Gott hat einen Namen - John Mark Comer - E-Book + Hörbuch

Gott hat einen Namen E-Book und Hörbuch

John Mark Comer

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Beschreibung

Wer ist Gott? - Was wir auf diese Frage antworten, ist wie ein Spiegel unserer eigenen Seele. John Mark Comer hält uns diesen Spiegel vor. Meisterhaft und wohlwollend, aber klar: Er führt uns zu der Stelle der Geschichte von Gott und den Menschen, wo sich Yahwe dieser Erde das erste Mal direkt vorstellt. Persönlich, mit Namen. Was sagt sein Name über ihn aus? Wie ist er denn nun wirklich? Dieser Gott, den wir lieben und hassen, anbeten und lästern, dem wir vertrauen und den wir fürchten, an den wir glauben und an dem wir zweifeln, in dessen Namen wir fluchen und vor dem wir uns beugen, über den wir Witze machen und die meiste Zeit ignorieren? Er ist gnädig, barmherzig. Gelassen, nicht leicht reizbar. Reich an Gnade, treu. Absolut gerecht. Er ist der, der einfach nicht aufhört, bis wir vollkommen frei sind. Haben wir ihn die ganze Zeit unterschätzt? Ein Buch, das den Horizont erweitert, uns zurück ins Wort Gottes zieht, das Herz und Verstand öffnet.

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Seitenzahl: 290

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Zeit:6 Std. 12 min

Veröffentlichungsjahr: 2025

Sprecher:Moritz Brendel

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JOHN MARK COMER (Jg. 1980) lehrt und lebt im Großraum Los Angeles, USA. Er ist Gründer der »Bridgetown Church« in Portland, Oregon und wirkt seit 2021 in der »Vintage Church LA«. Als Autor und mit seinen Podcasts ist er international erfolgreich. Er hat die Initiative »Practicing the Way« ins Leben gerufen, um Ortsgemeinden mit Ressourcen für Jüngerschaft und zur geistlichen Entwicklung zu unterstützen. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

www.johnmarkcomer.comwww.practicingtheway.org

Wer ist Gott?

Was wir auf diese Frage antworten, ist wie ein Spiegel unserer eigenen Seele.

John Mark Comer hält uns diesen Spiegel vor. Meisterhaft und wohlwollend, aber klar: Er führt uns zu der Geschichte von Gott und den Menschen, in der sich Jahwe dieser Erde das erste Mal direct vorstellt. Persönlich, mit Namen. Was sagt sein Name über ihn aus? Wie ist er denn nun wirklich? Dieser Gott, den wir lieben und hassen, anbeten und lästern, dem wir vertrauen und den wir fürchten, an den wir glauben und an dem wir zweifeln, in dessen Namen wir fluchen und vor dem wir uns beugen, über den wir Witze machen und den wir so oft ignorieren? Er ist gnädig, barmherzig. Gelassen, nicht leicht reizbar. Reich an Gnade, treu. Absolut gerecht. Er ist der, der einfach nicht aufhört, bis wir vollkommen frei sind. Haben wir ihn die ganze Zeit unterschätzt?

Ein Buch, das Boxen sprengt, uns zurück ins Wort Gottes zieht, das Herz und den Verstand öffnet.

»Tiefgründig, aber nicht kompliziert. Provokant, aber nicht überheblich. Herausfordernd, aber nicht belehrend. Dieses Buch wird dein ganzes Leben verändern!«

KONSTANTIN KRUSE

JOHNMARKCOMER

GOTT HAT EINEN NAMEN

Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß § 44b UrhG (»Text und Data Mining«) zu gewinnen, ist untersagt.

ISBN 978-3-417-27130-0 (E-Book)

ISBN 978-3-417-01037-4 (lieferbare Buchausgabe)

E-Book-Erstellung: CPI books GmbH, Leck

© 2025 Brockhhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH

Max-Eyth-Str. 41 · 71088 Holzgerlingen

Internet: brockhaus-verlag.de

Originally published in English under the title

God Has A Name

Copyright © 2017 by John Mark Comer

Published by arrangement with HarperCollins Christian Publishing, Inc.

Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:

Neues Leben. Die Bibel, © der deutschen Ausgabe 2002 und 2006 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Holzgerlingen Weiter wurden verwendet:

Elberfelder Bibel 2006, © 2006 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Holzgerlingen (ELB)

Hoffnung für alle ® Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis – Brunnen Basel (HfA)

Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Used by permission. (LUT)

Lektorat: Imke Früh

Umschlaggestaltung: Andreas Sonnhüter; grafikbuero-sonnhueter.de

Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach

Vorbemerkung

Wie die meisten deutschen Übersetzungen wählen die Elberfelder Bibel (ELB) und die Neues Leben Bibel (NLB) für den hebräischen Gottesnamen Jahwe im Deutschen den Titel »der HERR«. Aus Gründen, die während des Lesens nachvollziehbar werden, haben wir jeweils Jahwe in eckigen Klammern hinzugefügt. So kannst du dich beim Lesen jedes Mal daran erinnern, dass Gott einen Namen hat.

Bei einigen Bibelzitaten war es dem Autor wichtig, bestimmte Wörter oder Passagen durch Kursivierung oder Fettung hervorzuheben. Daher gilt: Alle Hervorhebungen innerhalb von Bibeltexten in diesem Buch stammen vom Autor und sind nicht Teil der jeweiligen Bibelübersetzung.

