle die vornehmsten Werke Gottes: die Schöpfung, die Erlösung und die Heiligung, danach auch Gottes Wort, Taufe, Absolution, Abendmahl, dazu unser Glaube, unsere Hoffnung und der Christen letzte Hinfahrt aus diesem Jammerthal dem Artikel vom ewigen Leben starkes Zeugniß geben und eigentlich alle nach dem ewigen Leben hingemeint und hingerichtet sind: warum sollten wir denn nicht von Herzen fröhlich sein? Warum sollten wir Christen in unserem Elend vor Angst und Ungeduld uns das Haar ausraufen, uns zu Tode grämen und kümmern und traurig sein gleich den Heiden die keine Hoffnung haben?

Was wollen auch die prächtigen und trostreichen Namen, damit das ewige Leben hin und wieder in der Schrift gekrönet wird? Warum heißets ein Paradies? warum nennets der Herr Christus eine Hochzeit? Aus welcher Ursach bekommts so viele liebliche Namen, daß es heißt: Gottes Reich, des ewigen Vaters Haus, die ewigen Hütten, der heilige Berg des Herrn, ein Strom der Wollust, die lebendige Quelle, der heilige Tempel, Freude die Fülle, eine eheliche ewige Verknüpfung mit Gott, eine Freude des Herrn, ein unvergänglich, unbefleckt und unverwelklich Erbe, ein Erbtheil der Heiligen im Licht, eine große und über alle Maaßen wichtige Herrlichkeit, ein liebliches Wesen, das himmlische Vaterland, das Land der Lebendigen, die heilige Stadt des lebendigen Gottes, das neue Jerusalem?

Wozu dienen uns diese Worte, und warum erhebet der heilige Geist das ewige Leben mit so vielen trostreichen Namen, denn daß wir mitten in unserem Glauben und mitten in unserer Hoffnung zu herzlicher Freude aufgemuntert und vermahnet werden? Was ist lustiger als ein Paradies und Lustgarten? Was lieben junge Leute, Jünglinge wie Jungfrauen, mehr als hochzeitliche Freude, Brautliebe und eheliche Verbindung? Was ist prächtiger als großer Herren Zusammenkunft und ihre majestätische Herrlichkeit? Was macht die Kinder reicher als groß Erbtheil und große Güter? Was ist ansehnlicher als eine mächtige, wohlgebaute Stadt? Was ist in der ganzen Welt berühmter als Jerusalem? Was lautet stattlicher als ein weites Königreich? Was ist anmuthiger als ein Vaterland? Wer siehet nicht gern lustige Maihütten und fruchtbare schöne Berge? Was ist lieblicher als Wollust? Was erquicket und labet durstige Seelen auf Erden besser denn ein süßer und lieblicher Trunk? Was scheinet herrlicher als ein hoher schöngebauter Tempel? Und was ist angenehmer, denn herzliche Freude, eine wichtige Herrlichkeit und ein liebliches Wesen?

Ich sehe die große Eitelkeit unter der Sonne, wie die Welt dem vergänglichen Gut, der Pracht, Ehre, Herrlichkeit und Wollust dieses kurzen Lebens nachtrachtet. Könige, Fürsten und große Herren bauen stattliche Paläste, haben ihr Wohlgefallen an schönen Gärten und pflanzen allerlei fruchtbare Bäume darein. Junge Leute gehen mit Liebe um, und ihre Begierde stehet nach ehelichem Leben. Andere haben Lust die Welt zu besehen, daß sie wissen von weitberühmten und ferngelegenen Landen, von der Schweiz, Italien, Frankreich, England, Amerika u. s. w. zu reden und zu schreiben. Ich sehe, wo ein großer Reichthum zu erben ist, wie die nächsten Freunde aufs genaueste darum zanken und hadern. Ich sehe, wie irdische Könige und Potentaten um große Herrschaften, Städte und Flecken, Land und Leute sich feindlich reißen und blutige Kriege führen. So sehen wir auch, daß unter dem gemeinen Mann des Dichtens und Trachtens nach zeitlichem Wohlleben, nach Reichthum, wie auch nach höherem Stand und Ansehen, kein Maaß noch Ende zu finden ist.

