Gefahr in der Toskana - Amy Taylor - E-Book

Gefahr in der Toskana E-Book

Amy Taylor

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! In diesem zeitigen Frühjahr meinte es die Februarsonne besonders gut. Bereits seit einigen Tagen strahlte sie hell und klar. Die Tage wurden bereits spürbar länger und die frühlingshafte Aufbruchsstimmung in der Luft ließ niemanden unbeeindruckt. Nach einem langen Winter war das ein wahrer Balsam auf der Seele der meisten Menschen im betriebsamen München. Für all das hatte Felicitas Norden allerdings keinen Sinn, denn an jenem Tag sie war traurig. »Feelein, so kenne ich dich ja gar nicht, was bedrückt dich denn?«, fragte ihr Ehemann Daniel Norden. Ein kurzer Blick zu seiner geliebten Frau, die auf dem Beifahrersitz der bequemen Familienlimousine mit versteinerter Miene saß, verstärkte seine Sorge. Er bedauerte, dass er seine Aufmerksamkeit auf den lebhaften Verkehr lenken musste, anstatt seine Fee, wie er und enge Freunde sie nannten, fest in den Arm nehmen zu können. »Hat dich das jetzt wirklich so sehr mitgenommen?« Es war später Nachmittag. Vor einer knappen Stunde hatte sich das Arztehepaar von der gemeinsamen jüngsten Tochter Désirée verabschiedet und obwohl sie in der Behnisch-Klinik längst erwartet worden waren, waren die beiden noch eine ganze Weile im großzügig angelegten Wartesaal an den bodentiefen Fenstern stehen und hatten gewartet, bis das Flugzeug Richtung Startbahn rollte und sich von dort aus majestätisch in die Lüfte erhob. Fee schaute dem Flieger noch lange nach, bis er nur noch als kleiner Punkt am Horizont zu erkennen war. Dann erst reagierte sie auf die Hinweise ihres Mannes, der zum Aufbruch gedrängt hatte. Jetzt saßen sie Seite an Seite im Auto und hatten nur noch eine halbe Stunde Zeit, innerlich zur Ruhe zu kommen. Ab dem Moment, in dem sie ihren Arbeitsplatz, die Behnisch-Klinik, betraten, wurde volle Konzentration von ihnen abverlangt. »Soll ich dich nach Hause bringen?«, fragte Daniel seine Frau liebevoll. »Ich sage auf deiner Station Bescheid, dass du dir den Rest des Tages frei nimmst.« »Nein, lass nur, Dan«

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Chefarzt Dr. Norden – 1238 –

Gefahr in der Toskana

Wenn die schönste Reise zum Albtraum wird

Amy Taylor

In diesem zeitigen Frühjahr meinte es die Februarsonne besonders gut. Bereits seit einigen Tagen strahlte sie hell und klar. Die Tage wurden bereits spürbar länger und die frühlingshafte Aufbruchsstimmung in der Luft ließ niemanden unbeeindruckt. Nach einem langen Winter war das ein wahrer Balsam auf der Seele der meisten Menschen im betriebsamen München. Für all das hatte Felicitas Norden allerdings keinen Sinn, denn an jenem Tag sie war traurig.

»Feelein, so kenne ich dich ja gar nicht, was bedrückt dich denn?«, fragte ihr Ehemann Daniel Norden. Ein kurzer Blick zu seiner geliebten Frau, die auf dem Beifahrersitz der bequemen Familienlimousine mit versteinerter Miene saß, verstärkte seine Sorge. Er bedauerte, dass er seine Aufmerksamkeit auf den lebhaften Verkehr lenken musste, anstatt seine Fee, wie er und enge Freunde sie nannten, fest in den Arm nehmen zu können. »Hat dich das jetzt wirklich so sehr mitgenommen?«

Es war später Nachmittag. Vor einer knappen Stunde hatte sich das Arztehepaar von der gemeinsamen jüngsten Tochter Désirée verabschiedet und obwohl sie in der Behnisch-Klinik längst erwartet worden waren, waren die beiden noch eine ganze Weile im großzügig angelegten Wartesaal an den bodentiefen Fenstern stehen und hatten gewartet, bis das Flugzeug Richtung Startbahn rollte und sich von dort aus majestätisch in die Lüfte erhob. Fee schaute dem Flieger noch lange nach, bis er nur noch als kleiner Punkt am Horizont zu erkennen war. Dann erst reagierte sie auf die Hinweise ihres Mannes, der zum Aufbruch gedrängt hatte. Jetzt saßen sie Seite an Seite im Auto und hatten nur noch eine halbe Stunde Zeit, innerlich zur Ruhe zu kommen. Ab dem Moment, in dem sie ihren Arbeitsplatz, die Behnisch-Klinik, betraten, wurde volle Konzentration von ihnen abverlangt.