Der Verlag

Der Weg

2. Mose 34,4-7; ELB

Prolog: Der Gott auf dem Gipfel des Berges

1  Jahwe – Ein Name Eine simple Idee, die deine Beziehung zu Gott radikal verändern könnte

2  Jahwe – Gott und die Götter Warum braucht Gott überhaupt einen Namen?

3  Barmherzig und gnädig Gott als Vater und Mutter und sein grundlegendes Gefühl dir gegenüber: Erbarmen

4  Langsam zum Zorn Warum wir uns eigentlich nach Gottes Zorn sehnen

5  Reich an Gnade und Treue Ausdauernder Gehorsam in einer Zeit der sofortigen Bedürfnisbefriedigung

6  Der Schuld, Vergehen und Sünde keineswegs ungestraft lässt Der Gott, der einfach nicht loslässt, bis du vollkommen frei bist

Epilog: Eifersüchtig

Eine Übung

Danke

Anmerkungen

2. MOSE 34,4-7; ELBSo hieb er denn zwei steinerne Tafeln wie die ersten zurecht. Und Mose stand früh am Morgen auf und stieg auf den Berg Sinai, wie ihm der HERR [Jahwe] geboten hatte, und nahm die zwei steinernen Tafeln in seine Hand. Da stieg der HERR [Jahwe] in der Wolke herab, und er trat dort neben ihn und rief den Namen des HERRN [Jahwes] aus. Und der HERR [Jahwe] ging vor seinem Angesicht vorüber und rief: Jahwe, Jahwe, Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue, der Gnade bewahrt an Tausenden <von Generationen>, der Schuld, Vergehen und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft lässt, <sondern> die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern, an der dritten und vierten <Generation>.

PROLOG

Der Gott auf dem Gipfel des Berges

Letzte Woche kam ein Atheist auf mich zu und fragte mich, wie ich an einen Gott glauben könne, der Eltern dazu veranlasste, ihre Kinder aufzufressen. Wie du dir vorstellen kannst, war ich ein wenig verwirrt. Viele Leute haben komische Vorstellungen von Gott. Aber Kannibalismus? Das war was Neues.

Ich war Sprecher bei einer Konferenz, und das Thema an diesem Wochenende war die Bibel – mit all ihren Merkwürdigkeiten, Geheimnissen, Dramen, Wahrheiten und Lügen, mit aller Gewalt und Nicht-Gewalt, mit einem sarkastischen Esel und einem sterbenden Messias und diesem ganzen Flair von »Was um alles in der Welt soll das für eine Geschichte sein?«. Die Konferenz sollte für Pastoren- und Gemeindeleitertypen wie mich sein. Aber es waren auch ein paar Atheisten aufgetaucht. Offensichtlich haben viele Menschen Probleme mit der Bibel. Und noch mehr mit Gott.

Dieser Typ, Micah, kam also auf mich zu mit einem Zitat aus 3. Mose. (Warum eigentlich immer 3. Mose?) Er hatte aus Versehen eine Zeile aus dem Zusammenhang gerissen und sie falsch gedeutet. Kann ja mal vorkommen. Wir plauderten nett darüber, dass Gott nicht wirklich ein Kannibale ist, und dann musste ich auf die Bühne, um meinen Vortrag zu halten. Erst später kam mir, dass wir – Micah, der Atheist, und ich, der Pastor – zwar beide von Gott sprachen, aber dass jeder von uns radikal andere Vorstellungen davon hatte, wer Gott ist. Für mich ist Gott der Schöpfer von allem, was gut, schön und wahr ist. Der Gott, von dem ich in der Bibel lese und den ich in Jesus von Nazareth sehe. Für Micah war Gott ein sadistisches Monster, das die Israeliten ihre Kinder auffressen ließ. Gleiche Bibel, sehr anderer Gott.

Dann stellte mir vor ein paar Wochen mein Sohn eine Frage. Er wollte wissen, ob Jesus nach seiner Auferstehung ein Zombie war, so wie in dem Actionfilm World War Z.1

Jesus, ein Zombie?

Wir gehen oft davon aus, dass unser Wort »Gott« wie ein gemeinsamer Nenner ist. Aber das ist es nicht. Wenn wir über Gott sprechen, können wir anscheinend alles Mögliche damit meinen. Im Westen leben wir immer noch mit den Relikten unserer christianisierten Vergangenheit. Es gab eine Zeit, als die Leute »Gott« sagen konnten, und alle dachten sofort an den Gott, von dem wir in der Bibel lesen und den wir in Jesus sehen. Die meisten kamen sogar zu den gleichen grundlegenden Schlussfolgerungen über diesen Gott. Doch das ist lange passé.

Wenn ich heute »Gott« sage, könntest du alles Mögliche denken, abhängig von deinem Heimatland, deiner Sprache, Religion, deinen Erfahrungen mit der Kirche, deiner Prägung – und natürlich spielt es auch eine Rolle, welche Fernsehprogramme du regelmäßig schaust.

All das bringt mich zu der Frage, die im Zentrum dieses Buches steht: Wer ist Gott?

Ich schreibe dieses Buch nicht, um zu beweisen, dass Gott existiert. Wenn du Atheist bist, wie mein neuer Freund Micah, herzlich willkommen! Ich freue mich, dass du hier bist. Du darfst wissen, dass ich keine Litanei von Gründen aufzählen werde, warum ich recht habe und du nicht. Es gibt viele, die viel schlauer sind als ich – die mit den extra Buchstaben vor ihrem Nachnamen –, die das vermutlich schon versucht haben. Ich kann nur aus meiner eigenen Erfahrung heraus sprechen, und für mich war immer klar, dass es Gott gibt.

