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Dieses Buch enthält folgende Kurz-Krimis: Eva Joachimsen: Frohe Weihnachten Eva Joachimsen: Moritz' Eisenbahn Annette Paul: Wer bringt die Geschenke? Annette Paul: Still schweigt ... Annette Paul: Der Obdachlose Pete Hackett: Skrupellos Pete Hackett: Ron Harris: Geisel des Erbarmungslosen Verärgert schaute der Anwalt Dr. Bernd Walter zur Tür, die zaghaft geöffnet wurde. Er hatte seine Sekretärin angewiesen, ihn unter keinen Umständen zu stören, damit er in Ruhe eine kniffelige Verteidigung vorbereiten konnte. Eine schlanke, rothaarige Frau im Hosenanzug betrat sein Büro. Er verbarg geschickt seine Überraschung und begrüßte sie. "Guten Morgen, Monika. Was führt dich zu mir?" "Deine Sekretärin wollte mich nicht hereinlassen, aber es ist wichtig." Monika, der Frau seines ehemaligen Kompagnons, sah man ihr Alter nicht an. "Bitte, mach es kurz, ich habe zu tun." "Karl-Heinz ist tot."
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Seitenzahl: 126
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Frohe Mörderweihnacht: 7 kurze Krimis
Copyright
Frohe Weihnachten
Moritz‘ Eisenbahn
Wer bringt die Geschenke?
Still schweigt ...
Der Obdachlose
Skrupellos
Ron Harris – Geisel des Erbarmungslosen
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Dieses Buch enthält folgende Kurz-Krimis:
Eva Joachimsen: Frohe Weihnachten
Eva Joachimsen: Moritz‘ Eisenbahn
Annette Paul: Wer bringt die Geschenke?
Annette Paul: Still schweigt ...
Annette Paul: Der Obdachlose
Pete Hackett: Skrupellos
Pete Hackett: Ron Harris: Geisel des Erbarmungslosen
Verärgert schaute der Anwalt Dr. Bernd Walter zur Tür, die zaghaft geöffnet wurde. Er hatte seine Sekretärin angewiesen, ihn unter keinen Umständen zu stören, damit er in Ruhe eine kniffelige Verteidigung vorbereiten konnte. Eine schlanke, rothaarige Frau im Hosenanzug betrat sein Büro. Er verbarg geschickt seine Überraschung und begrüßte sie. "Guten Morgen, Monika. Was führt dich zu mir?"
"Deine Sekretärin wollte mich nicht hereinlassen, aber es ist wichtig." Monika, der Frau seines ehemaligen Kompagnons, sah man ihr Alter nicht an.
"Bitte, mach es kurz, ich habe zu tun."
"Karl-Heinz ist tot."
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author
© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
von Eva Joachimsen
"Was heißt hier krank? Er soll sich nicht so anstellen. Die Fachmesse ist wichtig", brüllte Ewald ins Telefon.
"Vater, mit einer Angina oder Bronchitis würde Rolf ja kommen, aber er liegt mit einer Nierenkolik im Krankenhaus."
"Mit dieser Einstellung kann er die Firma nicht leiten", fauchte Ewald und knallte den Hörer auf die Gabel. Jetzt musste er sehen, wie er allein klarkam, da seine Sekretärin im Urlaub war.
Wieder einmal bereute er, kein zweites Mal geheiratet und weitere Kinder in die Welt gesetzt zu haben. Jahrelang hatte er das Gemecker seiner Frau ertragen. Scheidung komme in ihrer Familie nicht in Frage, hatte sie immer gesagt. Nach ihrem Tod freute er sich über die Ruhe und seine wiedergewonnene Freiheit.
Natürlich sprachen ihn am letzten Messetag zwei Amerikaner an, die kein Deutsch beherrschten. Und er verstand kein Englisch. Ewald schaute sich um. Zwei Stände weiter entdeckte er eine junge Hostess. "Können Sie bitte für mich übersetzen? Mein Mitarbeiter ist leider krank geworden", bat er.
"Gern." Sie lächelte ihn an. Ihre blauen Augen hielten seinen Blick gefangen. Geduldig übersetzte sie die Wünsche der Amerikaner. Nach einigem Hin und Her gelang es ihr, für Ewald einen Geschäftstermin zu vereinbaren.
"Vielen Dank. Darf ich Sie zum Lohn für Ihre Mühe zum Essen einladen?", fragte Ewald.
Es blieb nicht bei diesem einen Treffen. Ewald war entzückt von der frischen, hübschen Blondine. Nie hätte er gedacht, dass er sich in seinem Alter noch einmal verlieben könnte. Und dazu in ein so junges Mädchen.
