Goldene Stunde in der Ferne - Anna Jacobs - E-Book
SONDERANGEBOT

Goldene Stunde in der Ferne E-Book

Anna Jacobs

0,0
6,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Bram Deagan leitet ein erfolgreiches Handelsunternehmen in Australien und träumt davon, seine Familie aus Irland zu sich zu holen. Eine heftige Typhusepidemie wütet in seinem Heimatland, und viele Familienmitglieder werden von der Krankheit dahingerafft. Maura Deagan ist die einzige, die sich nun noch um ihre kleinen Nichten und den Neffen kümmern kann und kurzentschlossen begeben sie sich auf eine Schiffsfahrt nach Australien, um zu Bram zu gelangen.
Doch diese Reise beschert Maura eine Überraschung, die sie ihrem Traum von einer eigenen Familie ein Stück näherbringt - eine Überraschung in Gestalt eines Mitreisenden, Hugh Beaufort. Doch als unerwartet jemand aus Hughs Vergangenheit auftaucht, droht Mauras Traum das jähe Ende...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 618

Veröffentlichungsjahr: 2017

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Danksagung

PROLOG

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

KAPITEL 22

EPILOG

Über dieses Buch

Bram Deagan leitet ein erfolgreiches Handelsunternehmen in Australien und träumt davon, seine Familie aus Irland zu sich zu holen. Eine heftige Typhusepidemie wütet in seinem Heimatland, und viele Familienmitglieder werden von der Krankheit dahingerafft. Maura Deagan ist die einzige, die sich nun noch um ihre kleinen Nichten und den Neffen kümmern kann und kurzentschlossen begeben sie sich auf eine Schiffsfahrt nach Australien, um zu Bram zu gelangen.

Doch diese Reise beschert Maura eine Überraschung, die sie ihrem Traum von einer eigenen Familie ein Stück näherbringt – eine Überraschung in Gestalt eines Mitreisenden, Hugh Beaufort. Doch als unerwartet jemand aus Hughs Vergangenheit auftaucht, droht Mauras Traum das jähe Ende…

Über die Autorin

ANNA JACOBS hat bereits über siebzig Bücher verfasst. Sie wurde in Lancashire geboren und wanderte 1970 nach Australien aus. Sie hat zwei erwachsene Töchter und wohnt mit Ihrem Mann in einem Haus am Meer.

ANNA JACOBS

TÖCHTER DESHORIZONTS

Goldene Stundein der Ferne

Aus dem amerikanischen Englischvon Beke Ritgen

beHEARTBEAT

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment | Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Titel der Originalausgabe »Traders Dream«

Copyright © 2012 by Anna Jacobs

Deutsche Erstausgabe

Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Monika Hofko

Projektmanagement: Esther Madaler

Covergestaltung: Kirstin Osenauunter Verwendung von Motiven von © shutterstock: iktash | Massonstock | Denys Kurbatov | detchana wangkheeree | Nokuro

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-2558-4

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Zum Gedenken an Allan Frewin,dessen Herzensgüte und Humor

Mit Dank an Eric Hare,meinen Mentor in nautischen Dingen,

PROLOG

Western Australia 1869

Bram Deagan sah seinem Gehilfen zu, wie dieser umsichtig und mit geschultem Blick den Verkaufsraum zu Ladenschluss aufräumte. Schließlich sollte dieser in ordentlichem Zustand für den nächsten Tag hinterlassen werden. Manchmal konnte Bram nur staunen, dass das Warenhaus, so groß wie es war, wirklich ihm gehörte. Vor zwei Jahren war er mit wenig Kapital und ebenso wenig Waren nach Australien gekommen. Er hatte alles auf eine Karte gesetzt, um in der neuen Heimat als Importeur von Handelsgütern aus Singapur Fuß zu fassen.

Seine Risikobereitschaft hatte sich ausgezahlt, und zwar so schnell, dass es ihn ganz atemlos machte, wenn er darüber nachdachte. Einige der angebotenen Waren verkaufte er in Eigenregie; aber er vermietete auch Stände auf der Verkaufsfläche seines Warenhauses oder verkaufte, was andere feilbieten wollten, auf Provisionsbasis. Was ihn aber in den vergangenen zwei Jahren umtrieb und nicht hatte zur Ruhe kommen lassen, war der Gedanke, dass in der alten Heimat, in Irland, seine Geschwister immer noch in Armut lebten, ganz unabhängig davon, ob sie schon verheiratet und ausgezogen waren oder ob sie noch im Elternhaus lebten. Wie hart das Leben seiner Brüder und Schwestern war, wusste er aus eigener Erfahrung ganz genau.

Gerade kam Isabella durch den Vordereingang von Deagan’s Bazaar herein, und sobald Bram sie sah, war das Geschäft vergessen. Mit ausgestreckter Hand ging er ihr entgegen. Ach, er war wirklich ein Glückspilz! Er hatte in Singapur nicht nur eine wunderbare Frau gefunden, die ihn geheiratet hatte, sondern er hatte jetzt mit Isabella einen kleinen gemeinsamen Sohn und eine an Kindes statt angenommene Tochter.

Isabella nahm ihn bei der Hand, und so standen sie einander gegenüber, lächelnd und einander zugetan wie zwei Frischverliebte und nicht wie ein glücklich verheiratetes Paar von zweiunddreißig Jahren.

»Bist du zu müde für einen kleinen Spaziergang mit mir in der Abendsonne?«, fragte sie. »Sally hat ein Auge auf unseren Kleinen.«

»Zu müde, um Zeit mit dir zu verbringen, Liebling? Niemals!« Er nickte dem Gehilfen zu, der diskret ein paar Schritte entfernt auf Anweisungen gewartet hatte. »Machen Sie für heute Schluss, mein Guter. Sie haben sich den ganzen Tag über wacker geschlagen und Ihren Feierabend daher redlich verdient. Ich schließe dann selbst ab und lasse später auch den Nachtwächter herein.«

Gemeinsam spazierte das Ehepaar Deagan die Straße hinunter, und Bram holte tief Luft, bevor er es wagte, in Worte zu fassen, was ihn jetzt, mit Blick auf das Geschäftliche und daher mit berechtigter Hoffnung, bewegte: »Die Geschäfte laufen gut, Isabella, unser Warenhaus wirft Gewinn ab. Ich kann es kaum glauben, aber es ist so. Ich wünschte nur … Nun, du weißt, ich habe schon lange einen ganz bestimmten Traum, und zwar …«

Sie vollendete den Satz für ihn. » … den Traum, deine Familie nach Australien zu holen und ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen.«

»Nun, zumindest einen Teil meiner Familie. Brüder und Schwestern schon. Aber nicht meine Eltern.« Sein Vater hatte seine Schwester Ismay zwingen wollen, einen Mann zu heiraten, den sie zutiefst verabscheute, und er hatte, damit diese Verbindung zustande käme, sogar gebilligt, dass der erwünschte Schwiegersohn ihr Gewalt antat. Schon der Gedanke daran, wie weit sein Vater zu gehen bereit gewesen war, verursachte Bram Übelkeit.

Isabella schlug einen beschwichtigenden Ton an. »Nein, Liebling, natürlich nicht. Gott sei Dank ist Ismay jetzt glücklich mit Adam verheiratet. Alles ist also doch noch gut ausgegangen, und seit Dougal und Adam zusammen ein weiteres Schiff gekauft haben, läuft alles noch besser, nicht wahr? Die Warenlieferungen kommen jetzt mit größerer Regelmäßigkeit, ein großer Vorteil, oder?«

Er nickte. Isabella hatte recht, seinen Blick auf die Gegenwart zu lenken. Was hatte es für einen Sinn, der Vergangenheit nachzuhängen, die man ja doch nicht mehr ändern konnte? »Meinst du denn, meine anderen Geschwister würden auch gern nach Australien kommen? Wäre es dir denn recht, wenn ich ihnen vorschlage, hierherzukommen, und bei den Behörden für sie bürge?«

Isabella lachte. »Na, dass du ausgerechnet mich fragst, ob sie herkommen wollen, wo ich doch keinem von ihnen je begegnet bin! Aber nein, natürlich habe ich nichts dagegen, dass du sie herholst.«

»Ach, was bist du doch für eine wundervolle Frau! Ich liebe dich.«

Sie blieben stehen, um einander tief in die Augen zu sehen und einander anzulächeln. Wären sie nicht gerade auf offener Straße gewesen, hätte Bram seine Isabella umarmt und geherzt. Ach, was soll’s! Rasch schloss er sie in die Arme.

