Geocaching in die Vergangenheit - Thomas Wenig - E-Book

Geocaching in die Vergangenheit E-Book

Thomas Wenig

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Beschreibung

Anja und Uwe, ein junges Paar, sind völlig angetan von ihrem neuen Hobby, dem Geocaching. Das Lösen der Rätsel, die Suche an verlassenen Orten, beginnen ihren Alltag zu beherrschen. Eines Tages erscheint ein mysteriöses Rätsel in der Community. Zusammen mit einem anderen Paar stolpern sie über Lösungsansätze. Dass dieses Rätsel ihr ganzes Leben verändern wird, ist ihnen noch nicht bewusst. Eine aufregende Reise in eine andere Zeit und Welt steht ihnen bevor.

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Inhaltsverzeichnis

Wie alles begann

Die Euphorie

Urlaubsplanung

Ein ungewöhnliches Rätsel

Die Pfingstreise

Des Rätsels Lösung Teil 1

Das lange Warten

Der Sommerurlaub und die Entscheidung

Des Rätsels Lösung Teil 2

Das Abenteuer in die Ungewissheit

Die Erkundung des großen Tals

Die Schneemenschen

Der Ausflug zu den Abtrünnigen

Das geflutete Tal

Anjas Verschwinden

Entdeckt von den Menschen

Schlusswort

Geocaching in die Vergangenheit

Wie alles begann

Uwe und Anja waren schon lange ein Paar. Nicht das Langeweile aufgekommen wäre, aber dennoch suchten sie ein neues Hobby. Bisher hatten sie sich mit Rätseln, Spaziergängen, der Fotografie und manchmal ein bisschen mit Schatzsuche beschäftigt.

Als Uwe an diesem Abend sich mit Freunden in einer Kneipe traf, kam wie so oft, dass Thema Hobbys mal wieder auf den Tisch. Jeder erzählte von seinen neuesten Erfahrungen und Ideen. Dann war auch Uwe an der Reihe. Nachdem er seine Hobbys aufgezählt hatte, sagte einer seiner Freunde: „Da kannst Du ja gleich Geocaching betreiben, dann hast Du alles in einem.“ „Geocaching, was ist das denn?“, fragte Uwe.

Jetzt redeten alle durcheinander. Jeder, außer Uwe, hatte schon mal was davon gehört. Es kamen Wortfetzen wie: GPS, Schatzsuche, Abenteuer, Rätsel, Lost Places, Natur und viele mehr. Uwe sperrte seine Ohren immer weiter auf. Scheinbar hatte sein Kumpel recht gehabt, da war ja alles drin enthalten, was er bisher auf viele Hobbys verteilt hatte. Den ganzen Abend gab es jetzt kein anderes Thema mehr. Ein jeder kannte einen, der einen kennt, der das schon einmal gemacht hatte. Die wildesten Geschichten wurden erzählt. Uwe wusste gar nicht, was er davon glauben konnte und was nur Gerede war. Aber interessant klang es schon.

Später dann, wieder zuhause musste er unbedingt noch Anja davon erzählen. Sie schob seinen Enthusiasmus auf das eine oder andere Bier zuviel, das Uwe mit seinen Freunden getrunken hatte. Am Morgen, so dachte sie, würde dann diese Begeisterung sicher wieder den Kopfschmerzen weichen.

Dieses Mal aber hatte sich Anja getäuscht. Trotz der Kopfschmerzen erzählte Uwe gleich beim Frühstück weiter von dem Gehörten. Er hatte vor, sich im Laufe des Tages, im Internet darüber zu informieren.

Obwohl er nicht wusste, wie sich Geocaching schrieb, fand die Suchmaschine Hunderttausende von Seiten. Uwe war sehr überrascht, dass er wirklich noch nichts davon gehört hatte. Da gab es Clubs, Foren, Gruppen, er wusste überhaupt nicht, wo er beginnen sollte.

Nur gut, dass heute Sonntag war und somit sehr viel Zeit für die Internetsuche blieb. Inzwischen schaute auch Anja ihm über die Schulter. „Oh, schau mal, da sind Rätsel“, waren ihre ersten Worte. Um bloß nicht vom PC weggerissen zu werden, tat Uwe ihr den Gefallen und klickte den Link an.

Die Rätsel, die sie dort fanden, waren in Schwierigkeitsgrade eingeteilt. Rätseln war ja sowieso eines ihrer gemeinsamen Hobbys gewesen, so dass sie sich gleich eine mittlere Kategorie aussuchten. Hier benötigten sie doch schon eine Weile, um zu einem Ergebnis zu kommen. Aber war das nun richtig? Zum Schluss mussten sie etwas umrechnen, so dass sich daraus die sogenannten GPS Daten ergaben.

Als sie die Daten im Internet eingaben, erhielten sie eine Ortsangabe in Süddeutschland, ca. 600 KM von ihrem Zuhause entfernt. „Na toll, wie sollen wir das denn jetzt kontrollieren“, sagte Anja. Uwe schlug daraufhin vor, vielleicht doch eine der Gruppen aufzusuchen, damit es regional begrenzte Rätsel waren, die sie lösen könnten. Schließlich war Sonntag und den Nachmittagsspaziergang würden sie dann zur Kontrolle benutzen.

Uwe meldete sich bei einer der vielen Gruppen im Internet an. So viel gab es hier zu sehen und zu lesen. Die Informationen prallten nur so auf ihn und Anja ein. Aber zu tief wollten sie nicht eintauchen, sondern einfach erstmal nur ein Rätsel lösen, bei dem sie später dann den Erfolg kontrollieren konnten. Eine mittlere Schwierigkeitsstufe erschien ihnen auch hier angemessen.

