Geistesgaben in Lehre und Praxis - Reinhold Ulonska - E-Book

Geistesgaben in Lehre und Praxis E-Book

Reinhold Ulonska

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Beschreibung

Immer wieder gibt es Missverständnisse im Blick auf die biblische Lehre von den Geistesgaben. Eingebetet in einen Überblick über das, was die Bibel im allgemeinen über die Gaben des Geistes lehrt, wird jede der neun Geistesgaben aus 1 Kor 12 ausführlich beschrieben und erklärt. Dem Autor geht es dabei nicht um einen theoretischen Blickwinkel, sondern legt hier eine systematische wie praktische Darstellung der Gaben des Heiligen Geistes vor und macht immer wieder deutlich, dass die Gaben des Geistes auch heute noch erfahrbar und für die Gemeinde unverzichtbar sind. Mit dieser Ausgabe legt das Forum Theologie & Gemeinde eine um Nachauflage vor, um den Zugang zu diesem wichtigen Thema auch nach 30 Jahren interessierten Leser weiterhin zu ermöglichen.

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Forum Theologie & Gemeinde

Materialien zum geistlichen Dienst

Sonderband 4

theologisch kompetent – praktisch relevant

Geistesgaben in Lehre und Praxis

Der Umgang mit den Charismen des Heiligen Geistes

Reinhold Ulonska

© 2011 Copyright Forum Theologie & Gemeinde (FThG)

im Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden KdöR, Erzhausen

6. Auflage 2017

Ungekürzter, leicht bearbeiteter Nachdruck, erweitert um ein Register.

Copyright der Originalausgabe: © 1983, Leuchter Edition GmbH, Erzhausen

Für die Bibelzitate wurden folgende Bibelübersetzungen verwendet:

Luther-Bibel © 1984, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Menge-Bibel © 1956, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Hervorhebungen sind – wenn nicht anders gekennzeichnet – vom Autor

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigungen in Form von Kopien einzelner Seiten oder Ausdrucken einzelner Abschnitte (digitale Version) sind nur für den privaten Gebrauch bzw. innerhalb einer Ortsgemeinde gestattet. Alle anderen Formen der Vervielfältigung (Mikrofilm, andere Verfahren oder die Verarbeitung durch elektronische Systeme) sind ohne schriftliche Einwilligung durch das Forum Theologie & Gemeinde nicht gestattet.

Umschlagbild: People Hands Holding Jigsaw Pieces © Andrey Popov

Register: D. Aderhold

Layout u. Umschlag, Realisierung E-Book: admida-Verlagsservice, Erzhausen

Druck: Breitschuh & Kock, Kiel

ISBN der Printausgabe: 978-3-942001-64-9

ISBN der E-Book-Ausgabe: 978-3-942001-19-9

Bestell-Nr. buw029

Forum Theologie & Gemeinde (FThG)

Industriestr. 6–8, 64390 Erzhausen

[email protected] • www.forum-thg.de

1   Gott schweigt nicht!

„In betreff der Geistesgaben aber will ich euch, liebe Brüder, nicht im Unklaren lassen. Ihr wißt von eurer Heidenzeit her: da waren es die stummen Götzenbilder, zu denen ihr mit unwiderstehlicher Gewalt hingezogen wurdet. Darum tue ich euch kund, daß niemand, der im Geiste Gottes redet, sagt: ‚Verflucht ist Jesus!‘ und keiner zu sagen vermag: ‚Jesus ist der Herr!‘ außer im Heiligen Geist.“ 1Kor 12,1-3

»  Gibt es einen lebendigen Gott?

Ein Bekannter von mir besuchte das berühmte Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds in London. Der Rundgang hatte ihn sehr ermüdet. Er sah einen freien Stuhl, der offensichtlich irgendeiner Wachsfigur eine Zeit lang als Stellplatz gedient hatte, und setzte sich darauf. Weil er sehr müde und die Luft so drückend war, schlief er ein. Auf einmal wachte er auf – er hörte Stimmen. Eine englische Damenreisegruppe stand um ihn herum und diskutierte. Man suchte offensichtlich eifrig in dem gedruckten Führer nach dieser seltsam liegenden Figur auf dem Stuhl und ihrer Bedeutung. Eine historische Figur konnte sie wegen der modernen Kleidung nicht sein. Um eine berühmte Figur aus dem künstlerischen oder politischen Leben konnte es sich auch nicht handeln, denn niemand kannte sie. Plötzlich vernahm unser Bruder die Äußerung einer der umstehenden Damen: „Das ist gewiss eine Lehrlingsarbeit. Schaut einmal, wie schlecht sie gemacht ist. Das sieht doch ein jeder, selbst wenn er schlechte Augen hätte, dass diese hier eine künstliche Wachsfigur ist. Die anderen Figuren sehen aus als lebten sie, aber diese ist völlig unnatürlich.“ Da konnte unser Bruder nicht mehr an sich halten. Vorsichtig öffnete er seine Augen und richtete sich auf. Mit einem Entsetzensschrei sprangen die Nächststehenden zurück und riefen: „Er lebt doch! – Er lebt doch! – Er lebt doch!“

Das Erschrecken hier kann man sich gut vorstellen. Man hielt diese Figur für schlecht gemacht und für tot – und plötzlich regte und bewegte sie sich und bezeugte allein dadurch, dass sie lebte.