»Soll ich dich nach Hause bringen?«, fragte Daniel seine Frau liebevoll. »Ich sage auf deiner Station Bescheid, dass du dir den Rest des Tages frei nimmst.«

»Nein, lass nur, Dan«, sagte sie müde. »Die Arbeit wird mich ablenken.« Als Leiterin der Pädiatrie in derselben Klinik, in der ihr Mann Chefarzt war, hatte sie eine große Verantwortung zu tragen und obwohl sie die Aussicht auf einen ruhigen und erholsamen Nachmittag verlockend fand, entschied sie sich, ihrer Pflicht nachzukommen. Wie immer.

»Mein lieber Schatz, sie kommt doch in zwei Wochen wieder zurück. Unsere Kleine wandert weder aus, noch plant sie einen gefährlichen Abenteuerurlaub in der Wildnis. Und bitte bedenke, wenn sie spätestens nächstes Jahr ein Auslandsemester antritt, wird sie viel länger weg sein als jetzt.«

»Ich weiß, Dan. Außerdem ist ihr Freund Flavio an ihrer Seite. Wir haben ihn schließlich als einen sehr zuverlässigen und ernsthaften jungen Mann kennengelernt, er passt sicherlich gut auf unsere Dési auf.«

»Na, siehst du! Aber sag mir, Feelein, warum bist du trotzdem so still und besorgt?«, fragte Daniel. Es war ihm vorhin zwar auch nicht gerade leicht gefallen, seine Tochter in das Flugzeug steigen zu sehen, aber im Gegensatz zu seiner Frau hatte seine Traurigkeit andere Gründe. Ihm war nämlich schlagartig bewusst geworden, dass alle seine fünf Kinder nun erwachsen waren. Er musste lernen, sie loszulassen und das fiel ihm in einem solchen Moment besonders schwer.

»Ich kann es dir nicht genau sagen, mein Schatz«, sagte Fee. »Irgendwie habe ich ein komisches Gefühl.«

Daniel wäre es niemals eingefallen, sich über eine derartige Bemerkung lustig zu machen, denn er wusste aus Erfahrung, dass Fee sich auf das, was man häufig als Bauchgefühl bezeichnete, meistens verlassen konnte. Aber gab es denn wirklich einen Grund zur Sorge? Fast unmerklich schüttelte er den Kopf, als ob er aufsteigende Visionen damit loswerden könnte.

»Mein Liebling, rein statistisch gesehen ist eine Flugreise viel sicherer als eine Autofahrt. Dass wir uns als Eltern Sorgen machen, ist trotzdem normal. Aber es ist ja kein Langstreckenflug, wir können also schon sehr bald wieder entspannen. Dési und Flavio werden schon in einer Stunde in Florenz landen.«

»Ich weiß, Daniel. Trotzdem, irgendwie wäre es mir lieber gewesen, sie hätten die Einladung nicht angenommen und wären hiergeblieben. Mein komisches Gefühl hat nämlich nichts mit dem Flug zu tun … glaube ich. Genau kann ich es nicht sagen.«

»Du meinst, die Einladung zur Hochzeit von Flavios Freund? Aber mein Engelchen, warum hätten sie denn absagen sollen? Ich finde es schön, dass Flavio Verbindung zu seinen Leuten in seiner Heimat hat, obwohl er schon so lange hier in Deutschland lebt.« Daniel musste sich auf den Verkehr konzentrieren, denn soeben hatte ihn ein hellgrüner Lieferwagen geschnitten und ihn fast von der Fahrbahn gedrängt. Die Straßenverhältnisse waren trotz der hellen Februarsonne noch immer winterlich und Daniel fuhr noch vorsichtiger als sonst. »Klar, es war alles ein bisschen spontan«, gab er zu.

»Ein bisschen spontan ist gut«, fiel ihm Fee mit einem sarkastischen Unterton in der Stimme ins Wort. »Kaum eine Woche Zeit für Vorbereitungen! Flavios Freund hat aber auch Nerven. Der hat doch bestimmt schon lange gewusst, dass er heiraten will.«

»Aber Feelein, hast du denn vergessen, was Flavio erzählt hat?«, fragte Daniel mit einem amüsierten Lächeln im Gesicht. »Er war es doch höchstpersönlich selbst, der die Einladungskarte verlegt hatte und sie zufällig im Stapel gelesener Zeitschriften wiedergefunden hat. Gott sei Dank noch rechtzeitig vor der Hochzeit.«

»Ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Wie konnte ich das nur vergessen. Ich weiß noch, wie ich mich über Désis Reaktion gewundert hatte. Völlig ruhig hat sie einfach zugestimmt. Kein Wort des Vorwurfs kam über ihre Lippen.«

»Was hätte denn ausgerechnet unsere Dési ihrem Freund vorwerfen sollen?«, fragte Daniel lächelnd. »Meistens ist es ja sie, die irgendwelche Termine verbummelt oder Sachen so gründlich verlegt, dass keiner mehr sie jemals wieder finden kann.«

Daniel und Fee lachten befreit auf. Es tat gut, ihrem inneren Kummer ein Ventil geben zu können.

