Fürsten-Roman 2731 - Catharina Chrysander - E-Book

Fürsten-Roman 2731 E-Book

Catharina Chrysander

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Beschreibung

Über ein Jahr ist es nun her, dass Richard Prinz von Rosental überraschend verstorben ist. Und genau so lange hat seine junge Witwe, Prinzessin Daria, buchstäblich ihr Schlafzimmer nicht mehr verlassen, gefangen in einem Nebel aus Schmerz und Trauer. Nicht mal ihren geliebten Rosen will sie sich noch widmen. Ihre Tage verbringt Daria größtenteils im Bett, isst kaum etwas, ist zu keinem Gefühl, keiner tieferen Empfindung fähig - zu tief sitzt noch immer der Schock über den Verlust ihrer Lebensliebe. Doch eines Tages dringt ein ungewohntes Geräusch, ja geradezu Lärm in ihre selbst gewählte Enklave - und das, wo doch alle Mitarbeiter sich stets quasi auf Zehenspitzen bewegen, um Darias Ruhe nicht zu stören. Aber genau dieser Lärm ändert alles: Wie aus einem Traum erwacht springt Daria plötzlich auf und stürmt in heller Aufregung auf ihren Balkon. Wer wagt es, hier solchen Krach zu machen? Die Antwort auf diese Frage wird das Leben der Rosenprinzessin erneut dramatisch verändern ...


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Seitenzahl: 127

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Die Rosenprinzessin

Vorschau

Impressum

Die Rosenprinzessin

Manchmal braucht es Dornen, um den Weg zur Liebe zu finden

Von Catharina Chrysander

Über ein Jahr ist es nun her, dass Richard Prinz von Rosental überraschend verstorben ist. Und genau so lange hat seine junge Witwe, Prinzessin Daria, buchstäblich ihr Schlafzimmer nicht mehr verlassen, gefangen in einem Nebel aus Schmerz und Trauer. Nicht mal ihren geliebten Rosen will sie sich noch widmen. Ihre Tage verbringt Daria größtenteils im Bett, isst kaum etwas, ist zu keinem Gefühl, keiner tieferen Empfindung fähig – zu tief sitzt noch immer der Schock über den Verlust ihrer Lebensliebe.

Doch eines Tages dringt ein ungewohntes Geräusch, ja geradezu Lärm in ihre selbst gewählte Enklave – und das, wo doch alle Mitarbeiter sich stets quasi auf Zehenspitzen bewegen, um Darias Ruhe nicht zu stören. Aber genau dieser Lärm ändert alles: Wie aus einem Traum erwacht springt Daria plötzlich auf und stürmt in heller Aufregung auf ihren Balkon. Wer wagt es, hier solchen Krach zu machen? Die Antwort auf diese Frage wird das Leben der Rosenprinzessin erneut dramatisch verändern ...

Der Wind strich sanft durch die duftigen Gardinen. Sie hingen von der hohen Decke, blähten sich auf und tanzten über das Fischgrätparkett. Prinzessin Daria lag auf dem Bett und schaute zu den zarten Stores. Die Welt dahinter erschien ihr wie im Nebel.

Die Gardinen verschleierten die saftig grünen Bäume des Schlossparks und den blauen Himmel dahinter. Es war ein leuchtender Frühsommer-Tag, und doch wurde die Prinzessin dieses Tages nur wie durch einen Dunst gewahr. Sie sah ihr ganzes Leben wie durch milchige Gardinen.

Es war, als trennte eine Wand aus Nebel Daria von dem Leben, das alle anderen Menschen führten. Die Prinzessin trug ihren seidenen Schlafanzug, obwohl es sicher längst Nachmittag war. Sie wusste allerdings nicht mal genau, wie spät es war. Es hätte nur einen Blick auf ihren Wecker gebraucht, aber ihr Kopf war zu schwer. Ihn anzuheben kam Daria vor wie das Wuchten eines Mühlsteins. Sie konnte ihn nicht bewegen.

Die Prinzessin lag tief versunken in all ihren Kissen und dem riesigen Federbett. Ihre blonden Locken kringelten sich zwar um ihren Kopf, obwohl dieser die meiste Zeit auf den Kissen ruhte, aber auch sie schienen müde, kraftlos. Über Daria prangte ein romantischer Betthimmel. Vier antike Bettpfosten mit handgeschnitzten Intarsien streckten sich gen Decke und hielten den pflaumenfarbenen Brokat, der den Schlaf der Prinzessin behüten sollte.

