Geschichte der philosophischen Terminologie: im Umriss dargestellt - Rudolf Eucken - E-Book

Geschichte der philosophischen Terminologie: im Umriss dargestellt E-Book

Rudolf Eucken

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Beschreibung

Eucken kannte die eigentümlichen Schwierigkeiten seiner Aufgabe und somit auch die Unvollkommenheit der vorliegenden Arbeit und sagt dementsprechend am Schluss des Vorworts, 'Ihren Zweck wird dieselbe am besten erfüllen, wenn sie rasch durch anschliessende und weiterführende Untersuchungen überholt wird.' Dennoch muss man feststellen, dass Eucken immer das Verdienst bleiben wird, den gediegenen Grund gelegt, den wohlgelungenen Anfang gemacht zu haben, welcher anschliessende und weiterführende Arbeiten erst möglich macht. Er gibt erst eine Gesamtgeschichte der philosophischen Terminologie mit den Unterabteilungen Griechentum, Terminologie der Römer und des Mittelalters, Neuzeit, deutsche Terminologie, und dann Erörterungen zur Geschichte der einzelnen Termini. Und diese Geschichte ist wahrlich interessant. Die Termini stehen im engsten Zusammenhang mit der Persönlichkeit ihres Schöpfers und mit dem Bildungsstand und der Grundrichtung ihrer Zeit. Wie sie mehr oder weniger scharf und treffend das Gemeinte bezeichnen, von welchen Seiten sie dies tun, welchen Gebieten sie entlehnt sind, wie der ganze Schatz von Kunsteindrücken einer Schule einheitlichen Charakter trägt oder eines solchen entbehrt, und welche Begriffe jedesmal zu festen Termini ausgeprägt werden, ist überaus bedeutsam. In der Betrachtung ihrer Geschichte vereinigt sich psychologisches, sprachwissenschaftliches und kulturhistorisches Interesse mit dem spezifisch philosophischen. Eucken versteht es trefflich, diesen Interessen zu dienen. Gerade in dieser wichtigsten Beziehung wird seine Arbeit Muster bleiben. Er weiß zusammenfassende Gesichtspunkte zu gewinnen, die Terminologien von innen heraus zu charakterisieren, ihre inneren Zusammenhänge mit feinem Sinn zu deuten, so dass sich in ihrer Geschichte ein Stück der geistigen Entwicklung spiegelt.

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Seitenzahl: 278

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Geschichte der philosophischen Terminologie: im Umriss dargestellt

 

RUDOLF EUCKEN

 

 

 

 

 

 

 

 

Geschichte der philosophischen Terminologie: im Umriss dargestellt, Rudolf Eucken

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783988682475

 

Quelle: https://books.google.de/books/download/Geschichte_der_philosophischen_Terminolo.epub?id=hrwnAQAAIAAJ&hl=de&capid=AFLRE70b72q6hQ3euQ3O6EpGww3o9mdwEYA3U3staX4Nr4i66rGHmdonWOpZUlXEzSjaLfvhUgcB2k6P9HcE3QNFe8pTG6eFCQ&continue=https://books.google.de/books/download/Geschichte_der_philosophischen_Terminolo.epub%3Fid%3DhrwnAQAAIAAJ%26hl%3Dde%26output%3Depub

 

www.jazzybee-verlag.de

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INHALT:

Vorwort1

Vorbemerkungen. 3

I. Gesamtgeschichte der  philosophischen Terminologie.9

Griechentum.10

Terminologie der Römer und des Mittelalters.39

Neuzeit.60

Deutsche Terminologie.84

II. Erörterungen zur Geschichte der  einzelnen Termini.120

Vorwort

 

Wenn wir der Untersuchung einige Worte voranschicken, so möchten wir nicht den gewählten Gegenstand selber verteidigen. Was sich an Einwendungen und Angriffen dagegen erheben kann, liegt ebenso deutlich vor, als die Art, wie man versuchen wird dieselben abzuwehren. Wer einer Rechtfertigung bereites Gehör schenken möchte, begehrt ihrer nicht, und wer ihrer begehrte, den würden einzelne Gründe nicht überzeugen.

Umso mehr aber verlangt die Art unserer Behandlung eine Darlegung und Fürsprache. Wir müssen gestehen, dass die Arbeit ursprünglich nicht als eine selbständige beabsichtigt war, sondern aus einem umfassenderen Unternehmen als Nebenschössling herausgewachsen ist. Im Dienst von Forschungen zur systematischen Philosophie beschäftigten wir uns mit einer Gesamtgeschichte der philosophischen Grundbegriffe. Bei solcher Arbeit forderte die Terminologie fortwährend einige Aufmerksamkeit, ja an einzelnen Punkten nahm sie die Untersuchung vollauf für sich in Anspruch. Von hier erwuchs nun die Frage, ob nicht überhaupt der Stoff eine selbständige Behandlung verdiene, ja verlange. Dazu kam ein anderes. Die Geschichte der Begriffe gedenken wir nicht so bald der Öffentlichkeit zu übergeben, die dafür entscheidenden Gründe treffen aber für die Geschichte der Terminologie nicht zu. So ward der Entschluss gefasst, diesen Gegenstand für sich zu behandeln, in Ausführung desselben sind die nachfolgenden Untersuchungen entstanden.

Sobald die Wahl des Stoffes also entschieden war, haben wir natürlich seiner Eigentümlichkeit besondere Arbeit zugewandt und Manches herangezogen, was der Geschichte der Begriffe ferner lag. Aber ob wir der neuen Aufgabe auch nur einigermaßen nachgekommen sind, das wird manchem Zweifel begegnen. In dem, was wir boten, haben wir freilich möglichst sichere Grundlagen erstrebt, aber die Arbeit hätte sich unvergleichlich viel weiter ausdehnen müssen, um nur annähernd einen Abschluss zu bieten.

Indes wird man fragen, weshalb wir denn unter solchen Umständen mit dem Unternehmen überhaupt hervortreten. Wir glauben durch die Lage, in welcher sich die Forschung an dieser Stelle befindet, in einiger Hinsicht rechtfertigt zu sein. Das Interesse für die hier vorliegenden Fragen ist keineswegs gering, manche wertvolle Tätigkeit ist hierher gewandt, aber es fehlt noch der Versuch einer systematischen Behandlung; eine solche aber ist durchaus notwendig, wenn das Einzelne sich nicht zersplittern, wenn es volle Verwertung finden, wenn ein zusammenhängender Fortschritt gesichert sein soll. Nun habe ich schon vor mehr als 6 Jahren in den philosophischen Monatsheften dem Wunsch Ausdruck gegeben, eine gelehrte Gesellschaft möge die Herstellung eines Wörterbuches der philosophischen Terminologie in Angriff nehmen. Manche zustimmenden Äußerungen bekundeten mir, dass solcher Wunsch von Vielen geteilt werde; aber es ist mir nicht bekannt geworden, dass das Unternehmen irgendwo tatsächlich begonnen sei. Nicht unwichtige Untersuchungen scheinen nicht in Fluss kommen zu können, weil die Schwierigkeiten einer vollgenügenden Durchführung die Forscher von dem Unternehmen zurückschrecken. So galt es denn zunächst überhaupt einen Anfang zu machen, einige Umrisse festzustellen und die Sache womöglich so weit zu führen, dass weitere Arbeiten hier Anknüpfung und Unterstützung finden möchten.

