GAPS – Gut and Psychology Syndrome - Natasha Campbell-McBride - E-Book

GAPS – Gut and Psychology Syndrome E-Book

Natasha Campbell-McBride

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Beschreibung

Die GAPS-Diät ist das legendäre Ernährungsprogramm für verschiedenste Formen von Autismus, ADHS, Lernstörungen, Depression und Schizophrenie. Die Ärztin Dr. Natasha Campbell-McBride entdeckte in jahrelanger Forschungsarbeit den direkten Zusammenhang zwischen psychischen Störungen, unserer Ernährung und dem Verdauungssystem. Viele der Betroffenen haben Essstörungen, ernähren sich einseitig und leiden unter einer kranken Darmflora. Dr. Campbell-McBride entwickelte ein revolutionäres Therapieprogramm, das auf spezifischen naturbelassenenen Nahrungsmitteln und ausgewählten Nahrungsergänzungsmitteln basiert, mit welchem sie erstaunliche Heilungserfolge – selbst bei schweren Autismusformen – erzielen konnte. Ihr Buch ist ein praktischer Ratgeber für Eltern und Betroffene, der Schritt für Schritt die Grundlagen und Durchführung der GAPS-Diät erläutert. Die Autorin gibt klare Anweisungen zur Entgiftung, Beginn und Fortsetzung der Diät, Hinweise zur Bedeutung der Darmflora und der Gabe von Probiotika, zur Rolle von Impfungen sowie viele Rezepte für eine nährstoffreiche, naturbelassene Kost. Das Werk ermöglicht Betroffenen, die Heilung selbst in die Hand zu nehmen. Die GAPS-Diät hat sich mittlerweile weltweit verbreitet, die vielen eindrücklichen Heilungsberichte von Betroffenen sprechen für sich. Ich möchte Dr. Natasha Campbell-McBride zu diesem überaus fundierten und anregenden Buch beglückwünschen. Ich kann es nur wärmstens empfehlen. Dr. Basant K. Puri, Facharzt für Psychiatrie, Imperial College, Großbritannien Dr. Campbell-McBride gibt in diesem Buch eine exzellente Zusammenfassung der ernährungsphysiologischen und biochemischen Zusammenhänge, die zwischen psychiatrischen und neurologischen Störungen und dem Magen-Darm-Trakt bestehen. Ihr Buch ist voller wertvoller Informationen, die Betroffenen dabei helfen können, ihre eigene Gesundheit und die ihrer Kinder entscheidend zu verbessern. Dr. William Shaw, Autismus-Forscher und Direktor der Great Plains Laboratorien, USA Dieses Werk enthält sowohl grundlegende Informationen für Betroffene, als auch Hintergrundwissen für Experten. Danke für dieses bereichernde Buch! Dr. Stephen Edelson, Direktor des Forschungsinstituts für Autismus, San Diego, USA

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Dr. Natasha Campbell-McBride

GAPS

Gut and Psychology Syndrome

Wie Darm und Psyche sich beeinflussen

Natürliche Behandlung von Autismus, AD(H)S, Dyspraxie, Legasthenie, Depression und Schizophrenie

Widmung

Für meine Söhne Nicholas und Matthew und meinen Mann Peter, ohne deren Unterstützung und Ermutigung dieses Buch niemals geschrieben worden wäre

Impressum

Dr. med. Natasha Campbell-McBride, MMedSci (Neurologie), MMedSci (Ernährung)

GAPS – Gut and Psychology Syndrome

Wie Darm und Psyche sich beeinflussen – Natürliche Behandlung von Autismus, AD(H)S, Dyspraxie, Legasthenie, Depression und Schizophrenie

1. deutsche Auflage 2015

2. deutsche Auflage 2015

E-Book ISBN 978-3-946566-40-3

© 2015, Narayana Verlag

1. englische Ausgabe 2004

Erweiterte Ausgabe 2013

Gut and Psychology Syndrome

© Natasha Campbell-McBride, Medinform Publishing, Woodland Farm, Norfolk, GB

Übersetzung aus dem Englischen:

Claudia Theis-Passaro und Annegret Hunke-Wormser

Herausgeber:

Unimedica im Narayana Verlag GmbH, Blumenplatz 2, 79400 Kandern

Tel.: +49 7626 974970-0

E-Mail: [email protected]

www.unimedica.de

Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags darf kein Teil dieses Buches in irgendeiner Form – mechanisch, elektronisch, fotografisch – reproduziert, vervielfältigt, übersetzt oder gespeichert werden, mit Ausnahme kurzer Passagen für Buchbesprechungen.

Sofern eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchsnamen verwendet werden, gelten die entsprechenden Schutzbestimmungen (auch wenn diese nicht als solche gekennzeichnet sind).

Die Empfehlungen dieses Buches wurden von Autor und Verlag nach bestem Wissen erarbeitet und überprüft. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Weder der Autor noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

„Gut and Psychology SyndromeTM“ und „GAPSTM“ sind internationale Warenzeichen von Dr. Natasha Campbell-McBride. Sie dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung von Dr. Natasha Campbell-McBride verwendet werden.

Stimmen aus der Fachwelt

Ich möchte Dr. Natasha Campbell-McBride zu diesem überaus fundierten und anregenden Buch beglückwünschen. Mit dem Fachwissen einer praktizierenden Ärztin einerseits und der Wärme und dem Einfühlungsvermögen einer Mutter eines autistischen Kindes andererseits schreibt Dr. Campbell-McBride über wichtige Themen, die vom übermäßigen Einsatz von Antiobiotika über die Notwendigkeit des Stillens bis hin zu gesünderen Ernährungsformen reichen. Alle Eltern eines Kindes mit Autismus, ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) oder Dyspraxie werden in diesem Buch wertvolle Hinweise entdecken, die den Leser mal erfreuen, mal erschrecken werden. Ich kann es nur wärmstens empfehlen.

Dr. Basant K Puri, MA, MB, BChir, BSc MathSci, MRCPsych, DipStat, MMath, Leiter der Lipid Neuroscience Group, MRI Unit, Hammersmith Hospital, Imperial College, London und Autor der Bücher The Natural Way to Beat Depression; Chronic Fatigue Syndrome und Natural Energy

Dr. Natasha Campbell-McBride liefert eine herausragende Zusammenfassung der ernährungsphysiologischen und biochemischen Zusammenhänge zwischen psychiatrischen und neurologischen Störungen und den Funktionen des Magen-Darm-Trakts. Auf bewundernswerte Weise zeigt sie hier spezifische Verdauungsstörungen im Zusammenhang mit Krankheitsbildern wie Schizophrenie, Autismus, Aufmerksamkeitsdefizitstörungen und anderen Problemen der kindlichen Entwicklung auf. Dieses Buch bietet überaus viele wertvolle und interessante Informationen, die Betroffene darin unterstützen können, ihre eigene Gesundheit und die ihrer Kinder maßgeblich zu verbessern.

Dr. William Shaw, Autismus-Forscher und Direktor der Great Plains Laboratorien, USA

Dr. Campbell-McBrides Buch liefert wichtige Informationen und einen großartigen Einblick in die Zusammenhänge und Behandlungsansätze gastrointestinaler Störungen bei Menschen mit Entwicklungsstörungen und anderen Krankheiten. Das Buch enthält sowohl grundlegende Informationen für Betroffene, die ganz am Anfang stehen, als auch ein weitreichendes Hintergrundwissen für jene, die sich schon länger mit diesem Thema auseinandersetzen. Dr. Campbell-McBride, ich danke Ihnen dafür, dieses Buch geschrieben zu haben.

Dr. Stephen Edelson, Direktor des Forschungsinstituts für Autismus, San Diego, USA

Dieses Buch ist einfach fantastisch und wird sicherlich ein Klassiker werden. Jeder Mediziner sollte eines besitzen … Nein, eigentlich sollte es sogar in jedem Haushalt vorhanden sein!

Eine unschätzbare Quelle für Patienten mit ‘Syndrom-Krankheiten’ und sogenannten ‘psychischen Störungen’. Die Medizin der Zukunft bereits in Anwendung.

Martina Watts MSc, DipION MBANT, praktizierende Ernährungsberaterin und Journalistin

Dieses Buch bietet einen umfassenden Einblick in alle Aspekte rund um die Ernährung. Es beschreibt die Funktionsweise des Darms und wie sich eine schlechte Darmfunktion bei allen Kindern mit Lernschwächen und Verhaltensauffälligkeiten nicht nur auf die körperliche Gesundheit, sondern auch auf die Gehirnfunktionen auswirkt.

Zahllose Eltern, die bei The Hyperactive Children’s Support Group Hilfe suchen, berichten, dass ihre Kinder in hohem Maße von diätetischen und ernährungsphysiologischen Maßnahmen profitieren. Ein Mangel an Vitaminen, Mineralstoffen und essenziellen Fettsäuren wird nur allzu häufig festgestellt.

Dieses Buch macht deutlich, dass sich das Verdauungssystem auch auf das Gehirn auswirkt.

Sally Bunday, Begründer und Leiter von The Hyperactive Children’s Support Group, Großbritannien

WICKEN FEN

Weit aufschwingende Holztore geben den Blick auf einen hölzernen Pfad vor dir frei. Der himmlische Duft sauberer frischer Luft. Das Wispern des Grases und der Bäume, die sich rechts und links im Wind wiegen. Nachts blickst du gebannt auf dieses wunderbare Schauspiel.

Der Pfad führt über feuchtes weiches Gras. Du gehst auf die Brücke, über einen sanft dahinplätschernden Fluss. Der Hügel reicht so hoch, dass er fast den Himmel berührt. Die Windmühle ist noch da, als du die Stufen hochgehst, die schon seit Jahren dort sind.

Das Summen der geschäftigen Bienen in ihrem Bienenstock. All die Geräusche, die dich umgeben. Das warme Gefühl, willkommen zu sein, lässt nicht lange auf sich warten. Die Sonne strahlt auf das grüne Gras, so grün wie die Blätter im Sommer.

Der Weg vor dir wird schmaler und lässt dich mit einem Gefühl zurück, das bleiben wird.

Das Abenteuer ist vorüber.

Ein Gefühl innerer Wärme.

Lebe wohl bis zum nächsten Mal.

Nicholas Campbell-McBride, 11 Jahre alt, Cambridge, GB

Inhalt

Stimmen aus der Fachwelt

An die Eltern autistischer Kinder – ein offener Brief

Einführung

Teil 1 · Was läuft hier eigentlich ab?

