Gefangen - Zwischen Manipulation und toxischer Liebe - Lisa Reyes - E-Book

Gefangen - Zwischen Manipulation und toxischer Liebe E-Book

Lisa Reyes

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Beschreibung

"Er liebt mich, er liebt mich nicht. Er liebt nur sich, bis mein Ich zerbricht." Diese Erkenntnis traf mich hart. Ich erzähle dir, wie ich mich in einer toxischen Beziehung verlor, die sich anfangs wie ein Traum anfühlte, aber schnell zum Albtraum wurde. Hatte unsere Beziehung doch so schön begonnen, mit unzähligen Versprechungen, wunderschönen Worten und Gesten, die nach und nach wie kunterbunte Wattewölkchen verpufften. Von da an war es ein Höllenritt zwischen Manipulation und Kontrolle, seelischer Grausamkeit und der ständigen Angst vor Eskalation, in dem ich mich beinahe selbst verlor. Der Weg hinaus ist kein einfacher. Aber ich finde allmählich zu mir selbst zurück und kann die toxischen Fesseln Schritt für Schritt abstreifen. Dieses Buch erzählt meine schockierende Geschichte, in der ich, gefangen durch die zerstörerischen Psychospiele, überleben musste. Meine Erfahrungen werden dir helfen, nach und nach aus der Spirale der toxischen Liebe auszubrechen. Wieder selbstbestimmt leben zu können. Glücklich zu sein. Erkenne mit meiner Geschichte - die subtilen Warnsignale, die ich anfangs übersah, und die mich immer tiefer in einen Strudel aus Kontrolle und Schmerz zogen. - die fiesen Manipulationen, der systematische Psychodruck und die zunehmende Abhängigkeit. - wie du destruktive Verhaltensweisen erkennst und dich emotional schützt. - wie du dich mit befreienden Schritten aus einer toxischen Beziehung löst und wieder auf die Beine kommst. Bist du mit den Mustern einer toxischen Beziehung vertraut? Lass dich von meinen Erfahrungen ermutigen. Es mag nicht einfach sein, aber es ist möglich, einen Schlussstrich zu ziehen und ein selbstbestimmtes glückliches Leben zurückzugewinnen. Führ dir immer vor Augen: Du bist nicht allein auf diesem Weg! Lass mich dir zeigen, dass es auch in diesem Fall ein Licht am Ende des Tunnels gibt.

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Seitenzahl: 140

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Zwischen Manipulation und toxischer Liebe

Gefangen

Mein Überlebenskampf gegen die Fesseln psychischer Gewalt und der lange Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben

LISA REYES

Dieses Buch basiert auf wahren Ereignissen, doch nicht alle Details konnten Platz finden. Einige Aspekte der Geschichte sind zu komplex und vielschichtig, um sie vollständig wiederzugeben. Hätte man jedes noch so kleine Detail niedergeschrieben, könnte dieses Buch niemals veröffentlicht werden. Es gibt Wahrheiten, die zu tief und zu erschütternd sind, um sie in Worte zu fassen – also bleibt vieles im Unausgesprochenen.

Name und einige Details wurden bewusst verändert oder literarisch verdichtet, um die Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten zu schützen.

Inhalt

Vorwort

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Schlusswort

Landmarks

Table of Contents

Cover

Vorwort

Hätte man mein Leben in dieser Zeit nach Hotelkategorien bewertet, wäre es wohl ein bizarrer Mix gewesen: Atmosphäre – düster, aber irgendwie vertraut. Service – schwankend. Sicherheit – mangelhaft. Und trotzdem bin ich geblieben. Nicht, weil alles so schön war. Sondern weil ich nicht wusste, wie ich gehen soll.

Ich stand lange an dieser imaginären Brücke, das eine Bein schon im Nichts, die Hände verkrampft um das Geländer. Der Absprung hätte alles verändern können – vielleicht zum Besseren, vielleicht ins Bodenlose. Aber das Ungewisse war mir unheimlicher als das, was ich schon kannte. Auch wenn genau dieses Vertraute mich aufzehrte.