Musste sich aber das Ganze darauf beschränken, eine Vorarbeit zu sein, so war dem entsprechend auch die Form zu wählen. Es schien uns namentlich geboten, überall Kürze zu erstreben, Ausspinnen und Folgern zu vermeiden, prinzipielle Fragen zurückzuschieben, selbst auf die Gefahr des Vorwurfes hin, dass wir eben da mit unserer Erörterung abbrechen, wo ein lebhafteres Interesse sich zu bilden beginne. Uns selbst ist es schwer geworden, über manche Punkte so rasch fortzueilen, aber wir glaubten uns überall durch den Gedanken an das Ganze leiten lassen zu sollen. Dieses aber musste die Einschränkung unbedingt verlangen. Ein Gegenstand dieser Art –– dazu in nur vorbereitender Behandlung in die Breite gezogen –– , das wäre unerträglich.

Über die eigentümlichen Schwierigkeiten, welche die Natur des Stoffes mit sich bringt, brauchen wir uns nicht zu äußern, ebenso wenig darüber, dass bei einer mehr skizzenhaften Behandlung solche Gefahren sich steigern müssen. So sind wir uns der Unvollkommenheit der vorliegenden Arbeit vollauf bewusst. Ihren Zweck wird dieselbe am besten erfüllen, wenn sie rasch durch anschließende und weiterführende Untersuchungen überholt wird.

 

 

Vorbemerkungen

 

Ehe wir in die Untersuchung selbst eintreten, mag es vergönnt sein, in einigen Worten an die Lage des Problems zu erinnern, sowie die Anordnung der eignen Arbeit zu vertreten. Unserem Vorhaben fehlen weder mancherlei Hilfsmittel noch unterstützende Gesamtbestrebungen. Äußerlich am nächsten stehen die philosophischen Wörterbücher. Dieselben anzulegen trieb natürlich nicht so sehr der Erkenntnisdrang des Forschers als das Orientierungsbedürfnis des Gelehrten. In Zeiten, wo sich entweder mannigfaches Material zusammengeschichtet hatte, oder auch wo eine Fülle neuer Bildungen plötzlich hervortrat, musste eine Zusammenstellung des Begriffs- und Wortschatzes als eine Art Einführung in die philosophische Forschung erscheinen. Anfänge solcher Zusammenstellungen bietet schon das Altertum, zu einem erheblichen Bestandteil gelehrter Arbeit werden sie aber an der Schwelle von Mittelalter und Neuzeit. Ein gewisses Interesse erhielt sich von da an, das freilich bestimmter Antriebe durch große Neuschöpfungen philosophischer Tätigkeit bedurfte, um selbstständigere Leistungen hervorzubringen. Von Männern wie LEIBNITZ und KANT sehen wir auch hier eine gewisse Bewegung ausgehen. Durchgehend aber sind die hierher gehörigen Arbeiten mehr den Begriffen als den Begriffswörtern gewidmet, nur nebenbei findet auch der Ausdruck Beachtung, und gar hinsichtlich seiner Geschichte wagt sich nur gelegentlich eine Angabe hervor. Insofern freilich haben jene Werke einen bleibenden Wert, als sie das zu einer bestimmten Zeit Gebräuchliche geordnet vorführen, also gewisse Marksteine des geschichtlichen Ganges bildend. Ihre Bedeutung liegt mehr in dem, was sie unmittelbar darstellen, als was sie belehrend mitteilen. Je mehr sie sich auf ein geschlossenes Gebiet oder auf eine einzige Persönlichkeit einschränken, desto nutzbarer werden sie, desto mehr bezeichnen sie freilich auch nur einzelne Punkte aus der Gesamtbewegung.

Überblicken wir nun in Kurzem die hierher gehörenden Arbeiten der Neuzeit. Eben bei ihrem Beginn war das Bedürfnis verständigender Belehrung besonders stark. Die Scholastik behauptete noch einen tiefen Einfluss auf das Denken, ohne dass doch ihr Inhalt dem Bewusstsein unmittelbar gegenwärtig war. Dazu hatte sich mehr und mehr Verschiedenartiges gehäuft, ineinandergeschoben, sich den Platz streitig gemacht; endlich kämpften sich neue Gestaltungen auf, zunächst freilich mehr auflösend als schaffend, jedenfalls aber die Verwirrung steigernd. Was immer solcher Verwirrung gegenüber durch Sammlung und Bestimmung der Begriffe von Früheren geleistet war, das ist aufgenommen und verarbeitet in dem verdienstvollen Werke GOCLENs. Auf dasselbe berief sich LEIBNITZ in dem Streit mit CLARKE, und offenbar hat er auch sonst nicht selten namentlich für seine Distinktionen von hier entlehnt. Wir möchten noch heute das Werk an die Spitze sämtlicher philosophischen Wörterbücher stellen. Ein ungeheures Material ist hier nicht nur gesammelt, sondern auch gesichtet und geordnet, ein schon verfeinerter Geschmack wehrt das Barbarische ab, die Wendung zum Neuen tritt an verschiedenen Stellen sichtbar hervor. Indessen lässt sich für unsere Aufgabe unmittelbar nicht eben viel gewinnen. Denn GOCLENs Interesse geht naturgemäß mehr auf die Begriffe, als auf die Termini, die letzteren anbelangend, sind auch die geschichtlichen Angaben zu vereinzelt und zerstreut, als dass sie zu einer Gesamtansicht führen könnten. Immerhin findet sich im Einzelnen manches sonst äußerst schwer Zugängliche, im Ganzen aber wird man sich hier überzeugen können, wie vieles auch in der Terminologie schon im ausgehenden Mittelalter wenn nicht festgestellt, so doch vorbereitet war, was oft als ureigene Schöpfung der neuern Philosophie gilt. Auch später erschienen noch manche Wörterbücher der mittelalterlichen Schulbegriffe, in Deutschland im Besonderen trieb die Nachblüte der Scholastik solche Leistungen bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts immer neu hervor.