1 Alle Krankheiten haben ihren Ursprung im Darm

2 Die Wurzeln eines Baumes

3 Immunsystem

4 Wodurch kann die Darmflora geschädigt werden?

5 Die opportunistische Flora

6 Die Darm-Hirn-Achse

7 Die Familien

8 Impfungen – Ist die MMR-Impfung eine Ursache für Autismus?

9 Schizophrenie

10 Epilepsie

Teil 2 · Behandlung

Ernährung

1 Einige Überlegungen zur Ernährung

2 Die geeignete Diät für das GAP-Syndrom

3 Rezepte

4 Essenszeit! Oh je!

5 Gedeihstörungen

6 Essstörungen

Nahrungsergänzung für Kinder und Erwachsene mit GAP-Syndrom

1 Probiotika

2 Fette: Die Guten und die Bösen

3 Lebertran

4 Verdauungsenzyme

5 Vitamin- und Mineralstoff-Supplementation

Entgiftung für Menschen mit GAP-Syndrom

Teil 3 · Verschiedene Aspekte

1 Ohrinfektionen und Paukenerguss

2 Die Top Ten für die Stärkung des Immunsystems

3 Die Top Ten für die Schwächung des Immunsystems

4 Verstopfung

5 Die Erbanlagen

6 Ein paar Worte zur Erziehung

Teil 4 · Ein neues Baby in der GAPS-Familie

1 Die Zeit vor der Empfängnis und die Schwangerschaft

2 Neues Baby

Literaturangaben

Symptomenverzeichnis

Nahrungsmittel von A-Z

Impressum

Bezugsquellen

An die Eltern autistischer Kinder – ein offener Brief

Wohl kaum jemand würde es sich aussuchen, ein autistisches Kind zu bekommen. Und doch ist dies in unserer heutigen Zeit immer häufiger der Fall. Rund um den Globus findet eine unverkennbare epidemische Ausbreitung von Autismus statt. Wenn dies für betroffene Eltern auch nur im Ansatz tröstlich sein könnte, würde ich sagen, Sie sind mit Sicherheit nicht allein!

Da Autismus früher eine selten auftretende Krankheit war, haben die wenigsten Ärzte sie in ihrer Praxis selbst erlebt und die meisten Menschen haben nicht einmal etwas darüber gehört. Vor etwa 20 Jahren lag in den westlichen Industrieländern die Zahl der Autismusfälle durchschnittlich bei 1:10 000. Heute wird nach Angaben des britischen Gesundheitsministeriums zufolge in Großbritannien 1 von 150 Kindern mit Autismus diagnostiziert. In den USA beträgt den Gesundheitsbehörden zufolge die Zahl der mit Autismus-Spektrum-Störung diagnostizierten Kinder 1:150 und die Zahlen steigen von Tag zu Tag. Ähnliche Zahlen werden auch aus Kanada berichtet. Eine im European Journal of Child and Adolescent Psychiatry (2001, Band 9) veröffentlichte finnische Studie spricht von einer Häufigkeitsrate von 1:483 Kindern, die in Finnland als autistisch diagnostiziert wurden. In Deutschland beträgt sie 1:100.

Was also geht da vor sich? Wie kommt es zu einem solch drastischen Anstieg der Anzahl an Kindern, die dieser furchtbaren, in der Schulmedizin als unheilbar geltenden Störung anheimfallen?

Sind genetische Anlagen der Grund für diese Epidemie? Die Wahrheit lautet – wir wissen es einfach nicht! Was wir jedoch wissen ist, dass bei genetisch bedingten Störungen kein derart plötzlicher Anstieg der Zahlen zu verzeichnen wäre. So funktioniert die Genetik einfach nicht. Dieses verstärkte Auftreten von Neuerkrankungen kann nicht durch Erbanlagen erklärt werden. Im Gegenteil, es liefert eher ein überzeugendes Argument der These, dass bei der Entwicklung von Autismus die Erbanlagen möglicherweise überhaupt keine Rolle spielen.

Ist dieses gehäufte Auftreten auf verbesserte Diagnoseverfahren zurückzuführen? So zumindest versuchen uns dies einige bekannte britische Spezialisten zu erklären. Wollen sie damit sagen, dass die Ärzte in Großbritannien vor 15 Jahren so wenig in der Lage waren, Autismus zu erkennen und zu diagnostizieren, dass ihnen bei jeweils 150 Kindern ein Krankheitsfall entging? Wenn dies der Fall ist, wo sind dann alle diese Kinder heute? Aus ihnen wären mittlerweile autistische Teenager geworden, denn wir wissen, dass diese Krankheit nicht mit zunehmendem Alter verschwindet. In Großbritannien ist ganz eindeutig nicht einer von 150 Teenagern an Autismus erkrankt. Mit diesem Argument lässt sich also niemand überzeugen. Irgendetwas anderes ist hier im Gange. Etwas, das man weder einfach wegdiskutieren noch mit einer Pille regeln kann.

Die meisten Eltern autistischer Kinder können sich nur allzu deutlich an den traumatischen Moment erinnern, als ein Arzt ihnen die Diagnose „Autismus“ mitteilte, gefolgt von der Aussage: „Da kann man nichts machen.“ Nun ja, ich bin selbst Ärztin und kann hier nur sagen, dass der Arzt, der diese Aussage trifft, falsch liegt – man kann eine ganze Menge tun! Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen, dass je nach persönlichem Engagement und sonstigen Umständen gute Aussichten darauf bestehen, dass das Kind nahezu normal leben wird. Hunderte autistischer Kinder rund um den Globus sind, bei geeigneter Behandlung und richtiger Erziehung, früher oder später so gut wie überhaupt nicht mehr von ihren sich normal entwickelnden Altersgenossen zu unterscheiden. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Ergebnisse, denn klar ist, je jünger das Kind, desto geringer sind die entstandenen Schäden, die es rückgängig zu machen gilt. Außerdem hat es in der Entwicklung im Vergleich zu Gleichaltrigen weniger aufzuholen als zu einem späteren Zeitpunkt. Glücklicherweise ist das medizinische Personal heute zumindest in Bezug auf die Diagnose von Autismus viel besser geschult, auch wenn hinsichtlich der Behandlung noch Nachholbedarf besteht. Bei den meisten Kindern wird die Diagnose im Alter von drei Jahren gestellt, was vor 15-20 Jahren noch ganz anders aussah. Eine so frühe Diagnose eröffnet den Eltern die Möglichkeit, schon früh zu handeln, was dem Kind bessere Aussichten auf Heilung eröffnet.

In den Industrieländern besteht ein allgemeiner Trend, die Verantwortung für die eigene Gesundheit in die Hände der Medizin zu legen. Wer krank ist, geht zum Arzt. Wenn es aber um Autismus geht, hat die Schulmedizin im Anschluss an die Diagnosestellung dem Kind kaum etwas zu bieten. Für die Eltern ist es ein großer Schock, diesem Ungeheuer namens „Autismus“ plötzlich allein gegenüberzustehen. Die meisten Eltern, denen ich begegnet bin, sind kluge, oft sehr gebildete Leute. Das Erste was sie in dieser Situation tun, ist, sich so umfassend wie möglich zu informieren. Zum Thema Autismus steht heute eine Vielzahl von Informationen zur Verfügung, einschließlich solider wissenschaftlicher Studien. Schaut man sich die Zahl der Forschungsarbeiten der letzten 15 Jahre in anderen Bereichen der Medizin an, so ist im Bereich Autismus oft sehr viel mehr erreicht worden. Ich denke, der Grund dafür ist, dass die Forschung zum Thema Autismus vorangetrieben wird durch die motiviertesten Menschen der Welt – den Eltern autistischer Kinder. Darunter finden sich Ärzte, Biochemiker, Biologen und viele einfach kluge Leute, die nach Lösungen suchen, um ihrem Kind helfen zu können. Es gibt ein weltweites Netzwerk von Elternorganisationen, die sich um Informationsaustausch und gegenseitige Unterstützung bemühen. Ich kenne viele Eltern, die Stunden am Telefon verbringen, um anderen betroffenen Eltern in derselben Situation Zuspruch und Hilfestellung zu bieten. Der Umgang mit Autismus ist keine einfache Aufgabe. Es sind viele Jahre kontinuierlicher Anstrengungen und starken Engagements notwendig. Aber als Mutter eines geheilten Kindes kann ich persönlich Ihnen sagen, dass es auch eine der lohnendsten Erfahrungen überhaupt ist! Mit diesem Buch möchte ich Ihnen den Ansatz zur Behandlung nahebringen, der meiner vollen Überzeugung nach für ein autistisches Kind der richtige ist.

Informationen zur Ernährung sind an westlichen Universitätskliniken nicht Teil des Lehrplans und folglich haben Ärzte nur eine geringe Vorstellung von dem Stellenwert, den Nahrung bei der Behandlung einer Krankheit einnimmt. Dabei ist die geeignete Ernährung einer der Eckpfeiler jeder erfolgreichen Behandlung von jeder Art chronischer Krankheit. Autismus und andere Lernbehinderungen machen da keine Ausnahme. In diesem Bereich kursieren sehr viele falsche Vorstellungen, die es aufzuklären gilt.

Autismus galt früher als aussichtslose Diagnose. Mit all den heute zur Verfügung stehenden Kenntnissen ist man davon inzwischen sehr weit entfernt. Und wir lernen jeden Tag dazu. Kinder, bei denen heute die Diagnose Autismus gestellt wird, sind in einer weitaus glücklicheren Lage als Kinder, die vor 15 Jahren als autistisch diagnostiziert wurden (soweit man hier überhaupt von Glück reden kann), denn ihren Eltern stehen sehr viel mehr Informationen und Hintergrundwissen zur Verfügung, mit dem sie von heute auf morgen anfangen können, ihrem Kind zu helfen. Vor 15 Jahren war nicht einmal die Hälfte von dem bekannt, was man heute weiß. Wer heute als Eltern mit dieser Diagnose konfrontiert wird, hat keine Zeit für Verzweiflung – es gibt viel zu viel darüber zu lernen. In meinen Augen ist das eine äußerst positive Entwicklung. Ihr Kind nimmt sie mit auf eine Achterbahn des Lernens, die Ihr Leben für immer verändern wird. Wer weiß, ganz neue Horizonte könnten sich dabei auftun, genauso wie es schon bei vielen Menschen der Fall war.

Bleiben wir also am Ball!