Hatten sie sich überschätzt? Bis fast zum Mittag brauchten sie um auf eine Lösung zu kommen. Die Eingabe der dann errechneten GPS Daten, ergab einen Ort, in ca. 25 KM Entfernung Uwe konnte es kaum erwarten, das dass Mittagessen vorüber war. Anja war doch überrascht. Er, der sonst gerne nach dem Mittagessen sich etwas zur Ruhe begab, war es, der zum Aufbruch drängte.

Sie packten ihre Wanderschuhe und bequeme Kleidung ein, einen kleinen Klappspaten, falls sie buddeln müssten und dann machten sie sich auf den Weg. Auf der Landkarte hatten sie sich in etwa die Suchzone herausgesucht, würden dort parken und dann den Rest als Wanderung nutzen. Uwe hatte schon die ganze Zeit die GPS Funktion seines Handys eingeschaltet. Schon während der Fahrt musste Anja ihm immer wieder die Daten nennen. Uwe, der sonst eher vorsichtige Fahrer, ignorierte am heutigen Tag einfach mal die Geschwindigkeitsbeschränkungen. Er schien wie im Bann.

Auf dem Parkplatz angekommen, nahmen sie die Karte, das Handy mit der GPS Kennung, die Fotokamera und den Spaten in die Hand und marschierten los. Wie die Pfadfinder kamen sie sich vor. Immer wieder machten sie einen kurzen Halt, kontrollierten die Himmelsrichtung und waren sich schlüssig auf dem richtigen Weg zu sein. Uwe wurde schon langsam ungeduldig.

Bestimmt hatte jemand den Schatz, den Cache, gut versteckt. So viel hatten sie schon der Gruppe im Internet entnommen. Es sollte ja auch nicht zu einfach sein, das Gesuchte zu finden. Ganz in der Nähe waren sie schon, aber nun mussten sie den Feldweg verlassen und in den nahen Wald gehen.

Es konnten nur noch wenige Meter sein. Anja hielt schon Ausschau nach besonderen Plätzen. Eine Baumwurzel, eine Vertiefung im Gelände, so etwas wäre doch ein guter Ort für ein Versteck. Die GPS Daten des Handys stimmten nun genau mit den errechneten Werten des Rätsels überein. Was aber wäre, wenn sie sich bei dem Rätsel vertan hätten? Uwe hatte sich den Ausdruck mitgenommen und noch einmal gingen sie es durch. Alles schien korrekt zu sein, aber hier war einfach nichts zu finden. „Vielleicht hat sich auch nur jemand einen Scherz erlaubt“, sagte Anja. Uwes Zuversicht schien merklich zu schwinden. Hatte doch alles so gut angefangen. Er würde nicht so schnell aufgeben, sein Schatzsucherherz war da sehr hartnäckig.

Sie setzten sich auf einen umgefallenen Baum und betrachteten die Umgegend. Anja fiel es wie Schuppen von den Haaren, sie zeigte mit den Fingern auf einen dicken Baum, der eine Asthöhle hatte. Uwe sprang auf, langte mit der Hand hinein und stellte fest, er kam nicht weit genug nach drinnen. Er hätte jetzt eine kleine Leiter gebraucht, dann käme er höher und mit der Hand tiefer hinein. Oder ein langer Haken wäre auch nicht schlecht.

Die Lösung war dann eine andere, Uwe hob Anja hoch, so dass sie tief ins Innere der Baumhöhle fassen konnte. „Jetzt, habe ich was“, rief sie überschwänglich. Sie zog ein Tuch heraus, in das eine Tüte gewickelt war. In der Tüte befanden sich 3 Würfel und ein Zettel mit dem Vermerk, alles wieder zurückzutun. „Aber zuerst machen wir ein Foto davon“, rief Uwe entzückt.

Sie packten ihren ersten Schatz dekorativ auf den umgefallenen Baum und fotografierten ihn von allen Seiten. Dann erst packten sie alles wieder so ein, wie es war. Anschließend brachten sie das Tuch zurück in die Baumhöhle. Zufrieden mit sich und einem offensichtlich neuen Hobby, kehrten sie gemütlich zum Auto zurück. Sie brauchten nicht viele Worte, um zu wissen, dies war nicht der letzte Schatz, den sie gesucht hatten. Das Fieber hatte sie gepackt.

Die Euphorie

Kaum wieder zuhause angekommen, trugen sie stolz ihre erste Erfahrung im Internetforum ein. Es dauerte gar nicht lange, da kamen jede Menge Glückwünsche von anderen Mitgliedern. Die schienen alle zu wissen, der erste Fund macht süchtig. Diesen wunderschönen Moment hatten die anderen Mitglieder alle schon erlebt und konnten die Freude von Anja und Uwe nachvollziehen.

In einem Chat auf der Internetseite lernten sie gleich jede Menge Leute kennen. Sie waren erstaunt, wie viele davon aus ihrer Nähe kamen. Hier gab es auch Einladungen zu Treffen und gemeinsamen Veranstaltungen. Aber soweit wollten sich die beiden nun doch noch nicht in die Fänge der Sache geben. Es sollte erstmal etwas sein, was sie gemeinsam betreiben konnten und das eine neue Verbindung schuf.

Am späten Abend dann erwischte Uwe sich selbst, wie er im Internet immer wieder nach Outdoorshops schaute. Was es so alles an sinnvollen Zubehör gab, eine eigene Industrie, dachte er. Seile, Gurte, Leitern, Teleskophaken, ja sogar Angeln waren scheinbar manchmal nötig um an den gesuchten Schatz zu kommen. Uwe hatte nicht vor, gleich jede Menge Geld in das neue Hobby zu stecken, aber dennoch war ihm bewusst, das eine oder andere aus dem eigenen Repertoire sollte er zukünftig mit ins Auto packen.

