Geh schon mal in dich, das Glück kommt dann nach - Paula Lambert - E-Book
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Geh schon mal in dich, das Glück kommt dann nach E-Book

Paula Lambert

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Beschreibung

Niemand ist perfekt, und doch wollen wir es alle sein. Wir suchen zwanghaft nach Dellen und Macken, bis wir uns schließlich selbst nicht mehr mögen – obwohl wir allen Grund dazu hätten. Schluss damit! Die Sex-Expertin und Beziehungsberaterin Paula Lambert weiß, wie es ist, den eigenen Körper abzulehnen, Gefühle wegzuessen, statt sich ihnen zu stellen, und sich vor lauter Selbstzweifeln selber zu verachten. Doch sie hat einen wirksamen Weg gefunden, die inneren Monster zu bekämpfen: Wer in sich geht und lernt, sich selbst zu akzeptieren, wird auf Dauer glücklich werden – und das ist gar nicht so schwer! Paula Lambert ist selber durch alle Tiefen gegangen und hat am Ende zu sich gefunden.

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Seitenzahl: 284

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Wer endlich loslässt, hat zwei Hände frei!

Niemand ist perfekt, und doch wollen wir es alle sein. Wir suchen zwanghaft nach Dellen und Macken, bis wir uns schließlich selbst nicht mehr mögen – obwohl wir allen Grund dazu hätten. Schluss damit! Die Sex-Expertin und Beziehungsberaterin Paula Lambert weiß, wie es ist, den eigenen Körper abzulehnen, Gefühle wegzuessen, statt sich ihnen zu stellen, und sich vor lauter Selbstzweifeln selber zu verachten. Doch sie hat einen wirksamen Weg gefunden, die inneren Monster zu bekämpfen: Wer in sich geht und lernt, sich selbst zu akzeptieren, wird auf Dauer glücklich werden – und das ist gar nicht so schwer!

Paula Lambert, geb. 1974, ist Moderatorin und Bestsellerautorin, u. a. des erfolgreichen Selbstliebe-Ratgebers Finde dich gut, sonst findet dich keiner. Sie hat an der Axel Springer Akademie in Berlin ihr journalistisches Handwerk gelernt, war Redakteurin bei der Welt und arbeitete als freie Autorin u. a. für Geo, Die Zeit, mare und Emotion. 1999 wurde sie mit dem Axel-Springer-Preis ausgezeichnet. Sie hatte 12 Jahre lang eine Kolumne in der GQ und wurde durch ihre TV-Sendungen Im Bett mit Paula (ZDFkultur) und Paula kommt (Sixx) bekannt.

Wie in ihrem Podcast Paula KOMMT – Podcast des Scheiterns macht Deutschlands bekannteste Beziehungsratgeberin auch in ihren Büchern Mut, die eigenen Grenzen zu überwinden und zu Selbstliebe, erfülltem Sex und Partnerschaften auf Augenhöhe zu finden. Paula Lambert lebt in Berlin.

Wilhelm Heyne Verlag

München

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Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Copyright © 2021 by Wilhelm Heyne Verlag,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Covergestaltung: Hauptmann & Kompanie

Werbeagentur, Zürich

Coverfoto: © Paula Lambert/@cyroline

Redaktion: Caroline Kaum macht Programm, München

Satz: Leingärtner, Nabburg

ISBN 978-3-641-26463-5V002

www.heyne.de

Für Christin Lehniger und André Sobeck, die immer mehr machen, als sie müssten

Vertrau dir selbst. Du weißt mehr, als du glaubst.

DR. BENJAMINSPOCK

Deine Reise

Ehe du losgehst

Deine Wanderschuhe

Du hast nichts zu verlieren, wenn du dir vornimmst, dein Leben zu verändern

Du hast nichts zu verlieren, wenn du weißt, dass deine Muster kein Pilates machen, sondern Mixed Martial Arts

Du hast nichts zu verlieren, wenn du alles daransetzt, glücklich zu sein

Du hast nichts zu verlieren, wenn du auf deinen Bauch hörst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du die Wahrheit sagst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du dir große Ziele steckst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du den Mut hast, ehrlich zu sein

Du hast nichts zu verlieren, wenn du richtig sauer wirst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du etwas Falsches sagst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du dich weigerst, alleine zu reisen

Dein Rucksack

Du hast nichts zu verlieren, wenn du noch mal von vorne anfängst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du verzeihen lernst

Du hast wirklich nichts zu verlieren, wenn du verzeihen lernst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du nichts mehr auf die Meinung anderer gibst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du dich selbst ziemlich okay findest

Du hast nichts zu verlieren, wenn du dir vorstellst, du wärst eine süße Wunderkugel … sofern du mit ein paar unappetitlichen Überraschungen leben kannst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du deine Bedürfnisse vor die der anderen stellst. Und endlich lernst, NEIN zu sagen

Dein Proviant

Du hast nichts zu verlieren, wenn du verstehst, dass nicht die anderen für deine Minderwertigkeitsgefühle zuständig sind, sondern du selbst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du dein Liebesideal auf links drehst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du verstehst, dass Liebe sich auch auf andere Arten zeigt

Du hast nichts zu verlieren, wenn du nach jemandem suchst. Solange du richtig hinsiehst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du Single bleibst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du wartest