Ich kenne Zweifel, hatte eine Glaubenskrise – oder sogar mehrere –, habe mir viele Gedanken über Jesus gemacht, hatte eine Liste mit Fragen zur Bibel, die bis nach Florida und wieder zurück reichte (ich lebe in Portland im Nordwesten der USA – das ist also ganz schön weit). Aber für mich stand die Existenz Gottes nie zur Diskussion. Das war schon immer unumstößlich und selbstverständlich für mich. Man muss ja nur mal raus in die Natur gehen …

Für mich lautete die viel interessantere Frage immer: Wie ist Gott eigentlich?

Ist er ein Er? Oder eine Sie? (Genau, liebe Schwestern …) Ist Gott mehrere? Oder ein Es? Ist der Baum in meinem Vorgarten voll des Göttlichen? Bin ich es? Ist Gott überhaupt eine Person? Oder ist er/sie/es/der Baum/vielleicht sogar ich eher eine andere Energieform oder ein höherer Seinszustand? Oder hat Micah recht? Ist Gott nur ein Mythos? Ein Überbleibsel aus einer Zeit, die alle intelligenten, denkenden Menschen längst hinter sich gelassen haben? Jetzt, wo wir Wissenschaft und Technologie haben, »wissen wir es doch besser«, oder?

Nehmen wir mal kurz an, dass es eine Art von unsichtbarem, aber realem Wesen gibt, das alles erschaffen hat, und nennen wir dieses Wesen »Gott«.

Wie ist dann dieser Gott? Freundlich oder grausam? Nahe bei mir und in mein Leben involviert oder weit weg und distanziert? Streng und verklemmt wie ein fundamentalistischer Prediger oder offen und lässig wie ein guter, gebildeter Liberaler? Wählt er die Demokraten? Oder ist er Republikaner? Vielleicht auch ein Öko?

Oder was ist mit der Frage: Tut Gott der Welt überhaupt noch gut?

Immer weniger Menschen antworten mit Ja. Was, wenn Gott und Religion nur eine endlose Quelle von Gewalt, Hass, Bigotterie, Heuchelei und wirklich schlechter Musik sind? Wer ist dieser »Gott«, den wir lieben, hassen, anbeten, lästern, dem wir vertrauen, den wir fürchten, an den wir glauben, an dem wir zweifeln, in dessen Namen wir fluchen, vor dem wir uns beugen, über den wir Witze reißen und den wir die meiste Zeit ignorieren? Meine Theorie ist, dass deine Antwort auf diese Frage dich definiert.

A. W. Tozer, ein Schriftsteller aus dem 20. Jahrhundert, macht in seinem Buch Das Wesen Gottes eine verblüffende Aussage: »Das, was uns einfällt, wenn wir über Gott nachdenken, ist das Wichtigste in unserem Leben.«2

Wirklich? Das Wichtigste?

Wichtiger noch als unser Geschlecht oder unsere Sexualität oder unsere ethnische Herkunft oder unsere Ursprungsfamilie oder unsere Heimatstadt oder wo wir zur Uni gegangen sind oder unsere Steuerklasse oder ob unser Lieblingssport American Football oder »echter« Fußball ist?

Definitiv.

Denn es gibt eine universale Wahrheit, die sagt: Wir werden wie das, was wir anbeten.

Tozer schreibt weiter:

Aufgrund eines verborgenen Gesetzes der Seele neigen wir dazu, unserem geistigen Gottesbild nachzustreben … Wäre es möglich, von irgendeinem Menschen eine umfassende Antwort auf die Frage zu bekommen, was ihm beim Gedanken an Gott durch den Kopf geht, so könnten wir mit Sicherheit die geistliche Zukunft dieses Menschen voraussagen.3

Oder anders gesagt: Was du über Gott denkst, wird dein Schicksal bestimmen.

Wenn du dir Gott als homophob, rassistisch und wütend auf die Welt vorstellst, wird dich diese verzerrte Sicht der Wirklichkeit zu einem religiösen Fanatiker machen, der – du wirst es nicht glauben – homophob, rassistisch und wütend auf die Welt ist. Wenn du dir Gott als einen gebildeten, LGTBQ-bejahenden Liberalen von der Westküste vorstellst, wird dich das zu dem Stereotypen eines wohlhabenden Bohemiens machen, der einen »Wir tolerieren keine Intoleranz«-Sticker auf dem Heck seines Hybrids kleben hat. Bitte nimm das nicht persönlich. Ich beschreibe hier Phänomene, die ich bei über der Hälfte meiner Nachbarn und Freunde beobachte.

Wenn du dir Gott als die kosmische Version eines Life-Coaches vorstellst, der in erster Linie dazu da ist, um das Maximum aus deinem Leben rauszuholen, wird dich das zu einem selbstoptimierten Yuppie machen, selbst wenn du das Ganze hübsch mit dem Label »Jesus-Nachfolge« tarnst. Merkst du, worauf ich hinauswill?