Der Apostel Paulus trug das Evangelium von Jesus Christus in eine Welt voller toter Götzen. Er versuchte den Menschen seiner Zeit klarzumachen, dass es sich bei dem Gott seines Evangeliums nicht um eine Konkurrenz zu den vielen Götzen handelte. „Als Heiden“, sagte er, „wurdet ihr mit Gewalt zu den stummen Götzen fortgerissen. Aber ich verkündige einen Gott, der lebt, der sich offenbart, der redet.“

Gott ist nicht stumm. Gott redet und bezeugt sich im Leben der Menschen als der lebendige Herr. Wenn wir in die Heilige Schrift hineinschauen, stellen wir fest, dass Gott sich immer als der lebendige und redende Gott den Menschen offenbarte. Er redete zu Adam – er redete zu Noah – er redete zu Abraham – er redete zu Mose. Dass Gott lebt, soll in den Gottesdiensten der Gemeinde Jesu Christi eindrucksvoll offenbar werden. Dass Gott redet, soll von Menschen erfahren werden. Unser Gott ist kein stummer Götze. Unser Gott ist keine erdachte Figur und sein Wort ist keine Theorie. Gott redet!

»  Wie redete Gott?

Gott redet zunächst und vornehmlich durch sein Wort, durch das geschriebene Wort der Heiligen Schrift. In diesem Wort hat Gott seine Liebe und sein Heil schriftlich niedergelegt und seinen Willen kundgetan. Durch dieses Wort der Heiligen Schrift will er zu den Menschen reden. Gewiss, es gibt ein Lesen und ein Verkündigen dieses Wortes Gottes, das überhaupt kein Reden Gottes vermittelt. Die Heilige Schrift ist inspiriert durch den Heiligen Geist und muss im Heiligen Geist verkündigt werden. Wo der Heilige Geist wirkt und lebendig macht, redet Gott durch das verkündigte Wort. Das Wort vom Kreuz wird dann eine rettende Gotteskraft. Menschen erfahren, dass diese Kraft ausreicht, auch sie aus ihren Sünden, Problemen und ihrer Leere herauszuretten. Das Wort Gottes ist dann keine Theorie – und darf es auch nie bleiben –, sondern Gottes Handeln am Menschen.

Wie wichtig ist auf diesem Hintergrund die Predigt des Wortes Gottes. Wie wichtig ist es aber auch, dass der Prediger im Heiligen Geist predigt, dass die Salbung des Heiligen Geistes das Wort lebendig macht, sodass Gott durch dieses Wort in Vollmacht redet.

Es gibt nur eine einzige Quelle für Wahrheit, Lehre und Leben, das ist das Wort Gottes. Es kann keine Wahrheitslehre auf irgendein Erlebnis oder menschlichen Ideen aufgebaut werden, sondern einzig und allein auf dem Worte Gottes. Hier ist der Maßstab und die Norm, an der alle Normen genormt werden müssen. Wir können nicht hoch genug vom Worte Gottes denken, nicht treu genug dieses Wort verkündigen. Dieses Wort besteht aus den beiden Schriftensammlungen des Alten und Neuen Testaments. Dieses Wort der Heiligen Schrift ist ausreichend zum Erkennen der göttlichen Wahrheit. Es ist – trotz aller Verschiedenheit – eine Einheit, und es legt sich selber aus.

Gott redet durch seinen Heiligen Geist. Der Gott, der grundlegend, verbindlich und lebensschaffend durch die Heilige Schrift redet, bezeugt sich in der Gemeinde auch durch die Gnadengaben des Geistes und seine Kraftwirkungen. Es wird häufig behauptet, dass wir, seitdem die Heilige Schrift abgeschlossen ist, keine Gaben des Heiligen Geistes mehr brauchten. Aber es gibt in der Bibel keine Hinweise dafür, dass die Gnadengaben des Heiligen Geistes je den Platz der Heiligen Schrift eingenommen hätten. Schon in den Tagen der Apostel bekräftigten die Geistesgaben und die Kraftwirkungen das verkündigte Wort. Die Quellen der Lehre waren die Schriften des Alten Testamentes und die Apostellehre. Die Geistesgaben haben offensichtlich nie den Rang einer Lehrquelle – z. B. der Apostellehre – eingenommen. Im Gegenteil, alle Offenbarungen, die sich auf den Geist Gottes beriefen, wurden und mussten an der Apostellehre geprüft werden. Das gilt auch heute. Der Heilige Geist, der in den Gaben wirkt, bestätigt, bekräftigt das Wort Gottes und bezeugt den gegenwärtigen Herrn. Diese Offenbarungen müssen sich aber auch heute am Worte Gottes messen und sich von ihm korrigieren lassen. Weil aber die Geistesgaben nie einen kanonischen Rang einnahmen, können sie auch nicht mit der Festlegung des neutestamentlichen Kanons überflüssig geworden sein.

