Gott und die Erklärung der Welt - Ralf B. Bergmann - E-Book

Gott und die Erklärung der Welt E-Book

Ralf B. Bergmann

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Beschreibung

Die Naturwissenschaften scheinen nahe zu legen: Unsere Welt ist ein bloßes Produkt des Zufalls und der Naturgesetze, ohne Schöpfer. Und das heißt: ohne Ziel, ohne Absicht und ohne Sinn. Das ist die "große Geschichte" die der Atheismus bzw. Naturalismus uns erzählt. In dieser "Geschichte" hat der Glaube an einen Gott, gar an den christlichen Gott, keinen Platz und Wunder kann es schon gar nicht geben. Und diese Geschichte, die das naturalistisch-materialistische Weltbild beschreibt, scheint die Wissenschaften zu bestimmen – prominent vertreten von Naturwissenschaftlern wie Richard Dawkins, Lawrence Krauss oder dem 2018 verstorbenen Stephen Hawking. Aber ist diese Geschichte so tragfähig, wie sie scheint? Prof. Dr. Ralf B. Bergmann erzählt als Physiker in diesem Buch eine andere Geschichte, die des christlichen Glaubens: Der Glaube an Gott ist vernünftig und erklärt die Existenz und die Eigenschaften der Welt besser als der Atheismus. Was wissen wir wirklich und was meinen wir bloß zu wissen? Ralf Bergmann zeigt die Schwachstellen der atheistischen Erklärung der Welt auf und bringt überraschende Argumente für die "größte Geschichte aller Zeiten".

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RALF B. BERGMANN

GOTT UNDDIE ERKLÄRUNGDER WELT

Christlicher Glaube oderatheistische Weltanschauung:Was ist vernünftiger?

Zitate aus dem Alten Testament folgen derBibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017,© 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart,Zitate aus dem Neuen Testament derNeuen Genfer Übersetzung – Neues Testament und Psalmen,Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft.

Zeichnungen auf S. 31, 33, 37, 44, 56 und 72: Dorothee Bublitz, Abdruck mit freundlicher Genehmigung.

Bildnachweis S. 78: iStock / LindaJohnsonbaugh

© 2019 Brunnen Verlag Gießen

Lektorat: Uwe Bertelmann

Umschlaggestaltung: Jonathan Maul

Satz: DTP Brunnen

Druck: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

ISBN Buch: 978-3-7655-2091-4

ISBN E-Book: 978-3-7655-7525-9

www.brunnen-verlag.de

Klar, gut informiert, anschaulich und immer auf den Punkt: Wer sich in Sachen begründeter Glaube, Naturwissenschaft, Weltanschauung und argumentativer Lücken einer rein naturalistischen Sicht auf die Welt schon immer einmal schlau machen wollte, wer dabei viel Neugier, aber vielleicht nicht so viel Zeit mitbringt – der ist mit diesem schlanken, aber umso gehaltvolleren Buch bestens bedient. Rundum empfehlenswert.

Prof. Dr. Matthias Clausen, Ev. Hochschule Tabor und Institut für Glaube und Wissenschaft (IGUW), Marburg

„Groß sind die Werke des Herrn;wer sie erforscht, der hat Freude daran.“Psalm 111,2

Inhalt

Vorwort

1 Auf der Suche nach der größten Geschichte aller Zeiten

2 Was wir glauben, wissen und zu wissen glauben

2.1 Stolpersteine und Mauern

2.2 Wissenschaft und Weltanschauung

2.3 Was wir über Gott sagen können

2.4 Nach der Wahrheit fragen

2.5 Argumente, Beweise und Indizien

2.6 Naturwissenschaftliche Modelle

3 Sein oder nicht sein – das ist hier die Frage

3.1 Warum gibt es überhaupt etwas und nicht nichts?

3.2 Warum kann es überhaupt Leben geben?

3.3 Gibt es viele Welten?

3.4 Leben, Bewusstsein, Vernunft – alles Zufall?

4 Wirken Gottes und Naturgesetze – ein Widerspruch?

4.1 Theologische Interpretationen des Wirkens Gottes

4.2 Ist die materielle Welt in sich geschlossen?

4.3 Die Auferstehung Jesu und Wunder heute

4.4 Ein Plädoyer für eine offene Welt

5 Die größte Geschichte aller Zeiten

Nachwort

Danksagung

Anmerkungen

Literatur

Über den Autor

Vorwort

Die Frage nach Gott ist eine der wichtigsten Fragen, die ein Mensch stellen kann. Das Christentum und der Atheismus geben darauf naturgemäß völlig konträre Antworten. Aber welche dieser beiden Antworten ist vernünftiger?