Der IS-Terrorist, der den Ungläubigen enthauptet; der Wohlstandsevangelium-Starprediger, der nach spätabendlichen Drinks mit ein paar Celebrity-Freunden aus seinem fetten SUV steigt; der kleinstädtische radikal-baptistische Demonstrant, der »Gott hasst Schwule!« schreit; der Hindu, der Shiva eine Ziege als Opfer darbringt; der afrikanische Medizinmann, der einen kleinen Jungen opfert; der Scharfschütze der amerikanischen Armee, der betet, bevor er schießt; die Friedensaktivistin, die ihr Leben riskiert, um einen weiteren Krieg zu verhindern, weil sie an der Lehre von Jesus über die Feindesliebe glaubt; der schwule Sänger, der bei der Grammy-Verleihung aufsteht, um sich bei Gott für sein Lied über einen One-Night-Stand zu bedanken; die katholische Nonne, die ein »normales Leben« aufgibt, um in Armut zu leben und sich für soziale Veränderung einzusetzen – all diese Männer und Frauen tun, was sie tun, aufgrund dessen, was sie über Gott denken.

Ganz offensichtlich ist es also keineswegs egal, was wir glauben.

Wer Gott ist, hat weitreichende Folgen für das, was wir sind. Das Problem dabei ist: In der Regel landen wir bei einem Gott, der uns ziemlich ähnlich ist. Frei nach dem Motto: »Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde. Und der Mensch, als Gentleman, revanchierte sich.«4 In allen von uns steckt die Neigung, Gott nach unserem Bilde zu schaffen.

Mein Freund Scot McKnight ist Professor für Neues Testament in Chicago. Jahrelang hielt er ein Seminar über Jesus, und jedes Semester begann er mit zwei Umfragen.

Die erste beinhaltete eine Reihe von Fragen über die Studierenden: was sie mochten oder nicht, woran sie glaubten usw. Die zweite bestand aus den gleichen Fragen, aber diesmal auf Jesus bezogen – also was Jesus gut fand oder nicht usw. Und … Die Antworten stimmten zu neunzig Prozent überein. Das sagt alles, oder?

So findest du heraus, ob du Gott nach deinem eigenen Bild erschaffen hast: Er ist in allem deiner Meinung. Er hasst all die Menschen, die du hasst. Er würde die Person wählen, der du bei der letzten Wahl deine Stimme gegeben hast. Bist du Republikaner, ist er das auch. Bist du eine Demokratin, ist sie das auch.

Wenn dir ______________ extrem wichtig ist, dann ist Gott ______________ extrem wichtig. Bist du freizügig in Bezug auf Sexualität, dann ist er das auch. Kurz gesagt: Gott ist zahm. Dementsprechend wirst du nie wütend auf ihn, bist aber auch nie so richtig begeistert von ihm. Und du hast auch nie Angst vor ihm. Denn er ist so schön kontrollierbar. Und natürlich ist er nur ein Hirngespinst deiner Fantasie.

Häufig sagt das, was wir über Gott glauben, mehr über uns aus als über Gott.

Unsere Theologie ist wie ein Spiegel unserer Seele. Sie zeigt uns, was tief in uns verborgen ist. Vielleicht wünschen wir uns einen kontrollierbaren Gott, weil wir selbst Gott sein möchten. Wir wollen bestimmen, wer Gott ist und wer nicht und was richtig und falsch ist. Und wir nutzen die Maske von Religion oder Spiritualität, um die Wahrheit, dass wir selbst Gott sein wollen, dahinter zu verstecken.

Die älteste, ursprünglichste Versuchung, die bis zu Adam und Eva zurückreicht, ist, dass wir selbst entscheiden wollen, wie Gott ist, und ob wir seiner Vorstellung von menschlicher Entfaltung folgen oder unsere eigene kreieren. Alles mit dem Ziel, dass wir »wie Gott [sein] und das Gute vom Bösen unterscheiden können«5. Deshalb ist Theologie so unglaublich wichtig. Das Wort Theologie geht auf zwei griechische Wörter zurück: theo (Gott) und logos (Wort). Einfach ausgedrückt, ist Theologie ein Wort über Gott – also das, was uns einfällt, wenn wir über Gott nachdenken.

So gesehen stimmt es auch nicht, dass einige von uns sich für Theologie interessieren und andere nicht. Wir alle haben eine Theologie. Wir alle haben Gedanken, Meinungen und Ansichten über Gott. Gut, schlecht, richtig, falsch, brillant, gefährlich – wir alle theologisieren.

Doch das Problem ist, dass vieles von dem, was wir über Gott denken, einfach nicht stimmt. Ich weiß, das klingt ziemlich krass, aber ich kann es nicht anders sagen. Vieles von dem, was wir über Gott und sein Wirken in der Zeitung lesen oder in den Nachrichten hören oder auf der Straße aufschnappen, ist schlichtweg falsch. Vielleicht nicht komplett falsch, aber falsch genug, um unser Leben zu vermurksen. In unserer modernen Welt gehen wir davon aus, dass wir wissen, wie Gott ist. Und dann beurteilen wir jede Religion, jede Gemeinde, jede Predigt, jedes Buch gemäß dieser Sichtweise von Gott.

Vor einiger Zeit las ich in der Zeitschrift Rolling Stone ein Interview mit einem berühmten Musiker, der erzählte, dass er christlich aufgewachsen, dann aber während der Collegezeit aus der Kirche ausgetreten sei, weil er nicht an einen Gott glauben könne, der Sex auf die Ehe begrenzt.6

Was mich schockiert hat, war nicht die Sache mit dem Sex. In unserer modernen Welt ist so was nicht überraschend. Der Typ ist schließlich ein Rockstar … Schockiert hat mich vielmehr seine bizarre Verdrehung der Logik: »Ich kann nicht an einen Gott glauben, der …« Als ob unser Denken und Fühlen ein perfekter Maßstab dafür wären, wie Gott wirklich ist.

