Ich bin deine Tochter! - Amy Taylor - E-Book

Ich bin deine Tochter! E-Book

Amy Taylor

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! »Möchtest du noch Kaffee, Dan?« Dr. Felicitas Norden und ihr Mann Daniel waren fast fertig mit dem Frühstück. Wann immer es ihnen möglich war, starteten sie gemeinsam in den Tag. Momente der Zweisamkeit waren für das vielbeschäftigte Ehepaar selten. Als Leiter und Chefarzt der Münchner Behnisch-Klinik hatte Daniel Norden jeden Tag ein volles Programm zu absolvieren. Seine Pflichten hielten ihn nicht selten bis tief in die Nacht in der Klinik fest, und wenn er dann endlich zuhause war, hatte er meistens noch einige Patientenakten dabei, oder er musste die neuesten Fachzeitschriften lesen, um auf dem Laufenden zu bleiben. Bei Felicitas sah es nicht viel anders aus. Als Leiterin der Pädiatrie in derselben Klinik hatte auch sie ein hohes Arbeitspensum zu bewältigen. Umso mehr Wert legten beide darauf, die wenigen gemeinsamen privaten Augenblicke bewusst zu genießen. »Ja gern, Fee. Eine Tasse geht noch, aber dann muss ich los. Du auch? Oder musst du heute erst später in die Klinik?« »Es ist schön, dass du mich nach all den Jahren noch immer bei meinem Kosenamen nennst. Fee. Wie schön.« Fee lächelte ihren Mann zärtlich an. »Das war jetzt nicht die Antwort auf meine Frage«, gab er amüsiert zurück.

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Seitenzahl: 118

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Chefarzt Dr. Norden – 1184 –Ich bin deine Tochter!

Das Glück der Nordens in Gefahr?

Amy Taylor

»Möchtest du noch Kaffee, Dan?« Dr. Felicitas Norden und ihr Mann Daniel waren fast fertig mit dem Frühstück. Wann immer es ihnen möglich war, starteten sie gemeinsam in den Tag. Momente der Zweisamkeit waren für das vielbeschäftigte Ehepaar selten. Als Leiter und Chefarzt der Münchner Behnisch-Klinik hatte Daniel Norden jeden Tag ein volles Programm zu absolvieren. Seine Pflichten hielten ihn nicht selten bis tief in die Nacht in der Klinik fest, und wenn er dann endlich zuhause war, hatte er meistens noch einige Patientenakten dabei, oder er musste die neuesten Fachzeitschriften lesen, um auf dem Laufenden zu bleiben. Bei Felicitas sah es nicht viel anders aus. Als Leiterin der Pädiatrie in derselben Klinik hatte auch sie ein hohes Arbeitspensum zu bewältigen. Umso mehr Wert legten beide darauf, die wenigen gemeinsamen privaten Augenblicke bewusst zu genießen.

»Ja gern, Fee. Eine Tasse geht noch, aber dann muss ich los. Du auch? Oder musst du heute erst später in die Klinik?«

»Es ist schön, dass du mich nach all den Jahren noch immer bei meinem Kosenamen nennst. Fee. Wie schön.« Fee lächelte ihren Mann zärtlich an.

»Das war jetzt nicht die Antwort auf meine Frage«, gab er amüsiert zurück.

»Stimmt. Aber ich dachte, du wüsstest die Antwort. Du stellst mir diese Frage ja beinahe jeden Tag.« Fee schmunzelte. »Und wie jeden Tag lautet die Antwort, dass ich auch gleich los muss.«

»Hm, das ist nicht gut«, antwortete Daniel und legte die Zeitung beiseite. Wie immer hatte es nur für die Überschriften gereicht.

