Gelber Schatten - Peter Baumgartner - E-Book

Gelber Schatten E-Book

Peter Baumgartner

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Beschreibung

Philippe startete die Kaffeemaschine und drückte nach der Aufwärmphase auf das entsprechende Symbol für einen Kaffee Crème. Der wohlriechende Duft, der ihm in die Nase stieg, entschädigte ihn für vieles, nicht aber für den sibyllinischen Satz von Sergej: Das Bild ist geimpft! Was meinte Sergej wohl damit? Philippe hatte keine Ahnung und er wollte sich das Ganze in aller Ruhe durch den Kopf gehen lassen. Er setzte sich dazu in den Sessel in seinem Büro und fing an zu grübeln; dabei musste er wohl wieder eingeschlafen sein. Auf wundersame Art und Weise kam ihm Louis in den Sinn, den er von früher her kannte, und der ihm schon das eine oder andere Mal mit Rat und Tat zur Seite gestanden war. Louis war ein Mann aus dem «Untergrund». Nein, keine Ratte, aber er lebte auf der anderen Seite der «normalen» Gesellschaft. Er wusste mehr über alles und alle zu berichten, als irgendjemand anderer. Er war eine wandelnde 'Säule', ähnlich einer 'Litfasssäule'. Louis war auf seine Art und Weise unbezahlbar! Mit Nachnamen hiess Louis Canal; viele nannten ihn allerdings nur «Louis die Kanaille» oder den «Schurken» von Toulon. In seinem Traum erklärte Louis nun Philippe, was Sergej mit seinem Spruch: Das Bild ist geimpft! gemeint hatte, und das Ganze hatte es in sich …

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Seitenzahl: 247

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum

Texte: © 2025 Copyright by Peter Baumgartner

Umschlag: © 2025 Copyright by Peter Baumgartner

Verantwortlich für den Inhalt: Peter Baumgartner [email protected]

Herstellung: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Köpenicker Straße 154a, 10997 BerlinKontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Einmal mehr kam das ominöse Dutzend zusammen. Treffpunkt war das ‘Römerhaus’ in Bern. Interessant waren die Charaktere, die sich dort trafen. Sie lassen sich in etwa wie folgt beschreiben und so auch voneinander abgrenzen: die Undurchschaubare vom Alleskönner, der Bequeme vom Streber, die Aufrichtige vom Herausforderer, der Macher vom Hinterfragenden und der Aufmerksame vom Besserwisser. Zwei Teilnehmende fehlten noch: der oder die Vorsitzende und der Besucher oder die Besucherin. Diese beiden zu beschreiben war ein Ding der Unmöglichkeit: zu wenig greifbar und vom Verhalten her absolut unauffällig.

Jeder der Teilnehmenden trug ein Codename und sie sprachen sich untereinander auch nur mit diesem an. Niemand, mit Ausnahme der Anwesenden, kannte die wahre Identität der anderen. Geheimhaltung war grossgeschrieben. Und im Gegensatz zu dieser «Truppe» war das Aufklärungsdetachement der Schweizer Armee, das AAD 10, eine richtige «Rampensau».

Der Zwölferclub traf sich mehr oder weniger in regelmässigen Abständen und dies zumeist an unterschiedlichen Orten. Nur die Mitglieder kannten den Ort und den Zeitpunkt der Zusammenkunft. Dieses Mal sollte es das Römerhaus in Bern sein. Das Haus glich von der Aufmachung her dem «Kaiserhaus» in der Stadt Bern. Eigentlich wusste niemand so genau, dass es das Römerhaus überhaupt gab und wo es in der Stadt zu finden war. Sogar der oder die Vorsitzende selber musste die Assistenz fragen, wie man dorthin kam.

Die rechte Hand von ‘Omega’, wie die Chefin oder der Chef sich selber nannte, war die einzige Person, die den Treffpunkt kannte und die dem Treffen beiwohnen durfte … zwar im Hintergrund, aber immerhin. - Ihr Codename war ‘Kirka’; dies in Anlehnung an die Zauberin in der griechischen Mythologie.

1

Philippe interessierte sich für das Zeitgeschehen und er machte sich so seine Gedanken dazu. Gedanken waren für ihn schon immer wichtig, und er liess ihnen zumeist freien Lauf. Sie liessen in ihm Erinnerungen und Erfahrungen mit Wünschen und Vorstellungen verschmelzen und schafften so die Möglichkeit, Neues zu entdecken und zu verwirklichen. Voraussetzung dazu war die Bereitschaft, offen und neugierig zu sein und die Herausforderungen des Lebens anzunehmen und zwar so, wie sie sich einem präsentierten: unvoreingenommen und dies trotz, oder vielleicht auch wegen, der Erfahrungen.

Erfahrungen waren für Philippe deshalb etwas Unermessliches. Sie lernten einem im Leben zu unterscheiden, ob etwas richtig oder falsch war. Sie lernten einem aber auch zu entscheiden, ob man den gleichen Fehler zweimal machen wollte, oder ob man dazugelernt hatte. – So seine Gedanken.