Aber es gab nichts zu behüten. Daria schlief wenig. Sie lag hier und starrte den Betthimmel an. Jede Blume in dem schweren Brokat kannte sie bis ins Detail. Sie hätte das komplette Muster mit geschlossenen Augen nachzeichnen können.

Aber Prinzessin Daria zeichnete nicht mehr. Als Kind hatte sie das oft getan, aber jetzt lag sie bloß hier. Und um einen Stift zu halten, fühlte sie sich zu schwach. Ganz zu schweigen davon, dass sie sich dafür hätte aufsetzen müssen.

Sie wollte nicht sitzen. Es kam ihr sinnlos vor. Ihr Schlafzimmer hatte einen kleinen Schreibtisch am Fenster, aber die Prinzessin zog es vor, zu liegen.

Wenn der Brokat über ihr zu langweilig wurde, schaute sie zum Fenster auf die zarten Vorhänge. Sie schienen es so leicht zu haben. Immerfort tanzten sie wie Ballerinas, die das Gewicht des Lebens nie gespürt hatten. Daria beneidete sie. Manchmal sehnte sie sich danach, den duftigen Stoff zu berühren und etwas Leichtes auf ihrer Haut zu spüren.

Aber die Wahrheit war, sie spürte wenig. Früher hatte sie es zum Beispiel genießen können, dass ihr Pyjama aus Seide bestand. Das Hautgefühl war besonders gewesen, der kostbare Stoff schien jeden Cent wert. Heute würde Daria auch einen Kartoffelsack anziehen – wenn einer in ihrer Nähe gewesen wäre.

Aber woher sollte die Prinzessin hier im luxuriösen Schlafzimmer ihres kleinen Lustschlosses Rosenbrunn einen Kartoffelsack nehmen? Sie war umgeben von Kunst und antiken Möbeln, von teuren Stoffen und brillant restaurierten Tapeten – und nicht von Transportbehältnissen für Lebensmittel oder Schüttgut.

Hinter den duftigen Vorhängen erstreckte sich eine kleine Loggia mit einer historischen Balustrade aus Steinsäulen. Daria betrat sie nie, sie schaute nur hinaus auf den alten Steinboden mit den kleinen Moosflecken, die sich in der Sonne des Frühsommers wärmten. Bald würden sie verschwunden sein. Es war ein nasser Frühling gewesen, aber den Sommer würde das Moos nicht überleben.

So ist es im Leben, dachte Daria und schluckte. Nichts ist für die Ewigkeit. Sie schluckte wieder, ihr Hals war trocken. Sie räusperte sich, das Gefühl verschwand nicht. Schließlich rollte sie sich herum. Ihre Beine sackten auf den Boden, und sie stand auf.

Mit schweren Schritten tapste sie ins angrenzende Bad, nahm ein Wasserglas und hielt es unter den Hahn. Das klare Wasser sprudelte ins Glas. Daria starrte es an, es sah so frisch aus und schien so viel Energie zu haben, wie es da aus dem Hahn schoss. Sie hatte keine Erinnerung daran, wie es war, selbst Energie zu haben.

Erst als das Wasser überlief und die Hand der Prinzessin nass war, erwachte sie aus ihrer Starre. Sie drehte den Hahn zu und trank das Glas leer. Bevor sie es abstellen konnte, klopfte es draußen an ihrer Schlafzimmertür.

»Daria, ich habe deinen Tee«, rief Sabine draußen. »Und Zitronenkuchen.«

»Kuchen?«, murmelte Daria. »Ich habe doch eben erst gegessen.«

»Daria?«, rief Sabine erneut.

»Ich habe keinen Hunger«, rief Daria zurück und schlurfte wieder in ihr Schlafzimmer.

Sie blickte nach rechts zu der geschlossenen Tür.

»Du hast schon kaum was zu Mittag gegessen. Ich stelle das Tablett hier draußen ab, ja?«

»Na gut«, entgegnete Daria, tapste zurück zum Bett und ließ sich in die fluffigen Kissen fallen.

