Gottes Werk und unser Beitrag - Carsten Frerk - E-Book

Gottes Werk und unser Beitrag E-Book

Carsten Frerk

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Beschreibung

"Gottes Werk und unser Beitrag" ist das erste Kompendium, das sich der Kirchenfinanzierung in Österreich systematisch widmet. Die beiden Autoren, ausgewiesene Spezialisten zum Thema, haben Informationen zusammengetragen und gebündelt. Zeitgleich zum Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien in Österreich legen sie nun das Standardwerk mit vielen neuen Details und Zusammenhängen vor - für alle kritischen Leserinnen und Leser in Sachen Kirche und Staat. Wie groß ist der Privatbesitz der Bischöfe? Ist die Kirche arm? Davon kann keine Rede sein, wie die Autoren umfassend klären. Sie hinterfragen und widerlegen aber auch einige Mythen, wie "zehn Prozent der Wiener Immobilien gehören der Kirche". Netzwerke zwischen Kirche, Politik und Wirtschaft werden aufgedeckt. Die Ergebnisse bergen überraschende Details: Wer noch nicht wusste, dass das Bundeskanzleramt ein Patronat des kaiserlichen Hauses Österreich weiter bedient, dem wird auch nicht bekannt sein, dass die Auslandsschule der Republik Österreich in Istanbul in der Hand von missionierenden Ordensgemeinschaften ist und dass es sich bei der gelebten Nächstenliebe um eine Caritas-Legende handelt. Es ist ein Werk entstanden, das es bisher in Österreich nicht gegeben hat, ein wahrer Paukenschlag an Information und Erkenntnis.

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Carsten Frerk – Christoph Baumgarten

GOTTES WERK UND UNSER BEITRAG

Kirchenfinanzierung in Österreich

Carsten Frerk – Christoph Baumgarten

GOTTES WERK UND UNSER BEITRAG

Kirchenfinanzierung in Österreich

unter Mitarbeit von Niko Alm, Christian Fiala, Evelin Frerk, Wolfgang Huber, Hanspeter Kriegl, Jakob Purkarthofer, Sepp Rothwangl und Monika Zacher

Czernin Verlag, Wien

Produziert mit Unterstützung der Kulturabteilung der Stadt Wien, Wissenschafts- und Forschungsförderung (MA 7)

Frerk, Carsten; Baumgarten, Christoph: Gottes Werk und unser Beitrag. Kirchenfinanzierung in Österreich / Carsten Frerk, Christoph Baumgarten Wien: Czernin Verlag 2012 ISBN: 978-3-7076-0431-3

© 2012 Czernin Verlags GmbH, Wien Lektorat: Sabine Edith Braun Umschlaggestaltung: sensomatic Satz: Burghard List Produktion: www.nakadake.at ISBN E-Book: 978-3-7076-0431-3 ISBN Print: 978-3-7076-0430-6

Alle Rechte vorbehalten, auch das der auszugsweisen Wiedergabe in Print- oder elektronischen Medien

»Veritas filia temporis«

»Die Wahrheit (ist) eine Tochter der Zeit«

Aulus Gellius (um 130–180) Noctes Atticae 12,11,7

VORWORT

Das Konzept für dieses Buch wurde im Herbst 2011 entwickelt, als sich zeigte, dass die katholische Kirche in Österreich sich durch nichts beirren ließ, ihre traditionelle Grundhaltung »Wir tun doch so viel Gutes« selbstkritisch zu hinterfragen und zu erläutern, wer es denn bezahlt, dieses Gute.

Als weiteres Element kam hinzu, dass die Engagierten des »Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien« immer wieder zu hören bekamen, dass die Kirchen und die staatlich anerkannten Religionsgesellschaften gar keine Privilegien hätten. Das galt es zu klären.

Das Buch erhebt keinerlei Anspruch darauf, eine komplette Darstellung der Finanzen und des Vermögens der Kirchen zu liefern, was faktisch auch gar nicht möglich wäre, da zu viele Sachinformationen zu diesem Thema von der Kirche immer noch verschwiegen werden und der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.