»Wieso, was gibt es denn?« Fee hatte sofort gemerkt, dass ihr Mann etwas auf dem Herzen hatte. »Kann ich dir bei irgendetwas helfen?«

»Wie immer weißt du genau, was ich will.« Daniel griff nach ihrer Hand und führte sie an seine Lippen. »Ich habe tatsächlich heute ein Problem, bei dem du mir helfen könntest. Es geht um eine neue Praktikantin. Sie will sich heute vorstellen, und ich habe das ehrlich gesagt vollkommen vergessen. Es ist mir erst gestern Abend wieder eingefallen, als ich auf meinen Terminkalender geschaut habe, um zu sehen, was heute als erstes anliegt.« Daniel schob sich das letzte Stück Croissant in den Mund und klopfte sich die Krümel von seinem Hemd.

»Eine Praktikantin? Für die Krankenpflege? Oder für welchen Bereich?« Fee war sofort interessiert. Die Förderung von jungen Leuten lag ihr stets am Herzen.

»Für die Verwaltung, soweit ich weiß. Ich glaube, es handelt sich um eine junge Frau, die sich beruflich erst orientieren will. Oder vielleicht muss sie zwischen Schulabschluss und Studium eine gewisse Zeit überbrücken. Ich habe keine Ahnung, wenn ich ehrlich bin. Ich weiß nur, dass sie sich heute vorstellen will.«

»Und du möchtest, dass ich dir diesen Termin abnehme, wenn ich dich richtig verstehe?«

»Genau, Liebes. Um 10 Uhr, so steht es in meinem Kalender. Katja hat mir den Termin wohl dort reingeschrieben, ohne ihn mit mir abzusprechen, denn um 10 Uhr habe ich doch den Termin mit Professor Kühnle. Du weißt schon, wegen des Artikels über die neuen Vorgaben für Krankenhaushygiene, den er veröffentlicht hat. Ich wollte ein paar Fragen mit ihm klären und ihn dazu in seinem Büro in der Uni treffen. Ein Außentermin.«

»Das ist interessant, ich habe den Artikel auch gelesen. Da kann einiges an Kosten auf die Krankenhäuser zukommen.«

»Kannst du das Vorstellungsgespräch der Praktikantin übernehmen?«, fragte Daniel hoffnungsvoll.

»Natürlich mache ich das. Gern sogar. Ich kann mir das heute gut einrichten. Gibt’s irgendwelche Rahmenbedingungen, oder gilt das, was immer bei Praktikanten gilt?«

»Richtig. Viel Arbeit, wenig Lohn.« Er schmunzelte. »Du machst das schon. Hör dir erst einmal an, welche Vorstellungen sie hat und vor allem, welche Vorkenntnisse. Vielleicht kann sie Katja helfen.« Daniel war bereits im Aufbruch begriffen. Er gab seiner Frau noch einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, zog seine Jacke an, griff nach seiner Aktentasche und verließ das Haus.

»Na gut, ich frage Katja, wobei sie Hilfe braucht«, murmelte Fee, aber ihr Mann war bereits weg. Katja Baumann war die Assistentin der Klinikleitung. Eine sehr kompetente Mitarbeiterin, die Daniels Vertrauen genoss und zwar in allen Bereichen. Dass sie derzeit einen besonderen Bedarf an Unterstützung haben sollte, war Felicitas nicht bekannt. Aber sie würde es schon herausfinden. Nachdem Fee den Frühstückstisch abgeräumt hatte, startete sie ebenfalls in ihren Arbeitstag.

In der Klinik angekommen, suchte sie sofort Katjas Büro auf und fragte nach einem möglichen Einsatz für die neue Praktikantin.

»Sie käme mir wie gerufen, Frau Dr. Norden. Es gibt eine ganze Menge an Abrechnungsdaten, die in das EDV-System eingepflegt werden müssen. Das ist eine einmalige Sache, aber ein riesengroßer Zeitaufwand.«

»Na gut, dann werde ich mal sehen, was die junge Frau zu bieten hat. Haben Sie die Bewerbungsunterlagen zur Hand? Dann kann ich mich schon mal damit vertraut machen … Schulabschluss und so weiter.«

»Nein, die Bewerbung ging telefonisch ein. Sie sagte, sie würde alles mitbringen, wenn sie zu einem Gespräch eingeladen wird. Ich dachte mir, ich nutze die Gelegenheit. Entschuldigen Sie bitte, ich weiß, ich hätte erst die Unterlagen abwarten sollen, aber schauen Sie nur …« Sie wies auf den Stapel einzelner Zettel, der sich auf einem Beistelltisch in ihrem Büro befand.