Philippe war ernüchtert ob seinen Feststellungen und er nahm sein Smartphone zur Hand. Dort stiess er auf den Artikel mit dem Titel: «Wie sich der Sieg der Taliban auf die Welt auswirkt». Der Artikel stammte von Gudrun Harrer und wurde auf ‘INFOsperber’ kurz nach dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan veröffentlicht. Dem Artikel war folgendes zu entnehmen:

Der Rückzug der USA aus Afghanistan schafft Raum für andere Akteure und geopolitische Machtspiele. … Alle fürchten, dass Afghanistan wieder zum sicheren Hafen für Terrororganisationen werden könnte, wie früher für Al-Kaida: auch Staaten, aus denen früher Unterstützung für den Jihadismus kam. Diese Zeiten sind vorbei. Und niemand will, dass Afghanistan als Drogenproduzent und -exporteur völlig ausser Kontrolle gerät.

Was hingegen alle wollen: neue wirtschaftliche Räume erschliessen, den strategischen Einfluss ausweiten. Das neue Afghanistan – wie es auch heisst – hält vor allem für Russland und China neue hegemoniale Chancen bereit. Aber auch Risiken. Es bietet Gelegenheit für Kooperation, wenn es darum geht, die USA aus Entscheidungsprozessen draussen zu halten. Es bietet aber auch Anlass für neue Konkurrenz.

Für China ist Afghanistan zweifellos ein geopolitisches Geschenk der USA: Die chinesischen Medien bedanken sich mit Spott und Hohn bei den abziehenden USA. Man kann jedoch sicher sein, dass Peking bei allen wirtschaftlichen und politischen Interessen eindeutige Forderungen an die Taliban stellen wird …

So klar hatte die derzeitige Situation in Zentralasien Philippe noch nie jemand vor Augen geführt, und es überkam ihn ein Gefühl der Ohnmacht. Er erkannte den Ernst der Stunde und er musste sich eingestehen, dass er dem Ganzen nichts entgegenhalten konnte. Frau Gudrun Harrer war immerhin die leitende Redakteurin des österreichischen «Standard» und unterrichtete Moderne Geschichte und Politik des Nahen und Mittleren Ostens an der Universität Wien. Die Frau musste wissen, wovon sie sprach.

Auch der zweite Artikel, den Philippe las, liess ihn aufhorchen. Viel mehr noch: Er verstärkte sich sein Unbehagen und er brauchte ein kleines Bier.

Dem Artikel in der Berner Zeitung vom 2.9.2021 war nämlich folgendes zu entnehmen. «US-Waffen unter Taliban-Kontrolle»: Ein unfassbares Waffenarsenal haben die Taliban ergattert … 22'174 Humvees (gepanzerte Jeeps), 358'530 Sturmgewehre und 33 Blackhawks (Kampfhubschrauber).

Zusammenfassen lässt sich der Artikel in etwa wie folgt:

Geschätzte 83 Milliarden Dollar sollen die USA in den letzten zwanzig Jahren investiert haben, um die afghanischen Streitkräfte zu trainieren und auszurüsten. Ein Drittel davon sei für Waffen und militärisches Equipment ausgegeben worden. Genützt habe es wenig – im Gegenteil: Nicht nur seien die Regierungstruppen innerhalb kürzester Zeit überrannt worden. Sie hätten den Taliban auch fast das gesamte Arsenal hinterlassen.

Die Ohnmacht stand Philippe ins Gesicht geschrieben. Dies bemerkte auch Deborah, als sie sich nach ihm erkundigte und ihn völlig ermattet in seiner Schreibstube fand. Nein, es gehe ihm nicht gut, so die Antwort auf die feinfühlige Frage seiner Frau.

Philippe und Deborah sind seit langer Zeit miteinander verheiratet und wohnen in der Nähe von Bern. Beide sind Eltern von zwei erwachsenen Söhnen, Rouven und Marvin, und der dritte im Bund ist Enrico. Dieser ist ein ausgewachsenes Schlitzohr, herstammend aus einer Beziehung zwischen einer Golden Retriever Dame und einem Flat-Coated Retriever Herrn. Der Züchter meinte zwar, dies sei bewusst so herbeigeführt worden, jedoch hatte Philippe so seine Zweifel. Sei dem wie es soll. Enrico hat das Herz auf jeden Fall am rechten Fleck und ist ein aufgewecktes Kerlchen.

Baumann, wie Deborah und Philippe mit Nachnamen heissen, haben ein befreundetes Ehepaar in Südfrankreich und dort im Städtchen Sainte-Maxime. Das Ehepaar heisst Picard. Isabelle und Bernard Picard bewohnen dort ein wunderschönes Haus mit direktem Blick aufs Meer. Auch Isabelle und Bernard sind Eltern von zwei erwachsenen Kindern: Michelle und Danielle. Beide wohnen ebenfalls nicht mehr bei den Eltern und so steht genügend Platz zur Verfügung, wenn sie Besuch von den Baumanns erhalten.