Aus der Fassung gebracht von so viel öffentlich gezeigter Zuneigung schalt sie: »Bram, ich bitte dich! Was ist nur in dich gefahren?«, und löste sich aus seiner Umarmung. »Sag mir lieber, wie viele von deinen Geschwistern deiner Ansicht nach denn kommen wollen.«

»Je mehr, desto besser! Allerdings bezweifle ich, dass sie wirklich alle nach Australien wollen.« Er grinste. »Und selbst wenn sich herausstellt, dass sie Feuer und Flamme für meinen Plan sind, gehe ich nicht davon aus, dass sie bei uns wohnen.«

Isabella runzelte die Stirn. »Ich hoffe, sie kommen nicht alle auf einmal. Wir sind schließlich nicht reich.«

»Nach ihren Maßstäben schon, und das, zumindest teilweise, dank dir. Deine Seidenstoffe verkaufen sich ausgezeichnet. Du bist als Geschäftsfrau sehr erfolgreich, und ich kann Gott nur dafür danken, dass du die Bücher führst.«

»Ich habe eben eine besondere Vorliebe für Seide, und Xiu Mei hat mir dieses Mal wirklich eine einzigartige Auswahl an hochwertigsten Seidenstoffen geschickt.«

»Was für ein Glücksfall, dass du in Singapur ausgerechnet für Mr Lee zu arbeiten angefangen hast!«

»Ein Glücksfall, ja, wirklich! Dafür, dass ich so reizenden Menschen wie den Lees begegnet bin, werde ich dem Schicksal ewig dankbar sein, und ich bin froh, dass wir immer noch Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Aber noch einmal zurück zu deiner Familie, Bram: Bevor du sie hierherholst, gibt es nämlich noch eines zu tun: Wir müssen ein neues Haus kaufen. Wir sind ja nun schon seit einiger Zeit mit Überlegungen in diese Richtung beschäftigt, aber wenn du jetzt deinen Geschwistern die Überfahrt ermöglichen willst, wird es Zeit, dass wir unsere Pläne in die Tat umsetzen.«

Bram liebte seine Isabella so sehr, dass er alles für sie täte. Er hätte ihr sogar die Sterne vom Himmel geholt, wenn sie es verlangt hätte. »Wir entscheiden das bald.«

»Nun, Liebling, zufällig kenne ich dich in- und auswendig und weiß, dass du keine große Lust hast, umzuziehen. Wir sind in unserem kleinen Häuschen ja auch sehr glücklich.«

»Stimmt, das sind wir. Das Leben in einem neuen Haus wird ganz anders sein, auch wenn wir es noch so gut aussuchen und auch wenn es noch so großzügig und schön ist.«

»Nichts bleibt, wie es ist, Bram. Aber angesichts deiner Position unter Freemantles Kaufleuten brauchen wir ein repräsentativeres Haus.«

»Aber ich gehöre doch bei Weitem nicht zur Spitze in der Stadt und in den führenden Kreisen! Bateman, Marmion und die Samson-Brüder nicken mir zwar zu, wenn wir uns begegnen, aber ich habe keinen Ehrgeiz, so reich zu werden wie sie. Um ein Geschäft zu führen, das mir so hohen Umsatz bringen würde, müsste ich meine Familie vernachlässigen, und das habe ich nicht vor.«

»Der Mann ist weise, der weiß, wann er glücklich ist.« Isabella lächelte.

»Und du? Du bist doch auch glücklich, oder nicht?«

»Das weißt du doch.«

»Und du wärst auch glücklich mit dieser Lösung, damit, dass ich meine Familie herhole, oder?«

»Zu wissen, dass du glücklich bist, mein Herz, ist mein größtes Glück.«

Bram strahlte. »Also dann schreibe ich nach Irland und bitte Kieran Largan, den Grundherrn, meinen Geschwistern mein Angebot zu unterbreiten. Ich hoffe, er wird dann jedem von ihnen, der hierherkommen möchte, ebenso helfen, wie er Ismay geholfen hat.«

»Ich habe gedacht, du würdest deiner Familie direkt schreiben, und nicht über einen Mittelsmann.«

»Meine Geschwister haben, was Lesen und Schreiben angeht, so ihre Schwierigkeiten. Außerdem kann ich keinen Brief nach Hause schicken, wenn zu befürchten steht, dass mein Vater ihn ungeöffnet wegwirft. Außerdem weiß ich nicht, wo meine verheirateten Brüder jetzt wohnen.« Bram schwieg einen Augenblick und lächelte versonnen. »Ich glaube wirklich nicht, dass alle meine Geschwister nach Australien auswandern wollen, auch wenn mir das sehr gefallen würde. Stell dir vor: Wir alle neun hier in Australien, auch die Kleinen, also Padraig, Ryan und die kleine Noreen. Tja, Gott sei’s geklagt, das wird nicht passieren! Aber ein paar von ihnen werden sicher kommen, meinst du nicht auch?«

Er legte den Arm um sie, und sie gingen weiter. Dann fragte er leise: »Ich darf doch davon träumen, oder? Und mir wünschen, dass wenigstens ein paar von meinen Geschwistern gleich um die Ecke wohnen?«

KAPITEL 1

In Englands Nordwesten, in Lancashire, ließ Maura Deagan, Erstes Hausmädchen auf Brent Hall, rasch den Blick durch den Salon wandern und nickte beifällig. Das neue Hausmädchen war es gewöhnt, hart zu arbeiten. Gott sei Dank hatte sie schnell gelernt, was zu tun war.

Maura drehte sich um, als sie hinter sich Schritte hörte, und neigte den Kopf, um den Butler zu grüßen, der neben sie trat und von der Türschwelle aus ebenfalls den Salon begutachtete. Sie versuchte immer, sich nicht zu gerade zu halten, sondern etwas gebeugt, wenn sie neben ihm stand, denn sie war drei Zoll größer als er. Sie war sowieso größer als die meisten Bediensteten im Herrenhaus und, soweit sie wusste, die Einzige in ihrer Familie, die groß gewachsen war.

»Sie haben ein Händchen dafür, gutes Hauspersonal zu finden, Deagan, und das Talent, sie anzuleiten.«

»Ich gebe mein Bestes, Mr Pearson.«

»Die Herrin will Sie sprechen. Sie ist gerade bei der Ersten Hausdame.«

»Ich melde mich sofort bei ihr. Danke, Mr Pearson, dass Sie mir Bescheid gegeben haben.«

Sie fand Mrs Brent tatsächlich im Gespräch mit Mrs Jerrold, die sich sehr gut mit der Herrin stand. Beide empfingen Maura mit einem warmen Lächeln.

»Nehmen Sie Platz«, sagte Mrs Brent und wedelte auffordernd mit der Hand, eine für sie typische Geste.

Maura wusste, dass es ihr in Gegenwart der Dame des Hauses nicht erlaubt war, es sich bequem zu machen. Also saß sie kerzengerade auf der äußersten Stuhlkante.

»Wir haben eine Nachricht von Miss Walton bekommen. Ihrer Mutter geht es noch nicht besser. Sie wird wieder zurück in ihr Elternhaus ziehen müssen, damit sie sich um sie kümmern kann.«

Maura spannte sich an, in der Hoffnung, dass sich ihre geheimen Hoffnungen erfüllten, auch wenn sie Miss Walton nur das Beste wünschte.

»Ich würde Ihnen gern die Stelle als Zweite Hausdame anbieten, Deagan.« Die Hausherrin hob eine Augenbraue und wartete.

Maura konnte nicht anders, als sie anzustrahlen. »Ich nehme das Angebot mit Freuden an, Ma’am, und ich verspreche Ihnen, dass ich mein Bestes gebe, damit Sie zufrieden mit mir sind.«

Die Erste Hausdame nickte beifällig. »Sehr gut. Ich bin sicher, Sie werden das in Sie gesetzte Vertrauen rechtfertigen, Miss Deagan.«

Maura nickte ebenfalls, um zu zeigen, wie ernst sie die Worte ihrer Vorgesetzten nahm. Dass sie gerade mit »Miss« angesprochen worden war, zeigte, dass sie in der Welt der Dienstboten aufgestiegen war. Von jetzt an würde sie ihre Mahlzeiten mit denen einnehmen, die den Dienstboten im Haus vorstanden.

»Nun, als Erstes werden Sie wohl in das Zimmer umziehen, das Ihrer neuen Position entspricht. Wenn Sie dann bitte Miss Waltons Sachen zusammenpacken, damit wir sie ihr anschließend schicken lassen können.«

»Darum kümmere ich mich gleich heute noch, Ma’am.«

Mit einem Winken entließ die Erste Hausdame sie. Augenblicklich erhob sich Maura und verließ das Zimmer geräuschlos, wie man es von einem Dienstboten erwartete. Aber kaum hatte sie den der Herrschaft vorbehaltenen Teil des Hauses verlassen, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten und drehte sich vor Freude rasch einmal im Kreis.

»Sie haben die Stelle also bekommen?«

Sie wandte sich um und sah den Butler, der sie anlächelte. »Ja, das habe ich, Mr Pearson.«

»Sie werden Erste Hausdame hier oder anderswo, ehe Sie sich’s versehen, Miss Deagan.« Er lächelte und ging.

Darauf hatte sie immer gehofft. Von nichts anderem hatte sie geträumt, und sie hatte hart gearbeitet, damit dieser Traum Wirklichkeit wurde. Hart zu arbeiten, nein, dagegen hatte sie nichts. Sie ging und begutachtete die Kammer, die von nun an ihr gehören würde. Miss Deagans Zimmer. Ein eigenes Zimmer ganz für sich allein. Sie hatte es geschafft: Sie war die Leiter eine Sprosse weiter hinaufgeklettert.

Auf Brent Hall hatte sie als einfaches Hausmädchen angefangen, nachdem ihr Mann gestorben war. Schon nach den ersten Tagen hatte sie gewusst, dass sie endlich einen Platz gefunden hatte, an dem sie sich sicher fühlen durfte. Beim Tod eines anderen Menschen sollte man eigentlich nicht erleichtert sein, aber sie war erleichtert gewesen. Vincent zu heiraten war nicht ihre eigene, sondern die Entscheidung der Familie gewesen, und man hatte ihr ständig in den Ohren gelegen und sie eingeschüchtert, bis sie in die Verbindung eingewilligt hatte.