Wenn man in einer Beziehung lebt, in der sich Licht und Schatten permanent abwechseln, verliert man irgendwann das Gefühl dafür, was normal ist. Es gibt Phasen, in denen man sich gesehen fühlt, vielleicht sogar geliebt. Doch dazwischen liegt ein tiefer, zehrender Nebel aus Vorwürfen, Schuldumkehr und Zweifeln. Man glaubt an das Besondere, das Einmalige, an dieses „Wir haben so viel durchgestanden“ – und übersieht dabei, wie sehr man sich selbst darin verliert.

Manchmal erkennt man erst viel später, dass nicht alles, was sich wie Liebe anfühlt, auch Liebe ist. Und dass die Verantwortung für Dinge, die schiefgelaufen sind, nicht allein auf den eigenen Schultern liegt.

Ich habe lange geglaubt, dass ich einfach nicht genug war. Dass mein Schweigen, meine Versuche zu retten, meine Kompromisse irgendwie versagt hätten. Heute weiß ich: Ich habe gegeben, was ich geben konnte. Ich habe mich bemüht. Aber ich habe mich dabei selbst vergessen.

Es war nicht mein Fehler, dass am Ende so vieles auseinanderfiel – das Zuhause, die Familie, die Pläne, die Sicherheit. Und auch wenn der Sturm offiziell vorüber ist, hallt sein Echo noch nach.

Dies ist keine Abrechnung. Es ist ein Versuch, zu verstehen. Mich selbst, die Vergangenheit – und vielleicht auch andere, die sich in ähnlichen Mustern wiederfinden. Es ist kein „Schwarz-Weiß“, sondern ein Puzzle aus vielen Schattierungen. Manche davon schmerzen noch immer. Aber sie gehören zu meiner Geschichte. Und ich beginne, sie Stück für Stück neu zu schreiben.

Kapitel 1

Der Morgen kam zu früh und auf ungewöhnliche Weise. Nicht das schrille Piepen des Weckers, nicht das leise Rascheln eines Kindes, das sich im Bett umdrehte – sondern grelles Licht, das sich wie ein Suchscheinwerfer durch die geschlossenen Lider brannte. Ich blinzelte verwirrt, meine Finger suchten instinktiv nach dem Handy auf dem Nachttisch. Kein Weckton, keine Nachricht – nur Stille. Und dennoch: Es war nicht die Stunde, zu der ein Schlafzimmer in dieser Stadt normalerweise hell erleuchtet war. Nicht im Spätherbst. Nicht kurz nach fünf.

Ich setzte mich auf, atmete tief durch und wartete, bis sich das Rauschen in meinen Ohren legte. Die Rollladen waren halb geschlossen, trotzdem flackerte draußen etwas – bewegte Schatten, Lichtreflexe, Stimmen. Für einen Moment glaubte ich an einen Unfall. Vielleicht ein Einsatzwagen in der Nachbarschaft?

Ich trat ans Fenster und öffnete es einen Spalt. Stimmen wurden lauter. Es war keine Panik zu hören, aber Dringlichkeit. Uniformierte. Lichter. Mehr als ein Wagen. Mein Magen verkrampfte sich.

Dann hörte ich es. Eine Stimme, klar und direkt: „Entschuldigung, sind Sie Frau Mertens?“ Ich zuckte zurück. Mein Herz hämmerte.

„Ja?“, flüsterte ich.

„Bitte kommen Sie nach draußen. Es geht um Ihren Partner.“

Ich zog den Morgenmantel über, schob die Tür hinter mir zu, während drinnen noch alles schlief. Der Flur wirkte länger als sonst, die Fliesen unter meinen Füßen kalt wie Eis. Ich wusste nicht, was mich erwartete – aber ich wusste, dass es nichts Gutes war.

