Fürsten-Roman 2609 - Clarissa von Lausitz - E-Book

Fürsten-Roman 2609 E-Book

Clarissa von Lausitz

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Beschreibung

Arthur Fürst von Offenhain wohnt mit seiner Frau und Tochter im Herrenhaus auf Gut Offenhain. Er führt die Geschäfte mit seinem jüngeren Bruder Lorenz. Dieser hat sich an der Börse verspekuliert und benötigt nun dringend Geld. Deshalb will Lorenz das marode Jagdschlösschen der Familie samt See-Grundstück verkaufen.
Fürst Arthur ist entsetzt, als er von den Plänen erfährt. Er erinnert seinen Bruder, dass dieser nicht der rechtmäßige Erbe ist, denn das Jagdschlösschen ist stets an das jüngste Kind der Familie vererbt worden. Somit gehört es Christina Prinzessin von Offenhain, die vor fünfundzwanzig Jahren durchbrannte und seither als verschollen gilt. Prinz Lorenz will Christina nun für tot erklären lassen, damit das Jagdschlösschen an ihn fällt. Stets hat Arthur sich gescheut, nach seiner Schwester suchen zu lassen. Doch nun wendet er sich an den Ahnenforscher Jonas Brinkbaum. Dieser soll Christina finden ...


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Seitenzahl: 115

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Die verschollene Prinzessin

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: IvaFoto / shutterstock

Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9925-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die verschollene Prinzessin

Nach vielen Jahren gibt es endlich eine Spur

Von Clarissa von Lausitz

Arthur Fürst von Offenhain wohnt mit seiner Frau und Tochter im Herrenhaus auf Gut Offenhain. Er führt die Geschäfte mit seinem jüngeren Bruder Lorenz. Dieser hat sich an der Börse verspekuliert und benötigt nun dringend Geld. Deshalb will Lorenz das marode Jagdschlösschen der Familie samt See-Grundstück verkaufen.

Fürst Arthur ist entsetzt, als er von den Plänen erfährt. Er erinnert seinen Bruder, dass dieser nicht der rechtmäßige Erbe ist, denn das Jagdschlösschen ist stets an das jüngste Kind der Familie vererbt worden. Somit gehört es Christina Prinzessin von Offenhain, die vor fünfundzwanzig Jahren durchbrannte und seither als verschollen gilt. Prinz Lorenz will Christina nun für tot erklären lassen, damit das Jagdschlösschen an ihn fällt. Stets hat Arthur sich gescheut, nach seiner Schwester suchen zu lassen. Doch nun wendet er sich an den Ahnenforscher Jonas Brinkbaum. Dieser soll Christina finden …

Feige war er nicht, der junge Fahrer des weißen Sportwagens auf der rechten Spur. Seit vier Kilometern zog er mit Lorenz Prinz von Offenhain gleich und drückte das Gaspedal ebenso durch.

„Nicht übel, mein Lieber“, stieß Lorenz hervor und warf einen raschen Blick zu seinem Kontrahenten hinüber.

Dieser hielt unverändert mit und starrte verbissen geradeaus. Der Anblick der Landschaft – grüne Wiesen und Felder, dazwischen einige Wäldchen, darüber tiefblauer Sommerhimmel – flog vorbei, die Konturen verwischten. Fünfhundert PS steckten unter der geschwungenen Motorhaube von Lorenz’ Sportwagen und somit auch unter der seines Gegners.

Das Rennen hatte sich spontan ergeben. Zunächst hatte Lorenz den anderen Fahrer mit seinem Auto nur per Lichthupe von der linken Spur scheuchen wollen. Zwar war der weiße Sportwagen tatsächlich nach rechts gewechselt – doch nur, um dort entschlossen mit Lorenz’ rotem Kraftpaket auf gleicher Höhe zu bleiben.