Einführung

Dieses Buch ist über einen Zeitraum von drei Jahren entstanden, in denen ich in meiner Praxis mit Hunderten von Kindern gearbeitet habe. Der ursprüngliche Plan war ein Buch über Autismus, denn die Mehrzahl der Kinder, die zu mir kamen, waren autistisch. Je mehr Kinder ich jedoch untersuchte, desto deutlicher trat zutage, dass wir es auch mit anderen immer häufiger auftretenden Problemfällen zu tun haben. Krankheitsbilder wie Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom mit oder ohne Hyperaktivität (ADHS/ADS), Dyspraxie, Legasthenie (bzw. Dyslexie), verschiedene Verhaltensauffälligkeiten und Lernschwierigkeiten, Allergien, Asthma und Ekzeme haben epidemische Ausmaße erreicht. Noch auffälliger aber ist, dass diese scheinbar nicht zusammenhängenden Krankheitsbilder viele Überschneidungen aufweisen. Nach Jahren der Arbeit mit Kindern in meiner Praxis kann ich sagen, dass ich kaum einem Kind begegnet bin, das lediglich eines der oben genannten Krankheitsbilder aufwies. Jedes Kind hat zwei, drei oder sogar mehrere dieser Gesundheitsprobleme gleichzeitig. So kommt zum Beispiel ein Kind wegen Allergien zu mir, gleichzeitig beschreiben die Eltern eine Reihe asthmatischer Anfälle und Ekzeme und sprechen dann über die ausgeprägte Tollpatschigkeit ihres Kindes (Dyspraxie) sowie Lernprobleme. Ein großer Prozentsatz allergischer und asthmatischer Kinder ist in unterschiedlichen Abstufungen dyspraktisch und hyperaktiv. Viele von ihnen haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und über längere Zeit aufmerksam zu sein, was sich negativ auf ihre Lernfähigkeiten auswirkt. Zwischen Legasthenie und Dyspraxie besteht eine Überschneidung von etwa 50 % und zwischen ADHS und Legasthenie von 30-50 %. Kinder die in der frühen Kindheit unter schweren Ekzemen leiden, entwickeln später relativ häufig autistische Merkmale. Autismus und ADHS überlappen sich mit allen oben genannten Krankheitsbildern. Abgesehen davon, dass viele autistische Kinder hyperaktiv sind, leiden sie an Allergien, Asthma, Ekzemen, Dyspraxie und Legasthenie.

Wie man sieht, hält die moderne Medizin eine Menge verschiedener Diagnoseschubladen bereit, in die unsere Kinder gesteckt werden sollen. Das Kind von heute passt allerdings in keine einzige dieser Schubladen wirklich hinein, das Kind von heute bietet ein konfuses, unübersichtliches Bild.

Warum besteht zwischen all diesen Krankheitsbildern ein Zusammenhang? Welches zugrunde liegende Problem entgeht uns bei unseren Kindern, durch das sie anfällig werden für Asthma, Ekzeme, Allergien, Dyspraxie, Legasthenie, Verhaltensauffälligkeiten, ADHS und Autismus in unterschiedlichen Kombinationen? Warum werden viele dieser Kinder als Teenager drogenabhängig? Warum sehen sich viele dieser Kinder später mit der Diagnose Schizophrenie, Depression, Bipolare Störung sowie anderen psychologischen und psychiatrischen Störungen konfrontiert?

Darstellung der Überschneidungen

Um eine Antwort auf alle diese Fragen zu finden, müssen wir uns einen Faktor genauer anschauen, der all diese Patienten in einem klinischen Umfeld vereint. Dieser besondere Faktor ist ihr Verdauungssystem. Das Kind, das unter Autismus, ADHS/ADS, Asthma, Ekzemen, Allergien, Dyspraxie oder Legasthenie leidet und keine Verdauungsstörungen hat, muss ich erst noch kennenlernen. In vielen Fällen sind diese so schwerwiegend, dass die Eltern hierauf als Erstes zu sprechen kommen. In einigen Fällen erwähnen die Eltern möglicherweise das Verdauungssystem des Kindes nicht, beschreiben jedoch, direkt danach gefragt, eine ganze Fülle von Darmproblemen. Was aber hat eine gestörte Verdauung mit Autismus, Hyperaktivität, Lernschwierigkeiten, Laune und Verhaltensauffälligkeiten zu tun? Jüngsten Forschungsergebnissen und klinischer Erfahrung zufolge eine ganze Menge! Es sieht tatsächlich sogar so aus, dass das Verdauungssystem des Kindes letztlich der Schlüssel für seine mentale Entwicklung ist. Die zugrunde liegende Störung, die sich dann bei den einzelnen Kindern mit verschiedenen Symptomen manifestieren kann, geht vom Darm aus. Anstatt zu versuchen, ein Kind mit einer Neigung zu Autismus, Asthma, Ekzemen und Hyperaktivität oder ein Kind mit Dyspraxie, Legasthenie und Allergien in irgendwelche diagnostischen Schubladen zu stecken, benötigen wir einen Namen für die zugrunde liegende Störung, die im Darm ihren Ursprung hat und in irgendeiner Kombination der oben genannten Krankheitsbilder zutage tritt.

Ich schlage dafür den folgenden Begriff vor: Darm- und Psychologie-Syndrom (Gut and Psychology Syndrome), kurz GAPS oder GAP-Syndrom. Kinder mit GAP-Syndrom fallen in der Tat oft in ein „gap“ – eine Lücke, und zwar die Lücke unseres medizinischen Wissens. Die Folge ist, dass ihnen nicht die bestmögliche Behandlung zuteil wird. In den folgenden Kapiteln werden wir ausführlich darauf eingehen, was mit GAP-Syndrom gemeint ist, wie es entsteht und wie es zu behandeln ist.

Abgesehen von Lernbehinderungen in der Kindheit, Autismus, ADHS/ADS, Legasthenie, Dyspraxie sowie verschiedenen Lernschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten gibt es noch eine weitere Gruppe von Krankheitsbildern, die unter das GAP-Syndrom fallen. Dabei handelt es sich um Schizophrenie, Depression, Essstörungen, manische Depressionen oder bipolare Störungen und Zwangsstörungen. Der Franzose Phillipe Pinel (1745-1828), Vater der modernen Psychiatrie, stellte 1807 aufgrund seiner Erfahrung durch jahrelange Arbeit mit Geisteskranken zusammenfassend fest: „Der Ursprung von Geisteskrankheiten liegt gemeinhin im Bereich des Magens und der Gedärme.“ Und doch würde wohl ein Psychiater heutiger Zeit dem Verdauungssystem eines Patienten als Letztes seine Aufmerksamkeit zuwenden! Wir werden hier sowohl die wissenschaftlichen als auch die klinischen Belege erörtern, die bei Schizophrenie-Patienten auf die Darm-Hirn-Achse hindeuten.

Es würde allerdings den Rahmen dieses Buches sprengen, auch auf weitere psychiatrische Störungen einzugehen. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftige klinische Erfahrungen und Forschungsarbeiten ans Licht bringen werden, wie viele von ihnen unter das Darm- und Psychologie-Syndrom zu fassen sind. Hier werden wir uns auf die Krankheitsbilder konzentrieren, die diagnostisch als Autismus-Spektrum-Störungen, ADHS/ADS, Legasthenie, Dyspraxie und Schizophrenie etikettiert werden. Von Nutzen könnte dieses Buch jedoch auch für Patienten mit Allergien, einschließlich Asthma und Ekzeme sein.

Teil 1

Was läuft hier eigentlich ab?

1

Alle Krankheiten haben ihren Ursprung im Darm

Hippokrates, 460-370 v. Chr.

Kinder und Erwachsene, die am GAPS leiden, haben durchweg Verdauungsprobleme, zuweilen sogar sehr ernste. Koliken, Völlegefühl, Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Ernährungsprobleme und Mangelernährung sind, jeweils in unterschiedlicher Ausprägung, typische Begleiterscheinungen von Autismus, Schizophrenie und anderen GAPS-Krankheitsbildern. Ärzte erklären diese Symptome häufig als Ergebnis „seltsamer“ Ernährungsgewohnheiten der Patienten und sind nicht gewillt, ihnen weiter auf den Grund zu gehen.

Unabhängig davon, ob wir ein vom GAP-Syndrom betroffenes Kind oder einen Erwachsenen betrachten, in der Mehrheit aller Fälle beginnen Verdauungsprobleme beim Abstillen oder wenn die Muttermilch durch Säuglingsnahrung ersetzt und andere Nahrung eingeführt wird. In vielen Fällen haben Eltern eine deutliche Erinnerung daran, dass die Durchfall- oder Verstopfungsprobleme im zweiten Lebensjahr ihres Kindes begannen. Denken sie aber noch weiter zurück, fällt ihnen auch ein, dass schon im ersten Jahr Koliken, Aufstoßen und andere Verdauungssymptome auftraten. Im Fall von GAPS-Erwachsenen ist es wichtig, mit den Eltern des Patienten (wenn möglich) zu sprechen, um von der Geburt ausgehend eine genaue Anamnese erstellen zu können. In Fällen, in denen ein Erwachsener nicht von der Kindheit an immer wieder Darmprobleme hatte, beginnen die Probleme in der Regel später im Leben infolge irgendeines gesundheitsschädigenden Ereignisses.

Das zweite Lebensjahr ist die Zeit, in der viele GAPS-Kinder wählerische Essgewohnheiten entwickeln, sie lehnen viele Dinge ab und grenzen ihre Nahrung auf eine Handvoll Lebensmittel ein, die meist stärkehaltig und süß sind: Frühstücksflocken, Chips, Pommes frites, Popcorn, Kuchen, Kekse, Süßigkeiten, Bananen, Brot, Reis, gesüßte Joghurts. Die meisten dieser Kinder weigern sich in der Regel, Gemüse, Obst (außer Bananen), Fleisch, Fisch und Eier zu essen. Bei etwa 60-70 % aller autistischen Kinder, die ich in meiner Praxis untersucht habe, war die Ernährung extrem begrenzt und bestand zuweilen lediglich aus zwei oder drei Dingen. Es kommt recht selten vor, auf ein autistisches Kind zu treffen, das beim Essen nicht wählerisch ist. Bei anderen GAPS-Kindern mag es vielleicht weniger extrem aussehen als bei autistischen Kindern, aber bei den meisten von ihnen ist die Ernährung auf dieselbe typische Weise limitiert.

Außerdem kommt es nur sehr selten vor, dass Eltern von GAPS-Kindern den Stuhl ihres Kindes als normal beschreiben. Bei autistischen Kindern ist dies besonders augenfällig. Durchfall und Verstopfung wechseln sich häufig ab und in vielen Fällen ist im Kot eindeutig unverdaute Nahrung erkennbar. Sehr häufig geht vom Kot ein extrem starker, unangenehmer Geruch aus und in anderen Fällen kann er so flüssig und schaumig sein, dass das Kind ihn nicht halten kann. Es kommt vor, dass die Ausscheidungen eine hohe Säure aufweisen und die Kinderhaut im Windelbereich reizen. In vielen Fällen hat der Stuhl eine blass-weißliche Farbe und schwimmt auf dem Wasser, ein Hinweis darauf, dass das Kind nicht in der Lage ist, Fett zu verdauen. Häufig leidet das Kind so stark unter Verstopfung, dass es 5-7 Tage oder sogar länger keinen Stuhlgang hat, was irgendwann zu einem extrem massiven und schmerzhaften Stuhlgang führt. Aufgrund Erfahrungen dieser Art entwickeln die Kinder eine Furcht vor dem Stuhlgang und halten ihn infolgedessen so lange wie möglich zurück, wodurch sich das Problem allerdings noch verschärft. In manchen Fällen bemerken Eltern gar nicht erst, dass etwas mit der Ausscheidung nicht stimmt, räumen aber auf Nachfrage ein, dass ihr Kind über Blähungen und Unwohlsein gesprochen hat. In vielen dieser Fälle wacht das Kind nachts weinend auf und die Kinder wissen gar nicht, was ihnen fehlt. Sobald das überschüssige Gas austreten kann oder auch einfach nur an eine andere Stelle im Darm gelangt, lässt der Schmerz nach und das Kind beruhigt sich wieder.