»So gefällst du mir schon besser«, lobte Daniel seine Frau. »Du wirst sehen, die zwei Wochen werden schnell vergehen und wenn sie wieder kommt, wird sie jede Menge zu erzählen haben. Nicht nur über die Hochzeit, sondern auch über die mehrtägige Wanderung in den toskanischen Bergen, die geplant ist.«

»Du hast recht, Dan«, gab Fee immer noch lachend zu. »Außerdem bin ich wahnsinnig stolz auf unsere Tochter. Jede andere wäre in Panik und Hektik verfallen, über die Frage, was sie zur Hochzeit anziehen soll. Dési dagegen wusste das sofort!«

»Kein Wunder«, pflichtete Daniel ihr bei. »Bevor sie sich für Kunstgeschichte entschied, wollte sie unbedingt Modedesign studieren. Sie könnte vermutlich den gesamten weiblichen Teil der Hochzeitsgesellschaft mit dem ausstaffieren, was sie im Schrank hat.«

»Wir sind da«, bemerkte Fee. Daniel hatte den Wagen umsichtig auf den Mitarbeiterparkplatz der Behnisch-Klinik chauffiert und steuerte soeben die Parkbucht an, die für ihn als Chefarzt reserviert war.

»Dési wird dir eine Nachricht aufs Handy schicken, wenn sie gut angekommen sind, darauf können wir uns verlassen«, sagte er. »Gib mir noch einen Kuss, Liebste. Dann fällt mir der Arbeitsalltag leichter.« Vorsichtig zog er sie zu sich heran und küsste sie zärtlich auf den Mund. »Und was ich noch sagen wollte … ich liebe dich«, murmelte er, bevor er sie ein zweites Mal küsste.

*

Désirée Norden und Flavio Ricci standen am Gepäcklaufband und warteten ungeduldig auf ihre Koffer und Reisetaschen. Flug und Landung waren reibungslos verlaufen und die beiden freuten sich auf das, was nun vor ihnen lag. »Tomaso wartet bestimmt schon auf uns, wo bleibt nur unser Gepäck?«, bemerkte Flavio nervös.

»Ruhig Blut, Flavio. Beim nächsten Schwung ist es bestimmt auf dem Transportband«, beschwichtigte ihn Dési. »Ich schreibe Mama in der Zwischenzeit eine SMS, damit sie von unserer guten Landung erfährt, okay?«

»Ja, mach das. Deine Eltern wirkten etwas beunruhigt am Münchner Flughafen.«

»Sie sind es nicht gewohnt, dass ich in der Weltgeschichte herumfliege«, erklärte sie. »Und dass ich nun dich an meiner Seite habe, ist für sie auch noch ein bisschen neu«, fügte sie verschmitzt lächelnd dazu.

Er legte seinen Arm um ihre zarten Schultern und zog sie näher zu sich heran. Ein schneller Kuss, ein zärtliches Lächeln, und dann entdeckte er die drei Gepäckstücke, auf die sie so lange gewartet hatten.

»Sind gut angekommen, alles in Ordnung, melde mich«, tippte Dési schnell ins Handy und dann war es endlich so weit. Mit ihren Rucksäcken, zwei Koffern sowie einer Reisetasche traten sie hinaus ins Freie. Sie mussten nicht lange nach Tomaso suchen, denn er hatte die beiden längst entdeckt.

Die Begrüßung der beiden Männer war laut, herzlich und beinahe überschwänglich. Tomaso und Flavio sprachen Italienisch und Deutsch durcheinander. Dési war erleichtert, denn sie hatte sich schon Gedanken darüber gemacht, ob und wie sie sich alleine unter lauter Italienern verständigen konnte. Als Tomaso endlich von Flavio abließ und sich freundlich lächelnd ihr zuwandte, fiel ihr ein Stein vom Herzen, denn er begrüßte sie in einwandfreiem Deutsch. Später erfuhr sie, dass Flavios Freund Deutsch als Fremdsprache in der Schule gelernt hatte.

»Sandro und Angelika warten schon im Wagen, ihr Flug aus Hamburg kam vor einer Stunde an«, erklärte er den beiden auf dem Weg zu seinem Fahrzeug.