Er ließ sich sogar hinreißen, mit ihr eine Diskothek zu besuchen. Es störte ihn nicht, mit Abstand der Älteste dort zu sein. Im Gegenteil, er freute sich, besser als die Jungen zu tanzen. Leider trafen sie eine Nachbarin und die erzählte es prompt seiner Tochter Eva.
"Je oller, desto doller" und andere bissige Kommentare seiner Tochter und seines Schwiegersohnes überhörte er. Daraus sprach ja doch nur die Sorge um ihr Erbe.
Die beiden waren eine einzige Enttäuschung für ihn. Dumm wie Bohnenstroh. Unfähig, das Geschick seiner Firma in die Hände zu nehmen. Vor zehn Jahren hatten sie seinen besten Kunden mit einem Prozess vergrault. Und vor drei Jahren hatten sie die Firma fast mit einer Bürgschaft in die Insolvenz getrieben.
Seine ganze Hoffnung setzte er jetzt auf Sascha, seinen einzigen Enkel. Aber der wartete mit dem Erwachsenwerden. Wenigstens ließ er sich leicht lenken. So machte er doch noch im zweiten Anlauf und mit viel Nachhilfe sein Abitur. Dass Sascha nach drei Semestern sein Jurastudium abbrach, konnte Ewald ihm verzeihen. Betriebswirtschaft war sicher handfester und lag ihm mehr.
Inzwischen war Sascha neunundzwanzig und studierte noch immer. Ewald drängte ihn zur Prüfung. Obwohl er sich mit seinen 76 Jahren noch jung und fit fühlte, wurde es langsam Zeit, die Nachfolge zu regeln.
Seit Ewald Julia kannte, verjüngte er sich auch äußerlich zusehends. Er aß viel Obst und Gemüse und verzichtete auf seinen Cognac. Bald musste er sich neue Hosen kaufen, die alten hingen schlaff an ihm herunter.
Voller Elan brachte er Julia das Golfspielen bei, zeigte ihr, wie man Hummer isst, führte sie in Musicals und kaufte sich einen Jeep, um mit ihr darin herumzufahren. Da ihr Zimmer in der Wohngemeinschaft für Stelldicheins nicht geeignet war, mietete er ihr ein Apartment. Er lud sie auf Reisen nach Bali und Kairo ein, streifte mit ihr durch Basare und schenkte ihr orientalische Ringe und Armreifen.
Verlegen meinte sie oft, er solle sie nicht so reich beschenken, sie wäre doch gern mit ihm zusammen.
"Julia, du bist noch jung, sicher wirst du eines Tages heiraten. Aber jetzt genieße ich die Zeit mit dir. Da darf ich dich verwöhnen."
*
Nach einem halben Jahr hatte sie nicht mehr so viel Zeit. Sie wollte ihr Anglistikstudium so bald wie möglich beenden. "Wenn Sascha doch etwas von deinem Ehrgeiz hätte", seufzte Ewald und Julia versprach, mit Sascha zu reden. Tatsächlich hatte sie Erfolg. Sascha meldete sich endlich, nach einundzwanzig Semestern, zur Prüfung an.
Sascha zog wieder in sein Zimmer bei den Eltern und paukte wochen- und monatelang. Ab und zu ließ er Bemerkungen über Amerika fallen. Ob ein Praktikum in New York möglich sei? Und ein Aufenthalt in Südamerika, um Spanisch zu lernen und Kontakte zu schließen?
Ewald versprach, ihm einen längeren Aufenthalt in Amerika zu ermöglichen, falls er den Abschluss schaffe.
Im Dezember fuhr Ewald mit Julia zum Nürnberger Christkindlmarkt. Er war dankbar für ihre naive Freude an der Weihnachtsstimmung. Kurzerhand führte er sie zu einem Juwelier und suchte ein wunderbares Kollier mit Saphiren aus, passend zu ihren strahlend blauen Augen.
Wie ein kleines Kind freute er sich auf Weihnachten. Heiligabend wollte er mit ihr verbringen, sie mit Champagner und einem exklusiven Menu in seinem Lieblingsrestaurant verwöhnen. Gekrönt werden sollte das Fest von einer sinnlichen Nacht. Die Feiertage würden dann seiner Familie gehören.
Am frühen Nachmittag des Heiligen Abends duschte er, rasierte sich, verwendete reichlich Eau de Toilette und zog sich seinen neuen Anzug an. Julia hatte ihn beim Kauf beraten. Er lächelte sich im Spiegel an. Vielleicht sollte er sie doch heiraten? Schon um Eva und seinen Schwiegersohn zu ärgern. Gleich nach den Feiertagen wollte er mit seinem Anwalt sprechen.