Das letzte Treffen der vier lag allerdings schon recht lang zurück, und es galt nun nur zu hoffen, dass sie sich schon bald wiedersehen konnten.

2

Der Besuch in Bern war dieses Mal von besonderer Bedeutung. Ein spezieller Gast gab sich die Ehre, und dies war doch bemerkenswert. Normalerweise standen Persönlichkeiten aus der zweiten Reihe den Protagonisten des Zirkels Rede und Antwort. Heute aber war es ganz offensichtlich Chefsache.

Alpha, der Alleskönner und Finanzjongleur aus der Innerschweiz, war auf jeden Fall gespannt, wie sich der Besucher verhalten würde. Auch der ewige Besserwisser Beta aus der Ostschweiz konnte seine Neugier kaum zurückhalten. Gamma, der Streber, wollte der Erste sein, der dem Besucher eine Frage stellen konnte, und Epsilon, der Herausforderer, stand ihm in diesem Sinn nicht nach.

Zeta, der Macher, und Delta, die Aufrichtige, wollten sich vorerst zurückhalten und schauen, wie sich das Gespräch entwickeln würde. Auch für Eta, den Hinterfragenden, und für Theta, den Aufmerksamen, gab es keinen Grund vorzupreschen; dies entsprach auch nicht ihrem Naturell. Auch der Funktionär des Bundes Iota, ebenfalls bekannt als der Bequeme, sah keinen Grund sich in den Vordergrund zu stellen. Einzig die Undurchschaubare Kappa schien bereits einen Schlachtplan zu haben. Gemeinsam mit der Vorsitzenden Omega (dieses Mal sollte es eine Frau sein) wollte sie den Gast in die Mangel nehmen. - Gast war nämlich der Minister für Staatssicherheit der Volksrepublik China mit dem Codenamen Psi.

Der Besucher trug stets den Codenamen ‘Psi’. Jeder Besucher trug denselben Codenamen und nur anhand des Datums liess sich der Rückschluss ziehen, wer zum fraglichen Zeitpunkt am besagten Ort anwesend gewesen war.

Eigentlich wollte der Zirkel dem Wirtschaftsminister Chinas auf den Zahn fühlen, jedoch schien sich der Staatspräsident der Volksrepublik China anders entschieden zu haben. Er entsandte an seiner Stelle den Chef des Geheimdienstes. - Dies musste einen speziellen Grund haben.

Die Sitzordnung der Teilnehmenden präsentierte sich in aller Regel gleich und wurde so auch im Grundsatz eingehalten. Interessant war dabei, dass der Gast nicht im Kreis des Zirkels Platz nehmen durfte, sondern lediglich neben der oder dem Vorsitzenden. Auch die Tischform war speziell gewählt. Sie erinnerte nicht nur von der Form her an das «Pentagon» oder Fünfeck in Washington, sondern sollte, gleich wie dieses, Stärke und Geschlossenheit symbolisieren.

Wie gesagt, wurde im Grunde genommen peinlich genau darauf geachtet, wer wo Platz nahm, aber dieses Mal war es anders. Die Vorsitzende fehlte, und so setzten sich die Teilnehmer nach ihrem Gusto an den Tisch. Einzig ‘Alpha’ und ‘Beta’ liessen sich ihren angestammten Platz nicht nehmen und sie wollten dem Gast direkt in die Augen sehen können und platzierten sich deshalb am Ende des Tisches.

‘Omega’ selber war erkrankt und sie musste sich in Spitalpflege begeben. Den Grund für ihre Abwesenheit kannte nur ‘Kirka’ und diese musste nun ihre Chefin vertreten.

‘Kirka’ war völlig überrascht von diesen Neuigkeiten und sie wusste sich in ihrer neuen Rolle nur insofern zu helfen, als sie den Sitzungstermin auf den Nachmittag hin verschob, in der Hoffnung, dass ‘Omega’ die Sitzung dann doch noch führen konnte. Dem aber war nicht so.

In aller Eile wollte ‘Kirka’ sich schlau machen, und da sie nach wie vor davon ausging, dass der Wirtschaftsminister Chinas am Treffen teilnehmen werde, suchte sie nach entsprechenden Unterlagen. Diese fand sie auch im Büro ihrer Chefin und sie versuchte sich in das Thema einzuarbeiten. Als Orientierungshilfe sollte ihr auch ein Spickzettel von Omega mit den Codenamen der Teilnehmenden dienen. Dieser half ihr allerdings nicht wirklich weiter, da auf dem Zettel lediglich die berufliche Tätigkeit und die örtliche Zugehörigkeit der Anwesenden vermerkt waren. Wer hingegen wer war, blieb für sie zumindest am Anfang völlig offen.