Aber das Thema Auto war ohnehin ein eigenes. Sie hatten schon oft daran gedacht sich ein Neues zu kaufen. Eins mit deutlich mehr Platz, wäre da jetzt wohl die beste Lösung, dachte Uwe vorsorglich. Aber Anja jetzt schon darauf anzusprechen, könnte doch kontraproduktiv sein. Am schönsten wäre es, sie käme selbst zu dieser Erkenntnis.

Aber nun stand wieder die Arbeitswoche vor der Tür und vielleicht hatten sie ja die Möglichkeit, sich am nächsten Wochenende wieder an eine Aufgabe zu wagen. Allen Kollegen, ob sie es hören wollten oder nicht, erzählte Uwe von seinem Abenteuer. Was er dabei allerdings etwas veränderte, war das Auffinden der Baumhöhle. In seiner Erzählung war er natürlich derjenige, der die Entdeckung gemacht hatte. Wie es sich für einen Mann gehört, für einen richtigen Schatzjäger.

Als er am Abend nach Hause kam, sah er, dass auch Anja sich schon wieder mit dem Forum beschäftigte. „Ich habe schon einmal ein paar Rätsel hier aus der Nähe herausgesucht, vielleicht können wir die abends lösen und dann am Wochenende wieder Suchen gehen“, sagte sie ihm zu seiner Überraschung. Auch Anja schien vom Virus infiziert zu sein. „Gerne, das können wir gut machen, das ist eine tolle Idee“, war Uwes Antwort. Er freute sich aufrichtig, dass es ihr so gut gefallen hatte.

Statt Fernsehgucken war nun Rätseln angesagt. Anja hatte lauter Rätsel der nächst höheren Kategorie ausgesucht. Diese waren dann doch ganz schön knifflig. Bisher hatten sie noch nicht eins davon gelöst. Aber so schnell aufgeben, das war nicht ihrs. Sie hatten ja die ganze Woche Zeit und wenn sie es nicht schafften, dann würden sie sich am Freitag einfach noch ein paar leichtere suchen. Oft musste man bei diesen Rätseln auch um die Ecke denken. Die Lösung war genauso gut versteckt wie die Schätze scheinbar. Bis zum Mittwoch hatten sie noch immer für keines eine Lösung gefunden. Jetzt mussten sowohl Anjas, als auch Uwes Kollegen dran glauben und mithelfen. Hier ein Tipp, dort eine Information, dann ein reger Austausch über Nachrichten und so kamen die Lösungen zustande. Ob sie allerdings stimmten, das würden sie dann erst wieder am Wochenende erfahren. Konnte nicht schon einfach Samstag sein.

Leider stand wie jeden Samstag noch der Wochenendeinkauf an. Uwe neigte gerne dazu, diesen möglichst bis Samstagnachmittag heraus zu zögern. War es ihm doch zu wider, sich in das Menschengetümmel zu werfen, und dann später ewig lange an der Kasse anzustehen. Heute aber, gleich nach dem Frühstück, drängelte Uwe schon. Anja wusste gar nicht, wie ihr geschah. Schnell wurde der Einkaufszettel verfasst und erst bei den Begriffen Baumarkt und Gartencenter wurde Uwe stutzig. „Wir haben doch gar keinen Garten, oder habe ich etwas verpasst“, kam Uwes Frage. Anja erklärte ihm aber, dass sie bestimmt noch einige Dinge für die Schatzsuche benötigen würden. Sie hatte sich extra dafür schon eine Liste gemacht.

Es hatte den Anschein, dass Anja das durchzog, was er sich nicht getraut hatte. Wie schon so oft, hatte er sie einfach mal wieder unterschätzt. Dabei hätte er wissen müssen, wenn sie etwas vorhatte, oder etwas wollte, dann war sie kaum zu bremsen.

Kaum war der reguläre Einkauf beendet, begann die Exkursion durch Baumarkt und Gartencenter. Das Auto füllte sich bereits bis zum Bersten, da schlug Anja noch einen Outdoorladen in der Nähe vor. „Nur mal gucken, was es da so gibt“, waren ihre Worte. Uwe kannte diesen Satz, er bedeutete etwas ganz anderes. Nur mal gucken, gehörte nicht zu Anjas normalen Wortschatz. Dies wurde um so deutlicher, als sie vorschlug, doch erst noch den Wagen zuhause zu entladen; denn es könnte ja sein, dass sie doch noch etwas Platz brauchten. Uwe lachte innerlich. Sein Verdacht war bestätigt.

Der Outdoorladen, war ein Eldorado für Geocacher, wie sie sich jetzt schon selbst nannten. Sie verbrachten eine gefühlte Ewigkeit in dem Geschäft. Zwar kauften sie nur je einen Rucksack, ein paar unbedingt benötigte Werkzeuge, einen Gaskocher und Essgeschirr, aber sie schauten wie von selbst schon einmal bei Zelten, Schlafsäcken und ähnlichen Dingen, die man bei längeren Suchen benötigen würde. „Falls man mal ein ganzes Wochenende auf Suche geht“, waren die Worte von Anja, die Uwe verdeutlichten, wo die Reise hingehen sollte.

Auf dem Rückweg lobten sie ihre eigenen Einkäufe, so als müssten sie sich selbst die Erlaubnis dafür noch einmal bestätigen. Dabei waren sie doch völlig unabhängig. Keine Kinder für die sie verantwortlich waren, keine Haustiere, einfach niemanden ging es etwas an, was sie taten oder kauften. Jedenfalls war der Samstag soweit um, dass es sich nicht mehr lohnen würde, noch eine Suche zu beginnen. Aber dafür war die Ausrüstung komplettiert. Noch bevor sie aus dem Gewerbegebiet, in dem sich der Outdoorladen befunden hatte, wieder heraus kamen, sagte Anja: „Du, da vorne ist doch ein Autohändler, wir suchen doch schon so lange etwas größeres“. Größeres, bisher war immer nur von etwas Neuem, etwas Anderen die Rede gewesen, dachte Uwe. Aber auch hier war ihm der Sinn der Worte schnell bewusst.