Hier wache auf meine Seele, und bedenke mit Freuden, warum nun die Schrift von den Gütern, Pracht, Herrlichkeit, Ehre und Wollust dieser Welt so viel Worte und Namen entlehnet und leget sie dem ewigen Leben zu. O liebe Seele, es ist der heiligen Schrift darum zu thun, daß sie unser Herz und Gedanken damit zu dem ewigen, himmlischen und unvergänglichen Gut hinlocke und hinwende. Ja sie lehret uns damit, daß keine Hochzeit, keine Brautliebe noch eheliche Verbindung in dieser Welt so lieblich, so herrlich und so angenehm sei, wie das ewige Leben im Himmel ist. Sie lehret, daß kein fürstlicher noch königlicher Lustgarten mit aller seiner Herrlichkeit dem allerlustigsten Paradies Gottes zu vergleichen. Auch lehret sie, daß das ewige Leben ein solcher Schatz, ein solch Reich, eine solche Stadt, ein solch Vaterland, solche Freude, solche Glorie, solche Wollust und ein solches Gut sei, welches die Flügel hoch schwinget und sich sehr hoch erhebet über alle vergänglichen Schätze, über alle Königreiche, über alle Länder, über alle schönen Städte, über alle Pracht, Reichthum, Freude und Herrlichkeit dieser Welt.

Darum, o wohl dem seligen Volk, das jauchzen kann! O wohl den Kindern des Lichts, die dies wunderfröhliche Geheimniß mit herzlicher Freude betrachten! O lobe den HErrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen! Lobe den HErrn, meine Seele, und vergiß nicht, was Er Dir Gutes gethan hat! (Ps. 103). Denn wer wollte sich dieses edlen hohen Gutes nicht erfreuen und mit allem Fleiß nicht gern danach ringen? Wer wollte nicht gern in dem wunderschönen Vaterland des ewigen Lebens sein? Was machen wir länger aus der Welt? sollten wir billig mit Monika, der Mutter St. Augustins, von Herzen schreien, und warum fliegen wir nicht gen Himmel? warum verlassen wir nicht Alles, was wir haben und folgen Christo nach, daß wir dies heilsame Gut hier im Glauben und hernach im Schauen besitzen? Sollten wir doch, die wir an Christum glauben, aus großer Freude stets in vollen Sprüngen gehen, und mit unseren Gedanken nirgends anders denn im Himmel sein.

Ein freudenreicher Anblick. Die große Herrlichkeit des ewigen Lebens

Inhaltsverzeichnis

Was ist aber das ewige Leben, daß ich mich dessen so hoch erfreuen und so sehr danach trachten soll? Ich rede mit meinem Herzen, sagt David (Ps. 77.), und mein Geist muß forschen. Was hats für eine Bewandtniß mit dieser Freude, Lust und Herrlichkeit?

O liebe Seele, es ist ein Leben der inbrünstigen reinen Liebe, ein recht hochzeitlich Leben in lebendiger, süßer Himmelslust, und ein Leben der unauflöslichen Gemeinschaft, welche die Auserwählten mit Gott dem Vater, mit Gott dem Sohn, und mit Gott dem heiligen Geist in Ewigkeit haben, voll alles Trostes, voll aller Freuden und voll aller Herrlichkeit; dazu ein Leben in eitel heilige Liebe gefasset, mit heiliger Liebe verbunden und auf heilige starke Liebe gegründet, also daß die ganze heilige Dreifaltigkeit, der wahre Gott, alle auserwählten Engel und Menschen mit seiner unaussprechlichen Liebe wie mit einer feurigen Mauer stark umringt, beschließt und umfängt, und läßt sie in ihm wie in einem wunderschönen Tempel wunderlieblich ruhen und frohlocken. Und gleich wie er sie liebet, also wird er von ihnen mit vollkommener Gegenliebe so herzlich wieder geliebt, daß er durch dies Band und Mittel der inbrünstigen Liebe und Gegenliebe sehr lieblich in ihnen als in seinen edlen Lusthäusern und Palästen mit seiner großen Güte, Kraft, Freude, Herrlichkeit, Weisheit und Gerechtigkeit residirt, wohnet und ruhet, und machet sie theilhaftig seiner göttlichen Natur. Daher sie denn alle miteinander durch solche Einwohnung des lebendigen Gottes sind wunderschön, wunderstark und nach gegebenem Maaß vollkommen weise, vollkommen gerecht, vollkommen heilig, freundlich, fröhlich und aller Tugenden voll; lieben Gott ihren Herrn von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von allen Kräften, und darnach einer den Anderen als sich selbst. Halten sich vermittelst solcher Liebe und Einigkeit zusammen wie Glieder Eines Leibes, mit dem heiligen Geist als mit Gottes Athem durch und durch lieblich erfüllet, sind alle eins in Gott und Gott eins mit ihnen und sie alle mit einander, Gott, Engel und Menschen wie Ein Leib und Ein Geist, voll aller himmlischer Freuden, voll himmlischer Wollust und voll ewigwährender Herrlichkeit.