Im Fall von Autismus verursachen all diese Symptome bei den Kindern zweifellos eine Menge Unwohlsein und Schmerzen. Unglücklicherweise aber können die meisten autistischen Kinder aufgrund ihrer mangelnden Kommunikationsfähigkeit ihren Eltern nichts darüber mitteilen und geben daher ihren Gefühlen auf andere Weise Ausdruck: Durch sich wiederholende Körperbewegungen, selbstzerstörerisches Verhalten, Wutanfälle, Verweigerung der Nahrungsaufnahme usw. Viele Kinder nehmen seltsame Körperhaltungen ein, um ihr Unwohlsein im Bauchraum zu lindern und pressen dabei häufig ihren Bauch gegen harte Möbelteile. Kinder mit anderen GAPS-Krankheitsbildern ohne Kommunikationsprobleme klagen häufig über Bauchweh und Übelkeit.

In den meisten Fällen werden diese Kinder nicht von einem Gastroenterologen getestet oder untersucht. In einigen veröffentlichten Fällen, bei denen autistische Kinder untersucht worden waren, zeigte eine Röntgenaufnahme ihres Verdauungstraktes nahezu immer ein Krankheitsbild auf, das als „Kotstau-Überlauf-Syndrom“ bezeichnet werden kann. Was kann man sich darunter vorstellen? Es bedeutet, dass große Mengen alten, verhärteten Stuhls sprichwörtlich an den Darmwänden kleben, wo sie monatelang verbleiben können und einen idealen Brutherd für jede Art von Parasiten, Bakterien, Pilzen und Viren bilden und unaufhörlich zahlreiche toxische Substanzen bilden, die in den Blutkreislauf des Kindes resorbiert werden. Neue Nahrung, die das Kind zu sich nimmt, sickert unter solchen Bedingungen an diesem extrem verhärteten Kot vorbei. Somit handelt es sich also bei jeglichem Kot, den diese Kinder ausscheiden, um einen Darmüberlauf, der eigentlich nicht zu einer Entleerung des Darms beiträgt.

Bis vor wenigen Jahren gab es, abgesehen von einigen wenigen informellen Fallberichten in der medizinischen Literatur, über einen solchen Darmüberlauf bei autistischen Kindern so gut wie keine Studien in diesem Bereich. Im Jahr 1998 dann veröffentlichte Dr. Andrew Wakefield, beratender Gastroenterologe am Royal Free Hospital in London, mit seinem Team Forschungsergebnisse, die auf einen Zusammenhang zwischen chronischen entzündlichen Darmerkrankungen und Autismus schließen ließen. Sie hatten an einer Gruppe autistischer Kinder, die aufgrund von Störungen im Magen-Darm-Trakt zu ihnen geschickt worden waren, endoskopische und bioptische Untersuchungen durchgeführt. Bei der Endoskopie handelt es sich um ein Verfahren, bei dem ein spezielles Gerät mit Objektiv, ein Endoskop, in den Verdauungstrakt eines Patienten eingeführt wird, mithilfe dessen beobachtbar wird, was dort vor sich geht. Während einer Endoskopie kann mit einem speziellen Instrument ein kleines Gewebestück der Darmwand entnommen und später unter dem Mikroskop eingehender untersucht werden. Eine solche Entnahme nennt man Biopsie.

Als Ergebnis ihrer Forschungen haben Dr. Wakefield und sein Team ein Krankheitsbild im Darm dieser Kinder identifiziert, das sie als noduläre lymphatische Hyperplasie des Dünndarms und unspezifische Kolitis bezeichneten. Schauen wir, was dies im Einzelnen bedeutet.

Zunächst die noduläre lymphatische Hyperplasie des Dünndarms. Ileum ist die Bezeichnung für den Krummdarm, d.h. für die letzten drei Fünftel des Dünndarms. Der Krummdarm ist bei Erwachsenen etwa 3,5 Meter lang und mündet in den Dickdarm. Die wichtigste Funktion des Dünndarms liegt in der Resorption der Nährstoffe aus der Nahrung, woran der Krummdarm allerdings nur in geringem Maße beteiligt ist. Auf den Wänden dieses Dünndarmabschnitts befinden sich unzählige Lymphknoten, die sogenannten Peyer-Plaques. Es handelt sich dabei um kleine, runde oder bohnenförmige Strukturen in der Größe von etwa 1 bis 25 mm, die einen wesentlichen Bestandteil unseres Immunsystems ausmachen. Über zwei Funktionen, die diese Lymphknoten übernehmen, ist Näheres bekannt.

1. Die erste Funktion besteht darin, die aus dem Krummdarm kommende Lymphe (Gewebsflüssigkeit) zu filtern und von Bakterien, Viren, Pilzen, abgestorbenen Zellen (einschließlich Krebszellen) und verschiedenen Giftstoffen zu befreien. An dieser Stelle lässt sich gut untersuchen, welche speziellen Krankheitserreger möglicherweise im Darm lauern, denn die Lymphknoten sind für diese Viren, Bakterien, abgestorbenen Zellen und Pilze eine Art Gefängnis – wenn es ihnen nicht gelingt, sie zu zerstören, dann schließen sie sie einfach ein. Wenn also ein Gastroenterologe eine Endoskopie durchführt, dann wird er immer versuchen, eine Gewebeprobe dieser Lymphknoten für mikroskopische Untersuchungen zu entnehmen. Und genau dies hat das Team um Dr. Wakefield getan.

2. Eine zweite Funktion der Lymphknoten ist die Produktion von Lymphozyten – eine große Gruppe innerhalb der Immunzellen, zu deren Hauptaufgaben die Abwehr von Infektionen gehört. In der Tat bestehen die Lymphknoten selbst neben einigen anderen Zellen vorwiegend aus Lymphozyten. Werden die Lymphknoten also mit einer Infektion konfrontiert, dann setzen sie zur Abwehr die Produktion zahlreicher Lymphozyten in Gang, wodurch die Lymphknoten entzündlich, manchmal auch schmerzhaft anschwellen. Diese Vergrößerung der Lymphknoten wird bezeichnet als noduläre lymphatische Hyperplasie und genau dies hat Dr. Wakefield im Dünndarm autistischer Kinder entdeckt.

Da viele Kinder aus dieser Studie im Anschluss an eine MMR-Impfung (Mumps, Masern, Röteln) autistische Merkmale entwickelt hatten, ging Dr. Wakefield dieser Spur nach, als er untersuchte, welche spezielle Infektion diese Vergrößerung der Lymphknoten verursacht haben könnte. Da er die Ursache im Masernvirus vermutete, bezog er den renommierten Virologen Dr. John O’Leary, Professor für Pathologie in Dublin, in seine Studie mit ein. Tatsächlich hatte Dr. O’Leary in den Dünndarmlymphknoten autistischer Kinder dasselbe Masernvirus gefunden, wie es im MMR-Impfstoff verwendet wird. Dieser sich speziell auf das Masernvirus und den MMR-Impfstoff beziehende Teil in Dr. Wakefields Studie führte zu starken Kontroversen und einem beachtlichen Widerstand seitens der Regierung sowie der medizinischen Institutionen, was dazu führte, dass die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Hauptthema abgelenkt wurde. Der wirklich wichtige Punkt dabei ist: Autistische Kinder weisen in ihrer Darmwand vergrößerte und entzündete Lymphknoten auf, ein eindeutiger Hinweis darauf, dass sich da ein Kampf gegen irgendeine dort stattfindende Infektion abspielt.

Schauen wir uns nun den zweiten Teil des Krankheitsbildes an, das Dr. Wakefield bei seiner Gruppe autistischer Kinder beschrieb, die unspezifische Kolitis. Als Kolitis bezeichnet man eine entzündliche Dickdarmerkrankung. Die von Dr. Wakefields Team durchgeführten Endoskopien brachten im Darm dieser Kinder chronische Entzündungen in unterschiedlichen Stadien zutage, außerdem Erosionen der Darm- und Magenschleimhäute, mit Eiter gefüllte Abszesse, Geschwüre und große Mengen verfestigter Kotreste. An einigen Stellen war die Darmwand so stark von derart vergrößerten Lymphknoten befallen, dass sie das Lumen (den Hohlraum) des Darms nahezu verschloss. Manche Merkmale dieser Entzündung ähnelten denen von Colitis ulcerosa, andere denen von Morbus Crohn, während einige ausschließlich auf die betroffenen autistischen Kinder bezogen werden konnten. Da diese Art der Kolitis keiner bereits bestehenden Diagnose zugeordnet werden konnte, wurde sie als unspezifisch bezeichnet. Dr. Wakefields Team gab ihr den Namen AUTISTISCHE ENTEROKOLITIS. Dieser Begriff fand bislang noch keine Aufnahme in das offizielle medizinische Vokabular, ist aber für alle, die mit autistischen Kindern arbeiten, ein nützlicher Begriff.

Die Ergebnisse von Dr. Wakefield und seinem Team, die im Rahmen ihrer Forschungen Hunderte von autistischen Kindern untersucht haben, wurden unabhängig hiervon durch eine Reihe andere Forscher weltweit untermauert (Buie at al., Uhlmann et al., Furlano et al., Morris et al.). Abgesehen von verschiedenen entsprechenden Veröffentlichungen gibt es eine große Zahl praktizierender Ärzte rund um den Globus, deren klinische Beobachtungen die Aussage stützen, dass autistische Kinder Verdauungsstörungen aufweisen, deren Schwere bei verschiedenen Kindern ganz unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Auf der Grundlage meiner klinischen Erfahrung kann ich mich dieser Aussage nur anschließen: Einem autistischen Kind ohne Verdauungsproblemen bin ich bislang noch nicht begegnet.

