Gedanken und Gebete des Thomas von Kempen - Gerhard Tersteegen - E-Book

Gedanken und Gebete des Thomas von Kempen E-Book

Gerhard Tersteegen

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Beschreibung

Die Nachfolge Christi des Thomas von Kempen ist nach wie vor neben der Bibel eines der meistgelesenen Bücher der Welt. Thomas von Kempen war der bekannteste Vertreter der vorreformatorischen Erneuerungsbewegung Devotio Moderna in den Niederlanden. Gerhard Tersteegen hat aus den Werken des Thomas von Kempen diese Gedanken und Gebete zusammengestellt und übersetzt. Wie die Nachfolge hat auch Der kleine Kempis viele Auflagen in verschiedenen Sprachen erlebt. Ein Klassiker des geistlichen Lebens in sprachlich leicht überarbeiteter Form.

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Gerhard Tersteegen

Gedanken und Gebete

des Thomas von Kempen

Der kleine Kempis

1. Auflage

der neu bearbeiteten Ausgabe

Verlag Linea Bad Wildbad 2012

So spricht der Herr: Tretet auf die Wege, seht und fragt nach den Pfaden der Vorzeit, wo denn der Weg zum Guten sei und geht ihn! So werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. (Jeremia 6,1 6)

Sprachlich leicht überarbeitete Neuausgabe, nach der 4. Auflage 1745 (Schmitz, Solingen) und 13. Auflage 1852 (Bädeker, Essen)

© 2012 Verlag Linea, Bad Wildbad Gesetzt aus der Adobe Garamond Pro Herstellung: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

ISBN 978-3-939075-54-7

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur Neuauflage

Das kleine ABC in der Schule Christi

Gedanken und Gebete des Thomas von Kempen

Gebete zu verschiedenen Anlässen und Situationen des geistlichen Lebens

1. Gebet: Hingabe-Gebet

2. Gebet: Bitte um Vergebung

3. Gebet: Bitte um heiliges Leben

4. Gebet: Bitte um Kreuzes-Liebe und Herzens-Demut

5. Gebet: Bitte, den Weg des Lebens zu erkennen

6. Gebet: Freude und Lob Jesu

7. Gebet: Bitte um Erneuerung

8. Gebet: Gruß an den Herrn Jesus

Fénelon: Von der Treue in kleinen Dingen

Vorwort zur Neuauflage

Die „Nachfolge Christi“ des Thomas von Kempen (ca. 1380–1471) ist nach wie vor neben der Bibel eines der meistgelesenen Bücher der Welt. Ger­hard Tersteegen (1697–1769) hat aus den weiteren Werken des Thomas von Kempen Gedanken und Gebete zusammengestellt und übersetzt. Auch „Der kleine Kempis“ hat viele Auflagen in verschiedenen Sprachen erlebt. Nun liegt dieser Klassiker des geistlichen Lebens sprachlich leicht überarbeitet wieder vor.

Thomas von Kempen gehörte zur vorreformatorischen Er­neu­erungsbewegung „De­votio Moderna“, die sich vor allem in den Niederlanden und im Rheinland ausbreitete. In dieser Erneuerungsbe­wegung haben Laien und Klosterbrüder nach neuem geistlichen Leben und nach geistlicher Ge­mein­schaft gesucht. Es wurde betont, dass der Glaube die persönliche Hal­tung zu Gott und persönliche Beziehung ist. Es ging nicht um neue Inhalte des Glaubens, sondern um eine neue innere Haltung.

Der kleine Kempis beginnt mit dem „kleinen ABC in der Schule Christi“, das geistliche „Lebensregeln“ enthält. In 23 „Lektionen“ werden Wesensmerkmale eines Lebens in der Nachfolge Jesu genannt, die in Stille bedacht und verinnerlicht werden sollten. Danach folgen 500 Gedanken und zusätzlich kleine Gebete. Ergänzt wird dieser Hauptteil durch acht ausführlichere Gebete, die als Beispiele für das eigene Beten dienen können. Diese können als Anleitung zum Gebet in verschiedenen Situationen des geistlichen Lebens verstanden werden. So ist das erste Gebet ein Hingabe-Gebet, das zweite ein Gebet um Vergebung und das sechste ein Gebet der Freude und des Lobes Jesu. Am Schluss hat Tersteegen einen Text des Franzosen François de Salignac de la Mothe-Fénelon (1651–1715), Erzbischof von Cambrai, angefügt: Von der Treue in den kleinen Dingen, in dem er wichtige Aussagen des „kleinen Kempis“ ergänzt und zusammengefasst sah.

