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'Etwas vom Reizvollsten, was unsere Literatur in jüngster Zeit hervorgebracht hat' (Tages-Anzeiger) – so wurde Monique Schwitters erstes Buch wahrgenommen, für das sie dann auch den Robert-Walser-Preis für das beste Debüt des Jahres erhielt.Unverwechselbar jetzt auch ihr zweiter Erzählband. Alles ist Handlung in diesen Geschichten (nicht zu verwechseln mit action!), ihre Personen sind nach wenigen Zeilen plastisch und lebendig, ihre Sätze sind elementar und schnörkellos. Es geht ja auch um etwas: Fast alle Geschichten handeln von Begegnungen, und in fast allen Geschichten ist auch von Abwesenheit und Verlust, von Sterben und Tod die Rede. Unglaublich berührend und kunstvoll die Erzählung, in der eine Schriftstellerin ihre tote Freundin lebendig macht, indem sie sie diese Erzählung diktieren lässt; oder der Schrecken des kleinen Jungen, als seine Halloween-Wünsche wahr werden; oder die Erfahrungen einer Kellnerin mit den letzten Gästen zur Sperrstunde …Monique Schwitter erzeugt eine nahezu körperliche Intensität zwischen LeserIn und Text, und verantwortlich dafür sind ihr scharfer Blick, ihr gutes Gehör, ihr Sinn für Komik, mit denen sie sich auch auf ganz schwieriges Gelände wagt, ohne je sentimental zu werden – 'ein eigenwillig ruppiger Ton, präzis und auf lässige Weise lückenhaft, komisch und mitunter sehr ernst' (Daniela Strigl im Falter).
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Seitenzahl: 212
Monique Schwitter
Goldfischgedächtnis
Erzählungen
Literaturverlag Droschl
© Literaturverlag Droschl Graz – Wien 2011
Umschlag: & Co www.und-co.at
eISBN: 978-3-85420-919-5
Literaturverlag Droschl Stenggstraße 33 A-8043 Graz
www.droschl.com
Inhalt
Unsere Geschichte
Haiku und Horror
Ihre Schuhe
Die Grube
Goldfischgedächtnis
Male
Neigung ins Nichts
Schwindel
Die Schaukel
Das Nylonkostüm
Andante con moto
Seine Tochter Mascha
Weiß und Schwarz
Anstelle eines Nachworts: Dinner mit Dürrenmatt
Erinnerungen verschönern das Leben; Vergessen macht es erträglich.
Honoré de Balzac
Alles was man vergessen hat, schreit im Traum um Hilfe.
Elias Canetti
Unsere Geschichte
Es ist die Mutter, die mir die Tür öffnet. Sie sind es, mit drei kurzen Worten stellt sie klar, dass sie den professionellen Ton einer gestandenen Vorzimmerdame beherrscht, treten Sie ein. Ein knappes kultiviertes Lächeln verunstaltet ihr Gesicht, nicht weniger, als es eine hastig aufgesetzte, verrutschte Schweinsnase vermöchte; weg ist es. Gerade noch da, schon wieder weg. Ansatzlos, beides. Sie führt mich, obwohl ich den Weg kenne. Charlotte wartet schon. Der Vorwurf ist nicht zu überhören. Ich bin pünktlich, antworte ich, in Anlehnung an ihren Vorzimmerdamenton, worauf sie sich umdreht und mich mitleidig ansieht. Ich rieche Chanel No 19 und Zigarettenrauch, beides scheint ihren perlenverzierten Ohren zu entströmen.
Charlottes kahler Kopf ist schon wieder geschrumpft. Ich zucke zusammen. Mein schnelles Lächeln soll es ungeschehen machen, das Zucken, soll den Schrumpfkopf und die ganze Situation auslöschen, den Grund meines Besuches und bitte auch ihre Mutter.
Es scheint zu wirken, in Teilen jedenfalls, die Mutter lässt uns nun allein. Der drohende Unterton, Chanel No 19 und der Geruch nach Zigarettenrauch bleiben einige Minuten im Raum zurück.
Wie gut du aussiehst! Charlotte strahlt mich an. Ihre Haut schrumpft nicht, oder langsamer als der Kopf, sie hat sich in dicken Falten um ihren Mund und die Augen gelegt, die sich noch blauer als sonst gegen die fahlen Hautfalten ausnehmen. Quatsch, sage ich so übellaunig wie gewöhnlich, wenn sie mit ihrer Kleinmädchenstimme Unsinn redet, hör bloß auf, meine schönen Zeiten sind nun wirklich vorbei. Ich sehe scheiße aus und fühle mich wunderbar.
Ich liebe dich, sie schüttelt gerührt den Kopf.
Du gehst mir auf die Nerven mit deinem Gesäusel, raunze ich, umarme sie und küsse sie flüchtig, wie immer. Meine Frage klingt, als sei sie bei ihrer Mutter in die Schule gegangen. . Und blitzschnell fügt sie hinzu:
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