Währenddessen hörte sie, wie draußen das Tablett auf der Kommode im Flur abgestellt wurde. Schrittgeräusche verrieten, dass die Köchin sich entfernte.

Die Prinzessin atmete aus. Ein My Erleichterung machte sich in ihr breit, dass sie sich nun nicht mehr dafür rechtfertigen musste, dass sie keinen Kuchen wollte. Oder dass sie dieses Schlafzimmer nicht verließ.

Es war still hier, in ihrem Himmelbett, und bei all der Schwere, die Daria täglich spürte, musste sie sich doch eingestehen, dass sie diese Ruhe liebte. Die Stille half der Prinzessin, zu ertragen, was passiert war. Sie war ihr ein Trost und eine Freundin geworden. Auch deshalb, weil Daria den Kontakt zu all ihren wirklichen Freundinnen abgebrochen hatte. Diese hatten sich oft gemeldet und geschrieben. Aber Daria hatte einfach nicht mehr zurückgerufen ...

Denn das hätte Geräusche bedeutet. Und die Prinzessin wollte nichts mehr als Ruhe.

Die Sonne brannte auf die Windschutzscheibe. Die Klimaanlage des Lieferfahrzeugs blies Ludwig ins Gesicht. Er blinzelte. Diese schreckliche Luft trocknete ihm die Augen aus. Am Ende seiner Schicht dachte er jedes Mal, dass es nur noch wenige Minuten mit dieser Klimaanlage bedurft hätte, bis aus seinen Augen Rosinen wurden.

Ludwig parkte den Wagen und öffnete die Tür. Es war heiß für einen Frühsommertag, die Sonne brannte vom Himmel. Ludwig angelte seine Sonnenbrille aus der Mittelkonsole, nahm die Brotbox mit seinen Stullen und schlug die Autotür so fest hinter sich zu, dass der Lieferwagen leicht erzitterte.

»Willst du deine Karre umwerfen?«, fragte Max.

Er saß bereits auf dem kleinen Mäuerchen am Teich, in der einen Hand ein Sandwich, in der anderen eine Dose Energydrink.

Ludwig lachte und näherte sich dem Kollegen. Max' Lieferwagen parkte ein paar Meter weiter. Sie trugen beide die Uniform des Paketdienstes, für den sie arbeiteten, allerdings in der Sommerversion mit den Shorts. Ludwig setzte sich neben seinen Kumpel, holte eine Wasserflasche aus der großen Tasche seiner kurzen Hose und stieß mit Max an.

»Auf eine gute Pause.«

»Lass es dir schmecken.«

Ludwig nickte und biss in seine Stulle, das Salatblatt knackte. Er atmete wohlig aus. Manchmal merkte er erst beim ersten Bissen, wie hungrig er tatsächlich gewesen war.

»Und?«, fragte Max. »Wie läuft es mit den Gärten?«

»Ganz gut«, antwortete Ludwig. »Wenn ich früher für meinen Vater gearbeitet habe, war er immer dabei und hat jeden Grashalm kritisiert, den ich geschnitten habe. Aber jetzt bin ich wenigstens allein auf den Baustellen und in den Gärten. Also zumindest keine Kritik.«

»Aber ist das nicht viel Arbeit? Erst deine Schicht hier, dann noch all die Gärten?«

»Ja«, gab Ludwig zurück und grinste. »Aber das sagt der Richtige.«

»Ey!«, protestierte Max. »Ich hab vier Kinder. Ich muss Doppelschichten fahren. Wer soll denn all die hungrigen Mäuler stopfen? Ganz zu schweigen von der Diagnose.«

»Ach ja, Lina hat ADHS. Wie geht es ihr?«

»Langsam besser«, berichtete Max. »Aber es ist unheimlich schwer, sie auf die richtigen Medikamente einzustellen. Sie kann ihre Wut nicht kontrollieren. Neulich ist sie abgehauen, und wir haben sie nicht gefunden.«

»Das ist ja schrecklich.«

»Ja, die Sorge war unerträglich. Die Polizei hat sie dann schließlich aufgegabelt, ihr ist nichts passiert. Sie ist nur wütend durch die Stadt marschiert und hat Mülleimer getreten.«

»Ist den Mülleimern was passiert?«

Max lachte kurz auf. »Ach was, sie ist sieben, die kann bei so einem Eimer noch nicht viel anrichten. Aber ich hab natürlich meine Schicht nicht machen können, weil ich nach Lina gesucht habe. Und Hebersbusch hat gesagt, wenn das noch mal vorkommt, dass ich so spontan einfach nicht komme, dann feuert er mich.«

»Dein Ernst? Was für ein Idiot!«

»Das ist noch milde ausgedrückt«, stimmte Max zu. »Ich mach jedenfalls auch deshalb Doppelschichten, um ihn zu besänftigen.«

»Ich hoffe, das klappt«, meinte Ludwig skeptisch.