In ausgewählten Themenschwerpunkten werden Fragen der Finanzierung von kirchlichen Einrichtungen und Dienstleistungen geklärt und deren Volumen möglichst genau benannt. Dabei wird alles als »Kirche« bezeichnet, was ein normaler Mensch (und auch die Kirche selbst) als solche ansieht.

Die Zahlen beziehen sich jeweils auf ein Jahr, sofern möglich, ist das 2010, ansonsten 2009 oder 2011.

Als Ergänzung zum vorliegenden Buch möchten wir auf die Internetseite (www.kirchenfinanzierung.at) verweisen, auf der sich weitere Zahlen, Daten und Fakten zum Thema finden lassen.

Unser Dank gilt den Menschen, die uns bei der Recherche und beim Schreiben dieses Buches unterstützt haben: Niko Alm, Vorsitzender des Zentralrats der Konfessionsfreien, Christian Fiala, Monika Zacher, Sepp Rothwangl und Jakob Purkarthofer vom Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien, Wolfgang Huber von der Allianz für Humanismus und Atheismus, Hanspeter Kriegl von der Giordano-Bruno-Stiftung Österreich und Evelin Frerk, Fotografin und Teammitglied des hpd.

Danken möchten wir auch Oliver-Martin Rapsch und Elke Schäfer, die den Text sorgfältig gegengelesen und verbessert haben.

Carsten Frerk und Christoph Baumgarten

Wien, im Juni 2012

EINLEITUNG

Österreich ist katholisch! Nun, ganz so einfach ist es zwar nicht mehr, aber historisch stimmt das schon.

Die Habsburger Monarchen galten mit ihrem strengen spanischen Hofzeremoniell und den kaiserlichen Hoheiten als die katholischsten Majestäten im deutschen Sprachraum. Nicht wie die Protestanten Preußens, der übermächtigen militärischen Konkurrenz, die aber dem katholischen Österreich kulturell natürlich nicht das Wasser reichen konnten. Mozart, Beethoven … – nein, der war nicht Österreicher und auch eher Pantheist als Katholik.

Ja, so war es einmal, und immer noch steht Wien in der kulturellen Dominanz der Bauten aus den Zeiten katholischer Majestäten wie Franz II. oder Maria Theresia, die statt Kriege zu führen den Grundsatz »Tu felix Austria, nube!« (Du glückliches Österreich, heirate!) beherzigten.

Versuchen wir, uns dem »katholischen Österreich« im heutigen politischen Alltag anzunähern.

Auch wenn manches davon auf den ersten Blick nicht zum Themenkreis »Finanzen, Vermögen und Wirtschaft im Raum der Kirchen in Österreich« zu passen scheint, gibt es Facetten, die das Verhältnis von Staat und Kirche illustrieren. Da viele der Regelungen, die auch die Finanzen der Kirche betreffen, politische Entscheidungen sind, fragt sich, wie freundschaftlich diese »unbezahlbare« Verbindung ist. Dafür einige wenige protokollarische Beispiele.

Wie viele andere Vereinigungen auch hat die Kirche die Möglichkeit, ihre Mitglieder und andere Menschen, die sich um diese Vereinigung verdient gemacht haben, mit Medaillen, Ehrenzeichen oder Orden entsprechend zu dekorieren.

So geschieht es auch, denn: »Jede Diözese hat ihre eigenen Orden und Auszeichnungen. Die Ehrenzeichen werden für besonders anerkennenswerte Verdienste im pastoralen oder in einem mit der katholischen Kirche zusammenhängenden sozialen, kulturellen, gesellschaftspolitischen oder organisatorischen Bereich von der jeweiligen Diözese verliehen.« Es gibt unter anderem das »Ehrenzeichen vom heiligen Stephanus« in drei Klassen (Erzdiözese Wien), den »St. Martinsorden« und die »Verdienstmedaille der Diözese«, jeweils in drei Klassen (Diözese Eisenstadt), »Florianmedaille«, »Severinmedaille«, »Wappenbrief«, jeweils in einer Klasse (Diözese Linz), »Verdienstorden der Heiligen Rupert und Virgil« in vier Klassen (Erzdiözese Salzburg), »Hemma-Medaille«, »Modestus-Medaille«, jeweils in drei Klassen (Diözese Gurk), »Ehrenzeichen der Diözese« in Gold und Silber, »Petrus Canisiusorden« (Diözese Innsbruck) und »Orden des heiligen Georg des Militärbischofs des österreichischen Bundesheeres« in neun Klassen (Österreichische Militärdiözese).1