Draußen stand ein Trupp in dunklen Jacken, einer trat vor. „Bitte zeigen Sie uns Ihre Hände. Nur zur Sicherheit.“

Ich gehorchte. Um mich herum roch es nach feuchtem Laub und Diesel. Und dort, einige Meter entfernt, stand er. Tayler. Mit gesenktem Kopf, die Hände gefesselt hinter dem Rücken. Zwei Beamte hielten ihn am Arm.

„Was ist passiert?“, fragte ich mit erstickter Stimme.

„Wir können derzeit keine Einzelheiten nennen“, antwortete der Mann mit ruhiger Miene.

„Aber warum...?“

„Er steht unter Verdacht. Mehr darf ich nicht sagen.“

Ein Murmeln. Eine brüchige Stimme: „Ich hab nichts getan. Ich schwöre.“

Ich blickte ihn an, suchte in seinem Gesicht nach einer Erklärung, nach einer Spur der Wahrheit. Aber da war nur Erschöpfung. Und vielleicht Angst.

„Sind weitere Personen im Haus?“, fragte der Beamte.

Ich nickte. „Zwei Kinder. Und die Eltern meines Partners.“

„In Ordnung. Wir werden mit ihnen sprechen.“

Ich fror. Nicht nur, weil ich barfuß im Morgengrauen stand. Sondern weil sich etwas verändert hatte. Endgültig.

Kapitel 2

Wenn es um Herzensdinge ging, war ich nie wirklich eine Meisterin der Vernunft. Während andere nach Beständigkeit und Sicherheit suchten, zog es mich stets zu den Unberechenbaren. Die Ruhigen, die Netten, die Soliden – sie konnten mir nie das geben, wonach ich unbewusst suchte: Drama. Tiefe. Das Versprechen, jemanden zu verändern.

Manche würden sagen, ich hätte ein Helfersyndrom. Ich selbst nannte es lange Zeit schlicht: ein Hang zur Romantik mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad.

Als ich Karim kennenlernte, war ich eigentlich noch gebunden. Die Beziehung, in der ich damals steckte, war ein ständiger Drahtseilakt zwischen Hoffnung und Erniedrigung. Er – der Mann, mit dem ich mein Leben teilen wollte – hielt mich lieber im Verborgenen. Nie ein gemeinsames Foto, nie ein „Wir“ vor anderen. Ich war die stille Mitbewohnerin im Hintergrund, zuständig für Ordnung, Wärme und das stets gefüllte Tellerchen auf dem Tisch.

Wenn er nachts verschwand, wusste ich selten, wohin – nur, dass er am Morgen roch, als hätte er ein fremdes Leben getragen. Manchmal nach Alkohol, manchmal nach einem Parfüm, das nicht meins war. Haare an seiner Kleidung sprachen ihre eigene Sprache – zu vielfältig, um Zufall zu sein. Und doch blieb ich. Aus Gewohnheit. Aus Angst. Aus der tiefen Überzeugung heraus, dass sich Liebe auszahlen müsse, wenn man nur genug investierte.

Aber je mehr ich mich bemühte, desto mehr wurde ich zu jemandem, den ich kaum noch erkannte. Ich war wie ein Schatten meiner selbst – brav, still, funktional. Und gleichzeitig in einem inneren Aufruhr gefangen, der mir den Schlaf raubte.

Als er eines Tages zu einem Familienbesuch aufbrach – und einfach nicht zurückkehrte –, war das Schweigen seine letzte Mitteilung. Kein Wort, kein Abschied, kein Rückblick. Nur ein leerer Platz, den ich irgendwann nicht mehr zu füllen versuchte. Ich beschloss, mich nicht länger festzuklammern an ein „Wir“, das nie wirklich existiert hatte.