Bis jetzt haben wir in erster Linie über Autismus gesprochen. Was ist mit den anderen GAPS-Patienten? Es gab bisher eine beträchtliche Anzahl an Studien, die einen Zusammenhang aufzeigen zwischen Schizophrenie und an Zöliakie erinnernde Verdauungsstörungen. C. Dohan, R. Cade, K. Rachelt, A. Hoffer, C. Pfeiffer sowie andere Ärzte und Wissenschaftler haben die Hypothese einer Darm-Hirn-Achse bei Schizophrenie aufgestellt und diese durch sehr seriöse wissenschaftliche Resultate untermauert, auf die in den folgenden Kapiteln detailliert eingegangen werden wird. Die klinische Erfahrung zeigt, dass die Mehrzahl aller Schizophreniepatienten unter Verdauungsproblemen leidet. Und in den meisten Fällen beginnen diese Probleme in der frühen Kindheit.

Außer zu Autismus und Schizophrenie gibt es nur sehr wenige wissenschaftliche Veröffentlichungen zu Darmproblemen im Zusammenhang mit ADHS, Legasthenie, Dyspraxie, Asthma, Allergien, Ekzeme und anderen GAPS-Krankheitsbildern. Jedoch geht aus klinischen Beobachtungen hervor, dass nahezu alle von GAPS betroffenen Kinder und Erwachsenen Verdauungsprobleme in unterschiedlichen Ausprägungen haben. Viele Patienten zeigen typische Symptome von Reizdarmsyndrom (RDS): Schmerzen im Bauchraum, Völlegefühl, Probleme beim Stuhlgang und Blähungen. Ein kleiner Prozentsatz an Patienten mag einen normalen Stuhlgang haben, leidet aber an Mangelerscheinungen, Reflux, Sodbrennen, Bauchschmerzen und Blähungen. Die meisten GAPS-Kinder grenzen ihre Ernährung nach typischer GAPS-Manier ein und greifen so gut wie ausschließlich zu verarbeiteten Kohlenhydraten. Viele GAPS-Erwachsene legen eine ähnlich wählerische Haltung an den Tag. Ich hatte einige Patienten, die zwar nicht über Verdauungsprobleme im Besonderen klagten, im Rahmen des GAPS-Behandlungsprogramms aber eine drastische Verbesserung ihrer Gesundheit feststellten.

Die Frage ist: Wie kommt es zu derartigen Störungen im Verdauungssystem bei GAPS-Kindern und GAPS-Erwachsenen? Was hat dies mit ihrem Geisteszustand zu tun? Um dies zu verstehen, müssen wir einige sehr wichtige fundamentale Aspekte des menschlichen Darms näher betrachten.

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Die Wurzeln eines Baumes

Der Körper des Menschen ist wie ein von einer Vielzahl unterschiedlicher Mikrowesen bewohnter Planet. Die Vielfalt und Fülle an Leben in jedem von uns ist wahrscheinlich genauso erstaunlich wie das Leben auf der Erde selbst! Unser Verdauungssystem, die Haut, die Augen, die Atem- und die Ausscheidungsorgane, sie alle leben in harmonischem Einklang mit Billionen unsichtbarer Bewohner und bilden gemeinsam ein Ökosystem aus Makro- und Mikroleben. Es ist ein symbiotisches Miteinander, bei dem keiner ohne den anderen leben kann. Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Wir Menschen könnten nicht leben ohne diese kleinsten Mikroben, die wir überall in und auf unserem Körper tragen.

Die größten Kolonien an Mikroorganismen leben in unserem Verdauungssystem. Ein gesunder Erwachsener hat durchschnittlich 1,5-2 kg Bakterien im Darm. All diese Bakterien sind nicht einfach nur eine chaotische mikrobielle Masse, sondern eine ausgefeilt organisierte Mikrowelt, in der bestimmte Arten andere beherrschen und kontrollieren. Die Vielfalt der Aufgaben, die sie in unserem Körper erfüllen, ist für uns so lebenswichtig, dass wir, würde man unseren Darm sterilisieren, vermutlich nicht überleben könnten. In einem gesunden Körper ist diese mikrobielle Welt ziemlich stabil und gut in der Lage, sich an Veränderungen in ihrer Umgebung anzupassen. Schauen wir einmal genau, wer da so alles eine Rolle spielt.

Die Mikroflora des Darms kann in drei Gruppen unterteilt werden:

1. Nützliche Flora Dies ist die bedeutendste und anteilmäßig größte Gruppe von Bakterien in einem gesunden Körper. Sie werden häufig als unsere freundlichen physiologischen Bakterien bezeichnet. Die wichtigsten Mitglieder dieser Gruppe sind: Bifidobakterien, Milchsäurebakterien, Propionibakterien, verschiedene physiologische Stämme von Escherichia coli (E. coli), Peptostreptokokken und Enterokokken. Auf all die wichtigen Aufgaben, die diese in unserem Körper erfüllen, werden wir noch detailliert eingehen.

2. Opportunistische Flora Hierbei handelt es sich um eine große Gruppe unterschiedlicher Mikroorganismen, deren Zahl und Zusammenstellung individuell sehr unterschiedlich sein kann. Dazu gehören: Bacteroides, Peptokokken, Staphylokokken, Streptokokken, Vertreter der stäbchenförmigen Gattung Bacillus, Clostridien, Hefen, Enterobakterien (Proteus, Klebsiella, Citrobacter usw.), Fusobakterien, Eubakterien, Catenobakterien und viele andere. Der Wissenschaft sind bis heute um die 500 verschiedene, im menschlichen Darm vorkommende Arten von Mikroorganismen bekannt. Bei einem gesunden Menschen ist ihr Aufkommen normalerweise begrenzt und wird durch die nützliche Darmflora streng überwacht. Geraten sie außer Kontrolle, ist jeder einzelne dieser Mikroorganismen in der Lage, die unterschiedlichsten Gesundheitsprobleme hervorzurufen.

3. Transiente oder passagere Flora Dies sind verschiedene Mikroorganismen, die wir täglich über die Nahrung aufnehmen, normalerweise nicht-fermentierende, gramnegative Bakterien aus der Umwelt. Ist der Darm durch nützliche Bakterien gut geschützt, dann passiert diese Gruppe von Mikroorganismen unseren Verdauungstrakt, ohne dabei Schaden anzurichten. Ist aber die Population der nützlichen Darmflora beeinträchtigt und arbeitet nicht wie vorgesehen, kann diese Gruppe von Mikroorganismen Krankheiten verursachen.

Was tun also all diese Mikroorganismen dort und warum benötigen wir sie?

Die Bedeutung eines gesunden und intakten Darms

Der Verdauungstrakt des Menschen ist im Grunde ein langer Schlauch, der am Anfang und am Ende eine Öffnung zur Außenwelt hat. Was auch immer sich an schädlichen Dingen in der Außenwelt befindet, kann durch unser Verdauungssystem leicht in den Körper gelangen. Über Essen und Trinken nehmen wir tagtäglich Unmengen von Mikroorganismen, Chemikalien und Giftstoffen auf. Wie schaffen wir es, dabei trotzdem zu überleben?

Einer der wichtigsten Gründe hierfür ist die Tatsache, dass der Verdauungstrakt über seine gesamte Länge von einer Bakterienschicht überzogen ist, so, als läge eine Art dicker Rasen auf der Oberfläche der Darmschleimhaut, die als natürliche Barriere gegen Krankheitserreger, unverdaute Nahrung, Toxine und Parasiten fungiert. Und genau wie ein ungeschützter Boden mit der Zeit erodiert, so leidet auch die Darmwand, wenn ihre bakterielle Schutzschicht beschädigt wird. Auf welche Weise schützen unsere körpereigenen, residenten Bakterien die Darmwand?

Zum einen stellen die Bakterien eine physikalische Barriere dar, daneben wehren sie aber eindringende Krankheitserreger auch ab, indem sie Stoffe bilden wie antibiotikaartige Substanzen, flüchtige organische, antifungale Stoffe, antivirale Substanzen, darunter Interferone, Lysozyme und Surfactine, die die Membranen von Viren und Bakterien destabilisieren. Sie mobilisieren das Immunsystem, damit es entsprechend auf die Eindringlinge reagiert. Darüber hinaus senken die nützlichen Bakterien durch die Produktion organischer Säuren den pH-Wert der Darmwand auf 4,0-5,0. So entsteht eine saure Umgebung, in der die Aussichten für pathogene „schlechte“ Mikroorganismen, die auf eine eher basische Umgebung angewiesen sind, eher schlecht stehen.

Pathogene Mikroorganismen bilden zahlreiche hochwirksame Giftstoffe, ganz zu schweigen von all den toxischen Substanzen, die wir über die Nahrung aufnehmen.

Unsere physiologische Darmflora ist in der Lage, Nitrate, Indole, Phenole, Skatole, Xenobiotika und eine ganze Reihe anderer toxischer Substanzen zu neutralisieren, Histamine zu deaktivieren und Schwermetalle sowie andere Gifte zu binden. Die Zellwände nützlicher Bakterien nehmen viele karzinogene Stoffe auf und lassen sie dadurch wirkungslos werden. Zudem unterdrücken sie abnorme Wachstumsprozesse (Hyperplasie) im Darm, die Basis jeder Krebsbildung.

Man sieht, wenn die nützlichen Bakterien im Darm beeinträchtigt sind und nicht wie vorgesehen ihre Aufgaben erfüllen können, dann ist die „Stadtmauer“ nicht gut geschützt, eine typische Situation in einem GAPS-Darm. Ohne Verteidigung ist die Darmwand allen erdenklichen Eindringlingen schutzlos ausgesetzt: Ob einem Virus – bedingt durch Impfung oder aus der Umwelt –, einem allgegenwärtigen Pilz wie Candida albicans, verschiedenen Bakterien und Parasiten sowie toxischen Substanzen. Jeder dieser genannten Faktoren kann potenziell das Verdauungssystem massiv angreifen und chronische Entzündungen an den Darmwänden hervorrufen. Auch dürfen im Darm residente opportunistische Erreger nicht außer Acht gelassen werden, die durch die nützlichen Bakterien der Normalflora streng kontrolliert und überwacht werden. Sie sind immer dort und jederzeit bereit, Probleme zu bereiten, wenn ihre Wächter, die guten Bakterien, geschwächt sind. Studien, bei denen die Biopsie der Darmwand mikroskopisch untersucht wurden, zeigen, dass bei gesunden Menschen auf der Darmschleimhaut eine dicke Bakterienschicht vorhanden ist, die dafür sorgt, diese intakt und gesund zu halten. Bei entzündlichen Darmerkrankungen befinden sich verschiedene pathogene Bakterien in der Schleimhaut und sogar in den Darmzellen, was bedeutet, dass die Schutzschicht zerstört wurde und die Krankheitserreger die Darmwand erreichen konnten.