Er holte aus dem Nachttisch den Safeschlüssel, ließ das Bücherregal im Arbeitszimmer auf Schienen zur Seite gleiten und öffnete den Safe. Er stöhnte laut auf. Die Schatulle mit dem Kollier fehlte, ebenso seine kostbare Münzsammlung. Und wo waren die Flugtickets für Sascha?
Stattdessen lag ein großer Umschlag darin. Er öffnete ihn mit zitternden Fingern und zog eine Magisterurkunde und ein Prüfungszeugnis heraus. Lauter Dreien und Vieren. Na ja, etwas anderes hatte er von Sascha auch nicht erwartet. Aber wieso Kunstgeschichte? Ausgerechnet Kunstgeschichte! Ewald drehte sich um, ergriff eine teure chinesische Vase, Evas Lieblingsvase, und zertrümmerte sie an der gegenüberliegenden Wand. Typisch für Evas missratenen Balg!
Er betrachtete die andere Urkunde. Eine Kopie von Julias Magisterabschluss. Summa cum laude.
Außerdem lag die Hochzeitsurkunde von Sascha und Julia dabei.
"Frohe Weihnachten, Opa" stand in Julias sauberer Schrift quer auf dem Umschlag.
von Eva Joachimsen
Moritz wacht mitten in der Nacht auf. Aus dem Flur kommt ein merkwürdiges Geräusch. Mama und Papa klingen abends anders, wenn sie ins Bett gehen. Die Laute kennt er, die beunruhigen ihn nicht. Normalerweise wecken sie ihn nicht einmal. Doch jetzt klopft sein Herz ganz doll. Angespannt lauscht er. Langsam und vorsichtig öffnet er die Augen ein bisschen. Obwohl die Gardine zugezogen ist, ist es im Zimmer hell. Durch einen Spalt sieht er, wie es draußen schneit.
Da ist es wieder. Leise Schritte. Er hört sie deutlich. Jemand schleicht durch die Wohnung! Sicher so das Monster, von dem Corvin ihm erzählt hat. Vor Angst zieht Moritz die Decke über den Kopf. "Mama, Mama", murmelt er. Kaum hörbar, damit er sich nicht verrät. "Mama, wo bist du?" Sonst ist Mama jederzeit da, wenn er sich fürchtet. Ob das Monster Mama und Papa etwas angetan hat? Und Hannah? Die ist erst ein Baby und kann sich nicht wehren! Und falls es in sein Zimmer kommt? Er muss völlig ruhig sein, vielleicht entdeckt das Monster ihn dann nicht.
Die Tritte kommen inzwischen aus dem Wohnzimmer. Wohnzimmer? Dem Weihnachtszimmer! Jetzt hört Moritz den Weihnachtsbaum klirren. Das Monster ist dagegen gestoßen. Seine Eisenbahn. Die funkelnagelneue Eisenbahn! Drei Jahre lang hat Moritz sie sich gewünscht. Gestern Abend hat er sie endlich bekommen. Er springt aus dem Bett, schleicht barfuß hinaus. Seine Zimmertür ist wie stets angelehnt. Die Wohnungstür steht offen, ebenso die Wohnzimmertür. In der Stube wird eine Schublade aufgezogen. Danach klappert etwas. Spielt das Monster etwa mit seinem Spielzeug? Das geht gar nicht. Er hört Papa laut schnarchen. Das beruhigt ihn. Vor dem vom Schnee hellen Fenster sieht er eine Gestalt hin- und herlaufen. Ab und zu fällt der Lichtkegel von einer Taschenlampe auf den Fußboden.
"Wenn ein Einbrecher im Haus ist, müsst ihr euch bemerkbar machen", hat Onkel Eberhard neulich gesagt. Der weiß es. Der ist Polizist. Gewiss gilt das ebenfalls für Monster. Soll er Papa wecken? Aber der ist immer so schlecht gelaunt, wenn Moritz ihn weckt. Und lärmen kann er auch allein.
Also stößt Moritz gegen den Schuhschrank. Prompt klappern die Türen und die Schirme fallen herunter. Papas Schnarchen setzt kurz aus, dann sägt er weiter. Moritz schaltet die Lampe im Flur an. "Na, wer hat die Tür vergessen?", sagt er laut und wirft die Wohnungstür zu. Wieder hört Papas Schnarchen auf, um danach leiser weiterzugehen. Moritz dreht den Schlüssel um und zieht ihn ab, anschließend legt er die Sicherheitskette vor. Trotzdem zieht es kalt an seine Füße. Er knipst das Licht im Wohnzimmer an. Die Balkontür steht offen.