Aber das Leben mit ihm war noch stumpfsinniger gewesen, als sie befürchtet hatte. Immerhin hatte er sie nie geschlagen, wie manche Männer es taten. Vielleicht, weil er zu faul war, ihr eine Tracht Prügel zu geben, genauso wie er zu faul war, sie im Bett besonders zu behelligen, und wahrscheinlich hatte er deswegen auch nie ein Kind gezeugt.

Der letzte Gedanke, dass sie nie Mutter geworden war, machte sie traurig, aber sie war auch erleichtert. Hätte sie ein Kind gehabt, hätte sie nicht die Gelegenheit ergreifen und sich ein neues Leben aufbauen können. Sie war nach Lancashire aufgebrochen, ohne der Familie etwas zu sagen. Das hatte sie erst später nachgeholt, als sie in Nordwestengland in Sicherheit war. Brent Hall, wo die Frau des Arztes ihr die Stelle als Hausmädchen besorgt hatte, war weit genug von Shilmara und Nordwestirland entfernt, sodass ihre Familie sie nicht von ihrem Vorhaben abhalten konnte.

Am Anfang hatte sie den Eltern Geld geschickt, vor allem als Unterstützung für die Mutter gedacht. Aber nachdem beide Eltern vor ein paar Jahren gestorben waren, weigerte Maura sich, ihren Brüdern weiter etwas zu schicken. Sean und Eamon hätten das Geld ohnehin nur versoffen.

Maura schickte weiterhin jedes Jahr einen Brief an die Familie. Es kam ihr nicht richtig vor, den Kontakt mit ihren Blutsverwandten ganz abzubrechen.

Nun gut, die Arbeit erledigte sich nicht von selbst, und sich in Erinnerungen zu ergehen half dabei wenig. Sie gab Anweisung, Miss Waltons großen Reisekoffer vom Dachboden zu holen, und innerhalb einer Stunde hatte sie die Sachen ihrer Vorgängerin gepackt und reisefertig. Dann ließ sie das Mädchen für alles holen, damit die das Zimmer gründlich putzte, nicht, weil es nötig gewesen wäre, sondern aus Prinzip. Dieses Mal musste sie niemanden um frische Bettwäsche bitten, denn für das Bettzeug im Haus zu sorgen gehörte jetzt zu ihren eigenen Aufgaben.

Mit Anbruch der Dunkelheit hatte sie ihre Besitztümer in ihrem neuen Zimmer verstaut und sich eingerichtet. Viel war es ja nicht, was hatte umgezogen werden müssen: ein paar Bücher, ein bisschen Schmuck, den sie während ihrer Woche Jahresurlaub gebraucht erstanden hatte. Letztes Jahr war sie in Manchester gewesen und hatte das Leben in der Stadt genossen. Und nicht zu vergessen: die Bibel.

Pater Patrick hatte es nicht geduldet, dass in Shilmara irgendjemand außer ihm, etwa eines seiner Schäfchen, die Bibel las. Natürlich hatte Maura, kaum hatte sie wie alle anderen Bediensteten auf Brent Hall, eine Bibel erhalten, begonnen, darin zu lesen, einen Vers nach dem anderen, ein Kapitel nach dem anderen. Dazwischen hatte sie alles gelesen, was sie in die Finger bekommen hatte. Die Worte des Heiligen Buches aber waren so klangvoll, so bedeutungsschwer und wunderschön, dass sie sie nur langsam aufnehmen und verstehen konnte. Manchmal war sie sogar zu Mr Pearson oder zu Mrs Jerrold gegangen und hatte gebeten, ihr die Bedeutung des Gelesenen zu erklären.

Sie hatte nicht gezögert, das zu tun. Denn sie wollte lernen, sich verbessern. Sie hörte immer genau hin, wenn die Herrschaft sich unterhielt, und glaubte nun sagen zu dürfen, dass ihr irischer Akzent kaum noch herauszuhören war.

Am Abend kam die Erste Hausdame vorbei und prüfte, ob alles in Ordnung war. Bei dieser Gelegenheit brachte sie Maura einen alten Spirituskocher und einen passenden, wenn auch leicht angeschlagenen Wasserkessel, der nicht mehr in Gebrauch war. Maura war entzückt, denn jetzt konnte sie sich Tee kochen, wann immer es ihr beliebte.

Wenn sie für den Rest ihres Lebens auf Brent Hall würde bleiben können, wäre sie mehr als zufrieden. Es war ein großes Haus mit zwanzig Dienstboten allein für den häuslichen Bereich. Die Herrschaft empfing viel Besuch, der oft eigenes Personal mitbrachte, weshalb stets viel los war im Haus und man immer jemand Neues kennenlernte, mit dem man nach der Arbeit einen Schwatz halten konnte. Langeweile und Trägheit waren Maura zutiefst zuwider.

Vielleicht würde sie sich ja in ein paar Jahren nach einer anderen Stelle als Erste Hausdame umsehen. Wer konnte schon wissen, was die Zukunft brachte?

Aber heiraten, nein, das würde sie nicht noch einmal. Eigene Kinder zu haben, was sie sich immer gewünscht hatte, würde ein unerfüllter Traum bleiben, denn nicht einmal dafür wäre sie bereit, ihre Unabhängigkeit zu opfern. Bei diesem Gedanken blickte Maura in den Spiegel. Sie war fünfunddreißig, und an den Schläfen fand sich das erste Grau in ihrem ansonsten schwarzen Haar. Sie war also längst über das gebärfähige Alter hinaus.

Man konnte nicht alles haben im Leben. Manche Menschen hatten viel weniger als sie, manche hatten gar nichts. Sie sollte wirklich zufrieden sein mit dem bequemen Leben, in dem sie sich eingerichtet hatte. Und das war sie ja auch … meistens wenigstens.

Weil es der erste wirklich schöne Tag seit Langem war, entschloss sich Kieran Largan, ein wenig frische Luft zu schnappen und die Sonne zu genießen. In Irland konnte man sich nämlich nur auf zweierlei verlassen, wenn es um das Wetter ging: Es wechselte schnell, und der nächste Regenschauer ließ nie lange auf sich warten. Allerdings sorgte dieser Regen auch dafür, dass Irland wunderschön üppig und grün war – sobald man den Blick vom Morast hob und über das Land schweifen ließ.

Zuerst ritt Kieran einmal um den eigenen Besitz, den Blick zu den Hügeln auf der anderen Seite des Sees gerichtet. Der See glitzerte im Sonnenschein, und eine leichte Brise kräuselte die Oberfläche. Dann ließ Kieran den Blick über die nahen Felder wandern, wo seine Rinder und Pferde friedlich grasten. Alles in seinem kleinen Reich war genauso, wie es sein sollte.

Am Waldrand entlang überließ er es der Stute, den Weg ins Dorf zu wählen.

Die drei Katen, die er im letzten Jahr hatte bauen lassen, waren ein Anblick, der das Herz jedes Landbesitzers höher schlagen ließ: sauber und gepflegt, wetterfest, mit Gärten voller Sommerblumen und Gemüse. Er hatte dafür gesorgt, dass sie nur guten Pächtern angeboten worden waren, die sich anständig darum kümmern würden. Er hatte auch dafür gesorgt, dass seine Leute reinlich waren und ihre Kleidung ebenso sauber hielten wie die Katen. Schließlich war es nicht in Kieran Largans Sinne, wenn die neuen Wohnstätten voller Läuse und Flöhe wären.

Er wünschte, er könnte es sich leisten, für den Rest seiner Leute auch noch bessere Wohnungen bauen zu können, aber wegen der Misswirtschaft seines Vaters musste er nun mit dem Geld sehr haushalten.

Widerstrebend folgte Kieran dem Weg ins Dorf. Er hatte seiner Frau Julia versprochen, mit Pater Patrick zu sprechen. Wieder einmal. Der Gemeindehirte war nicht von seiner Überzeugung abzubringen, Mädchen könnte man nicht unterrichten, und wie er sich deswegen aufführte, war ein ständiges Ärgernis in der kleinen Schule, die Julia aus eigenen Mitteln unterhielt.

Ehe Kieran den Besitz geerbt hatte, hatten die Töchter der Pächter ihr Erziehungsziel mit dem Herunterbeten des Alphabets erreicht. Sie hatten gelernt, einfache Wörter zu lesen, konnten bis einhundert zählen und einfache Näharbeiten für ein von Nonnen geführtes Waisenhaus in der Nähe des Dorfes verrichten – falls die Mädchen überhaupt in der Schule auftauchten, was weitaus seltener der Fall war, als dass sie als anwesend vermerkt wurden.

Und sein Vater hatte dieses Vorgehen nicht nur erlaubt, sondern es auch noch gefördert.

Es gab also keine Möglichkeit, Mädchen und Jungen in Shilmara gemeinsam zur Schule zu schicken, und das bis zum heutigen Tag, da Pater Patrick sonst einen Wutanfall bekommen und es von der Kanzel herunter verbieten würde.

Bedauerlicherweise konnte der Mann die Mädchen nicht einfach in Ruhe lassen, sondern platzte mit schöner Regelmäßigkeit in den Unterricht, um zu sehen, was im Klassenzimmer denn so vor sich ging. Mit derselben Regelmäßigkeit belästigte er Kieran mit seinen Beschwerden über die Lehrerin, über den Unterricht oder über sonst etwas, woran er etwas auszusetzen hatte – und davon gab es eine Menge. Was für ein griesgrämiger Mensch – nicht auszuhalten! Jedenfalls nicht gerade ein Beispiel von einem modernen Priester.