Die Autoren der Bibel haben genau den entgegengesetzten Ansatz: Von Mose bis Matthäus nehmen sie einfach an, dass wir keine Ahnung davon haben, wie Gott ist. Und dass vieles von dem, was wir über Gott denken, sogar total daneben ist. Wenn die Geschichte uns eins lehrt, dann, dass die Mehrheit oft falschliegt. Und ich glaube nicht, dass du aus dem Schneider bist, wenn du religiös – oder sogar Christ – bist. Jesus verbrachte einen Großteil seiner Zeit damit, religiösen Menschen dabei zu helfen zu erkennen, dass vieles von dem, was sie über Gott dachten, ebenfalls nicht stimmte.

»Ihr habt gehört, dass gesagt ist …«

»Ich aber sage euch …«

Oder er begann eine Lehreinheit mit den Worten: »Das Reich Gottes ist wie …«, und erzählte dann eine Geschichte, die der Denkweise der Leute damals diametral entgegenstand.

Für Jesus und all die Autoren der Bibel war der Startpunkt aller Theologie die Erkenntnis:

Wir wissen nicht, wie Gott ist, aber wir können lernen.

Doch um zu lernen, müssen wir zum Ursprung gehen.

Und das bedeutet, dass wir Offenbarung brauchen. Ansonsten gelangen wir zu allerlei falschen, merkwürdigen, unwahren und vielleicht sogar toxischen Vorstellungen von Gott. Mit »Offenbarung« meine ich nicht das letzte Buch der Bibel oder die Faltblätter aus den 1970ern über das Ende der Welt. Ich meine, dass Gott selbst uns offenbaren muss, wie er ist. Er muss den Vorhang des Universums zurückziehen und dich und mich dahinterschauen lassen. Und hier gilt: In der Regel ist Offenbarung per Definition eine Überraschung. Ein Wendepunkt in der Geschichte. Eine Abkehr vom Status quo. Wenn Gott sich also offenbart, ist es fast immer anders, als wir es erwarten.

All das führt uns zu Mose auf dem Gipfel des Berges Sinai.

Und richtig, dahin begeben wir uns jetzt.

Jahwe – Gott ist

Ich bin ein Jesus-Nachfolger, kein Muslim oder Hindu oder Buddhist oder Jedi-Ritter (leider). Deswegen sehe ich alles, was ich über Gott denke, durch die Brille der Bibel und durch Jesus selbst. Die Bibel ist in erster Linie eine Geschichte. Und zwar eine Geschichte über Gott. Wir möchten sie zu einer Geschichte über uns machen – darüber, wie wir im Leben vorwärtskommen oder großartigen Sex haben oder unser Portfolio aufpolieren oder einfach nur glücklich sein können. Und es gibt in der Bibel auch tatsächlich alle möglichen »Erfolgsprinzipien«. Aber darum geht es in dieser Geschichte ehrlich gesagt gar nicht.

Im Kern ist die Bibel eine Geschichte über Gott und darüber, wie wir als Menschen zu Gott in Beziehung stehen. Und in dieser Geschichte gibt es Höhepunkte – Momente, in denen plötzlich eine Tür aufschwingt und wir einen brandneuen, fesselnden und manchmal auch durchaus Furcht einflößenden Eindruck davon bekommen, wer Gott ist. Oft finden Momente dieser Art auf einem Berg statt.

Wenn du dich ein bisschen in der Bibel auskennst, weißt du, dass das zweite Buch der Bibel »2. Mose« oder »Exodus« genannt wird.7 Der Schauplatz ist die Wüste, in der das Volk Israel unterwegs ist – auf dem Weg von der Sklaverei in Ägypten zur Freiheit in einem neuen Land. Aber es geht recht holprig voran, um es mal vorsichtig auszudrücken. Der Anführer von Gottes Volk ist der Prophet Mose, der eine absolut einzigartige Beziehung zum Schöpfer hat. Wir lesen in 2. Mose 33, dass Gott »mit Mose von Angesicht zu Angesicht [sprach], wie einer, der mit seinem Freund redet« (Vers 11). Und hier dürfen wir einer Unterhaltung zwischen Mose und Gott lauschen. Mose bittet Gott, die Israeliten bei jedem Schritt zu begleiten. Und dann hat er noch eine weitere Bitte: »Lass mich deine Herrlichkeit sehen« (2. Mose 33,18).

Wenn in antiker hebräischer Literatur von Gottes Herrlichkeit die Rede ist, dann ist damit immer Gottes Gegenwart und Schönheit gemeint.8 Mose bittet also darum, Gott so zu sehen, wie er wirklich ist – ihn höchstpersönlich zu sehen. Für Mose ist Kopfwissen nicht genug. Er möchte Gott erleben. Weil Gott gnädig ist, erklärt er Mose, dass er Gottes Gesicht nicht sehen kann, weil er sonst sterben würde, »denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben« (2. Mose 33,20; ELB). Aber Gott hat etwas Besseres für Mose. Er sagt ihm: »Ich will meine Güte an dir vorüberziehen lassen und will meinen Namen ›der HERR‹ [Jahwe] vor dir ausrufen« (2. Mose 33,19).

Gott hat also …

einen Namen.