Anders sieht es aus, wenn für kirchliche Verdienste staatliche Dekorationen verliehen werden, denn in der Gleichstellung von staatlichen Akteuren/Ehrenzeichen und kirchlichen Mitarbeitern werden die Partikularinteressen der Kirche gleichsam als gesellschaftlich wichtig und für alle Bürger als relevant anerkannt. Dies entspricht jedoch nicht der Realität, da staatliche und kirchliche Zwecke nicht identisch sind. Zudem ist eine derartige Gleichsetzung, wie sie vielleicht 1960 noch als Traditionsbestand ironisch lächelnd hinzunehmen gewesen wäre, heute, bei weniger als zwei Dritteln der Bevölkerung katholischer Kirchenmitglieder, nicht mehr zeitgemäß. Worum geht es?

Das »Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich« gibt es in zehn Stufen, das Verdienstzeichen in fünf Stufen. Die Vergabe erfolgt nach bestimmten protokollarischen Regeln. Unser Augenmerk gilt den klerikalen unter den Ausgezeichneten.

Wie zu erwarten, findet sich unter den Trägern der höchsten Stufe, dem »Groß-Stern des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich«, das Staatsoberhäuptern vorbehalten ist, kein Religionsführer. Auch der römisch-katholische Papst erhielt den Orden anlässlich seines Besuches 2007 nicht verliehen, obwohl er doch – wie es heißt – Staatsoberhaupt des Staates der Vatikanstadt ist.

In der zweiten Stufe, »Großes Goldenes Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich« (Rangstufe: Minister und Botschafter), finden sich bereits klerikale Träger: Jean-Louis Tauran, Kurienkardinal (1999), Donato Squicciarini, katholischer Erzbischof und Apostolischer Nuntius in Österreich (2000), Georg Zur, katholischer Erzbischof und Apostolischer Nuntius in Österreich (2005), Christoph Kardinal Schönborn, Theologe und Erzbischof von Wien (2007).

In der dritten Klasse, »Großes Silbernes Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich« (Rangstufe: Bürgermeister, Landeshauptleute, Verbandspräsidenten, Politiker), gibt es zwar keine Klerikalen, in der vierten Stufe, »Großes Goldenes Ehrenzeichen mit dem Stern …« (Rangstufe: Landtagspräsidenten, Obleute, Prominente, Unternehmer), dann jedoch reichlich: Robert Nünlist, Kommandant der Päpstlichen Schweizergarde (1966), Dieter Knall, Bischof der Evangelischen Kirche A. B. (1990), Franz Žak, Bischof von St. Pölten (1992), Reinhold Stecher, Bischof von Innsbruck (1993), Kurt Krenn, Bischof von St. Pölten (2001), Paul Iby, Bischof von Eisenstadt (2007), Klaus Küng, Bischof von St. Pölten (2007), Herwig Sturm, Bischof der Evangelischen Kirche A. B. (2007), Christian Werner, Militärordinarius (2007), Josef Clemens, Kurienbischof im Vatikan (2008), Erwin Kräutler, Bischof von Xingu (2009), Richard Weberberger, Bischof von Barreiras (2009), Paul Chaim Eisenberg, Oberrabbiner (2010), Michael Staikos, griechisch-orthodoxer Metropolit von Österreich (2011).

Auf den »unteren Rängen« wird es dann wieder deutlich lichter, aber deshalb nicht uninteressant. Ein »Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich« (Rangstufe: Abgeordnete, Stadträte, Politiker) bekamen unter anderem Johannes Schachling SJ, Provinzial (1987), Herwig Karzel, evangelischer Superintendent von Oberösterreich (1989), Christoph Kühn, vatikanischer Nuntiaturrat (2004), Franz Jantsch, Theologe und Autor (2005), sowie Georg Gänswein, Privatsekretär von Papst Benedikt XVI. (2009).

