Gott verändert Menschen durch Gebet - Roger Peugh - E-Book

Gott verändert Menschen durch Gebet E-Book

Roger Peugh

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Beschreibung

Echte Seelsorger beschreiben in ihrem Buch, wie wichtig eine Haltung des Gebets im Dienst am Hilfesuchenden ist. Die Autoren glauben, dass viele christliche Seelsorger das auf natürliche Weise zu tun versuchen, was nur auf übernatürliche Weise getan werden kann. Ihre Ausführungen sind durchdrungen von der Schrift. Statt von humanistischer Psychologie ist das Buch von Gottes Wort und Gebet geprägt. "Wie verändert Gott Menschenleben?, Wie werden christliche Seelsorger mit Burnout fertig?, Wo können Seelsorger Unterstützung für ihren wichtigen Dienst finden?"...sind nur einige der Fragen, die die Autoren fundiert beantworten. Eine wertvolle Hilfe für alle Mitarbeiter in Seelsorge und Beratung.

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Roger D. Peugh / Tammy Schultz

Gott verändert Menschen durch Gebet

This book is published in the United States by BMH Books, P.O. Box 544, Winona Lake, Indiana 46590 with the title Transformed in His Presence: The Need for Prayer in Counseling, © 2005 by Roger Peugh and Tammy Schultz.

Translated by permission and arranged by F. J. Rudy and Associates.

Roger D. Peugh / Tammy Schultz

Gott verändert Menschen durch Gebet

1. Auflage 2016

© Lichtzeichen-Verlag GmbH, Lage

Coverbild: Shutterstock, Stefano Buttafoco

eBook-Konvertierung: CPI books GmbH, Leck

ISBN eBook: 978-3-86954-824-1

Bestell-Nr.: 548824

ISBN Printausgabe: 978-3-86954-266-9

Bestell-Nr.: 548266

Edition BSB

Abteilung: Praktische Theologie

Band 9

Die Edition BSB wird herausgegeben vom Bibelseminar Bonn (BSB), einer freikirchlichen theologischen Ausbildungsstätte, die Studierende in einem drei- und einem fünfjährigen Ausbildungsgang für die ehrenamtliche und vollzeitliche Mitarbeit in Gemeinde und Mission vorbereitet.

Die Edition BSB macht Forschungsergebnisse von Dozenten und Studierenden des BSB einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich und möchte so der christlichen Gemeinde im deutschsprachigen Europa dienen.

Bibelseminar Bonn

Ehrental 2-4

53332 Bornheim/Bonn

www.bsb-online.de

Inhalt

Einführung: Wofür wir gemacht wurden – Warum ein Buch über Gebet und Seelsorge?

Kapitel 1: Verwandelt in Seiner Gegenwart – Was wird gebraucht in der Seelsorge?

Kapitel 2: Du sollst immer an meinem Tisch essen – Was ist Gebet?

Kapitel 3: Brücken bauen und Löcher graben – Was ist christliche Seelsorge?

Kapitel 4: Das Geschenk, das wir wirklich brauchen – Warum lässt Gott Leid zu?

Kapitel 5: Nicht die Antwort, die ich erwartet hatte – Warum lässt Gott uns warten?

Kapitel 6: Gebetsfreunde – Wie können wir Unterstützung in der Seelsorge geben und empfangen?

Kapitel 7: Wie können wir Nichtchristen beraten – (und andere, die nicht über Gott sprechen wollen)?

Kapitel 8: Schönheit statt Asche – Wie sieht echte Veränderung aus?

Kapitel 9: Wenn die Reise zu beschwerlich ist – Wie können christliche Seelsorger mit Burnout fertig werden?

Kapitel 10: Kommt, lasst uns aufbauen – Die Reise des Gebets

Wofür wir gemacht wurden

Warum ein Buch über Gebet und Seelsorge?

… wenn je ein Echo zurückkäme, das nicht leiser werden würde, sondern zunähme, bis es selbst zum Geräusch würde, würdest du es wissen. Über jeden Zweifel erhaben würdest du sagen: „Hier ist endlich das, wofür ich gemacht wurde.“ – C.S.Lewis

Ein Beispiel aus Tammys Leben

Ich hatte schon etwa eine Stunde lang geschlafen, als ich vom Bimmeln des Telefons geweckt wurde. Es war meine gute Freundin Yvonne, die von unterwegs aus ihrem Auto anrief. Sie klang bekümmert: „Kann ich vorbeikommen und ein bisschen mit dir reden?“

„Natürlich!“ antwortete ich. Ein paar Minuten später saßen wir in meinem Wohnzimmer, als das Telefon erneut klingelte. Ich wunderte mich wiederum darüber. Zum zweiten Mal an diesem Abend dachte ich: Wer könnte mich so spät noch anrufen?