Du hast nichts zu verlieren, wenn du in einer gesunden Beziehung bist

Du hast nichts zu verlieren, wenn du dein inneres Kind in den Arm nimmst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du aus toxischen Beziehungen aussteigst

Du hast nichts zu verlieren, wenn du während der Partnersuche heilst

Deine Taschenlampe

Eine kurze Anmerkung zu Beginn:

Die Chance, dass du, wenn du dieses Buch in den Händen hältst, eine Frau bist, liegt bei über 90 Prozent, weil ich für einen Frauensender arbeite und die meisten meiner Follower weiblich sind. Aus diesem Grund habe ich gendermäßig für Frauen geschrieben, darüber hinaus heteronormativ. Das heißt aber nicht, dass der Inhalt nicht auch für alle Menschen und alle sexuellen Orientierungen ebenso gilt. Viel Spaß!

Ehe du losgehst

Dieses Buch wurde während der Corona-Pandemie geschrieben und Junge, Junge, in Sachen Kreativität und prima Laune war es wirklich kein besonders guter Zeitpunkt, um damit zu beginnen. Ein Kolibri schlägt ungefähr 40- bis 50-mal in der Sekunde mit den Flügeln, was gefühlt genau der Abstand ist, mit dem die Kinder zu mir kommen, weil sie Hunger haben, irgendetwas in der Schul-Cloud nicht funktioniert oder sie etwas nicht verstehen. Bemerkenswert übrigens, an wie wenig man sich aus der Schulzeit erinnert. Infinitesimalrechnung beispielsweise hat mein Gehirn komplett von der Festplatte gelöscht, während es an anderen Informationen, etwa der Existenz von distalem und proximalem Tubulus in der menschlichen Niere, festhält, als ob mein Leben davon abhängt.

Immerhin habe ich es in den letzten Monaten geschafft, beinahe täglich zu duschen. Von dieser Tätigkeit ist mein Effektivitätskonto meistens schon wieder aufgebraucht. In einem großen Klotz Götterspeise zu leben, muss sich ähnlich zäh anfühlen wie das Tempo, in dem mein Gehirn sich weiterbewegt. Dennoch: Glückwunsch! Wenn du das hier liest, heißt das immerhin, dass wir es gemeinsam bis hierher geschafft haben. Wooooohoooo!

Ich weiß natürlich nicht, ob du Kinder hast. Oder vielleicht einen Partner, der sich wie eines benimmt. Falls du eines von beidem hast, kann dir ab jetzt nichts mehr passieren, du bist apokalypsegestählt und deine Nerven haben eine Extra-Ummantelung aus Teflon bekommen. Falls du keine hast, dann hast du vielleicht nicht ganz so oft weinend in der Dusche gesessen, vielleicht nur jeden zweiten Tag.

Einer meiner beiden Teenager hat neulich zu mir gesagt: »Ich glaube, ich verstehe nur ungefähr 9 Prozent meines Lebens.« Ich kann das absolut nachvollziehen. Als Erwachsener versteht man, schätze ich mal, ungefähr 32 Prozent, und das an guten Tagen. Der Rest ist eine Mischung, eine bunte Ansammlung aus Überraschungen und Emotionen, was die ganze Sache natürlich auch spannend macht.

Grundsätzlich ist es wichtig zu verinnerlichen, dass man keinen Tag seines Lebens bereuen sollte. Gute Tage geben dir Glück, schlechte Tage Erfahrung. Die schlimmsten Tage erteilen dir eine Lektion und die besten helfen dir dabei, Erinnerungen zu schaffen. Was die letzten Monate angeht, sind wir uns vermutlich alle einig, dass das Grundgefühl dabei nicht ganz so toll war. Müsste ich die Pandemie auf Yelp bewerten, würde ich ihr ganz klar nur einen Stern geben und den auch nur, weil ich Weihnachten zum ersten Mal seit Jahren nicht die gesamte Verwandtschaft von Pulheim bis Oberursel abklappern musste.

Gleichzeitig bin ich ziemlich sicher, dass wir, später, wenn wir unser normales Leben wieder zurückhaben (werden wir das?), die Corona-Tage in unserer Erinnerung absolut romantisieren werden. Wie viel Zeit wir hatten! Was wir alles für neue Hobbys hätten lernen können! Da ich kein Bananenbrot mag und nur sehr geringes Talent in Sachen Häkelarbeit vorweisen kann, habe ich mir eine winzige Töpferscheibe gekauft, weil ich auf Instagram niedliche Videos von filigranen Vasen und Tässchen gesehen habe. Wie sich herausstellt, ist es unheimlich schwierig, filigrane Vasen zu formen. Würfel, Würste und Brezeln gehen hingegen ganz einfach.

Aber pass auf: Alles in allem hatte diese Zeit auch etwas außerordentlich Gutes. Und zwar deshalb, weil wir alle simultan an unsere Grenzen gestoßen sind. Und wer an Grenzen stößt, der spürt, wohin er wachsen will.