Gezielt gingen sie also zu den Geländewagen. Eine Gattung Auto, über die sie bisher nur gelacht hatten, wenn sie die anderen Städter damit sahen. Kaum hatten sie sich die ersten Modelle angeschaut, da kam auch schon einer der Verkäufer und ahnte ein gutes Geschäft. Sie baten ihn aber darum, sich in Ruhe umzuschauen und ihn bei Bedarf dann dazu zu holen. An einen ernsthaften Kauf hatten ja beide nicht gedacht, es ging einfach mehr darum, die Zeit bis zum Abend noch sinnvoll zu nutzen.

Die Kriterien für so ein Fahrzeug waren schnell festgelegt. Geländegängig sollte es sein, einen großen Stauraum besitzen und natürlich bezahlbar sein. Beide taten so, als ob sie mit Interesse das eine oder andere Auto anschauten. Wie zufällig aber, näherten sie sich dabei einem großen weißen Geländewagen. Keiner hatte sich getraut zu sagen, guck mal der da. Als wäre es eine Überraschung, dass sie dort ankamen, wussten beide, der ist es. Jetzt konnte es gar nicht mehr schnell genug gehen, den Verkäufer wieder zu finden.

Wie es sich für ihn gehörte, erklärte er die vielen Vorteile dieses Wagens. Er hätte auch sonst etwas erzählen können, in ihren Gedanken, hatten beide ihn schon gekauft. Uwe tat noch so, als würde er überlegen, aber auch der Verkäufer, mit seiner jahrelangen Erfahrung, hatte die Sache schnell durchschaut. Er lud sie zu einer Probefahrt ein.

Ja, das war doch ganz was anderes. Man konnte erhöht sitzen, ein paar Schlaglöcher würden dem Fahren den Spaß nicht nehmen, sondern ihn noch erhöhen und Platz, den gab es jede Menge. Jeder von ihnen durfte eine Strecke mit dem Boliden fahren, dann war es gewiß, der sollte es sein. Noch am Nachmittag wurde der Kaufvertrag gemacht und schon in der nächsten Woche könnten sie sich der Neuanschaffung erfreuen. Schnell noch ein paar Fotos mit dem Handy vom neuen Familienmitglied und dann ging es ab nach Hause. Jeder von beiden, ohne es dem anderen einzugestehen, hatte ein etwas schlechtes Gewissen. Es war noch keine Woche her, da hatte Uwe sich ja geschworen, nicht gleich so tief in die Sache einzusteigen und viel Geld auszugeben. Was bloß war aus seinem Vorsatz geworden. An so viel Geld hatte er noch nicht einmal im Traum gedacht.

Kaum zuhause, wurde die Neuanschaffung gleich im Internetforum bekannt gemacht. Jetzt gehörten sie richtig dazu. Aber morgen, da würden sie wieder auf Schatzsuche gehen. Für diesmal hatten sie sich zwei Schätze ausgesucht, die räumlich dicht beieinanderlagen. Gemäß Karte waren es nur knapp 3 Kilometer. Es gab im Forum schon ein paar Leute, die dieses Rätsel gelöst und den Schatz gefunden hatten. Die Kommentare dazu lauteten meist in der Regel, tolles Versteck, super Idee, weiter so. Das war nach Anjas Meinung ein deutlicher Hinweis darauf, dass es nicht ganz leicht würde, diese Punkte zu finden. Aber morgen wüssten sie mehr.

Schon früh an diesem Sonntag frühstückten Anja und Uwe; denn gleich danach sollte die Suche beginnen. Die neuen Rucksäcke wurden gepackt, die zusätzlich angeschafften Werkzeuge verstaut, etwas Proviant eingepackt und dann begann die Reise. Diesmal würden sie ein längeres Stück laufen müssen; denn beide Punkte lagen weit ab von jedem Fahrweg. Sie hatten sich einen Parkplatz ausgesucht, von dem aus sie die beiden Stellen gut erreichen konnten.

Mit allen nötigen Gegenständen bewaffnet, Karte und Handy in der Hand, machten sie sich auf die Suche. Im Gegensatz zum ersten Mal, genossen sie aber bei dieser Suche auch die Landschaft, durch die sie gingen. Es war ja einer der Schwerpunkte dieses Hobbys. So sollte man anhand der Suchpunkte auch die Landschaft kennenlernen.

Der schon schmale Feldweg wandelte sich in einen Trampelpfad. Immer schwieriger wurde das Gehen. Hierher kamen sicher nur selten Menschen, das war gewiss. „Ob wir hier überhaupt noch richtig sind?“ Fragte Anja. Uwe hielt kurz inne, nahm sich die Karte noch einmal vor und antwortete: „Doch, wir müssen sogar schon recht dicht am ersten Schatz sein.“

Vor ihnen, in der flachen Landschaft hörten sie Stimmen von Wasservögeln. Ganz deutlich waren Enten und Gänse darunter zu erkennen. Dann ein paar Kurven später, sahen sie ihn, einen kleinen See. Er lag so versteckt, dass scheinbar niemand hier her kam um zu campen oder zu baden. Auch hatten sie vorher keinen Hinweis oder gar ein Schild gesehen Am Uferrand sahen sie nur ein altes Ruderboot und eine Art Fischerhütte.