"Papa, hier ist er nicht", ruft er vernehmlich, läuft durch den Raum und schließt die Balkontür. Er schaut sich um. Seine Eisenbahn steht noch aufgebaut in der Ecke. Alles ist heil. Er atmet erleichtert auf.
Dann dreht er sich um. Unter dem Weihnachtsbaum liegen die neuen Legosteine und die Inliner. Nur Mamas kleiner Karton mit der Goldkette und dem Medaillon mit Fotos von Moritz und Hannah liegt achtlos unter dem Couchtisch. Die Kette kann Moritz nicht sehen. Vielleicht steckt sie unter dem anderen langweiligen Kram von Mama und Papa.
Die Schränke stehen offen, Schubladen sind ausgekippt. Stört ihn nicht. In seinem Zimmer sieht es immer so aus.
Jemand klopft an die Fensterscheibe. Er geht hin und drückt die Nase an die Scheibe. Durch seinen Atem beschlägt sie. "Lass mich bitte rein. Ich bin doch der Weihnachtsmann." Der Mann trägt tatsächlich einen roten Weihnachtsmannumhang und hat einen weißen Bart.
"Nee, glaube ich nicht. Der kommt durch den Kamin." Moritz malt ein Männchen auf das beschlagene Fenster.
"Andere Kinder warten noch auf mich."
"Dann lass dich von deinen Rentieren abholen." Bestimmt können Rentiere auch in den zehnten Stock fliegen. Anschließend zieht Moritz die Gardine zu. Damit die Wohnung nicht so kalt wird, ermahnt Mama ihn regelmäßig.
Er kriecht mit dem Stecker in die Ecke, zerrt das Kabel des Fernsehgeräts aus der Steckdose und steckt den Anschluss seiner Eisenbahn hinein. "Alle einsteigen, Türen schließen", ruft er laut und lässt die Eisenbahn fahren. Viele Runden dreht sie. Es ist längst hell. Der Weihnachtsmann ist sicher weg. Er klopft und schimpft seit einer Weile nicht mehr. Im Bad rauscht Wasser und Mama schaut durch die Tür.
"Wie sieht es denn hier aus?", fragt sie entsetzt.
"Der Weihnachtsmann hatte etwas vergessen", erklärt Moritz und zeigt auf den Balkon, dann koppelt er einen weiteren Waggon an die Lokomotive.
von Annette Paul
Frederike hastete durch den dunklen Flur. Sie fürchtete sich vor den langen Korridoren und den verschmierten Aufzügen des Hochhauses. Deshalb freute sie sich immer, wenn sie ihre Wohnung erreichte und die Wohnungstür hinter sich abschloss. Heute empfand sie es als besonders schlimm. Richtig unheimlich. So still hatte sie es noch nie erlebt. Alle feierten Heiligabend woanders. Lehmanns nebenan waren am frühen Morgen in den Urlaub gefahren. Bernd, der Musiklehrer, der gegenüber wohnte, war vor zwei Tagen verreist. Ebenso wie seine Nachbarin. Auf Frederikes linker Seite schien auch niemand da zu sein. Selbst die sechsköpfige türkische Familie neben dem Fahrstuhl hatte die Ferien der Kinder genutzt und einen Heimaturlaub angetreten.
Endlich stand sie vor ihrer Tür und schloss auf. Einundzwanzig Uhr. Es war später geworden als erhofft. Dabei musste sie morgen um zehn wieder im Restaurant sein. Warum wollte sie auch unbedingt Restaurantfachfrau werden? Hätte sie nicht lieber ins Büro gehen sollen? Dann gäbe es für sie Feiertage und Wochenenden.
Sie zog sich schnell um, holte den Weihnachtsbaum vom Balkon und stellte ihn auf die kleine Kommode neben dem Fenster. Anschließend schmückte sie ihn mit einer elektrischen Lichterkette und Wachsfiguren, die sie auf dem Weihnachtsmarkt erstanden hatte. Langsam kam bei ihr ein bisschen Weihnachtsstimmung auf. Sie summte ein paar Lieder im Radio mit. Als sie fertig war, kochte sie sich eine Schokolade, nahm das Stück Weihnachtstorte aus dem Kühlschrank und setzte sich vor den Baum. Erst einmal die Torte genießen. Sie hatte sie gestern vom Koch in die Hand gedrückt bekommen. Reste. Aber da sie schon zu Mittag warm gegessen und keine Lust mehr auf weiteren Aufwand hatte, kam sie ihr gerade recht.
