Ausgewählte Gedichte - Ingeborg Kaiser - E-Book

Ausgewählte Gedichte E-Book

Ingeborg Kaiser

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Beschreibung

Ausgewählte Gedichte aus rund 40 Jahren des lyrischen Schaffens von Ingeborg Kaiser (Basel).

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Seitenzahl: 60

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Inhalt

manchmal fahren züge

heimliches laster

zeittasten

galgenmut

matou

gegen abend oder später

vom schweigen sprechen

Neue Gedichte

manchmal fahren züge

gegengesicht

verweigerung

kahl steht

mein sommerbaum

zeigt meine

blösse der

wintereinbruch

sei gesetz ich

wechsle die grenzen

im raum der

phantasie

erlischt jede

sprache der

macht

avis

ich lebe

unterm Wasser

wer mich

besuchen will

muss tauchen gehen

sich nicht an

trümmern stossen

wer mich

besuchen will

muss auf grund

ich bin

am roden aber

die sehnsucht

wächst neu

ihre dornen

zeichnen meine

haut

ich lebe

zwischen schuppenleibern

wasser umschliesst

uns wie cellophan ein

dom der stille

wo mein

schweigen von

ufern singt die

menschenaugen

der fische warnen

ich lerne

atmen auf grund

zeitreise

rudern

gegen den

strom beharrlich und

langsam mit

blossem auge die

ufer sehen vögel

und steine endlich

anlegen bei

sich

die andere zeit

erzähle mir

nichts von der

zeit ich betrog

sie diese

nacht eine

phantastische

reise sie

begann mit einer

dampflokomotive und

endete im

rapido was

für glückliche

jahre

liebesgeschichte

manchmal

erfinden wir

uns das

gegengesicht

verkuppelt phantasie

traum mit

wirklichkeit manchmal

leben wir

versuch

den

stein in

der hand

kneten jeden

tag gegen bessres

wissen

vergeblichkeit ist die

kraft die ihn

sprengt

phantastisch

manchmal

fahren züge

nordwärts in den

süden manchmal

reist du

jahrzehnte in

einer nacht

manchmal so

federleicht

welt der dinge

morgens der

kreis von

stühlen im

park stumm

vor dem

eindringling

zusammengerückt eine

geschlossene

gesellschaft vor

der sich mein

lächeln verneigt

windrose

komisch das

glück seine

blume ist

verschenkt ich

liess sie der

fremden am

bahnhof lief im

regen zum taxi

schattenlust mein

gepäck

puzzle

diesen morgen

sein

sanftes grau und

meine erinnerung

die mit

den vogelstimmen

eindrang meinen

körper zerschnitt

verwahre ich

postlagernd

mein sohn

er schwebt

über abgründen mein

sohn ein

deltasegler wissen

sie es noch

nicht sagt die

stimme am

telefon ein hubschrauber

hat ihn

eingeflogen den

sohn schwebt

im kantonsspital über

dem abgrund abgesichert

mit schläuchen aus

plastik kann er noch

atmen mein sohn an

händen und

füssen gebunden bäumt

er sich schreit

nicht erreichbar schwebt

noch immer die

augen geschlossen seine

dunklen augen ich

kann seine pulsschläge über

einen monitor sehen

solange die linien

weiterlaufen ist

er nicht

abgestürzt nicht sage

ich nicht mein

sohn vor siebzehn

jahren sind wir aus

einem fenster

mein leib hielt

ihn das

fruchtwasser es war

auch ein august seitdem

behüten wir

uns schweben über

abgründen spotten leise

aller angst mit seinen

augen haben wir

viele leben mein

sohn im siebzehnten

jahr zart schon

im brutkasten aber

lebensfähig die

von ihm wissen haben

ihn gern

meinen sohn ein

prima typ sagen

sie ein

heller kopf liegt

in der abteilung

für intensivmedizin schwebt

schlafwandlerisch über

dem abgrund so

geschickt mein

sohn vertreibt die

angst

emigration

die

wege von gestern

hat das zeitmeer

überspült der

abschied stand im

kursbuch zollfrei

passiert die erinnerung

auf ihren spuren

laufe ich ins

morgen

unterwegs

lösung

seit ich

abwesend bin

es schwerfällt

mich aufzuspüren

auch

meine erinnerung

versandet kann

man mit mir

etwas anfangen

sagen sie

BIN ICH

ICH BIN

ein leben

gewichtlos

ohne echo

eines unter vielen

auswechselbar

2/3 wasser

20 kg kohlenstoff

2 kg kalzium

1 kg phosphor

chlor schwefel natrium

ein weisser

in europa

strassenbenützer

zeitungsleser

steuerzahler

jemand

ohne besondere kennzeichen

ein verbraucher

ein objekt

die öffentlichkeit

BIN ICH

frieden

die glocken

läuten zur

morgenmesse

präpariere ich

den gänsebraten

fülle mit

äpfeln kastanien zwiebeln

nähe seine bauchlappen

gebe das tier