Der US-amerikanische Psychologe Abraham Maslow, Gründer der »Positive Psychologie«-Bewegung, hat einmal gesagt: »Man kann sich dafür entscheiden, rückwärts in die Sicherheit zu gehen oder vorwärts in das Wachstum. Für Wachstum muss man sich wieder und wieder entscheiden, und die Angst muss wieder und wieder überwunden werden.« Nichts anderes bedeutet es, gegen eine Barriere zu laufen. Man kann sich dafür entscheiden zurückzuschrecken und nichts zu tun. Oder man nimmt all seinen Mut zusammen und geht den Weg, der ungewiss ist und Angst macht. Woher soll der Käfer in der Kiste schließlich wissen, ob sich hinter der Wand eine schöne grüne Wiese verbirgt oder doch nur ein Frosch mit weit aufgerissenem Maul? In der Kiste zu bleiben ist meiner Meinung nach keine gute Alternative. Der Käfer würde sich langweilen, unglücklich werden und schlimmstenfalls sogar verhungern. Was also tun? Aus meiner Sicht gibt es nur eine einzige Möglichkeit: die Kiste zu verlassen und herausfinden, was draußen wartet.

Und genau darum geht es in diesem Buch:Um zu werden, wer du sein könntest, musst du den Menschen hinter dir lassen, der du warst.

Im Grunde ist die Sache einfach. Wer sich fürchtet, gibt der Furcht die Kontrolle über sich. Häufig ist die Angst vor Konsequenzen größer als das Problem selbst. Und das Schlimmste daran ist, dass ein Mensch, der nicht sein ehrlichstes Leben leben kann, eines führt, in dem Scham, Sorge, Kummer ständige Gäste sein werden. Das hört sich doch nicht besonders verlockend an, oder? Lieber will ich dich dazu ermutigen, dich dem Leben mit so viel Verve wie möglich zu stellen, die dafür nötigen Hindernisse aus dem Weg zu räumen und eines zu verstehen: Wenn du den Elefanten sattelst und aufsteigst, brauchst du den Hund am Boden nicht mehr zu fürchten.

Ich glaube, darin liegt der Schlüssel zu einem gelingenden Leben. Der Titel dieses Buches, Geh schon mal in dich, das Glück kommt dann nach, bedeutet genau das. Die Botschaft ist nicht, keine Fehler mehr zu machen oder keine Schwächen mehr zu haben und immer gut drauf zu sein. Sondern sich jeden Tag aufs Neue für sich selbst zu entscheiden. Wenn man die eigenen Bedürfnisse, die eigenen Fallstricke und Schwächen einmal bewusst wahrnimmt, kann man plötzlich auch seine Stärken ganz klar sehen. Dafür muss man ein wenig aufräumen und aufzuräumen bedeutet immer, dass man gewaltig entrümpeln muss. Einen Beruf aufzugeben, der Sicherheit gibt, kommt einem dumm und gefährlich vor. Eine Beziehung zu beenden, die so schlimm nun auch nicht ist (obwohl du nicht besonders glücklich bist), fühlt sich waghalsig an. Themen mit Menschen anzusprechen, an deren Urteil dir sehr viel liegt (auch wenn es vielleicht nicht so sein sollte), wirkt viel zu radikal. Aber es ist nötig, um eine Entscheidung zu treffen. Du kannst das ganze Leben als Käfer in einer Kiste verbringen. Oder du entscheidest dich trotz des Risikos dafür, über eine prächtige Blumenwiese zu fliegen.

Deine Wanderschuhe

Wenn man sich auf Wanderschaft begibt, braucht man gutes Equipment. Es gibt ein paar Dinge, die wichtiger sind als andere. Ein Zelt wäre sinnvoll und ganz sicher auch ein Gaskocher. Am wichtigsten sind aber deine Schuhe. Sie sind die Basis für das Gelingen deiner Reise und deshalb geht es in den folgenden Lektionen um ganz Grundsätzliches. Nicht vergessen: Gut geschnürt, ist halb gewonnen!

Du hast nichts zu verlieren, wenn du dir vornimmst, dein Leben zu verändern

Als ich jung war, habe ich gedacht, dass Glück sich in äußeren Dingen und Erscheinungen findet, also vielleicht in Geld oder Beziehungen oder in einer Karriere. Aber dann hatte ich eine Beziehung, und da war es nicht. Dann hatte ich eine Karriere und Geld, aber da war es auch nicht. Dann wurde mir Gott sei Dank klar, dass es im Leben ist wie bei Indiana Jones – nicht der goldene, funkelnde Kelch führt in die Freiheit, sondern der, den man vielleicht erst übersieht, weil er so unscheinbar ist. Und vor allem auch derjenige, der schmutzig ist. Ich meine den, der so richtig nach Arbeit aussieht.

Und Arbeit ist es. Das weißt du vielleicht schon, obwohl du trotzdem nachts in deinem Bett liegst und dir Geschichten ausdenkst, wie es sein könnte, wenn du drei Wünsche frei hättest. Oder wie du den einen Richtigen findest, mit dem alles fortan wie in rosa Watte gepackt ist. Vielleicht liegst du auch einfach wach so wie ich früher und nimmst dir vor, dein Leben ab morgen endlich so zu ändern, dass die Steinchen an die richtige Stelle fallen. Egal, ob es Liebe ist oder dein Körper oder einfach eine allgemeine Lebensrichtung. Ab morgen wirst du ganz bestimmt jeden Tag Sport machen!