Siehe, du liebe Seele, eine solche Bewandtniß hat es mit dem ewigen Leben. So ists ein Paradies, so ein Freudensaal, so eine Stadt Gottes, so ein Land der Lebendigen und eine solche Hochzeit, da Gott mit seinen heiligen Engeln, Patriarchen, Propheten, Aposteln und allen Auserwählten, welche von diesem Jammerthal dahin gefahren sind, lebet, herrschet und regieret in eitel inbrünstiger Liebe, in Liebes-Kraft, Liebes-Freude, Liebes-Herrlichkeit und Liebes-Klarheit. Es brennet, leuchtet und wettert daselbst allenthalben von heiliger feuriger Liebe, und in heiliger, reiner, feuriger Liebe sind sie alle, nämlich die Engel und Menschen mit Gott und in Gott wie Ein Kuchen, daß sie nichts thun, nichts reden, auch nichts gedenken, es fleußt alles aus reiner inbrünstiger Liebe. Ihre herzliche Freude unter einander ist eine Freude und Frohlockung der Liebe. Ihre Einigkeit und Verknüpfung ist ein Bund der Liebe. Ihr Licht und Klarheit ist ein Glanz und Schein der Liebe. Ihre Psalmen und Freudenlieder sind fröhliche Verkündigung und Ausbreitung der heiligen Liebe. Ihr ewiges Gespräch ist ein ewiger Ruhm der ewigen Liebe. Ihr Schmuck, Gewalt und Ehre ist eine prächtige Herrlichkeit der Liebe und ihre holdselige Gemeinschaft ist eitel Trost, eitel Erquickung, eitel Lieblichkeit, und eine reine, heilige Lust der reinen heiligen Liebe. So gar hat da die Liebe Alles eingenommen, Alles besessen und Alles stark in Eins geknüpft, daß es kein Tod noch Hölle, keine Gewalt noch Macht, weder Hohes noch Tiefes, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges kann trennen noch von einander reißen.

In dies wunderschöne Königreich ist kommen der bekehrte Schächer am Kreuz, welchem der Sohn Gottes die trostreiche Verheißung zurief: Wahrlich, Ich sage Dir, heut wirst Du mit mir im Paradiese sein! (Luc. 23, 43). Dahin ist kommen der arme gottselige Lazarus, als er nach Ueberwindung des Todes im Glauben von den heiligen Engeln in Abrahams Schooß mit Freuden getragen ward (Luc. 16, 22). Dahin kam der heilige Stephanus, als er den Himmel offen sah und seine Seele dem Herrn JEsu am letzten Ende zu Gnaden befahl (Apostg. 7). Auch sind dorthin zu allen Himmelreichs-Bürgern versammlet worden unsere in Gott verstorbenen seligen Freunde, Vater, Mutter, Mann, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, Verwandte und Bekannte, und ruhen fröhlich in Gott, der sie mit allen heiligen Engeln wunderlieblich anlacht, tröstet und erquickt, daß sie dieser Welt auch nicht einen Augenblick wieder begehren. O des alleredelsten Lebens, welches sie daselbst leben, ohne Tod und Anfechtung, daß es mit allen Ehren recht heißen mag: das ewige Leben!

Aber, sprichst du, woher kommt uns diese Beschreibung und was hat sie für Grund und Zeugniß? Sagt nicht die Schrift, es habe es kein Auge gesehen und kein Ohr gehöret und sei in keines Menschen Herz gekommen: – wie darfst du denn so kühnlich davon reden?

Antwort: Es ist wahr, Sanct Paulus zieht an den Spruch aus dem Propheten Jesaias (c. 64) und schreibt (1 Cor. 2), daß kein Auge gesehen und kein Ohr gehöret habe, auch in keines Menschen Herz kommen sei, was Gott bereitet hat denen die ihn lieben. Aber doch setzt er diese Worte hinzu: »Uns aber hat es Gott geoffenbaret durch seinen Geist. Denn der Geist erforschet alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit. Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch Niemand weiß, was in Gott ist, ohne der Geist Gottes. Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist. Welches wir auch reden nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der heilige Geist lehret.«