Was ist nun der spezielle Sinn der Gaben des Heiligen Geistes? Sie sollen die Verkündigung des Wortes begleiten und so deutlich machen, dass Gott kein stummer Götze ist. Gott will sich bei der Verkündigung des Evangeliums und in den Gottesdiensten seiner Gemeinde offenbaren. Dabei sollen Menschen erleben: Gott ist wahrhaftig in eurer Mitte. Es geht darum, dass der gegenwärtige, lebendige Herr auch als gegenwärtiger, lebendiger Herr erfahren wird. Professor Karl Barth sagte einmal: „Der Heilige Geist ist tatsächlich nichts anderes als die Macht, durch die Jesus sich selbst wirksam bezeugt, sich unter und in den Menschen Gehör verschafft.“ Das ist der Sinn der Gaben des Heiligen Geistes. Wenn die Apostel schon für ihre Verkündigung nötig hatten, dass der Herr sein Wort durch mitfolgende Zeichen bekräftigte, dann ganz gewiss wir noch viel mehr. In unserer Zeit, in der die Menschen vom Glauben an einen lebendigen Gott – der Herr ist über alles und erfahren werden kann – weggebracht werden, ist es dringend nötig zu bezeugen: Gott lebt! Er ist kein stummer Götze. Er offenbart sich in der Gemeinde seiner Heiligen und wirkt mitten unter ihnen.

Das Ziel der Geistesgaben ist: Christus als den lebendigen Herrn zu offenbaren und zu verherrlichen. Die Gaben des Geistes leiten immer zum Geber. Dabei dienen sie der Gemeinde zur Erbauung und dem Einzelnen zur Hilfe in seinem Glaubensleben. Durch die Gaben des Geistes soll deutlich werden: Jesus ist der Herr! Er ist der Herr, der Sünde, Satan und den Tod überwunden hat. Weil er wirklich am Kreuz gesiegt hat, kann er sein Wort wahr machen und in seiner Macht helfen, segnen und den Menschen begegnen. Für viele Menschen in Sünde, Not und Zweifel ist ein Gott im Himmel völlig uninteressant. Wir alle kennen den bitterbösen Ausspruch: „Den Himmel überlassen wir den Spatzen und den Pfaffen.“ Aber Gott will nicht nur ein Gott im Himmel sein, sondern „Gott wahrhaftig in unserer Mitte“. Durch die Gaben des Heiligen Geistes soll dies erfahren und erlebt werden. Wer eine tiefe Not für die hoffnungslosen und doch suchenden Menschen empfindet, wird am Zeugnis des Neuen Testaments von den Gnadengaben des Geistes nicht achtlos vorübergehen können. Die Liebe zu den anvertrauten Menschen lässt uns den Wert der Gaben entdecken und der Glaube an den lebendigen Herrn lässt sie uns empfangen. Durch diese Gaben will Gott in konkrete Situationen und persönliche Nöte hineinreden oder hineinwirken. Seine Liebe ist so groß, dass er nicht schweigt.

Stumme Götzen können noch so ideal geschildert werden, sie helfen keinem Menschen und werden mit der Zeit uninteressant. Immer wieder erleben wir die Tatsache, dass man da, wo man die Erfahrbarkeit Gottes leugnet, auch bald Gott leugnet oder gleichgültig ohne ihn lebt. Ein Gott, der nicht konkret erfahren werden kann, ist völlig unbeachtenswert. So weit darf es nicht kommen. Gott ist erfahrbar, Gott lebt, Gott schweigt nicht. Er will sich selbst durch Wunder, Zeichen und mancherlei Austeilungen des Heiligen Geistes bezeugen, sodass jeder erkennen soll: Er ist wahrhaftig in unserer Mitte. Für mich war die erste Begegnung mit Geistesgaben – in einer Gebetsversammlung – von einer so tiefen Wirkung, dass ich sie bis heute nicht vergessen kann. Gott redete damals durch den Heiligen Geist genau in eine konkrete Situation hinein: Eine Mutter betete verzweifelt für ihren Sohn. Er hatte seinen Verstand verloren, als er aus einem brennenden Holzhaus sprang, um sein Leben zu retten. Nun war er schon einige Jahre in einer geschlossenen Anstalt und dämmerte vor sich hin. Bis jetzt hatte er nie seine Mutter erkannt und war völlig unansprechbar. Nun wurde durch eine Vision mit prophetischer Deutung der Mutter zugesagt, dass Gott den Sohn befreien und heilen würde. Ausdrücklich wurde betont: „Schon beim nächsten Besuch sollst du das Wunder beginnen sehen!“ Am folgenden Sonntag besuchte die Mutter ihren Sohn: Ein Wunder war geschehen! Der Sohn war aus der geschlossenen Anstalt herausgenommen, erkannte seine Mutter und war wieder ansprechbar. Zum ersten Mal nach vier Jahren unterhielt er sich mit seiner Mutter. Heute ist dieser Mann geheilt und lebt so, als wäre er nie krank gewesen.