Wenn Menschen mit sehr unterschiedlichen Weltanschauungen die Perspektive des jeweils anderen verstehen wollen, dann gibt es eine von den meisten Menschen anerkannte Vorgehensweise: Die Diskussion mit vernünftigen Argumenten. Es gibt auch Menschen, die dieses Vorgehen ablehnen. Der Preis dafür ist freilich hoch: Man wird als Gesprächspartner nicht ernst genommen.

Dieses Buch fragt nach der besten Erklärung der Welt. Es handelt von der größten Geschichte aller Zeiten. Jener Geschichte, die die Grundfragen der Menschheit berührt: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Wie können wir die Welt verstehen? Und: Welche Antwort darauf erscheint am vernünftigsten?

Es geht in diesem Buch nicht darum, einen Gottesbeweis zu führen. Warum, das erkläre ich später. Es geht darum zu zeigen, dass es gute Gründe gibt, an Gott zu glauben. Ob diese Gründe jemanden überzeugen, hängt stark von der eigenen Prägung ab. Zudem sind Überzeugungen nicht erzwingbar und das ist auch gut so. Ich respektiere es, wenn jemand eine andere Überzeugung hat. Ich hoffe, dass man das trotz der manchmal kontroversen Diskussion beim Lesen des Buchs spürt.

1

Auf der Suche nach der größten Geschichte aller Zeiten

Vor ein paar Jahren nahm ich an einem interdisziplinären Symposium zum Thema „Erfahrung und Gewissheit“ teil, in dem das Verhältnis von Wissenschaft, Wissen und Erfahrung diskutiert wurde. Dort hörte ich eine große Geschichte, ausführlich und begeistert vorgetragen von Professor Harald Lesch, einem Physiker, der in Deutschland durch seine populärwissenschaftlichen Fernsehsendungen bekannt ist. Die kürzeste mir bekannte Version dieser Geschichte zeigt der Vorspann der Fernsehserie „The Big Bang Theory“. Auch viele andere erzählen diese große Geschichte und sie geht ungefähr so:

Vor unvorstellbar langer Zeit, etwa vor 13,8 Milliarden Jahren, entstand das Universum mit dem „Big Bang“, dem Urknall, aus dem Nichts. Es gibt kein Ziel, keine Absicht, nur Naturgesetze, die alles vorantreiben und die wir Physiker im Wesentlichen verstanden haben. Nach dem Urknall entstanden in einem langen, komplizierten Prozess Sterne, Galaxien und schließlich Planeten, auf denen sich Leben entwickeln konnte. Mit unserem Planeten Erde haben wir das große Los gezogen – ein Planet, der hervorragende Voraussetzungen zur Lebensentstehung bietet. Von dieser Sorte sollte es noch viele andere geben, aber wir sind erst dabei, sie zu entdecken. Auf der Erde begann nun, angetrieben von den oben erwähnten Naturgesetzen, die Entwicklung von komplexen Molekülen, Zellen und schließlich komplexen Lebewesen. Dann erschien, im Verhältnis zum Alter des Universums quasi in letzter Sekunde, der Mensch mit Bewusstsein und Verstand auf der Weltbühne, und es entwickelten sich Kultur und Religion als höchste Stufen eines Prozesses, der aus dem Nichts begann und durch nichts anderes angetrieben wurde als die in unserem Universum überall und zu allen Zeiten geltenden unverbrüchlichen Naturgesetze. Irgendwann wird unsere Sonne verlöschen und noch viel später wird auch die letzte Sonne im Universum erloschen sein. Jedes Leben, wo immer es auch entstanden sein mag, wird dann verschwunden sein. Soweit wir heute wissen, wird sich das Universum immer weiter ausdehnen und dabei immer kälter und lebensfeindlicher werden. Das menschliche Gastspiel in diesem Universum ist dabei nur eine kurze, aber spannende Episode.