Im Sommer 2012, Verlag Linea

Das kleine ABC in der Schule Christi

Schüler:

Herr! Zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige (Jes. 2, 3). Ich bitte dich, mein Gott, lehre mich die Wege eines guten Lebens, zum Heil meiner Seele. Weise mir die Wege deiner Gebote, damit ich dieselben erzähle. Lehre mich die Steige deiner Ratgebungen, damit ich auf dem unbefleckten Weg gehe. Nimm von mir meine Blindheit, damit ich das auch sehe, was du mir zeigst. Und gieße die Gnade deines Geistes in mich ein, dass der mich führe auf ebener Bahn.

Gott, der Lehrer

Ich will dir Verstand geben und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst. Ich will dich mit meinem Auge leiten (Ps. 32, 8).

Ama nesciri (1. Lektion):

Sei gerne unbekannt, vergessen und für nichts geachtet. Dies ist dir heilsamer und nützlicher, wenn du zum Leben eingehen willst, als von Menschen gelobt zu werden.

Benevolus omnibus (2. Lektion):

Sei allen gewogen, nicht allein den Guten, sondern auch den Bösen, sei aber keinem beschwerlich.

Custodi cor (3. Lektion):

Bewahre dein Herz vor der Ausschweifung, deinen Mund vor vergeblichem Reden und die übrigen Sinne unter strenger Zucht.

Dilige solitudinem (4. Lektion):

Liebe die Einsamkeit und das Stillschweigen, so wirst du große Ruhe und ein gutes Ge­wissen finden. Denn wo viele Leute sind, da ist viel Geräusch und große Zer­streu­ung des Herzens.

Elige paupertatem (5. Lektion):

Erwähle die Armut und Einfalt, und sei mit wenigem zufrieden, so wirst du nicht mürrisch und bitter.

Fuge (6. Lektion):

Fliehe, so viel dir möglich, die Menschen, und das Getümmel der Welt. Denn es ist schwer, gleichzeitig genug bei Gott und bei den Menschen zu sein, zugleich das Ewige und das Vergängliche zu suchen.

Gratias age (7. Lektion):

Danke Gott allezeit mit Herz und Mund, wie es dir auch immer geht, auch unter Lasten und in Schmerzen. Denn Gott teilt alles vorsichtig aus in der Welt, mit einem wahren und gerechten Urteil von Ewigkeit her.

Humilia te (8. Lektion):

Demütige dich in allem und unter alle, so wirst du von allen Gnade erlangen. Ja, du wirst Gott angenehm und den Menschen lieb sein. Der Teufel wird auch schnell von dir fliehen, wegen der Tugend der Demut, die ihm so sehr zuwider ist. (Jak. 4, 7.8)

Intentio pura (9. Lektion):

Bei einem jeden guten Werk habe eine reine Absicht. Suche Gott zu gefallen, welcher in das Herz sieht und der die Gerechten und Reinen liebt.

K. Carissimi, qui premunt (10. Lektion):

Halte die für die liebsten Freunde und Wohltäter, die dich drücken und schmähen. Denn wenn du es recht verstehst und betrachtest, so wirst du davon Gewinn erlangen. Denn, die dir auf böse Weise widerstehen, die nutzen dir zum Guten.

Labore et dolore (11. Lektion):

Das Reich Gottes wird erlangt durch Arbeit und Schmerzen, mit Seufzen und Weinen. Durch Wollust und Ehre wird das Paradies verloren.

Magnus, qui minimus (12. Lektion):

Es ist eine große Gabe Gottes, in dieser Welt arm zu sein um Christi willen, und den untersten Platz zu haben. Es ist eine große Hoffahrt, einen hohen Ehrengrad zu begehren. Der Teufel rät allezeit zum Hohen und nach Ehren zu streben – dagegen die Verachtung zu fliehen. Damit der, der so gestiegen ist, zurückfalle, wenn er eine kurze Zeit über die Armen geherrscht hat. Halte die kleinsten Gaben für etwas Großes, so wirst du gewürdigt, größere zu empfangen.

Neminem spernas (13. Lektion):

Verachte keinen. Schade keinem. Habe Mit­leid mit dem Bedrängten. Komme dem Be­dürf­tigen zu Hilfe. Und erhebe dich niemals.