Das Telefon klingelte. Ihre Mutter rief an und wünschte frohe Weihnachten, dann reichte sie den Hörer an den Vater und ihren Bruder weiter. "Wir müssen gleich zur Nachbarin, anschließend gehen wir in die Kirche." Schneller als ihr lieb war, beendeten sie das Gespräch. Es hatte Frederikes Niedergeschlagenheit vertieft. Heiligabend allein in der kleinen Wohnung. Und nicht einmal Zeit, um in einer Gruppe für Alleinstehende zu feiern. Sie wischte sich eine Träne weg.
Dafür hatte sie im Januar Urlaub und würde in den Süden fliegen. Sie holte den Reiseprospekt heraus, aber so richtige Ferienstimmung kam nicht auf. Deshalb schaltete sie den Fernseher an und aß die Torte auf. Anschließend packte sie das Paket der Eltern aus. Sie freute sich auf ein Gespräch mit ihrer Freundin, doch sicher saß sie mit ihren Eltern noch am Tisch beim traditionellen Karpfen. Erst gegen dreiundzwanzig Uhr traute sie sich, Sarah anzurufen.
"Ich habe ein Smartphone bekommen. Und Nico hat mich gefragt, ob wir zusammenziehen wollen", sprudelte Sarah hervor.
Seelenschmerz quälte Frederike. Tom hatte vor einem Vierteljahr Schluss gemacht. Ihm hatte es nicht gepasst, dass seine Freundin so selten Zeit hatte.
Leider beendete Sarah das Telefonat schnell, da sie gleich in die Disco wollten.
Frederike beschloss, ins Bett zu gehen. Lieber schlafen, als Trübsal blasen. Der nächste Tag würde anstrengend genug werden.
Doch sie konnte nicht gleich einschlafen. Keine Stimmen oder sonstigen Geräusche aus den Nachbarwohnungen. Selbst die Straße war ungewohnt ruhig. Endlich döste sie ein, nur um bald wieder aufzuwachen. Hatte sie etwas gehört? Unmöglich, es war niemand da. Sie atmete tief ein und aus und versuchte, wieder einzuschlafen. Plötzlich klapperte es. Obwohl das Haus hellhörig war, lebte sie gern hier, denn ihre Wohnung war schön und bezahlbar. Kamen die Geräusche aus der übernächsten Wohnung? Vielleicht waren die Nachbarn nicht verreist, sondern nur zu Besuch gewesen. Nein, Bernd hatte gesagt, dass alle auf dieser Etage weg waren. Sollte sie die Polizei rufen? Blödsinn, die würden sie nur auslachen. Etwas fiel herunter. Ein Schauer lief über ihren Rücken. Sie zog die Decke über den Kopf, kniff die Augen zu und steckte die Finger in die Ohren.
Irgendwo klappten Schubladen. Jetzt wurde draußen ein Gegenstand über den Boden geschleift. Dann hörte sie im Hausflur Schritte. Sie zitterte vor Angst. Trotzdem stand sie auf, huschte barfuß zur Wohnungstür und schaute durch den Spion. Nichts zu sehen. Dafür waren die Schritte jetzt noch deutlicher zu hören. Und sie kamen näher. Sie musste die Tür verrammeln! Aber womit? Suchend schaute sie sich in ihrer schmalen, nur vom Weihnachtsbaum im Wohnzimmer erleuchteten Diele um. Mit dem Schuhschrank? Lächerlich. Ein Stuhl, sie musste einen Stuhl unter die Klinke klemmen.
Da hörte sie, dass sich jemand an ihrer Tür zu schaffen machte. Zu spät. Ihr Herz raste. Wo war ihr Handy? Hilfe! Sie brauchte eine Waffe!
Hektisch blickte sie sich um, die Sportsachen standen neben der Garderobe. Sie nahm den Hockeyschläger und stellte sich hinter die Tür. Gerade noch rechtzeitig. Langsam wurde die Tür aufgeschoben und Licht fiel vom Flur herein. Frederike hielt die Luft an. Vertraut lag der Schläger in ihrer Hand und gab ihr Sicherheit. Sie konnte mit ihm umgehen. Sehr gut sogar.
Jemand schlich herein. Sie hob den Schläger, holte aus, als ein Umriss erkennbar wurde, fixierte das Ziel wie sonst den Ball und schlug mit voller Wucht zu. Der Schläger brach entzwei. Immerhin ging der Eindringling wie ein Sack zu Boden. Ein Schlag hatte gereicht.
Draußen entfernten sich hastig Schritte.