Die wohlbekannte Stimme meines Vaters klang aus der Leitung und er kam direkt zur Sache mit Worten, auf die ich nicht vorbereitet war: „Mama ist gestorben, Tammy.“

„Nein, Papa, nein“, schluchzte ich, „ich hab doch vorhin noch mit Mama gesprochen.“ Es war der Abend des Muttertags und bevor ich zu Bett gegangen war, hatte ich sie angerufen. Sie hatte mir gesagt, dass sie sich so sehr darauf freue, mich in Indiana zu besuchen. Wir sagten zu einander die vertrauten Worte, die wir uns gegenseitig so oft gesagt hatten: „Ich hab dich lieb.“

Meine Mutter war meine beste Freundin und die Person, die den größten geistlichen Einfluss auf mein Leben gehabt hatte. Nun war mein geistliches Vorbild gestorben. Während dieser ganzen Nacht voller Schmerz wich Yvonne nicht von meiner Seite. Ohne mein Wissen hatte mein Vater zuerst sie angerufen und gebeten, bei mir zu sein, wenn ich seinen Anruf entgegennähme. Niemals werde ich das Geschenk ihrer treuen und beruhigenden Gegenwart vergessen.

Als ich am nächsten Morgen in Winnipeg ankam, ging ich direkt zu der kleinen Wohnung meiner Mutter. Am allerwichtigsten war es mir, ihre Bibel und ihre Gebetstagebücher zu finden. Meine Mutter war von Gesprächen mit unserem Gott geradezu so angezogen wie ein Kätzchen von einem Flecken Sonnenschein. Während der letzten 35Jahre ihres Lebens litt sie an einer schwächenden Krankheit. Die zahlreichen Krankenhausaufenthalte und schweren Nöte brachten sie zu einem ganz anderen Dienst für den Herrn, als sie es sich je vorgestellt hatte. Die Krankheit zwang sie, ihre Vorträge vor Frauengruppen und ihren Unterricht für Erstklässler aufzugeben, und brachte sie stattdessen zu einem stilleren Dienst – einem Dienst, der in seiner Stille kraftvoll ist. Sie brachte ihre Tage damit zu, für Menschen zu beten.

Neben ihrem Bett fand ich ihre Bibel und einen Stapel von Notizheften, wie man sie für 39Cent bekommt, angefüllt mit ihren Gesprächen mit Gott. Ich hielt sie fest in meiner Hand. Mama hatte mir gesagt, dass ich eines Tages ihre Tagebücher haben könnte, und diese Zeit war nun gekommen. Ich fand eine ruhige Ecke und begann eine Seite nach der anderen zu lesen. Tränen strömten mir über die Wangen, mein Herz war so voll Schmerz über ihren Tod. Gleichzeitig fühlte ich mich so geliebt wie noch nie zuvor.

Seite um Seite entdeckte ich Gespräche mit unserem himmlischen Vater über meinen Bruder und mich. Sie brachte unaufhörlich unsere Lasten und Freuden vor Gott. Sie verbrachte jeden Tag Stunden damit, uns im Gebet vor den Herrn zu tragen, so wie Mose mit erhobenen Armen für das Volk Israel gefleht hatte (2. Mose 17). Ich wusste, dass Mama eine Frau des Gebets war. Mit Gott zu sprechen war unauflöslich mit ihrem Lebensstil verwoben. Oft riefen Leute an, und sie betete für sie am Telefon. Wenn Schwierigkeiten auftauchten, ließ Mama alles stehen und liegen und schlug vor: „Lass uns beten!“ Noch hatte ich nicht ganz die Tiefe ihrer Beziehung zu Gott verstanden bis zu jenem Tag, als ich von ihren Gebetstagebüchern umgeben war. Den Thron des Himmels um ihrer Kinder willen zu bestürmen, das war ihr heiliges Opfer und ihre größte Freude. Ihre Liebe füllte mich völlig aus.