Diese Begebenheit hat mich sehr beeindruckt. Welch ein Gott, der sich in unserem Leben offenbaren will, der in der Mitte der Gemeinde anwesend ist. Unser Gott will nicht nur theoretisch akzeptiert, sondern auch als der Lebendige erfahren werden. „Strebet eifrig nach den Gaben des Geistes“, mahnt uns die Bibel. Das tut sie nicht, um uns einen höheren Rang zu verleihen, sondern um die Gemeinde zu erbauen, indem in ihr alle getröstet, ermutigt und erbaut werden. Menschen sollen erfahren: Es gibt einen Gott, der sich um mich kümmert und dem ich nicht gleichgültig bin. Die Verheißungen der Bibel sind auch in diesem Stück Wahrheit, denn was die Bibel sagt, das geschieht auch heute, hier und jetzt.

Allerdings muss erwähnt werden, dass dazu auch der Heilige Geist in der Fülle in uns wohnen muss. Wir müssen, wie die Bibel sagt, mit dem Heiligen Geist getauft werden, der dann allein uns diese Gaben schenkt. Deshalb wollen wir, ehe wir auf die Gaben des Geistes näher eingehen, im nächsten Kapitel erst von der Taufe im Heiligen Geist reden.

Auch möchte ich hier noch auf eine weitere, sehr wichtige Wahrheit hinweisen, ehe wir weitergehen: In unserer Zeit, in der so viel von der „charismatischen Erneuerung“ gesprochen wird, verwendet man statt des Wortes „Geistesgabe“ auch oft das griechische Wort charisma, was korrekt übersetzt „Gnadengabe“ heißt, aber nicht „Geistesgabe“. Es gibt in der Bibel mehr Charismen, also Gnadengaben, als es Geistesgaben gibt. Aus diesem falschen Verständnis des Wortes charisma sind dann vor allem in den letzten Jahren eine ganze Reihe unrichtiger Auslegungen und Missverständnisse erwachsen.

Aus diesem Grunde müsste hier unbedingt eine kurze Bibelstudie über die Bedeutung des Wortes charisma folgen. Da ich dabei aber eine ganze Reihe griechischer Wörter und Begriffe verwenden und eine Anzahl Bibelstellen anführen müsste, würde es die flüssige Lesbarkeit dieses Buches unterbrechen. Ich habe mich deshalb entschlossen, diese kurze Bibelstudie als Anhang an den Schluss des Buches zu setzen. Allen, die besser über die Bedeutung des Begriffs charisma Bescheid wissen wollen, empfehle ich deshalb, die kleine Mühe nicht zu scheuen und den Anhang aufmerksam durchzulesen und ebenfalls alle von mir dort angegebenen Bibelstellen einmal nachzulesen und zu vergleichen. Es wird sicher für jeden Bibelleser von großem Gewinn sein.

2   Die Taufe im Heiligen Geist

Wenn ich hier von der Geistestaufe rede, so tu ich das als Vertreter der klassischen Pfingstbewegung, denn die pfingstliche Lehre von der Geistestaufe als ein spezielles Erlebnis wird, vor allem bei uns in Deutschland, von einer Reihe unserer charismatischen Brüder und Freunde immer noch bestritten und ist für viele ein Stein des Anstoßes.

Ich bin immer betrübt, wenn man der Pfingstbewegung unterstellt, sie lehre einen mehrstufigen Heilsweg. Aber die Pfingstbewegung, mit Ausnahme weniger Außenseiter und Extremisten, hat noch nie einen zwei- oder mehrstufigen Heilsweg gelehrt. Sie lehrt zwar viele Erfahrungen mit Gott dem Heiligen Geist, aber niemals einen mehrstufigen Heilsweg. Diese weiteren Erfahrungen mit dem Heiligen Geist sind Schritte auf dem Heilsweg, den wir mit der Wiedergeburt betreten haben, aber keine Stufen. Eine Stufe bedeutet ja immer eine Überhöhung des Vorherigen. Aber wir glauben nicht, dass der Christ durch die Geistestaufe eine höhere Stufe einnimmt und auf andere herabschauen kann. Er ist auf dem Weg der Gnade einen Schritt weitergegangen. Er hat eine neue wichtige Erfahrung gemacht, durch die ihm Christus größer und sein Christenleben vertieft und bevollmächtigt wird.