Am nächsten Morgen steht Mose früh auf und steigt auf den Gipfel des Berges Sinai. Und dann lesen wir einen der atemberaubendsten Texte der gesamten Bibel:

Dann kam der HERR [Jahwe] in der Wolkensäule herab, trat zu ihm und rief seinen Namen ›der HERR‹ [Jahwe] aus. Er ging an Mose vorüber und sprach: »Ich bin der HERR [Jahwe], der barmherzige und gnädige Gott. Meine Geduld, meine Liebe und Treue sind groß. Diese Gnade erweise ich Tausenden, indem ich Schuld, Unrecht und Sünde vergebe. Und trotzdem lasse ich die Sünde nicht ungestraft, sondern kümmere mich bei den Kindern um die Sünden ihrer Eltern, bis in die dritte und vierte Generation.«

2. Mose 34,5-7

Das ist einer dieser Schlüsselmomente, die alles verändern. Es ist eine der wenigen Passagen in der ganzen Bibel, in denen Gott sich selbst beschreibt.

Im Grunde sagt er hier: »So bin ich.« Wir können es als ein Selbstoffenbarungs-Statement von Gott sehen, als seine Pressemitteilung an die Welt.9 Deshalb ist es höchstwahrscheinlich der am häufigsten zitierte Abschnitt aus der Bibel in der Bibel.10 Die Autoren der Bibel kommen immer und immer und immer wieder darauf zurück. Dutzende Male. Mose, David, Jeremia, Jona und weitere Schreiber. Sie zitieren diese Worte und spielen darauf an. Sie beten und singen sie, nehmen sie für sich in Anspruch oder beschweren sich darüber. Aber vor allem glauben sie daran. Denn hier ist der Ausgangspunkt für Gottes Theologie.

Ich finde auffallend, dass dieser Abschnitt so komplett anders ist, als wir es erwarten. Wir im Westen denken in den Kategorien der Philosophie über Gott nach. Schlag ein beliebiges Buch über Gott auf, und beginnt oft mit den sogenannten »Omnis«  …

Gott ist omnipotent – er ist allmächtig.

Gott ist omniszient – er ist allwissend.

Gott ist omnipräsent – er ist überall gleichzeitig.

Und all das stimmt. Ich glaube das.11

Aber ich habe auch ein Problem damit: Denn in seiner Selbstbeschreibung sagt Gott nicht zuerst, wie mächtig er ist oder dass er alles weiß oder dass es ihn schon vor Zeit und Raum gab und es im ganzen Universum niemanden wie ihn gibt – auch wenn das alles richtig ist. Aber offensichtlich ist es für Gott nicht das Wichtigste.

Gott beginnt seine Selbstbeschreibung mit seinem Namen.

Dann spricht er über das, was wir Charakter nennen: Er ist barmherzig und gnädig. Seine Geduld, Treue und Liebe sind groß und so weiter. Und es ist sinnvoll, damit zu beginnen. Wenn wir hingegen mit den »Omnis« beginnen, ist das so, als wenn jemand wissen will, wie meine Frau so ist, und ich antworte: 33 Jahre, 1,55 m, 54 kg, schwarze Haare, braune Augen, lateinamerikanische Vorfahren … All das stimmt. Aber stell dir vor, du hättest mich nach meiner Frau gefragt und ich würde nur all diese Fakten herunterleiern. Du würdest mich vermutlich irgendwann unterbrechen und fragen: »Ja, aber wie ist sie? Erzähl mir doch mal richtig von ihr. Was ist sie für ein Typ? Ist sie gelassen oder eher dominant? Gesellig oder schüchtern? Wofür kann sie sich begeistern? Warum hast du dich in sie verliebt? Was macht sie aus?«

Die Fakten allein sind für die meisten Leute relativ uninteressant. Aber oft reden wir genau so faktenbasiert von Gott: Wir rattern einen Haufen Dinge herunter, die zwar alle wahr sind, nur sind es nicht die Dinge, die Gott wirklich ausmachen. Deshalb bringt dieser Abschnitt in 2. Mose 34 so viel frischen Wind in unser verstaubtes Gottesbild. Hier zeigt sich nämlich, dass Gott besser ist, als wir es uns je hätten vorstellen können.

Vielleicht hast du diesen Abschnitt schon mal flüchtig gelesen, vielleicht ist er dir auch ganz und gar unbekannt. Aber für die Geschichte der Bibel ist er absolut zentral. Auch die Rabbiner halten ihn für ganz elementar. In der jüdischen Kultur wird dieser Abschnitt Schlosch essre Middot (die dreizehn Eigenschaften Gottes) genannt. Orthodoxe Juden beten ihn an Feiertagen wie Jom Kippur, bevor sie in der Thora lesen, und in der Synagoge.12 Dieser Text ist so was wie das Johannes 3,16 des Judentums.

Wenn du auch nur ein bisschen in christlichen Kreisen unterwegs warst, kennst du Johannes 3,16 vermutlich in- und auswendig. »Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt …« Doch komischerweise wird in den meisten Kirchengemeinden wenig bis gar nichts über 2. Mose 34,6-7 gesagt, obwohl das wie gesagt der meistzitierte Abschnitt aus der Bibel in der Bibel ist.

Das können wir ändern, oder?

Hier kommt der Fahrplan für dieses Buch:

Wir wollen 2. Mose 34,6-7 Zeile für Zeile durchsprechen und uns dabei mithilfe unserer Vorstellungskraft in jedes Wort versenken.

Jedes Kapitel wird ungefähr so aussehen:

Zuerst schauen wir uns den hebräischen Grundtext an. Es ist erstaunlich, was man alles finden kann, wenn man sich in die Ursprache der Bibel vertieft.