Das ist in aller Kürze die große Geschichte der Welt aus der Sicht des Naturalismus, einer Weltsicht, die behauptet, dass alle Phänomene der Welt allein durch Naturgesetze bestimmt sind, und zwar nicht nur die Entstehung von Sternen oder Lebewesen, sondern auch Phänomene wie Bewusstsein, Moral oder Ästhetik. Diese naturalistische Weltanschauung schließt die Existenz eines Gottes oder anderer „transzendenter“ Kräfte oder Wesen im Allgemeinen aus. Naturalismus und Atheismus werden daher oft als synonyme Bezeichnungen verwendet. Die Existenz und das Wirken eines Gottes sind in dieser großen Erzählung nicht vorgesehen.

Aber stimmt diese große Geschichte? Lesch selbst wies nach seinem begeisterten Vortrag darauf hin, dass bei der Geschichte einige „Leichen im Keller“ lägen. Ist diese Geschichte so tragfähig, wie sie erscheint? Das vorliegende Buch gründet auf einer anderen Geschichte. Ihr Ursprung ist viel älter und meiner Einschätzung nach tragfähiger als die Geschichte, die ich oben wiedergegeben habe. Beide haben einige Gemeinsamkeiten – schließlich reden sie über dieselbe Welt –, der Grundgedanke ist aber ein völlig anderer. Und die Konsequenzen sind völlig andere. Ich werde wesentliche Elemente beider Geschichten in diesem Buch entwickeln und vergleichen und möchte Sie auf eine Entdeckungsreise mitnehmen, bei der Sie wichtige und aktuelle Fragestellungen und Antwortversuche im Spannungsfeld zwischen christlichem Glauben und Atheismus kennenlernen.

Das Thema ist nicht neu. Spätestens mit dem Erscheinen des Bestsellers „Der Gotteswahn“ von Richard Dawkins im Jahr 20061 hat der von Dawkins und anderen Autoren vorangetriebene „neue Atheismus“ die Auseinandersetzung über die Sinnhaftigkeit des Glaubens an Gott aber erneut verschärft.2 Nach Dawkins soll dieser Glaube nicht langsam mit seinen letzten Vertretern aussterben, sondern aktiv vertrieben werden! Der Glaube an einen Gott, vorher bestenfalls als persönliche Geschmacksfrage oder harmloses kulturelles Beiwerk noch geduldet, wird nun als Bedrohung für Wissenschaft, Freiheit und eine fortschrittliche Gesellschaft dargestellt!

Viele Menschen im „aufgeklärten Westen“ tun sich nicht schwer mit der oben beschriebenen Sicht, denn viele haben sich ohnehin mit einem atheistisch geprägten „wissenschaftlichen Weltbild“ mehr oder minder arrangiert, auch wenn es die Fragen nach Sinn und Bedeutung für das eigene Leben nicht stillen kann.

Der im deutschen Sprachraum wohl bekannteste Vertreter im Streit mit dem „neuen Atheismus“ ist der inzwischen emeritierte Oxford-Professor und Mathematiker John Lennox, dessen Bücher zu einem Gutteil ins Deutsche übersetzt wurden. So behandelt er in seinem gleichnamigen Buch die Frage „Hat die Wissenschaft Gott begraben?“3 und seine direkte Antwort auf den „neuen Atheismus“ folgte dann mit „Gott im Fadenkreuz – Warum der neue Atheismus nicht trifft“.4

Schon lange vor Dawkins vollzog sich allerdings eine sehr interessante Entwicklung im Bereich der Philosophie: Ernst zu nehmende und im anglo-amerikanischen Sprachraum auch bekannte christliche Philosophen begründeten nicht nur die Vernünftigkeit des christlichen Glaubens, sondern behaupteten sogar, dass die große Geschichte des Naturalismus nicht nur Lücken hat, sondern schwerwiegenden Einwänden ausgesetzt ist!5

Während Theologen, wenn sie nicht gerade auch Physiker6 sind, die Diskussion im Dreiländereck von Theologie, Philosophie und Naturwissenschaft tendenziell scheuen, fällt christlich geprägten Naturwissenschaftlern7 die Auseinandersetzung in diesem Umfeld anscheinend leichter.