Ich hielt einmal einen Vortrag vor einer Pastorenkonferenz. Diesem Vortrag folgte eine Aussprache. Dabei wurde mir die Frage gestellt: „Kann es denn überhaupt noch mehr geben als die Gotteskindschaft? Das ist doch die Grunderfahrung. Wer diese Erfahrung gemacht hat, hat den Heiligen Geist und damit alles?!“ Meine Antwort war: „Es gibt nicht mehr Heil als die Gotteskindschaft, aber es gibt mehr für Gotteskinder als die Grunderfahrung.“

So ist zum Beispiel unsere Verwandlung in das Bild Jesu ein Werk des Heiligen Geistes. Nach Röm 8,11 wird ebenso einmal unsere Auferstehung eine Erfahrung mit dem Heiligen Geist sein. Nach der Wiedergeburt und auch nach der Geistestaufe gibt es weitere herrliche, wichtige und wunderbare Erfahrungen durch den Heiligen Geist, die natürlich alle ihre Wurzeln in der Grunderfahrung des Errettetseins und der Erfahrung der Gotteskindschaft haben.

Um unsere Position klarzumachen, weshalb wir nicht die Geistestaufe mit der Heilserfahrung gleichsetzen und in der Geistestaufe eine bestimmte zusätzliche Erfahrung zum Empfang der Kraft des Heiligen Geistes sehen, ein paar erklärende Worte.

Die Frage ist zunächst: „War die Pfingsterfahrung der Jünger ihre Heilserfahrung?“ Wir müssen dabei fragen: „Was verstehen wir unter Heilserfahrung?“ Wir verstehen doch alle unter Heilserfahrung die Gewissheit der Annahme durch Christus nach dem Bankrott der Selbstgerechtigkeit. Die Etappen dazu sind in der Regel Sünden und Verlorenheitserkenntnis, Umkehr, Vergebungsgewissheit und Friedensempfang durch den lebendigen Glauben an den Sieg Jesu durch Kreuz und Auferstehung. Dies alles geschieht durch geistgewirktes Hören des Wortes Gottes und Eingehen auf den Ruf Christi zur Nachfolge.

Alle diese Erfahrungen hatten die Jünger schon vor Pfingsten durch ihren persönlichen Umgang mit Jesus. Sie haben aus Jesu eigenem Mund den Ruf zur Nachfolge vernommen und sind ihm gefolgt. Sie erlebten in der Begegnung mit Jesus ihre Verlorenheits- und Sündenerkenntnis: „Herr, gehe hinaus von mir, ich bin ein sündiger Mensch.“ Sie wurden auch durch Jesus der Reinigung von ihren Sünden gewiss gemacht: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.“ Jesus machte sie gewiss, dass ihre Namen im Himmel geschrieben sind: „Freuet euch vielmehr darüber, dass eure Namen im Himmel angeschrieben sind.“ Durch Jesus empfingen sie Frieden: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.“ Sie bekamen nach der Auferstehung Gewissheit der vollbrachten Kreuzeserlösung: „Musste nicht der Christus dieses alles leiden …?“ Sie erlebten Jesus als den Auferstandenen. Diese Gewissheit seiner Auferstehung hat ihr ganzes Leben geprägt. Dieses alles haben die Jünger durch persönliche Erfahrung in der persönlichen Begegnung mit Jesus erlebt, und zwar vor Pfingsten.

Aber alles das, was sie vor Pfingsten hatten, wurde nicht „Geistestaufe“ genannt. Obwohl sie durch Anblasen Heiligen Geist empfingen (Joh 20,22), waren sie dennoch nicht geistgetauft. Jesus sagt ihnen in Apg 1,4-5, dass sie auf die Verheißung des Vaters warten sollten, „wie ihr von mir gehört habt, denn Johannes taufte mit Wasser, ihr aber werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen“. Diese Worte Jesu machen klar, dass „mit Heiligem Geist getauft werden“ eine besondere, zusätzliche Erfahrung ist. Die Erfahrung, die die Jünger zusätzlich zu allem, was sie jetzt schon hatten, machen sollten, wurde „mit Heiligem Geist getauft“ genannt. Nicht die Überführung von der Sünde oder die Gewissheit der vollbrachten Erlösung durch Jesus sowie seiner Auferstehung. Alles dieses hatten sie ja vor Pfingsten. Die Geistestaufe war eine zusätzliche spezielle, geistliche Erfahrung, die ihnen trotz aller bisherigen Erfahrungen noch fehlte.

Wir müssen eine Unterscheidung zwischen dem Pfingstereignis und der Pfingsterfahrung der Jünger machen. Das Pfingstereignis ist einmalig und unwiederholbar. Es hat eine heilsgeschichtliche Dimension. Als Jesus auf Erden war, war er der Paraklet seiner Jünger. In 1Joh 2,1 wird Jesus der parakletos genannt: „So haben wir einen parakletos bei Gott, … einen Fürsprecher, der für uns eintritt …“ In seinen Abschiedsreden sagt er: „Einen anderen Parakleten (Tröster) wird Gott senden.“ Mit diesem Wort „einen anderen“ sagt er, dass er sich bis jetzt als ihr parakletos (Beistand, Helfer) verstand. Das, was Jesus, als er auf Erden lebte, an den Jüngern persönlich durch Augenzeugenschaft, Miterleben, Wort, Handreichung und Zuspruch wirkte, das wirkt jetzt alles, nach dem Kommen des anderen Parakleten, der Heilige Geist. In diesem Sinne ist Heilserfahrung heute die heilsentscheidende Wirkung des Heiligen Geistes. Er überführt von der Sünde, von der Gerechtigkeit, vom Gericht. Sein Geist gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind.