Sodann führte das Verlangen Scholastisches und Altklassisches in Sprachschatz und Ausdrucksweise zu scheiden zu besonderen Arbeiten; zahlreicher aber sind die Versuche, neu Auftretendes und Scholastisches leidlich zu einem Ganzen zu verbinden. Unter solchen Versuchen steht obenan S. CHAUVINS Lexikon, dem man freilich zu viel Ehre antut, wenn man es wie z. B. WALCH als bestes aller philosophischen Wörterbücher erklärt. Nachdem zuerst wieder ein bis ins Einzelne sich verzweigendes System von LEIBNITZ entworfen war, machte es sich WOLFF zur Aufgabe sowohl in lateinischer als in deutscher Sprache eine feste Terminologie auszubilden und durchzusetzen. Bei manchen seiner Schriften finden die Termini sich im Anhange gesammelt, Schüler verfolgten dieses Streben weiter und gaben uns vollständige Wörterbücher der wolffischen Ausdrucksweise. In allem dem, was hinter WOLFF und LEIBNITZ zurückliegt, sind diese Schriften dürftig und auch in dem wenigen nicht eben zuverlässig. Weit reichhaltiger ist WALCHs »Philosophisches Lexikon«, zuerst erschienen 1726, dann mehrfach neu aufgelegt und bearbeitet. Unter dem hier angehäuften gelehrten Material finden sich bisweilen auch für die Geschichte der Terminologie wichtige Notizen. Der Zusammenhang mit der Forschung der früheren Jahrhunderte ist hier noch aufrechterhalten, während derselbe dann zunächst aufgegeben wurde. Die Wörterbücher der kantischen Philosophie beschränken sich auf ihren spezifischen Zweck, LOSSIUS und KRUG fassen das Unternehmen im allgemeineren Sinn, doch ist die geschichtliche Grundlage weder sicher noch breit genug, um diese Werke zu einem geeigneten Ausgangspunkt der Forschung zu machen. Mit großem Schwunge hatte auch C. L. REINHOLD das Problem ergriffen. Der Mangel einer »Kritik der Sprache« schien ihm mit JACOBI von fundamentaler Bedeutung, er hoffte die philosophische Bewegung in sichere Bahnen zu leiten, wenn er durch Aufstellung eines erklärenden Verzeichnisses der Termini das Verhältnis von Denken und Sprechen fest bestimme. Aber es blieb wie bei den anderen Unternehmungen des Mannes so auch hier beim Anlauf, abgesehen von anderem konnte schon deswegen das Geleistete wenig eingreifen, weil es einer geschichtlichen Begründung durchweg entbehrte. Eben dieses gilt auch von anderen Leistungen, die bis zur Gegenwart unternommen wurden. So ist bei uns das Werk KRUGs der letzte Versuch eines umfassenden philosophischen Wörterbuches auf historischer Grundlage geblieben, und ist die französische Literatur aus durch FRANCKs dictionnaire des sciences philosophiques entschieden voraus. Sammlungen des Sprachgebrauches einzelner Denker oder bestimmter Schulen sind auch in neuerer Zeit mehrfach angelegt, zu der uns beschäftigenden Aufgabe können sie naturgemäß nur ein beschränktes beitragen.

Neben jenen lexikalischen Werken förderten aber allgemeinere Impulse unsern Gegenstand. Gelegentliche Äußerungen über das erste Auftreten eines Begriffswortes finden sich von Alters her. So hat z. B. DIOGENES LAERTIUS verschiedene derartige Angaben; noch reicher daran sind in Bezug auf die lateinische Terminologie die römischen Schriftsteller, hier treffen wir auch nicht selten Mitteilungen, wie weit ein Wort sich eingelebt habe und wie es vom allgemeinen Bewusstsein empfunden werde. Eingehendere Beachtung aber fand der Gegenstand erst, nachdem in der neuern Zeit die ganze Bedeutung des sprachlichen Ausdruckes zur Anerkennung gelangt war. Hier die Bahn gebrochen und immer wieder die Wichtigkeit der Sache vertreten zu haben, ist vom Mittelalter her ein auszeichnendes Verdienst englischer Denker. In neuerer Zeit führte diese Richtung hervorragende Forscher, Männer wie DUGALD STEWART, WHEWELL, STUART MILL u. a. dazu, auch der Geschichte der wissenschaftlichen Sprache ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Regeln und Gesetze wurden erforscht, mannigfacher Stoff zu ihrer Erläuterung herangezogen. Aber dieser Männer Aufgabe war eine weitere als die unsre. Die Terminologie überhaupt, nicht die philosophische im besonderen beschäftigte sie, eine zusammenhängende Darlegung der geschichtlichen Entwickelung des philosophischen Ausdrucks konnte daher nicht wohl versucht werden.

Mehr unmittelbare Förderung brachte unserem Gegenstand die geschichtliche Erforschung der Philosophie, wie sie vornehmlich bei den Deutschen ihre Ausbildung gefunden hat. An der Spitze dürfen wir hier LEIBNITZ nennen. Sowohl seine Neigung, dem scheinbar Kleinen durch den Zusammenhang, in den er es bringt, Wert zu verleihen, als sein Streben, alles Eigne geschichtlich zu verknüpfen, ließen ihm die Terminologie und ihre allmähliche Gestaltung als etwas der Beachtung nicht Unwürdiges erscheinen. Für seine allgemeinen Überzeugungen ist namentlich die Abhandlung über den philosophischen Stil des NIZOLIUS von Belang, ferner bekunden manche zerstreute Bemerkungen und Angaben sein lebhaftes Interesse für den Gegenstand. Doch ist hier wie an so manchen anderen Punkten LEIBNITZ über die Anregung nicht weit hinausgekommen.

Ein wesentlicher Fortschritt geschah erst, nachdem die historische Forschung eine selbstständige Stellung neben der eigentlichen philosophischen Arbeit erlangt hatte. Sobald man zur Aufgabe stellte, den Gehalt der Vergangenheit möglich objektiv und urkundlich zu vergegenwärtigen, war die Ermittlung der spezifischen Ausdrucksweise der einzelnen Denker ein notwendiges Erfordernis, war der Gedanke einer geschichtlichen Behandlung der Terminologie ganz nahegelegt. Wenn wir aus den diese allgemeine Bewegung führenden Männern eine einzelne Persönlichkeit herausheben sollten, so kann es kein anderer sein als TRENDELENBURG. Mag derselbe die Geschichte der Terminologie nirgends zusammenschließend behandelt haben, an wichtigen Punkten hat er ihre Bedeutung vollauf zur Geltung gebracht und in seiner umsichtigen und eindringenden Behandlung des Einzelnen ein Muster der einzuschlagenden Methode gegeben. Obenan stehen hier die Elemente der aristotelischen Logik und die Geschichte der Kategorienlehre, aber auch kleinere Abhandlungen (wie z. B. der Aufsatz Einige Belege für die nacharistotelische Abfassungszeit der magna moralia [histor. Beiträge III]) enthalten eine Fülle von treffenden und fruchtbaren Bemerkungen. Endlich aber hat er auch durch die Bereitwilligkeit, an jedem Punkt der historischen Forschung auf die vorliegende Frage einzugehen', zu ihrer Aufnahme in die wissenschaftliche Arbeit erheblich beigetragen.