»Was bleibt mir anderes übrig?«

»Nichts.« Ludwig seufzte und trank sein Wasser leer. Er schob die Flasche zurück in seine Hosentasche und klopfte dem Kollegen auf die Schulter. »Es kommen auch wieder bessere Zeiten, Max. Nichts bleibt, wie es ist. Das heißt, es muss auch wieder besser werden.«

»Zumindest ruhiger. Das wär schön.«

»Wird schon, wird schon. Irgendwann haben sie Lina auf die richtige Dosis des richtigen Medikaments eingestellt, und dann können Franzi und du entspannen.«

»Mit vier Kindern?«

»Na ja, ein bisschen entspannen«, lenkte Ludwig ein. »Und dann müsst ihr nur noch warten, bis alle aus dem Haus sind.«

Max jaulte auf. Es war halb leidend, halb scherzhaft. Er kippte die Dose Energydrink hinunter und sah Ludwig an.

»Lass du dir mit dem Kinderkriegen bloß Zeit«, riet er dem Kollegen.

»Ich hab nichts geplant.«

»Ja, aber das geht manchmal schneller, als du denkst. Ich mein es ernst, Kumpel. Ehe du dich versiehst, hast du das Erste und dann kommen Zwillinge und dann ... Dann schläfst du gar nicht mehr. Ich weiß gar nicht mehr, was Schlaf ist.«

»Ist ganz schön«, zog Ludwig ihn auf.

»Willst du mich neidisch machen?«

Ludwig lachte. »Ich will dir was geben, worauf du dich freuen kannst.«

»Ich lass mich sterilisieren, Ludwig. Das mach ich. Und im Grunde würde ich es dir auch raten. Es gibt keinen Quadratzentimeter in unserer Wohnung, auf dem kein Spielzeug liegt. Wir haben jeden Tag genug Wäsche zu waschen für zwei Fußballmannschaften. Es hört nicht auf, es hört einfach nie auf ...«

»Komm schon, Max. Du liebst deine Kinder.«

»Natürlich. Aber ich würde sie auch lieben, wenn sie weniger Dreck machen würden. Und mal aufräumen.«

»Die Zwillinge sind doch erst zehn Monate.«

»Die könnten aufräumen«, sagte Max und hob die Schultern. »Wenn die zum Beispiel hochbegabt wären ...«

»Sind sie das?«

»Nein, denn dann wäre ja aufgeräumt.«

Ludwig lachte. »Mann, du brauchst wirklich mehr Schlaf.«

»Und eine Sterilisation, wie gesagt. Aber wann soll ich die machen, wenn ich ständig Doppelschichten schiebe?«

»Wir finden einen Weg, Max. Wenn es meinem Vater wieder besser geht, dann kann ich ja mal für dich fahren und du gehst zum Arzt.«

»Danke«, sagte Max und lächelte. »Aber überleg dir, ob du nicht gleich mitkommst.«

»Zur Sterilisation?«

Max nickte. »Zur Sicherheit.«

»Nein, danke«, entgegnete Ludwig. »Vielleicht in zehn Jahren. Ich hab ja nicht mal ne Freundin.«

»Geht alles schneller, als man denkt«, murmelte Max. »Kann alles sehr schnell gehen ...«

»Sie will schon wieder nichts essen«, berichtete Sabine und stellte das Tablett auf der Anrichte in der Küche ab.

Sie lehnte sich an den Schrank und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Es liegt nicht an dir«, brummte Hannes, der Hausmeister. Er schraubte gerade ein Leuchtmittel aus der Fassung einer Deckenlampe und kletterte vorsichtig die Leiter hinunter. Die gläserne Kugel legte er auf dem Küchentisch ab und schielte zu dem Tablett hinüber. »Der Kuchen sieht fantastisch aus«, bemerkte er wie beiläufig.