Weil der Heilige Geist als der „andere Paraklet“ zu Pfingsten in die Welt kam, wirkt er jetzt alles das, was die Jünger durch Jesus selbst bekamen. Aber darüber hinaus soll er auch die Erfahrung schenken, die die Jünger bis Pfingsten nicht hatten. Diese besondere Erfahrung nennt das Neue Testament Geistestaufe. Erst mit dieser zusätzlichen, besonderen Erfahrung erfüllte sich das Wort: „Er wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.“ Die Apostel selber beriefen sich später bei einer ähnlichen Erfahrung darauf: „Da dachte ich an das Wort des Herrn: ‚Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden.‘“

Das Pfingstereignis ist tatsächlich mehr als diese spezielle Pfingsterfahrung der Jünger. Das Pfingstereignis ist das heilsgeschichtliche Kommen des Heiligen Geistes in die Welt und die Übernahme des Parakletendienstes für die gesamte Menschheit. Mit Pfingsten begann eine neue Epoche, die Epoche des Geistes, in der wir jetzt leben (2Kor 4,6). Der Heilige Geist führt jetzt als der andere Paraklet in das hinein, was die Jünger auch schon vor Pfingsten hatten, aber gibt zusätzlich die Geistestaufe, die die Jünger erst zu Pfingsten empfingen. In unseren Tagen ruft der Herr durch den Heiligen Geist zur Umkehr und zur Nachfolge, überführt von Sünden, schenkt lebendigen Glauben und Frieden. So lässt er uns Erlösung erfahren und der Annahme als Gotteskind gewiss werden. Aber nicht alles, was der Geist seit Pfingsten wirkt, wird im Neuen Testament „Geistestaufe“ genannt, sondern nur eine an Pfingsten gemachte spezielle Erfahrung. So ist also zu unterscheiden zwischen Pfingstereignis (Kommen des Heiligen Geistes in die Welt als der andere Paraklet) und der Pfingsterfahrung der Jünger, (dem „Getauftwerden mit dem Heiligen Geist“).

Diese Pfingsterfahrung war für die Jünger keine nebensächliche Hobbyerfahrung. Der Herr Jesus befahl ihnen, dass sie nicht von Jerusalem wichen, sondern auf die Verheißung des Vaters, auf das Getauftwerden mit dem Heiligen Geist warteten. Diese Geistestaufe war nicht die Heilserfahrung der Jünger, sondern Ausrüstung zum Dienst mit Kraft aus der Höhe (Apg 1,8): „Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein.“ Zu Pfingsten kam der Heilige Geist in die Welt, aber die Welt wurde nicht geistgetauft, sondern nur die Menschen, die schon das Heil hatten. Das heilsgeschichtliche Pfingstereignis ist unwiederholbar im Gegensatz zur Pfingsterfahrung der Jünger. Die Geistestaufe als Erfahrung war und ist wiederholbar.

Es ist doch erstaunlich, wie Pfingstereignis und Pfingsterfahrung verwechselt werden. Viele Christen sagen: „Pfingsten ist unwiederholbar und einmalig, deshalb kann es die Erfahrung einer Geistestaufe, Zungenrede und Kraftwirkungen nach Pfingsten nicht mehr geben.“ Da muss man ihnen die Frage stellen: „Was war denn eigentlich im Hause des Kornelius?“ „Ja“, sagt man dann, „das war das Pfingsten der Heiden.“ Also gibt es zwei Pfingsten nach ihrer Meinung! „Und was war denn in Samaria?“ „Das war das Pfingsten der Samariter!“ Demnach hätte man schon drei Pfingsten. Pfingsten wäre kein einmaliges Ereignis. Wenn man den Unterschied machen würde zwischen dem Pfingstereignis, in seiner Einmaligkeit, und der Pfingsterfahrung der Jünger, dann wäre das Problem gelöst.

Nicht Pfingsten hat sich wiederholt, sondern die Pfingsterfahrung der Jünger. Diese Pfingsterfahrung ist genauso wiederholbar wie die Wiedergeburtserfahrung und der Empfang der Heilsgewissheit. Das ist heute noch möglich, ohne dass deswegen die Einmaligkeit des Pfingstereignisses auch nur irgendwie berührt wird. Bei aller Einmaligkeit des Pfingstereignisses wird die persönliche Erfahrung der Geistestaufe in der Bibel ohne jede Hemmung bezeugt.