Die Bewegung ging dann weiter. Je mehr die geschichtliche Forschung sich schärfte und spezialisierte, desto mehr Beachtung fand die Terminologie. Eine ziemliche Anzahl von Arbeiten über einzelne Begriffe und Begriffswörter liegt uns heute vor. Wichtiger aber ist, dass bei großen Gesamtwerken diese Seite weit mehr hervortritt. Es genügt dafür an PRANTLs Geschichte der Logik, BONITZs Index Aristotelicus, ZELLERs Philosophie der Griechen zu erinnern. Namentlich ohne die beiden ersteren Werke hätte unsere Arbeit erheblich lückenhafter ausfallen müssen. Wir erfüllen daher eine unerlässliche Pflicht, wenn wir von vornherein unserer ehrerbietigen Dankbarkeit gegen jene Männer Ausdruck geben. So sehen wir teilnehmende Aufmerksamkeit wie eingehende Tätigkeit für unsern Gegenstand in merklicher Steigerung begriffen, aber eine Arbeit, wie wir sie, freilich nur im rohesten Umriss, versuchen, ist unseres Wissens nicht in Angriff genommen. Befriedigend durchgeführt werden könnte sie sicherlich nur, wenn verschiedene Kräfte sich unter sachkundiger Leitung im Wirken vereinigten. Da aber dafür zunächst wohl wenig Aussicht vorhanden ist, so mag einstweilen der vorliegende Umriss einige Berechtigung zum Dasein haben.

Nicht geringe Schwierigkeit machte die Frage der Anordnung des Stoffes. Was zunächst vor die Augen tritt, ist eine geradezu unerschöpfliche Fülle von einzelnen Daten. Aus ihnen lediglich eine Anzahl von Beispielen zur Veranschaulichung allgemeiner Sätze auszuwählen, mochte aus verschiedenen Gründen als vorteilhaft erscheinen, aber bei solchem Verfahren ging zu viel von dem verloren, was der Arbeit ein eigentümliches Interesse gewinnen kann. Gerade das Besondere mit seiner Eigenartigkeit und selbst Zufälligkeit kann uns anziehen, die mannigfachen Bildungen und Verwicklungen in ihrer Positivität zu verfolgen mag uns oft mehr fesseln als der Gewinn durchgehender Regeln. Sollte die Arbeit eines konkreten Inhalts nicht entbehren, so war das Eingehen auf das Einzelne unbedingt geboten. Aber andererseits musste jene Fülle sich leitenden Gedanken unterordnen, wenn die Tätigkeit sich nicht zersplittern sollte. Rasch würde das Interesse erlahmen, sähe es sich einer end- und zusammenhanglosen Vielheit gegenüber. Wir suchten beiden Anforderungen dadurch einigermaßen nachzukommen, dass wir den Gegenstand in zwiefacher Art vorführten. Einmal ist ein Umriss der Geschichte der Terminologie im Ganzen versucht. Hier erschien es als Ziel, die Entstehung der wichtigeren und namentlich der noch heute gebräuchlichen Termini anzugeben, die einzelnen Persönlichkeiten und Epochen nach ihren Gesamtleistungen zu charakterisieren, die entscheidenden Wendepunkte in ihrem Zusammenhange mit der allgemeinen geistigen Bewegung zu beleuchten. Die innere Geschichte der einzelnen Termini kommt dabei nicht zur Geltung, die Bedeutung, welche sie für die Begriffe haben, bleibt im Hintergrunde. So schien ein zweiter Abschnitt notwendig, dessen Aufgabe darin läge, die mannigfachen Beziehungen von Wort und Begriff darzustellen und die wechselvollen Geschicke des Wort und Begriff verbindenden Terminus von der Entstehung bis zum Untergang zu verfolgen.

Mag bei der Arbeit im Einzelnen bald das Positiv-historische, bald das Begrifflich - philosophische vorwiegen, für das Ganze schwebte uns als Ziel vor, beides gemeinsam festzuhalten und miteinander zu verknüpfen. Dadurch allein kann das Kleine, welches der Gegenstand unvermeidlich mit sich bringt, in Zusammenhang mit philosophisch bedeutsamen Problemen treten, dadurch allein wird es ermöglicht, an diesem Punkt verschiedene Interessen zu gegenseitiger Unterstützung zu vereinen. Würde die Behandlung der Terminologie zu einer bloßen Sammlung von Notizen und Kuriositäten herabsinken, so würden wir voran dagegen Verwahrung einlegen, dass eine solche Beschäftigung sich als philosophische Arbeit geltend mache. Nur unter der angegebenen Bedingung dürften Untersuchungen über Terminologie einige Berechtigung haben, sich in den Dienst der Philosophie zu stellen.

I. Gesamtgeschichte der philosophischen Terminologie.

Wie mannigfache Dienste eine zusammenhängende Geschichte der Terminologie der Geschichte der Philosophie zu erweisen vermag, das bedarf keiner eingehenden Darlegung. Mag die Terminologie je nach der Natur des Gegenstandes in einzelnen Fällen entscheidend, manchmal unterstützend, oft vorbereitend Verwendung finden, ein nicht unwichtiges Moment wird sie fast überall bilden. Reihenfolge und Echtheit der Schriften eines Denkers, seine Stellung zu Vorgängern und Nachfolgern, Eigenart und Mittelpunkt seines begrifflichen Schaffens, ferner der eigentümliche Gehalt von Schulen und durchgehenden Parteiungen, von Völkern und Zeiten, alles das wird gelegentlich von hier aus erörtert und neu beleuchtet werden können; auch das Bekannte von einem veränderten Standpunkte zu betrachten, mag einen gewissen Reiz haben, die ganze geschichtliche Bewegung wird sich hier wie in einem Längsschnitt, wenn auch nicht vollständig, so doch wohl markiert darstellen. Überall löst sich das, was wir zunächst als Ganzes anzusehen pflegen, in verschiedene Fäden auf, wir verfolgen das Einzelne in seine Verbindungen, Verästelungen und Verwickelungen und ergreifen dadurch manche sonst verborgene Zusammenhänge. Eine präzisere Auffassung wird also mannigfach angebahnt, gröbere oder feinere Missverständnisse beseitigt. Der allgemeinen Wertschätzung der Philosophie aber vermag solche Forschung insofern Vorteil zu bringen, als sie geeignet ist, dem Herabziehen denkender Begreifung in die Sphäre des gemeinen Verstandes entgegenzuwirken. Es zeigt sich, dass die Sprache der Wissenschaft und die in ihr sich bezeugende Auffassung der Dinge, die wir leicht als etwas Selbstverständliches ansehen, unter harten Kämpfen durch die Arbeit von Jahrtausenden ausgebildet ist, dass das Einzelne ganz bestimmten geistigen Strömungen entsprang, das Ganze eine fortwährende Erhebung des Denkens über die unmittelbaren Eindrücke zur Vorbedingung hatte.

Je mehr wir aber also die Terminologie zu wichtigen Problemen in Beziehung setzen, desto mehr muss darauf gedrungen werden, dass ihre Betrachtung meist nur unterstützend und dienend nützen kann. Bei einem mehr Äußerlichen mögen auch äußere Momente unmittelbar zur Entscheidung führen: je mehr sich die Fragen vertiefen, desto mehr werden jene sich sachlichen Erwägungen anschließen und unterordnen müssen. Jedoch was für sich allein nicht endgültig entscheidet, ist darum noch nicht zu verachten, am richtigen Punkt zur Verwendung gebracht, vermag es vielleicht bisweilen den Ausschlag zu geben. Gerade dass die Terminologie etwas Äußerliches und Untergeordnetes ist, kann in gewisser Hinsicht wieder zum Vorteil gereichen. Wir haben hier ein fest Ausgeprägtes und sicher zu Ergreifendes, eben das Kleine und darum unbeachtet Gebliebene kann der Forschung gelegentlich Anhaltspunkte bieten, wo alles Andere im Stich lässt. Mit der Feinheit der Methode steigt hier Reiz und Gewinn der Forschung. Nicht nur ist zu fragen, was vorhanden ist, sondern auch was fehlt; nicht nur die direkten Wirkungen der einzelnen Kräfte auf einander, sondern auch die indirekten sind zu beachten; nicht nur was in Aufnahme und Fortsetzung, sondern auch was in Abwehr und Bestreitung gestaltet ist, muss dem Blicke sich erschließen. Den eigentlichen Triumph feiern derartige Untersuchungen in der Behandlung wichtiger und verwickelter Einzelfälle, die allgemeine Betrachtung muss sich damit begnügen, derartigen Einzelforschungen den Boden zu bereiten und ihre Ergebnisse einem größeren Ganzen einzureihen.

Griechentum.

In der Geschichte der griechischen Terminologie bezeigen sich wesentliche Eigentümlichkeiten und Vorzüge der griechischen Philosophie. Die Ursprünglichkeit der ganzen Bewegung und ihre Unabhängigkeit von äußeren Einflüssen sichert der Terminologie einen einheitlichen Charakter, die zusammenhängende Folge der Gestaltung und das Sichausleben der vorhandenen Kraft lässt auch den sprachlichen Ausdruck zu reifer Entfaltung kommen. Wir sehen dabei eine Vielheit individueller Formen sich zu einem Ganzen verbinden, ohne darin einfach aufzugehen. Das Verschiedene tritt in lebendige Beziehung, in ausgleichende Berührung; es verschmilzt oder bekämpft sich; manches Einzelne geht dabei verloren, aber es wird ein Gemeinsames gewonnen und als Gesamtbesitz durch die Zeiten geführt.

Dass sich auch die innere Eigenart griechischen Denkens an unserem Gegenstande bekunde, darf vorausgesetzt werden, nur ist es nicht eben einfach anzugeben, wodurch sich jene Eigenart bestimme. Oft verfallen wir dem Irrtum, dem ganzen Griechentum etwas als bezeichnend beizulegen, was in Wahrheit nur einer einzelnen Periode zukommt. Es durchkreuzt sich eben leicht das unmittelbar menschliche und das historische Interesse. Jenes führt dazu, den Blick auf den Höhepunkt des Lebens und Schaffens zu richten: hier zu verweilen, an das hier Vorliegende die eigne Tätigkeit anzuschließen, scheint zweifellose Aufgabe. Nun aber beginnt die Verwirrung, wenn man sich einfallen lässt, die hier gewonnene Auffassung auf das Ganze auszudehnen und Vorangehendes wie Nachfolgendes lediglich nach seinen Beziehungen zu dem hier Gebotenen zu schätzen. Dann wird der Rahmen zu eng und viel Einseitigkeit wie Missverständnis ist unvermeidlich. Das griechische Leben enthält weit mehr Mannigfaltigkeit, aber damit auch weit mehr Widerspruch und Kampf, als es denen erscheint, welche in der angegebenen Weise vom Teil aus das Ganze bemessen. Wir müssen uns daran gewöhnen, auch hier viel Unbefriedigendes und Unvollendetes, ja viel Verfehltes anzutreffen. Aber wenn damit manche Illusion zerstört wird, das Ganze erscheint reicher, die Ergebnisse, weil durch Kampf und Irrung hindurch gewonnen, grösser; jedenfalls aber tritt uns alles menschlich näher als in jener unhistorischen Vergötterung. So hat auch das Lob, was oft der griechischen Terminologie gespendet wird, seine volle Berechtigung nur für jene klassische Zeit, deren Höhepunkt auf unserem Gebiet bei ARISTOTELES liegt. Hier erfasst sich das Denken im engsten Zusammenhang mit der Welt und glaubt sich in ihr wiederzufinden, ihre ganze Fülle soll vom Bewusstsein aufgenommen, das Chaos der unmittelbaren sinnlichen Erfahrung durch formende Tätigkeit zu seinem ursprünglichen Wesen zurückgeführt werden. Das Mannigfache schließt sich zum Ganzen eines Systems zusammen, durch baumeisterliches Gestalten soll ein vollendeter Kosmos vor dem Auge des Geistes erstehen. Es geht zunächst das Denken in die Dinge ein, nimmt sie in sich auf und sättigt sich mit ihrem Gehalt. Aber alsdann erweist es sich mächtig an dem Gegebenen, es verbindet, trennt, gestaltet, und dringt dadurch zur wahren Welt vor. So überwiegt weder einseitig das Stoffliche noch das Formelle, das eine sieht sich auf das andere angewiesen. Bei einer solchen Bestimmtheit des Denkens kann in seinen Schöpfungen kein Abstand von Innerem und Äußerem zulässig sein, nicht darf sich ein Kern von der Erscheinung trennen, sondern als Ziel gilt, dass Inneres und Äußeres in Eins zusammenfallen. Für unsere besondere Untersuchung besagt dies, dass das System der Begriffe und das der Termini sich möglichst vollständig decken sollen, die Sprache wird hier recht eigentlich Verkörperung des Gedankens, jede Differenz gilt als ein zu bekämpfendes. Da solche Strebungen in großen Persönlichkeiten einen klassischen Ausdruck fanden, so lag es nahe, von hier aus einen Typus griechischer Terminologie zu entwerfen und ihn bewundernd den Bildungen der Neuzeit vorzuhalten.

Zutreffend aber ist diese Ansicht nur insoweit, als man berechtigt ist, den Höhepunkt der Bewegung, die klassische Ausprägung des Charakteristischen, dem Ganzen gleichzusetzen. Erweitern wir die Betrachtung, so finden wir in der griechischen Terminologie keineswegs durchgehend die Vorzüge, die wir etwa an einem ARISTOTELES hochschätzen. Es begegnen uns mannigfache Missstände und Irrungen, die denen späterer Zeiten eng verwandt sind. In der ersten Epoche der griechischen Philosophie vermögen die sich aufringenden Begriffe noch zu keinem angemessenen Ausdruck zu gelangen; sobald später die schöpferische Kraft erlahmt, bekommen die Termini einen abstrakten Charakter und verliert sich die reflektierende Gestaltung ins Künstliche; endlich bildet sich gar eine Welt geistiger Innerlichkeit, die zu dem sich vererbenden Wortschatz in einem grellen Missverhältnis steht; kurz alle die Schwierigkeiten, welche die Beziehung von Gedanken und Ausdruck, von Begriff und Wort mit sich bringt, gelangen schon auf griechischem Boden voll zur Geltung und führen die mannigfachsten Verwicklungen und Hemmungen herbei. Auch hier ist das eigentlich Klassische nur ein kurzer Durchgangspunkt. Auch den Griechen ist nicht als Naturgabe mühelos in den Schoß gefallen, was einmal nur Ergebnis harter Arbeit und allmählich fortschreitenden Ringens sein kann.

Damit ist natürlich nicht gesagt, dass nicht in allen Perioden sich in der griechischen Terminologie ein Gemeinsames und Durchgehendes bekunde, dass nicht auch in den abgezweigten, entlegenen und selbst verkümmerten Bildungen sich noch ein Schimmer griechischer Art entdecken lasse. Aber dieses Gemeinsame liegt einen Schritt weiter zurück als es der ersten Betrachtung scheint. Um es zu finden, wird man sich in das Ganze einleben müssen. Es wird darauf ankommen, die Gesamtbewegung durch das Einzelne zu verfolgen, die geschichtliche Entwicklung in Eigentümlichkeit ihres Inhaltes und Ganges zu erfassen und überall ein Allgemeines zu suchen, das sich dem Einzelnen nicht entgegensetze oder doch von ihm ablöse, sondern welches dasselbe mit allen Kämpfen und Gegensätzen aufnehme und umschließe.

Der Höhepunkt der Bewegung aber liegt ohne Zweifel da, wo der konkrete Lebensgehalt des gesamten Volksgeistes voll in die begriffliche Sphäre aufgenommen wird, das Denken aber seine abstrahierende, verflüchtigende und auflösende Kraft noch nicht zur Anwendung gebracht hat. Dieser Höhepunkt findet sich bei ARISTOTELES. Vom Standpunkte einer sich auf das Griechische beschränkenden Betrachtung tut man daher allerdings dem Vorangehenden und Nachfolgenden nicht Unrecht, wenn man jenes als Einleitung und Vorarbeit, dieses als Ausbau und Verwendung des hier Gewonnenen behandelt, die philosophische Ansicht aber wird, indem sie das Ganze verbindet und einem weiteren Zusammenhang einfügt, auch dem anderen ein selbstständiges Interesse erwerben.

In der ersten Periode griechischer Philosophie stehen Gedanke und Ausdruck in einem offenbaren Missverhältnis. Das hier begrifflich Geleistete mag man nach Zeiten der Vernachlässigung jetzt eher zu überschätzen geneigt sein, jedenfalls ist unendlich mehr gefördert als zur festen Gestaltung nach außen hin gelangte. Zutreffendes Verständnis und gerechte Wertschätzung der Denker wird hier an manchen Stellen aufs Äußerste erschwert durch die Unbestimmtheit und Unangemessenheit des Ausdrucks. War es doch möglich, dass die Einen in diesen Männern nur unbeholfene Anfänger erblickten, während die Andern die wichtigsten Ergebnisse späterer Forschung aus ihnen herauszudeuten unternahmen.

In die Geschichte der Terminologie ist von hier sehr wenig eingegangen. Freilich entdecken wir bei verschiedenen der vorsokratischen Denker ein Streben nach einer größeren Bestimmtheit des Ausdrucks, mehrfach finden wir einzelne Worte wie in technischer Bedeutung wiederholt, endlich zeigt uns Demokrit schon geradezu ein eigenartiges, wenigstens in den Umrissen zusammenhängendes System der Terminologie; aber das beharrende Ergebnis der ganzen Tätigkeit ist trotzdem ein geringes. Das Einzelne steht neben einander ohne sich zu einer Gesamtbewegung zu verbinden, die sprachlichen Bildungen beginnen erst sich dem Boden naiven Vorstellens oder dichtender Phantasie zu entwinden, manches bleibt keimartig, um erst nachher seine Vollendung zu finden, anderes, was sich hier schon entfaltet, wird von der späteren philosophischen Sprache nicht aufgenommen. Erleichtert ward dazu die Verdrängung des Eltern durch die Unbefangenheit, mit welcher spätere Denker, vor allem ARISTOTELES, die Ausdrücke jener umwandelten, die Begriffe ihrer eigenen Terminologie anpassend. Die neue Bezeichnung, gestützt durch ein zusammenfassendes System und dem damaligen Zustande von Begriff und Ausdruck besser entsprechend, gelangte oft so sehr zur ausschließlichen Geltung, dass sie selbst innerhalb des antiken Lebens die ursprüngliche vergessen ließ.  Bei manchen Ausdrücken vollzieht sich der Übergang in Anschluss an eine allgemeine Umwandlung allmählich. Die älteren Philosophen gebrauchen für Ding χρῆμα (χρήματα), πρᾶγμα beginnt in dieser Bedeutung erst aufzutreten, bei PLATO überwiegt πρᾶγμα, bei ARISTOTELES ist χρῆμα verschwunden. Bei HERODOT und in den älteren hippokratischen Schriften finden wir als Ausdruck für Ursache (neben ἀνάγκη) πρόφασις. Das Wort behauptet bei XENOPHON und PLATO bisweilen einen solchen Sinn, während bei letzterem schon αἰτία vorherrscht. Bei ARISTOTELES ist jene Bedeutung von πρόφασις verschwunden.