Erst einen Monat zuvor hatte Kieran wegen des alten Griesgrams mit dem Generalvikariat gesprochen und vorgeschlagen, sie sollten jemand Jüngeren in die Gemeinde schicken. Aber es hieß, eine Versetzung Pater Patricks käme wegen dessen Alter nicht infrage und weil er nun schon vierzig Jahre dort sei.

Wenn man vom Teufel spricht … Der alte Pater stampfte aus der Kirche, und, die Hände in die Hüften gestemmt, wartete er auf Kieran, der sich innerlich wappnete.

»Mr Largan, tun Sie mir den Gefallen, und sprechen Sie mit dieser Kratzbürste von Schullehrerin, wenn ich bitten darf.«

»Ach, ich soll mit ihr sprechen? Nun, Hochwürden, weswegen denn?«

»Sie bringt den Mädchen jetzt tatsächlich höhere Arithmetik bei, als ob einfache Additionen nicht reichen würden. Sie verwirrt den armen Dingern doch nur das bisschen Verstand, sag ich Ihnen! Was für Ehefrauen und Mütter sollen denn dann aus den Mädchen werden? Außerdem lässt sie sie nicht oft genug beten. Die Kleinen werden allesamt Heiden wie ihre Lehrerin!«

»Miss Drew ist keine Heidin, sie ist nur keine Katholikin.«

»Und was ist das anderes als eine Heidin?«

»Diese Debatte haben wir doch schon geführt.« Kieran war so verärgert über die Einmischung des Pfarrers, dass er in scharfem Ton hinzufügte: »Um der Wahrheit die Ehre zu geben, bin ich heute gekommen, um Sie aufzufordern, sich von jetzt an von der Mädchenschule fernzuhalten. Lassen Sie Miss Drew ihre Arbeit machen! Sie ist eine sehr fähige Lehrkraft, und meine Frau begleitet und beaufsichtigt alles, was Miss Drew an Lernstoff und Erziehungsmaßnahmen in der Schule einsetzt.«

Ungläubig starrte der alte Pater ihn an. Dann schien er sich aufzublasen und lief rot an vor Wut. »Wenn ich diese Schule nicht betreten darf, dann wird das auch keines von den armen Dingern mehr tun!«, brüllte er. »Ihre Eltern werden auf mich hören und ihre Töchter von weiterer Vergiftung ihrer unschuldigen Seelen fernhalten!«

»Die Schulpflicht ist Gesetz für alle Kinder. Da in all den Jahren, die Sie Hirte dieser Gemeinde waren, kein geregelter Schulunterricht für Mädchen stattfinden konnte, werden Sie wohl kaum etwas dagegen haben, wenn meine Frau sich der Sache annimmt und sich um die Bedürfnisse der Mädchen kümmert.«

Der Pater öffnete den Mund, als wollte er die nächste Schimpftirade loslassen, aber plötzlich fasste er sich an die Brust und verdrehte die Augen. Die Welt schien einen Augenblick lang stillzustehen, und Kieran sah fassungslos, wie der Pater umsackte wie ein gefällter Baum. Er lag da, auf dem Rücken, den Bauch hochgewölbt und einen Arm seitlich abgespreizt.

Plötzlich kam Leben in Kieran. Während er aus dem Sattel sprang, rief er um Hilfe, und kniete sich neben den immer noch regungslos daliegenden Priester. Aber er sah sofort, dass hier jede Hilfe zu spät kam, der Priester war im Tod genauso hässlich wie im Leben. Kieran schloss dem Toten die starren Augen.

Die Dorfbewohner strömten herbei, knufften und pufften einander und wehklagten laut.

»Bleibt zurück«, herrschte Kieran sie an und suchte zwei Männer aus, die die Leiche in das kleine Pfarrhaus tragen sollten. Dort stand die Haushälterin Kathleen Flynn schon in der Tür und wartete auf den Mann, dem sie über dreißig Jahre gedient hatte.

Es war das erste Mal, dass man sie weinen sah.

Unglücklicherweise war die Leiche so schwer, dass ein dritter Mann zu Hilfe geholt werden musste. Wer immer in diesem von Armut heimgesuchten Ort während der schlechten Zeiten gehungert hatte, Pater Patrick hatte nicht dazugehört.

Eine Woche nach dem Begräbnis des alten Paters gab es die ersten Krankheitsfälle im Dorf. Als einige Kinder und die alte Bridie Malone krank wurden und starben, trauerte man kurz und dachte sich nichts weiter dabei. Denn Kinder und Alte waren immer gefährdeter als die anderen Leute.

Aber dann wurden weitere Dorfbewohner unterschiedlichsten Alters krank, und viele von ihnen waren zuvor bei bester Gesundheit gewesen und kräftig. Auch von denen starben einige.

Aus Angst, auch seine Frau und seine noch kleinen Kinder könnten sich mit der unheimlichen Krankheit anstecken, ließ Kieran den Arzt aus Enniskillen kommen, um dessen Rat einzuholen.

Der Arzt untersuchte die Kranken und ging dann bis zum Herrenhaus hinauf, blieb aber vor dem Haus stehen und bat Kieran, herauszukommen und draußen mit ihm zu sprechen.

»Halten Sie Abstand, Mr Largan!«

»Um Himmels willen, um was für eine Krankheit handelt es sich denn?«

In einer hilflosen Geste breitete der Arzt die Arme aus. »Um Typhus, fürchte ich. Fleckfieber.«

Kieran sank der Mut. »Fleckfieber? Wie kann das sein? Wissen Sie, woher es kommt?«

»Wir haben eine ungefähre Vorstellung. Gott sei Dank macht die Medizin ja ständig Fortschritte. Fleckfieber wird normalerweise durch Läuse übertragen. Hauptsächlich durch Kleiderläuse, weniger durch Kopfläuse. Schmutzige Häuser, ungewaschene Körper. Sie befallen die Hausbewohner, und diese geben sie dann wieder weiter.«

»Ich verstehe.« Kieran erinnerte sich gerade noch rechtzeitig an seine Pflichten als Gastgeber. »Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten, bevor Sie gehen? Ich kann etwas zu trinken herausbringen lassen, wenn Ihnen das lieber ist.«

»Nein danke, Sir. Man hat mich zu einer ganzen Reihe von Kranken mit ähnlichen Symptomen gerufen. Daher ist zu befürchten, dass wir es in der Gegend mit einer Fleckfieberepidemie zu tun bekommen. Ich selbst suche mich jeden Tag nach Läusen ab, bevor ich zu meiner Familie ins Haus gehe. Das ist zwar lästig, aber ich habe mir im Stall entsprechende Möglichkeiten geschaffen. Haben Sie irgendwo für das Personal ähnliche Möglichkeiten, damit alle, die ins Haus kommen, untersucht und gegebenenfalls entlaust werden können?«

»Oh ja, das haben wir. Es gibt einen Raum gleich neben der Waschküche. Normalerweise wird er für neue Dienstboten genutzt. Meine Frau achtet sehr darauf, dass die Dienerschaft reinlich ist. Auch bei den Pächtern in meinen neuen Häusern habe ich ein Auge darauf. Aber was die anderen Katen und die Häuser im Dorf angeht, besonders die, deren Besitzer hier nicht wohnen, da kann ich nicht viel machen.«

»Tja, schade. Aber wenn Sie ein paar besondere Vorsichtsmaßen ergreifen wollten, tun Sie sich selbst und den Dorfbewohnern einen großen Gefallen. Ich befürchte, dass es sich dieses Mal um einen schweren Ausbruch der Krankheit handeln könnte. Kaufen Sie den ganz armen Leuten neue Kleidung, wenn nötig, und sehen Sie zu, dass die Leute sie waschen und dass sie auch sich selbst waschen. Momentan gibt auf dem Markt in Enniskillen jede Menge Altkleider. Bitten Sie den neuen Pfarrer um Hilfe. Auf den Pfarrer hören die Leute ja immer.«

»Bis jetzt hat man uns noch niemanden geschickt.« Kieran hatte den Pfarrer aus dem nächsten Ort holen lassen müssen, damit die an der Krankheit Gestorbenen ein ordentliches Begräbnis bekommen konnten. Der Priester hatte die Sache nur widerstrebend verrichtet und war auf Abstand zu den Dörflern geblieben.

»Also, Mr Largan, dann können wir nur hoffen, dass der neue Priester bald kommt. Sie können jede Hilfe gebrauchen. Sie haben selbst kleine Kinder. Sehen Sie also in der Zwischenzeit zu, dass sich Ihre Familie und die Dienerschaft ein paar Wochen vom Dorf fernhalten, bis keine neuen Krankheitsfälle mehr auftreten. Und danach müssen Sie den ganzen Ort irgendwie säubern, wenn Sie einen weiteren Ausbruch der Krankheit vermeiden wollen. Vielleicht sollten Sie in Erwägung ziehen, auch im Dorf ein Wasch- und ein Badehaus zu bauen.«

»Gute Idee.« Das kostet ja kein Vermögen. Er bekäme die Mittel dafür schon irgendwie zusammen.

Der Arzt bedachte Kieran mit einem mitfühlenden Blick. »Es ist nicht leicht, wenn man es mit so einer Sache zu tun bekommt, ich weiß. Sie sind ein guter Grundherr, und Sie tun ihr Bestes für Ihre Leute, nach Jahren der Vernachlässigung.«

»Nun, immerhin weiß ich jetzt, was ich zu tun habe. Das ist sehr hilfreich.«

»Ich habe so eine Seuche schon einmal erlebt. In den Vierzigerjahren, Sie erinnern sich sicher, gab es während der Hungersnot nach der Kartoffelfäule mehrere schwere Ausbrüche von Fleckfieber in Irland . Fleckfieber wird immer wieder einmal aufflackern. Achten Sie besonders auf Anzeichen wie eine laufende Nase, Husten, Erbrechen und hohes Fieber. Manche Erkrankte haben auch rote Flecken am Oberkörper und an Armen und Beinen.«

Während Kieran der Kutsche des Arztes hinterherschaute, fraß sich Angst in sein Herz. Wenn seiner Familie etwas zustieße, wüsste er nicht, wie er mit diesem Schicksalsschlag fertig werden sollte.

Er beschloss, noch einmal an den Bischof zu schreiben und um eine rasche Neubesetzung der Pfarrei zu bitten, damit er Unterstützung während der Seuche bekäme, und er hob hervor, dass es momentan niemanden gebe, der den Sterbenden die letzte Ölung spenden und die Toten anständig bestatten könnte.

Drei Tage später kam Pater Hilary O’Neill in das Dorf mit einem Pferdewagen, der mit großen Koffern, Truhen und seltsam anmutenden Möbelstücken beladen war. Der Pater strich seine schwarze Soutane glatt, während er sich umsah, und spürte die Last der Verantwortung für seine erste Gemeinde auf den Schultern.

Genau wie man ihm gesagt hatte, war das Pfarrhaus leicht zu finden. Es hatte ein Kreuz auf dem Dach und stand gleich neben der Kirche. Beides, Kirche und Pfarrhaus, waren klein, ordentlich und recht schmuck, gebaut aus dem Stein dieser Gegend. Die Kirche hatte kleine Buntglasfenster, durch die der Altarraum, da war Pater Hilary sich sicher, freundlich erhellt würde. Er mochte es, wenn die Sonne durch Buntglasfenster fiel.

Er marschierte den Weg zur Tür seines neuen Zuhauses hinauf und zögerte, da er nicht recht wusste, ob er klopfen oder ob er einfach hineingehen sollte. Er wollte die Haushälterin nicht erschrecken.

Die Entscheidung wurde ihm abgenommen, als die Tür aufging und eine dünne ältere Frau mit verkniffenem Mund vor ihm stand.

»Ich bin der neue Pfarrer dieser Gemeinde, Pater Hilary.«

Sie machte keine Anstalten zu lächeln, sondern bekreuzigte sich stattdessen. »Der Himmel stehe Ihnen bei, Pater. Sie haben sich eine schlimme Zeit ausgesucht. Sie haben doch niemanden angefasst, oder?«

Auf diese Bemerkung hin bedachte er sie mit einem überraschten Blick.

»Im Dorf geht das Fleckfieber um, und der Arzt sagt, es wird von den Läusen übertragen. In diesem Haus werden Sie nicht eine einzige Laus finden, aber anderswo gibt es mehr als genug davon. Also möchte ich nicht, dass Sie sie einschleppen.« Sie rümpfte verächtlich die Nase und zeigte damit, was sie von den Dorfbewohnern hielt. »Ich bin Kathleen Flynn, Miss Flynn, wenn’s recht ist, die Haushälterin hier.«

Das Haus war in tadellosem Zustand, aber Kathleen würzte den Rundgang durch die Zimmer mit so vielen Anweisungen darüber, was er, der er immerhin der neue Hausherr war, zu tun und zu lassen habe, dass er, nachdem er alles gesehen hatte, überzeugt war, dass er mit dieser Frau nicht auskommen würde.

»Bitte denken Sie daran, niemandem zu nahe zu kommen, bis die Epidemie vorbei ist«, schärfte sie ihm am Ende des Rundgangs noch einmal ein.

»Wenn mich jemand braucht, gehe ich natürlich hin.«

Entsetzt starrte sie ihn an. »Aber dann bringen Sie vielleicht das Fleckfieber mit!«

»Ich bin sicher, ich kann mich jeden Tag waschen und auch meine Säume überprüfen.«

Sie schüttelte den Kopf und ging unter gemurmeltem Protest davon.

Später am Tag kam ein Mann zum Pfarrhaus geritten, und Kathleen erschien im Arbeitszimmer des Pfarrers, ohne anzuklopfen. »Das ist Mr Kieran, der Grundherr. Er kommt nicht ins Haus, bis die Epidemie vorbei ist.«

Hilary musterte den Mann vom Fenster aus einen Moment lang. Er bemerkte, wie locker und unbeschwert der hiesige Landbesitzer im Sattel saß und darauf wartete, dass der Pfarrer herauskäme, um ihn zu begrüßen. Er war noch recht jung, allerdings wohl älter als Hilary, und er hatte ein offenes, freundliches Gesicht. Gott sei Dank, er wirkte kein bisschen arrogant.

»Was lassen Sie den Master denn warten?«, keifte die Haushälterin mit ihrer schrillen Stimme.

Hilary ging nach draußen und stellte sich vor.

»Ich bitte um Entschuldigung, Hochwürden, dass ich nicht absteige und Ihnen die Hand gebe. Aber ich möchte Ihnen versichern, dass ich Sie nach Kräften unterstützen werde.«

»Ich verstehe«, erwiderte Hilary. »Gibt es im Dorf ein Haus, in dem die Kranken gepflegt werden? Für den Fall, dass sich viele anstecken?«

»Nein, das gibt es nicht. Die einzigen Gebäude, die von der Größe her passen würden, sind die Kirche und die beiden Schulen, und die Schulen haben jede nur einen Raum und sind nicht sonderlich groß.«

»Dann sollten wir die Kranken in die Kirche bringen, wenn nötig.«

»Wenn Geld gebraucht wird, wenden Sie sich bitte direkt an mich, Hochwürden. Und wenn die Epidemie vorbei ist, werde ich in jedem Fall sicherstellen, dass das Dorf gründlich gesäubert wird, versprochen. Ich hoffe, ich kann hier auf Ihre Unterstützung hoffen?«

Pater Hilary nickte. »Aber ja, Sir. Ich kann, solange das Fleckfieber wütet, mit Ihrer Erlaubnis ein Auge auf das Dorf haben. Wenn sich die Lage verschlechtert, dann schicke ich nach den Nonnen, mit denen ich in der Armenfürsorge bisher zusammengearbeitet habe. Sie kümmern sich sehr gut um die Kranken. Bis jetzt bin ich noch nie krank geworden, daher vertraue ich auf Gott, den Herrn, dass er auch weiterhin seine schützende Hand über mich hält. Und seien Sie versichert, sollte ich hinauf zum Herrenhaus kommen, dass ich mich zuerst gründlich wasche und die Kleidung wechsle.«

Plötzlich lächelte der Mann auf dem Pferd zu ihm herunter, ein sehr herzliches Lächeln. »Wenn ich das richtig sehe, Pater Hilary, bringen Sie den frischen Wind, den diese Gemeinde so dringend braucht. Ich möchte Sie aufs Wärmste willkommen heißen – trotz dieser traurigen Zeiten.«

Das ist ein guter Anfang für den Tag, dachte Hilary, während er dem Reiter hinterherblickte.

Am Abend knallte Kathleen Hilary mit finsterer Miene ein angebranntes Essen auf den Tisch.

Hilary schob den Teller von sich. »Bringen Sie nichts Besseres zustande?«

»Ich hatte zu tun. Es gibt jede Menge zu tun, um in solchen Zeiten das Haus sauber zu halten, wo sich so manch anderer nicht darum schert.«

»Wir werden sogar noch mehr zu tun bekommen, wenn die Epidemie anhält. Aber das hier kann ich unmöglich essen. Ich nehme an, es ist Käse und Brot im Haus? Sonst muss ich wohl ausgehen und eines meiner reicheren Schäfchen in der Gemeinde um etwas zu essen bitten.«

Kathleen musterte ihn immer noch mit finsterem Blick. »Brot und Marmelade ist da.«

»Für heute Abend wird’s das wohl tun.« Er blickte in ihr mürrisches Gesicht und entschied, dass er nicht mit ihr unter einem Dach leben wollte. Er hatte sich schon immer schwer getan, jemandem, der ihn aufbrachte, auch die andere Wange hinzuhalten. Aber es würde sich bestimmt nicht gut machen, wenn er sie jetzt entließe, also versuchte er es mit einer List. »Ab morgen brauche ich Ihre Hilfe, um eine Suppenküche für die Armen einzurichten. Wir müssen alle mit anpacken, solange das Fleckfieber das Dorf im Griff hat.«

»Was?!« Sie gab einen kehligen Laut des Abscheus von sich. »Nein! Das mache ich auf keinen Fall. Ich geh doch nicht noch in die Nähe der Dörfler, solange das mit dem Fieber nicht vorbei ist!«

»Ich muss darauf bestehen.«

»Dann muss ich kündigen. Ich bin zu alt, um meine Gewohnheiten noch zu ändern, und ich habe keine Lust, mir bei diesem unnützen Pack den Tod zu holen.«

»Sie sind alle Geschöpfe Gottes. Wir dürfen uns nicht von ihnen abwenden und sie in ihrer Not allein lassen.«

Sie zog die Nase hoch. »Morgen gehe ich. Ich habe einen Bruder, der mich aufnehmen wird, bis ich woanders unterkomme. Mir steht noch Lohn zu. Pater Patrick ist sehr plötzlich gestorben.«

»Sagen Sie mir Bescheid, wie viel es ist.«

Er protestierte nicht, als sie eine Summe nannte, die, da war er sich sicher, höher war als das tatsächlich Geschuldete. Er nahm das Geld aus einer Kassette, die er im Schreibtisch gefunden hatte und in der mehr Geld war, als er in so einer armen Gemeinde vermutet hätte. Nun gut, er würde es gut nutzen, sobald er sich sicher sein konnte, dass es der Gemeinde gehörte und nicht Pater Patrick selbst und damit möglichen Erben.