Omne tempus Deo (14. Lektion):

Alle Zeitgehört Gott. Denn es ist nichts kostbarer als die Zeit, in welcher du das Reich Gottes auf ewig erlangen kannst. Erweise dich auch gegen alle liebreich, gütig, freundlich, ohne Zerstreuung. Wende alles Gute zum Lob Gottes. Tue nichts ohne Rat und Überlegung.

Placetne Deo? (15. Lektion):

Zuerst frage allezeit bei deinem Werk, ob es Gott gefällt oder missfällt. Und tue weder aus Furcht noch aus Liebe etwas gegen dein Gewissen. In zweifelhaften Dingen lauf zur Heiligen Schrift und zum Gehorsam gegen deine Vorgesetzten und traue dir selbst nicht zu viel. Lerne eher zu schweigen als zu reden, und begehre vielmehr, unterwiesen zu werden als zu lehren. Denn es ist sicherer, verborgen zu sein als zu scheinen.

Quid ad te (16. Lektion):

Was dich nicht angeht, davon urteile nicht, und lass dich darauf nicht ein, damit du allezeit Frieden hast. Wer einen ordentlichen und unauffälligen Wandel führt und alle äußere Sonderlichkeit meidet, der wird umso mehr geliebt werden und schneller zum guten Ziel gelangen. Wer zur rechten Zeit tut, was er tun muss, der wird hernach umso mehr Freude haben.

Revertere (17. Lektion):

Kehre wieder zum Inneren deines Herzens und schließe die Tür deines Mundes zu. Auf dass du nicht durch das Anstiften des Teufels anfängst, in allerlei Begierden der Welt herumzuschweifen. Das Böse, das man hört, schadet. Das Schöne, das man sieht, versucht. Die angetanen Schmähungen beunruhigen. Darum weiche von einem zornigen, ungelehrten, umgetriebenen Menschen und bleibe im Stillschweigen bei Gott.

Sobrius esto (18. Lektion):

Sei mäßig im Essen und Trinken, sittsam in der Kleidung, vorsichtig in den Worten, ehrbar in den Sitten, reif in Rat, tapfer in Unglück, demütig in Wohlergehen, dankbar für die Wohltaten, freudig in Verachtung, geduldig in Schmerzen, bescheiden in allem Tun.

Time Deum (19. Lektion):

Fürchte dich, Gott zu beleidigen in deinen kleinsten Nachlässigkeiten und Mängeln. Sei nicht vermessen im Glück, und verzweifle nicht im Unglück. Die Furcht Gottes lässt vom Bösen weichen und macht sorgfältig im Guten, dass das Gute wohl geschehe. Übergib dich ganz Gott, so wird dir das Schwere bald erträglich werden. Dein Friede liegt in der Geduld. Alle Trübsal wird leicht, um des ewigen Lebens willen.

Vende omnia (20. Lektion):

Verkaufe Gott alle deine Lauheit und Bequemlichkeit, so wird er dir einstens besseren Trost geben, wenn die Gnade kommt. Niemand ist reicher und niemand ist freier als der, welcher sich und alles Gott gegeben hat und Christus durch Liebe kauft, welcher die Welt durch’s Kreuz erkauft hat.

X. Christus sit vita (21. Lektion):

Christus sei dein Leben, dein Lesen, deine Betrachtung, dein Reden. Er selbst soll dein Verlangen, dein Gewinn, deine ganze Hoffnung und dein Lohn sein. Suchst du etwas anderes als rein und lauter Gott, so wirst du Schaden leiden – du wirst dich mühen und keine Ruhe finden.

Y. Hymnos cane Deo (22. Lektion):

Psalmen und Lobgesänge Gott zu singen ist das Werk eines Einsamen und Geistlichen. Es freuen sich mit einem solchen die Chöre der Engel, die Gott immerdar loben im Reich der Himmel. Dem Fleisch zu dienen, ist der Tod der Seele, die Speise der Würmer, das Nest der Teufel, ein tierisches Leben, ein Zunder der Krankheit, ein Verderben des Leibes, eine Befleckung der Sitten, ein Verlust der Güter, eine Zuwegebringung alles Übels und Schmerzes. Gott zu dienen, ist der Seele Seligkeit, des Leibes Gesundheit, des Geistes Klugheit, ein himmlisches Hof-Leben. Der singt Gott die lieblichsten Lie­der, der in der Trübsal Gott trotzdem lobt. Der Anfang und das Ende eines jeden wahren Geistlichen und Gläubigen ist: Gott mit dem Herzen zu lieben, mit dem Mund zu loben und seine Brüder mit seinem Vorbild zu erbauen.