Und dann wachst du auf und bist müde. Irgendwas kommt dazwischen, was schon wieder verhindert, dass dein Traum Wirklichkeit wird. Irgendetwas – in dir. Dieses Gefühl ist wahnsinnig ätzend. Du fühlst dich fremdbestimmt, obwohl du der Kapitän bist und fährst nach links, obwohl du nach rechts möchtest.

Dieses Buch ersetzt keine Therapie, das ist klar. Aber es hilft dir hoffentlich dabei, auf die drängendsten Fragen eine Antwort zu finden und zeigt dir, was du tun kannst, um die Klippen zu umschiffen, an denen du so oft eine Bruchlandung hinlegst. Wirklich jeder Mensch hat Tage oder Zeiten, in denen sich alles irgendwie blöd anfühlt – vor allem man selbst. Sogar Charles Darwin, ohne Frage einer der klügeren Menschen, die je gelebt haben, hatte Momente, in denen er sich in erster Linie dämlich vorkam. Zwei Jahre, nachdem er sein bahnbrechendes Werk Die Entstehung der Artenherausgebracht hatte, schrieb er in einem Brief an seinen Freund Charles Lyell am 1. Oktober 1861: »But I am very poorly today and very stupid and hate everybody and everything.« Sich mies und dumm zu fühlen und einfach alles und jeden zu hassen, kennst du vielleicht auch an bestimmten Tagen, und das macht wirklich ganz und gar nichts, weil nicht nur Manieren uns zu Menschen machen, sondern eben auch die bunte Bandbreite der Gefühle. Und wenn freundlich mit Pflanzen sprechen ihnen beim Wachstum hilft, dann stell dir nur mal vor, was das Gleiche mit Menschen machen kann.

So, jetzt legen wir aber los. Wenn du dieses Buch gekauft hast, dann hast du es wahrscheinlich nicht getan, weil dir das Cover so gut gefallen hat – obwohl auch das ein ausgezeichneter Grund ist. Ich spekuliere einfach mal drauflos und denke, dass du mit deinem derzeitigen Leben nicht ganz glücklich bist. Das ist völlig okay, denn das geht fast allen so. Vielleicht bist du auf der Suche nach einer Beziehung und findest keine. Oder vielleicht findest du immer nur Leute, bei denen es besser gewesen wäre, du hättest sie nicht gefunden (falls du dir da nicht sicher bist, frag einfach deine Freunde, die haben vielleicht ein paar Takte über deine Partner zu sagen!). Möglicherweise magst du nicht, was du siehst, wenn du morgens in den Spiegel schaust oder hast das Bedürfnis, dich unsichtbar zu machen, sobald du in die Öffentlichkeit gehst. Es kann auch sein, dass du einfach mit dem Istzustand unglücklich bist und gerne ein anderes Leben hättest. Was auch immer es ist, ich liebe dich jetzt schon. Willkommen im Scheitern.

Was das Scheitern angeht, so kenne ich mich damit wahnsinnig gut aus. Das ist dein Glück, behaupte ich jetzt mal, denn egal, in welchem Loch du dich gerade befindest: Ich war ziemlich sicher auch schon da. Ich weiß nicht, ob du es weißt, aber ich steckte schon als ich geboren wurde bis zum Hals in Schwierigkeiten. Und wie du auch, hatte ich irgendwann das starke Gefühl, mich aus all den miesen Gefühlen, die sich in meiner Magengegend breitmachten,, befreien zu müssen. Die miesen Gefühle kamen daher, dass ich in unheimlich starken Mustern gefangen war, die mich wieder und wieder in die gleichen Situationen befördert haben, nur eben mit anderen Nebendarstellern. Du weißt vermutlich, was ich meine.

Wiederholungen sind grundsätzlich gut. Wenn wir lernen, müssen wir, wie schon gesagt, eine Tätigkeit so lange wiederholt ausführen, bis sich im Gehirn ein passender Lernweg gebildet hat. Auf diese Weise wächst man. Blöd ist es nur, wenn die Wiederholungen sich in einem Verhalten zeigen, das selbstverletzend ist, weil man zum Beispiel ausschließlich Partner wählt, die einem zu verstehen geben, dass man nicht im Geringsten liebenswert ist. Es dabei zu belassen, wäre schade. Da du aber hier bist, denke ich, dass du ahnst, dass es so, wie es ist, nicht bleiben kann. Und das ist ein toller Schritt.

Zunächst ist es mir wichtig, dass du eines wirklich verinnerlichst: Du bist nicht alleine. Die meisten Leute verschweigen es, wenn es ihnen hundeelend geht, aber hier, auf unserem gemeinsamen Weg, werden wir das genaue Gegenteil tun. Wir sagen uns einfach alles. Und am Ende, das verspreche ich dir jetzt schon, wirst du heller strahlen als ein Atomkraftwerk – nur auf die gute Art.

Wenn es nach mir geht, dann wird dieses Buch für dich wie ein bester Freund oder eine beste Freundin, die mit dir durch dick und dünn geht und dir Rat gibt, wenn du nicht weiterweißt und dir da Mut zuspricht, wo du vor Angst erstarrst. Ein paar Dinge wiederhole ich darin wieder und wieder, weil das menschliche Gehirn nur neue Pfade anlegt, wenn man wieder und wieder auf der gleichen Stelle herumtrampelt. Du kannst mit diesem Buch auch arbeiten oder du kannst es lassen, aber all die Übungen, die ich eingebaut habe, haben mir selbst geholfen. Und wenn irgendetwas sein sollte, dann bin ich ja auch noch anderswo für dich da. Du weißt ja, wo du mich findest.