»Natürlich liegt es nicht am Kuchen«, sagte Sabine. »Aber ich sollte sie doch aufheitern können.«

»Du sollst sie bekochen, dafür wirst du bezahlt«, stellte Hannes klar, nahm ein Leuchtmittel aus der Schachtel und legte es ebenfalls auf den Tisch, während er die zugehörige Schachtel fürs Altpapier zusammenfaltete. »Du bist nicht ihre Therapeutin.«

»Sie braucht aber eine. Und sie will keine. Sie würde nicht zu einer Therapiestunde gehen. Sie geht ja nicht mal aus ihrem Zimmer heraus.«

»Was, wie gesagt, nicht deine Schuld ist«, wiederholte Hannes und kletterte die Leiter wieder hinauf, beide Leuchtmittel in einer Hand.

Sabine schnaubte. »Ich wünschte, ich wäre ein Mann. Ich wünschte, die Gefühle von anderen Menschen würden mich auch kaltlassen.«

»Die Gefühle von Ihrer Durchlaucht lassen mich nicht kalt«, protestierte Hannes und sah zu Sabine hinunter. Er hielt in jeder Hand ein Leuchtmittel. »Der Tod von Seiner Durchlaucht hat mich nicht kaltgelassen. Ich habe geweint an seinem Grab.«

»Ja, ich weiß«, seufzte Sabine und trank einen Schluck kalten Tee aus der Tasse, die eigentlich für Daria bestimmt gewesen war, die die Prinzessin aber nicht angerührt hatte.

»Und es zerreißt mir das Herz, dass die Prinzessin nicht aus ihrem Zimmer kommt. Ich habe sie seit Monaten nicht gesehen«, sprach Hannes weiter. »Ich weiß gar nicht mehr, wie sie aussieht.«

»Sie ist sehr hübsch mit ihren blonden Locken und den großen grünen Augen.«

»Ja, ich weiß. – Was ich meine: Das lässt mich nicht kalt. Es hilft nur nichts, wenn du dich darüber auch noch selbst zermarterst.«

»Das arme Ding«, raunte Sabine. »Das arme Ding.«

»Hast du mir zugehört?«

»Sie hatte alles, Hannes, alles«, redete Sabine einfach weiter. »Sie war so beliebt in ihrem Eliteinternat in England. Ihr Abschluss auf der Universität in der Schweiz war der Beste und dann die Heirat mit Seiner Durchlaucht Prinz Richard. Sie waren so ein schönes Paar, so jung ...«

»Und die Flitterwochen«, ergänzte Hannes. »Vergiss nicht die Flitterwochen auf den Malediven.«

»Das muss eine ganze Stange Geld gekostet haben«, mutmaßte Sabine und nickte. »Und jetzt? Jetzt ist sie die jüngste Witwe, die mir je untergekommen ist, und verlässt ihr Schlafzimmer nicht.«

»Es ist aber doch nicht deine Schuld, dass ihre Familie so weit weg ist«, gab Hannes zurück und schaute nachdenklich die Leuchtmittel an. »Mist! Jetzt weiß ich vor lauter Quatschen nicht mehr, welche die alte und welche die neue ist.«

»Man muss doch irgendwas tun können.«

»Mach mal das Licht an«, bat Hannes und schraubte ein Leuchtmittel in die Fassung. »Also gleich, wenn ich es dir sage.«

Sabine ging zum Lichtschalter, in Gedanken noch immer bei Prinzessin Daria.

»Sie braucht jetzt eine Mutter.«

»Du bist die Köchin, Sabine«, ermahnte Hannes. – »Jetzt.«

»Ja, aber ihre Mutter sollte hier sein«, meinte Sabine und schaltete das Licht ein.

»Nichts. Mist.«

Hannes stöhnte, Sabine schaltete das Licht wieder aus.

»Du hättest eigentlich die Sicherung rausdrehen sollen«, kritisierte sie ihn.

»Willst du jetzt auch noch meinen Job machen?«, brummte Hannes. »Du bist die Köchin, nicht Darias Mutter und auch nicht die Hausmeisterin.«

»Und was mach ich, wenn du einen Stromschlag bekommst und von der Leiter fällst?«, gab Sabine genervt zurück.

»Einen Rettungswagen rufen.«