Langsam näherten sie sich dem kleinen See. Die Wasservögel flogen auf und verzogen sich schnell zur anderen Seite. Sie stellten ihre Rucksäcke am Ufer ab und setzten sich erstmal in den Sand. Noch einmal überprüften sie die Koordinaten und merkten, der Suchpunkt war entweder falsch oder er lag in der Mitte des Sees. Uwe suchte sich am Ufer einen langen Stock, dann schob er das Ruderboot ein Stück ins Wasser. Anja setzte sich schon hinein, dann schob Uwe erneut kräftig und sprang entschlossen ebenfalls in das Boot. Sie ruderten das kurze Stück bis zur Seemitte.

Während Anja versuchte, das Boot mit den Rudern halbwegs auf einer Stelle zu halten, nahm Uwe den Stock und probierte den Grund damit abzutasten. Er hatte geradeso Bodenkontakt. Dann spürte er auch einen Gegenstand, konnte ihn aber nicht mit dem Stock anheben. Jetzt im beginnenden Frühling war es noch viel zu kalt, um einen Tauchvorgang zu wagen. Da fiel ihm die Angel ein, die er in einem der Onlineshops als Bedarf für Geocacher gesehen hatte. „Eine Angel müssten wir jetzt haben“, sagte Uwe, „dann könnten wir den Gegenstand einfach nach oben ziehen.“ Aber leider hatte er die Angel noch für unnötig gehalten. Das würde sich schon beim nächsten Besuch des Outdoorladens ändern.

Mit der Gewissheit zwar den Suchpunkt, nicht aber den Schatz gefunden zu haben, kehrten sie ans Ufer zurück. Nichts war diesmal mit einem Foto und dem Beweis das sie das Ziel gefunden hatten. Im Forum würden sie diesen Fehlschlag gar nicht erst erwähnen. Sie machten noch ein paar Fotos von diesem schönen Ort und beschlossen einmal um den See zu wandern. Nach einem kurzen Stück kamen sie an die Fischerhütte. Auch hier machten sie Fotos; denn dieser Ort sah so wunderbar verlassen aus. Als Anja dann noch ein Foto von der, Rückseite der Hütte machen wollte, entdeckte sie eine Angel an der Rückseite des Häuschens.

„Uwe, hier her“, rief sie. Sofort kam Uwe angerannt. Da hielt Anja die Angelrute schon in der Hand.

Nun ging es schnell zurück zum Boot, zur Mitte des Sees und Uwe begann mit der Suche erneut. Es dauerte lange und erforderte eine Menge Geduld und Geschick mit dem Haken an der Angelrute, den Gegenstand zu fixieren. Dann aber bog sich die Rute und Uwe begann zu kurbeln. Herauf kam eine Art Eimer mit einem fest nach oben stehenden Henkel. Der Eimer war schwer und verschlossen. Neugierig öffneten sie den Deckel und fanden drinnen Steine, wahrscheinlich zur Beschwerung, ein Kästchen und einen eingeschweißten Zettel. Sofort wurde auch das Kästchen geöffnet und drinnen war ein Glücksschwein. Sie fotografierten das Schwein, den Eimer, das Kästchen und natürlich den Zettel. Auf diesem stand: „Bitte die Angelrute wieder zurückstellen“. Anja und Uwe lachten laut. Derjenige, der den Cache versteckt hatte, hatte offensichtlich auch Humor.

Noch den ganzen Weg zurück bis zur Fischerhütte mussten sie darüber lachen. Wie gewünscht stellten sie die Angelrute zurück; denn auch der nächste sollte ja eine Aussicht auf Erfolg haben.

Erneut setzten sie sich an den kleinen Sandstrand und machten erstmal eine Pause. „Eine Angel sollten wir uns auch zulegen“, waren Anjas Worte. „Die steht schon auf meinen Einkaufszettel“, antwortete Uwe lachend. Was hätten sie nur ohne ihre Entdeckung gemacht. Seinen Arbeitskollegen am Montag würde Uwe schon erzählen, wer die Angel gefunden hatte. Er natürlich.

Zufrieden mit ihrer Ausbeute zogen sie zum nächsten Punkt ihrer Suche. Hier war schon im Vorfeld genannt worden, dass es sich um einen furchterregenden Ort handeln sollte. Die Wächter würden den Schatz gut bewachen, war ein weiterer Hinweis gewesen.

Gegen den jetzigen Weg war der zum See eine Autobahn gewesen. Obwohl noch früh im Jahr waren Sträucher und Gräser schon kniehoch. Viele Mulden und Löcher machten den Weg nicht leichter. Immer wieder kontrollierten sie auf der Karte den Weg. Hier konnte schon lange niemand mehr gewesen sein. Wie zum Trotz gegen das Weiterkommen standen sie nun auch auch noch vor einem kleinen Wäldchen. Dieses war mit umgefallenen Bäumen, heruntergefallenen Ästen und allerlei Gestrüpp gespickt. Immer wieder blieben sie mit ihren Sachen irgendwo hängen und Anja hatte schon Angst um ihre Kleidung. Fast wie im Urwald kamen sie sich vor. „Ein Himmelreich für eine Machete“, hörte Anja Uwe rufen.

Was aussah, wie ein kleines Wäldchen wurde nun immer dichter. Kaum noch Tageslicht drang hinein. Sie hatten sich eine grobe Richtung gemerkt und wollten davon nun auch nicht abweichen. In der Ferne hörten sie einen Eichelhäher, der die Tiere des Waldes warnte. Kurze Zeit später hörten sie, wie scheinbar einige Rehe durch den Wald rannten. Anja war nur froh, dass Uwe bei ihr war, sonst hätte die Angst sie zur Umkehr gezwungen. Immer weiter und tiefer gingen sie hinein. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sie in der Ferne etwas Helles sehen konnten. Das war das Licht, das von der anderen Seite in den Wald fiel. Also musste er dort zu ende sein, oder aber sie kämen auf eine Lichtung.

Es war eine Lichtung, aber eine riesig große. Vor ihnen bot sich ein gar grausiges Bild. Eine Art Mausoleum von Pelikanfiguren bewacht. „Das sollen wohl die Wächter sein“, sagte Anja ehrfürchtig.. Ein leichter Schauer der Angst überkam beide. Dies war ein Ort, an dem man nicht gerne alleine wäre. Anja und Uwe setzten sich erstmal auf eine Mauer und atmeten tief durch. Was wohl das Geheimnis dieses finsteren Ortes war? Sie würden sich später damit beschäftigen und vielleicht wüsste das Internet mehr darüber.

Jetzt aber wollten sie den Schatz finden. Die GPS Koordinaten führten sie immer dichter an die Gruft. Dazu mussten sie den Innenraum des Rechteckes betreten, das mit groben Mauersteinen eingefasst war. Langsam und ängstlich gingen sie einige Stufen herunter. Dann sahen sie eine kleine Steinplatte. „Hier muss es sein“, sagte Uwe. Er hob die kleine Platte an und sogleich fand er ein Kästchen mit dem Schatz. Dieser war ein alter, kaputter Pelikanfüller und wie immer ein Zettel. Auf dem Zettel stand nur: „Der Weg war das Ziel“.

Alles fotografierten sie und machten auch noch jede Menge Bilder von diesem horrormäßigen Ort. Dann packten sie den Schatz zurück und wunderten sich immer noch, wer so einen Ort erschaffen hatte. Was war der Gedanke desjenigen gewesen? Was hatte ihn bewogen, in so einer einsamen Gegend, so etwas zu bauen?

Diesmal könnte Uwe sogar hinterher mit gutem Gewissen erzählen, er wäre derjenige gewesen, der diesen spektakulären Ort und den Schatz gefunden hatte. Seine Arbeitskollegen würden einen Helden in ihm sehen. Sicher dauerte es nicht mehr lange, bis die ersten von ihnen ebenfalls diesem Hobby nachgingen.

Zurück ging es wieder durch den kleinen Urwald. Mit einem komischen Gefühl im Rücken, so als würden immer noch Menschen aus der Gruft steigen und ihnen folgen, suchten sich Anja und Uwe ihren Weg in die Normalität. Dieser von ihnen entdeckte Ort, hatte einen starken Eindruck bei ihnen hinterlassen. Wie viele solcher verwunschenen Orte würden sie wohl noch finden. Für die Leute, die die Schätze versteckten, musste es wohl immer eine ganz besondere Herausforderung sein.

Wieder zuhause war ihr erster Weg der zum PC. Schnell teilten sie ihre Erfahrungen und Erfolge des heutigen Tages mit. Die Glückwünsche der Community ließ nicht lange auf sich warten. Besonders zur zweiten Suchstelle wurden ihnen noch viele Fragen gestellt. Sie luden ihre Bilder hoch und warteten auf die Beurteilung der anderen. Ein rundum gelungener Tag, wenn man mal von dem Glück mit der gefundenen Angelrute absah. Beide wussten, sie müssten ihre Ausrüstung bestimmt immer wieder ergänzen.

Aber nun stand in der kommenden Woche ja erst einmal die Neuanschaffung des Geländewagens bevor. Dieser würde ihre Möglichkeiten deutlich erweitern, sei es in der Erreichbarkeit von abgelegenen Orten oder in der Möglichkeit viel Ausrüstung mitzunehmen. Sie freuten sich beide auf ihren Kauf.

Gleich am Montag mussten Uwes Arbeitskollegen wieder dran glauben. Allen erzählte er seine Heldentaten. Wie er es war, der die Angel gefunden hatte und natürlich wie er Anja die Angst an dem furchterregenden Ort genommen hatte. Hinter seinem Rücken sprachen die ersten schon vom Wochenendhelden. Bestimmt käme er eines Tages aus dem Wochenende und hatte die Welt gerettet.

Da war er, der neue Geländewagen. Anja und Uwe hatten ihn abgeholt und ihr erster Weg führte sie standesgemäß zum Outdoorladen. Als der Verkäufer das Gefährt durch das Fenster sah, witterte er schon große Geschäfte in Form einer Komplettausstattung einer Expedition. Da mussten ihn Anja und Uwe aber doch etwas enttäuschen, sie hatten einfach nur noch einen kurzen Bummel vor. Das Enzige was sie mitnahmen, war eine Angelrute, man konnte ja nie wissen. Allerdings geschaut hatten sie wieder bei vielen Outdoorgegenständen. Immer wieder führte sie ihr Weg dort zu den Zelten. Bisher hatten sie ihre Urlaube immer in Form von Pauschalreisen durchgeführt und wenn andere über Camping sprachen, eher die Nase gerümpft.

Sie verwiesen dann auf das Unbequeme, den Regen, der einen ereilen konnte, die Lautstärke auf den Campingplätzen. Ach es gab tausend Gründe nicht zu campen. War diese Einstellung immer ein Irrtum gewesen. Wie viel hatten ihnen Freunde doch davon vorgeschwärmt. Sie beschlossen, es diesen Sommer im Urlaub einmal zu testen. So könnten sie mehrere Orte anfahren und vielleicht ja auch noch den einen oder anderen Schatz heben.

Bestimmt könnte man ihnen da in der Community auch weiterhelfen. Sicher gab es genügend Leute, die schon Erfahrungen gesammelt hatten oder vielleicht sogar Ruten vorschlagen konnten.

Als Uwe am nächsten Morgen mit dem neuen Geländewagen bei der Arbeit vorfuhr, fragten ihn die Kollegen neugierig, wann denn nun die Expedition stattfinden sollte. Er spürte so ein bisschen Neid aufkommen. Hatte er vielleicht doch etwas dick aufgetragen? Aber so waren die Menschen, da teilte man ihnen seine Freude mit, in der Hoffnung sie würden sich auch daran erfreuen und was man erhielt, war Neid und Missgunst. In Zukunft würde er sich einfach etwas mehr zurückhalten, was seine Erzählungen betraf.

Urlaubsplanung

Leider war der Urlaub noch sehr lange hin. In diesem Jahr hatten beide erst spät ihren Sommerurlaub, da ja wie immer die Kollegen mit schulpflichtigen Kindern, ihren nur in den Ferien nehmen konnten. Sie als kinderlose, mussten da wie jedes Jahr etwas ausweichen. Bis Ende August, Anfang September mussten sie noch warten. Aber das hatte den Vorteil, sie könnten länger planen und meistens war das auch eine sehr regenfreie Zeit.

Im Internetforum hatten sie schon unzählige Tipps erhalten. Diese reichten von der Nordsee bis in die Alpen, wenn man sie auf Deutschland begrenzte. Aber so richtig gefallen hatte ihnen das alles nicht. Auch schwebte ihnen nicht vor, die ganze Zeit an einem Ort zu verweilen. Immer mal wieder kam Anja mit dem Vorschlag einem Flusslauf zu folgen. Dies war bisher ihr Favorit.

Heute allerdings brauchte Uwe Anja nicht darauf ansprechen, sie war recht übel gelaunt. Auf die Frage für den Grund dafür, erhielt er nur ein kurzes: „Die Kollegen sind alle doof“. Da begann Uwe von seiner Erfahrung am Heutigen Tag zu erzählen und schnell stellten sie die Gemeinsamkeiten fest. Auch Anja hatte von der Anschaffung des Wagens ganz stolz und freudig erzählt. Dann aber hatten die Kollegen begonnen sie nieder zu machen. Spritfresser, Umweltsünder und viele solcher Begriffe waren gefallen. Keiner hatte sich mit ihr zusammen gefreut.

Sie hatte also die gleichen Erfahrungen gemacht wie Uwe. Sie hatte sich ebenfalls dazu entschlossen in Zukunft weniger von sich zu berichten. Wobei sie dies eigentlich sehr schade fand.

Überhaupt hatte sich so eine Einstellung der Menschen in den letzten Jahren ungemein verstärkt. Lag es auch daran, dass der Druck bei der Arbeit immer größer wurde, der Konkurrenzkampf immer heftiger, oder einfach nur am normalen Zeitgeschehen? Das Einzige, dass Anja wusste, dass es ihr nicht gefiel. Sie hatte keine Lust mit auf diesen Zug aufzuspringen. Oft in der letzten Zeit hatte sie sich mit Uwe darüber unterhalten und auch er hatte die gleiche Einstellung. Uwes Erklärung hierfür war dann die Globalisierung, das Internet und natürlich die Regierung.

Sicher war es zu einfach, wenn man sagte, früher war alles viel besser, aber dran war da schon was. Die Leute hatten vor ein paar Jahren noch einfach mehr Zeit. Viel mehr gemeinsame Sachen wurden unternommen. Heute war fast jeder nur noch mit seinem Smartphone verbandelt und die Freunde in den sozialen Netzwerken waren wichtiger als die wirklichen. Viele definierten sich nur noch über die Anzahl der virtuellen Freunde und die Likes, die sie auf irgendwelche Bilder und Kommentare bekamen. Schon bei den Kindern, die er morgens an der Bushaltestelle sitzen sah, ließen Uwe nur noch mit dem Kopf schütteln. Früher, als er selbst noch zur Schule ging, da wurde gespielt und getobt. Heute saßen alle, wie die Hühner auf der Stange, auf einer Bank und jedes der Kinder war in sein Smartphone vertieft. Statt miteinander zu sprechen, wurden Nachrichten versendet.

Wie schön war es doch da, sich zumindest am Wochenende in die Natur zurückzuziehen. Die kannte so etwas nicht, die Natur war immer noch ehrlich, auch wenn sie unter den Menschen leiden musste. Gerade bei ihrem neuen Hobby war es so wichtig, jemanden an seiner Seite zu haben, auf den man sich verlassen konnte, mit dem zusammen man Schwierigkeiten bewältigte. So blieb mal wieder nur die Vorfreude auf das kommende Wochenende, zum ersten Mal mit dem neuen Geländewagen, und natürlich auf den Urlaub.

Es war der Dienstagabend, als Anja mal wieder mit einer ihrer Überraschungen kam. „In der Gruppe wird am Wochenende ein großes Treffen stattfinden, Samstag und Sonntag, wollen wir da nicht teilnehmen und ein paar gleichgesinnte Leute kennenlernen?“ Fragte sie Uwe. „Das wäre doch eine wunderbare Gelegenheit gleich einmal ein kurzes Camping abzuhalten und zu schauen, ob es wirklich was für uns ist“, folgte sofort. Uwe war etwas überrascht, über das Tempo mit dem Anja lospreschte. Aber warum nicht, jetzt wo sie den neuen, grossen Wagen hatten, wäre es ja gut möglich. „Dann müssen wir aber noch das Zelt, Schlafsäcke und einiges besorgen“, sagte Uwe. „Und wir müssen das Rätsel lösen, das den Ort des Treffens verrät“, fügte Anja hinzu.

Total begeistert machten sie sich an die Aufgabe. Bewusst war diese wohl nicht so schwer gestellt, sonst wäre bestimmt kaum jemand zum Treffen gekommen. Es dauerte also nicht lange, bis sie wussten, wo das Treffen stattfinden würde. Gleich morgen würden sie dann noch die benötigten Gegenstände besorgen. „Der Mann im Outdoorladen hat neue Stammkunden“, feixte Uwe.