Der Prinz von Offenhain atmete tief durch. Was für eine herrliche Ablenkung: die Autobahn nahezu leergefegt, die Sicht klar und sein Schätzchen zu allem bereit. Er würde diesem Jungspund nebenan zeigen, wie ein solches Wunderwerk der Technik zu fahren war. Ein Mann jenseits der fünfzig zählte noch lange nicht zum alten und vor allem langsamen Eisen.

Jetzt gaben sie Vollgas, Lorenz musste alle Konzentration aufbringen. Wenn der Wagen in diesem Moment ausbräche, wäre es vorbei mit ihm. Allerdings hätten dann auch all die Probleme und negativen Gedanken im Zusammenhang mit seinem unfassbaren Börsenpech ein Ende, und er …

Vor ihm tauchten zwei Lkw auf, die hintereinander über den gleißenden Asphalt krochen. Lorenz kniff die Augen zusammen. Der wollte doch nicht – doch: Der Fahrer des hinteren Lastwagens setzte tatsächlich den Blinker!

Lorenz schlug auf die Hupe und betätigte wie wild das Fernlicht. Bruchteile von Sekunden dehnten sich zu langen Minuten. Aus dem Augenwinkel registrierte er, wie sein weißer Kontrahent zurückfiel. Wenn der Lkw jetzt ausscherte, dann …

Der Brummi-Fahrer riss anscheinend sein Steuer wieder nach rechts. Der Anhänger schwankte kurz. Die ohrenbetäubende Fanfare eines tiefen Lkw-Horns dröhnte Lorenz hinterher, als er an den Gespannen vorbeiraste.

„Puh!“ Der Prinz von Offenhain atmete tief durch und warf einen Blick in den Rückspiegel. Der weiße Sportwagen überholte die beiden Laster ebenfalls, machte aber keine Anstalten, Lorenz erneut einzuholen.

„Na bitte.“ Lorenz grinste. Ein PS-starker Motor war das eine – doch konnte er stahlharte Nerven nicht ersetzen.

Jetzt wechselte auch der Prinz auf die rechte Spur und ging vom Gas. Vor ihm tauchte das Schild mit dem Hinweis auf die Abfahrt „Zentrum“ auf, und er setzte den Blinker. In die Kurve konnte er so scharf gehen, wie er wollte – die Straße war staubtrocken, die 22-Zoll-Reifen klebten nahezu darauf. Noch drei Kreuzungen, dann ging es links in eine von Linden gesäumte Allee, die zum „Stadtpalais“ führte.

Für die exklusive Kundschaft des noblen Hotels samt nicht minder noblem Restaurant gab es immer freie Parkplätze. Lorenz stellte seinen Wagen direkt neben einer schweren, dunkelblauen Limousine mit protzig verchromten Stoßstangen ab. Ulrich war also schon da – überpünktlich, wie stets.

Dennoch nahm sich Lorenz die Zeit, nach dem Aussteigen in Ruhe einen Zigarillo zu rauchen. Sein Adrenalinspiegel war hoch – wegen des Rennens, noch mehr aber wegen dieser vermaledeiten Aktienpleite.

Dabei hatte alles nach einem todsicheren Tipp ausgesehen: Der Prinz von Offenhain hatte den Rest seines einst ansehnlichen Vermögens auf eine Investorengruppe gesetzt. Diese kaufte in großem Stil Mietshäuser auf, um mit Luxussanierungen schnelles Geld zu verdienen. Und dann machte sich der Prokurist davon, nachdem er sämtliche Konten geplündert beziehungsweise deren Inhalt nach unbekannt verschoben hatte!

Die Aktien der Investorengruppe waren daraufhin ins Bodenlose gestürzt, und so fühlte sich auch Lorenz: im freien Fall.

Er legte den Kopf in den Nacken und blickte in den ungetrübten Sommerhimmel. Rein äußerlich war dem Prinz von Offenhain seine Geldnot nicht anzusehen. Mit Mitte fünfzig war er immer noch ein attraktiver Mann, mittelgroß, schlank, sportlich, silbergraue Haare, blaue Augen, gebräunter Teint. Er trug stets teure, dezente Anzüge eines italienischen Designers und dazu passende Hemden sowie handgearbeitete, rahmengenähte Schuhe. Lorenz speiste in ausgewählten Lokalen, trank den edelsten Wein, führte die schönsten Frauen aus und gab sich überhaupt nur mit dem Besten zufrieden.