Namensliste der Teilnehmer

Alphader AlleskönnerFinancierInnerschweiz

Betader BesserwisserAnwaltOstschweiz

Gammader StreberFunktionärBern

Deltadie AufrichtigeFunktionärinBern

Epsilonder HerausfordererPolitikerTessin

Zetader MacherPrivatierInnerschweiz

Etader HinterfragendePolitikerWestschweiz

Thetader AufmerksamePrivatierBasel

Iotader BequemeFunktionärBund

Kappadie Undurchschaubare?Bern

OmegaVorsitz

PsiGast

In der Folge stiess ‘Kirka’ auf einen Artikel aus der Handelszeitung vom 2.10.2017 mit dem Titel «Über 80 Schweizer Firmen in chinesischer Hand». Dort wird «der rote Riese» beschrieben, der «auf leisen Sohlen» daherkommt. Auch ein zweiter Artikel weckte ihr Interesse. Er steht unter dem Titel «Das China-Dilemma», wo das Onlineportal republik.ch am 16.9.2019 feststellte, dass sich China Firmen und Infrastruktur in ganz Europa unter den Nagel reisse: Allein in der Schweiz für 58 Milliarden Euro.

Schliesslich machte sie ein Bericht im Beobachter aus dem Jahr 2018 vollends hellhörig. Dort stand nämlich geschrieben, dass «diese 15 Schweizer Firmen in chinesischer Hand sind».

Es sind dies nebst anderen

- Syngenta

- Bally

- Sigg

- Swissport, SR Technics, Gategroup

- Swiss Education Group

- Eterna/Corum

- Lista Holding

- Swissmetal

All dies liess ‘Kirka’ schon aufhorchen und sie wusste nicht mehr so genau, wo ihr der Kopf stand. Sie wollte sich noch ein wenig schlauer machen und fand auf dem Pult ihrer Chefin das neue Buch von Stefan Aust und Adrian Geiges mit dem Titel «Xi Jinping - der mächtigste Mann der Welt», erschienen 2021 im Piper Verlag und trägt derzeit das Gütesigel ‘Spiegel Bestseller’.

Was ‘Kirka’ dort zu lesen bekam, machte sie noch stutziger und sie fragte sich, wie dieser Mann wohl tickte. Erste Antworten darauf bekam sie, wenn auch nur spärlich, im eben erwähnten Buch. Xi Jinping wird dort als «der lächelnde Unbekannte» beschrieben und dies blieb er für ‘Kirka’ auch.

Geboren 1953, aufgewachsen in Peking, Kommunist und seit 2013 Staatspräsident der Volksrepublik China - nota bene ohne Amtszeitbegrenzung. ‘Kirka’ lernte weiter, dass im Chinesischen zuerst der Familienname - also Xi - kommt, genauso wie Mao der Nachname von Mao Zedong ist. Auch nimmt sie zur Kenntnis, dass Kritik am allmächtigen Xi Jinping allseits vermieden wird. Schliesslich entnimmt sie dem Buch unter den Stichworten «wieviel Freiheit, wie viel Sicherheit», dass in China die Pandemie dazu genutzt werde, um die digitale Diktatur zu perfektionieren!

Dies alles und noch mehr fährt ‘Kirka’ in die Knochen. Und als sie auf einem Beiblatt ihrer Chefin auch noch das Interview von Adrian Geiges im Gespräch mit Christian Rabhansl in deutschlandfunkkultur.de vom 3.7.2021 gelesen hatte, wurde ihr noch mulmiger zumute.

Hierzu ein Ausschnitt:

Geiges: In seinen Schriften legt Xi eigentlich sehr offen dar, was seine Vorstellungen sind. Da braucht man gar keine Geheimdokumente zu entdecken. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, was eigentlich seine Ziele sind. (Xi) sagt, die kommunistische Partei der Sowjetunion ist deshalb untergegangen, weil sie ihre eigene Geschichte infrage gestellt habe. Da sagt er schon sehr offen, was seine Ziele sind.

Auch stiess ‘Kirka’ auf das Manuskript von SWR2 Lesenswert, vom 1.7.2021, und jetzt fiel ihr das Ganze wie Schuppen von den Augen. Dem Manuskript war nämlich folgendes zu entnehmen:

Ähnlich wie das Russland Putins beschwört Xis China eine Kontinuität über die Epochen hinweg, zu der auch die Kaiserzeit und Konfuzius gehören. Wer dagegen rebelliert, hat verloren, aber selbst die Gefolterten und Entrechteten spielen ihre Rolle, eben durch ihr Opfer. Xis eigenes Familienschicksal zeugt hiervon. Gebrochen werden und verändert wieder hochkommen, ob gewollt oder ungewollt, spielt eine zentrale Rolle: wer einen Weg zurücklegt, sei es vom Dissidentensohn zum Staatspräsidenten, sei es vom Leben ohne Toilettenspülung zum Studienplatz in Harvard, der entfaltet eine ganz andere, radikale Dynamik und ein ganz anderes Zielbewusstsein.

Wenn man dazu bedenkt, dass in China fast 1,4 Milliarden Menschen leben - deutlich mehr als in der EU, der USA und in Russland zusammen, und dass das Land über eine viertausendjährige Tradition verfügt, dann bekommen die obgenannten Aussagen einen noch viel brisanteren Stellenwert.