Und als wäre dies nicht schon schlimm genug, ist die Darmwand ohne eine gut funktionierende Darmflora nicht nur ungeschützt, sondern wird darüber hinaus auch schlecht versorgt. Eine gesunde Darmflora stellt für die Zellen im Verdauungstrakt eine wichtige Energie- und Nahrungsquelle dar. Die auf der Darmschleimhaut lebenden nützlichen Bakterien verdauen Nahrungsbestandteile und wandeln diese in Nährstoffe für die so wichtige Auskleidung des Darms um. Man schätzt sogar, dass die Darmschleimhaut 60-70 % ihrer Energie aus bakterieller Aktivität zieht. Bei einer beeinträchtigten Darmflora schädigt die sich daraus ergebende Mangelernährung die Darmwand zusätzlich. Dies setzt eine Kette degenerativer Veränderungen in der Struktur der Darmwand in Gang, die deren Fähigkeit zur Verdauung und Resorption von Nährstoffen zusätzlich beeinträchtigt.

Um zu verstehen, was genau im Darm Ihres Kindes vor sich geht, lassen Sie uns einen Blick auf die Anatomie und die Physiologie der Darmschleimhaut werfen. Die resorbierende Oberfläche des Darms besteht aus einer einzigartigen Struktur fingerartiger Erhebungen, den sogenannten Darmzotten, und dazwischen liegender tiefer Einsenkungen, den sogenannten Lieberkühn-Krypten. Die die Darmzotten umgebenden Epithelzellen, genannt Enterozyten oder Saumzellen, sind genau die Zellen, die den Verdauungsprozess vervollständigen und die Nährstoffe aus der Nahrung resorbieren. Diese Zellen leisten harte Arbeit und müssen, um effektiv sein zu können, immer frisch und gut in Form sein. Wie üblich hat Mutter Natur auch dies aufs Beste organisiert. Diese Enterozyten werden in den tiefen Krypten immer wieder neu gebildet. Von dort wandern sie langsam bis zur Spitze der Darmzotten hoch, erfüllen dabei ihre Aufgaben hinsichtlich Verdauung und Resorption und reifen unterwegs immer mehr aus, bis die Spitze der Darmzotten erreicht ist, wo sie abgestoßen werden. Auf diese Weise wird das Darmepithel ständig erneuert, sodass eine konstante Funktionstüchtigkeit gewährleistet ist. (Abb. 1)

Abb. 1 Der Lebenszyklus eines Enterozyten

Versuche bei Tieren, deren Darm sterilisiert wurde, brachten zutage, dass dieser Prozess der Zellerneuerung vollständig durcheinander gerät, wenn die nützlichen Bakterien auf dem Darmepithel entfernt werden. Die Zeitspanne, in der die Zellen von den Vertiefungen bis auf die Spitze der Darmzotten unterwegs sind, verlängert sich deutlich, was sich negativ auf den Reifungsprozess der Enterozyten auswirkt und sie häufig krebsartig werden lässt. Die mitotische (zellteilende) Aktivität in den Krypten wird beträchtlich eingeschränkt, was wiederum zur Folge hat, dass dort sehr viel weniger Zellen produziert werden und noch viel weniger von ihnen als gesunde Zellen entstehen, die ihre Aufgaben richtig erfüllen können. Der Zustand der Zellen selbst verändert sich krankhaft. All dies passiert, weil ihre Hausmeister, die gesunden Darmbakterien, nicht da sind, um sich um sie zu kümmern. (Abb. 2)

Abb. 2 Die Haare auf den Enterozyten stellen Mikrovilli dar. Wenn nach und nach die Enterozyten die Oberfläche der Zotten bedecken, bilden ihre „Haare“ (die Mikrovilli) eine sogenannte Bürstensaummembran, in der die letzten Schritte der Nahrungsverdauung erfolgen.

Diese Situation entsteht bei einem Versuchstier mit einem sterilisierten Darm. Im menschlichen Körper geht ein Mangel an guten Bakterien stets mit außer Kontrolle geratenden schlechten Bakterien einher, wodurch sich die Lage extrem verschlechtert. Sind während eines Angriffs durch eine pathogene Flora keine nützlichen Bakterien zur Stelle, verändert sich die gesamte Struktur des Darmepithels und setzt einen krankheitserregenden Prozess in Gang. Die Darmzotten degenerieren und werden nach und nach unfähig, Nahrung richtig zu verdauen und zu resorbieren. Dies wiederum zieht eine schlechte Resorption, Nährstoffdefizite und Nahrungsmittelunverträglichkeiten nach sich.

Die Darmflora ist der Hausmeister des Verdauungssystems. Der Zustand des Hauses und seine Funktionsfähigkeit hängt direkt davon ab, wie gut der Hausmeister seine Arbeit verrichtet. Die anatomische Unversehrtheit unseres Verdauungstraktes, seine Funktionalität, seine Fähigkeit zur Anpassung und Regeneration, seine Fähigkeit zur Selbstverteidigung sowie viele andere Funktionen hängen direkt vom Zustand seines mikroskopischen Hausmeisters ab – unserer Darmflora. Wie wir später sehen werden, haben sowohl GAPS-Kinder als auch GAPS-Erwachsene eine veränderte Darmflora, was letztlich zu Störungen bei der Verdauung führt.

Ernährung des Körpers

Jeder weiß, dass die Hauptaufgabe eines Verdauungssystem darin liegt, Nahrung zu verdauen und zu resorbieren. Wissenschaftliche und klinische Erfahrungen zeigen, dass das Verdauungssystem ohne eine gesunde Darmflora diese Aufgaben nicht effizient erfüllen kann. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Verdauung von Milch- und Weizenproteinen, die in zwei Stufen erfolgt. Die erste Stufe erfolgt im Magen, wo, unter dem Einfluss von durch die Magenwände produzierten Verdauungssäften, Milch- und Weizenproteine in Peptide aufgespalten werden, von denen einige morphinartige Strukturen haben, genannt Kasomorphine und Gliadorphine (oder Gluteomorphine). Dies ist ein ganz normaler Vorgang, der bei jedem auf diese Weise stattfindet. Diese Peptide gelangen dann weiter zum Dünndarm, wo die nächste Stufe ihrer Verdauung erfolgt. Sie werden Verdauungssekreten ausgesetzt und erreichen dann die Darmwand, wo sie abgebaut werden durch Enzyme, und zwar die sogenannten Peptidasen, die auf den Mikrovilli von Enterozyten sitzen. Dies ist die Stufe, die bei Menschen mit veränderter Darmflora aufgrund des schlechten Zustands ihrer Enterozyten wegfällt. Als Folge davon werden Kasomorphine und Gliadorphine unverändert in den Blutkreislauf resorbiert und führen im Körper zu Problemen, insbesondere hinsichtlich der Hirnfunktion und des Immunsystems. In diesem Bereich gab es umfassende Forschungen mit Patienten, die unter Autismus, Schizophrenie, ADHS, Psychosen, Depressionen und Autoimmunstörungen litten und hohe Werte an Kasomorphinen und Gliadorphinen im Körper aufwiesen, was darauf hindeutet, dass ihre Darmwand nicht ausreichend in der Lage war, diese Substanzen vollständig zu verdauen. Die klinische Erfahrung zeigt, dass viele GAPS-Patienten nach einer Wiederherstellung ihrer normalen Darmflora Casein und Gluten in geringen Mengen wieder verdauen können, ohne dass ihre früheren Symptome erneut wieder auftreten.

Abgesehen davon, dass die die Darmwand besiedelnde gesunde Darmflora dafür sorgt, die Darmwand in einem guten Zustand zu halten, ist sie auch dafür angelegt, aktiv an der Verdauung und der Resorption mitzuwirken. Und zwar in einem solchen Maße, dass ohne eine ausgewogene Darmflora die normale Verdauung und Resorption von Nahrung wahrscheinlich unmöglich wäre. Die Normalflora ist in der Lage, Proteine zu verdauen, Kohlenhydrate zu vergären und Fette und Ballaststoffe aufzuspalten. Nebenprodukte bakterieller Aktivität im Darm haben einen wichtige Anteil daran, Mineralstoffe, Vitamine, Wasser, Gase und andere Nährstoffe durch die Darmwand in den Blutkreislauf zu transportieren. Ist die Darmflora beschädigt, haben auch die besten Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel der Welt keine gute Aussichten darauf, aufgespalten und resorbiert zu werden.

Bestimmte Stoffe in unserer Nahrung können von einem menschlichen Darm ohne die Hilfe nützlicher Bakterien überhaupt nicht verdaut werden. Ein gutes Beispiel dafür sind Ballaststoffe. In einem Darm mit einer gesunden Darmflora werden die Fasern teilweise zu Oligosacchariden, Aminosäuren, Mineralstoffen, organischen Säuren und anderen nützlichen Nährstoffe aufgespalten, um die Darmwand und den übrigen Körper gut zu versorgen. Die meisten Menschen sind sich dessen bewusst, dass Ballaststoffe wichtig sind. Frisches Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Nüsse und Samen, Bohnen und Hülsenfrüchte sind allesamt gute Ballaststofflieferanten. Nahrungsergänzende Ballaststoffe in Form von Pulver in Tüten, Kapseln oder Getränken werden oft verschrieben, ob zur Senkung des Cholesterinspiegels, bei Verstopfung und anderen Verdauungsproblemen, zur Unterstützung des Gallenstoffwechsels, oder zur Vorbeugung von Darmkrebs, zur Verbesserung der Glukosetoleranz bei Diabetikern usw. Die Liste der positiven Eigenschaften eines regelmäßigen Verzehrs von Ballaststoffen ist lang. Nun, diese Fasern aus der Nahrung bilden einen der natürlichen Lebensräume nützlicher Darmbakterien. Sie ernähren sich von ihnen und bilden auf diese Weise eine Menge wertvoller Nährstoffe für die Darmwand und den ganzen Körper, sie nutzen sie, um Giftstoffe zu resorbieren, sie aktivieren sie für den Wasser- und Elektrolytstoffwechsel, um Gallensalze und Cholesterin zu recyceln usw. Es ist die auf die Ballaststoffe wirkende Tätigkeit der Bakterien, die es ihnen letztlich möglich macht, all diese wichtigen Funktionen im Körper zu erfüllen. Werden diese guten Bakterien beeinträchtigt, sodass sie nicht mehr in der Lage sind, die Fasern zu „bearbeiten“, dann können sogar die Ballaststoffe selbst für das Verdauungssystem gefährlich werden, da sie einen günstigen Lebensraum für die schlechten, pathogenen Bakterien bieten und Entzündungen in der Darmwand verschlimmern. Das ist dann der Moment, in dem Gastroenterologen ihren Patienten empfehlen müssen, eine ballaststoffarme Ernährung einzuhalten. Man muss daher festhalten, dass Ballaststoffe allein, ohne die im Darm vorhandenen nützlichen Bakterien, sich am Ende auch als für uns gar nicht so positiv erweisen können. Und tatsächlich sollten GAPS-Kinder und -Erwachsene, die unter häufigem Durchfall oder weichem Stuhl leiden, eine ballaststoffarme Kost zu sich nehmen, bis der Durchfall nachlässt.