Der Letztgenannte wurde »unter anderem wegen seiner Verdienste um den Papstbesuch 2007 in Österreich« dekoriert. Inwiefern es sich dabei um einen »Verdienst um die Republik Österreich« handelt, bleibt zu fragen.

Auch die Bundesländer verleihen jedes Jahr Ehrenzeichen und Verdienstmedaillen an Bürger. Das Beispiel Oberösterreich (2011) verdeutlicht, was damit gemeint ist, dass Österreich »katholisch« sei, denn die Ausgezeichneten sind allesamt Katholiken, die in der Organisation der katholischen Kirche die verschiedensten Aufgaben haben beziehungsweise hatten und sich deshalb verdient gemacht haben. Aber: Warum zeichnet sie dann der Staat aus?

»Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer überreichte am 29. November 2011 an verdiente Persönlichkeiten Landesauszeichnungen. […] Das ›Goldene Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich‹ erhielten: Mag.a Elisabeth Kamptner, Pfarrassistentin in der Pfarre Steyr-Christkindl sowie Vorsitzende der Frauenkommission der Diözese Linz, aus Garsten; Professor Konsistorialrat Peter Paul Kaspar, Rektor der Ursulinenkirche Linz, Akademiker- und Künstlerseelsorger, aus Linz; Mag. Rolf Sauer, Leiter der Abteilung Ehe und Familie des Pastoralamts der Diözese Linz, aus Linz.

Das ›Silberne Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich‹ erhielten neun Katholiken, unter anderem ein Pfarrassistent, der stellvertretende Referatsleiter im Kirchenbeitragsreferat der Diözesanfinanzkammer Linz sowie die Leiterin der Kirchenbeitragsstelle Braunau am Inn.«2

Dass die staatlich Ausgezeichneten auch in anderer Hinsicht so behandelt werden, als seien sie ein Teil des politischen Systems, zeigte sich Mitte Januar 2012, als eine – wie es zuerst hieß – »Pipifax-Maßnahme« für öffentliche Diskussionen und Schlagzeilen sorgte: die Novelle zum Passgesetz. Die bisher recht großzügigen Auslegungen der Bestimmungen für die Ausstellung von Diplomatenpässen der Republik Österreich sollten präzisiert werden. Rund 2.500 Diplomatenpässe waren bis zum Zeitpunkt der Novellierung des Gesetzes im Juni 2012 ausgestellt worden, auch an die Ehefrauen von Ex-Politikern und an weitere Familienangehörige.

Ebenso mit dieser Privilegierung eines Diplomatenstatus der Republik war auch Christoph Kardinal Schönborn bedacht worden. Die Erzdiözese gab dazu die Auskunft: »Er hat ihn einfach so bekommen«, und als »hochrangiger Vertreter des Vatikans« habe der Kardinal bisher ein »Anrecht« darauf gehabt. Das Außenamt verwies in seiner Begründung auf den früheren Kardinal König, den kirchenpolitische Reisen auch in krisengefährdete Gebiete geführt hätten, wofür der Diplomatenstatus einen gewissen Schutz bedeutet habe.

Hier stellt sich zuerst einmal die Frage, warum »kirchenpolitische Reisen« für den Staat überhaupt erwähnenswert sind, da es sich doch dabei um eine interne Angelegenheit der Kirche handelt. Oder deckte sich hier etwa »Kirchenpolitik« mit »Staatsinteresse«? Und wenn ja, welches konkrete Interesse?

Zweitens muss gefragt werden, warum ein »hochrangiger Vertreter des Vatikans«, also einer auswärtigen Macht, nicht vom Vatikan selbst diesen Diplomatenpass erhält, sondern von der Republik Österreich. Dies blieb in der Diskussion ebenso unerwähnt wie die Frage, inwiefern die Republik damit die Kirchenpolitik des Vatikans fördere.

Es wäre zudem die Frage wert, ob Schönborn nicht ebenfalls Träger eines vatikanischen Passes ist und somit rückwirkend die österreichische Staatsbürgerschaft hätte verlieren müssen (vgl. §§ 27 und 29 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985).