Wenn ich Talks gebe oder Bücher schreibe, dann berichte ich gerne von mir. Und zwar nicht, weil ich die brillanteste Person der Welt bin, sondern weil ich der Mensch bin, den ich am besten kenne und verstehe. Ich weiß, warum ich wie handele und verstehe, welche Verhaltensweisen mich in Schwierigkeiten gebracht haben und manchmal immer noch bringen. Und ich hoffe, dass ich für dich eine so gute Projektionsfläche bin, dass du das Gleiche für dich herausfinden kannst. Ich kenne meine Niederlagen ganz genau, aber viel wichtiger: Ich bin inzwischen stolz auf die Kämpfe, die ich gewonnen habe.

Für den Fall, dass du mich nicht so genau kennst oder dieses Buch wirklich nur durch Zufall in die Hand genommen hast, möchte ich mich dir noch einmal genauer vorstellen.

Ich komme aus Bonn. Irgendeiner muss es tun

Wenn du aus Bonn kommst, bleibt dir nicht viel zur Auswahl. Entweder, du hast riesige Träume oder solche, die zur Umgebung passen. Das ist wahrscheinlich in jeder kleinen Stadt so, auch wenn mein Geschichtslehrer Dr. Nikolai immer behauptet hat, dass Bonn eigentlich eine Großstadt sei. Jedenfalls wollte ich, solange ich denken kann, einfach nur weg. Das lag nicht an Bonn selbst, wo man es mit ein paar Einschränkungen durchaus aushalten kann. Sondern an meinen Lebensumständen. Ich möchte dir kurz davon erzählen, damit du weißt, warum ich all deine Ängste so gut verstehe.

Mein Überleben habe ich vor allem ein paar aufmerksamen Nachbarn zu verdanken. Als ich sechs Monate alt war, verschafften sie sich Zugang zu der Wohnung, in der ich ganz alleine war. Sie haben mir erzählt, dass ich in einem kaputten Laufstall lag, um mich herum ein angelutschter Brotkanten, eine Streichholzpackung und ein paar leere Milchflaschen, in denen sich teilweise schon Schimmel gebildet hatte. Ich war mager und traurig, aber ich weinte nicht. Wie es Kinder eben tun, wenn sie resigniert haben. Aus dieser Zeit stammt übrigens mein bis heute schwieriges Verhältnis zu Nahrungsmitteln. Tief in mir drin habe ich immer noch Angst zu verhungern.

Fünf Jahre lebte ich nach diesem Vorfall bei besagter Nachbarsfamilie, bezog mit ihnen ein Haus, in dem sie mir alles beibrachten, was man als Kind können muss: laufen, Fahrrad fahren, Ostereier suchen. Ich fühlte mich sicher. Und dann, eines Tages, kam meine biologische Mutter, nahm mich aus meinem Zuhause und stürzte mich ins absolute Chaos. Ich habe die Geschichte schon ausführlicher in meinem letzten Buch Finde dich gut, sonst findet dich keiner beschrieben, aber falls du es nicht gelesen hast, ist es wichtig zu wissen, woher meine Fähigkeit kommt, mit problematischen Erlebnissen umzugehen.

Was ich noch nie beschrieben habe, ist, dass ich als Kind so eine Art Ein-Personen-Spionageunternehmen geführt habe. Wenn du so aufwachsen musst, wie ich es getan habe, dann bist du ständig auf der Hut. Ich habe meiner Mutter nicht vertraut, weil ich mich auf nichts verlassen konnte. Also versuchte ich, die Umstände »lebbar« zu machen, indem ich die Kontrolle übernahm. Ich suchte nach Beweisen für meine Existenzsicherung. Mit zehn Jahren ging ich regelmäßig ihre Lohnbescheide durch, prüfte, wie viele Sonntagsdienste sie gemacht hatte (Sonntagsdienste wurden besser bezahlt) und überschlug, ob es dieses Mal so weit reichen würde, dass der Strom nicht abgestellt würde. Natürlich hatte ich keine Ahnung, wie viel Geld man brauchte, um einen Monat zu überstehen. Das Einzige, was ich verstand, war, dass die roten Zahlen auf dem Kontoauszug nicht gut waren. Dennoch gab mir das Gefühl, diese Dinge zu wissen, eine Art Sicherheit. Ich hörte Telefongespräche mit und war ständig bereit, die nächste Lüge aufzudecken. Wo bist du gewesen? Hattest du wirklich Dienst? Warum kommst du nicht? Wer ist dieser Typ, mit dem du telefonierst? Du hast doch eigentlich einen Freund. Und so weiter. Ich war niemals entspannt, sondern meistens mit ausgestreckten Fühlern unterwegs. Und so habe ich auf traurige Weise gelernt, vorab zu ahnen, was später passieren würde.