Es steht also heute eine Fülle aktueller Literatur zu unserem Thema zur Verfügung. Aber was macht der interessierte Leser, der weder Philosophie, Theologie noch eine Naturwissenschaft studiert hat und zudem noch wenig Zeit oder begrenzte Englischkenntnisse hat, wenn er sich in unserem Thema zurechtfinden will? Die gute Nachricht ist: Sie haben das richtige Buch in der Hand!

Das vorliegende, relativ kompakte Buch füllt eine Lücke sowohl für diejenigen, die in deutscher Sprache in kurzer Zeit ohne spezielle Vorkenntnisse einen Überblick über einige grundlegende Fragestellungen zum oben genannten Spannungsfeld der Weltanschauungen erhalten wollen, als auch für diejenigen, die sich aufbauend auf den im Text beschriebenen Themen weiter in einzelne Fragestellungen einarbeiten wollen.

Die These, die ich in diesem Buch vertrete, lautet: Der Glaube an Gott ist vernünftig und erklärt die Existenz und die Eigenschaften der Welt besser als der Atheismus. Dabei meine ich den Gott, der sich in der Bibel offenbart hat. Die Eigenschaften dieses Gottes werde ich später noch ausführlicher diskutieren. Vernünftig zu glauben heißt hier, begründet zu glauben. Das Verhältnis von plausiblen Argumenten und Beweisen werde ich ebenfalls später noch diskutieren.

Sie können dieses Buch auf zweierlei Weise lesen: Wer einen schnellen Überblick möchte, kann alle Anmerkungen und Literaturhinweise übergehen und das Buch in wenigen Stunden durchlesen. Wer sich tiefer einlesen will, findet in den Anmerkungen zusätzliche Erläuterungen, die teilweise mehr Vorwissen erfordern. Die Literaturzitate verweisen auf geeignete Literatur8 zu einzelnen Themen, berücksichtigen, wo immer möglich, deutschsprachige Quellen, erfordern aber teilweise (erheblich) mehr Vorkenntnisse.

Eine weitere Unterscheidung mag hilfreich sein: Das Buch ist sowohl für Christen geschrieben, die für sich selbst Antworten suchen oder ihre Argumentationsfähigkeit schärfen wollen, als auch für interessierte Atheisten oder Skeptiker, die bereit sind, sich auf ungewohnte Denkansätze einzulassen.

Ich behandele in Kapitel 2 zunächst ein paar wichtige Vorbemerkungen zu intellektuellen Stolpersteinen und Mauern und kläre einige grundlegende Fragen zum Verhältnis von Wissenschaft und Weltanschauung. Dabei beziehe ich mich explizit auf die Naturwissenschaften, den christlichen Glauben und den Atheismus, um eine klare, kompakte Diskussion führen zu können. Ich bespreche dann, was wir berechtigterweise über Gott sagen können, und die Frage nach dem Wahrheitsanspruch von Aussagen und diskutiere, was wir warum für glaubwürdig halten, um schließlich die Eigenarten naturwissenschaftlicher Modelle zu behandeln. Ich empfehle, dieses einführende Kapitel nicht zu überspringen! Kapitel 3 diskutiert dann die grundlegenden Fragen, warum es überhaupt eine Welt gibt, warum es überhaupt Leben geben kann, ob es vielleicht sehr viele Welten gibt und woher die Phänomene bewussten Lebens kommen. Kapitel 4 behandelt das sehr umstrittene Thema des Wirkens Gottes in der Welt, das ich sowohl aus theologischer, physikalischer und philosophischer als auch historischer Sicht beleuchte. Kapitel 5 erzählt schließlich die größte Geschichte aller Zeiten und fasst die wesentlichen Ergebnisse des Buchs zusammen. Das Nachwort wendet sich zum Schluss spezifisch an Christen, Atheisten und Skeptiker mit ihrer jeweiligen Sicht auf das Thema des Buchs.

Damit wünsche ich Ihnen ein paar interessante Lesestunden, die vielleicht Ihre Perspektive auf unsere Welt und sich selbst verändern.

2

Was wir glauben, wissen und zu wissen glauben

2.1 Stolpersteine und Mauern

Alvin Plantinga, einer der großen zeitgenössischen christlichen Philosophen, verfasste vor ein paar Jahrzehnten eine Schrift mit dem Titel „Rat an christliche Philosophen“ und setzte dem Titel die Ergänzung hinzu „Mit einem speziellen Vorwort für Christen aus verschiedenen Disziplinen“. Er schreibt: „Der christliche Philosoph denkt über seine eigenen Themen und Projekte nach; […] Er muss vielleicht bestimmte, gerade moderne Annahmen über ein philosophisches Projekt verwerfen – er muss vielleicht weithin akzeptierte Annahmen über angemessene Startpunkte und Vorgehensweisen für ein philosophisches Projekt ablehnen. Und – und das ist der entscheidende Punkt – der christliche Philosoph hat das vollkommene Recht auf die Sichtweisen und vorphilosophischen Annahmen, die er an die philosophische Arbeit heranträgt; die Tatsache, dass diese Standpunkte außerhalb der christlichen oder theistischen Gemeinschaft nicht besonders weit verbreitet sind, ist interessant, aber völlig irrelevant.“9

Plantinga ermutigt also dazu, nicht einfach fremde Denkvoraussetzungen zu übernehmen, sondern ohne Scheu eigene Prämissen zu setzen und eigene Vorgehensweisen zu entwickeln – mit dem gleichen Recht, mit dem auch Vertreter anderer Denkrichtungen dies für sich in Anspruch nehmen. Und genau diese gedankliche Freiheit nehme ich mir für dieses Buch. Denn für die Relevanz eines Standpunktes ist nicht wichtig, wie viele Menschen ihn teilen, sondern wie gut er begründet werden kann.

Was bedeutet das für unser Thema? Welche gedanklichen Hürden sind zu überwinden, wenn man sich im Grenzgebiet zwischen Philosophie, Theologie und Naturwissenschaft gedanklich frei bewegen will? Zunächst gibt es da ein paar „Stolpersteine“. Damit meine ich gängige Argumentationsmuster, die logisch falsch oder aber falsch und manipulativ sind:

Allgemeinplätze: Spricht man über Gott, hört man oft den Einwand, Gott als Erklärung für die Existenz der Welt sei zu einfach, eine natürliche Erklärung der Existenz der Welt wäre doch der Komplexität des Themas viel angemessener. Das Gegenteil von einfach ist aber kompliziert und nicht richtig oder falsch. Ob eine Antwort einfach oder kompliziert ist, ist für die Richtigkeit der Antwort zunächst einmal völlig belanglos! Manchmal meint der Vorwurf der Einfachheit aber auch, die Antwort sei „der Komplexität des Sachverhaltes nicht angemessen“. Das sollte dann allerdings auch begründet werden. Immer wieder werden Antworten nur deshalb als „einfach“ bezeichnet, um den Inhalt der Aussage in ein schlechtes Licht zu stellen. Sind komplizierte Antworten oder Erklärungen nun besser oder an sich glaubwürdiger? In den Naturwissenschaften tendieren wir jedenfalls dazu, die einfachere Erklärung gegenüber der komplizierteren zu bevorzugen. Es ist ein grundlegendes Erkenntnisprinzip, dass von Erklärungen mit gleichem Erklärungsgehalt die einfachere Erklärung die wahrscheinlichere ist. Dieses Prinzip wird auch „Ockhams Rasiermesser“ genannt. Ein Beispiel: Sie stellen nach einem Spaziergang fest, dass Ihnen Münzen in der Hosentasche fehlen. Sie stellen außerdem fest, dass Ihre Hosentasche ein Loch hat. Die Schlussfolgerung, dass die Münzen herausgefallen sind, ist naheliegend. Ihr Freund, der Psychologe, beharrt aber auf einer anderen Erklärung: Sie haben die fehlenden Münzen aus Mitleid einem Bettler am Weg gegeben, können sich aber Ihr Überlegenheitsgefühl diesem armen Menschen gegenüber nicht eingestehen und haben daher das Almosengeben verdrängt. Welche Erklärung ist plausibler?10

Brunnenvergiftung: Um unliebsame Argumente schlecht zu machen, wird die Position, die man ablehnt, oft von vornherein als unseriös dargestellt. Das geht zum Beispiel so: „Wer an einen Schöpfergott glaubt, ist ein Fundamentalist.“11 Wer will schon so bezeichnet werden? Dabei wird gerne mit vagen Begriffen gearbeitet, die ein diffuses Unwohlsein erzeugen oder unter denen jeder etwas anderes versteht. Eine starke Behauptung reicht oft aus, um Ablehnung oder zumindest Skepsis zu erzeugen. Daher ist diese Methode sehr beliebt und auch sehr wirksam. Sie ist aber letztlich nur eine Taktik der Argumentationsverhinderung. Das Argument muss für sich selbst stehen!

Das Autoritätsargument: Will man eine Aussage glaubwürdig erscheinen lassen, bedient man sich gerne einer „Autorität“, oft in Form eines (Fach-)Experten. Der Experte bürgt für Glaubwürdigkeit, besonders wenn das Publikum die Argumentation nicht nachvollziehen kann. So findet man bei unserem Thema immer wieder Aussagen wie: „Der geniale Physik-Professor Stephen Hawking hat gesagt, dass die Welt aus dem Nichts entstanden ist.“ Da Hawking tatsächlich wesentliche Beiträge zur Kosmologie geleistet hat, erscheint es schwer oder sogar vermessen, so eine Aussage anzuzweifeln. Ich werde genau auf diesen Fall in Kapitel 3 zurückkommen. Schaut man sich so manche „Expertenaussagen“ näher an, stellt man fest, dass die Argumentation nicht immer so überzeugend ist, wie man es von einem Experten erwarten würde. Vielleicht ist die Aussage ja gar nicht durch seine Forschung begründet.

Das Argument gegen den Mann (oder die Frau): Im Gegensatz zum oben vorgestellten Autoritätsargument kann man auch behaupten, bestimmte Argumente seien nicht ernst zu nehmen, weil derjenige, der das Argument vorbringt, seine Kompetenz überschreite, ein bestimmtes Interesse verfolge oder aus irgendeinem anderen Grund an sich nicht glaubwürdig sei. Das lässt sich schon mit kleinen, aber wirkungsvollen sprachlichen Variationen ausdrücken. So wird derjenige, der – wie oben beschrieben – die eigene Meinung vertritt, gerne als „Experte“ vorgestellt und derjenige, der eine abweichende Meinung vertritt, als „selbst ernannter Experte“. Aber worauf beruht diese Aussage? Es mag gute Gründe dafür geben, die müssen aber klar benannt werden.12 Oder man behauptet, derjenige, der ein unliebsames Argument vorbringt, sei von einem bestimmten Interesse geleitet oder seine Meinung sei umstritten. Aber: Wer hat kein „bestimmtes“ Interesse und welcher weltanschauliche Standpunkt ist schon „unumstritten“? Viel wichtiger ist die Frage, ob das jeweilige Interesse offengelegt wird und wo die Streitpunkte genau liegen. Wenn das nicht geschieht, hat man es meist mit Manipulationsversuchen zu tun. Auch hier gilt: Das Argument muss für sich selbst stehen! Fragen Sie also danach, wie eine Aussage begründet wird.

Kommen wir zu den „Mauern“: Darunter verstehe ich in unserem Zusammenhang gedankliche Festlegungen, die so tief verwurzelt sind, dass sie nicht mehr hinterfragt werden. Welche Gedanken lassen wir eigentlich überhaupt zu? Welche bewussten oder unbewussten Denkvoraussetzungen bringen wir mit? Welche gedanklichen „heiligen Kühe“ stehen uns im Weg, wenn es darum geht, Argumente zu beurteilen, die für uns neu sind? Dazu zwei Beispiele:

Gott kann man nicht beweisen! Warum soll ich mich mit etwas auseinandersetzen, das man nicht beweisen kann? Aber: Was ist ein Beweis und was kann man überhaupt „beweisen“? Da diese Frage nicht so einfach zu beantworten ist, wie es vielleicht scheint, möchte ich darauf in Abschnitt 2.5 ausführlicher eingehen.

Wunder sind undenkbar! Wenn etwas als undenkbar, unmöglich oder alternativlos dargestellt wird, sollte man hellhörig werden. Ein Beispiel, das in Kapitel 4 noch eine Rolle spielen wird, ist die Behauptung, Wunder seien einfach unmöglich. Warum eigentlich? Für diese „Unmöglichkeit“ muss es Argumente geben!