Abgesehen von Ballaststoffen gibt es noch eine weitere Substanz, die die meisten Menschen ohne die guten Bakterien im Darm nicht verdauen könnten. Gemeint ist Milchzucker, auch Laktose genannt. Es ist allgemein bekannt, dass viele Menschen unter einer Laktoseunverträglichkeit leiden, genauer gesagt, Milch nicht verdauen können. Dazu zählen auch die meisten GAPS-Kinder und GAPS-Erwachsenen. Die bislang von der Wissenschaft gelieferte Erklärung hierfür ist, dass vielen von uns ein bestimmtes Enzym fehlt, nämlich die Laktase, um Laktose verdauen zu können. Wenn es aber nicht vorgesehen ist, dass wir Laktose verdauen, warum scheinen manche Menschen wiederum problemlos damit fertig zu werden? Die Antwort ist, dass diese Menschen die richtigen Bakterien in ihrem Darm haben. Eins der wichtigsten, im menschlichen Darm vorkommenden Bakterien zur Verdauung von Laktose ist E. coli. Für viele Menschen ist es eine große Überraschung, dass physiologische E. coli.-Stämme unverzichtbare Bewohner eines gesunden Verdauungstraktes sind. Sie kommen im Darm eines gesunden Neugeborenen schon am ersten Tag nach der Geburt in großer Zahl vor:

107-109 KBE/g, eine Zahl, die ein Leben lang so bleibt, vorausgesetzt, sie wird nicht durch Antibiotika oder andere Umwelteinflüsse zerstört. Abgesehen von der Laktoseverdauung produzieren physiologische Stämme von E. coli auch Vitamin K2, die Vitamine B1, B2, B6, B12, antibiotikaartige, Colicine genannte Substanzen und kontrollieren zudem jene Vertreter ihrer eigenen Familie, die Krankheiten verursachen können. Tatsächlich bieten im Darm vorhandene physiologische Stämme von E. coli den wirkungsvollsten Schutz vor den pathogenen Arten von E. coli. Sie haben darüber hinaus auch einen beträchtlichen und komplexen Anteil an einer optimalen Wirkungsweise des Immunsystems, über das wir später noch sprechen werden.

Abgesehen von E. coli sorgen auch andere Bakterien in der gesunden Darmflora nicht nur dafür, eine ausreichende Resorption von Nährstoffen aus der Nahrung sicherzustellen, sondern sie synthetisieren auch aktiv verschiedene Nährstoffe: Vitamin K2, Pantothensäure, Folsäure, Thiamin (Vitamin B1), Riboflavin (Vitamin B2), Nikotinsäure (auch Niacin, früher Vitamin B3), Pyridoxin (Vitamin B6), Cyanocobalamin (Vitamin B12), verschiedene Aminosäuren und weitere aktive Substanzen. Im Laufe der Evolution hat die Natur dafür gesorgt, dass die Menschen, wenn die Nahrungsversorgung knapp wird, nicht gleich an Vitamin- und Aminosäurenmangel sterben. Die Natur liefert uns unsere eigene Fabrik zur Herstellung dieser Substanzen – unsere gesunde Darmflora. Und wenn diese Darmflora trotz angemessener Ernährung beeinträchtigt ist, dann entwickeln wir einen Vitaminmangel. Warum? Weil viele Vitamine und andere aktive Substanzen im Körper relativ kurzlebig sind. Nimmt man also diese Vitamine nicht stündlich zu sich (vorausgesetzt sie können ohne eine gesunde Darmflora überhaupt resorbiert werden), wird es während des Tages Zeiten geben, in denen es dem Körper an diesen Vitaminen mangelt. Genau dies passiert bei Menschen mit einer beeinträchtigten Darmflora, die nicht in der Lage ist, den Zustrom von Vitaminen und anderen aktiven Substanzen konstant zu halten, damit der Körper ihn optimal verwerten kann. Alle getesteten GAPS-Kinder und -Erwachsenen weisen Mängel an genau diesen Vitaminen auf, die ihre Darmflora produzieren sollte. Die Wiederherstellung nützlicher Bakterien in ihrem Darm ist der beste Weg, um mit solchen Mängeln umzugehen.

Die meisten Menschen mit einer veränderten Darmflora leiden unter unterschiedlich ausgeprägter Anämie. Das ist nicht weiter erstaunlich. Es ist nicht nur so, dass sie nicht mehr in der Lage sind, die für das Blut lebenswichtigen Vitamine und Mineralstoffe aus der Nahrung zu resorbieren, sondern auch die körpereigene Bildung dieser Vitamine ist beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass nicht selten bei Menschen mit geschädigter Darmflora eine besondere Gruppe pathogener Bakterien im Darm heranwächst, die eisenbindend sind (Actinomyces, Mykobakterien, pathogene Stämme von E. coli, Corynebacteria und viele andere). Sie verbrauchen jegliches Eisen, das der Mensch aus seiner Ernährung bekommt, was bei dem Betroffenen einen Eisenmangel auslöst. Unglücklicherweise stärkt die Einnahme zusätzlicher Eisenmittel diese Bakterien nur, bewirkt aber nichts gegen die Anämie.

Die Mehrzahl der GAPS-Patienten, die ich gesehen habe, haben einen blassen und teigigen Teint und ihr Blutbild zeigt häufig Veränderungen, wie sie für Anämie typisch sind. Viele dieser Patienten hatten von ihren Ärzten Eisenpräparate verschrieben bekommen. Gegen Anämie bedarf es allerdings weitaus mehr Maßnahmen als nur die Einnahme von zusätzlichem Eisen. Um gesundes Blut zu haben, benötigt der Körper Magnesium, Kupfer, Mangan, Jod, Zink und viele weitere Mineralstoffe sowie ein wahres Arsenal an Vitaminen: B1, B2, B3, B6, B12, C, A, D, Folsäure, Pantothensäure und viele Aminosäuren. Auf der Basis einer großen Zahl an Studien weltweit hat sich gezeigt, dass die einfache Gabe von Eisenpräparaten nicht viel gegen Anämie ausrichtet. Es stimmt mich traurig zu sehen, dass Ärzte immer noch ihren anämischen Patienten solche Mittel verschreiben und damit deren Verdauung mit zahlreichen unangenehmen Begleiterscheinungen belasten, bedingt durch das vermehrte Wachstum pathogener eisenbindender Bakterien und die direkte Schadwirkung auf die Zellen der Darmschleimhaut, die bei GAPS-Patienten ohnehin schon entzündet und sehr empfindlich sind.

Menschen mit einer gestörten Darmflora leiden aufgrund all der oben beschriebenen Faktoren unter verschiedenen Nährstoffmangelerscheinungen. Alle getesteten GAPS-Kinder und -Erwachsenen zeigen ein typisches Bild von Nährstoffmangel im Hinblick auf viele wichtige Mineralstoffe, Vitamine, essenzielle Fette, viele Aminosäuren und andere Nährstoffe. Am häufigsten tritt ein Mangel auf an Magnesium, Zink, Selen, Kupfer, Kalzium, Mangan, Schwefel, Phosphor, Eisen, Kalium, Natrium, Folsäure, Pantothensäure, den Vitaminen B1, B2, B3, B6, B12, C, A, D, den Omega-3, Omega-6 und Omega-9-Fettsäuren, Taurin, α-Ketoglutarsäure, Glutathion und anderen Nährstoffen. Die übliche Liste an mangelnden Nährstoffen, wie sie bei GAPS-Patienten üblicherweise zu finden ist, umfasst einige der Nährstoffe, die unerlässlich sind für ein normales Arbeiten und eine normale Entwicklung des Gehirns, des Immunsystems und des Körpers überhaupt. Trotz der Tatsache, dass einige GAPS-Kinder gut zu gedeihen scheinen und oft groß für ihr Alter sind, leiden sie dennoch an einer Unterversorgung mit sehr wichtigen Mikronährstoffen. Und berücksichtigt man den Zustand ihres Verdauungssystems, dann ist dies auch nicht wirklich erstaunlich. Ein gut funktionierender Darm mit einer gesunden Darmflora bewahrt die Wurzeln unserer Gesundheit. Und genau wie ein Baum mit kranken Wurzeln nicht gedeihen kann, so kann sich auch der übrige Körper ohne ein gut arbeitendes Verdauungssystem nicht wirklich gut entwickeln. Die Bakterienbesiedlung des Darms – also die Darmflora – bildet den Boden rings um diese Wurzeln und liefert ihnen Lebensraum, Schutz, Unterstützung und Versorgung.

Wie wir alle wissen, spielen die Wurzeln eines Baumes, unsichtbar und tief im Boden verborgen, eine wichtige Rolle für die Gesundheit jedes einzelnen Astes, jedes Zweiges, jedes kleinen Blattes jenes Baums, egal wie hoch und weit entfernt sie von den Wurzeln auch sein mögen. Auf dieselbe Weise reichen auch die vielfältigen Funktionen der Darmflora im Körper weit über den Darm selbst hinaus. Lassen Sie uns einen Blick auf einen der wichtigsten „Äste“ überhaupt im Körper werfen – das Immunsystem.

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Immunsystem

Menschen mit GAP-Syndrom leiden unter einem geschwächten Immunsystem. Wird bei ihnen der Immunstatus getestet, dann finden sich in der Regel Mängel an verschiedenen Antikörpern (Immunglobuline), während andere Antikörper möglicherweise übermäßig angestiegen sind. Häufig treten auch Mängel im Komplementsystem, bei verschiedenen Zellen, Enzymen und anderen Bereichen des Immunsystems auf. Bei GAPS-Kindern und -Erwachsenen ist, wie es aussieht, das gesamte Immunsystem aus dem Gleichgewicht geraten. Am erschreckendsten dabei ist allerdings, dass ihr Immunsystem beginnt, Antikörper zu produzieren, die das körpereigene Gewebe angreifen, einschließlich des Hirns und des übrigen Nervensystems. Es handelt sich um ein zutiefst gestörtes und außer Kontrolle geratenes Immunsystem, das seinen eigenen Körper plündert.

Wie kommt es dazu? Ob es irgendetwas damit zu tun hat, in welchem Zustand das Verdauungssystem dieser Patienten ist? Ohne Zweifel hat es dies!