Mit diesem Zusatz giebt der Apostel genug zu verstehen: ob schon das ewige Leben sich nicht läßt auf dieser Welt mit menschlichen Sinnen und natürlicher Spitzfindigkeit erforschen noch ergründen, so sei es der Christenheit dennoch nicht unverborgen, sondern durch den heiligen Geist offenbaret und so reichlich entdeckt, daß man aus solcher Offenbarung, in prophetischer und apostolischer Schrift verfasset, wohl vernehmen und erfahren kann, wie reichlich wir von Gott begnadigt sind und was er für ein seliges Gut bereitet hat denen die ihn lieben. An diesem geoffenbarten göttlichen Wort mangelts uns nicht, das haben wir genug, und wer da will, kann es lesen, anhören und erwägen. An uns selbst aber mangelts, daß es unser Fleisch und Blut, der natürliche Mensch, nicht kann begreifen, sondern ist irdisch gesinnet und traget zu dem Wort des Lebens schläfrige Augen, taube Ohren und ein kaltes träges Herz, das dem Reiche Gottes nicht nachtrachtet. Das Licht, sagt die Schrift (Joh. 1, 5; 3, 19), scheinet in der Finsterniß, und die Finsterniß hat es nicht begriffen. Denn die Menschen liebten die Finsterniß mehr denn das Licht.

Darum mögen wir wohl unsere große Blindheit, Finsterniß und unser träges Herz beweinen, daß wir gleich als über Tisch sitzen und verschlafen die königliche Mahlzeit und das herrliche Essen. Wir haben die Beschreibung des ewigen Lebens dicht vor uns in Gottes Wort, und sehen den Wald vor Bäumen nicht. Wir achten wenig darauf, lassen unsere Gedanken anders wohin flattern und bilden uns danach ein, es sei der Christenheit aus Erden schlechterdings verborgen. Nicht also, meine Seele, da wache auf, die du schläfest, und merke auf das Wort, so wird dich Christus erleuchten! Wenn du fändest köstliche Perlen auf einem Acker, würdest du nicht hingehen mit Freuden und verkaufen alles was du hast, und bringen den Acker an dich, daß du dem heimlichen Schatz mochtest nachgraben? Ist's nicht also: was man liebet, dem denket man nach, und wo man hoffet ein Gut zu finden, da wirds gesucht? Nun ist ja die heilige Schrift ein himmlischer Acker, mit Gottes Wort besäumet, darunter der Schatz des ewigen Lebens verborgen liegt – warum suchen und forschen wir denn nicht darin? was sind wir so träg, so kalt und so verdrossen? Suchet, spricht der Sohn Gottes (Joh. 5), » suchet in der Schrift! Denn ihr meinet (und das mit Recht), ihr habet das ewige Leben darin«. Werden wir diesem Rath folgen und fleißig auf die Schrift achten, als auf ein Licht, das da scheinet am dunkeln Ort, so wird der Tag lieblich anbrechen und der Artikel vom ewigen Leben wie der Morgenstern sehr hell und sehr tröstlich in unserm Herzen aufgehen.

Was sagt nun die Schrift vom ewigen Leben? was offenbaret sie von seiner großen Herrlichkeit? O liebe Seele, es werden herrliche Dinge darin gepredigt von der Stadt Gottes, wie sie auf den heiligen Bergen gegründet sei, und wie sie der Herr über alle Wohnung liebe. Sie heißet die Auserwählten: Himmelsbürger, fröhliche Hochzeitsleute, Gottes Kinder, Gottes Braut, Gottes Freunde, des heiligen Geistes Tempel und Wohnung, vollkommen in der Liebe und vollkommen eins mit Gott durch eitel inbrünstige Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit. Sie predigt herrliche Dinge von eitel reiner Liebe, Liebes-Freude, Liebes-Herrlichkeit. Gott ist die Liebe, sagt sie (1 Joh. 4, 16), und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm. – Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, daß wir Gottes Kinder sollen heißen. Meine Lieben, wir sind nun Gottes Kinder, und ist noch nicht erschienen, was wir sein werden; wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, daß wir Ihm gleich sein werden (1 Joh. 3, 2). Die Weissagungen werden aufhören und die Sprachen werden aufhören, wie auch der Glaube und die Hoffnung – aber die Liebe wird nimmermehr aufhören (1 Cor. 13). Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote: du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüth, und deinen Nächsten als dich selbst (Matth. 22). Wer Gott liebet, derselbige ist von ihm erkannt (1 Cor. 8, 3). Es wird weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstenthum noch Gewalt, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch keine andere Kreatur uns scheiden von der Liebe Gottes die in Christo JEsu ist, unserm Herrn (Röm. 8). Vater, spricht Christus, ich habe ihnen gegeben die Herrlichkeit, die Du mir gegeben hast, daß sie eins seien, gleich wie wir eins sind; ich in ihnen und Du in mir, auf daß sie vollkommen seien in Eins und die Welt erkenne, daß Du mich gesandt hast und liebest sie, gleich wie Du mich liebest. Vater, ich will, daß wo ich bin, auch die bei mir seien, die Du mir gegeben hast, daß sie meine Herrlichkeit sehen, die Du mir gegeben hast. Denn Du hast mich geliebet, ehe denn die Welt gegründet ward. Ich habe ihnen deinen Namen kund gethan und will ihnen kund thun, auf daß die Liebe, damit Du mich liebest, sei in ihnen und ich in ihnen« (Joh. 17).