„Da bist du ja, mein Lieber! Musst du dich noch sammeln?“ Die laute Stimme von Ulrich Meesen dröhnte über den hübschen, begrünten Vorplatz des „Stadtpalais“, dessen hellgelb getünchte Fassade in der Sonne leuchtete.

Lorenz wandte den Kopf zur vorderen Terrasse des Restaurants, auf der sich sein Freund aufgebaut hatte. Der korpulente Modezar Ulrich Meesen hatte die Fäuste in seine speckigen Hüften gestemmt und blinzelte mit seinen wässrig blauen Augen herüber. Er war nur ein Jahr älter als Lorenz, doch ihn hatte schon früh das Schicksal einer Halbglatze ereilt, die ebenso rosig schimmerte wie sein rundes Gesicht. Die Hose seines teuren, aber eindeutig zu grünen Anzugs spannte am mächtigen Bauch, und das Sakko schien unter den kräftigen Armen zu zwicken.

„Ulrich! Grüß dich.“ Lorenz zwang sich zu einem Lächeln und ging auf seinen Freund zu. „Musste nur kurz durchatmen. Bin ein kleines Rennen gefahren.“

„Du kannst es nicht lassen, was? Haha!“ Ulrich schlug dem Prinzen von Offenhain auf die Schulter. Die beiden Männer gingen durch den kleinen Arkadengang, der seitlich am Palais vorbei und zur hinteren Terrasse führte. Dort hatte Ulrich wie stets den großen Tisch im Schatten der prächtigen Rotbuche reserviert.

„Schampus?“ Ulrich ließ sich in seinen Stuhl fallen und schwenkte auffordernd eine schwere, dunkelgrüne Flasche. Lorenz nickte, wenngleich er den Ausdruck „Schampus“ hasste. „Neureichen-Jargon“ nannte das seine Schwägerin, die vornehme Elena Fürstin von Offenhain, und Lorenz stimmte ihr insgeheim zu.

Überhaupt ließ so vieles an Ulrich Meesen – seine Sprache, seine Kleidung, seine Autos, sein lautes, joviales Auftreten – zweifellos erkennen, dass er kein „altes Geld“ besaß. Sondern neues, selbst erarbeitet von einem rücksichtslosen Macher, der zwar weder über Stil noch über einen repräsentativen Stammbaum verfügte – dafür aber über beeindruckende finanzielle Mittel und Macht.

„Also, mein Lieber, ich habe mich umgehört, was diese Investorengruppe betrifft, der du dein Geld hinterhergeworfen hast.“ Ulrich lehnte sich zurück und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas. „Machen wir es kurz: Alles weg. Die sind erledigt. Und ihre Aktien sind es auch.“

„Ich weiß.“ Lorenz lächelte kühl. Er würde Ulrich nicht den Gefallen tun und die Contenance verlieren – Pleite hin oder her. Er war immer noch der Prinz von Offenhain.

„Aber es gibt auch gute Nachrichten“, meinte Ulrich vergnügt. „Ich kann dir helfen.“

Lorenz schwieg, zog lediglich die Augenbrauen hoch. Wollte ihm Ulrich etwa Geld anbieten? Es ihm vielleicht auf seine gönnerhafte Art leihen? Das würde Lorenz nicht annehmen, eine solche Erniedrigung kam nicht infrage.

„Ihr habt da doch dieses tolle Grundstück am See, auf dem diese Ruine steht“, fuhr Ulrich jedoch zu Lorenz’ Überraschung fort. „Ich möchte es kaufen.“

„Welches Grundstück am See?“ Lorenz runzelte die Stirn.

