Glück beginnt mit G wie Gotland - Jytta Rasmussen - E-Book
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Glück beginnt mit G wie Gotland E-Book

Jytta Rasmussen

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Beschreibung

Fija klammerte sich an den Armlehnen ihres Sitzes fest, als die Propellermaschine auf der Startbahn beschleunigte. Das Flugzeug nach Gotland hatte die Größe eines Reisebusses und dröhnte so laut, dass ihre Trommelfelle beinahe platzten. Außerdem vibrierte die Maschine wie ein Presslufthammer. Vorsichtig sah Fija sich nach den anderen Passagieren um. Weniger als die Hälfte der Plätze im Flugzeug waren belegt. Die meisten der Reisenden sahen aus wie Geschäftsleute und saßen entspannt in ihren Sitzen, arbeiteten am Laptop oder unterhielten sich mit ihrem Sitznachbarn. Merkte denn keiner, dass das Flugzeug drohte auseinander zu brechen? "Du fliegst das erste Mal mit einer Propellermaschine, oder?" Die tiefe Stimme klang mitfühlend, obwohl der Besitzer der Stimme schreien musste, um das Dröhnen des Flugzeugs zu übertönen. Fija wendete den Kopf, um den Mann auf der anderen Gangseite anschauen zu können. "Keine Sorge, man gewöhnt sich daran." Die sanften hellgrauen Augen des Mannes lächelten verständnisvoll. Nachdem es der jungen Archäologin Fija endlich gelungen ist, sich von ihrem narzisstischen Ex-Freund zu befreien, zieht sie für einen Neuanfang nach Gotland. Doch dieser verläuft alles andere als geplant. Die Forschungsgelder für die neue Ausgrabungsstätte sind noch nicht genehmigt, sie muss ohne Gehalt arbeiten und in einem winzigen, heruntergekommenen Wohnwagen auf einer Lichtung im Wald hausen. Täglich zweifelt sie mehr am Erfolg der Ausgrabung. Und zu allem Überfluss kreuzt ständig der mehr als nur sympathische Gotländer Geir ihren Weg und macht es ihr zunehmend schwerer, sich an ihren guten Vorsatz zu halten: Zwei Jahre ohne Mann! "Glück beginnt mit G wie Gotland" ist ein weiterer romantischer Wohlfühlroman der Autorin von "Nordlichtnächte".

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Seitenzahl: 226

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Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

Epilog

Impressum

1. Kapitel

Fija klammerte sich an den Armlehnen ihres Sitzes fest, als die Propellermaschine auf der Startbahn beschleunigte. Das Flugzeug nach Gotland hatte die Größe eines Reisebusses und dröhnte so laut, dass ihre Trommelfelle beinahe platzten. Außerdem vibrierte die Maschine wie ein Presslufthammer.

Vorsichtig sah Fija sich nach den anderen Passagieren um. Das Flugzeug war nicht einmal zur Hälfte besetzt. Die meisten Reisenden sahen aus wie Geschäftsleute, saßen entspannt in ihren Sitzen und arbeiteten am Laptop oder unterhielten sich mit ihrem Sitznachbarn.

Merkte denn keiner, dass das Flugzeug drohte auseinander zu brechen?

Als die Spitze der Propellermaschine sich anhob und die Räder den Boden verließen, verstärkten sich die ratternden Vibrationen. Fija wurde in den Sitz gepresst und schloss ergeben die Augen.

In Gedanken verabschiedete sie sich von ihren Eltern. Ich hab' Euch lieb, Mami und Papi. Und danke für Alles!

"Ist Dir nicht gut?", rief eine weibliche Stimme neben ihrem Ohr.

Erschrocken schlug Fija ihre Augen wieder auf. Vor ihr stand eine der Flugbegleiterinnen und betrachtete sie prüfend. "Wir haben Tüten, falls Dir übel wird", brüllte die Stewardess noch lauter.

Fija spürte, dass sie knallrot anlief. "Nein... danke... alles gut", stammelte sie.

"Besser Du nimmst sicherheitshalber eine Tüte in die Hand."

Die Stewardess zog eine Papiertüte aus der Tasche am Vordersitz und reichte sie Fija. Auffordernd nickte sie dazu "Nun nimm schon!"

Wenn möglich wurde Fija noch röter. Sie riss der Stewardess die Tüte aus der Hand und senkte verlegen den Kopf. Trotzdem konnte Fija sehen, dass die Stewardess zufrieden lächelte, bevor sie sich umdrehte und wieder entfernte.

Wie peinlich war das denn? Bestimmt lachte das halbe Flugzeug über sie.

"Du fliegst das erste Mal mit einer Propellermaschine, oder?" Die tiefe Stimme klang mitfühlend, obwohl der Besitzer der Stimme schreien musste, um das Dröhnen des Flugzeugs zu übertönen. Fija wendete den Kopf, um den Mann auf der anderen Gangseite anschauen zu können. "Keine Sorge, man gewöhnt sich daran." Die sanften hellgrauen Augen des Mannes lächelten verständnisvoll.