In Apg 8,12-16 wird uns berichtet, dass durch den Dienst des Philippus in Samaria eine Erweckung ausbrach und viele Menschen gläubig wurden, u. a. auch Simon der Zauberer. Sie wurden gläubig und ließen sich taufen. Aber der nächste Satz sagt: „Da es aber vor die Apostel in Jerusalem kam, dass Samaria das Wort Gottes angenommen hatte, da sandten sie Petrus und Johannes, dass sie mit ihnen beteten, damit sie den Heiligen Geist empfingen, denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen.“ Sie waren also gläubig, hatten das Wort angenommen und doch: Eine bestimmte Erfahrung, „das Fallen des Geistes auf sie“, hatten sie noch nicht gemacht. Diese Erfahrung wurde erst später unter der Handauflegung und dem Gebet von Petrus und Johannes geschenkt.

Ähnlich ist es in Apg 9,17. Christus begegnet auf dem Wege nach Damaskus dem Saulus von Tarsus. Er erkennt Jesus als den Herrn, erblindet, betet und wartet auf Gottes Wegweisung. Gott sendet einen Boten, der mit ihm beten soll, „dass er wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllt“ würde. Dass es sich hier nicht um die Wiedergeburt handelt, geben alle zu, die sonst immer sagen, die Pfingsterfahrung ist die Wiedergeburt. Paulus hatte ja Jesus durch den Heiligen Geist einen Herrn genannt und sich ganz unter seinen Willen gestellt. Er war schon ein auserwähltes Werkzeug Gottes und berufen zu dem Dienst unter den Völkern. Was er jetzt empfing, war eine Erfüllung mit dem Heiligen Geist.

In Apg 10 haben wir den bekannten Bericht über Kornelius. Wir sehen an dem Verhalten des Petrus, wie schwer es doch ist, sich von Vorurteilen zu lösen. Seine Vorurteile hinderten ihn, ein klares Wort Jesu richtig zu verstehen. Die Worte „Gehet hin in alle Welt, predigt aller Kreatur“, erfuhren durch seine nationalorientierte Frömmigkeit starke Einschränkungen. Petrus weigerte sich zunächst, in das Haus des Kornelius zu gehen. Gott musste ihn durch ein Gesicht erst willig machen, diesen Weg zu gehen. Heiden gehörten für ihn immer noch nicht zur erlösten Kreatur. Dass Gott auch „unreine Heiden“ reinigen kann, das war ihm zu viel. Erst nach der göttlichen Belehrung geht er zu ihm und fängt an zu predigen. Während er predigt, fällt der Heilige Geist auf die „Heiden“, und sie preisen Gott in neuen Zungen. Die Männer, die mit Petrus gekommen waren, verwunderten sich, dass auch auf die Heiden der Heilige Geist ausgegossen wurde. Petrus sagt: „Sie haben den Heiligen Geist empfangen gleich wie auch wir.“ Als er später wegen der Heidentaufe angegriffen wird, verteidigt er sich mit den Worten: „Sie haben doch den Heiligen Geist empfangen gleich wie wir am ersten Anfang“ (Apg 11,13-15).

Es gibt heute Christen, die zwischen der Pfingsterfahrung und den späteren, in der Apostelgeschichte berichteten Geisteserfahrungen, grundsätzlich Unterschiede feststellen wollen. Zu Pfingsten wäre ein völlig anderes Zungenreden aufgetreten als an den anderen Stellen des Neuen Testaments. Einige kommen dabei auf vier verschiedene Zungenreden. Das Zungenreden von Pfingsten war einmalig und total anders als alles spätere Auftreten dieser Gabe. Aber der Apostel Petrus bezeugte über das Geschehen im Hause des Kornelius: Es war „wie bei uns am ersten Anfang“. Also, die Verstehbarkeit der Zungenrede war nicht das Kennzeichen für das gleiche Erlebnis, sondern der Empfang einer nicht gelernten Sprache, in welcher sie Gott priesen und lobten.

Für Petrus und seine Begleiter, für diese Augen- und Ohrenzeugen, waren das Ereignis von Pfingsten und das Ereignis im Hause des Kornelius absolut das Gleiche. Die Umstände mögen verschieden gewesen sein, aber es war für sie die gleiche Erfahrung.

In Apg 19,5-6 lesen wir, wie Paulus nach Ephesus kommt, dort einen Kreis von Jüngern findet und fragt: „Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet?“ Diese Frage ist für manch einen Christen von heute nicht zu verstehen. Doch Paulus hatte für solch eine Frage sicher Gründe, die gar nicht so schwer zu begreifen sind. Vielleicht hat er vermisst, dass sich Geistesgaben äußerten, dass dort jemand in Zungen betete usw. Es gab etwas, das ihn stutzig machte. Er behauptet nicht gleich: „Ihr habt den Heiligen Geist nicht empfangen“; aber er fragt. Dabei stellt er fest, dass diese Jünger noch nicht wussten, ob der Heilige Geist schon da sei. Nach Belehrung werden sie auf den Namen Jesu getauft und empfangen unter Handauflegung Heiligen Geist, reden in Zungen und prophezeien.