Beide konnten den Einkauf dort kaum noch erwarten. Sie müssten sich bestimmt beraten lassen; denn Erfahrung mit Camping hatten sie nun wirklich nicht. Aber der Verkäufer war mehr als gerne dazu bereit. An vieles hätten Anja únd Uwe gar nicht gedacht. Klar, Zelt, Schlafsack, ein größerer Campingkocher, das waren Dinge die einleuchteten. Aber so etwas wie ein Wasserkanister, Isomatten, Klapptisch mit kleinen Stühlen, all diese Dinge hätten sie selbst nicht bedacht. Als sie den Outdoorladen verließen, waren sie reichlich bepackt und auch eine ganze Menge Geld los. „Jetzt müssen wir einfach hoffen, dass es uns auch gefällt, sonst müssen wir all diese Dinge wieder verkaufen“, waren Uwes Worte beim Verladen der Ausrüstung.

Kaum waren die beiden zuhause, da versuchten sie hinter dem Haus, das Zelt aufzubauen. Sie hatten keine Lust, sich vor den ganzen anderen Geocachern zu blamieren. Während Uwe direkt begann, war Anja so schlau, die Bedienungsanleitung zu lesen. „Männer brauchen keine Bedienungsanleitung“, lachte Uwe sie aus. Das dem nicht so war, stellte er dann aber doch schnell fest, als er immer wieder mit dem Zusammenbau scheiterte. Also noch einmal alles von vorn und dann nach Plan. Siehe da, wie von Zauberhand, passte plötzlich alles und das Zelt stand. Anja lächelte nur wissend, wollte Uwe aber für sein männliches Gehabe nicht weiter aufziehen; denn sie wusste, da war er etwas übersensibel.

Beide waren erstaunt, wie viel Platz so ein Zelt bot. Was von draußen noch klein aussah, war drinnen ein förmliches Raumwunder. Zur Probe legten sie die Isomatten und die Schlafsäcke hinein, verstauten ein paar Taschen, ihre weiteren Einkäufe und sahen, sie hatten eine gute Wahl getroffen. Der Verkäufer hatte sie richtig beraten. Nun aber schnell wieder alles einpacken und den Abend genießen. Das mit dem schnell klappte auch ganz gut, wenn man vom Verpacken des Zeltes in die Originaltasche einmal absah. Dies erschien den beiden nun schwieriger als das Zelt aufzubauen und sie brauchten auch mindestens genauso lange.

Insgesamt aber ein gelungener Abend und nun freuten sie sich schon auf das Wochenende. Bestimmt würde es toll, so viele Geschichten von den verschiedenen Suchen zu hören. Gerade als Anfänger konnten da noch jede Menge Tipps hilfreich sein.

Wie immer wenn man sich auf etwas ganz besonders freut, dann erscheint die Zeit stillzustehen. Die Woche zog sich wie Gummi und Uwe hatte auch keine Lust mehr, den Kollegen von seinem Vorhaben am Wochenende zu berichten. Wozu auch, sie hätten es ja doch nur niedergemacht.

Den Rest der Woche befassten sich die beiden immer noch einmal mit dem Rätsel, um auch ja sicher zu sein, den richtigen Ort zu finden. Dann wurde eine Liste erstellt, was sie alles mitführen wollten. Es machte so viel Spaß so eine Reise vorzubereiten. Hier traf das Sprichwort: „Vorfreude ist die größte Freude“, wirklich zu.

Endlich war die Woche vorbei. Am Freitagnachmittag, ließ Uwe den Wagen waschen, dann wurde vollgetankt und nun begann der Spaß des Verladens. Anja hatte doch tatsächlich eine Zeichnung gemacht, was wohin sollte. Uwe fügte sich ihren Wünschen; denn er wusste, so etwas beherrschte sie nur zu gut.

Nach einer vor Aufregung fast schlaflosen Nacht, einem kurzen Frühstück, machten sie sich auf den Weg. So eine gute Stimmung hatten sie schon ewig nicht mehr gehabt. Sie freuten sich wie Kinder auf ihre erste Campingerfahrung. Der Bolide schnurrte, das Autoradio spielte fröhliche Musik, besser konnte es nicht sein. Obwohl es weniger als 150 Kilometer waren, machten sie eine kurze Rast. Sie wollten noch einmal ein paar Minuten für sich sein, bevor sie sich dann in das Getümmel der Leute stürzen würden. Der Zielort war ein kleiner Campingplatz in der Nähe eines Sees. Die Veranstalter hatten diesen in der Vorsaison extra ausgesucht, da so wohl noch ausreichend Platz für alle wäre.

Als sie bei dem Campingplatz ankamen, war die Begrüßung wie bei einer Familie, die sich schon ewig kennt. Ein jeder sprach sich mit Vornamen an und seltsamerweise, waren Fragen wie, was machst Du, wie wohnst Du usw. ein scheinbares Tabu. Hier ging es nicht darum, wer oder was man war, hier zählte nur die Gemeinschaft. Sogleich wurde ihnen ein Platz für Zelt und Auto zugewiesen und ihre Nachbarn halfen sogar beim Aufstellen des Neuerwerbs. Gut nur, dass sie es schon einmal geübt hatten, so erkannte nicht gleich jeder, dass sie noch Grünschnäbel waren. Die Nachbarn waren auch Paare, so dass sie schnell ins Gespräch kamen und sich sofort geborgen fühlten. Wie anders es doch war, als mit den Kollegen bei der Arbeit. Eine richtige kleine, eingeschworene Gemeinschaft.