Er wusste noch nicht recht, wo er jetzt eine neue Haushälterin finden sollte. Aber der Herr würde die Sache schon richten.

Der Butler sprach Maura an, als die auf dem Weg zum Mittagessen war, das man gemeinsam in der Gesindestube einnahm. »Da ist ein Brief für Sie gekommen, Miss Deagan. Jedenfalls nehme ich an, dass er für Sie ist. Hießen Sie nicht Phelan, als Sie verheiratet waren?«

»Ja, stimmt. Nach dem Tod meines Mannes habe ich meinen Mädchennamen wieder angenommen, wie ich Mrs Jerrold gesagt habe, als ich hier anfing.« Mit Besorgnis blickte sie auf den Umschlag, den er ihr hinhielt. Briefe aus Shilmara waren in der Handschrift des Gemeindepfarrers, der sie im Namen ihrer Brüder schrieb, und bedeuteten in der Regel nichts Gutes. In dem ersten Brief, der sie auf Brent Hall erreichte, hatte die Nachricht vom Tod ihrer Eltern gestanden. Pater Patrick hatte hinzugefügt, er hoffe, sie werde ihrer Familie weiterhin Geld schicken, denn die Zeiten seien schlecht.

Sie hätte es nicht mehr rechtzeitig zum Begräbnis nach Shilmara geschafft. Also hatte sie ihrem Bruder Sean nur geschrieben, dass sie den Tod der Eltern bedauere, dass sie aber kein Geld mehr schicken würde. Sie musste ja so viel wie möglich für ihr Alter zurücklegen, denn sie wollte nicht noch einmal von jemandem abhängig sein.

Geantwortet hatte ihr keiner ihrer Brüder, was sie nicht sehr überraschte. Sie hatten nicht viel Bildung mitbekommen. Ihr Neffe Bram konnte lesen und schreiben, aber er war nach Australien ausgewandert. Schon vor längerer Zeit waren zwei andere Brüder nach Amerika gegangen, und die Kinder und die Familien waren nachgekommen. Jedes Mal hatte Maura durch einen Brief vom Pfarrer davon erfahren. So viele verließen Irland. Schrecklich war das.

Widerstrebend nahm Maura den Brief vom Butler entgegen und betrachtete die Handschrift auf dem Umschlag. Die Buchstaben waren ordentlich geschrieben, sehr leserlich, ganz anders als die hastig hingekritzelte, krakelige Schrift von Pater Patrick. Diese Handschrift kannte Maura nicht. Auf der Rückseite stand der Absender: Pr. Hilary O’Neill, Shilmara. Hatte das Dorf einen neuen Pfarrer? Sie hoffte es fast.

»Meinen Sie, es ist eine schlechte Nachricht?«, fragte Mr Pearson freundlich.

»Das ist der einzige Grund, warum mir jemand aus Shilmara schreiben sollte.«

»Wären Sie vielleicht gerne für sich, wenn Sie den Brief öffnen, Miss Deagan?«

Sie wollte fast schon sagen, sie würde ihn später lesen, aber sie hatte sich selbst nie für feige gehalten und sie würde jetzt nicht damit anfangen. »Danke, gern. Ich gehe dann für ein paar Minuten hoch in meine Kammer, wenn das in Ordnung ist. Ich sage nur schnell Mrs Jerrold Bescheid.«

»Das mache ich für Sie. Ich muss sie sowieso noch wegen etwas sprechen.«

Langsam stieg Maura die Treppe zum rückwärtigen Dachgeschoss hinauf, in dem die weibliche Dienerschaft untergebracht war. Um diese Tageszeit war es ruhig hier oben. Mauras Kammer war geputzt und ihr Bett war gemacht worden. Jeden Tag in den Genuss dieser Annehmlichkeit zu kommen war immer noch Grund zur Freude für sie und ein sichtbares Zeichen, dass sie sozial aufgestiegen war.

Das kleine Zimmer mit Mansardenfenster war sonnendurchflutet. Maura trug den Brief zu dem Tischchen und hielt die Hand ins Sonnenlicht, um die Wärme zu spüren. Manchmal setzte sie sich abends hierher, um zu lesen, aber dann brauchte sie natürlich eine Lampe.

Maura saß da und drehte den Umschlag in den Händen, denn sie wollte ihn nicht öffnen. Unwillig schnalzte sie mit der Zunge. Herrje, Maura, sei nicht so feige!, schimpfte sie sich selbst. Mit dem Zeigefinger fuhr sie unter den Rand und daran entlang und riss den Umschlag auf. Darin war ein einzelner Bogen Papier.

Liebe Mrs Phelan,

wundern Sie sich nicht, ich bin der neue Pfarrer in Shilmara, und ich muss Ihnen im Namen Ihrer Familie etwas Trauriges mitteilen. Das Dorf wurde von einer Fleckfieberepidemie heimgesucht, die schon viele Einwohner dahingerafft hat.

Es tut mir leid, Ihnen schreiben zu müssen, dass ihr Bruder Eamon und seine Frau und vier ihrer fünf Kinder der Infektion erlegen sind, die manche Familien dahingerafft und andere wiederum verschont hat.

Das überlebende Kind ist ein kleines Mädchen von neun Jahren, ihre Nichte Brenna. Bisher hat sich Mr Largan im Herrenhaus um sie und auch um die anderen zu Waisen gewordenen Kinder gekümmert. Aber jetzt müssen wir für Brenna eine langfristige Lösung finden.

Da andere Angehörige Ihrer Familie entweder ausgewandert sind oder die Mittel nicht aufbringen können, um noch ein hungriges Maul zu stopfen, scheinen Sie Brennas einzige nahe Verwandte zu sein, die sich um sie kümmern könnte. Ich hoffe, dass Sie die Aufgabe, sie großzuziehen, übernehmen werden. Wenn nicht, dann kommt sie in ein Waisenhaus.

Mr Largan sagt, er wird Sie unterstützen, wie er nur kann. Er ist bereit, die Kosten für Ihre Reise nach Shilmara zu übernehmen, unabhängig davon, ob Sie kommen, um die Unterbringung Ihrer Nichte im Waisenhaus zu regeln oder ob Sie bleiben möchten.

Gott befohlen

Ihr ergebener Hilary O’Neill

Voller Entsetzen starrte Maura auf die Zeilen in ihrer Hand, dann las sie langsam noch einmal. Aber die Nachricht blieb dieselbe.

Sie konnte nicht fassen, dass so viele ihrer Angehörigen auf einen Schlag gestorben waren. Ihr Bruder Eamon war ein kräftiger Mann gewesen. Und vier von den Kindern auch tot … Ach, war das traurig. Mauras Augen füllten sich mit Tränen, während sie auf den Brief in ihrer Hand starrte.

Sie kam nicht drum herum: Sie musste nach Shilmara zurück, etwas, was nie wieder tun wollte, wie sie sich geschworen hatte. Aber sie konnte nicht zulassen, dass ihre Nichte in ein Waisenhaus kam.

Aber ach, sie wollte nicht wieder zurück nach Shilmara!

KAPITEL 2

Kieran hörte die Kirchenglocken läuten und schaute über den Mittagstisch hinweg zu seiner Frau. »Wieder einer. Padraig Deagan dieses Mal.«

Julia ließ die Schultern hängen, und Tränen traten ihr in die Augen. »Ach, der arme Junge! Wie viele müssen denn noch sterben? Das Dorfleben wird sich nach alledem drastisch ändern.«

Kurz nur legte er seine große Hand auf ihre schmale in einer raschen Geste der Beschwichtigung. »Wir müssen für die Leute danach tun, was wir können, und das Dorf zu einem saubereren, besseren sichereren Ort für alle machen, auch für uns.«

Hufgetrappel ertönte, und ein Pferd trabte langsam vor dem Herrenhaus vor, ein Pferd, das sich immer müde anhörte. »Da kommt die Post. Erwartest du etwas?«

»Nichts Besonderes, obwohl es ja immer schön ist, wenn ich einen Brief von meiner Familie bekomme.«

Fünf Minuten später brachte der Butler auf einem Silbertablett mehrere Briefe und überreichte sie seinem Herrn. »Kevin Gill trinkt noch eine Tasse Tee in der Küche, Sir, für den Fall, dass Sie ihm Antworten auf die Schreiben mitgeben wollen.«

Kieran betrachtete prüfend den ersten Umschlag, den der Butler, da war sich Kieran sicher, mit Absicht zuoberst gelegt hatte. »Dieser Brief kommt aus Australien. Bram Deagans Handschrift.« Er blätterte die restliche Post durch und reichte die Briefe dann an seine Frau weiter. »Wieder keine Nachricht von meinem Bruder Conn, und in nächster Zeit kommt kein Schiff nach England. Was um Himmels willen nimmt ihn nur so in Anspruch, dass er nicht zu Feder und Papier greifen kann?«

Julia nahm die Briefe, die er ihr reichte, blickte kurz auf die Handschrift auf jedem, öffnete sie aber nicht. »Ich bleibe, bis du den Brief von Bram gelesen hast. Vielleicht geht es um etwas, wobei du meinen Rat brauchen kannst wie letztes Jahr, als wir es seiner Schwester ermöglicht haben, nach Australien auszuwandern.«

Kieran nahm den silbernen Brieföffner, der immer zusammen mit der Post auf dem Tablett lag, um den Umschlag aufzuschlitzen. Nachdem er den Brief überflogen hatte, stieß er ein leises »Oh!« aus, dann las er die Zeilen ein zweites Mal, bevor er den Briefbogen an seine Frau weiterreichte.