"Ich weiß nicht. Zurück nehme ich lieber die Fähre", stöhnte Fija.

"Fähren können sinken."

Gespielt theatralisch vezog Fija ihr Gesicht. "Ich werde Gotland einfach nie wieder verlassen."

Jetzt sah der Mann sie entsetzt an. "Du willst auf Gotland bleiben, nur weil Du Angst vor Propellermaschinen hast?!"

Fija lachte glucksend. "Nein. Ich werde sowieso auf Gotland bleiben, um dort zu arbeiten."

Der Mann grinste verstehend. Er streckte seine Hand über den Mittelgang. "Dann willkommen auf Gotland. Ich bin Geir."

Sie erwiderte seinen Händedruck. Geirs Hände waren so riesig, dass Fijas Hand fast in seiner verschwand. Und ihre Handfläche begann zu kribbeln, als er ihre Hand einen Moment länger festhielt, als unbedingt notwendig. Schnell zog sie ihre Hand zurück.

Sie würde ihren Vorsatz nicht schon brechen, bevor sie überhaupt auf Gotland angekommen war.

"Freut mich, Dich kennen zu lernen. Ich bin Fija. - Und Du bist Dir ganz sicher, dass dieses Flugzeug nicht jeden Augenblick in seine Einzelteile zerfallen und im Meer versinken wird?"

"Ganz sicher." Geir lächelte erneut verständnisvoll und um seine hellgrauen Augen zeigten sich kleine Lachfältchen.

Fast schade dass sie sich geschworen hatte, für mindestens zwei Jahre keinen Mann mehr in ihr Leben zu lassen. Selbst im Flugzeugsessel sah man, wie groß und breitschultrig Geir war. Er überragte die Rückenlehne um ein gutes Stück und seine Beine waren so lang, dass er schräg sitzen musste, weil der Platz zum Vordersitz nicht für sie ausreichte. Sein Gesicht war braungebrannt und auf seinen Wangen waren ein paar Sommersprossen zu sehen, so als würde er viel Zeit draußen, an der frischen Luft verbringen.

Die Jeans, die er trug, war zerschliessen und das karierte Flanellhemd verwaschen. Und bestimmt schnitt er seine kurzen dunkelblonden Haare mit dem Langaarschneider, statt seine Zeit bei einem Herrenfrisör zu verschwenden.

Fija mochte uneitle Männer, die Interessanteres kannten, als sich um ihr Aussehen zu kümmern.

Hatte sie schon immer gemocht.

Um so seltsamer, dass sie auf Arvid hereingefallen war.

Aber Arvid war Vergangenheit.

Heute begann ihr neues Leben auf Gotland.

Weit weg von Arvid und Allem, was mit ihm zusammenhing.

"Wie bist Du denn zu Deinem Vorstellungsgespräch gereist?"

"Wie bitte?" Fija war so in unschönen Erinnerungen versunken gewesen, dass sie Geirs Frage nicht mitbekommen hatte.

"Bist Du zu Deinem Vorstellungsgespräch nicht geflogen?"

Fija schüttelte den Kopf. "Das hat auf dem Flughafen in Arlanda stattgefunden."

"Ach so. Dann hast Du bestimmt einen der Ferienjobs in einem der großen Hotels ergattert?"

Fija war sich nicht sicher, ob sie beleidigt oder geschmeichelt über Geirs Vermutung sein sollte. Sie entschied sich für Letzteres und lächelte. "Sehe ich so jung aus, dass ich noch Ferienjobs mache?"

Schelmisch zwinkernd legte Geir den Kopf schief. "Bist Du nicht?"

Fija lächelte noch breiter. "Nein. Und ich bin sogar schon seit mehreren Jahren mit meinem Studium fertig. Aber ich nehme das jetzt 'mal als Kompliment." Sie zwinkerte Geir ebenfalls zu. "Und wann machst Du Deinen Schulabschluss", zog sie im Gegenzug ihn auf.

Geir grinste. Diese Fija gefiel ihm. Sie war alles andere als auf den Mund gefallen. Und obwohl ihre Hände die Armlehnen nach wie vor so fest umklammerten, dass das Weiße an ihren Fingerknöcheln hervortrat und obwohl ihre Gesichtsfarbe einen grünlichen Stich hatte, blitzten ihre bernsteinfarbenen Augen belustigt, als sie ihn aufzog. Und ihre langen haselnussbraunen Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, wippten fröhlich auf und ab.

Er ging auf ihr spielerisches Geplänkel ein. Peinlich berührt verzog er sein Gesicht und senkte die Stimme. Dabei beugte er sich ein wenig über den Gang, bis er die dunklen Einschlüsse in Fijas bernsteinfarbenen Augen erkennen konnte.

"Ja weißt Du, ich sollte meinen Abschluss bereits vor zwei Jahren machen. Aber ich habe es nicht geschafft. Im letzten Jahr auch nicht. Und wenn ich es dieses Jahr wieder nicht schaffe, dann muss ich die Schule ohne Abschluss verlassen." Gespielt verzweifelt fuhr er sich durch die Haare. "Wenn Du so jung schon mit Deinem Studium fertig bist, musst Du ziemlich klug sein. Du könntest mir nicht zufällig Nachhilfe geben?" Er warf Fija von unten herauf einen gespielt treuherzigen Blick zu.

Fija lachte laut auf und endlich lockerte sich ihr krampfhafter Griff um die Armlehnen. Zufrieden lehnte Geir sich in seinem Sitz zurück.

"Leider kann ich Dir nur in Geschichte Nachhilfeunterricht geben. In allen anderen Fächern war ich selbst eine Niete."

"Geschichte?!" Überrascht zog Geir seine Augenbrauen hoch.

"Ja, Geschichte. Ich bin Archäologin und werde an einer neuen Ausgrabungsstätte mitarbeiten."

"Schon wieder eine neue Ausgrabungsstätte?" Geir stöhnte. "Irgendwann werden sie noch die ganze Insel umgegraben und unter Denkmalschutz gestellt haben. Wo ist es denn diesmal?"

Fija rutschte auf ihrem Sitz hin und her, als sei es ihr unangenehm auf seine Frage zu antworten. "Das... das darf ich nicht erzählen. Mein Chef hat Angst, dass sonst irgendwelche Grabräuber oder so davon Wind bekommen und..."

Geir lachte gutmütig. "Du glaubst nicht wirklich, dass Ihr das auf einer kleinen Insel wie Gotland geheim halten könnt? - Aber ist schon gut. Ich werde Dich nicht weiter in Verlegenheit bringen, indem ich danach frage."

"Danke." Fija atmete erleichtert auf. Sie hatte sich auch schon gefragt wie Noak, ihr zukünftiger Chef, den Ausgrabungsort geheimhalten wollte. Wenn die Ausgrabungsstätte nicht irgendwo mitten auf einem großen Privatgrundstück lag, musste doch auffallen, dass in der Nähe ständig Autos parkten und sich jede Menge Menschen dort aufhielten.

Aber die Ausgrabungsstätte zu sichern war nicht ihr Job.

"Und was machst Du beruflich?", wechselte sie das Thema, um das Gespräch fortsetzen zu können. Geir war nett. Und hatte Humor. Wenn sie sich mit ihm unterhielt musste sie nicht ständig an die reparaturbedürftige Propellermaschiene denken, in der sie gerade flog. Wobei der Begriff schrottreif wohl eher zutraf.

"Ich habe ein Charterunternehmen für Segelboote." Deshalb also verbrachte Geir so viel Zeit im Freien.

"Das muss nett sein. Viel draußen an der frischen Luft und lauter gutgelaunte Kunden auf Urlaubsreise."

Geir lacht gutmütig. "Nun ja, wirklich gut gelaunt sind sie nicht immer. Einmal hat ein älteres Ehepaar eines meiner Boote gechartert. Die beiden haben unablässig miteinander gestritten. Wer die Leinen losmacht, wer am Steuerruder sitzt und so weiter. Über jedes kleinste Detail. Nach zwei Stunden hatten sie den Hafen noch immer nicht verlassen. Da habe ich den Fehler gemacht zu sagen, dass sie schneller voran kämen, wenn sie weniger streiten würden."

"Und was ist dann passiert?"

"Sie haben mich beide gemeinsam angeschrien, was mir einfiele mich einzumischen."

Geir erzählte Fija noch mehr lustige Anekdoten, die er mit Touristen erlebt hatte, so dass Fija sich köstlich amüsierte und mehrmals laut auflachte. Erstaunt registrierte sie die blechern klingende Durchsage des Piloten, dass sie sich bereits im Landeanflug auf Visby befanden. Fija schnallte sich an und reichte Geir dann über den Gang hinweg die Hand. "Danke, dass Du mich abgelenkt hast."

Wieder hielt Geir ihre Hand einen Augenblick länger fest als notwendig. "Vielleicht magst Du ja 'mal vorbeikommen. Wir könnten zusammen einen Segeltörn machen."

Hastig zog Fija ihre Hand wieder zurück und wandte ihren Blick ab. "Ja, vielleicht."

Geir war mehr als nur sympathisch und sah gut aus. Unter anderen Umständen wäre sie auf seinen Flirt eingegangen und hätte sich gern mit ihm getroffen.

Doch sie würde ihr guten Vorsatz nicht brechen!

In den nächsten zwei Jahren würde sie die Finger von Männern zu lassen.

Geir stand auf der Ladefläche seines schwarzen Pickups und zurrte den Außenbordmotor, den er in Stockholm günstig für eines seiner Boote erstanden hatte, fest. Jedes seiner Segelboote war motorisiert, damit seine Gäste auch bei Flaute aufs Meer fahren konnten.