„Oh, der feine Prinz hat keinen Überblick über all das, was seiner Familie gehört.“ Ulrich lachte meckernd. „Na, kein Wunder, ist ja auch alles ziemlich groß bei euch. Ich spreche vom Offenhainer See, vom Westufer. Eine traumhafte Lage, nur die Bruchbude dort stört.“

„Du meist das alte Jagdschlösschen?“, fragte Lorenz verblüfft.

Ulrich hatte recht: Die Familien von Offenhain besaß riesige Ländereien. Deshalb lebten sie größtenteils von der Forst- und Landwirtschaft. Lorenz’ Bruder, Arthur Fürst von Offenhain, hatte mehrere erfolgreiche Betriebe im Bereich der Holzverarbeitung und der Bio-Bewirtschaftung aufgebaut, die er gemeinsam mit Lorenz führte. Hinzu kamen beträchtliche Einnahmen aus der Verpachtung großer Flächen. Kein Wunder, dass Lorenz nicht aus dem Stand über jeden einzelnen Hektar Bescheid wusste.

„Genau.“ Ulrich nickte zufrieden. „Wobei die Bezeichnung ,Jagdschlösschen‘ geschmeichelt ist. Das Ding ist hinüber. Deshalb will ich es ja abreißen lassen.“

„Du willst dort bauen?“, dämmerte es Lorenz. „Am Westufer des Offenhainer Sees? Aber was ist mit deinem Penthouse?“

„Das behalte ich natürlich.“ Ulrich schenkte ihnen nach. „Einen Unterschlupf mitten in der Stadt braucht der Mann schließlich. Aber ab und zu muss man doch auch raus, ins Grüne, sich erholen. Zu diesem Zweck werde ich mir eine Villa bauen lassen, genau so, wie ich sie schon immer haben wollte.“

„Aha.“ Lorenz überlegte.

Das Jagdschlösschen am See: Hatten sie nicht als Kinder manchmal dort gespielt? Er erinnerte sich vage an ein Gebäude aus rotem Backstein mit grünlichem Kupferdach und weißen Fensterläden. Du liebe Güte, das musste weit mehr als vierzig Jahre her sein. Vermutlich war die Anlage mittlerweile tatsächlich verfallen.

„Es soll dein Schaden nicht sein“, erklärte Ulrich schmunzelnd. „Ich bin selbstverständlich bereit, für ein solch exklusives Grundstück einen fairen Preis zu zahlen.“

Dann nannte er eine Summe, auf die sich Lorenz erst einmal einen weiteren Zigarillo anzünden musste. Ja, das war ein fairer Preis. Einer, der ihm auf einen Schlag aus all seinen Schwierigkeiten heraushelfen konnte.

„Das klingt interessant“, erwiderte Lorenz deshalb. „Sehr interessant. Und du bist mir als Nachbar, sozusagen, natürlich willkommen. Ich spreche gleich morgen mit unserem Notar. Aber das Ganze dürfte kein Problem darstellen.“

„Das wollte ich hören!“ Ulrich schlug begeistert auf den Tisch.

Dann bestellte er eine weitere Flasche Champagner.

Grundsätzlich war es von Vorteil, in einem Herrenhaus zu leben und sehr viel Platz zu haben. Arthur Fürst von Offenhain wusste diesen Umstand zu schätzen. Allerdings konnte viel Platz auch nachteilig sein – wenn man beispielsweise eine äußerst umtriebige Tochter hatte, die fast nie dort zu anzutreffen war, wo man sie vermutete. Und die gar nicht so leicht auf dem Handy zu erreichen war, wie man es von jungen Menschen erwarten konnte.

„Svea! Svea, bist du hier?“ Jetzt stand der Fürst in der Eingangshalle des Herrenhauses von Gut Offenhain, von der die Flure links und rechts in den Süd- und den Nordflügel abgingen. Eine gewaltige, geschwungene Treppe führte in den ersten Stock des denkmalgeschützten Barockbaus. Die Mosaikfliesen aus Marmor, die barocke Muster auf dem Boden formten, glänzten sauber und vor allem leer. Denn von der Prinzessin von Offenhain war weit und breit nichts zu sehen.