Julia nahm sich mehr Zeit zum Lesen und sah dann traurig zu ihm auf. »Er weiß nicht einmal, dass seine Brüder nach Amerika ausgewandert sind, geschweige denn von den Todesfällen in seiner Verwandtschaft.«

»Seine Angehörigen hatten mir versichert, sie wollten ihm schreiben. Offenbar ist das nicht geschehen, also muss ich das jetzt tun. Mein Brief mit der Nachricht vom Tod seiner Eltern kann noch nicht in Australien sein. Wahrscheinlich ist er noch nicht einmal bis Gibraltar gekommen. Sean und seine Frau sind so schnell verschieden, dass es alle überrascht hat, und jetzt hat Bram auch noch seinen jüngeren Bruder Padraig verloren. Er wird nicht wissen, wo seine anderen Brüder jetzt leben, auch nicht der nach England gegangen ist. Er wird am Boden zerstört sein.«

»Wir können nur hoffen, dass die beiden, die nach Amerika gegangen sind, eine gute Arbeit gefunden haben und dass sie dir das Geld zurückzahlen können, dass du ihnen für die Überfahrt vorgestreckt hast«, sagte Julia in ungewöhnlich scharfem Ton. »Du bist deinen Pächtern gegenüber immer viel zu großzügig.«

»Verglichen mit ihnen haben wir so viel. Es wird einige Zeit dauern, bis die Deagan-Jungs in ihrer neuen Heimat Amerika etwas zurücklegen können, falls das überhaupt je der Fall sein wird. Das habe ich schon immer gewusst, weswegen es mich nicht kümmert, wann und ob sie mir das Geliehene je zurückzahlen. In jedem Fall war das Geld gut angelegt, weil es ihnen wahrscheinlich das Leben gerettet hat, dass sie Irland verlassen haben.«

»Du bist ein gütiger Mensch, Kieran Largan.« Ihr Tonfall war jetzt weich, so bewegt war sie, und sie lächelte ihn liebevoll an. »Meinst du, Brams Tante Maura hat den Brief schon bekommen, den Pater Hilary ihr geschickt hat? Er hat ihr ja geschrieben, dass ihre Nichte Brenna Waise geworden ist und sie nun braucht, und jetzt sind noch zwei Kinder der Familie verwaist. Was meinst du, was wir wegen Ryan und Noreen tun sollten?«

Kieran zuckte mit den Schultern. »Maura müsste Pater Hilarys Brief inzwischen eigentlich bekommen haben. Aber wenn sie gleich nach Irland zurückkommt, hat sich meine Nachricht vielleicht mit ihrer gekreuzt. Das heißt, dass wir ihr die schlechte Nachricht sagen müssen, wenn sie ankommt.«

»Es ist viel verlangt von einer alleinstehenden Frau, die Verantwortung für zwei Nichten und einen Neffen zu übernehmen, meinst du nicht auch? Wie soll sie sie denn unterstützen? Sie wird nicht in Stellung bleiben können.«

»Wir können ihr am Anfang sicher unter die Arme greifen.« Sanft legte er ihr die Hand auf den Arm. »Wir müssen, Julia. Wir haben genug Platz hier, und das Essen kostet uns nicht viel.«

»Vielleicht lehnt Maura Deagan es ab, die Kinder zu nehmen. Sie hat keinen Grund, ihre Familie zu lieben. Schließlich haben sie sie in die Ehe mit Vincent Phelan gedrängt, und nach allem, was ich gehört habe, war er ein Faulpelz und ein Taugenichts.«

»Wenn sie nicht einwilligt, die Kinder großzuziehen, werden sie wohl ins Waisenhaus kommen.«

Julia bedachte ihren Mann mit einem beunruhigten Blick. »Ich weiß, wie sehr dir deine Pächter am Herzen liegen, Kieran, aber nach dieser entsetzlichen Epidemie wird es viele Waisen geben. Wir können uns beim besten Willen nicht um alle kümmern, nicht solange wir so viel Kraft und Energie in die Verbesserung der Zustände auf dem Anwesen stecken.«

»Wahrscheinlich nicht, nein. Aber wir können uns um sie kümmern, bis sich ein anständiger Platz für sie findet, wo sie hinkönnen. Das können wir immerhin tun. Ich werde nicht zulassen, dass auch nur einer von Shilmaras Einwohnern auf der Straße steht.«

Noch einmal griff er nach Brams Brief, las die Zeilen erneut und tippte dann mit dem Zeigefinger darauf. »Vielleicht ist sein Vorschlag genau die Hilfe, die Maura braucht.«

Julias Gesicht hellte sich auf. »Aber natürlich, das ist die Idee: Sie soll Noreen und Ryan zu ihrem Bruder nach Australien bringen! Brenna und sie könnten dann auch gleich dorthin auswandern. Bram möchte doch so gern, dass seine Familie nachkommt.«

»Aber ob Maura mit diesem Plan einverstanden ist?«

»Ich glaube nicht, dass ihr mit drei Kindern, für die sie zu sorgen hätte, eine Wahl bleibt.«

Erschrocken fuhr Maura auf, als ihr klar wurde, dass sie schon eine ganze Weile hier auf dem Stuhl am Tisch in ihrer Kammer gesessen hatte, anstatt wieder an die Arbeit zu gehen. Sie ließ den Brief in die Tasche der gestärkten Schürze gleiten.

Als sie die Treppe hinunterging, war alles genau wie immer, doch sie hatte das Gefühl, als müsste sich etwas verändert haben. Die Dienerschaft ging ihren Pflichten nach, alles war vollkommen in Ordnung – nur Maura Deagans Leben war von einem Moment zum anderen auf den Kopf gestellt worden . Am besten, sie ginge gleich hinunter zur Ersten Hausdame und bäte darum, dass sie Urlaub zur Klärung ihrer Angelegenheiten bekäme.

Die Tür zu Mrs Jerrolds Büro stand halb offen, was bedeutete, sie war verfügbar, falls jemand ein Anliegen hätte. Sie sah auf, als Maura zögernd auf der Schwelle stehen blieb. »Ach, Miss Deagan, kommen Sie doch herein.«

»Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir die Tür schließen?«

Die Erste Hausdame gab mit einem kurzen Nicken ihre Zustimmung und bedeutete Maura, Platz zu nehmen. Sie wartete, bis Maura sich gesetzt hatte. »Mr Pearson sagte mir, Sie hätten eine Nachricht von zuhause erhalten.«

»Ja, so ist es. Leider eine schlechte Nachricht.« Maura zog den Brief hervor und hielt ihn Mrs Jerrold hin. »Bitte lesen Sie selbst.«

Die Erste Hausdame las, gab ihr den Brief wieder zurück und sagte: »Sie müssen zurück nach Irland und die Angelegenheit regeln, keine Frage.«

»Ja, so ist es wohl. Ich habe allerdings gehofft, ich müsste nie wieder nach Shilmara.«

»Waren Sie so unglücklich dort?«

»Ja, das war ich. Der alte Grundherr von Shilmara war ein schrecklicher Mensch, und mein Vater war ein brutaler Kerl, der mich gezwungen hat, einen Trottel zu heiraten. Mein ältester Bruder Sean hat dasselbe nur ein paar Jahre später bei einer meiner Nichten versucht, aber Ismay ist weggelaufen. Sie hatte mehr Mut als ich.«

»Es tut mir wirklich leid, dass Sie dorthin zurückmüssen. Aber Sie können es nicht ablehnen, die Verantwortung für ein kleines Mädchen zu übernehmen, das sonst ganz allein auf der Welt ist.«

»Ich bin mir im Klaren darüber, dass ich für Brenna etwas organisieren muss.« Maura suchte Mrs Jerrolds Blick. »Aber sobald ich das getan habe, möchte ich wieder hierher zurückkommen.«

»Dann haben Sie nicht vor, sich selbst um die Kleine zu kümmern?«

»Ich bin glücklich hier. Ich werde das Kind nicht im Stich lassen, aber ich habe schon einmal der Familie wegen meinen Traum von einem besseren Leben aufgegeben, und ich bin nicht gewillt, das ein zweites Mal zu tun. Sobald sie alt genug ist, besorge ich ihr eine anständige Anstellung.«

»Nun gut. Am besten nehmen Sie gleich den nächsten Zug.« Mrs Jerrold klingelte mit dem Glöckchen auf ihrem Schreibtisch und bat das Hausmädchen, das daraufhin kam, das Kursbuch des Hausherrn zu holen.