Es folgt immer ein Abschnitt, der mit »Geschichten« überschrieben ist. Hier schauen wir uns eine oder zwei Geschichten an, in denen diese Passage von späteren Autoren der Bibel zitiert wird – Geschichten, in denen Gott seinen Charakter offenbart.

Im Abschnitt »Jesus« spulen wir immer vor bis zu Jesus. Denn als Jesus-Nachfolger glaube ich fest daran, dass der Gott auf dem Gipfel des Berges Sinai – der Gott mit Donner, Blitz, Feuer, Rauch und einer Stimme, die wie ein Trompetenstoß mit Bassverstärker klingt – in Jesus von Nazareth Mensch wurde, also in Fleisch und Blut zu uns kam. Und in Jesus sehen wir deutlicher als je zuvor, wie Gott ist.

Und schließlich treten wir im Abschnitt »Wir« einen Schritt zurück und denken darüber nach, was es für uns bedeutet, wer Gott ist. Es geht darum, inwiefern diese Erkenntnis das Potenzial hat, unser Leben von Grund auf zu verändern, indem sie uns von den schweren Gewichten befreit, die uns zurückhalten von der vollen, tiefen, weiten, grenzenlosen, schwierigen, erfrischenden Art des Daseins, zu der uns Gott erschaffen hat und die Jesus uns vorgelebt hat.

Klingt das nach einem Plan? Ich hoffe, du denkst gerade: Ja! Los geht’s!

Zum Ende dieser Einleitung will ich aber noch kurz die Karten offen auf den Tisch legen.

Denn ein Buch über Gott zu schreiben, ist eine heikle Sache. Wer bin ich denn schon? Es ist nicht nur eine schwierige Aufgabe, sondern es steht auch viel auf dem Spiel. Du könntest dieses Buch lesen und ein falsches Bild von Gott bekommen. Das wäre ein nicht gerade trivialer Schnitzer meinerseits. Oder du könntest dieses Buch lesen, die Art, wie du bisher zu Gott in Beziehung standest, komplett über den Haufen werfen und im Zuge dessen dein Leben von Grund auf erneuern.

Während ich also hier sitze und vor mich hin tippe, spüre ich meinen Puls und das Pochen meines Herzens in der Brust. Ich habe das Gefühl, dass ich das hier schreiben muss, nehme aber auch die Last auf meinen Schultern wahr: diese Schwere und Ernsthaftigkeit, dieses Bewusstsein, dass ich das Ganze gut hinkriegen muss. Deshalb werde ich mein Bestes geben, aber am Ende bin ich eben nicht Gott.

Und selbst wenn ich Gott wäre und dieses Buch die Niederschrift meiner Unterhaltung mit John Mark Comer, würden bei dir immer noch Fragen offenbleiben. So wie bei Mose. Und wie beim Dichter Hiob. Und wie beim Propheten Habakuk. Und wie beim Jünger Petrus. Und wie bei so gut wie jeder einzelnen Person, die schon mal eine Begegnung hatte mit diesem Gott, der der ganz andere ist.

Gott umgibt ein Geheimnis, das wir niemals ganz verstehen werden. Schließlich haben wir es mit einem Wesen zu tun, das völlig anders ist als jedes andere im Universum.

Wenn du dieses Buch zu Ende gelesen hast, wirst du dich also nicht in deinem Sessel zurücklehnen und zufrieden lächelnd denken: »Jetzt hab ich’s voll und ganz kapiert.« So funktioniert das nicht.

In 2. Mose 3,14 fragt Mose Gott nach seinem Namen, und der antwortet: »Ich bin, der ich immer bin.« Aber … das hilft nicht wirklich weiter, oder? Gott kann manchmal geheimnisvoll und vage, schwer fassbar und kaum zu greifen sein. Auf dem Gipfel des Berges Sinai war eine Wolke, kein technischer Schaltplan. Und jeder war auf den Berg eingeladen, aber nur Mose hatte den Mut, sich in die Wolke hineinzubegeben. Ich schlage vor, wir beginnen mit Moses Gebet: »Lass mich deine Herrlichkeit sehen« (2. Mose 33,18). Selbst wenn wir nur einen flüchtigen Blick erhaschen und ein Echo hören, ist es die Reise mehr als wert.

Doch bevor wir loslegen, frage dich selbst: »Habe ich den Mut, mich in die Wolke hineinzubegeben?« Es ist eine Sache, ein Buch über Gott zu lesen, aber eine ganz andere, einen Berg inmitten der Wüste zu erklimmen und dich Kopf voran ins Unbekannte zu stürzen: dich einem Leben hinzugeben, das Gott auf gefährliche, riskante, nicht zu bremsende Weise nachjagt. Hoffentlich macht dir dieses Buch Mut, auf den Berg zu steigen – egal, was du dort oben finden wirst.

1

Jahwe – Ein Name

Jahwe, Jahwe, Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue, der Gnade bewahrt an Tausenden <von Generationen>, der Schuld, Vergehen und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft lässt, <sondern> die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern, an der dritten und vierten <Generation>. 2. Mose 34,6-7; ELB

Eine simple Idee, die deine Beziehung zu Gott radikal verändern könnte

Gott hat also einen Namen.

Und nur um das klarzustellen, er lautet nicht Gott.

Sondern JAHWE.

Das erscheint dir vielleicht unwichtig, wie Haarspalterei. Aber glaub mir, das ist es nicht. Die Tatsache, dass Gott einen Namen hat, ist so viel wichtiger, als den meisten von uns klar ist. Ich würde behaupten, dass sie das Potenzial hat, unsere Beziehung zu Gott radikal zu verändern. Äh, ich meine natürlich zu Jahwe.