Das war nicht gesund und schon gar nicht kindgerecht. Mein Unglück konnte ich nicht in Worte fassen, ich konnte nur versuchen, den Schmerz soweit abzufedern, dass er mich nicht völlig überrumpeln würde. Wenn wieder ein Mann an der Seite meiner Mutter das Handtuch geworfen hatte. Wenn ich plötzlich ins Internat sollte, weil der neue Mann mich nicht mochte. Wenn ich ein Blatt Papier fand, auf dem »Kinderfarm« stand, darunter ein Bauernhof, zehn Pflegekinder und ein Finanzierungsplan – offenbar bekam man für so viele Pflegekinder unheimlich viel Geld. Ich war nicht mal verwundert, dass ich auf dem Plan gar nicht auftauchte. Wenn ich mir mein Leben ansehe, dann weiß ich, dass meine Geschichte durchaus anders hätte ausgehen können. Und gleichzeitig gründet sich mein Erfolg auf genau dieser Erfahrung. Aus irgendeinem Grund habe ich es instinktiv verstanden, mein Elend in etwas Positives zu verwandeln.

Falls du meinen Podcast des Scheiterns kennst und hörst, dann weißt du, dass ich sehr oft darauf hinweise, dass die meisten Menschen schon vorab eine Ahnung davon haben, ob ihnen ein bestimmter Mensch oder eine Tätigkeit guttut oder eher nicht. Ich nenne es Bauchgefühl, aber du kannst es natürlich auch Intuition oder dein kleines Licht oder das blaue Männchen im Bauch nennen, völlig egal. Wichtig ist, dass du weißt, dass auch du einen untrüglich sicheren Kompass in dir trägst. Und den wollen wir jetzt aktivieren.

Ich bitte dich vorab um zwei Dinge. Du wirst schon darüber nachgedacht haben, ob und wie du etwas ändern kannst, dennoch möchte ich, dass du diese zwei Dinge tust:

1.  Du gibst vor dir selbst zu, dass du ein Problem hast, das dich daran hindert, ein glückliches, erfülltes Leben zu führen.

2.  Du glaubst fest daran, dass sich dieses Problem lösen lässt, und zwar durch ein tiefes Verständnis für dich selbst.

Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber bitte, tu es. Vergiss nicht, dass jede Sekunde, die du damit verbringst, von dir selbst enttäuscht zu sein eine ist, die du nicht darin investierst, herauszufinden, wie du besser werden kannst. Ich weiß, dass das schwer ist. Jahrelang habe ich geglaubt, dass ich der einzige Mensch auf der Welt wäre, der sich so klein und erbärmlich fühlt. Dass die meisten anderen fröhlich sind und aus dem Vollen schöpfen und manchmal vor lauter Glück nicht wissen, wohin mit sich. Wenn du genau hinhörst, dann weißt du, dass die meisten Leute sehr ähnliche Sorgen haben. Das ist auch der Hauptgrund, warum Menschen meinen Podcast so gerne hören. Nicht nur wegen der Ratschläge, sondern vor allem, weil sie danach wissen, dass sie mit ihren Sorgen und Problemen nicht alleine sind.

Wir Menschen sind nämlich gar nicht so unterschiedlich, wie wir alle immer denken. In unseren Bedürfnissen sind wir uns sehr ähnlich. Und auch in unseren Gedanken sind wir uns meist recht nah. Willst du Beweise? Bitte schön. Mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit kennst du folgende Situationen ziemlich genau:

•  Wenn du im Supermarkt nichts eingekauft hast und an der Kasse mit leeren Händen vorbeigehst, denkst du: »Benimm dich ganz natürlich, du hast nichts geklaut.«

•  Wenn dich eine unbekannte Nummer anruft, googelst du, um zu sehen, ob es sich um einen Spamanruf handelt.

•  Wenn dir jemand auf einem langen Flur entgegenkommt, überlegst du, wann der richtige Moment ist, Blickkontakt aufzunehmen.

•  Wenn du plötzlich irgendwo in der Herzgegend einen Stich spürst, denkst du: »Mist, jetzt passiert es wirklich, ich kriege einen Herzinfarkt.«

•  Wenn du über das Wochenende wegfährst, packst du so viel Unterwäsche ein, als hättest du vor, dich zweimal am Tag einzunässen.

•  Wenn du an der Kasse stehst, hinter dir eine lange Schlange ist und das Kleingeld einfach nicht in das Münzfach will, wirst du so hektisch, als ob du noch nie irgendwas in ein Portemonnaie gesteckt hast.

•  Wenn du jemanden nach seinem Namen fragst und dann vergisst, zuzuhören, wenn er dir seinen Namen sagt, überlegst du fieberhaft, wie du denjenigen dazu bringen kannst, seinen Namen noch mal zu wiederholen.

•  Wenn du einen Satz sagst, der ein ganz kleines bisschen merkwürdig klingt und den jeder nach zwei Minuten vergessen hat, liegst du trotzdem nachts um drei Uhr wach, um über die Konsequenzen dieses Satzes nachzudenken.

•  Du kannst eigentlich supergut einparken, außer natürlich, wenn da ein paar Leute stehen. Dann vergisst du plötzlich, wie man vernünftig lenkt.

•  Wenn du neben jemandem die Treppen hochgehst, versuchst du, extraleise zu atmen, damit die anderen nicht hören, dass du völlig unfit bist und ums Überleben kämpfst.