Der Fahrplan war über tausend Seiten lang. Doch die beiden Frauen hatten schnell eine Verbindung herausgesucht: Wenn Maura innerhalb der nächsten Stunde aufbrechen würde, könnte sie den Zug nach Manchester noch erreichen und dort in den Zug nach Liverpool umsteigen. Von dort liefe noch am Abend eine Fähre nach Irland aus.

Alles ging so schnell, dass ein heftiger Schrecken Maura durchfuhr, als sie das Büro der Ersten Hausdame verließ. Aber bei dem Gedanken an Brenna fasste sie sich wieder. Das Kind brauchte sie, es brauchte ihre Hilfe, und obwohl sie sich noch nie begegnet waren, war Brenna keine Fremde, sondern ihre, Mauras, eigene Nichte. Manchmal fühlte sich Maura sehr allein auf der Welt. Wie viel verlassener musste sich da ein Kind von neun Jahren fühlen?

Maura eilte hinauf in ihre Kammer, packte und sah sich mit einem letzten Seufzer um. Sie hatte es genossen, ihre eigene Kammer zu haben, so wie sie das geregelte Leben auf Brent Hall und die Kameradschaft innerhalb der Dienerschaft genossen hatte.

Aber warum um alles in der Welt dachte sie daran in der Vergangenheitsform?

»Ich komme wieder«, flüsterte sie. »Ich gebe auf keinen Fall noch einmal mein eigenes Leben für die Familie auf. Auf gar keinen Fall!«

In Wiltshire blickte Hugh Beaufort verzweifelt auf seine kleine Tochter hinunter. Adèle lag in ihrem Bettchen, das Gesicht ganz bleich, und ihr Atem ging mühsam. Sie siechte vor den Augen ihres Vaters dahin, oft krank, und trotzdem hatte sie nie geklagt.

Flehentlich sah er den Arzt an. »Und es gibt nichts, was Sie für sie tun könnten?«

»Ich fürchte, es liegt jetzt allein in Gottes Hand, Mr Beaufort. Allein in Gottes Hand.«

Dann ist das kein gnädiger Gott, dachte Hugh, wenn er zulässt, dass ein Kind von acht Jahren so leiden muss. Doch er sprach es nicht laut aus, sonst wäre der gute Doktor sicher geschockt gewesen, und die Leute hier hatten weiß Gott schon einen schlimmen Schock verkraften müssen, nachdem die Mutter dieses bedauernswerten Kindes vor fünf Jahren einfach auf und davon war.

Der Arzt räusperte sich, um Hughs Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Wenn sie die Nacht übersteht, dürfen Sie Hoffnung schöpfen.«

»Bis zum nächsten Anfall.«

»Wenn sie sich von diesem Anfall erholt, kann ich Ihnen nur raten, dass Sie mit ihr auf Dauer in einem trockeneren, wärmeren Klima leben sollten.«

»Das würde ihr helfen?«

»Ja, manchmal hilft es. Leider wissen wir nie, bei wem es anschlägt. Der eine Patient erholt sich, der andere nicht. Aber wir wissen beide, dass es so nicht weitergehen kann. Die letzten zwei Winter hat sie jedes Mal mit dem Tod gekämpft. Jetzt ist erst Spätsommer, und zum ersten Mal ist sie schon vor dem Winter ernsthaft krank. Ihr kleiner Körper ist erschöpft, Mr Beaufort, und sie wird einen weiteren feuchten, kalten Winter nicht überstehen, auch wenn Sie das Haus noch so gut heizen lassen.«

»Was schlagen Sie vor, wohin wir gehen sollten? In Italien ist es unruhig, was die politische Lage angeht. Und das Gleiche gilt für Frankreich.«

»Ich habe gehört, dass manche nach Ägypten gehen.«

»Ich glaube kaum, dass wir beide in einem Land mit einer so andersartigen Kultur glücklich sein könnten.«

»Und was ist mit Australien?«

»Australien …« Hugh runzelte die Stirn, während er auf seine Tochter hinabblickte. Früher hatte er davon geträumt, nach Australien zu reisen, aber nicht aus diesem Grund. »Hm. Ich lasse es mir durch den Kopf gehen.« Falls Adèle die Nacht überstand.

Hugh war kein frommer Mensch, aber während der endlos langen Nachtstunden wachte er bei seinem Kind und betete, wie er noch nie in seinem Leben gebetet hatte. Wenn seine Tochter die Nacht wirklich überstehen sollte, würde er, so gelobte er, alles tun, selbst das Zuhause aufgeben, das er liebte, und sie nach Australien bringen.

Als der Morgen anbrach, bekam er den ersten Vorgeschmack auf ein Wunder: Seine Tochter lebte immer noch, bleich wie der Tod, in unruhigem Schlaf, aber das Atmen fiel ihr zumindest weniger schwer.

Jetzt war es an ihm, sie am Leben zu halten.

Hugh wollte die Heimat nicht verlassen, das Haus, das seit Generationen im Besitz der Familie war. Doch wenn das die einzige Möglichkeit war, Adèle zu helfen, würde er alles tun, was notwendig war.

Er würde auch nach Australien gehen.

Plötzlich erinnerte er sich daran, dass der Cousin seines Vaters seinen Sohn nach Australien geschickt hatte. Parker Beaufort war schon gestorben, aber Hugh könnte die Familie ansprechen und fragen, warum sie sich für Australien entschieden hatten. Sicherlich wussten sie einiges mehr über dieses Land als er, oder nicht?

Er blickte durch das Fenster hinaus in den Park. Erste Anzeichen herbstlicher Vergänglichkeit zeigten sich nach der schwelgerischen Üppigkeit des Sommers. Die Eberesche, sein Lieblingsbaum, weil das Laub im Frühjahr so wunderschön war, trug erste, herrlich rote Beeren. Immer noch tupften Blumenblüten bunt die Beete, aber die ersten Bäume verloren allmählich ihre Blätter, die sich an windgeschützten Stellen sammelten.

Der Kummer übermannte Hugh. Er hatte nie damit gerechnet, dass er Weston Abbas einmal verlassen müsste, nachdem er es geerbt hatte. Aber er hatte auch nie damit gerechnet, dass er seine Tochter so lieben würde, und bis heute war es ihm vollkommen unverständlich, wie Sylvie dieses Kind hatte verlassen und mit einem anderen Mann hatte durchbrennen können.

Hugh vermisste seine Frau nicht, aber Adèle sehnte sich nach einer Mutter, das wusste er.

Doch eine Mutter als Ersatz für ihre leibliche würde er ihr nicht bieten können. Denn er würde keinesfalls noch einmal heiraten.

Maura ließ sich auf ihren Sitz fallen und starrte aus dem Zugfenster. Es war das letzte Teilstück ihrer Reise. Sobald sie in Enniskillen ankäme, würde sie jemanden anheuern müssen, der sie nach Shilmara fuhr.

Oder sollte sie eine Übernachtungsmöglichkeit suchen?

Als sie Seamus O’Dwyer auf seinem Eselskarren erblickte, der vor dem Bahnhof geduldig auf eine letzte Fahrt wartete, beschloss sie, sofort nach Shilmara aufzubrechen. Sie vertraute ihm.

»Siehst du dich nach Arbeit um, Seamus?«, rief sie.

Er runzelte die Stirn, als könnte er sie nicht einordnen, aber dann hellte sich sein Gesicht auf. »Bist du das, Maura Deagan … ach was, Phelan muss es ja heißen.«

»Ich habe meinen Mädchennamen wieder angenommen, und ja, ich bin’s, richtig erkannt. Wie geht’s Fionulla?«

»Ihr und den Kindern geht’s gut.«

»Wie viele hast du denn inzwischen?«

»Fünf leben. Zwei haben wir verloren.« Er bekreuzigte sich schnell.

»Ich suche eine Fahrgelegenheit nach Shilmara.«

»Hast du es denn nicht gehört? Dort geht das Fleckfieber um.«

»Ja, ich weiß. Der neue Pfarrer hat’s mir geschrieben. Ich komme, um Regelungen für meine Nichte zu treffen. Den ganzen Rest der Familie meines Bruders Eamon, ihn selbst, seine Frau und alle anderen Kinder hat das Fleckfieber dahingerafft.«

Entsetzt blickte Seamus sie an. »Alle, wirklich alle?«

»Alle bis auf meine Nichte Brenna. Also … kann ich dich anstellen, mein Gepäck und mich dorthin zu bringen?«

»Solange du nicht verlangst, dass ich in eins der Häuser gehe und irgendwen im Dorf anfasse …«

Es überraschte sie, dass er diese Bedingung stellte, bis er ihr erklärte, dass der Arzt den Leuten gesagt habe, wie sich die Krankheit verbreitete. »Nun, das erklärt alles. Wir wissen beide, dass meine Familie nicht gerade zu den reinlichsten in Irland gehört … gehört hat.« Ihr Mann auch nicht, auch wenn sie ihm noch so sehr zugesetzt hatte.

Sie stand kurz da, und ihre Gedanken überschlugen sich. Dann meinte sie: »Ich kaufe Brenna wohl am besten gleich ein paar neue Kleider.«

»Ich habe gehört, Mr Kieran hat den Überlebenden Unterkunft in einer seiner Scheunen gegeben und sie alle waschen und schrubben lassen. Vielleicht ist sie ja dort.«



Tausende von E-Books und Hörbücher

Ihre Zahl wächst ständig und Sie haben eine Fixpreisgarantie.