Gegen abend oder später - Ingeborg Kaiser - E-Book

Gegen abend oder später E-Book

Ingeborg Kaiser

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Beschreibung

»Ingeborg Kaiser ist eine Bildhauerin des Wortes. Die Autorin registriert Phänomene ihrer Umwelt und das, was sich darunter verbirgt, mit bestürzender Wachheit. Sie verschlüsselt ihre Erfahrungen und konzentriert sie konsequent aufs Wesentliche. So entstehen Sprach-Gebilde von hoher Aussagekraft, die dank Wortwahl und Rhythmus zugleich sinnliche Plastizität gewinnen.« (Valentin Herzog)

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Seitenzahl: 24

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Inhalt

Wortbrunnen

versunkene zonen

gebrochenes geläut

mit deiner vorzeitigen geburt

gezeiten

jemand sagt

toter freund

südworte

sagte immer

jahrtag

gebet

nachtgesichte

zwiegespräch

abwesend

kettenkarussell

Der Hund des Enkels der Frau

nebelschwer

brief

den kopf abschlagen

immer

sandfrau

hummelschwer

der ton dazwischen

muttergene

fehlgepfadet

schweigen

dezemberföhn

Das Bild – die Zeit

fliesszeit

eine kiste

der ton

wirf die wortleiter

die liebende

mir das bein gestellt

lautlos

teufelchen

wortmensch

geblendet

performance

strudel in wien

sternenblind

zum jahrestag

weisse sternmagnolie

verlässlich

schranke

im osten

Begegnung mit Steinwesen

kürzlich

nimmerleinsfeld

warten

dein jahr

nackt

deine tändeleien

die zunge brennt

und was

haben

willens

nach der letzten

stumm

deine pentekoste

gedanken

den folterer

sternenblind

tattoo

frei

Schlafende Muse

abgeworfen

Wortbrunnen

Wieder zurück, aber hinter deinen Augen noch das Land der weissen Felder, der gerade gezogenen, scheinbar endlosen Alleen, seinen tief hängenden Himmel im Grauton. Und dann der strenge Ostwind, beissend scharf, der deinen Widerstand weckte und neue Lebenskraft, womöglich ein Spass, seinen Attacken standzuhalten. Die einzelnen Frauen bei der späten Feldarbeit wussten es besser, in Kopftücher gehüllt und mehrschichtig gepolstert schienen sie dir alle Babuschkas, so rundlich wie zäh, ihr Rücken gegen den Wind gebeugt.

Noch vermisst du den Wind von dort, wie damals das vierjährige Kind sein Dorf. Heimwehschwer stand es am Erkerfenster der Stadtwohnung und erwartete lange Zeit seine Freunde, die es in sein Dorfleben zurückbringen würden. Kletterte schliesslich auf die Fensterbank und flatterte rhythmisch mit den Armen, als wolle es das Fliegen üben, machte noch einen Schritt nach draussen und meinte traumartig über die Dächer, Häuserschluchten, Baumkronen zu gleiten, aber wagte das Abheben nicht wirklich. Stand mit geschlossenen Augen, mehr draussen als drinnen, spürte den Sog in die Weite, der schwindlig machte, und träumte sich jahreweit los. Trickste sich aus der Wirklichkeit, bis der Bombenkrieg die Stadtwohnung lodern liess, das Kind dem Gieren des Feuers andächtig zusah, den stiebenden Funken im Eiswind.

Jahrzehnte später, ein anderes Land, ein anderes Fenster und deine verzweifelte Verlorenheit, allnächtlich die Albträume. Ein Nachtmahr zwang dich ans offene Fenster, vermeintlich verfolgt, bedroht, bist du gesprungen und ohne Furcht abzustürzen in den Wortbrunnen gefallen, dein anderes Leben.

versunkene zonen

gebrochenes

geläut weht

dich an erinnert

an versunkene

zonen

mit deiner vorzeitigen

geburt kam

das leben angstvolles

glück löste

mir die gefrostete

zunge

gezeiten

das meer

dort die

irishsea hier

muschelgehäus

im nassen sand

aus dem ich

erinnerung berge

jemand sagt orvieto

die fahlen ablichtungen

beleben sich der

dom dann wir