•  Wenn du durch einen Flur gehen musst, der gerade gewischt wurde, legst du einen völlig bekloppten Gang hin, als würdest du über heiße Lava gehen, damit der Putzer sieht, wie leid es dir tut, alles mit deinen Schuhabdrücken zu versauen.

•  Und ziemlich sicher liegst du manchmal abends im Bett und denkst: »Morgen kriege ich endlich mein Leben auf die Reihe.«

Du bist wirklich nicht alleine.

Bei meinem Startschuss ins Leben habe ich eine richtig miese Bahn abbekommen. Vorgesehen war, dass ich außen laufe, da, wo der Tartan voller Krümel und Pfützen ist, sozusagen. Damals, am 26. April um kurz vor neun Uhr morgens war eigentlich klar, dass aus diesem haarigen Kind nichts werden kann. Der Erzeuger unbekannt, die Mutter im Drogenmilieu, man weiß ja, wie so etwas endet. Ich hatte aber auf ganz vielen Ebenen durch wirklich schräge Zufälle unheimlich viel Glück. Vieles davon konnte ich als Heranwachsende nicht begreifen und auch nicht wertschätzen, aber meine Lebensumstände haben mich mit einem ziemlich guten Survival-Paket ausgestattet. Vielleicht hatte das Universum doch ein schlechtes Gewissen, mir die ganze Packung zu verpassen. Die Wissenschaft nennt dieses Survival-Paket Resilienz und ich kann dir nur empfehlen, dir einen dicken Batzen davon anzuschaffen, weil das Zeug wirklich gut ist. Der Dealer dafür bist allerdings du selbst.

In der Psychologie wird Resilienz als ein Prozess beschrieben, der es dir im Angesicht von Herausforderungen, Trauma, Verletzung, großem Schmerz oder Stress erlaubt, auf eine konstruktive Weise damit umzugehen. Die Quellen für Tiefschläge können vielfältig sein. Familiäre Probleme, ein Beziehungsdrama, gesundheitliche Schwierigkeiten oder Druck wirtschaftlicher Natur. Resilienz sorgt nicht nur dafür, dass man Krisen dieser Art übersteht, sondern sogar gestärkt daraus hervorgehen kann. Sie stellt sozusagen sicher, dass die schmerzhaften und schwierigen Umstände den Rest unseres Lebens nicht negativ beeinflussen. Stattdessen gibt sie uns Werkzeuge an die Hand, mit denen wir viele Aspekte, die uns unglücklich machen, kontrollieren und verändern können und so daran wachsen. Resilient zu werden ist also ein Prozess, den ich uneingeschränkt empfehlen kann. Und zwar obwohl die Umstände, die uns dort hinführen, wirklich wahnsinnig schmerzhaft sind.

Resilient zu sein, bedeutet natürlich nicht, dass man als Mensch keine Schwierigkeiten und Nöte mehr erlebt. Wer resilient ist, hat bereits schwerwiegende traumatische Erfahrungen gemacht und wird auch weiterhin empfindsam für Stress und emotionalen Schmerz sein. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass man als resilienter Mensch anders damit umzugehen weiß und das Chaos nicht mehr in der Lage ist, einen gänzlich in den Abgrund zu ziehen. Stell dir das Ganze wie ein Trainingsprogramm für den Muskelaufbau vor. Jahrelang hebst du Gewichte und spürst, dass es dir immer noch schwerfällt. Was dir vielleicht nicht auffällt, ist, dass du ständig höhere Gewichte nimmst, insofern ist es kein Wunder, dass dein Körper sich immer noch anstrengen muss. Aber dann, eines Tages, nimmst du eines der Gewichte in die Hand, mit denen du ursprünglich angefangen hast, zu trainieren. Es wird dir leicht wie eine Feder vorkommen. Und das ist Resilienz.

Der Resilienz liegen vier Grundkomponenten zugrunde:

•  Gesunde Beziehungen mit anderen Menschen, also nicht nur Partner, sondern auch Freunde, Familie, Kollegen

•  Gesundheit und Wellness, im Sinne von Ernährung, Selbstfürsorge, Bewegung des Körpers

•  Ein gesundes Mindset, also die Art, wie du über dich und andere denkst und handelst

•  Sinnhaftigkeit in Handeln und Wirken

Wenn man als Kind einem Umfeld ausgesetzt ist, das unfähig ist, Sicherheit und Vertrauen zu geben, entwickelt man Umwege, den emotionalen Stress zu bewältigen. Wie beieinem Schuh, der ständig drückt, bildet sich eine Art emotionales Überbein und dieses Überbein sieht vielleicht ein bisschen blöd aus, hat aber den guten Zweck, dich vor weiteren Verletzungen zu schützen. Manche dieser Überbeine führen in Suchtkrankheiten, innere Abkehr oder andere Selbstverletzungen. Andere sorgen dafür, dass sich ein enorm großer Bullshit-Sensor entwickelt, den man Bauchgefühl oder Intuition nennt. Mein Glück war, dass ich so einen Sensor bekommen habe. Wie gesagt, als Kind hätte Sherlock Holmes in Sachen Spionagetechnik locker von mir abschreiben können. Insofern wirst du in diesem Buch auch lernen, wie du deine Intuition besser wahrnehmen und auf sie hören kannst.