Letztlich fällt ‘Kirka’ ein Interview mit Ai Weiwei, dem bekannten chinesischen Künstler, in die Hände und sie liest seine Äusserung, wonach die Schweiz der scheinheiligste Staat der Welt sei.

‘Kirka’ kam ins Grübeln und sie dachte, dass der Mann vielleicht nicht einmal so unrecht hat. Auch liegt er wahrscheinlich nicht falsch, wenn er weiter feststellt, dass die Bedrohung, die von China ausgeht, eine wirtschaftliche ist. - Im Interview mit Ann Guenter, publiziert am 18.6.2021 auf 20min, erklärt Weiwei nämlich folgendes:

China wird weltweit alles aufkaufen. In der Schweiz etwa werden alle Banken und Finanzdienstleister für China arbeiten. Wird sich das auf das Land auswirken? Ich denke schon. Man sieht China ja nicht nur Afrika aufkaufen, es ist auch dabei, sich Konzerne in ganz Europa unter den Nagel zu reissen. Dabei korrumpiert nicht China diese Konzerne, sondern umgekehrt: Sie korrumpieren China.

Die illustre Runde liess es sich in der Zwischenzeit mit Speis und Trank gut gehen. Das Römerhaus bot dazu alles, was das Herz begehrte, und auch nach dem Essen standen den Anwesenden genügend Möglichkeiten zur Erholung zur Verfügung. Ganz nach dem ‘Bonmot’ von Bertolt Brecht in der ‘Dreigroschenoper’ aus dem Jahr 1928: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral frönten die Anwesenden der Wollust, wenngleich Brecht damit wohl eher meinte: Über wesentliche Fragen kann man erst nachdenken, wenn der Bauch gefüllt ist.

Das Haus selber und dort vor allem die Untergeschosse glichen von der Aufmachung her irgendwie den Gemächern und Katakomben von Pompeji, jener römischen Stadt, welche nach dem Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. unter einer meterhohen Asche- und Lavaschicht begraben wurde. Wasserspiele jeglicher Art und «Planschbecken» in unterschiedlichen Grössen sorgten für eine wohltuende Entspannung.

Im Speisesaal selber thronte eine Nachbildung von Leonardo da Vincis ‘Abendmahl’, zwar nicht ganz in den Originalmassen von 4,6 auf 8,8 Meter, aber immerhin auch recht stattlich anzusehen. Selbst eine Kopie des anderen berühmten Gemäldes von da Vinci, der ‘Mona Lisa’, fand sich in der Bibliothek des Hauses; irgendwie fehlte allerdings ihr berühmtes Lächeln, viel eher zeigten sich Sorgenfalten auf ihrer Stirn. Fehlen durfte natürlich auch nicht eine Replika von Michelangelos ‘David’, wenngleich sie dem Original, wenn überhaupt, höchstens im Ansatz nahekam. - Im Hintergrund erklangen die seichten Töne von Antonio Vivaldis ‘Vier Jahreszeiten’.

Pünktlich um 1500 Uhr eröffnete ‘Kirka’ die Sitzung und das, was sie dort zu hören bekam, überstieg alles, was sie sich vorstellen konnte. Der Chef des chinesischen Geheimdienstes eröffnete der Runde fast wie in einem Nebensatz, dass Wladimir Putin im Nachgang zu den Olympischen Spielen in Beijing vom Februar 2022 einen Krieg anzetteln werde wie ihn die Welt noch nicht gesehen habe. – Anzumerken bleibt, dass die ominöse Runde diese Information zwei Monate vor dem tatsächlichen Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine vom 24. Februar 2022 erhielt.

Die Anwesenden waren wie vom Sack geschlagen und natürlich wollte der eine oder andere noch mehr Informationen. Der Chef des Geheimdienstes schwieg sich jedoch dazu aus. Er verliess die Runde ohne sich zu verabschieden, bestieg ein CD-Fahrzeug der chinesischen Botschaft und fuhr weg.

‘Kirka’ sah sich ausserstande die Sitzung weiter zu führen und sie verabschiedete sich von den Anwesenden. Die Sitzungsteilnehmer wurden von ihr dazu angehalten, Stillschweigen zum Ganzen zu halten und diese nickten betreten. - Was sollte sie bloss mit dieser Information machen, dachte ‘Kirka’. Sie wusste es nicht.

3

Philippe hing nach wie vor seinen Gedanken nach bis ihn auf einmal sein iPhone aus seinem Tagtraum holte. Es musste sich um einen Anruf handeln, signalisierte das Erkennungszeichen doch klar und deutlich, dass es sich um einen Anruf handeln musste, womit sich seine momentane Gemütslage noch weiter verschlechterte. Er hasste es nämlich zu telefonieren. Trotzdem nahm er widerwillig das Gerät in die Hand und schaute aufs Display. Die Nummer kannte er und so entschloss er sich, den Anruf entgegen zu nehmen. Auf der anderen Seite meldete sich ‘Kirka’, natürlich nicht mit diesem, sondern mit ihrem richtigen Namen. «Hallo Philippe, hier ist Irène Vögtli. Ich muss unbedingt mit dir sprechen. Hast Du Zeit für mich?» Ohne gross zu zögern, willigte Philippe ein und so trafen die beiden sich schon bald zu einem Kaffee in einem nahen gelegenen Restaurant.