Die Enttäuschungen und Entbehrungen in dieser Welt treiben uns immer in irgendeine Richtung. Sie drückten meine Mutter näher an Jesus heran. Sie war körperlich schwach, aber geistlich stark durch ihre innige Beziehung zu ihrem Vater im Himmel. Während der Tage, Wochen und Monate der Trauer, die auf ihre Beerdigung folgten, betrachtete ich ihr hinterlassenes Erbe nachdenklich. Mama war fort. Sie hatte wenig Geld gehabt und wenig materielle Erbstücke hinterlassen. Und doch war das Vermächtnis meiner aus Texas stammenden Mutter mehr wert als alles Öl in Texas. Mir wurde zunehmend klar, dass ich mich nicht länger darauf verlassen konnte, dass sie für die täglichen Ereignisse meines Lebens beten würde. Jetzt war ich dran.

Das an mich weitergereichte Vermächtnis bestand darin, ebenso nach Gemeinschaft mit Gott zu hungern und für andere zu beten, wie sie es getan hatte. Mama, deren Leben sich überwiegend im Sitzen abgespielt hatte, war unverzüglich zum Herzen Gottes gerannt. Und nun hielt ich das Staffelholz – in Gestalt der 39-Cent-Gebetstagebücher – und war aufgefordert, mein Lauftempo zu erhöhen in dem Wettlauf, den sie so treu gelaufen war, um Gott zu kennen, ihn zu lieben und ihm zu vertrauen. Ihr Leben ermutigte mich dazu, mein Lauftempo zu erhöhen und den Wettlauf weiter zu laufen.

D.L.Moody beobachtete: „Jedes Handeln Gottes kann auf eine kniende Person zurückgeführt werden.“ Ich bin heute die Person, die ich bin, wegen meiner knienden Mutter. Und wir können dieses Erbe wie jedes andere Erbe entweder gut nutzen, indem wir es mit anderen teilen, oder wir können es horten und es fest in unserer Faust halten. Gegenwärtig ist es mein größtes Verlangen, mein Vermächtnis an andere weiterzugeben – meine Studenten, Freunde, Familienangehörige und andere einzuladen, kniende Menschen zu sein. Andere dazu einzuladen, auf Gottes Schoß zu klettern, ist das, wofür ich gemacht wurde.

Ein Beispiel aus Rogers Leben

Es war mitten an einem Samstagnachmittag. Meine Frau und ich waren gerade bei der Gemeinde angekommen, in der ich während meines Studiums am Theologischen Seminar als Assistenzpastor1 arbeitete. Wir waren frühzeitig gekommen, um noch einige letzte Vorbereitungen für eine Jugendveranstaltung an jenem Abend zu treffen. Plötzlich schwang die Seitentür des Gottesdienstraumes auf und Pastor Bracker, mein Mentor, stürzte herein. Er war erschöpft und offensichtlich verzweifelt. Schnell schüttete er sein Herz aus: Ein Selbstmordgefährdeter – wir nennen ihn Adam – war mit einer Pistole von zu Hause weggegangen. Der Pastor hatte Adams Kind stundenlang auf den Schultern getragen, während sie die Felder in der Nähe seines Hauses durchkämmten, um ihn zu suchen, und er hatte nach ihm gerufen, bis er heiser war.

Dort im Gemeindesaal fiel er auf seine Knie und begann zu schluchzen, er schrie zu Gott für Adam und seine Frau und seine Kinder. Ich erinnere mich noch, wie ich dachte, während der Pastor weinte und mit Gott rang, dass ich von dieser Art des Betens nichts wusste. In den 14Jahren meines Lebens mit Christus hatte ich an vielen Gebetstreffen teilgenommen und einige dramatische Antworten auf Gebete erlebt. Aber an diesem Tag als jung verheirateter Mann Anfang Zwanzig bat ich Gott, mich zu lehren, mit dieser Art Leidenschaft und Intensität zu beten. Dass Gott Adam von seinem selbstzerstörerischen Vorhaben befreite, war weiterer Brennstoff für diese wachsende Flamme in meinem Herzen.

Bei jeder Gelegenheit, in jeder denkbaren Umgebung und zu jeder Tages- und Nachtzeit betete Pastor Gordon Bracker mit mir und anderen. „Lasst uns jetzt gleich dafür beten!“ war sein typischer Vorschlag. Er hielt wahrscheinlich großartige Predigten über Gebet während dieser drei Jahre, die ich dort als Assistenzpastor war, aber ich kann mich an keine einzige erinnern. Stattdessen waren es seine Gebetsgewohnheiten, die begannen, meine eigenen zu werden. Er betete zu Beginn eines Seelsorgegesprächs und noch einmal am Ende. Er betete mit Leuten am Telefon und ermutigte jeden in der Gemeinde, das gleiche zu tun. Auf einem Aufkleber, den er am Gemeindetelefon angebracht hatte, stand: „Bete mit ihnen, bevor du auflegst.“ Er betete mit Leuten in Fluren, Eingangsbereichen, Krankenzimmern und unter freiem Himmel.

Das Gebetsleben der Brackers war geformt worden durch eine Liebe zu Gott, Mitleid für die Menschen und viele schmerzliche Erfahrungen. Anfang Juni – nur einige Monate bevor unser Gemeindedienst dort begann – war ihr jüngster Sohn Ben bei einem Frontalunfall ums Leben gekommen. Ihre Trauer war noch sehr frisch, als einige Wochen später der Pastor beinahe an einem geplatzten Blinddarm starb. Frau Bracker hielt Wache am Bett ihres Mannes und schrieb unzählige Danksagungskarten an diejenigen, die ihnen zu Bens Tod ihr Beileid ausgesprochen hatten, und dabei wusste sie nicht, ob ihr geliebter Mann überleben würde.

Wenn ich zurückschaue, ist es einfach zu sehen, dass der Herr dieses hingegebene Ehepaar gebraucht hat, um mich immer näher zu sich zu ziehen und um Gewohnheiten zu entwickeln, die ich behalten und vertiefen möchte. Und wundert es dich zu erfahren, dass niemals auch nur die Andeutung einer Spannung zwischen uns entstand während dieses dreijährigen Gemeindepraktikums und der folgenden Jahre?

Im Jahre 1987 lehnte ich mich nur wenige Stunden vor seiner Herzoperation über das Krankenhausbett von Pastor Bracker, um mit ihm ein letztes Mal zu beten. Tränen der Liebe und Dankbarkeit flossen, als wir uns gegenseitig sagten, wie sehr wir einander liebten, und gemeinsam mit unserem Gott sprachen. Er wachte von dieser Operation nicht mehr auf.

Ein anderes Staffelholz war übergeben worden. Frau Bracker nahm es entgegen und begann einen Dienst der Fürbitte, der noch heute fortdauert. Diese über neunzigjährige Frau hat während der letzten 18Jahre täglich für meine Frau und mich und zahllose andere Menschen gebetet, und sie betet noch heute, während dieses Kapitel geschrieben wird.

Nachdem mein Mentor zu seinem Herrn gerufen wurde, wurde es mir leidenschaftlich wichtig, weiterhin unablässig nach Gemeinschaft mit Gott zu streben und, wie es Pastor Bracker mit mir getan hatte, so viele andere, wie ich konnte, anzuschubsen und einzuladen, zu Gottes Festmahl zu kommen.

Wofür wir gemacht wurden

Durch die betende Lebensweise dieser geliebten Mentoren und durch großen Schmerz, den das Leben uns zufügt, entdecken wir, was es bedeutet zu beten. Durch Gebet und durch Gottes großzügige Liebe haben wir einen Platz in seinem Festsaal gefunden – Teller mit unserem Namensschild, einen warmen und sicheren Ort, wo wir willkommen und geliebt sind. Wir wurden dafür geschaffen, unser Leben dort zu verbringen. Und wir wurden dafür geschaffen, andere zu finden, die wir dort noch vermissen und die Gott vermisst; andere, die zwar Einladungen erhalten haben, die aber noch nicht gekommen sind. Manche denken, dass sie nicht willkommen sind. Andere irren in der dichten Finsternis und dem peitschenden Regen umher. Wieder andere sind auf dem Weg zwischen die Felsen gestürzt oder wurden in der Nacht angegriffen und verwundet. Manche haben ihre Einladung verlegt und ihnen ist gar nicht bewusst, dass sie vermisst werden.

Wir haben uns entschlossen, auf die Suche zu gehen, Laternen und Taschenlampen in die dunklen Gegenden zu tragen, in die dichten Wälder und die einsamen Felder und die steilen Berge, wo der Regen das Licht verschluckt und alle Menschen alleine sind. Wir haben Verantwortung für andere Menschen – wir sind Seelsorger, Pastoren, Sozialarbeiter, Missionare, Lehrer, Studentenbetreuer, Eltern und Freunde. Und wir werden gehen.

Andere einzuladen, auf Gottes Schoß zu klettern – das ist es, wofür wir gemacht wurden. So viele andere wie möglich anzustoßen, zu Gottes Festmahl zu kommen – das ist es, wofür wir gemacht wurden. Wir haben den Dienst der Seelsorge gewählt, damit wir Menschen helfen könnten, heil zu werden, und damit wir ihnen helfen könnten, Gott zu entdecken. Wir haben dieses Buch geschrieben, um Menschen aufzurufen, dass sie Zwiesprache mit Gott halten im Gebet.

Roger unterrichtet seit mehr als zehn Jahren am Grace College und Theologischen Seminar einen Kurs mit dem Namen „Prinzipien und Praxis des Gebets“. Einige Mitarbeiter des Studienganges für Seelsorge nahmen an diesem Kurs teil und begannen, mit Tammy zu beten, die die Vorsitzende des Studienganges für Seelsorge ist. Kurz danach bat Tammy Roger, vor Lehrkörper, Mitarbeitern und Studenten der Seelsorgeabteilung und deren Ehepartnern über das Thema Gebet und Seelsorge zu sprechen.

Roger nahm die Einladung gerne an. In der Vorbereitung auf jenen kalten Januarabend in Indiana sah Roger sorgfältig viele seiner fast 150Bücher über Gebet durch auf der Suche nach irgendetwas zu diesem Thema. Dann wandte er sich den Büchern über Seelsorge zu. Das Ergebnis dieser langwierigen Suche: ein Kapitel. Während der letzten paar Jahre sind eine Handvoll Bücher und Artikel aufgetaucht, aber eine komplette Abhandlung, die Gebet und Seelsorge gemeinsam betrachtet, fehlte auffälligerweise. Wir wollten diese Lücke füllen, und so entstand dieses Projekt.

Dieses frischgebackene Projekt bewegte Roger in seinen Gedanken, als er in einer Schreibwarengroßhandlung am Ort eine Kollegin traf. Zwischen den Regalen mit Computerzubehör blieben beide stehen, um sich zu unterhalten, und das Projekt über Gebet und Seelsorge tauchte auch im Gespräch auf. „Hmm, Gebet und Seelsorge“, sagte sie „diese beiden Themen scheinen irgendwie nicht zusammen zu passen.“

Sie sagte das ganz sachlich. Das war eine treffende Beobachtung und keine Verurteilung. Gebet und Seelsorge waren lange als zwei verschiedene und voneinander unabhängige Bereiche angesehen worden.

Auch Tammy wurde an die Entfremdung des Gebets und der praktizierten Seelsorge erinnert, als ein Mann aus einem Gemeindeausschuss sich mit einer Frage an sie wandte. Die Gemeinde dieses Mannes hatte gerade keinen Hauptpastor und der Ausschuss machte sich Gedanken über die Qualitäten, die ein neuer Pastor haben sollte. Tammy erwähnte Apostelgeschichte 6Vers 4, wo erklärt wird, dass ein geistlicher Leiter ein Mann des Gebets sein soll und jemand, der das Wort Gottes liebt. Der Mann antwortete: „Hmm, daran hab ich noch gar nicht gedacht. Ich werde ‚Gebet‘ mit auf die Liste setzen“. Seine Antwort ließ Tammy unvermittelt innehalten. Dieser Mann hatte niemals auch nur darüber nachgedacht, dass der Leiter einer Gemeinde ein betender Mann sein sollte! Diese vollständige Trennung voneinander ist tragisch.

Durch diese und andere Erfahrungen hat uns der Herr veranlasst, über die Wiederheirat dieses geschiedenen Paares „Gebet und Seelsorge“ zu schreiben. Wir glauben, dass Gott betrübt ist über die Trennung dessen, was er als unzertrennliches Paar geplant hatte. Wir vertrauen darauf, dass du als Leser bald spüren wirst, was wir leidenschaftlich glauben: dass wahre Heilung letztendlich aus einer Begegnung mit Gott kommt, und dass das Einladen anderer Menschen zu einer grundlegenden Veränderung in ihrem Leben – einer Veränderung ihres ganzen Seins – davon begleitet werden muss, den Herrn anzurufen.

Zum Nachdenken:

Beschreibe eine Person in deinem Leben, die ein Mann oder eine Frau des Gebets ist. Was hat diese Person dich über Gebet gelehrt?

Verwandelt in Seiner Gegenwart

Was wird gebraucht in der Seelsorge?

Diejenigen, die den tiefsten Eindruck hinterlassen haben auf dieser mit Sünde verfluchten Erde, waren Männer und Frauen des Gebets. – Dwight L.Moody

Das Endziel des Gebets ist es, hinweggerückt zu werden zu Gott. – Gregory Palamas (1296 -1359)

Jesus, ich komme: Ein Beispiel aus Rogers Leben

Die Sterne standen am Himmel, als meine Frau Nancy und ich das Krankenhaus nach einem langen Tag verließen. Nancys Mutter LaVerna wurde zusehends schwächer. Wir küssten sie zärtlich und gingen nach Hause. Um halb zwei in der Nacht klingelte das Telefon neben unserem Bett. Die Schwester teilte uns mit, dass Nancys Mutter ziemlich aufgeregt sei, das Bett verlassen und nach Hause gehen wolle. „Ich bin in wenigen Minuten da“, antwortete ich. Ich verteilte etwas Rasierwasser auf meiner Haut, griff nach einem Gesangbuch und fuhr zum Krankenhaus. Als ich ihr Zimmer betrat, war sie wach.

Ich setzte mich neben LaVernas Bett, nahm ihre rechte Hand, öffnete das Gesangbuch und begann zu singen – alle Verse von allen Liedern, die ich kannte. Beim Singen vieler der Lieder weinte ich. Ein Lied bewegte mich besonders:

Aus meinen Banden, Kummer und Leid,

Jesus, ich komm’, Jesus, ich komm’,

zu deiner Freiheit, Wonne und Freud’,

Jesus ich komm’ zu dir.

Aus den Gebrechen zu dir, mein Heil,

aus meiner Armut zum Erbeteil.

Aus all dem Meinen zu dir ich eil’.

Jesus, ich komm’ zu dir.

Aus meiner Furcht und Angst vor dem Grab,

Jesus, ich komm’, Jesus, ich komm’.

Hinein in die Freude und Licht deines Heims,

Jesus, ich komm’ zu dir.

Aus meinem Zagen zum Dankesdrang,

zu dir im Sturm, wo nimmer mir bang.

Aus Erdennot zum Jubelgesang, Jesus,

ich komm’ zu dir.

(Sleeper / Wm. J.Kirkpatrick)2

Dieses alte Lied war oft am Ende eines Gottesdienstes gesungen worden, während Menschen nach vorne kamen, um ihr Leben Jesus anzuvertrauen. In dieser Nacht war es das erste Mal, dass ich diese Worte einer Person vorsang, die im Sterben lag. Ihre Botschaft wurde lebendig mit einer neuen Bedeutung. Meine Schwiegermutter würde bald Jesus persönlich sehen. Sehr bald würde sie in seinen liebevollen Armen geborgen sein. Weil diese Worte eigentlich direkt an Jesus gerichtet waren, wurde mir klar, dass ich meiner schwachen Schwiegermutter half, ein Gebet zu Jesus zu singen.

Während des Singens legte LaVerna zärtlich ihre andere Hand auf meine. Neunzig Minuten lang hatte ich gesungen, und diese Frau war darüber friedlich geworden. Da fragte ich sie: „Mutter, möchtest du dich gerne aufsetzen?“

„Gerne“, antwortete sie. Ich lehnte sie vorsichtig gegen meine Schulter und hielt sie behutsam im Arm. „Du riechst aber gut!“ sagte sie. Ich lächelte.

„Mutter, dein Katheter-Beutel ist leer und das bedeutet, dass deine Nieren nicht mehr arbeiten.“ Ich wollte mit ihr über ihre nahe Abreise sprechen. „Ich frage mich, warum?“, sagte sie. „Ich weiß es nicht, Mutter, aber es bedeutet, dass du Jesus sehr bald sehen wirst.“ „Oh, das wird großartig sein!“, antwortete sie mit Begeisterung. Und dann fügte sie hinzu: „Roger, du bist der beste Schwiegersohn der Welt.“ Dieser Satz war einer der größten Schätze, den meine Schwiegermutter mir je gab.

Ich sang für weitere 45Minuten und fuhr dann nach Hause, damit Nancy kommen und bei ihrer Mutter sein konnte. Ein paar Stunden später ging sie friedlich in die liebevollen Arme ihres Herrn hinüber.

Ich lernte wertvolle Lektionen in dieser Nacht. Als eine sterbende Frau wollte meine Schwiegermutter nicht allein sein. Die Worte und Melodien der alten, geschätzten Lieder richteten ihre Aufmerksamkeit auf den Herrn, den sie liebte. Sie brauchte Gott in dieser Nacht, und beim rapiden Schwund ihrer Kräfte brauchte sie jemanden, der ihr in die Gegenwart Gottes half. Mit dieser Hilfe fand sie Frieden.

Diese bedeutenden Stunden bleiben meine kostbarste Erinnerung unserer dreißigjährigen Beziehung. Ich war bei ihr, zeigte ihr meine Liebe und erfuhr ihre zarte Liebe. Ich half ihr, Gottes Frieden zu erleben, als sie ihren Blick auf ihn richtete. Sie hatte in dieser Nacht nicht die Kraft, Sätze zu formulieren. Worte waren nicht wichtig. Gott sah ihr Herz und ihre Liebe zu ihm, und er erfüllte sie mit seinem Frieden.

Es kommt nicht jeden Tag vor, dass Seelsorger mit Menschen zusammensitzen, die sterben werden, noch bevor die Sonne aufgeht. Aber jeden Tag sitzen Seelsorger mit Menschen zusammen, die an ihrem persönlichen Krisenpunkt stehen – an Stellen des Leides und einer drohenden Lebenswende. Wenn wir über diese bedeutungsvolle letzte Nacht mit LaVerna nachdenken, werden uns einige Wahrheiten über Seelsorge und Gebet klarer. Menschen in Not brauchen Gott in ihren lähmenden Krankheiten, in ihren plötzlich scheiternden Ehen, in lähmender Trauer, in ihren Süchten und ihrer schäumenden Bitterkeit. Sie brauchen jemand, der ihnen hilft, sich dessen bewusst zu werden, dass der Herr immer da ist.

Der Herr ist denen nahe, die ein zerbrochenes Herz haben (Psalm 34,19). Aber Tatsache ist, wenn verletzte und verletzende Menschen Pastoren und Seelsorger aufsuchen, dass sie es meistens noch nicht begriffen haben, dass es ihr größtes Bedürfnis ist, Gott zu begegnen. Sogar ein Seelsorgesuchender, der Gott-ablehnend in eine säkulare Lebensberatungsstelle marschiert, braucht dringend die lebensverändernde Begegnung mit Gott. Manchmal kann zunächst recht wenig gesagt werden, um Not leidende Menschen in Gottes Gegenwart zu begleiten. Vieles hängt von der Einstellung der betroffenen Person und dem Kontext des Beratungstreffens ab. Zu anderen Zeiten sind die, die wir beraten, wie LaVerna – hungrig, verzweifelt und warten darauf, auf Jesus ausgerichtet zu werden, damit sie ihm begegnen.

Belastete Menschen schleppen alle möglichen Gepäckarten vor den Seelsorger. Menschen sind von allerlei Leid geplagt: Verlust des Arbeitsplatzes, Beziehungen, die in die Brüche gehen, quälende Erinnerungen. Unzählige Personen kommen zu Beratern und flüstern: „Ich habe noch niemandem davon erzählt“, und dann erzählen sie erdrückende Geschichten von Verletzungen und Schmerz. Sie offenbaren persönliche Verletzungen, die kein menschliches Wesen je zu ertragen haben sollte. Diese Welt ist voller Belastung. Das Todestal hat viele Schluchten und unabsehbare Gefahren. Es ist erschütternd, mit verzweifelten Menschen durch diese Finsternis zu wandern.

In der Welt habt ihr Schwierigkeiten

In Hiob 14,1 erklärt ein ausgezehrter Hiob: „Der Mensch, von der Frau geboren, lebt [nur] kurze Zeit und ist voll Unruhe.“ Die Sängerin Pam Thum greift diesen Gedanken in einem Liedtext auf: „Life is Hard (God is Good)3“ (Das Leben ist schwer (Gott ist gut). Der Text lässt die Seifenblase des utopischen Denkens platzen. Jesus selbst sagte: „In der Welt habt ihr Bedrängnis“ (Johannes 16,33).

Schmerz und Leid sind unvermeidlich. Und doch haben Schwierigkeiten, die durch Gottes Hand ausgesiebt wurden, eine besondere Aufgabe. Manche Schwierigkeiten sollen uns herausrufen und uns dazu bringen, den anzurufen, der uns inmitten der Schwierigkeiten helfen kann. In der Schrift lesen wir von vielen Menschen, die von Problemen belagert Gott anriefen. 2. Mose 2,23: „Und die Kinder Israels seufzten über ihre Knechtschaft und schrieen. Und ihr Geschrei über ihre Knechtschaft kam vor Gott.“ Und als sie Gott anriefen, „erhörte [er] ihr Wehklagen, und Gott gedachte an seinen Bund mit Abraham, Isaak und Jakob. Und Gott sah auf die Kinder Israels, und Gott nahm sich ihrer an.“ (2. Mose 2,24-25, Hervorhebung durch den Autor).

In Lukas 18,13 rief ein Mann, der seine eigene schreckliche Sünde erkannte, den Herrn an: „O Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Unser Herr erlebte Schwierigkeiten und rief Gott an: „Dieser hat in den Tagen seines Fleisches sowohl Bitten als auch Flehen mit lautem Rufen und Tränen dem dargebracht, der ihn aus dem Tod erretten konnte, und ist auch erhört worden um seiner Gottesfurcht willen“ (Hebräer 5,7). Gott hörte alle diese Rufe; er hört immer zu, wenn er den Klang unserer Stimme hört.

E.M.Bounds, der Prophet des Gebets, der vor beinahe zweihundert Jahren geboren wurde, erklärte:

„Not treibt Menschen oft in das Gebet zu Gott, während Gebet ja die Stimme Not leidender Menschen ist, … Gebet befreit oft von der Not und gibt – noch häufiger – die Kraft, die Not zu ertragen, es gibt Trost in der Not und bewirkt Geduld inmitten der Not. Weise ist derjenige in der Not, der seine wahre Kraftquelle kennt und das Beten nicht unterlässt.“4

Was nur Gott tun kann

Während seines Dienstes in Stuttgart lernte Roger durch seine Erfahrungen mit Christen in Deutschland, dass Psalm 50,15 von Deutschen oft als Gottes Telefonnummer bezeichnet wird. „Rufe mich an am Tag der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich ehren!“ Dies ist eine Nummer, die man sich in jedem Telefonbuch dick anstreichen sollte! Gott in schwierigen Zeiten anzurufen, ist die passende Verhaltensweise für Menschen in Not. Und doch haben wir leider in dieser Welt der Handys und der schnellen elektronischen Nachrichten beobachtet, dass jede Menge Seelsorger sich mit Menschen zusammensetzen, die verzweifelte Situationen ertragen, ohne Gott anzurufen. Selbst Gott anzuflehen oder andere anzuleiten, ihn um Hilfe zu bitten, steht nicht auf der Prioritätenliste.

Der inzwischen verstorbene Autor und Professor Lewis Smedes wurde gebeten, eine angesehene christliche Hochschule für Psychologie zu beobachten im Bezug auf die Integration der theologischen und psychologischen Kenntnisse. Er schrieb folgendes: „Was mir in diesen drei Monaten am meisten auffiel, war dies: Ich denke nicht, dass sich christliche Psychologie darüber im Klaren ist, was nur Gott tun kann, im Gegensatz zu dem, was Psychotherapie tun kann, um Heilung zu bewirken.“ 5

Wir sind am Ziel vorbeigeschossen. Viele christliche Berater haben Gottes Telefonnummer vergessen, verloren oder sich niemals notiert. Wie ist das passiert? Wir wissen, dass die westliche Gemeinde – pauschal gesehen – wenig betet. Um diese Tatsache zu belegen, vergleiche den Gottesdienstbesuch mit der Teilnehmerzahl bei der Gebetsstunde. Wenige Predigerseminare bieten Gebetsunterricht an. Sogar an christlichen Ausbildungsstätten für Seelsorge wird selten vorgelebt oder unterrichtet, dass Gott um Hilfe zu bitten das große Vorrecht und die Verantwortung des Seelsorgers ist.

In der Ausbildung christlicher Seelsorger legen wir großen Wert darauf, falsches Denken zu korrigieren und Verhaltensweisen zu ändern. Wir geben den Studenten umfassende Kenntnisse weiter über Ethik und Gesetze, Diagnosen und Süchte – wichtiger Lernstoff und sogar notwendig in der heutigen Welt. Trotzdem denken wir, dass wir uns zu oft total auf unsere hervorragende Ausbildung und unsere gründlichen Nachforschungen verlassen haben, und dass wir den Gott des Himmels am Rande des Heilungsprozesses gelassen haben. Wir haben versucht, das mit natürlichen Mitteln zu tun, was nur mit übernatürlichen Mitteln getan werden kann. Oder wir legen in christlichen Seelsorgegesprächen Gott gegenüber nur ein Lippenbekenntnis ab und heften nur am Ende der Zusammenkunft noch ein Gebet an – oft mehr als ein Signal für bedrängte Menschen, dass das Gespräch nun vorüber sei, als eine wirkliche Bitte um Hilfe.