Heißet aber das nicht von eitel himmlischer Liebe predigen und alles unter die Liebe begreifen, also daß das ewige Leben fürwahr nichts ist denn ein Leben der fröhlichen, inbrünstigen Liebe zwischen Gott und seinen auserwählten Kindern? Was fordert nun das Gesetz im Grunde Anderes als ein solch Leben der vollkommenen Liebe? Und wo wird's mächtiger und prächtiger erfüllt als im dritten Himmel? Wozu hat uns auch Christus vom Teufel, vom Tode und aus der Hölle erlöst, und den feurigen Zorn seines Vaters mit seinem Blut gestillt, denn daß wir mit Gott wiederum in herzlicher Liebe stehen und in ewiger Liebe ewiglich mit ihm leben möchten? Was ist süßer, was ist edler, was ist lieblicher und gebieret mehr Freude denn die Liebe? Was ist auch stärker als die Liebe? Und was knüpfet Gott, Engel und Menschen näher und fester zusammen, als die vollkommene Liebe? Die Liebe, spricht Salomo (Hohel. 8, 6), ist stark wie der Tod, und ihre Gluth feurig und eine Flamme des Herrn.

Von solcher feurigen Gluth und Flamme der reinen vollkommenen Liebe brennet und leuchtet nun der Himmel droben mit allen seinen Einwohnern. Der Herr Christus nennet's mit wenigen Worten eine Erkenntnis Gottes. »Das ist, sagt er, das ewige Leben, daß sie Dich, daß Du allein wahrer Gott bist, und den Du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen« (Joh. 17). Solches ist wohl zu merken und fest zu behalten. Denn wo in der Schrift wahre Liebe, z. B. eheliche Liebe und andere Freundes-Liebe sammt ihrer Freude, Lust und lieblichen Werken beschrieben wird, da gebraucht sie das Wort: erkennen. Adam, sagt sie, erkannte sein Weib Heva. Hier weiß man wohl, was die Schrift meinet und wie sie die eheliche Liebe um der Zucht willen mit dem Wörtlein »erkennen« andeutet. Desgleichen spricht Gott zum Volk Israel: Aus allen Geschlechtern auf Erden habe ich allein euch erkannt (Amos 3). Ferner sagt der Herr Jesus: »Ich erkenne die Meinen und bin bekannt den Meinen. Wie mich mein Vater kennet und ich kenne den Vater« (Joh. 10). Diese und andere ähnliche Sprüche reden von eitel lieblicher Erkenntniß und zeugen von Gottes inbrünstiger Liebe gegen uns, die er in der That und in der Wahrheit beweiset. Und bestehet also auch das ewige Leben in wahrer Erkenntniß Gottes und seines eingebornen Sohnes, das ist in himmlischer, reiner Liebe und im lieblichen Genusse der wundersüßen Liebe Gottes, daß man schmecke die reichen Güter seines Hauses und daß der Mensch lebe in ewiger Liebe mit ihm verbunden, dazu theilhaftig der göttlichen Natur und eine Wohnung Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.