»Ach du liebe Zeit. So viel?«

Katja Baumann nickte resigniert. »Eine Aushilfe käme mir wirklich sehr gelegen.«

Auf die Minute genau um 10 Uhr klopfte es an der Tür des Chefarztbüros.

Fee hatte nur wenige Momente davor auf dem bequemen Bürostuhl ihres Mannes Platz genommen und freute sich, dass die neue Praktikantin pünktlich war. Sie wertete das schon mal als erstes gutes Zeichen.

»Kommen Sie doch näher«, forderte sie die junge Frau auf, die unsicher in der offenen Tür stehengeblieben war.

»Ich bin eigentlich mit Herrn Chefarzt Dr. Norden verabredet«, sagte sie mit erstaunlich fester Stimme.

»Mein Mann ist verhindert, Sie müssen mit mir vorlieb nehmen«, antwortete Fee mit einem freundlichen Lächeln.

»Ihr Mann … ach so … ich kann auch gern später noch mal kommen. Oder morgen.«

»Aber nein«, widersprach Fee. Sie erhob sich, kam hinter dem Schreibtisch hervor und ging ein paar Schritte auf die junge Frau zu. »So kommen Sie doch, wir können das Formelle sicherlich schnell erledigen. Sie werden hier dringend gebraucht und können eigentlich gleich anfangen, wenn Sie wollen.«

»Aber Sie wissen doch noch gar nicht, wer ich bin?« Umständlich kramte die Praktikantin in ihrem Rucksack. »Ach Mist, jetzt habe ich die Papiere vergessen!«, rief sie aus. »Jetzt muss ich doch morgen noch mal kommen.« Schon war sie wieder drauf und dran, das Büro zu verlassen.

»Halt!«, konnte Fee gerade noch rufen. Ein bisschen wunderte sie sich. Die Bewerberin wirkte auf sie, als sei sie auf der Flucht vor ihr. »So bleiben Sie doch, bitte. Sie können Ihre Unterlagen doch auch nachliefern. Es handelt sich doch nur um eine Praktikantenstelle. Jetzt setzen Sie sich doch bitte, dann können wir uns unterhalten.«

»Ja … dann … also dann … danke«, stammelte die junge Frau. Etwas linkisch rückte sie den Stuhl an der Besucherseite des ausladenden Schreibtischs zurecht und lehnte Fees Frage ab, ob sie Kaffee oder Wasser wolle.

»Sie bewerben sich auf eine Praktikantenstelle in der Verwaltung?«, half Fee ihrem Gegenüber auf die Sprünge. »Wie heißen Sie denn, wie alt sind Sie, wie lange können Sie bei uns bleiben, und welche Vorkenntnisse haben Sie?«

»Judith Winter. Ich bin 22 und möchte gern für drei Monate hier … wenn es geht …«

Fee betrachtete Judith. Vor ihr saß ein schüchternes Wesen. Bleich, ungeschminkt, das schulterlange brünette Haar glatt nach hinten gekämmt und zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden. Jeans mit Löchern an den Knien, etwas zu sehr verknittertes Shirt, die unübersehbaren Abnutzungsspuren am Rucksack und die ausgetretenen Schuhe ließen darauf schließen, dass die junge Frau vor ihr entweder keinen Wert auf ein modisches und gepflegtes Erscheinungsbild legte oder aber aus sehr einfachen Verhältnissen stammte. Fee dachte an ihre Tochter Dési. Hätte sie ein Vorstellungsgespräch, wäre sie top angezogen. Mit ihrem Hang zu ausgefallener Mode käme sie sicherlich niemals auf die Idee, ein ausgeleiertes und sichtlich nicht gebügeltes T-Shirt zu einem so wichtigen Termin zu tragen. Aber Fee sah darüber hinweg. Es ging hier schließlich nicht um eine Praktikantenstelle in einer Boutique, sondern um eine Aushilfstätigkeit im Büro. Noch dazu wurde sie dringend gebraucht.

»Erzählen Sie weiter, Judith. Oder Frau Winter.«

»Nennen Sie mich ruhig Judith, Frau Doktor Norden.« Judith wirkte nun etwas sicherer. »Ich habe Abitur gemacht, und danach bin ich erst ein wenig durch die Welt gereist. Dann habe ich verschiedene Jobs angenommen, gekellnert und so was. Ich habe noch nicht genau gewusst, ob und was ich studieren will.«

»Aha, und jetzt wissen Sie es?«

»Ja, ich denke schon. In ein paar Wochen ist der Einschreibetermin an der Uni. Politische Wissenschaften will ich studieren. Die Zeit bis dorthin möchte ich mit diesem Praktikum überbrücken. Deshalb die drei Monate. Danach beginnt dann das Semester.«

»Ich verstehe, Judith. Das klingt doch nach einem guten Plan. Aber Sie müssen noch wissen, dass wir nur einen kleinen Lohn zahlen können. Normalerweise erhalten Praktikanten bei uns kein Gehalt. Aber in Ihrem Fall … schließlich sind Sie drei Monate bei uns und werden eine Menge Arbeit erledigen. Das soll auch honoriert werden. Ich spreche mit meinem Mann darüber. Jetzt kann ich noch keine konkrete Summe nennen. Sind Sie einverstanden damit?«

Judith nickte erfreut. »Oh ja, natürlich. Ich lebe bei meiner Mutter und brauche nicht viel. Das Geld ist mir gar nicht so wichtig. Mir kommt es hauptsächlich darauf an, die Zeit sinnvoll zu überbrücken und ein bisschen Erfahrung im Berufsleben zu sammeln.«

»Das ist eine gute Einstellung. Sagten Sie nicht, dass Sie schon in der Gastronomie gearbeitet haben?«

»Natürlich. Aber Büro ist dann doch wieder was anderes.«

»Nun denn, dann würde ich sagen, Sie können morgen anfangen. Sie bringen bitte noch Ihren Personalausweis und Ihre Versicherungsunterlagen mit, damit wir einen ordentlichen Vertrag machen und einen Personalbogen anlegen können.« Fee erhob sich und reichte Judith die Hand. »Herzlich Willkommen in der Behnisch-Klinik.« Soll ich sie noch darauf aufmerksam machen, dass sie im Vorzimmer des Chefarztes einer Klinik ein bisschen mehr auf gepflegtes Auftreten achten sollte? Ach nein, das kann auch Katja übernehmen, dachte Fee. So wichtig ist das dann auch wieder nicht, und vielleicht kommt die junge Frau auch von selbst auf die Idee. Außerdem wohnt sie ja bei ihrer Mutter. Die wird sicherlich auch Einfluss auf sie nehmen können. Sie selbst würde jedenfalls ihrer Tochter einen Tipp geben, wenn sie den Eindruck hätte, es sei nötig. Fee lächelte bei dem Gedanken an ihre fünf erwachsenen Kinder. Wie glücklich sie sich doch schätzen konnte! Beschwingt verließ sie das Büro ihres Mannes und wandte sich für den Rest des Tages ihren eigentlichen Aufgaben als Leiterin der Pädiatrie zu.

Am Abend erstattete sie ihrem Mann Bericht. Daniel hatte die Sache schon wieder vergessen. Er wusste, dass er sich auf seine Frau verlassen konnte und damit war die Angelegenheit für ihn erledigt. Er wunderte sich deshalb ein wenig, wie viel Bedeutung Fee der Besetzung einer Praktikantenstelle gab.