Und obwohl ich innerlich noch voller Risse war, ließ ich die Tür zu meinem Leben wieder einen Spalt weit offen. Für einen Neuanfang. Für die Möglichkeit, dass es vielleicht doch jemanden gab, der blieb.

Dass die nächste Geschichte eher ein weiteres Kapitel aus einem modernen Märchen mit dramatischem Plot-Twist werden würde, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Denn wie es so oft beginnt, begann auch das mit einem Lächeln, das zu lange blieb – und einem Blick, der versprach, dass alles anders sein könnte.

Kapitel 3

Er kam nicht auf einem Pferd. Nicht einmal mit Blumen. Sondern mit einem WLAN-Signal, das mitten in der Nacht in meinem Schlafzimmer aufflackerte. Kein Märchenprinz also – eher ein Pixelritter mit amerikanischer IP-Adresse.

Die Nacht war stickig, der Schlaf flüchtig. Ich wälzte mich von einer Seite auf die andere, schwitzte unter dem dünnen Laken und sehnte mich nach irgendetwas – Nähe vielleicht, oder einfach nur Abwechslung. Der Platz neben mir war schon seit Wochen leer. Mein damaliger Freund hatte sich auf unbestimmte Zeit verabschiedet. Auf Reisen, sagte er. Im Herzen längst woanders, dachte ich.

Ich war müde vom Warten, müde vom Zweifeln. Und, um ehrlich zu sein, auch ein bisschen wütend. Auf ihn. Auf mich. Auf die Stille, die sich über mein Leben gelegt hatte wie eine schwere Decke.

Irgendwann gab ich auf, schnappte mir mein Handy und scrollte mich durchs Nichts. Die sozialen Medien waren meine Gesellschaft, mein Fluchtweg, meine Ablenkung. Und dann, zwischen all den Katzenvideos und Werbeanzeigen, blitzten zwei neue Freundschaftsanfragen auf. Zwei Männer. Fremd, aber freundlich aussehend. Beide aus Kalifornien.

Ich klickte ohne große Überlegung auf „Annehmen“. Vielleicht aus Neugier, vielleicht aus Trotz. Vielleicht, weil ich längst wusste, dass da nichts mehr war, was kaputtgehen konnte.

Ein paar Stunden später – ich war gerade beim ersten Kaffee – kam die Nachricht. Kurz, höflich, ein wenig unbeholfen:„Hi, ich bin durch eine gemeinsame Bekannte auf dein Profil gestoßen. Du wirkst interessant. Vielleicht magst du mir ja schreiben?“

Nichts Besonderes. Und doch blieb ich an seinen Worten hängen. Vielleicht war es das Foto. Vielleicht seine Art, mich direkt, aber nicht aufdringlich anzusprechen. Vielleicht war ich auch einfach bereit, mich wieder lebendig zu fühlen.

Ich antwortete nicht sofort. Ein Teil von mir erinnerte sich noch gut daran, wie es sich anfühlte, ausgenutzt zu werden. Der andere wollte endlich wieder gesehen werden. Und irgendwann, zwischen den Terminen des Tages, schrieb ich zurück. Kurz, freundlich, vorsichtig.

Was folgte, war ein Gespräch, das nicht mehr aufhörte. Wir schrieben stundenlang, Tag für Tag. Seine Art zu reden hatte etwas Beruhigendes. Er erzählte viel, fragte noch mehr. Und zum ersten Mal seit Langem hatte ich das Gefühl, jemand hörte wirklich zu.

Bald darauf telefonierten wir. Seine Stimme war warm, mit einem leichten Akzent, der zwischen den Sätzen hängen blieb wie ein Versprechen. Ich wollte mehr. Mehr Nähe. Mehr von ihm.

Er sprach von Träumen, von Reisen, von Zukunft. Und irgendwie, ohne dass ich es geplant hatte, wurde aus flüchtigem Kontakt ein fester Bestandteil meines Alltags.