auf den rost

alle jahre wieder

die gleiche sorgfalt

das gleich wohlergehen

hier bügelt jemand

seinen buchara ein

gutes verfahren gegen

bienenwachs die

tanne wuchs

in dänemark die

kugeln gehauchtes glas da

ruft jemand mama

ich

schäle kartoffel

singe die alten lieder

steche die gans

ihre roten tränen

tröpfeln da

denke ich plötzlich

ein gedicht

wäre schön jetzt

ein gedicht zu

schreiben

wärme teller und platten

bereite salat tranchiere

später die gans

bei tisch das

kerzenlicht spiegelt

kommt mir

ein stück gedicht

hoch und jemand

bringt einen magenbitter

ich spüle die

worte weg

sorry

freunde

in meinen

cocktails versteht

habt ihr

mich leergetrunken

versteht es

ist nicht einerlei

woran man

stirbt

gegenwelt

wenn sie

einfallen

tag oder nacht

mich umkreisen

bleisohlen anhexen

zum tanzen zwingen

wenn sie

den atem absaugen

das gehirn belegen

die sinne und

mein schlagendes herz

aufteilen

wenn sie

sagen dass

sie mich brauchen

dabei

arme und füsse

ausreissen

beschwöre ich

ein gesicht

mein bild von

homo sapiens

dann entfernen sich

die gespenster

opportun

die

freunde mehren

sich die freundlichen

gesten ich

rufe meine worte

zurück

siebe sie

zeitgenarbt

vergesst meinen

namen die

freundlichkeit ist mir

ausgelaufen euren

fragen genügt das

echo vergesst

mein gesicht endlich

taub übe ich das

schweigen als

signal

bedacht

wenn

die sichel des

mondes deinen

morgentraum mäht kneble

die schreie ins

schneetuch dünn

ist das

eis eine gläserne

haut noch

kannst du

nicht auf dem

wasser gehen

imago

verlassen

das haus

auf dem hügel den

winden offen

schauen seine

fensterhöhlen das

meer

im mittag nach

dem regen

die frachter

schwerelos den

augenblick auf

la punta

im

gemäuer der

echse sein

blau verblichen vom

einsturz bedroht die

treppe unter der

ein traumvogel

singt

strudel in wien

vielleicht wien und

sicher januar im

fenster des trödlers der

dezember ohne nadeln auf

dem gerippe ein vogel sein

silberlied mischt sich

in das kratzen der

schneeschaufeln vor sechs

vielleicht umarmt mich ein

traum ecke strozzigasse wartet

der doppelstöckige bus

ich warte auf meine

schritte sie sind durch

den torbogen verschwunden im

trüben licht numerierter

stiegenschluchten verhallt der

portier rostet verbeult aus

seinem mund ragt ein draht die

augen sind lochkarten ohne

daten gibt es mich nicht

ohne namen adresse küss die

hand vielleicht bin ich in

dem wintergedicht gleich kommen

schritte treffen andere schritte gleich

fährt ein bus zum südbahnhof oder

westbahnhof vielleicht in wien

monarchisch

der himmel spiegelt den frost

schattenlos über

morgenhäusern ecke strozzigasse

josefsstädterstrasse hängt die

fleischersfrau im schaufenster am

fleischerhaken und blutet

aus bekleidet mit

einer lammfellmütze vielleicht

hat sie mit dem

hackbeil geschäkert sie kann nicht

mehr verraten wieviel

vom rosenpaprika wieviele esterházy wo

fände ich meine zeit gegenüber

das hotel weisser hahn eine

grille narrt die gäste knabbert an

rosentapeten und zirpt gleich

kommt der kammerjäger erschiesst

die grille vielleicht auch

die rosen

noch einmal schritte der

verschlag des portiers ist

verwaist sind es

meine schritte die

steintreppen scheinen ohne spuren das

parkett im appartement dreizehn

liegt faltenlos jetzt

wünschte ich ein grillenlied für

blosse füsse die

zeit verweigert sich vielleicht

in wien liege ich ordentlich

gefaltet in einer lade

appartement dreizehn das

sofa in der farbe von mohn die

kerze sonnenhell die rose

irgendwo zuhause sein

einen dreivierteltakt lang

zuhause die

frostschaufeln kratzen ecke strozzigasse

ich habe ein schneegesicht im

burggarten narbt es die krähe die

barocken paläste geben sich maskiert

die menschen

im kaffeehaus quillt verwesung

unter rahmperücken vor wie

war gleich der hübsche name

liebe oder tod

die steinfrau lächelt ihre

blossen brüste von stimmen

liebkost kann es

mitternacht sein wo

finde ich meine zeit splittert sie

der frost in kleine münzen zu

wenig um eine rose zum

blühen zu bringen vielleicht in

wien umarmt die liebe den

tod endlich ein schneereigen der

kammerjäger tanzt mit

einer fleischersfrau im

wienerwald soll ein

knusperhaus stehen vielleicht