»Ich weiß auch nicht genau, Dan. Irgendwas an dem Mädchen rührt mich. Sie wirkt so zerbrechlich. Ein bisschen hilflos. So jung und unsicher. Und offensichtlich hat sie niemanden, der sie ein wenig unter die Fittiche nimmt – obwohl sie bei ihrer Mutter lebt.« Fee klopfte die kuschlige Daunendecke zurecht. Sie waren soeben zu Bett gegangen. Ein langer Tag lag hinter ihnen.

»In München?«, warf Daniel ein. Er nahm einen Schluck aus seinem Wasserglas, das wie jede Nacht auf seinem Nachttisch stand.

»Was meinst du?«

»Na, ob sie in München lebt, wollte ich von dir wissen.«

»Ach so. Ja, also ehrlich gesagt habe ich das gar nicht gefragt. Ich bin davon ausgegangen.«

»Wir haben keine Adresse von ihr?« Erstaunt zog Daniel eine Augenbraue in die Höhe. Normalerweise war Fee sehr genau und legte insbesondere beim Personal viel Wert darauf, dass die formellen Rahmenbedingungen stimmten.

»Ach, es ist doch nur eine Praktikantenstelle.« Ihrem Tonfall war anzuhören, dass sie ihre Nachlässigkeit herunterspielen wollte. »Und morgen bringt sie sicherlich ihre Unterlagen mit, da können wir dann ja alles noch erfragen. Das heißt, die Personalabteilung soll sich darum kümmern.«

»Du hast recht, mein Schatz. Die Hauptsache ist, dass Katja Baumann Unterstützung bekommt. Eine Praktikantin zum jetzigen Zeitpunkt – sie schickt sozusagen der Himmel. Und dich hat mir im Übrigen auch der Himmel geschickt.«

Fee schaute ihren Mann zärtlich an. Auch nach so vielen Ehejahren fühlte sie die übergroße Liebe, die sie beide miteinander verband. Sie kuschelte sich in seine Arme und genoss seine vertraute Nähe, bevor sie in einen erholsamen Schlaf fiel.

*

Am nächsten Tag hatte Daniel auch wieder so viel zu tun, dass er die neue Praktikantin nur kurz im Vorbeigehen begrüßen konnte. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er sie eigentlich schon wieder vergessen. Deshalb war er einen kurzen Moment lang überrascht, als er im Büro seiner Assistentin eine junge Frau vorfand. Sie saß über einem Stapel von Papieren und versuchte offensichtlich, diese nach einem sinnvollen System zu sortieren. Zum Glück fiel Daniel sofort wieder ein, dass es sich offensichtlich um die neue Praktikantin handelte. Katja Baumann war nicht im Büro. Sie hätte sonst sicherlich die Vorstellung übernommen.

»Sie sind also unsere neue Aushilfe … äh … Praktikantin, meine ich natürlich«, begann er. »Ich bin Dr. Norden, der Leiter und Chefarzt der Behnisch-Klinik. Herzlich Willkommen, Frau …«

»Winter. Judith Winter.«

»Angenehm. Sie kommen sicherlich zurecht. Frau Baumann weist Sie ein, und wenn Sie Fragen haben, können Sie selbstverständlich auch zu mir kommen.« In diesem Moment flog die Tür auf, und Katja kam herein. Sie trug einen weiteren Stapel Unterlagen vor sich her, der so hoch war, dass sie kaum drüber schauen konnte. Sie schaffte es gerade noch, den Papierstapel auf dem Schreibtisch abzuladen, bevor er ihr aus dem Arm gekippt wäre.

»Oh, Sie haben sich schon mit­einander bekannt gemacht«, rief sie ein wenig außer Atem. »Judith, das hier wäre dann auch noch … und im Archiv wartet noch mehr.«

»Alles klar, Frau Baumann. Ich kann die nächsten Ladungen auch selbst holen, wenn Sie mir sagen, wo ich das Archiv finde.«