»Sandro?«, rief Flavio erfreut. »Du meinst DEN Sandro? Wie hieß er denn gleich mit Nachnamen … egal! Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit er als Jugendlicher zusammen mit seinen Eltern Italien verlassen hatte.«

»Genau, DER Sandro. Er ist auch da. Ich werde doch nicht ohne meine Freunde aus meiner Kindheit und Jugend heiraten, da müsstest du mich doch besser kennen«, antwortete Tomaso begeistert. »Seine Freundin Angelika kennen wir alle noch nicht, genauso wenig wie deine Désirée.«

»Nenn mich doch bitte Dési«, bat sie und freute sich über den freundschaftlichen Blick, den ihr Tomaso schenkte. Sie mochte ihn bereits jetzt und dass außer ihr noch eine weitere Deutsche als Gast auf der Hochzeit sein würde, hatte sie ebenfalls mit Freude zur Kenntnis genommen.

»Nur deine Braut kenne ich nicht, oder? Ist sie aus unserem Dorf? Nun erzähl schon«, forderte Flavio seinen Freund auf.

Dési entdeckte an ihm eine ganz neue Seite. Sie hatte sich noch nie darüber Gedanken gemacht, ob Flavio vielleicht Heimweh hatte oder ob es ihm schwerfiel, als Italiener in Deutschland zu leben, weit weg von seinen Wurzeln. Diese ersten paar Momente auf italienischem Boden gaben die Antwort. Seine strahlenden Augen, die gute Laune und die ausladenden Gesten, die seinen italienisch-deutschen Wortschwall begleiteten, waren mehr als deutlich. Sie liebte ihn sehr in diesem Moment und nahm sich fest vor, ihn in den kommenden Jahren immer wieder in das Land seiner Eltern und Großeltern zu begleiten.

Das gesamte Gepäck im Kofferraum des Kleinwagens zu verstauen, mit dem Tomaso seine Gäste abholte, war gar nicht so einfach, aber schließlich war es gelungen und Dési, als zierlichste von allen, quetschte sich zu Angelika und Sandro auf die Rückbank. Flavio nahm auf dem Beifahrersitz Platz, nicht ohne vorher Sandro mit vielen Umarmungen und begeisterten Ausrufen begrüßt zu haben. Endlich konnte Tomaso das Fahrzeug in Bewegung setzen. »Mama wartet bestimmt schon mit dem Abendessen auf uns«, kündigte er an. Dési konnte im Rückspiegel ab und zu einen liebevollen Blick von Flavio auffangen. Sie sah ihm an, wie glücklich er war.

Ihr Weg führte sie hinaus aus der Stadt. Dési betrachtete begeistert die vorbeifliegende Landschaft. Es war nicht zu übersehen, dass hier der Frühling längst Einzug gehalten hatte. Das zarte Grün der sanften Hügel harmonierte mit dem dunkelgrün der Zypressen, die schlank und majestätisch das Landschaftsbild dominierten. Sie fuhren durch malerische Dörfer, überquerten auf einer steinernen Brücke einen kleinen Fluss, bis sie endlich in Flavios Heimatdorf ankamen. Dési war überrascht, denn sie hatte es sich kleiner vorgestellt. Auch Flavio bemerkte, dass der Ort ziemlich an Größe hinzugewonnen hatte, seit er vor vielen Jahren zum letzten Mal hier gewesen war. Seine Familie lebte längst nicht mehr hier und so war es tatsächlich das erste Mal seit Jahren, dass er seine alte Heimat besuchte. Es wurde ihm schmerzlich bewusst, dass er sein eigenes Elternhaus nicht besuchen konnte, denn es gehörte längst einer anderen Familie.

»Ziemlich viele Neubauten«, bemerkte er, als sie die schmucke Siedlung durchquerten.

»Ja«, stimmte Tomaso zu. »Aber im Ortskern ist alles beim Alten geblieben, sieh nur, mein Elternhaus ist bereits zu sehen.«

Flavio schaute sich zu Sandro um. Aber statt der erwarteten Begeisterung – das Dorf war immerhin auch Sandros Heimat – sah er nur einen gelangweilten Gesichtsausdruck. Dési dagegen erwiderte sein zärtliches Lächeln. Sie nickte ihm aufmunternd zu und zeigte ihm damit, wie sehr sie sich für ihn freute.

Tomasos Elternhaus war wie alle anderen Gebäude im Ortskern aus hellen, groben Natursteinen gebaut. Es bestand aus zwei Stockwerken, darüber ein Dach aus verwitterten Schindeln. Hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein.

Beim Abendessen ging es ähnlich lautstark zu wie bei der Begrüßung am Flughafen. Außer Tomasos Eltern saßen noch seine Großmutter, zwei Tanten und ein Cousin am Tisch. Außerdem hatten sich etliche Nachbarn und Freunde dazu gesellt. Es wurde italienisch gesprochen und Dési war froh, Angelika als Tischnachbarin zu haben.

»Verstehst du irgendwas?«, hatte Angelika sie vorhin gefragt. Sie wirkte ein bisschen eingeschüchtert. Ihre Blicke wanderten zwischen Sandro und den anderen am Tisch unruhig hin und her.