Ich vergaß den Mann, der gegangen war. Und dachte nur noch an den, der vielleicht kommen würde. Auch wenn ich ihn noch nie berührt hatte. Noch nie in echt gesehen. Noch nicht.

Aber das würde sich bald ändern.

Kapitel 4

Natürlich sprachen wir über unser erstes Treffen. Wir stellten es uns vor wie eine Filmszene – mit nervösem Lächeln am Flughafen, schüchternem Blickkontakt, einem ersten Händedruck, der vielleicht zu lang dauern würde. Wie würde es sein, sich endlich wirklich zu sehen? Sich zu berühren, sich zu riechen?

Hin und wieder schlichen sich Zweifel in meine Gedanken. Ich hatte mir Tayler im Kopf längst zu einem Ideal zusammengebaut – klug, warmherzig, charmant. Ein Mann mit Tiefe und Humor. Und ich wusste, dass kein Mensch der Welt diesem Bild jemals ganz gerecht werden konnte.

Da ich mit meinen fast 1,80 m nicht gerade klein war, war meine erste Frage bei jedem Date – blind oder nicht – immer die nach der Größe. Körpergröße, wohlgemerkt. Der Rest musste sich ohnehin erst zeigen. Und passte im besten Fall… nun ja, überall.

„Mal ehrlich, Mira“, meinte mein Vater keuchend bei einer unserer gemeinsamen Laufrunden, „die Wahrscheinlichkeit, dass daraus wirklich etwas Ernstes wird, liegt bei null. Vielleicht 0,1 Prozent, wenn du Glück hast. Und wenn nicht – dann war’s eben ein schöner Flirt.“„Aber ich bin verliebt! Richtig!“ Ich klang trotzig, fast kindlich.„Du hast ihn noch nie gesehen. Das ist kein Verliebtsein, das ist Projektion.“

Bäm. Challenge accepted.

Vielleicht war es tatsächlich genau dieser Zweifel von außen, der mich umso mehr daran glauben ließ, dass es echt war. Dass wir echt waren.

Je mehr Wochen vergingen, desto deutlicher wurde allerdings: Ich wollte mehr. Eine Beziehung, die nicht nur auf Nachrichten und nächtlichen Gesprächen basierte. Ich wollte reale Umarmungen statt Emojis. Ich wollte endlich ankommen – offline.

Zwei Wochen, sagten Experten. Zwei Wochen sollte man sich maximal Zeit lassen, bevor man sich zum ersten Mal trifft. Sonst riskiere man, sich in eine Illusion zu verlieben. In ein digitales Echo.

Bei uns waren es acht Wochen. Acht Wochen voller Lachen, Versprechen, intimer Gespräche. Aber eben auch acht Wochen voller Abstand.

„Wann kommst du?“, platzte ich irgendwann heraus. Es war keine nette Frage mehr, es war ein Bedürfnis. „Nächstes Wochenende?“, erwiderte Tayler ohne zu zögern. „Ehrlich?“ „Ich muss schauen… es ist gerade viel los im Job. Ich würde Geld verlieren, wenn ich fliege. Aber ich will es versuchen – weil du mir wichtig bist.“

Ich seufzte. Und ich glaubte ihm. Trotzdem kam er nicht. Und ich verstand es – es war ein weiter Weg. Elf Stunden Flug. Über 9000 Kilometer. Neun Zeitzonen. Und ein Ticket, das man nicht mal eben aus der Portokasse bezahlt.

Aber eine Tendenz zeichnete sich ab. Er versprach – und hielt es nicht. Immer öfter. Ich begann zu zweifeln. Womöglich hatte mein Vater recht. Vielleicht war das Ganze nichts weiter als ein schöner digitaler Tagtraum.

Am Ende stellte ich Tayler vor die Wahl. Kein böses Ultimatum, eher ein letzter ehrlicher Versuch, das, was wir da hatten, zu retten: „Entweder du kommst. Oder wir lassen es bleiben.“

Und diesmal kam er.