So ist es nur wenig von dem Erhaltenen, was auf jene erste Epoche seinen Ursprung zurückführt und an dem Wenigen haftet noch mancher Zweifel. Es wird z. B. dem ANAXIMANDER die erste technische Verwendung von ἀρχή (Prinzip) beigelegt, aber weder in den Fragmenten dieses noch in denen der nachfolgenden Philosophen noch in den älteren medizinischen Schriften lässt sich ein Beispiel derartigen Gebrauchs nachweisen, es scheint vielmehr PLATO zuerst das Wort begrifflich fixiert zu haben. Mehr Grund hat die Zurückführung der Verwendung von κόσμος für das Weltall auf die Pythagoreer, jedenfalls finden wir das Wort bei EMPEDOCLES. ANAXAGORAS hat νοῦς καθαρός, DEMOKRIT τὰἄτομα. Ausdrücke wie φύσις, λόγος u. a. sind von der Gedankenbewegung schon mächtig ergriffen und weitergebildet. Eine nähere Untersuchung dieser ersten Epoche, eine Feststellung der Übereinstimmung und Abweichung der einzelnen Forscher würde mancherlei Interesse bieten, aber eine solche Untersuchung müsste sich mehr in das Einzelne einlassen, als es uns nach der einmal begrenzten Aufgabe möglich ist.

Eine vollständige Änderung der Sachlage tritt ein, sobald wir uns der sokratischen Schule zuwenden. Zunächst empfinden wir subjektiv den Vorteil, dass nun zuerst unser Gegenstand dem Beobachter in helles Licht tritt; musste man vorher meist aus einzelnen losgerissenen Stellen ein Bild des Ganzen erraten, so breitet sich nun eine reiche Fülle vor uns aus. Aber sofort werden auch neue Fragen hervorgerufen.

Wenn wir von PLATO ausgehen, so handelt es sich zunächst darum, wie das Eigene und das von anderen Aufgenommene geschieden werden könne. Aufgenommen aber hat PLATO nicht nur von anderen Philosophen, sondern auch aus anderen Wissensgebieten, vor allem aus der Mathematik und Medizin. Es würde also erforderlich sein, die Entwicklungsstufe dieser Disziplinen um jene Zeit möglichst sorgfältig festzustellen.

Vor allem wird hier ein näheres Eingehen auf die hippokratischen Schriften von Belang sein. Damit aber geraten wir in die Notwendigkeit, uns über die Reihenfolge und die Zeit derselben ein Urteil zu bilden, und sehen uns also wie in einen Zirkel versetzt. Denn jene chronologischen Fragen zu entscheiden, ist eben die Terminologie das beste Hilfsmittel, sie scheint nicht wohl Licht von daher erwarten zu können, wohin sie vornehmlich es tragen soll. Indessen lässt sich ein ältester Kern mit ziemlicher Sicherheit bezeichnen und also ein Boden für die Vergleichung gewinnen. Viel Technisches in allgemeinen Begriffen findet sich in diesen ältesten Schriften noch nicht. Um ein Beispiel herauszugreifen mag es anziehend sein, den Ausdruck kausaler Verhältnisse zu verfolgen und mit dem der Philosophen zu vergleichen. In jenen Schriften finden sich nebeneinander πρόφασις, ἀνάγκη (öfter der Plural) und αἴτιον, während αἰτία und ἀρχή erst später eintreten. Die spezifischen Bezeichnungen des eigenen Gebietes gewinnt man hier auf einfachstem Wege, indem allgemeine Ausdrücke durch die strikte Beziehung auf den vorschwebenden Gegenstand determiniert werden (wie z. Β. ἄρξασθαι, κρίνειν u. s. w.). Einzelne Worte, die später in der Philosophie in logisch-begrifflicher Bedeutung zu weiter Geltung gelangten, haben hier einen eng begrenzten spezifischen Sinn (so z. B. ὑπόστασις Bodensatz). In den späteren Schriften verrät sich dann greifbar der Einfluss der ausgebildeten philosophischen Systeme, daneben aber bleibt eine gewisse Kontinuitä innerhalb der eignen Disziplin. Dies weiter zu verfolgen liegt außerhalb tunserer Betrachtung, jedenfalls aber sollte auf die Wichtigkeit dieses Gegenstandes auch für die Philosophie hingewiesen werden.

Ferner ist von Interesse das Verhältnis PLATONS zu XENOPHON. Es ergibt sich aus ihrer beider Vergleichung, was PLATO in der sokratischen Schule vorbereitet fand; damit mag es sich rechtfertigen, wenn wir Einiges aus dem Wortschatze jenes Mannes zusammenstellen. XENOPHON hat u. a. ἀκρίβεια, ἀναλογίζεσθαι, ἀπόδειξις, ἀπόκρυφος, γνῶσις, διαίρεσις, διαιρετός (was von früheren Philosophen schon PARMENIDES hatte), διαλεκτικός, διαλογίζεσθαι, διορίζειν, δόγμα, ἐμπειρία, ἔμφυτος, ἔννοια, ἕξις, θυμοειδής, ἰδιότης (proprietas), καταλογίζεσθαι, λογίζεσθαι, λογιστικός, μετάνοια, μηχανικός, οἰκονομικός, ὁρίζεσθαι, πάθημα, παράλογος, πολιτικός, πρακτικός, προκόπτειν, σημεῖον und τεκμήριον, σκέψις, σοφιστικός, συμμετρία, τεχνικός, ὑπόθεσις, φιλανθρωπία, φιλόσοφος, φυσικός (was sich zuvor in den Fragmenten des MELISSUS findet), ψυχαγωγεῖν. Von dem allen ist freilich weniges XENOPHON eigentümlich, und eine eigentliche logisch-kausale Umbildung der Ausdrücke findet sich hier fast gar nicht. Worte wie αἰτία, ἀναλύεσθαι, ἀξίωμα, ἀρχή, ἐνθύμημα, ἐπιχείρημα, θεωρία, κατηγορία, ὁμωνύμως, οὐσία, πρόβλημα, στοιχεῖον gehören noch ganz dem Gebiet des gewöhnlichen Vorstellens an.

Erst bei PLATO tritt darin ein wesentlicher Umschwung ein, nun erst beginnt der Begriff sich zu voller Selbstständigkeit zu entwickeln. Eine große, bestimmt ausgeprägte, nach den verschiedenen Richtungen hin durchgebildete, vor allem aber den Inhalt geistigen Lebens würdigende Weltbegreifung macht sich schaffend und gestaltend an dem sprachlichen Ausdrucke geltend. Um von dem Äußerlichsten zu beginnen, führen wir zunächst Einiges von dem an, was uns hier neu entgegentritt. Freilich wird man von solchem nicht immer erhärten können, dass PLATO selber der Schöpfer sei. Nur wo der Zusammenhang mit seinen eigentümlichen philosophischen Überzeugungen augenscheinlich ist, dürfen wir ihn sicher als Urheber bezeichnen.