„Ich sollte aufgeben“, murmelte der Fürst vor sich hin.

Er bleib stehen und musterte sich in dem goldgerahmten Spiegel, der über der schweren Aussteuer-Truhe aus dem 18. Jahrhundert hing.

Für Ende fünfzig konnte er sich sehen lassen: Arthur war etwas größer und kräftiger als sein jüngerer Bruder Lorenz, hatte aber ebenso wie dieser dichtes, silbergraues Haar und hielt sich aufrecht. Der Fürst blickte mit wachen, grüngrauen Augen in die Welt und legte Wert auf nachhaltig produzierte Qualitätskleidung. Anders als Lorenz brachte er allerdings keinerlei Interesse für Designer-Ware auf, sondern bevorzugte praktische Hosen, Hemden und Jacken. Denn wenngleich Arthur den Großteil seiner Arbeitszeit am Schreibtisch verbringen musste, liebte er es, bei jeder sich bietenden Gelegenheit „draußen mit anzupacken“, wie er seine Streifzüge durch die Ländereien der Familie nannte.

Arthur zog sein Handy aus der Sakkotasche und wählte erneut die Nummer seiner Tochter. Doch Svea nahm immer noch nicht ab.

„Wo steckt sie nur?“

Wahrscheinlich war Svea zur Uni gefahren. Sie studierte Jura im vierten Semester, nachdem sie nach dem Abitur zunächst ein Jahr quer durch Europa gereist und anschließend ein weiteres Jahr überlegt hatte, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte. Dass sie sich auf Drängen ihrer Eltern doch für das Studium der Rechtswissenschaften entschieden hatte, erfüllte den Fürsten sowohl mit Stolz als auch mit Erleichterung.

Er trat an den Kamin mit der aufwändig verzierten Keramikumrahmung, der nur noch Dekorationszwecken diente. Auf dem Sims hatte Fürstin Elena zahlreiche Familienfotos in verschnörkelten Rahmen aufgestellt. Das jüngste zeigte den Fürsten und die Fürstin mit Svea in ihrer Mitte: eine große, schmale, aparte junge Frau mit milchweißem Teint, rotblonden, leicht gewellten Haaren und den grüngrauen Augen ihres Vaters. Sie strahlte in die Kamera, während Arthur und Elena lediglich zurückhaltend lächelten.

Auf dem Foto daneben saß Lorenz in seinem roten Cabrio, wie immer in einem dieser italienischen Anzüge, eine teure Sonnenbrille ins Haar geschoben, breit grinsend. Arthur vermutete, dass seine Frau dieses Bild aufgestellt hatte, um ihn daran zu erinnern, von welchem Schlag sein jüngerer Bruder war. Die Fürstin hatte den verschwenderischen Lebensstil ihres Schwagers von Anfang an missbilligt.

Das Handy in der Sakkotasche des Fürsten klingelte. Endlich, dachte Arthur. Svea hatte ihn lange warten lassen.

Doch auf dem Display erschien nicht das Bild seiner Tochter, sondern eine Festnetznummer – die des langjährigen Notars der Familie.

„Von Offenhain, ja bitte?“, meldete sich der Fürst.

„Möller hier, Vorzimmer Notariat Sibelius. Es geht um Ihre Anfrage, ich stelle Sie durch …“, begann eine weibliche Stimme.

„Anfrage? Welche Anfrage?“, unterbrach sie der Fürst.

„Sie hatten sich doch gemeldet wegen des … ach, entschuldigen Sie, Fürst Arthur, das war offenbar Ihr Bruder.“ Die Vorzimmerdame blätterte in Papieren, der Fürst hörte das Rascheln.

„Jetzt sehe ich es, entschuldigen Sie noch einmal die Störung“, erklärte Frau Möller. „Ich rufe Ihren Bruder an.“

Sie legte auf.