Was Philippe dort zu hören bekam, überstieg alles, was er sich vorstellen konnte, und er wollte dem Ganzen nicht richtig Glauben schenken. «Was soll der Putin machen?», das glaub ich ja nicht. «Gut, er ist für mich schon nicht ganz dicht, aber das glaub ich nun wirklich nicht.» So sein Kommentar. - Irène holte noch ein wenig aus und sie hielt fest, dass sie gestützt auf das sonderbare Verhalten des Geheimdienstchefs die Drohung Putins nicht ausschliessen könne. Sie könne allerdings momentan mit niemandem anderem darüber sprechen, da ihre Chefin im Spital liege und sie zu ihrem Stellvertreter nicht dieselbe Nähe habe wie zu ihr.

Philippe brauchte nun ein Bier und er bestellte sich eines. Irène blieb beim Kaffee. Sodann erkundigte er sich nach der illustren Runde. Irène gab bereitwillig Auskunft soweit sie Auskunft geben konnte und wusste, um wen es sich da handelte. Alpha, der Alleskönner, sei ein Financier aus der Innerschweiz. Er halte Kontakt zu allen und allem was Rang und Namen habe und natürlich, wer viel Geld habe. Er sei so etwas wie der Schatzmeister der Oligarchen und dies nicht nur bei den Russen, sondern auch bei den Chinesen und reichen Arabern. Beta komme aus der Ostschweiz und er sei wirklich ein «helles Kerlchen», jedoch durchtrieben und für sie ganz und gar nicht einschätzbar. Er sei Rechtsanwalt und führe eine ansehnliche Kanzlei. Er pflege beste Beziehungen zur Hochschule oder, wie sie heute genannte werde, zur Universität St. Gallen. Gamma sei ein Funktionär aus dem Kanton Bern. Aus ihrer Sicht eigentlich wenig bedeutend, jedoch sei er ein Streber, der immer auf sich aufmerksam machen wolle. Von Delta hingegen halte sie viel. Sie sei nach ihrem Dafürhalten eine ehrliche und aufrichtige Person, ebenfalls im Kanton Bern wohnhaft, und arbeite für die Bundesbehörden im Bereich des Gesundheitswesens. Von Haus aus sei sie Juristin.

Nach einem weiteren tiefen Schluck aus seinem Bierglas erkundigte sich Philippe nach den übrigen Anwesenden.

Ja, Epsilon sei eine besondere Figur aus dem Kanton Tessin. Wahrscheinlich sei er deshalb in der Runde, weil er beste Beziehungen zu Italien habe und auf diese Weise das eine oder andere für die Schweiz regeln könne. Er sei Politiker und dies nun doch schon über ein paar Jahre hinweg, was für den Kanton Tessin eher speziell sei.

Zeta sei ein absoluter Macher aus der Innerschweiz und zwar im positiven Sinn. Was er anpacke habe Hand und Fuss, und sie könne eigentlich nichts Negatives über ihn sagen. Auch Eta sei eher zurückhaltend und er hinterfrage alles, was seine Kolleginnen und Kollegen so anstellen. Irgendwie scheint er das «gute Gewissen» der Runde zu sein. Er komme aus dem Kanton Waadt und sei Politiker.

Theta sei nun eine ganz und gar besondere Person. Wohnhaft im Kanton Basel, Privatier und in Pension stehend, aber hellwach an Geist, wenngleich man immer das Gefühl habe, dass sein Körper schlafe.

Iota - und entschuldige bitte den Ausdruck - ist ein fauler Hund. Warum er in der Runde ist, kann ich auch nicht sagen. Wahrscheinlich brauchten sie noch einen Bundesvertreter, aber beigetragen hat er bislang noch nichts. Er arbeitet glaublich für das EJPD - das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, allerdings kann ich nicht sagen für welches Amt.

Und schliesslich gibt es noch Kappa. Kappa ist für mich absolut undurchschaubar. Mit ihren blauen Augen und ihrem wachen Verstand ist sie wahrscheinlich den meisten anderen Anwesenden um Längen voraus und für Omega die wichtigste Beraterin in diesem Zirkel. - Damit bin ich bei Omega:

«Sie ist meine Chefin und sie führt zumeist den Zirkel. Wieviel die übrigen Bundesräte vom Ganzen wissen, ist mir nicht bekannt, und ich möchte es auch gar nicht wissen.» - Philippe nahm dies alles mehr oder weniger stillschweigend zur Kenntnis und gewisse Erinnerungen an eine ähnliche Organisation unter dem Decknamen ‘P-26’ kamen in ihm hoch.