Ich glaube fest daran, dass einem das Scheitern, der Schmerz, die Krisen, wenn man sie einmal versteht, nicht mehr viel anhaben können. Lass uns gemeinsam herausfinden, was dich in deinen Beziehungen zu dir selbst oder anderen, in deinem Job, in deiner Lebensplanung so selbstzerstörerisch macht, dass du das Gefühl hast, einfach nicht zum Fliegen zu kommen. Ich habe den großen Wunsch, dass du, wenn du mit diesem Buch fertig bist, nicht TROTZ deiner Verletzungen glücklich und stark sein wirst, sondern gerade WEGENIHNEN.

SAG’S DIRLAUT: Du kannst kein neues Kapitel beginnen, wenn du das alte ständig wiederholst.

Muster sind wie hartnäckige Pickel, die wieder und wieder auftauchen, obwohl du sie doch beim letzten Mal ganz gut versorgt hast. Diese Muster, so zerstörerisch sie manchmal auch sind, dienen auf paradoxe Art ebenfalls deinem Schutz, obwohl sie häufig das Gegenteil bewirken.

Du weißt sicher, dass sich Menschen zum Beispiel gerne fast schlafwandlerisch in die gleichen schädigenden Situationen begeben, weil diese ein Gefühl der Vertrautheit und damit der falschen (unterbewussten) Sicherheit hervorrufen. Manche Muster sind von außen leicht ersichtlich. Wenn sich zum Beispiel eine Frau stets Partner sucht, die ihr ein bestimmtes negatives Gefühl der Wertlosigkeit geben, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie dieses Gefühl von zu Hause kennt und dort verinnerlicht hat. Die menschliche Psyche ist eben einerseits ein magischer Ort, andererseits aber auch ziemlich übersichtlich.

Du kannst nicht immer kontrollieren, was mit dir geschieht. Vieles ist dem kosmischen Zufall überlassen, zum Beispiel welche Eltern du erwischt und in welchem Land du geboren wirst. Was du aber immer in deiner Hand hast, ist die Frage, ob du von den bisherigen Geschehnissen den Rest deines Lebens bestimmen lassen möchtest. Oder ob du ein Leben haben möchtest, dessen Verlauf und Fülle du weitestgehend selbst bestimmst.

Jeder Mensch folgt bestimmten wiederkehrenden Handlungen. Viele davon sind sehr praktisch, weil wir durch sie eine Regelmäßigkeit erfahren, die sich sentimental und wohlig anfühlt. Ich kenne jemanden, der zum Beispiel jedes Jahr um Nikolaus herum ein Weihnachtskarussell aufstellt, das im Familienkreis der Einfachheit halber »Baby-Pferd-Brummbrumm-Tütü« genannt wird, weil eben erst ein Baby im Kinderwagen im Kreis fährt, dann ein Pferdchen, gefolgt von einem Feuerwehrauto und einer Lok. Ohne »Baby-Pferd-Brummbrumm-Tütü« ist Weihnachten kein Weihnachten und der Impuls, das alte Holzspielzeug aus dem Keller zu holen, kommt jedes Jahr ganz automatisch. Das Gefühl, das ausgelöst wird, ist das eines heilen Familienalltags (es gehört noch eine bestimmte Keksdose dazu) und sorgt dafür, dass sich alle Beteiligten spontan entspannt und glücklich fühlen. Solche Wiederholungen geben dem Leben einen Rahmen und sortieren das manchmal Unübersichtliche.

Schädigende Muster sortieren das Leben ebenfalls, weil man sich genau wie im eben genannten Beispiel auf bekanntes Terrain begibt. Allerdings auf eines, in dem überall Bärenfallen aufgestellt sind und du einfach weißt, dass sie jederzeit zuschnappen und dir das Bein zerquetschen können. Diese Muster sind wie eine Tischdecke, die man über einen klebrigen, schmutzigen Tisch breitet, damit niemand den ganzen Dreck sieht. Am häufigsten begegnen sie einem in intimen Beziehungen, egal ob mit sich selbst oder mit anderen. Wenn zum Beispiel eine Frau wieder und wieder auf Dating-Apps unterwegs ist, obwohl sie sich selbst wirklich absolut furchtbar findet, wird sie ausschließlich Menschen anlocken, die ihr genau das bestätigen.

Menschen, die hauptsächlich in negativen Mustern gefangen sind, werden von Selbstzweifeln und Ängsten begleitet, die alles Hoffnungsvolle torpedieren. Sie gehen Beziehungen ein, obwohl sie unterbewusst schon wissen, dass sie sowieso belogen oder verlassen werden. Oder nehmen auf der Arbeit hin, dass sie schikaniert oder übergangen werden, weil sie ahnen, dass sie wirklich zu nichts fähig sind. Diese Menschen sind unglaublich leidensfähig und es ist von außen schwer zu verstehen, wie sie ihre Situation ertragen können. Aber jemand mit schmutzigem Tisch, um bei dem Bild zu bleiben, baut sich automatisch ein Umfeld, in dem das unterbewusste Wissen (»Niemand liebt mich« oder »Ich kann sowieso nichts«) zwanghaft bestätigt werden muss, denn dies ist das Gelände, das bereits bekannt ist und sich auf schreckliche Weise wie eine Heimat anfühlt.