Wir sehen also: die Pfingsterfahrung wiederholte sich und pflanzte sich fort. Kirchengeschichtliche Zeugnisse könnten hier mühelos angefügt werden. Eine fast lückenlose Kette von Zeugen zeigt, dass die Pfingsterfahrung nicht einmalig blieb. Bis ins vierte Jahrhundert erwartete man selbstverständlich, dass Christen nach der Taufe den Heiligen Geist empfingen, in Zungen redeten und prophezeiten. So wird es in den Urkunden berichtet.

Man hat immer behauptet, wir verträten mit der Anschauung, dass ein Unterschied zwischen der Heilserfahrung und dem Kraftempfang in der Geistestaufe besteht, eine neue Lehre. Doch wir haben nur eine alte Lehre wieder neu entdeckt. Ein Blick in die alten, vorreformatorischen Kirchen macht es klar. Ob das die römisch-katholische Kirche ist, die orthodoxe Kirche, die koptische Kirche oder die Kirche der sogenannten „ThomasChristen“ in Indien oder noch andere alte christliche Gruppen: Alle diese alten Kirchen bezeugen durch ihre Riten oder Sakramente immer zwei unterschiedliche wichtige Geisteserfahrungen. Die Heilserfahrung binden sie alle an die Taufe, die für sie das Sakrament der Wiedergeburt ist. Ohne diese „Wiedergeburt“ ist jeder Mensch verloren – deshalb kennen sie die Nottaufe. Sie bezeugen damit, dass die Wiedergeburt die Heilserfahrung ist – obwohl sie zu einem Sakrament verfälscht wurde. Alle diese Kirchen kennen noch ein zweites Sakrament: Die Firmung zum Empfang der Kraft des Heiligen Geistes. Die Lehre von der heilsentscheidenden Grunderfahrung und der Erfahrung der Geistestaufe ist also nicht neu. Diese Lehre ist alt und wird durch diese zwei Sakramente als ursprüngliche neutestamentliche Erfahrung wenigstens bezeugt.

Die Pfingsterfahrung, die die Jünger machten, sollte nicht auf damals beschränkt bleiben. Wir lesen in Apg 2,38-39: „Tut Buße und lasse sich ein jeglicher taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes. Denn euer und eurer Kinder ist diese Verheißung und aller, die noch ferne sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird.“ Das heißt doch: Solange Gott noch ruft, gilt diese Verheißung und soll diese Erfahrung gemacht werden. Für die Christen der ersten Jahrhunderte war sie ganz normal. Diese Erfahrung wurde entweder unter Handauflegung oder beim Hören des Wortes oder im persönlichen Gebet gemacht. Diese oben genannte Verheißung will auch uns Mut machen, uns nach der Kraft aus der Höhe auszustrecken, um so angetan zu werden mit dem Heiligen Geist, für ein besseres Zeugnis und besseren Dienst für den Herrn. Durch diese Erfahrung soll die Liebe zum Herrn wachsen und das Leben ihm ähnlicher werden.

Das Alte Testament zeigt im Blick auf das Kommen des Heiligen Geistes zwei prophetische Verheißungslinien. Die eine Verheißungslinie redet von dem, was wir Wiedergeburt nennen, das heißt von der Erneuerung des Menschen durch den Geist Gottes, zum Beispiel in Hes 36,26-27. Da heißt es: „Ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus euch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.“ Aufgrund dieser Schriftstelle hatte Jesus recht, dem Nikodemus einen Vorwurf zu machen, dem die Botschaft von der Wiedergeburt offensichtlich völlig fremd war: „Du bist der Lehrer Israels und weißt dieses nicht?!“ Als Lehrer Israels studierte er das Alte Testament und sollte alle Wahrheiten lehren. Das Wunder der Wiedergeburt im Sinne des Neuen Testaments war durch die Propheten deutlich beschrieben. Die neue Heilszeit sollte durch eine neue grundlegende Geisteserfahrung gekennzeichnet werden. Ohne Wiedergeburt bleibt das Reich Gottes verschlossen. Das ist die eine Verheißungslinie.

Was die Jünger zu Pfingsten erlebten, erklären die Apostel aber nicht mit Hesekiel 36, sondern sie nehmen Bezug auf Joel 3: „Das ist das, was geschrieben steht im Propheten Joel.“ Das ist die zweite Verheißungslinie. Diese spricht von der Ausgießung des Heiligen Geistes und der damit verbundenen Ausrüstung zu einem bevollmächtigten Zeugnis. Neben der Verheißung der Lebenserneuerung, als Kennzeichen des neuen Bundes, läuft parallel die Verheißung der Ausrüstung mit der Kraft des Heiligen Geistes und mit Charismen.