An einzelnen Ausdrücken seien angeführt: αἱρετικός (untechnisch), αἰσθητικός, αἰώνιος, ἀνάλογος, ἀναλογία, ἀνώμαλος, ἀνωμαλία, ἀπάθεια, γνωριστικός, γνωστικός, διάγνωσις, διάθεσις, διακόσμησις, διανοητικός, διαφορότης, δραστικός, εἰρωνικός, ἐναντιότης, ἔντεχνος, ἐτεροδοξία, ἑτεροιότης, θεωρητικός, κριτήριον, μικρολογία, ὄντως ὄν, παιδαγωγικός, πλαστικός, ποιητικός, ποιότης (Theaet. 182 Α), προτρεπτικός, στατικός, συλλογισμός, συλλογιστικός, σύνοψις, συνοπτικός, σύστημα (selten), σχηματισμός, τελειότης, φαντασία (φάντασμα ist älter). Bemerkenswert sind ferner manche den systematischen Überzeugungen entspringende Unterscheidungen und Gegensätze: αἰσθητός–– νοητός, ἀλλοίωσις –– περιφορά, γένεσις –– οὐσία, διαίρεσις –– συναγωγή, εἰκός (das Wahrscheinliche) –– ἀνάγκη (s. Ζ. Β. Theaet. 162 Ε), ὄνομα ––ῥῆμα, πρῶται und δεύτεραι αἰτίαι, φαινόμενον –– ὄν und andres weiter unten anzuführende. Groß ist endlich die Zahl der Ausdrücke, welche PLATO rein technisch bestimmte und zu philosophischen Begriffswörtern erhob. Hierher gehören z. Β.: αἰτία, διαφορά, δύναμις, ἰδέα, θεωρία, μέθοδος, ὅρος, οὐσία, πρόβλημα, στοιχεῖον, σύστασις, ὑπόθεσις (Voraussetzung) u. a. Manches davon ist freilich weniger scharf abgesondert als bei ARISTOTELES, der ursprüngliche Sinn macht sich oft noch weit mehr fühlbar (z. B. in θεωρία, πρόβλημα u. a.), bisweilen können wir den Prozess der Ablösung von ihm geradezu wahrnehmen (wie bei κατηγορεῖν, das schon die Bedeutung „Aussagen" anzunehmen beginnt). Vor allem wird die logische Terminologie des ARISTOTELES erst vorbereitet, weit mehr anschauliches und bildliches haftet den Kunstausdrücken an. Aber die Bewegung ist mächtig begonnen und ihre Richtung auf große Ziele gesichert.

Was immer auch an Einzelnem gehäuft werden mag, es kann nur als Beispiel des Einflusses gelten, den PLATOs machtvoller Geist auf die Sprache ausübte. Hier zuerst nimmt der philosophische Gedanke Besitz von der ganzen Fülle des Gegebenen und gewinnt auch innerlich die Kraft, das Ergriffene von sich aus zu gestalten. Man mag über den metaphysischen Wert der platonischen Ideenlehre verschieden urteilen: dass auf Grund derselben das erste umfassende Begriffssystem geschaffen wurde, kann Niemand verkennen. Das Streben ging hier dahin, aus dem Wandel sinnlicher Erscheinung umgrenzte und beharrende Gestalten herauszuheben; dann aber alles Einzelne, was gewonnen war, zueinander in Beziehung zu setzen und zu einem großen System zu verbinden. Das Mannigfaltige scheidet sich nicht, um gleichgültig nebeneinander zu verharren, sondern um sich in neuer Welt zu neuer Ordnung zusammenzufinden. Indem also das Eine Anknüpfung an das Andere sucht, beginnen die Teile aufeinander und jeder Teil auf das Ganze hinzuweisen. Es bilden sich Gruppen und Reihen; mag die Betrachtung zur Einheit auf- oder zur Vielheit absteigen, an jedem Punkte fühlen wir uns von dem Leben des Ganzen umfangen und weitergeführt.

Zu diesem Streben des spekulativen Denkers nach einem kosmischen Begriffssystem gesellte sich das des Ethikers, das Mannigfache nach seinem Abstande von einem höchsten Ziele, nach seinen Leistungen für die Gesamtaufgabe abzuschätzen und nach Stufen zu ordnen. Die Formen seelischer Tätigkeit, die Arten der Erkenntnis (εἰκασία, πίστις, διάνοια, νόησις), die Gestaltungen des geschichtlich - sozialen Lebens werden also geschieden und gewürdigt; auch auf die Bildungen der Natur, ja auf Natur und Geist als Ganzes dehnt sich solche Betrachtung aus, endlich werden selbst die letzten ontologischen Bestimmungen von ihr ergriffen. Diese timologische Gestaltung verschmilzt aufs Engste mit der spekulativ-metaphysischen, in der untrennbaren Einigung beider beruht die Eigentümlichkeit, die Größe und die Gefahr platonischer Art.

Solche Grundstrebungen gelangen nun aber bei PLATO, wenn auch nicht zu einem vollen, so doch einem annähernden Ausdruck in der Sprache. Eben an dieser Stelle tritt seine Differenz von späteren Richtungen, die sich auf ihn zu berufen liebten, unverkennbar hervor. Wohl erhebt sich sein Denken über die vorliegende Welt, aber in der Gewissheit zur letzten Wahrheit vorzudringen und in der Hoffnung das Ergriffene in der Erscheinung geltend zu machen. Die gegebene Welt soll nicht in unaufgelöstem Dunkel beharren, sondern von dem geistig geschauten Licht Helle empfangen. Überall ist der Drang mächtig, das innerlich Erfasste darzustellen und in das Äußere einzubilden. So kann auch der Begriff nicht in einer schroffen Abklüftung, ja in einem geraden Gegensatz zum sprachlichen Ausdruck verharren, wie wir es später bei den Neuplatonikern antreffen werden. Die ganze Sprache wird vielmehr von dem philosophischen Gedanken ergriffen, verwandelt und vergeistigt. Auch was für sich unverändert bleibt, erhält durch die Einfügung in ein großes eigenartiges System eine Umgestaltung.

Freilich stehen der Einbildung des Begrifflichen in das Sprachliche erhebliche Hemmnisse entgegen, die man nicht herabzumindern braucht, um an der Wertschätzung des von Plato Geschaffenen festzuhalten. Zunächst erfasst das Interesse des Philosophen das Viele und Einzelne nicht mit voller Kraft, rasch strebt er zum Allgemeinen auf, und wenn dieses auch in die Mannigfaltigkeit sich ergießen und verzweigen soll, so gelangt doch solche Bewegung nicht zu vollendetem Abschluss. Vieles wird tatsächlich nicht vom Begriffe aufgenommen und beherrscht. Dann aber behauptet der Begriff selber eine gewisse Überlegenheit über alle äußere Darstellung, das Denken erhebt sich über die vorliegende Welt, wenn auch nicht um in dem