P-26 (Projekt 26) war eine geheime Kaderorganisation zur Aufrechterhaltung des Widerstandswillens in der Schweiz im Fall einer Besetzung. Sie wurde 1979/1981 als Nachfolgerin des Spezialdienstes in der Untergruppe Nachrichtendienst und Abwehr (UNA) eingesetzt und wurde 1990 – immer noch im Aufbau begriffen – nach der Bekanntmachung durch eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) durch den Bundesrat aufgelöst. Für die P-26-Mitglieder war in Friedenszeiten keine Bewaffnung vorgesehen, und die Rekrutierten kannten sich nicht zellübergreifend. Vorgesehen war, dass sie ausschliesslich auf Befehl einer allenfalls im Ausland verbleibenden Exilregierung aktiv geworden wären, um als Nachrichtenquelle und letztes Mittel der Einflussnahme zu dienen. Ein Kampfauftrag war nicht vorgesehen, sondern der Armee vorbehalten.

«Eigentlich weiss ich auch nicht so genau, was du mit der Information anfangen sollst. Ich denke, du musst zuwarten, bis du dich wieder mit deiner Chefin absprechen kannst.» So die ernüchternde Antwort von Philippe. Beide trennten sich in der Folge, und für Philippe blieb ein schaler Beigeschmack zurück.

Was sich in «Bundesbern» so alles abspielt, das geht doch auf keine Kuhhaut, dachte er laut und er begab sich nach Hause.

Tatsache war allerdings, dass noch am gleichen Nachmittag ‘Iota’, der bequeme Funktionär des Bundes, mit seinem Tesla tödlich verunglückte. Er fuhr mit dem Wagen in einen Brückenpfeiler auf der A6 von Bern in Richtung Muri und konnte von den Rettungskräften nur noch tot aus seinem Wagen geborgen werden. Im Autoradio erklang der neueste Song der Band „Die Roten Dosen“ mit dem Titel: „Zehn kleine Zaches“, und die erste Strophe des Liedes wiederholte sich wie in einer Endlosschlaufe:

«Zehn kleine Zaches, die wollten sein nicht gern allein.

Der eine fuhr in einen Baum, da waren’s nur noch neun.»

Das Lied entstand vermutlich in Anlehnung an "Klein Zaches genannt Zinnober" von E.T.A. Hoffmann und erinnert an die russische Satiresendung mit dem Titel "Kukly" (Puppen), welche 2001 nach acht Jahren eingestellt wurde.

4

‘Omega’ und ‘Kirka’ waren für Philippe keine Unbekannten, jedoch nicht unter diesen Namen. Auch war ihm nicht bekannt, dass die beiden noch mächtiger waren, als er dies bis anhin wahrgenommen hatte. Für ihn waren sie bis anhin Frau Bundesrätin XY, Vorsteherin des EDA (des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten) und ihre Assistentin, Frau Irène Vögtli. Auch hatte er bislang keine Ahnung, dass es einen solchen Geheimzirkel gab. Wie sollte er auch? Als einfacher Kriminalpolizist im Ruhestand war sein Kenntnisstand begrenzt und dies war auch gut so! Wäre dem nicht so, so würde ihn seine Wissbegierde sicherlich wieder ins Elend stürzen und das wollte er mit Sicherheit nicht; zu einschneidend waren die bis anhin gemachten Erfahrungen für ihn.

Trotzdem liessen ihn die Ausführungen von Irène nicht unberührt und sie beschäftigten ihn auch. Vor allem der Hinweis auf einen bevorstehenden Krieg liess ihn nicht mehr los und er wollte sich etwas schlauer machen. Vorweg wollte er allerdings Deborah über das Gespräch mit Irène ins Bild setzen.

Deborah sass wie so oft am Küchentisch und studierte einige Bücher zum Hegen und Pflegen von Pflanzen. Sie hatte vor kurzem einen grösseren Gartenanteil angemietet und sie wollte in Mischkultur Gemüse und Salat zum Besten bringen. Unzählige Stunden verbrachte sie damit, sich das nötige Fachwissen anzueignen, und die Samen und Setzlingen warteten bereits darauf ins Freie gebracht zu werden.

«Hallo, mein Schatz, wie geht es dir?» So die einladenden Worte von Philippe. «Gut, danke und wie geht es dir?» «Auch gut, wenn ich nur nicht die Informationen von Irène bekommen hätte; die machen mir irgendwie Angst.» «Was für Informationen hast du denn bekommen?» Und Philippe erzählte ihr die ganze Geschichte.

Deborah hörte aufmerksam zu und sagte eigentlich nichts. Sie nickte nur und bemerkte, dass sie dies schon immer so gedacht habe, ohne es näher zu begründen. Philippe runzelte die Stirn.

Sodann erwähnte sie, dass sie vor kurzem ein Telefonat mit Susann geführt habe, und sie seien darin übereingekommen, dass sie sich schon viel zu lange nicht mehr gesehen hätten. Dies stimmte natürlich. Auch Philippe dachte an Fred, den Ex-Mann von Susann, und auch ihn hatte er schon lange nicht mehr gesehen. - Dem Ganzen musste Abhilfe geschaffen werden.