Zachaee, descende (23. Lektion):

Zachäus, liebster Bruder, steig herab von der Höhe der Welt-Gelehrtheit! Komm und lerne in der Schule Gottes den Weg der Demut, der Sanftmut und der Geduld. Da­durch kannst du, wenn du Christus zum Lehr­meister hast, sicher zu der Glorie der ewigen Seligkeit gelangen. Amen.

Schluss:

Schreibe, du junger Schüler, dieses Alphabet in dein Herz, als in ein Buch des Lebens. Und schaue täglich in dieses Buch, dass du dich an das neue Leben gewöhnst. Es sind hier wohl wenig Worte – aber sie beinhalten große Geheimnisse und die Werke vollkommener Seelen. Äußerlich werden sie dich zieren und innerlich beunruhigen. Mit der Verachtung der Welt und Verleugnung seiner selbst fängt das Leben eines Christen an und nimmt zu, bis zur Beschauung Gottes.

Segen:

Selig ist der Schüler, welcher Christus auf dem rauhen Weg folgt und ihm all sein Wollen und Nichtwollen übergibt. Der um Christi willen täglich sein Kreuz trägt, auf dass er mit ihm die große Herrlichkeit und das ewige Leben haben möge. Amen.

Gedanken und Gebete des Thomas von Kempen aus seinen meist unbekannten Werken

„Mir aber ist es gut, dass ich Gott gehöre.“ O kurzes und schönes Wort, durch das man Gott umfasst und die ganze Welt ausschließt. Was soll man weiter sagen, und was soll man weiter begehren? Ist’s nicht genug, wenn’s ge­schieht, was damit gesagt ist?

Du darfst nicht den hin und her laufenden Liebhabern gleich sein, sondern der Einzige des Einzigen musst du sein, und den Einzigen suchen, der keinen von den Äußerlichen zum Mit­genossen zulässt.Deine Rede sei allein zu dem Allei­nigen, und wenn er weggeht, so sitze einsam wie eine Witwe und ertrage alles geduldig. Denn dies ist seine Weise: Kommen und wiederkommen und die prüfen, die er lieb hat, und sie so vollkommen zu machen in seiner Liebe.Das Feuer ist die Versuchung … Das bewährte Gold bleibt wohlbehalten, die Spreu aber verbrennt. Sieh zu, o Men­sch, was du bist – der himmlische Schmel­zer wird schmelzen und die Kin­der Levi reinigen.Es ist nicht alles Gold, was glänzt – auch nicht alles Spreu oder falsches Sil­ber, was unter den Dreschflegel und ins Feuer kommt: Gott sieht auf das Herz und auf die Absichten.Das ganze gegenwärtige Leben ist nur eine gar kurze Nacht. Meine Tage sind kurz und böse. Bald sind sie zu Ende und werden sein, als wenn sie nicht gewesen wären.O dass diese ganze Welt in meinem Her­zen verdorren möchte und mir nur der Herr, mein Gott, der unsterbliche Bräutigam, begehrenswert würde!Die Freude, die mit diesem Leben vergeht, ist wohl ein recht betrügerischer und bitterer Kelch. Es mag daraus trinken, wen es gelüstet. Sie werden’s hernach doch alle teuer bezahlen müssen.Fliehe von mir hinweg, du betrügerische Herrlichkeit der Welt, und alle törichte Welt-Freude! Viele reizt und betrügst du – am Ende aber verlässt und ersäufst du sie. Wehe denen, die dir glauben! Wehe denen, die in dir ertrunken sind! Komm aber her, und nahe dich zu mir, du heilige Verachtung, und du völlige Ver­schmähung aller Pracht dieser Welt! Du heilsamer Aufblick zu Gott, weiche nimmer von mir!Wer der Welt gestorben ist, der ist nicht mehr in der Welt, sondern in Gott. Dem lebt er nun … Der spricht also, der denkt also, der sieht also die Dinge an, die draußen sind, als wenn sie nicht wären.

Gebet:

O mein Gott, du bist mein einziges Gut, allein gut und süß! Von dir zu reden, ist dem Liebenden Freude, an dich zu denken, ist dem Andächtigen lieblich, dessen Herz nicht in der Welt, sondern mit dir verborgen ist im Himmel.