Er war kleiner, als ich gedacht hatte. Als er langsam auf mich zukam, roch ich Alkohol. Sein Blick war müde. Keine elektrisierende Filmsequenz, kein Schmetterlingsorkan – aber er war da. Echt.

„Wow. Du bist… groß“, war seine erste Reaktion. „Ich weiß“, erwiderte ich, nahm ihm den Koffer ab.

Ich erwartete Glücksrausch. Stattdessen bekam ich Realität. Aber vielleicht musste das ja nichts Schlechtes sein. Vielleicht war „anders“ nicht automatisch „schlechter“.

Im Auto reichte ich ihm eine Flasche Weizenbier – ein kleines Willkommensritual, das wir scherzhaft geplant hatten. Er trank. Ich fuhr. Die Stimmung taute auf. Und ich begann, mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass Liebe manchmal einfach anders beginnt.

Der Abend war… laut. Irgendwann lachten wir so viel, dass wir dachten, wir hätten unsere Rechnung schon bezahlt. Hatten wir nicht. Und der erste Kuss? Ein verschwommener Moment, an den ich mich später kaum erinnern konnte.

Küssen, so sollte ich später lernen, war nie wirklich Taylers Ding. Zu intim, sagte er. Zu feucht, zu viel Nähe. Das kam erst viel später zur Sprache – genau wie vieles andere.

Aber in jener Nacht war ich einfach froh, dass er da war. Am nächsten Tag blieben wir im Bett. Lange. Ich fühlte mich geborgen. Körperlich erledigt, seelisch ruhig.

Er war anders als Karim. Freundlich. Zugewandt. Er interessierte sich für meine Familie, stellte Fragen, hörte zu. Und das ganz ohne, dass ich ihn dazu drängen musste.

Drei Tage lang war die Welt in Ordnung.

Ich erinnere mich an einen Nachmittag in Köln. Tayler wollte unbedingt etwas „Traditionell-Deutsches“ essen. Ich schleppte ihn durch halbe Altstadtkneipen, versuchte mich in verzweifelten Übersetzungsversuchen: „Schweinshaxe mit Kartoffelpuffern und… äh… Gemüse in Bratensoße?“ – sein Blick wurde immer leerer. Am Ende umarmte er mich lachend und fragte: „Gibt’s hier auch Subway?“Es wurde ein Sandwich. Mit süßem Senf. Willkommen in Deutschland.

Nach dem Sandwich kam das Gespräch. Ich wollte Klarheit. Sicherheit. „Sind wir jetzt… zusammen?“ fragte ich – direkt, vielleicht zu direkt.

Sein Blick wich meinem aus. „Lass uns Zeit. Wir kennen uns kaum.“

Das tat weh. Tief.

„Ich fand’s schön mit dir“, sagte er später. „Ich glaube, ich bin ein bisschen verliebt in dich.“Ich lächelte schwach. „Ich vielleicht auch… ein bisschen.“

Als wir zum Flughafen fuhren, war mein Herz schwer. Ich wollte ihm vertrauen. Ich wollte mich fallen lassen. Aber da war dieses Gefühl. Diese Stimme in mir, die flüsterte, dass irgendetwas nicht stimmte. Dass da ein Schatten war, der größer war als der Jetlag.

Und diese Stimme… sollte recht behalten.

Kapitel 5

„Ich mag dich. Jetzt bist du dran. Komm mich besuchen.“

Ich hatte auf sein Go gewartet – und es kam. Dass auch ich die Entscheidung hätte treffen können, ob ich reisen wollte oder nicht, geriet irgendwie in den Hintergrund. Ja, theoretisch hätte ich nein sagen können. Aber praktisch? Praktisch war ich längst zu tief drin. Oder er in mir. Ich wollte, dass es funktioniert. Und setzte alles daran.