Etlichermaaßen wird uns dies himmlische Leben auch in einer wohlgerathenen Ehe und schönen Haushaltung vorgebildet. Denn wo in einem Hause zwischen Mann, Weib, Kindern, Brüdern, Schwestern und ganzem Hausgesinde alle gebührliche Liebe in rechter Ordnung waltet und herrschet, daß sie sich unter einander von Herzen lieb und werth haben, da ist ihre Liebe ein Vorbild des himmlischen Lebens und wird mit Recht gesagt: hier sei der halbe Himmel und Gott wohne mit seinen lieben Engeln in einem solchen Hause. Desgleichen wo Bräutigam und Braut mit herzlicher Liebe sich lieben, da ist ihr Leben auch wie ein Paradies-Leben und können sie lange Zeit damit hinbringen, daß sie derselben nicht gewahr werden, wie die Schrift von Jakob, dem Erz-Patriarchen bezeuget, daß er um seine Braut Rahel sieben Jahre gedienet und ihn gedäucht habe als wären es einzelne Tage gewesen, wegen der großen Liebe, die er zu ihr trug (1 Mos. 29).

Was ist aber solche Liebe, Lust und Freude gegen die vollkommene Liebe, Freude und Herrlichkeit des ewigen Lebens, da alles leuchtet und brennet von unaussprechlicher himmlischer Liebe? Haben Jakob und Rahel in keuscher Liebe so ein Leben geführt, daß ihnen sieben Jahre nur wie sieben Tage erschienen – was muß denn das ewige Leben im Himmel für ein Leben der süßen inbrünstigen Liebe sein, da alle auserwählten Engel und Menschen Gott, ihren Herrn und Heiland, so herzlich lieben, werden auch von ihm wiederum mit so großer Liebe umfangen, und sind daneben einer gegen den Andern in wahrer Liebe so lieblich angezündet und entbrannt, daß über diesem süßen Leben, über dieser Freude und Lust der himmlischen Liebe ihnen tausend Jahre scheinen kaum ein einziger Tag zu sein? Denn auf dies Geheimniß der himmlischen Freude siehet St. Petrus, da er schreibt (2 Petri 3, 8): »Eins sei euch unverhalten, ihr Lieben, daß ein Tag vor dem Herrn ist wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag.«

Ein lehrreicher Anblick. Die sechs Eigenschaften des ewigen Lebens

Inhaltsverzeichnis

Wen sollte nun nach einem solchen Leben nicht herzlich verlangen? wen sollte nicht gelüsten, mehr davon zu hören? Die Pforte zu diesem Geheimniß ist nun geöffnet – wer wollte ihm nicht weiter nachdenken? Ich will zur bessern Erklärung des edlen trostreichen Artikels mit Freuden fortfahren und sechs Eigenschaften anzeigen, welche der heilige Geist dem ewigen Leben zuschreibt. Die erste heißt: Liebe und Gegenliebe zwischen Gott und seinen Auserwählten. Die andere ist die Ehre und Herrlichkeit solcher Liebe. Die dritte: Gottes liebliche Einwohnung in seinen Auserwählten. Die vierte heißet: Gott Alles in Allem. Die fünfte zeiget sich in der Liebe des Nächsten. Die sechste bestehet in der vollkommenen Einigkeit und Verknüpfung durch das Band der Liebe.

I. Liebe und Gegenliebe zwischen Gott und seinen Auserwählten

Inhaltsverzeichnis

Liebe und Gegenliebe in Gott und seinen Auserwählten ist die erste Eigenschaft, das erste Gut des ewigen Lebens. O der edlen Freude, des edlen Trostes, der edlen Erquickung, da Gott und Menschen in heiliger süßer Liebe ewiglich zusammenleben! Denn Gott hat die Leute überschwänglich lieb und ist ein Gott der Liebe, ja die heilige Liebe selbst. Und weil er die Menschen so herzlich liebet, will er auch von ihnen herzlich wieder geliebt sein, und macht die Gegenliebe zum Haupt aller Gebote, auf daß sein Bund, mit uns aufgerichtet und im Gesetz offenbaret, in gar nichts Anderem bestehe, denn in Liebe und Gegenliebe. Nun ist kein Zweifel, daß solcher Bund der Liebe, davon das Gesetz handelt, nirgends so vollkommen, fest und unauflöslich gehalten werde, als im ewigen Leben. Denn daselbst, wie St. Paulus sagt, höret die Hoffnung sammt dem Glauben auf, aber die Liebe höret nimmer auf, sondern ist so stark und mächtig, daß keine Gewalt, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges sie aufheben, noch zerstören kann.

Darum, wenn du wissen willst, was Gott und alle Heiligen im Himmel machen: so kann ich sicher antworten und mit Wahrheit sagen, daß sie eine ewige freudenreiche Hochzeit halten und leben in eitel vollkommener Liebe. Gott liebet die Engel und Menschen, und die seligen Engel und Menschen lieben ihren Gott wieder, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüthe.