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Einen One-Night-Stand haben, nach Südafrika reisen, Surfen lernen, sind nur einige Dinge auf Lenis persönlicher Wunschliste. Ihr größter Wunsch jedoch ist es, endlich ihren Traumprinzen fürs Leben zu finden. Doch leider läuft im Leben bekanntlich nicht alles nach Plan. Der Traumprinz ist nach wie vor nicht in Sicht, der Job weg und nun hat sich Leni auch noch mit ihrer besten Freundin Nina zerstritten. Als sich am Ende doch noch alles zum Guten wendet und Leni ihren Traumprinzen trifft, schwebt sie auf Wolke Sieben. Es scheint so, als würde ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung gehen. Durch ein blödes Missgeschick verliert sie ihn jedoch wieder aus den Augen. Der Typ mit den schokobraunen Augen bleibt wie vom Erdboden verschluckt. Als sie dann beim Surfkurs Philipp kennenlernt fragt sie sich zum ersten Mal, ob das Glück nicht näher liegt, als es scheint.
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Seitenzahl: 262
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Denise Brück
Glückswelle
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Glückswelle
Impressum
Backe, backe Kuchen
November Rain
Mit Geduld und Spucke
Frisch gewickelt
Nichts ist mehr so wie es war
Abgetaucht
Advent, Advent ein Lichtlein brennt
PR in eigener Sache
Der Stoff aus dem die Träume sind
Happy New Year – Gute Vorsätze
Ein Fiasko jagt das Nächste
Entscheidungen
Neuanfang
Mädelsausflug
Träume ich?
Schwein gehabt
Hochzeitsblues
Einmal Kind, immer Kind
Tatort Hotel
Glückswelle
Dreißig
Ablenkungsmanöver
Wiedersehen
Wies’n Gaudi
Wirbelsturm der Gefühle
Epilog
Rezept Apfelküchlein
Danke
Über mich
Impressum neobooks
Denise Brück
Für meinen Traumprinzen Stefan und
meine kleine Prinzessin Mia Sophie
Texte: © 2019 Copyright by Denise BrückUmschlag: © 2019 Copyright by Katja DeutscherVerlag: Denise Brück
Beckshöhe 2164750 Lützelbach
Druck: epubli, ein Service der
neopubli GmbH, Berlin
2. Auflage 09/2019
Printed in Germany
Ich saß, eingekuschelt in einer Decke, mit Oma Emmis selbstgestrickten Wollsocken an den Füßen, auf meiner Couch und blätterte in einer Frauenzeitschrift. Ein Artikel über die ultimative Bucket-List zog unweigerlich meine Aufmerksamkeit auf sich. Die Bucket-List, hieß es hier, war eine Liste der Dinge, die man unbedingt einmal in seinem Leben getan haben sollte, bevor man wortwörtlich den Löffel abgibt. Beispielsweise Einmal Sex an einem ungewöhnlichen Ort haben, oder Nackt im Meer baden stand dort. Auch Eine Flaschenpost verschicken gefiel mir gut. Das sollte ich unbedingt mal ausprobieren. Ob man die auch in die Isar werfen kann?
Wann hatte ich eigentlich das letzte Mal Sex? So sehr ich auch darüber nachgrübelte, es wollte mir einfach nicht einfallen. Und wann habe ich das letzte Mal eine ganze Nacht durchtanzt?
Im Kasten neben dem Artikel entdeckte ich ein Zitat, das mir sehr gut gefiel: »Genieße den Tag, denn die Momente von heute sind die Erinnerungen von Morgen.«
Genau das würde ich jetzt tun. Den Tag genießen. Gemeinsam mit meiner besten Freundin Nina, die gleich zu Besuch kommen wollte. Neugierig las ich weiter.
»Was wäre dein perfekter Moment und welche Wünsche würdest du dir gerne erfüllen? Helfe deinem Glück auf die Sprünge und notiere dir in deiner persönlichen Liste, was dir wichtig ist. Erfülle dir deine Träume. JETZT – nicht später! Du wirst überwältigt und glücklich sein, wenn du die ersten Punkte deiner Liste abhaken kannst.«
Nachdenklich ließ ich das Heft sinken und überlegte wie meine persönliche Bucket-List wohl aussehen könnte, also was wünschte ich mir am sehnlichsten? Aufgekratzt von meinen eigenen Gedanken sprang ich auf. Autsch. Das war wieder typisch. Ungeschickt stieß ich mir den Fuß am Couchtisch an und lief humpelnd in die Küche. Dort kramte ich in meiner Küchenschublade nach einem Zettel und Stift. Wie immer herrschte darin das absolute Chaos und es dauerte einen Moment, bis ich fündig wurde. Ich setzte mich voller Tatendrang an den Tresen, der meine Küche vom Wohnzimmer trennte, und beschriftete den Zettel mit »Lenis persönliche Wunschliste«. Eigentlich musste ich gar nicht lange nachdenken. Die Wünsche sprudelten geradezu aus mir heraus und ehe ich mich versah prangten mir, wie von Geisterhand geschrieben, zehn Wünsche schwarz auf weiß entgegen.
Meinen Traumprinzen finden, der zu mir passt und mit mir alt werden will
Italienisch lernen
In einer einsamen Berghütte übernachten
Windsurfen lernen
Beim Gleitschirm fliegen eine Wolke küssen
Eine Flaschenpost verschicken
Mal überlegen. Eigentlich müsste ich die Liste noch um die Spalte »Wie erreiche ich das?« erweitern. Denn realistisch betrachtet hatte ich Punkt Eins nicht ganz in der Hand. Punkt Zwei hing hingegen von Punkt Eins ab. Ich wunderte mich selbst, woher dieser Wunsch so plötzlich kam. Einige der Dinge ließen sich sicher bald angehen. Für andere wiederum fehlte mir momentan die Zeit oder das nötige Kleingeld. Manch einer erforderte auch eine große Portion Mut und ich fragte mich, ob ich dafür denn tatsächlich bereit war.
Wenn Nina nicht geklingelt hätte, würde ich wahrscheinlich immer noch schreiben und meine geheimsten Wünsche aus meinem Inneren hervorkramen. Verträumt lächelnd legte ich den vollgekritzelten Zettel zur Seite und öffnete kurz danach schwungvoll die Tür.
Wie immer war Nina ein paar Minuten zu spät. Aber daran hatte ich mich im Laufe der Zeit schon längst gewöhnt. Ich muss sie später unbedingt fragen, ob sie auch schon mal etwas von einer Bucket-List gehört, oder sogar selbst eine hat.
»Hallo, Leni.« Nina umarmte mich herzlich, soweit ihr Babybauch das noch zuließ. Sie hatte vor zwei Wochen ihren Mutterschutz angetreten. Nur ein Jahr älter als ich, war sie bereits glücklich verheiratet und gerade im neunten Monat schwanger.
»Hallo Nina, schön dich zu sehen. Komm rein.« Ich nahm ihr die Jacke ab und sie folgte mir gut gelaunt ins Wohnzimmer.
»Tadaaa, schau mal, was ich dir mitgebracht habe.« Feierlich streckte sie mir ein kleines, liebevoll in rosafarbenes Seidenpapier eingewickeltes, Päckchen entgegen. »Du musst es unbedingt gleich aufpacken.« Ungeduldig wie ein kleines Kind, das an Weihnachten auf den Beginn der Bescherung wartet, schaute sie mich erwartungsvoll an und lies sich mit einem kräftigen Seufzer auf die Couch plumpsen.
Ich tat es ihr gleich und öffnete neugierig das Päckchen. Wie gut mich Nina doch kannte. Die Verpackung versprach den perfekten Mann zu zaubern, der nie widerspricht und sich am Ende auch noch vernaschen lässt. Klingt doch gut. Das Set bestand aus einem Rezeptheft, einem Zauberstab und einer kleinen Krone. Wie süß. Ich überflog kurz die Zutatenliste. Butter, Mehl, Eier, Puderzucker - das müsste ich eigentlich alles vorrätig haben. »Komm mit«, forderte ich Nina schmunzelnd auf »das probieren wir gleich mal aus.«
»Genau das war der Plan.« Nina folgte mir in die Küche, wo wir uns ausgelassen ans Werk machten und gekonnt die Zutaten des Mürbeteigs zusammen mischten.
Früher stand ich oft mit meiner Oma in der Küche, habe ihr beim Backen über die Schulter geschaut und dabei Vieles von ihr gelernt.
»Hey Leni, gib mir bitte mal das Mehl rüber.«
»Wie viel darf’s denn sein?«, meinte ich und pustete Nina etwas Mehlstaub ins Gesicht. »Steht dir gut, diese mehlblonde Haarfarbe.«
»Na, warte«, sagte Nina, hielt kurz die Luft an, um sich kurz darauf mit einer Portion Puderzucker zu revanchieren. Es machte Spaß mit Nina rumzualbern. Wer weiß, wann wir das nächste Mal so einen unbedarften Nachmittag miteinander verbringen konnten.
Neben der Backmischung, die für das Gelingen des Teiges notwendig war, würde ich die Must-Haves für meinen Traumprinzen so beschreiben:
Er ist leidenschaftlich
Er hat den gleichen Humor
Er ist spontan und verrückt
Er ist ehrlich und hört zu
Er hat eine tolle Ausstrahlung
Ich schrieb die Eigenschaften auf einen winzigen Notizzettel, faltete ihn ganz klein zusammen und steckte ihn in die Mitte der Teigkugel.
Nina stemmte ihre Arme in die Hüften und schaute mich fragend an. »Also, wie soll er nun ausschauen - dein Traummann? Mehr wie Daniel Craig oder eher wie George Clooney?«
Lange musste ich nicht nachdenken. »Hm, also ich würde sagen den Charme von Erol Sander, die Lässigkeit von Tom Beck, die Figur von Daniel Craig und Augen wie Mats Hummels. Ja, das wäre schon mal ein guter Anfang. Dunkle Augen soll er haben und ein knackiger Po wäre auch nicht schlecht.« Ich kam geradezu ins Schwärmen.
»Langsam, langsam«, unterbrach mich Nina lachend und strich mit dem Handrücken eine dunkle Strähne, die ihr immer wieder ins Gesicht fiel, hinters Ohr. Wir kneteten und formten, bis wir einen erstaunlich athletischen Traummann aus Teig hervorzauberten. Ok, der Po war vielleicht etwas überdimensioniert, aber wie sollte man sonst einen knackigen Po darstellen. Mit einer feinen Nadel umrandete ich die Konturen, malte ihm ein Gesicht und Haare, die ihm strubbelig ins Gesicht fielen. Am Ende war mir der Traumprinz aus Teig wirklich gut gelungen. Da kam mir meine kreative Ader doch sehr zu Gute.
»So, fertig. Ab in den Ofen mit dir Prachtkerl. Ich hoffe du läufst mir bald über den Weg.« Mit verschwörerischer Miene schob ich das Backblech vorsichtig in den Ofen und rieb mir die mehligen Hände an der Schürze ab.
Es war ja nicht so, dass es keine Männer gab, die mir gefielen. Aber nun war ich schon zwei Jahre Single und die Beziehungen davor, dauerten nicht mal so lange wie eine Fußball-Saison. Da gab es zum Beispiel Chris, den ich auf einer After-Work-Party kennenlernte. Ein leidenschaftlicher Typ, der mir das Gefühl gab, jemand ganz Besonderes zu sein und mich nach allen Regeln der Kunst verwöhnte. Ich genoss es im Mittelpunkt zu stehen und fühlte mich unheimlich verrucht und sexy, als wir im Englischen Garten im Schatten einer Eiche Sex hatten. Als ich ihn jedoch eines Nachmittags knutschend mit einem Mädel in meinem Lieblingscafé erwischte, fand ich seine Leidenschaft nicht mehr ganz so prickelnd. Markus hingegen war mehr der freundschaftliche Typ. Mit ihm konnte ich im Sommer nachts ins Schwimmbad einbrechen, um dort unter einem atemberaubenden Sternenhimmel nackt zu baden, im Winter gackernd auf zugefrorenen Seen Schlittschuh laufen, nachts die Nachbarn aus dem Bett klingeln, weil wir sturzbetrunken vor der Wohnungstür standen und das Schlüsselloch nicht fanden oder die Wohnung streichen und in einer Prosecco-Laune farbige Po-Backen an die Wände drücken. Wir hatten immer jede Menge Spaß und viel zu Lachen. Nur die echte Leidenschaft füreinander fehlte und so beendeten wir unsere Beziehung freundschaftlich nach einem halben Jahr.
Der Richtige, also ein Mann, mit dem ich es mir vorstellen konnte, den Rest meines Lebens zu verbringen, vielleicht Familie zu gründen, der war eben noch nicht dabei. Es gibt ja Menschen, die glauben nicht an die eine große Liebe. Dazu gehörte ich nicht. Ich zählte eher zu den Romantikerinnen und glaubte fest daran, dass irgendwo da draußen mein Traumprinz auf mich wartet. Und so warte ich auf den einen Moment, in dem die Welt sich für einen kurzen Augenblick nicht mehr drehen wird, meine Knie weich werden und Schmetterlinge in meinem Bauch Loopings fliegen.
»Mach es dir doch schon mal auf der Couch gemütlich. Ich wische noch schnell die Arbeitsfläche ab und mach uns dann einen leckeren Latte Macchiato.«
Nina hing die Schürze zurück an den Haken und ging ins Wohnzimmer. Ich folgte ihr kurz darauf mit einem perfekt geschäumten Latte Macchiato und ließ mich erschöpft auf die Couch fallen. Verschmitzt lächelnd hielt Nina mir meine Liste entgegen und sah mich fragend an.
»So, so, einen One-Night-Stand möchtest du dir mal gönnen?« Ihr Grinsen wurde immer breiter. Oh, Mist. Ertappt. Ich hatte ganz vergessen die Liste wegzuräumen. Aber was soll’s, schließlich ist Nina meine beste Freundin.
»Gib her«, erwiderte ich energischer als gewollt und griff schnell nach dem Zettel, ohne weiter auf ihre Bemerkung einzugehen. Ich kramte die Zeitschrift hervor und zeigte ihr den Artikel.
»Hattest du denn schon einen?«, versuchte ich von mir abzulenken, während Nina den Text las. Nachdem sie mir die Antwort immer noch schuldig blieb, knuffte ich ihr in die Seite. Sie schien nachzudenken, rührte mit dem Löffel gedankenverloren in ihrem Latte Macchiato und meinte schließlich »Nein, aber ich habe auch nicht das Gefühl etwas verpasst zu haben.«
»Hast du denn keine geheimen Wünsche?« Gespannt betrachtete ich sie.
»Ehrlich gesagt, bin ich glücklich, so wie es ist.« Es gab nicht viele dieser Momente, aber gerade eben war ich ziemlich neidisch auf meine beste Freundin.
»Ich glaube du denkst zu kompliziert«, sagte sie nach einem kurzen Augenblick. Mir war nicht ganz klar auf was Nina hinaus wollte.
»Wie meinst du das?«
»Na ja, Glück ist nicht nur das große Ganze, das können kleine Momente sein, die dir den Alltag versüßen und dich glücklich machen. Für mich bedeutet Glück zum Beispiel auch, wenn mir nach fünf Versuchen meine neue Lieblingstorte endlich gelingt, kurzfristig noch Karten für ein längst ausverkauftes Konzert zu bekommen oder an der Isar zu sitzen und die Sonne untergehen zu sehen.«
Einen Moment lang dachte ich über ihre Worte nach.
»Ich wollte schon immer Mal ein Kinderbuch schreiben. Aber bisher fehlte mir entweder die Zeit oder der Mut«, fügte sie nach kurzer Zeit zögerlich hinzu und ihre Wangen färbten sich rot.
»Das ist ja toll«, entgegnete ich überrascht. »Das wusste ich ja noch gar nicht. Dafür ist es doch noch nicht zu spät. Du wirst in nächster Zeit sicher genug Inspiration dafür bekommen.«
Nina lachte. »Ja, aber sicher dann auch keine freie Minute mehr haben.« Sie strich sich verträumt über ihren Bauch.
»Wenn du willst helfe ich dir. Ich könnte mich um die passenden Grafiken kümmern.« Euphorisch versuchte ich ihr Mut zuzusprechen und war ganz mitgerissen von der Idee eines gemeinsamen Projektes.
»Meinst du wirklich?«
»Ja klar, das wird genial. Das muss unbedingt an Punkt eins deiner Bucket List.«
»Ich habe keine. Schon vergessen?«
»Dann wird es ja höchste Zeit.«
Einen Moment lang hing jede von uns ihren Gedanken nach. Ich nahm die Liste vom Tisch und pinnte sie an meinen Kühlschrank, um sie nicht aus den Augen zu verlieren.
»Was macht eigentlich euer Kinderzimmer, ist es fertig eingerichtet?«, wechselte ich das Thema.
»Ja«, meinte Nina und ihr Gesicht bekam wieder diesen seltsam verklärten, glücksselig lächelnden, Gesichtsausdruck »nur habe ich mich nun doch für eine neutrale Farbe entschieden und die Wände gelb gestrichen. Die Möbel werden im Laufe der nächsten Woche geliefert, dann kann ich noch in Ruhe alles einräumen.«
»Soll ich vielleicht nächsten Samstag vorbeikommen und dir ein wenig helfen?«, schlug ich vor, denn ich war im Moment froh für jede Minute, die ich mit Nina verbringen konnte. Der Nachmittag mit ihr hatte richtig gutgetan und irgendwie hatte ich große Angst davor, dass sich mit dem Baby auch unsere innige Freundschaft verändern würde. Werden wir uns dann noch genauso viel erzählen können, uns für die gleichen Dinge interessieren und über dieselben Sachen lachen können? Ich zweifelte daran, traute mich aber auch nicht Nina mit meinen Ängsten zu konfrontieren. Ehe ich weiter darüber nachgrübeln konnte, riss sie mich aus meinen Gedanken und meinte »Ja, und abends könnten wir noch zusammen essen. Vielleicht kann ich Tom überreden uns etwas Leckeres zu kochen.«
»Au ja, ich bin dabei. Nächsten Samstag um zwölf?«
»Ja, das passt gut. Ich freu mich und kann jede Hilfe gut gebrauchen.«
Irgendwie roch es etwas seltsam. Meine kleinen grauen Zellen brauchten einen Moment, um den Geruch zuzuordnen.
»Hier riecht es verbrannt«, rief Nina naserümpfend das aus, was ich gerade dachte.
»Mist, verdammter. Mein Traumprinz. Den haben wir total vergessen.«
Ich spurtete in die Küche, riss fluchend die Tür vom Backofen auf, aus der es mächtig qualmte und zog das heiße Blech vorsichtig auf den Herd. Nina öffnete inzwischen im Wohnzimmer die Fenster und ließ die kalte Herbstluft in den Raum. Was war denn das? An seinem Goldstück prangte ein großer dunkler Fleck. Hoffentlich kein schlechtes Omen. Leidenschaftlichen Sex wünschte ich mir schließlich auch mit meinem Prinzen. Vielleicht hätte ich meine Must-Haves um diesen Punkt ergänzen sollen. »Oh Mann, mir ist aber auch nichts gegönnt. Das war’s dann wohl. Traumprinz ade.«
Inzwischen stand Nina neben mir und wir blickten gemeinsam auf den etwas verkohlten Teigprinzen, dessen Po nun mehr nach einem verschrumpelten Apfel als nach einem Knackarsch aussah. Eins war klar, Daniel Craig konnte der hier keine Konkurrenz machen.
»Wieso? Vielleicht ist dein Traumprinz ja ein rassiger Südländer«, versuchte Nina mich noch aufzumuntern. Mit einem Blick auf die Uhr ergänzte sie »oh Mist, schon so spät? Ich muss los.«
»Jetzt schon?« Ich versuchte mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
»Ja, ich gehe heute wieder zum Schwangerschaftsyoga. Ich frage mich zwar, wie lange das mit dieser Riesen-Kugel noch gut geht, aber die Bewegung tut mir gut. Mathilda wartet sicher schon auf mich. Wir sehen uns ja am Samstag.« Hastig griff Nina nach Schal, Mantel und der selbstgestrickten Mütze und verabschiedete sich.
Ich konnte nicht anders. Ich war eifersüchtig auf Mathilda. Nina hatte sie in diesem Kurs kennengelernt und neuerdings waren die beiden ein Herz und eine Seele. Aber ich schluckte den Kloß im Hals, der mir unweigerlich die Kehle zuschnürte, hinunter und freute mich einfach auf das bevorstehende Wochenende.
Und nun? Nachdem ich Nina an der Tür verabschiedete, ging ich zurück ins Wohnzimmer. Als ich das Geschirr in die Küche räumte, fiel mir meine Bucket-List wieder in die Augen. Es war noch nicht spät, erst kurz vor drei. Zeit genug also, um vielleicht heute noch zur Isar zu fahren und meine Flaschenpost auf den Weg zu schicken. Immer noch aufgewühlt, schnappte ich mir die leere Rotweinflasche von der Anrichte und schrieb einen Brief.
Lieber Finder,
wenn du diese Flasche findest, sind vielleicht schon viele Jahre vergangen, ich bin eine 85-jährige Frau, sitze zufrieden in einem Schaukelstuhl im Garten, trinke mit meinem Liebsten Kaffee, während meine Tochter in der Hängematte relaxt und die Enkelkinder im Garten Fußball spielen. In diesem Fall ist alles gut gelaufen und meine Wünsche haben sich erfüllt.
Vielleicht findest du die Flasche aber auch schon eher und bist der Traumprinz, auf den ich die ganze Zeit schon warte.
Das Telefon klingelte, aber ich ließ mich durch nichts stören und schrieb eifrig weiter.
Mein Name ist Leni. Heute ist der 15.11.2017. Ich bin 29 Jahre alt, nicht zu groß und nicht zu klein, nicht dünn, aber auch sportlich genug, um in Kleidergröße 38 zu passen. Ich lache gerne – am liebsten mit meinen Freunden.
Ich bin spontan und gerne kreativ.
Meistens weiß ich genau, was ich will.
Ich möchte den einen Traumprinzen finden, der mich liebt und bei dem mein Herz tanzen wird vor Glück.
Ich freue mich auf deine Nachricht.
Leni
Mit zittrigen Fingern rollte ich das Blatt zusammen, band eine Schleife darum, steckte es in die Flasche und drückte den Korken fest darauf, bevor ich ihn mehrfach mit Klebeband umwickelte. Ich war ganz hippelig. Es war noch nicht dunkel, also beschloss ich gleich noch zu den Isarauen zu fahren und die Post loszuschicken. Dort angekommen inspizierte ich zuerst den Wasserfluss, um die Flasche an einer geeigneten Stelle auf ihre Reise zu schicken. Ich wartete noch einen Moment, bis sich die Teenager etwas weiter unten flussabwärts verzogen hatten und ging ungeduldig auf und ab. Schließlich wollte ich nicht, dass ein siebzehnjähriger die Flasche findet und sich am Ende einen Spaß daraus macht.
Dann war es endlich soweit. Was für ein bewegender Moment. Es kam mir vor, als würde ich etwas Verbotenes tun. Meine Hände waren ganz feucht und mein Herz pochte laut bis zum Hals. Ich kniete mich dicht ans Ufer und ließ die Flasche mit beiden Händen feierlich ins Wasser gleiten. Andächtig und ergriffen schaute ich ihr einen Moment hinterher. Ein unbeschreibliches Gefühl von Zufriedenheit, aber auch Aufregung, Neugier und Hoffnung machte sich in mir breit. Glücklich machte ich mich auf den Weg nach Hause, um dort den ersten Punkt meiner Liste abzuhaken.
Am nächsten Morgen saß ich fröstelnd im Büro und schaute nachdenklich aus dem Fenster. Trister könnte ein Novembermorgen nicht sein. Draußen war es nasskalt. Das Laub machte die Straßen rutschig und der Nebel senkte sich über die Stadt. Es war windig und der Regen prasselte nun schon seit Stunden unaufhörlich an die Fenster. Ich würde Einiges dafür geben jetzt irgendwo am Strand zu sitzen und die Füße im warmen Sand zu vergraben. Aber sowohl mein Jahresurlaub als auch mein Urlaubsbudget waren restlos aufgebraucht und so würden Australien, Kuba und Südafrika noch etwas auf mich warten müssen.
Ich arbeitete als Teamassistentin in einer Werbeagentur. Ursprünglich hatte ich zwar damals nach dem Abi andere Pläne und dachte zunächst über ein Grafikdesign-Studium nach. Aber das Zeichnen blieb mein Hobby und so hatte ich mich zunächst für die Ausbildung zur Werbekauffrau entschieden. Bislang hatte ich diese Entscheidung nicht bereut. Und auch in München fühlte ich mich pudelwohl. Ich wollte unbedingt mal weg vom Land, um Großstadtflair zu schnuppern. Mir gefiel die Stadt ausgesprochen gut. Schon bei meinem ersten Aufenthalt war ich absolut schockverliebt. Und auch die Leute, die ich bisher hier kennengelernt hatte, waren offen und herzlich und dass, obwohl ich als gebürtige Hessin doch eine 'Zuagroasde' bin.
Meinen Eltern konnte ich es früher ohnehin nicht recht machen. Überhaupt missfiel ihnen, dass ihre Tochter mit dem Abi in der Tasche nicht etwas Anständiges studieren würde, Medizin zum Beispiel oder Jura. Aber ich war nun mal eher kreativ. Das war meine Welt.
So, was mache ich denn nun zuerst? Heute war mal wieder irre viel los. Alle wuselten hektisch herum und waren angespannt, weil unserem Großkunden die Entwürfe für seine aktuelle Kampagne nicht gefielen. Nun gab es eine neue Deadline bis Freitag. Eigentlich konnte man mir als Teamassistentin schon ein gutes Organisationstalent nachsagen. Aber heute ging es wirklich drunter und drüber. Die beiden Chefs, Thorsten und Michael, denen ich seit nun fast schon fünf Jahren zuarbeitete, hatten natürlich alle beide einen superwichtigen Auftrag, der keinen Aufschub duldete und außerdem musste ich für eine Inhouse Messe noch Einiges organisieren. Hotelzimmer und Räume waren zwar gebucht, aber das Catering musste noch ausgewählt und bestellt werden. Puuuh, das wird heute wohl ein langer Tag werden. Ich atmete tief durch und stürzte mich in die Arbeit. Meine Wangen glühten, aber ich mochte auch diesen Druck. Meistens kamen mir dann die besten Ideen. Ich studierte gerade die Menüvorschläge, notierte hier und da ein paar Änderungen, als mein Kollege Malte den Kopf zur Tür hereinstreckte.
»Hallo Leni, hast du mal eine Minute?«
»Eigentlich nicht.« Ich blickte ihn entschuldigend an. »Was gibt’s denn?«
»Ach, ich bräuchte deine unabhängige Meinung zu unserem neuen Internetauftritt.«
»Ich kann ihn mir nach der Messe nächste Woche gerne mal ansehen. Reicht dir das? Wann soll er denn live gehen?«
»Laut Planung am Montag.« Zerknirscht stand er in der Tür und schenkte mir einen bittenden Blick.
Ich mochte ihn und das war sicher auch der einzige Grund warum ich mich sagen hörte »Also gut, heute schaffe ich es sicher nicht, aber vielleicht morgen, ok?«
»Du bist ein Schatz Leni, danke dir.« Er warf mir eine Kusshand zu und war schon fast wieder aus dem Büro verschwunden.
»He, mal nicht so schnell. du kannst dich gerne revanchieren, zum Beispiel morgen Abend beim Italiener in der Lilienstraße«, sagte ich keck.
»Ähm, ja«, stotterte er verlegen »warum nicht?«
Damit hatte er nicht gerechnet.
Trotzdem, oder gerade weil es heute so stressig war, gönnte ich mir eine ausgedehnte Mittagspause. Wer weiß wie lange ich heute noch im Büro sein würde. Weil ich diese heute nicht allein verbringen wollte, griff ich zum Hörer und wählte Caros Nummer. Vielleicht hat sie ja Zeit und Lust auf eine Abwechslung. Caro und ich kannten uns aus dem Fitness-Studio, wo ich nach der ersten Euphorie eher sporadischer Besucher war, stilles Mitglied sozusagen. Sie war etwas jünger als ich und mit ihrer quirligen, unkomplizierten und manchmal auch chaotischen Art, das genaue Gegenteil von mir. Trotzdem verstanden wir uns super. Wir sahen uns nicht häufig, aber wenn die eine die andere brauchte, waren wir immer füreinander da. Es dauerte eine Weile, bis sie sich mit einem abgehetzten 'Morelli' am Telefon meldete.
»Hallo Caro, ich bin’s Leni. Wie schaut es aus, hast du Lust auf ein Mittagessen im Kultig?«
Sie überlegte einen Moment und meinte »Schöne Idee. Und ja, ich habe natürlich Lust. In einer Dreiviertelstunde könnte ich es schaffen.«
»Das passt perfekt. Dann sehen wir uns um eins. Bis dann, ich freu mich«.
»Ich mich auch. Ciao Bella«.
Das Bistro Kultig ist nur zwei Straßen von unserem Bürogebäude entfernt. Außerdem gibt es direkt um die Ecke ein kleines Eiscafé, in dem es im Sommer das beste Schokoladeneis der Stadt gab.
Thorsten betrat das Büro. »Mahlzeit, Leni. Hast du meinen Barcelona-Flug schon gebucht? Und denk bitte daran den Bachmayr-Termin zu vereinbaren. Vielleicht kannst du später Alex etwas bei der Erstellung der Präsentation für Freitag unterstützen?« Wie immer redete Thorsten ohne Punkt und Komma und ohne eine Antwort abzuwarten. Hastig notierte ich mir ein paar Stichpunkte. Thorsten war bereits wieder verschwunden, als ich mich fragte, wie ich das alles schaffen sollte. Prompt nagte das schlechte Gewissen an mir und ich überlegte, ob ich mir eine ausgedehnte Mittagspause wirklich erlauben konnte. Aber Caro wieder absagen wollte ich nun auch nicht mehr.
Oh. Schon kurz vor eins. Ich musste los. Zum Glück hatte der Regen etwas nachgelassen. Meinen Schirm hatte ich mal wieder zu Hause vergessen und hangelte mich deshalb nun unter den Dachvorsprüngen und Markisen der Obsthändler in Richtung Bistro Kultig. Es war fünf nach eins als ich ankam. Caro wartete an unserem Lieblingstisch am Fenster und winkte mir kurz zu. Von weitem sah ich bereits zwei Gläser Aperol Spritz, die dort schimmerten und mich an den Sonnenuntergang in Oia erinnern. Oia ist ein wundervoller Ort an der Nordküste der kleinen griechischen Insel Santorin. Ich erinnere mich noch gut an diesen Griechenland-Trip vor fünf Jahren. Von einem Kollegen hatte ich damals einen wohl schon etwas veralteten Reiseführer geliehen, der Oia als den Geheimtipp für malerische Sonnenuntergänge vorschlug. Dort angekommen warteten etwa fünfhundert weitere Touristen auf das allabendliche Spektakel. Romantik wollte dort nicht so recht aufkommen. Dennoch war es ein atemberaubender Moment, die Sonne dort im Meer versinken zu sehen. Bei dem Gedanken daran, musste ich unwillkürlich schmunzeln.
»Hallo Leni, du siehst ganz schön gestresst aus. Alles gut bei dir?« Caro winkte mich gut gelaunt zu sich.
»Hi Caro«, entgegnete ich abgehetzt. »Du bist der einzige Lichtblick meines heutigen Tages.«
»So schlimm?«, fragte sie mit erwartungsvollem Blick.
»Schlimmer, eine Werbekampagne für die Zielgruppe ab sechzig, die bis Freitag fertig sein muss«, beklagte ich mich.
»Du solltest deine beiden Chefs um eine Gehaltserhöhung bitten.«
»Eigentlich hast du Recht. Das sollte ich bei nächster Gelegenheit einmal ansprechen.« München war teuer und in den letzten Jahren ist mein Gehalt nahezu gleichgeblieben. Dann könnte ich mir vielleicht auch bald den einen oder anderen Reisewunsch meiner Bucket-List erfüllen.
»Lass uns über was anderes reden. Wie geht es dir und Maik oder ist der schon nicht mehr aktuell?«
Der Kellner, ein junger Typ, Anfang zwanzig, sicherlich ein Student unterbrach uns. »Hi, was darf ich euch bringen?«
Er hieß Hannes, das konnte ich auf seinem originellen Namensschild erkennen. Darauf stand 'Das ist mein 1. Tag, bitte sei nett zu mir:-)'. Witzige Idee.
»Für mich die Spinatlasagne«, entgegnete ich.
»Ich nehme den Feldsalat mit Granatapfel und gratiniertem Ziegenkäse«, meinte Caro.
»Geht klar!«
Neugierig wandte ich mich wieder an Caro. »Also, was ist mit Maik? Erzähl schon.«
»Du weißt doch, ich ticke da etwas anders als du. Warum sollte ich mir die Zeit, bis mein Traumprinz aufkreuzt, sollte es ihn wirklich geben, nicht mit dem einen oder anderen Leckerbissen versüßen. Maik war nur eine kurze Affäre. Mehr läuft da nicht.«
Das war einer der Punkte, in dem Caro und ich sehr unterschiedlich waren.
Wir ließen uns das Essen schmecken, saßen noch eine Weile zusammen, plauderten über dies und das und beobachten die Pärchen an den Nachbartischen, bevor ich zurück ins Büro musste. Auf dem Weg zurück in die Agentur schaute ich noch kurz bei Yusuf im Gemüseladen vorbei. Ich griff mir einen Kürbis, ein paar Äpfel und etwas Ingwer. Bei dem Mistwetter würde eine Kürbissuppe am Abend sicher guttun.
Gut gestärkt und gut gelaunt machte ich mich im Büro an die Arbeit und war nun doch ganz zuversichtlich meine offenen Vorgänge noch bis zum Abend abarbeiten zu können.
In den kommenden zwei Tagen waren alle Kollegen im Büro ziemlich angespannt, dennoch schafften wir es alle gemeinsam, die neuen Entwürfe bis Freitag fertig zu kriegen. Letztendlich machte dies auch die Agentur aus. Wir waren eine großartige Gemeinschaft, in der wir stets auf die Hilfe des anderen zählen konnten. Fast wie eine Familie. Einen besseren Job konnte ich mir gar nicht vorstellen.
Samstagmittag, halb zwölf. Ich war gerade auf dem Weg zu meiner Wohnungstür, als das Telefon klingelte. Ein kurzer Blick auf das Display verriet mir, dass es Mama war. Wenn ich jetzt rangehe, würde ich es nicht rechtzeitig zu Nina schaffen. Andererseits dachte ich an Punkt Vier meiner Bucket-List. Ein Telefonat wäre ja zumindest mal ein Anfang. Ich zögerte kurz, zog dann aber die Tür zu und ließ es klingeln.
Draußen war ein herrlicher Wintertag. Die Luft war klar, der Himmel eisblau und die Sonne glitzerte im ersten Schnee, der heute Nacht die Gehwege kristallweiß gezuckert hatte. Ich musste unwillkürlich lächeln und fühlte mich gleich ein wenig besser. Dann zog ich mir meine Mütze tief ins Gesicht und machte mich auf den Weg.
Pünktlich um zwölf Uhr klingelte ich bei Nina. Nina und Tom wohnten sehr idyllisch, in einer erst vor einem Jahr neu entstandenen Wohnsiedlung, direkt am Hirschgarten. Die Häuser waren in mediterranem Stil gebaut. Die geradlinigen Formen, der terracottafarbene Wandputz und die schmideisernen Balkone mit ihren Verzierungen versetzten einen irgendwo nach Italien, zumindest im Sommer, denn dann zierten Zypressen, Palmen und verschiedenfarbige Oleander das Terrassen- und Gartenbild.
Der Türsummer brummte und Nina kam mir bereits entgegen. »Hallo Leni, schön dich zu sehen. Gut, dass du da bist«, begrüßte sie mich.
Ich drückte sie vorsichtig. »Dito, schau mal, ich habe uns Latte Macchiato, für dich natürlich koffeinfrei, und ein paar süße Leckereien mitgebracht.«
»Das ist ja schön. Vielen Dank. Tom wird sich über die Nervennahrung bestimmt freuen. Schon seit einer Stunde versucht er verzweifelt die Wickelkommode namens Blöjor zusammenzubauen, aber irgendetwas scheint zu fehlen. Komm rein.«
Ich streifte im Flur meine Stiefel ab, warf die Jacke über einen Stuhl und versuchte meine halblangen Haare zu bändigen, die durch die Mütze in alle Richtungen standen. »Hallo Tom.«
»Servus, Leni«, meinte der nur zerknirscht.
»Leni hat uns Latte Macchiato mitgebracht, magst du nicht mal eine Pause machen?«
»Nee, ich muss das jetzt erst mal fertigkriegen«, entgegnete Tom ziemlich gereizt und vom männlichen Ehrgeiz gepackt. Nina deutete mit einer Handbewegung in Richtung Esszimmer und ich folgte ihr aus der Gefahrenzone. Na ja, so hatten wir wenigstens ein wenig Zeit zum Quatschen. Wir setzten uns an den Esstisch und Nina verdrehte die Augen »Typisch Mann, er will sich aber auch nicht helfen lassen. So ein Sturkopf«, beschwerte sie sich. »Momentan ist er einfach schnell gereizt. Weißt du, das Tagungsgeschäft im Hotel läuft zurzeit richtig gut, eine Bankettveranstaltung jagt die andere und das Personal ist noch nicht optimal eingespielt. Tom fühlt sich verpflichtet überall mit anzupacken, schließlich hat er die Verantwortung. Er kommt oft erst nach Hause, wenn ich schon schlafe. Dabei hätte ich ihn so gerne in meiner Nähe. Ich hoffe das ändert sich ein wenig, wenn unser kleiner Krümel auf der Welt ist«, sagte Nina und streichelte sich zärtlich den Bauch.
»Mach dir keine Sorgen, Nina. Bestimmt wird er dann Einiges delegieren können und mehr Zeit für dich und das Baby haben«, versuchte ich sie zu beruhigen, obwohl ich mir nicht sicher war, denn Tom arbeitete erst seit kurzem als Geschäftsführer in einem Vier-Sterne-Hotel nahe dem Messegelände, was ein großer Karrieresprung für ihn war.
»Was macht die Suche nach deinem Traumprinzen? Zeigt unsere Backaktion schon erste Erfolge?«, fragte Nina dann mit einem Grinsen. »Ich habe übrigens neulich von einer Studie gelesen, die belegt, dass sich viele Paare bei der Arbeit oder im Supermarkt kennenlernen. Vielleicht solltest du da mal ansetzen.«
»Das frage ich mich manchmal auch. Wo steckt der Kerl nur?«, entgegnete ich mürrisch.
Nina lachte auf und blickte mich ermahnend an. »He, sei mal nicht so pessimistisch.«
»Na ja, also am Donnerstag zum Beispiel, hatte ich ein Date mit einem Arbeitskollegen. Das war der totale Flop. Soviel zu Deiner Studie.«
»Du darfst das einfach nicht so verbissen angehen. Er wird dir schon irgendwann über den Weg laufen. Wahrscheinlich dann, wenn du am wenigsten damit rechnest.«
»Du hast gut reden.«
Drüben aus dem Kinderzimmer hörte man vereinzelt Tom fluchen. Aber ganz ehrlich, von mir aus konnte das noch dauern. Ich genoss es mit Nina hier zu sitzen und rumzualbern.