Die von einer großen Zahl von Bakterien bevölkerte epitheliale Oberfläche des Verdauungssystems kann wahrhaftig als die Wiege des Immunsystems beschrieben werden, des darmassoziierten ebenso wie des schleimhautassoziierten Immunsystems. Ein Kind wird mit einem unausgereiften Immunsystem geboren. Die Besiedlung des Verdauungstrakts im Neugeborenen mit einer gesunden Bakterienflora spielt eine entscheidende Rolle für eine gesunde Reifung seines Immunsystems. Findet während etwa der ersten 20 Lebenstage keine Besiedlung durch eine ausgewogene Darmflora statt, dann bleibt das Baby mit einem beeinträchtigten Immunsystem zurück. Die nützlichen Bakterien, die sich auf dem Epithel der Darmwand ansiedeln, spielen in vielerlei Hinsicht eine wichtige Rolle bei der Ausbildung des Immunverhaltens. Schauen wir uns einige von ihnen einmal genauer an.

Die nützlichen Bakterien in unserem Verdauungssystem nutzen ein sehr wichtiges Element des Immunsystems – das lymphatische Gewebe der Darmwand – und sind an der Produktion großer Mengen von Lymphozyten und Antikörpern beteiligt. So gibt es beispielsweise in der Zellwand von Bifidobakterien (guten Bakterien, die in hohem Maße den menschlichen Darm bevölkern) eine Substanz, genannt Muramyldipeptid, die die Synthese einer der wichtigsten Zellgruppen des Immunsystems aktiviert – die Lymphozyten. Als Folge davon ist eine gesunde Darmwand geradezu infiltriert, vollgepackt mit Lymphozyten, die bereit sind, den Körper gegen jeden Eindringling zu verteidigen. Wissenschaftliche Studien belegen, dass bei Menschen mit geschädigter Darmflora weit weniger Lymphozyten in der Darmwand vorhanden sind, wodurch diese schlecht geschützt ist. Es gibt kommerzielle Unternehmen, die versuchen aus Muramyldipeptid Nahrungsergänzungsmittel zur Unterstützung des Immunsystems herzustellen. Ich glaube, es ist weitaus besser, für eine gesunde Kolonie von Bifidobakterien im Darm zu sorgen, die Muramyldipeptid natürlicherweise herstellen, ebenso wie viele andere nützliche Substanzen, die diese Bakterien normalerweise liefern.

Lymphozyten in der Darmwand produzieren Immunglobuline (Antikörper). Das wichtigste davon ist im Darm das sezernierte Immunglobulin A (IgA). Sezerniertes Immunglobulin IgA ist eine Substanz, die von Lymphozyten in allen Schleimhäuten des Körpers produziert und über Körperflüssigkeiten ausgeschieden wird. Man findet sie in den Atemwegen, der Nase, dem Rachen, der Blase, der Harnröhre, im Speichel, in Tränen, im Schweiß, im Kolostrum, in der Muttermilch und, natürlich, den Schleimhäuten des Verdauungssystems und seiner Sekrete. Ihr Job besteht im Schutz der Schleimhäute, indem eindringende Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten zerstört und deaktiviert werden. Sie sind eine der Methoden des Immunsystems, mit unwillkommenen Eindringlingen umzugehen, die über die Nahrung in unser Verdauungssystem gelangen. Es wurde mikrobiologisch nachgewiesen, dass die Schädigung einer gesunden Darmflora bei Menschen und bei Versuchstieren zur Folge hat, dass die Anzahl von IgA-produzierenden Zellen dramatisch abnimmt und diese zudem immer weniger in der Lage sind, dieses wichtige Immunglobulin herzustellen. Dies würde natürlich die Selbstschutzfähigkeiten des Darms beträchtlich herabsetzen. Hinzu kommt, dass Immunglobulin A schon kurz nach der Sekretion natürlicherweise verfällt. Abgesehen davon, dass nützliche Bakterien die Bildung von IgA stimulieren, hemmen sie gleichzeitig durch einen sehr komplexen Vorgang auch deren Verfall, wodurch den IgA mehr Zeit bleibt, ihre Aufgabe zu erfüllen. Bei GAPS-Kindern und GAPS-Erwachsenen besteht in der Regel aufgrund ihrer krankhaft veränderten Darmflora ein Mangel an IgA. Als Folge davon kann sich ihre Darmwand nur noch schlecht selbst vor Pilzen, Impf- oder Umweltviren, Bakterien und Parasiten schützen.

Lymphozyten sind nicht die einzigen Immunzellen, die in der Darmwand in Hülle und Fülle vorkommen sollten. Wenn es zu einem Mangel an nützlichen Bakterien im Darm kommt, können auch andere Gruppen von Immunzellen, die Neutrophilen und Makrophagen, ihre Arbeit nicht gut verrichten. Hierbei handelt es sich um die Zellen, die sich in infiziertem und entzündetem Gewebe ansammeln und dieses säubern, indem sie Viren, Toxine, Bakterienreste und Zelltrümmer geradezu verschlingen und sie dadurch zerstören. Nahezu 126 Milliarden Neutrophile verlassen tagtäglich das Blut und wandern durch die Wand des Magen-Darm-Trakts. Ist die Darmflora eines Menschen geschädigt, verringert sich die Fähigkeit dieser Zellen, mit Antigenen umzugehen – mit anderen Worten, sie können Eindringlinge und deren Toxine nicht effizient zerstören, selbst wenn ihre Eigenschaft als Phagozyten (Fresszellen) normal zu sein scheint. Wie genau dies passiert, ist noch unbekannt. Was wir wissen ist, dass dadurch Viren, Bakterien und anderen Eindringlingen ermöglicht wird zu überleben und im Inneren von Neutrophilen und Makrophagen zu bestehen – genau jenen Zellen, die eigentlich für eben deren Zerstörung sorgen sollten.

Außer der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Funktionsweise von Lymphozyten, IgA und Phagozyten spielt eine gesunde Darmflora auch eine wichtige Rolle bei der Produktion von Interferonen, Zytokinen und vielen weiteren aktiven Regulatoren der Immunantwort, insbesondere bei der Bekämpfung viraler Infektionen. Weltweit sind Millionen von Kindern und Erwachsenen Viren aus Impfstoffen und aus der Umwelt ausgesetzt. Wenn all diese Menschen eine gut funktionierende Darmflora haben, dann können ihnen diese Viren keinen Schaden zufügen, denn ihre Körper sind bestens dafür gerüstet, mit ihnen fertig zu werden. Bei GAPS-Patienten dagegen haben, aufgrund ihrer beeinträchtigten Darmflora, Viren aus Impfstoffen oder aus der Umwelt gute Aussichten, zu überleben und weiter zu bestehen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Masernvirus, das bei autistischen Kindern in der Darmwand und der Rückenmarksflüssigkeit gefunden wurde. Es ist kaum abwegig davon auszugehen, dass dieser Virus auf die MMR-Impfung (Masern-Mumps-Röteln) zurückzuführen ist.

Eine weitere faszinierende Methode, über die nützliche Bakterien mit dem Immunsystem zusammenarbeiten, ist das sogenannte „Mimikry-Phänomen“. Die Bakterien auf der Oberfläche des Darmepithels und die Zellen dieses Epithels tauschen Antigene aus, ähnlich wie Kinder, die beim Versteckspiel ihre Mützen vertauschen, um den Suchenden zu verwirren. Dieser Austausch der Antigene verbessert die Effizienz zahlreicher verschiedener Immunantworten, insbesondere bei einer lokalen Immunität. Unglücklicherweise kann dieser Austausch sich bei GAPS-Patienten gegen sie selbst wenden, denn viele Krankheitserreger sind ebenfalls in der Lage, dieses Spiel zu spielen. In der wissenschaftlichen Literatur wird über das Masernvirus diskutiert, das sich dieses Mimikry-Phänomens bedient, um das Immunsystem so zu täuschen, dass dieses sein eigenes Gewebe angreift.

Der Einfluss der Darmflora auf das Immunsystem reicht weit über den Darm selbst hinaus. Studien zeigen, dass bei einer geschädigten Darmflora nicht nur die Zahl der IgA, Lymphozyten, Makrophagen, Interferone, Zytokine und so weiter im Verdauungssystem zurückgeht, sondern das gesamte körpereigene Immunsystem aus dem Gleichgewicht gerät. Dieser Prozess führt beim Betroffenen zu einer Immunschwäche.

Stellen wir uns einfach zur besseren Veranschaulichung eine mittelalterliche Burg mit hohen Steinmauern vor. Die Soldaten stehen oben auf den Mauern, um diese mit Gewehren, Katapulten und anderen geeigneten Waffen zu verteidigen. Die innerhalb der Burg lebenden Bürger bauen Nahrungsmittel an, versorgen die Verteidiger mit Essen und kümmern sich um alle sonstigen zivilen Aktivitäten. Für ihre jeweilige Tätigkeit verfügen sie über Spaten, Kochtöpfe oder andere geeignete Werkzeuge. Nähert sich ein Feind, haben die Soldaten die Aufgabe, diesen abzuwehren. Stellen Sie sich vor, die Soldaten würden überrannt, sodass der Feind in das Burginnere vorrücken könnte. Nun stehen auf einmal die Bürger vor der Aufgabe der Soldaten. Sie sind jedoch dafür weder entsprechend ausgebildet, noch haben sie geeignetes Werkzeug für den Kampf, folglich nutzen sie alles, was ihnen gerade zur Verfügung steht – ihre Gartenwerkzeuge, Kochtöpfe usw. Nun sind diese Werkzeuge aber nicht für den Kampf gemacht, weshalb die Bürger die Burg niemals so effektiv verteidigen können wie die Soldaten mit ihren Waffen.

Etwas in dieser Art geht auch im Körper vor sich, wenn die Darmflora beeinträchtigt ist. Im Immunsystem gibt es zwei wichtige Arten von Truppen, das sind einmal die TH1-Zellen (die Soldaten auf den Burgmauern) und zum anderen die TH2-Zellen (die Bürger im Inneren der Burg). Die TH1-Immunantwort (T-Helferzellen Typ 1), also die Soldaten auf den Mauern, fördern eine sogenannte zellvermittelte Abwehr, die überall dort angesiedelt ist, wo der Körper mit der Außenwelt in Verbindung steht. Ihre Rolle besteht darin, Infektionen in der Schleimhaut, der Haut und im Zellinneren zu bekämpfen. Sie stellt für alles, was in den Körper einzudringen versucht, eine erste und äußerst effektive Barriere dar. Diesem System sind sowohl das sekretorische Immunglobulin (sIgA) als auch Interleukin-2 (IL-2), Interleukin-12 (IL-12), Gamma-Interferon und einige andere Stoffe zugeordnet. Wie wir gesehen haben, hat eine gesunde Darmflora einen extrem wichtigen Anteil daran, dass dieser Bereich des Abwehrsystems aktiv und den Anforderungen gewachsen bleibt. Bei einer beeinträchtigten Normalflora wird dieser Teil des Immunsystems weniger effizient und