Die Sinnlichkeit sucht die äußeren, begehrt die ergötzlichen, sieht auf die gegenwärtigen und versäumt die zukünftigen Dinge. Sie flieht, wo immer sie kann, das Bittere und das Harte, das doch dem Geist öfters heilsam ist. Sie lässt den Geist nicht in Stillschweigen und in Ruhe bleiben, sondern bringt ihm mancherlei Phantasien bei, die man kaum sagen mag und die in Wahrheit zu verachten sind. Wer aber die Gnade der geistlichen Stärke hat, kann viel eher die ungestümen Bewegungen des Fleisches bezwingen … Denn die Kraft der Liebe Gottes, welche innerlich stärkt, ist größer als diese.Es ist nützlich, das Herz zu versiegeln und zu bewahren, damit nicht etwa der Geliebte weicht und flieht, welcher ein reines und demütiges Herz besonders liebt und besucht.Eine Seele, die Gott liebt, wünscht und bittet, dass Gott sich allen Menschen bekannt machen und alle zu sich bekehren und ziehen möge, damit Gott allein gelobt und verherrlicht werde. Denn ihr Geliebter ist die Lie­be, ja ein unerschöpflicher Brun­nen der Liebe. Denn er liebt alle viel mehr, als er von allen geliebt werden kann.O wie heilsam, wie lieblich und anmutig ist es, in der Einsamkeit zu sitzen und zu schweigen, mit Gott zu reden, und nur das höchste Gut zu genießen, in welchem alles Gute ist! O dass ich so mit dem höchsten und einzigen Gut verbunden wäre, dass ich durch keine Neigungen und Zer­streuungen der vergänglichen Dinge umgetrieben würde!Schweife nicht aus, meine Seele, nach Eitelkeiten und falschen Un­sinnigkeiten, sondern wende dich zu dem Herrn, deinem Gott, denn derselbe ist die Quelle allen Tros­tes.Es ist töricht, dass man von einem Ar­men etwas erbettelt, wenn ein Rei­cher uns genug geben will. Alle Ge­schöpfe sind zu arm, uns zu trösten – Gott aber ist reich an Gnade, der jedem mit Mil­de gibt und es niemand aufdrängt.Kehre wieder, Seele! Kehre wieder, Täub­lein, zu Noah in die Arche! Zu Christus ins Verborgene des Herzens! Denn lange draußen zu bleiben ist nicht sicher. Weigere dich, nur von außen getröstet zu werden, da du doch innerlich wahren Frieden suchst.Eine Seele, die viel herumschweift, ist vielen Nachstellungen unterworfen. Aber das schnell [zur Arche] wie­derkehrende Täublein hat großen Schutz.Das ist eine selige Seele, deren Ge­wissen vor Gott rein ist und durch keine Eitelkeit aufgehalten wird, noch durch die Liebe eines Dinges verunreinigt wird!Das ist eine selige Seele, welche keinen Trost von Geschaffenem sucht, son­dern all ihre Hoffnung in Gott setzt.

Gebet:

Mein Gott! Wie ist dem zumute, der in deiner Liebe brennt! Was hat der für Freude, den nicht Eitelkeit der Kreaturen erfreut! Singt er nicht wie im Psalm: Was hab’ ich im Himmel, und was begehre ich neben dir auf Erden?

Selig ist die Seele, die alle äußerliche und zeitliche Ruhe und alles, was zur Gemächlichkeit des Flei­sches gehört, verwirft und gern um Christi Wil­len Mühe und Mangel annimmt.Selig ist, wer sich Gott übergibt, dass er’s mit ihm mache, wie es ihm gefällt.Selig ist die Seele, die niemals ihre eigene Ehre sucht, niemals verlangt, dass ihr Wille geschehe, sondern Gottes Ehre und Willen in allen Dingen vor Augen hat, liebt und sucht.Selig ist die Seele, die sich allen zeitlichen Dingen fremd macht und die sich in all’ ihrem Tun bei Gott rein bewahrt!Jesus spricht: Ich bin dein einziger und auserwählter Geliebter. Ich bin dein sehr großer Lohn. Sei doch demütig, wenn dir’s wohl geht, und tapfer, wenn dir’s widrig geht.O dass ich erleben möchte diese Süßigkeit einer heiligen, von Gott geliebten und andächtigen Seele, die die Sinne überwindet und über sich selbst erhaben ist, die im Geist hinaufgeführt wird in die Um­ar­mungen des Geliebten und mit Gott verbunden wird durch das Band der inner­sten Liebe!Diejenige Seele hat Frieden, die Christus aufrichtig liebt und die Augen ihres Herzens niemals von ihm abwendet, sondern allezeit nach dem fragt, was ihm wohlgefällt. Denn sie wird ruhig und richtig wandeln, und kein Fremder wird sich in ihre Freude einmischen.