Aber erst mal ein bisschen Hintergrundwissen:

In antiken Schriften wie der Bibel ist ein Name viel mehr als ein Label, das man nutzt, um einen Tisch zu reservieren, sich für einen Kurs anzumelden oder die Steuer beim Finanzamt einzureichen. In der Antike war dein Name deine Identität, dein Schicksal, deine allertiefste Wahrheit. Er war ein Kürzel für das, was am allerwahrsten an dir ist – für deinen inneren Kern. Dein inneres Thomas- oder Katrin- oder John-Mark-Sein. Ein alttestamentlicher Theologe schreibt: »In der Welt der hebräischen Schrift sollte ein Eigenname oft etwas Wesentliches über Identität, Herkunft, Umstände der Geburt oder die göttliche Bestimmung, die sein Träger erfüllen sollte, aussagen.«13

Namen offenbarten also das Wesen einer Person.

Denken wir an die Geschichte von Abraham. Ursprünglich hieß er nur Abram. Aber dann gab ihm Jahwe ein Versprechen und einen neuen Namen:

Du sollst nicht mehr Abram heißen, sondern Abraham, denn ich werde dich zum Vater vieler Völker machen. Ich will dir so viele Nachkommen geben, dass aus ihnen ganze Völker entstehen werden. Auch Könige werden von dir abstammen!

1. Mose 17,5-6

Gott gab ihm einen neuen Namen: Aus »Abram« wurde »Abraham«. Schauen wir genauer hin: Abram bedeutet »erhöhter Vater«. Und Abraham »Vater vieler«. Es war also mehr als eine neue Bezeichnung. Es war eine neue Identität, eine neue Bestimmung. Der Name war Programm.

Und das war nicht nur bei Abram/Abraham so. Denken wir an seinen Sohn Isaak. Isaak bedeutet »Lachen«. Als seine Mutter Sara hörte, dass sie in ihrem hohen Alter noch einen Sohn bekommen sollte, war das für sie so absurd, dass sie anfing zu lachen. Und als sie das Wunderkind schließlich gebar, nannte Abraham ihn »Lachen«.

Oder Isaaks Sohn Jakob.

Jakob bedeutet »Fersenhalter«, eine Umschreibung für einen Lügner und Betrüger. Und seine Biografie spiegelte genau das wider: Ein Schwindel reihte sich an den anderen. Bis zu einer seltsamen Geschichte, in der er mit Gott kämpfte und sagte: »Ich lasse dich nicht los, bevor du mich gesegnet hast!« (1. Mose 32,27). Dann gab ihm Gott einen neuen Namen: Aus »Jakob« wurde »Israel«, was so viel heißt wie »einer, der mit Gott kämpft«. Von da an war er ein veränderter Mann.

Erkennst du das Muster? Wird es klarer? Namen waren so viel mehr als Label zum Abholen einer Bestellung an der Theke. Dein Name war deine Autobiografie in einem Wort.

Als Mose am Berg Sinai steht und darum bittet, Gottes Herrlichkeit zu sehen, und Jahwe stattdessen sagt: »Ich … will meinen Namen ›der HERR‹ [Jahwe] vor dir ausrufen« (2. Mose 33,19), ist das ein ungeheuer gewichtiger und bedeutsamer Moment. Gott sagt, dass er Mose seine Identität offenbaren wird: Er wird Mose Einblick in sein inneres Gott-Sein geben, die tiefste Realität seines Wesens. Aber dieser Offenbarungshöhepunkt kommt nicht aus dem Nichts. Er ist der Gipfelpunkt einer langen, langen Geschichte, die seit der ersten Seite der Bibel immer mehr Fahrt aufgenommen hat.

Geschichten

Nehmen wir uns einen kurzen Moment, um diesem roten Faden in der Bibel nachzugehen …

In der ersten Zeile im ersten Buch Mose lesen wir: »Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.«

Bevor es Zeit und Raum, Adam und Eva, Sex und Eiscreme, New York City und Instagram gab, da gab es einen Gott, der war.

Aber hier, am Anfang der Geschichte, hat dieser geheimnisvolle Schöpfer aller Dinge noch keinen Namen. Später in 1. Mose 12 kommt er zu Abram. Er fordert ihn auf, seine mesopotamischen Götter nicht länger anzubeten und in ein neues Land aufzubrechen: den Umzugswagen zu beladen und auf der A7 in Richtung Süden zu fahren, ohne einen blassen Schimmer, wohin es geht. Ein riesiger Glaubensschritt. Abram macht sich auf. Und wird zu Abraham.

Abrahams Beziehung zum Schöpfer ist beeindruckend. So beeindruckend, dass drei der größten Weltreligionen ihre Wurzeln auf Abrahams Begegnung mit Gott zurückführen.14 Aber selbst Abraham erfährt Gottes Namen zu keiner Zeit. Als Gott zu Abraham kommt, sagt er: »Ich bin Gott, der Allmächtige« (1. Mose 17,1). In der Ausgangssprache lautet das: »Ich bin El Schaddai.« El war das kanaanitische Wort für den Chef aller Götter. Der Schöpfer nennt sich selbst El Schaddai, was so viel heißt wie: »Ich bin El, aber noch so viel mehr.«

An anderen Stellen nennt sich Gott El Eljon, der höchste Gott (1.