Ein letztes Mal überprüfte er rüttelnd die Sicherung des Motors und richtete sich dann zufrieden auf. Als er von der Ladefläche seines Pick-ups springen wollte sah er, dass Fija das Flughafengebäude verließ. Sie zog einen knallroten Hartschalenkoffer hinter sich her und blickte sich suchend auf dem Parkplatz um. "Wirst Du nicht abgeholt?" rief er quer über den Parkplatz.

Fija schüttelte den Kopf. "Nein."

"Dann komm und steig ein! Bis nach Visby kann ich Dich mitnehmen. Und von dort kannst Du den Bus nehmen, falls Du noch weiter musst."

"Mach' Dir keine Umstände, ich warte einfach auf ein Taxi."

"Die muss man auf Gotland vorbuchen und erfahrungsgemäß sind nach Ankunft eines Flugzeuges alle Taxen belegt. Wenn Du also keine Stunde warten möchtest, bis das nächste Taxi Zeit hat Dich abzuholen, dann steig ein."

Selbst auf die Entfernung konnte Geir den entsetzen Gesichtsausdruck Fijas erkennen. Ihr knallroter Hartschalenkoffer ratterte hinter ihr über den Teer, als sie sich zögerlich seinem Pickup näherte. Zweifelnd zog sie die Nase kraus. "Du willst mich auf den Arm nehmen, oder?"

Geir zuckte mit den Achseln. "Versuch eines zu erreichen. Ich warte so lang." Er setzte sich auf die Ladekante seines Pickups und baumelte mit den Beinen, während Fija auf ihrem Smartphone herumtippte und es schließlich ans Ohr hob.

Wenigstens hatte er jetzt Zeit, Fija in Ruhe zu betrachten. Im Flugzeugsitz hatte er außer ihren bernsteinfarbenen Augen und langen haselnussbraunen Haaren nicht viel von ihr sehen können. Sie trug einen kurzen moosgrünen Rock, der ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reichte und ihre langen Beine betonte. Dazu trug sie bequeme Sneaker und ein legeres, ebenfalls moosgrünes T-Shirt. Um ihren Hals hingen mehrere Ketten mit runenförmigen Anhängern, die bei jeder Bewegung ein wenig klimperten.

Fija war nicht nur sympathisch und humorvoll, sondern sah auch noch ausgesprochen anziehend aus. Schade, dass sie auf seine Flirtversuche bisher nicht eingegangen war. Er hätte sie gerne näher kennen gelernt.

Fija legte auf und biss sich verlegen auf die Unterlippe. "Du hast recht. Das nächste Taxi kommt frühestens in einer Stunde. Könnte... könnte ich eventuell auf Dein Angebot mich mitzunehmen zurückkommen?"

Schnell fügte sie hinzu: "Ich... ich würde auch dafür bezahlen." Es fehlte ihr gerade noch, dass sie gleich an ihrem ersten Tag in ihrem neuen Leben einem Mann einen Gefallen schuldig blieb. Oder sogar zwei. Genaugenommen war sie Geir bereits für seine nette Ablenkung während des Fluges etwas schuldig.

"Klar." Geir sprang von der Ladefläche seines Pickups und landete unvermittelt so dicht vor ihr, dass sie seinen Duft nach frischem Holz und einer Prise Bootslack riechen konnte.

Verdammt, sie hatte nicht gewusst, dass der Geruch nach Lack so sexy sein konnte.

Unwillkürlich schob sie ihre Nase näher in Geirs Richtung.

Kurz bevor ihre die die Haut in seiner Halsbeuge berührte, hechtete sie ruckartig rückwärts, bis sie zwei Armlängen von Geir entfernt stand.

Wie peinlich!

Hoffentlich hatte Geir nicht bemerkt, dass sie ihre Nase beinahe an seine Halsbeuge gedrückt hatte.

Geir bückte sich schnell und griff nach Fijas Koffer, damit sie sein befriedigtes Grinsen nicht sehen konnte. Fija fühlte sich von ihm offensichtlich genauso angezogen wie er von ihr. Aber irgendetwas hielt sie davon ab, mit ihm zu flirten.

Fija beobachtete, wie Geir ihren vollgepackten Hartschalenkoffer, den sie nur mit Mühe überhaupt hochheben konnte, mit nur einer Hand auf die Ladefläche seines Pickups hob, als wöge er nichts. Sie schluckte, als sich dabei Geirs Muskeln unter seinem karierten Flanellhemd abzeichneten.

Hastig wandte sie sich um und marschierte zur Beifahrertür des Pickups. Hoffentlich dauerte die Fahrt nach Visby nicht allzu lang.

2. Kapitel

Die Fahrt nach Visby dauerte wirklich nur ein paar Minuten. Trotzdem fiel es Fija schwer, den Blick nicht ständig zu Geir gleiten zu lassen. Die Fahrerkabine erschien ihr viel zu klein für sie beide und Geir saß nur eine Armlänge entfernt. Dass sein Geruch nach frischem Holz und Bootslack die Fahrerkabine zunehmend erfüllte, machte die Situation nicht leichter. Ganz im Gegenteil. Mehrmals zuckte ihr Kopf in Geirs Richtung, nur um seinen Duft noch besser wahrnehmen zu können.

Zum Glück lag ihre Ausgrabungsstätte an der Nordspitze der Insel. Und Geirs Bootsverleih befand sich doch bestimmt in Visby, der Inselhauptstadt. Die Chancen standen also gut, dass sie Geir nicht noch einmal zufällig über den Weg laufen würde. Geirs Anziehungskraft tagtäglich widerstehen zu müssen, war eine Herausforderung, die sie gerne mied.

Um sich abzulenken versuchte Fija sich auf die Aussicht aus dem Fenster zu konzentrieren. Die Altstadt von Visby war immerhin eine der best erhaltensten mittelalterlichen Städte Schwedens und deshalb UNESCO-Weltkulturerbe. Auch wenn Fijas Spezialgebiet die Vendelzeit vom fünften bis zum achten Jahrhundert nach Christus war, freute sie sich bereits darauf Visby zu besichtigen.

Eigentlich seltsam, dass sie noch nie nach Gotland gereist war. Schlussendlich gab es auf der Insel historische Relikte fast jeder Epoche, von der Steinzeit bis in die Neuzeit. Ein Eldorado für Archäologen und Geschichtsinteressierte.

Bisher jedoch war der Blick aus dem Autofenster nicht vom Festland zu unterscheiden. Lichter Kiefern- und Birkenwald auf der rechten Seite und flache Wiesenlandschaft mit Golfplatz auf der linken Seite wurden abgelöst von einem typisch schwedischen Vorort. Kleine Wohnhäuser, meist mit bunter Holzfassade in falunrot, pastellgelb oder lindgrün, standen in gepflegten Gärten mit Obstbäumen und fröhlich blühenden Sommerblumen. Kinder spielten in den Gärten und irgendwo kläffte ein Hund.

Idylle pur.

Ein bisschen zu idyllisch und spießig für Fijas Geschmack. Sie mochte es eher unkonventionell und hatte seit der Trennung von Arvid in einem umgebauten Fabrikgebäude gewohnt. Ihre Eltern hatten die grauen Betonwände als trostlos bezeichnet, aber Fija hatte die weitläufige Atmosphäre des Lofts genossen und witzig gefunden, dass das Badezimmer nur durch einen einfachen Sichtschutz vom restlichen Wohnbereich getrennt gewesen war.

Hier auf Gotland musste sie bestimmt mit den anderen Archäologen, Studenten und Freiwilligen als Wohngemeinschaft zusammen in genau so einem Haus wohnen, wie sie hier am Straßenrand standen.

Zumindest hatte Noak so etwas in der Art angedeutet.

Geir steuerte den Pickup in einen Kreisverkehr und plötzlich hatte Fija über einen breiten parkähnlichen Grünstreifen hinweg freie Sicht auf die berühmte Stadtmauer, die den mittelalterlichen Stadtkern von Visby umgab. Die moosbewachsene und teils mit Zinnen versehene Stadtmauer wurde in engen Abständen von Wachtürmen gekrönt.

Stolze Ritter in glänzender Rüstung auf edlen Pferden, deren Hufe auf dem Kopfsteinpflaster klapperten, durchquerten das Stadttor. Vorbei an Bauersfrauen in einfachen Leinenkleidern, die tief gebeugt vom schweren Gewicht ihrer Kiepen zum Markt eilten. Zimmermänner mit Ring im Ohr zogen einen langen Balken an Seilen auf einen der Wehrtürme, um ein Dach zu errichten, und feuerten sich rhythmisch an.

"Im Sommer sind die Busverbindungen auf Gotland ziemlich gut, weil die meisten Touristen ohne Auto anreisen. Es sollte für Dich kein Problem sein, von hier aus weiter zu fahren."

"Ent... Entschuldige, was hast Du gesagt?" Fija hatte gar nicht bemerkt, dass Geir neben dem Busbahnhof angehalten hatte, so fasziniert hatte ihr Blick auf der Stadtmauer gelegen. Sie blickte ihren Fahrer verständnislos an.

"Dass die Busverbindungen während der Hauptsaison gut sind."

Geir beschloss noch einen letzten Annäherungsversuch zu wagen. "Aber ich kann Dich auch gern zum Ausgrabungsort fahren. Ich muss nur vorher noch etwas in Visby erledigen."

"Nein, nein, das passt schon. Vielen Dank für's Mitnehmen!" Fast fluchtartig sprang Fija aus dem Pickup.

Achselzuckend stieg Geir ebenfalls aus. Schade, wirklich schade, dass Fija der gegenseitigen Anziehungskraft nicht nachgeben wollte.

Bestimmt hatte sie einen Freund. Gutaussehende Frauen mit Humor hatten immer einen Freund. Leider meistens ein Arschloch. Aber trotzdem hatte Geir nicht vor, sich in eine Beziehung zu drängen. Diese schmerzliche Erfahrung wünschte er niemandem. Nichteinmal seinem schlimmsten Feind.

Geir hob Fijas Koffer von der Ladefläche und reichte ihn ihr. Dann schob er seine Hände möglichst tief in die Taschen seiner Jeans, um dem Impuls zu widerstehen, Fija zum Abschied zu umarmen. "Hat mich gefreut Dich kennen zu lernen. Viel Erfolg bei Deiner Ausgrabung. Und vielleicht sieht man sich ja 'mal wieder."

Er drehte sich um, um wieder in seinen Pickup zu steigen, als Fijas Stimme ihn aufhielt. "Halt warte! Ich wollte doch noch bezahlen."

Stirnrunzelnd drehte Geir sich wieder zu ihr um. Fija hatte ihr Geldbeutel aus der Tasche gezogen und hielt ihm einhundert Kronen hin. "Du willst doch nicht wirklich dafür bezahlen, dass ich Dich mitgenommen habe?! Ich musste doch sowieso nach Visby. Das war kein Umweg!"

Er sah, dass Finja sich verlegen auf die Unterlippe biss. "Aber... aber ich würde mich einfach besser fühlen, wenn ich für die Fahrt gezahlt hätte. Ich... ich bin nur ungern etwas schuldig."

Das klang ein wenig seltsam in Geirs Ohren. Schließlich hatte er nichts weiter getan, als sie mitzunehmen.

Geir schob seine Hände noch ein wenig tiefer in die Taschen seiner Jeans. "Ich käme mir wirklich schäbig vor, wenn ich für etwas, das ich sowieso getan hätte, Geld nehmen würde." Er drehte ihr den Rücken zu und stieg endgültig in seinen Pickup. Ärgerlich knallte er die Tür hinter sich zu. Er war doch kein eigennütziger Egomane, der für jeden Gefallen eine Gegenleistung erwartete.

Seufzend steckte Fija ihr Geld wieder ein, während Geir mit seinem Pickup davonbrauste. Jetzt musste sie sich etwas Anderes einfallen lassen, um sich irgendwann bei Geir zu revanchieren. Dabei hatte sie doch gehofft ihn nie wiedersehen zu müssen.

Ihren ratternden Hartschalenkoffer hinter sich herziehend marschierte Fija zu den Tafeln mit den Busfahrplänen, um herauszufinden ob es tatsächlich eine Busverbindung nach Hallshuk an der Nordspitze der Insel gab. Streng genommen an der westlichen Nordspitze, denn Gotland besaß zwei nördliche Spitzen, die durch einen schmalen, langgezogenen Meeresarm getrennt wurden.

Laut Internet lebten in Hallshuk gerade einmal 73 Einwohner. Und obwohl es in dem Ort einen bekannten Fischereihafen und ein paar Übernachtungsmöglichkeiten für Hobbyfischer und Sportangler gab, bezweifelte Fija, dass eine Busverbindung dorthin existierte.

Doch Geir hatte recht. Es gab tatsächlich eine Busverbindung nach Hallshuk. Die Linie 61 fuhr zweimal täglich, morgens um acht und nachmittags um vier Uhr. Fija warf einen Blick auf ihr Mobiltelefon. Viertel nach drei. Ihr Blick glitt zur Stadtmauer, die keine hundert Meter vom Busbahnhof entfernt lag. Sollte sie, oder sollte sie nicht? Sie konnte es kaum abwarten durch die engen Gassen von Visbys Altstadt zu schlendern. Aber wenn sie nicht rechtzeitig zurück war und den einzigen Bus verpasste, der heute noch nach Hallshuk fuhr?

Dann konnte sie ja immernoch ein Taxi nehmen. Auch wenn das deutlich teurer war und einen großes Loch in ihre Geldreserve auffressen würde. Schließlich war sie sowieso davon ausgegangen, dass sie ein Taxi nach Hallshuk nehmen musste.

Ein bisschen seltsam, dass Noak ihr nicht angeboten hatte, sie abzuholen. Wenn sie bisher an einen schwer erreichbaren Ausgrabungsort gereist war, hatten die Organisatoren stets für den Transport dorthin gesorgt.

Fija umfasste den Griff ihres Koffers fester und zog ihn ratternd hinter sich her, während sie den baumbestandenen Grünstreifen durchquerte und geradewegs auf das nächstgelegene Stadttor zuging. Tief sog sie den Duft des alten Gemäuers ein, als sie das Tor ehrfürchtig durchschritt. Was die alten Mauern wohl schon alles erlebt und gesehen hatten? Krieg und Besatzung. Blut und Tränen. Rauschende Feste.

Lachende Kinder in verschmutzter Leinenkleidung spielten an der Innenseite der Stadtmauer mit Holzstöckchen. Die hölzernen Wagenräder eines mit Heu beladenen Ochsenkarrens knirschten, während sie über das Kopfsteinpflaster holperten. Der Duft von Holzfeuer, frisch gebackenem Hefeteig und Kaffee zog durch die engen Gassen.

Kaffee?!

Der war erst in der Renaissance nach Europa importiert worden.

Da hatte ihr wohl die Gegenwart einen Streich gespielt. Suchend blickte Fija sich nach der Quelle des Geruchs um und entdeckte an der nächsten Straßenecke mehrere vollbesetzte Tische und Stühle unter bunt gestreiften Pavillonen, die aussahen als könnten sie ebensogut auf einem mittelalterlichen Ritterturnier stehen. Offensichtlich ein Gasthaus oder Café. Augenblicklich begann Fijas Magen zu knurren. Einen Kaffee und eine Zimtschnecke konnte sie jetzt tatsächlich vertragen. Heute morgen hatte sie 'mal wieder so spät dran gewesen, dass sie keine Zeit mehr für ein Frühstück gehabt hatte. Wie immer. Fija schob die Gedanken an Arvids Bemerkungen über ihre chronische Unpünktlichkeit beiseite und zog zielstrebig ihren Koffer hinter sich her. Es war ihr egal, dass er auf dem Kopfsteinpflaster hin und her hüpfte und noch lauter holperte als ein mittelalterlicher Ochsenkarren.

Die Pavillone standen vor einem Haus aus unverputzen Natursteinen mit schiefen Wänden und himmelblau gestrichenen Fenstern. 'Sagas Fikahus' stand in verschnörkelten Buchstaben über der ebenfalls himmelblau gestrichenen hölzernen Eingangstür. Die unter den Pavillonen stehenden Tische und Stühle aus rohem Kiefernholz waren voll besetzt.

Ein paar lachende Teenager verließen das Café und die Wolke von Kaffeeduft und frischem Hefegebäck, die mit ihnen das Café verließ, ließ Fija das Wasser im Mund zusammenlaufen. Bevor sie es sich anders überlegen konnte, betrat sie das Café und blieb überrascht stehen. Auch innen waren die Wände unverputzt. Selbst der Boden bestand aus abgetretenen Natursteinen, war aber von einer Glasplatte bedeckt. Vermutlich aus Hygienegründen, weil das Gebäude als Café genutzt wurde. Die Einrichtung aus hellem Kiefernholz war nicht lackiert und harmonierte mit den himmelblau karierten Tischdecken und Vorhängen, welche die Farbe der Fenster und der Tür aufgriffen. Hinter der Theke stand eine junge Frau in Fijas Alter, die ein blassrosa Leinenkleid trug, wie es die einfachen Stadbewohner mit Mittelalter getragen hatten.

"Wow!" Exakt so musste ein Dorfkrug im Mittelalter ausgesehen haben.

Die junge Frau lächelte erfreut. "Schön, dass es Dir gefällt. - Was kann ich Dir anbieten? Unser Spezialität sind historisch authentische Fika-Mahlzeiten wie im Mittelalter, zum Beispiel mit Honigschnecken oder frischem Bauernbrot mit Butter. Dazu servieren wir heißen Met oder heißen Apfelsaft. Aber selbstverständlich führen wir auch Zimtschnecken, Smörgås und zahlreiche Kaffeespezialitäten. All' unsere Teigwaren werden im übrigen von uns selbst im Holzofen gebacken."

"Einmal Mittelalter-Fika mit Honigschnecke und heißem Apfelsaft." Eine historisch authentische Mahlzeit ließ Fija sich natürlich nicht entgehen. Auch wenn Zimt und Kaffee bereits im Mittelalter das erste Mal nach Schweden importiert worden war, hatte es noch jahrhunderte gedauert, bis auch die einfache Bevölkerung sich derartig luxuriöse Delikatessen leisten konnte.

Fija bezahlte und sah sich nach einem freien Platz im Kaffeehaus um. Im Gegensatz zu den Tischen draußen waren die Tische im Café nur spärlich besetzt. Sie wählte einen kleinen Zweiertisch einer Ecke und setzte sich auf die Bank an der Wand, so dass sie den Raum überblicken konnte. Keine zwei Minuten später brachte die Wirtin ihr bereits die noch warme Honigschnecke und den dampfend heißen Apfelsaft. "Smaklig måltid!"

"Takk. - Wie bist Du auf die Idee mit dem mittelalterlichen Café gekommen?"

Die junge Frau zuckte mit den Achseln. "Das liegt irgendwie nahe in Visby, oder? Ich wusste nach der Schule nicht, ob ich das Café meiner Oma übernehmen oder Geschichte studieren sollte. Da habe ich mich entschieden beide Interessen zu kombinieren."

"Das ist eine großartige Idee! - Und Deine Gäste lernen während einer kurzen Fikapause mehr über das wahre Leben im Mittelalter, als sie es während jeder langweiligen, stundenlangen Stadtführung tun."

"Genau!" Die Wirtin strahlte erfreut. "Ich habe mich schon immer gefragt warum Geschichte immer so langweilig und trocken aufbereitet wird. Dabei ist Geschichte..."

"...so lebendig wie die Menschen, die damals gelebt haben!", beendete Fija ihren Satz.

Beide Frauen grinsten sich in gegenseitigem Einverständnis an.

Die Wirtin streckte ihre Hand aus. "Ich bin Saga."

Erfreut, bereits nach weniger auf einer Stunde eine Gleichgesinnte auf Gotland kennen gelernt zu haben, ergriff Fija Sagas Hand. "Freut mich, Dich kennen zu lernen. Ich bin Fija. - Ich bin übrigens Archäologin."

Saga ließ sich auf die Bank neben Fija sinken. "Wie spannend! Ich habe letztes Jahr bei den Ausgrabungen einer Schiffssetzung geholfen. Und tatsächlich einen Münze gefunden, die jetzt in Gotlands Fornsal ausgestellt wird. - Erzähl, wo wirst Du graben. Rone? Grötlingsbo? Oder gar Eke?"

"Fija biss sich auf die Unterlippe und rutschte unruhig auf der Bank hin und her. Saga war schon der zweite Mensch auf Gotland, der sie nach dem Ausgrabungsort fragte. Sie sollte sich wirklich besser unter Kontrolle haben und nicht jedem sofort erzählen, warum sie auf der Insel war. "Mein zukünftiger Chef möchte nicht, dass ich das erzähle. Es wird eine neue Ausgrabungsstätte sein und er hat Angst vor Raubgrabungen."

Saga nickte verständnisvoll. "Da hat er nicht ganz unrecht. Letztes Jahr ist trotz Bewachung das Grab eines Kriegers aus frühen Wikingerzeit komplett ausgeraubt worden. Nicht nur die Reste seines Schwertes, sogar seine Knochen haben die Diebe mitgenommen. Und einen Runenstein, der mit ihm begraben war." Saga runzelte die Stirn. "Allerdings frage ich mich, wie Dein Chef den Ausgrabungsort auf einer Insel wie Gotland geheimhalten will."

Die Eingangstür öffnete sich und neue Gäste betraten das Café. Mit einem entschuldigenden Nicken stand Saga auf. "Ich muss mich um die Gäste kümmern. - Aber Du versprichst mir, dass Du wieder kommst und mir erzählst, was Du gefunden hast, ja?"

"Versprochen."

Fija sah auf ihre Uhr. Bereits fünf vor vier. Mist!

Hastig stürzte sie den inzwischen lauwarmen Apfelsaft hinunter und schnappte sich die Honigschnecke. "Mein Bus fährt gleich", rief sie Saga entschuldigend zu. Den über das Kopfsteinpflaster hüpfenden Koffer hinter sich herziehend rannte Fija zurück zum Busbahnhof.

Laut keuchend erreichte sie den Busbahnsteig. Die roten Rücklichter der Linie 61 verschwanden gerade um die nächste Straßenecke.

3. Kapitel

"Fy fan!", fluchte Fija so laut, dass eine weißhaarige Frau mit Rollator sich missbilligend zu ihr umdrehte. Entschuldigend zuckte Fija mit den Achseln und zog seufzend ihr Mobiltelefon aus der Seitentasche ihres Koffers. Sie wählte die Rufnummer des Taxiservice, den sie heute bereits einmal erfolglos kontaktiert hatte. Diesmal hatte sie mehr Glück. In zehn Minuten würde ein Taxi sie abholen.

Immer noch unzufrieden mit sich selbst stapfte Fija wartend am Fahrbahnrand auf und ab. Das war so typisch! Sobald es um Geschichte oder Archäologie ging, vergaß sie Zeit und Ort und alles um sich herum. Wie teuer wohl die Fahrt nach Hallshuk werden würde? Jetzt hätte sie die einmalige Chance gehabt, eine Menge Kronen zu sparen, und sie hatte es 'mal wieder vermasselt. Nur weil sie sich nicht beherrschen konnte.

Wie oft hatte Arvid sie genau deswegen gerügt. Ach verdammt, Arvids Meinung sollte für sie doch keine Rolle mehr spielen!

Wütend biss Fija endlich das erste Mal in die Honigschnecke, die sie noch immer in der Hand hielt. Der süße Geschmack des Hefegebäcks besänftigte sie ein bisschen. Wenigstens hatte sie auf der Insel fast schon so etwas wie eine Freundin gefunden. Und hatte erfolgreich der Anziehungskraft eines attraktiven Mannes widerstanden.

---ENDE DER LESEPROBE---