«Und wie seid ihr verblieben, mein Schatz?» «Wir wollen uns morgen Abend auf einen ‘Schwatz’ in der Stadt treffen. Stimmt dies für dich?» So ihre zurückhaltende Frage. «Aber klar, dann werde ich versuchen, mich ebenfalls mit Fred treffen zu können. Ich würde mich ebenfalls sehr freuen, ihn wieder einmal zu sehen.»

Gedacht, getan griff Philippe zum Hörer und wählte die Nummer von Fred. Leider kam nur der Anrufbeantworter mit dem Hinweis, dass der Empfänger momentan nicht erreichbar sei. Philippe wunderte sich ein wenig, studierte dann aber doch nicht länger diesem Hinweis nach. Viel eher wollte er sich einer anderen Lieblingsbeschäftigung von ihm widmen und gemeinsam mit Enrico den Abendspaziergang unter die Füsse nehmen.

Das Wetter war garstig, und Philippe musste sich entsprechend warm anziehen. Enrico war das Wetter egal. Kälte oder Nässe machten ihm absolut nichts aus. Sie verliessen das Haus und schon nach wenigen Metern kamen Philippe die Worte von Irène erneut in den Sinn: Putin werde im Nachgang zu den Olympischen Spielen in Beijing einen Krieg anzetteln …

Philippe wurde nachdenklich und er konnte sich ein solches Szenario gar nicht vorstellen. Krieg in Europa oder anderswo - angezettelt durch Putin? - Nein, das konnte es nicht sein. Oder etwa doch? Das wären ja dann nur noch zwei Monate, ging Philippe durch den Kopf, und er wollte sich schlauer machen. Wäre dem tatsächlich so, dann musste die Zeit genutzt werden, um solch Schlimmes zu verhindern.

Ermüdet ob diesen Gedanken kehrte Philippe zusammen mit Enrico in sein Haus zurück. Enrico hatte dieses Mal nicht viel von seinem Herrchen gehabt; viel zu stark war er geistig abwesend und kümmerte sich nach seinem Empfinden viel zu wenig um ihn. Dies musste sich irgendwie ändern und so forderte er ihn noch zum Spiel im Garten auf. Erst jetzt erkannte Philippe, dass er seinem Hund nicht die notwendige Aufmerksam geschenkte hatte, und er kam der Einladung von Enrico gerne nach. Nach einer guten Viertelstunde war das Bedürfnis von Enrico allerdings gestillt und so konnten beide getrost ins Haus treten. Deborah hatte bereits das Abendessen vorbereitet und es schmeckte vorzüglich. Eine Eigenkreation von ihr mit Linsen Fusilli, frischem Lauch- und Zwiebelgemüse und biologischen Champignons. Das Ganze verfeinert an einer feinen Sosse.

Im Nachgang zum Essen wollte Deborah sich noch ein wenig im Internet schlau machen und sich so gut wie möglich für ihren Garten vorbereiten. Da gab es doch noch einiges zu lesen und sich anzueignen, um der Mischkultur in den Beeten zum Durchbruch zu verhelfen. Philippe seinerseits nahm ein Buch zur Hand, das er zwar schon einmal gelesen hatte, ihm in seinen Gedanken jedoch vielleicht weiterhelfen konnte. Der Titel des Buches lautete: Das Putin-Syndikat / Russland im Griff der Geheimdienstler und stammt von Margareta Mommsen aus dem Jahr 2017, erschienen im Verlag C.H. Beck.

5

Der Bundesrätin ging es ganz und gar nicht gut, und sie durfte das Spital nicht verlassen. Viel schlimmer noch: Sie wurde in Quarantäne versetzt und durfte keinen Besuch empfangen. Ihr Gesundheitszustand war kritisch. Irène Vögtli wusste immer noch nicht, was sie machen sollte, und sie besprach sich mit ihrer Assistentin, Pasquale Sütterli. Pasquale war die treue Begleiterin von Irène und sie stand ihr mit Rat und Tat stets zur Seite. So auch dieses Mal. «Ja, du hast recht gehabt, dass du dich an Philippe gewendet hast. Er hat uns ja schon das eine oder andere Mal unter die Arme gegriffen. Und so wird es hoffentlich auch dieses Mal sein», dies ihr Kommentar.

Pasquale sprach Irène auch auf den Gesundheitszustand der Bundesrätin an, jedoch schüttelte diese nur den Kopf. «Die Ärzte wissen auch nicht so genau, woran sie erkrankt ist. Auf jeden Fall scheint es sich um einen viralen Infekt zu handeln.» Nicht auszuschliessen sei, dass sie sich mit dem hochansteckenden und gefährlichen Marburg-Virus infiziert habe; so die Auskunft der Ärzte. Immerhin verbrachte sie vor gut einer Woche ihre Ferien in einem Land, wo sich momentan das Virus verbreite. «Und um welches Land handelt es sich da?», so die Folgefrage von Pasquale. – «Um Ghana.»