Da nach den neuen Regelungen nur wenige Regierungsmitglieder und ausgewählte Politiker, die im diplomatischen Auftrag für die Republik unterwegs sind, Diplomatenpässe erhalten werden, waren alle anderen Passinhaber aufgefordert, ihren Pass binnen drei Monaten zurückzugeben, um diese bisherige Privilegierung zu beenden – auch seine christliche Eminenz, der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn.

»Eine Hand wäscht die andere«, sagt man im normalen Leben, unter Freunden, wenn man sich gegenseitig gefällig ist. Ob dies in Bezug auf das kirchliche Leben auch angebracht ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Bei den vorangestellten Beispielen ging es um die Frage, wie gefällig die Politik gegenüber der Kirche ist. Man kann die Fragestellung aber auch umkehren.

Ende Januar 2012 wurde bekannt, dass Hildegard Burjan, ÖVP-Sozialpolitikerin und Begründerin der Schwesternschaft Caritas Socialis, seliggesprochen werden soll. Sie wäre damit »weltweit die erste demokratische Politikerin, die von der katholischen Kirche zur Ehre der Altäre erhoben wird«, sagte Kardinal Schönborn bei einer Festveranstaltung der ÖVP im Parlament. Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) bekräftigte, Burjan wäre Vorbild für eine »wertorientierte Politik«, die im Widerspruch zu »Populismus und völliger Beliebigkeit« stünde. Als Beispiel für »Beliebigkeit« nannte der Bundesparteiobmann die Sterbehilfe.

Bei der Festsitzung des ÖVP-Parlamentsklubs waren auch die Justizministerin, der Wissenschaftsminister und der Generalsekretär der Bischofskonferenz anwesend. Die Seligsprechung erfolgte am 29. Januar 2012 im Stephansdom durch Erzbischof Angelo Kardinal Amato. Anlässlich dieser Seligsprechung brachte der ORF fünf Sondersendungen, einschließlich der Direktübertragung aus dem Stephansdom.

Wenige Tage nach dem Hochamt im Stephansdom überreichte der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) in seiner Funktion als Landeshauptmann dem Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn das Große Goldene Ehrenzeichen des Landes Wien mit dem Stern. Es ist die höchste Auszeichnung, die das Land vergeben kann.

Die Tatsache selbst mag man noch kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen, geradezu wie eine Parodie auf die Realität liest sich aber die Begründung, welche Verdienste Schönborn sich, als Personifizierung der Erzdiözese, erworben hätte: Es sei ein Zeichen der Dankbarkeit in Anbetracht der Leistungen der römisch-katholischen Kirche für die Stadt Wien, insbesondere durch die Caritas der Erzdiözese und die Ordensspitäler. Schönborn ließ zwar die Realität durchscheinen, als er antwortete: »Ich fühle mich dieser Auszeichnung nicht würdig …«, erläuterte jedoch nicht, dass die katholische Kirche die Arbeit der Caritas nur geringfügigst (unter zwei Prozent der Kosten) mitfinanziert und die Ordensspitäler ebenfalls öffentlich finanziert werden. (Details dazu in den entsprechenden Abschnitten dieses Buches.) Was heißt das? Das heißt, Kardinal und Kirche wurden von der Stadt für etwas geehrt, das sie selbst gar nicht für die Stadt geleistet haben, da diese Leistung von anderen – etwa der Stadt und dem Land selbst – erbracht wurde.

Sicher ist jedenfalls, dass dieses Karussell der Dekorationen sich weiter- und weiterdrehen wird.

Eines der wesentlichsten Elemente dieser Entwicklung ist vor allem im ländlichen Raum zu finden: die Selbstverständlichkeit, mit der dort der ortsansässige Kaplan Teil des öffentlichen Lebens ist.

Als es in der Marktgemeinde St. Florian 2011 nach 32 Jahren im Ärztehaus der Gemeinde einen Wechsel gab und, nach der Renovierung des Gebäudes, der neue Gemeindearzt begrüßt wurde, war außer den Kollegen und dem Bürgermeister wie selbstverständlich auch der Kaplan Klaus Sonnleitner in Ornat und Stola anwesend, der die frisch renovierten Praxisräume des Gemeindearztes neuerlich segnete. Frage: Was geschah mit dem alten Segen? War der beim Anstreichen etwa übertüncht worden?

Aber nicht nur auf kommunaler Ebene, auch national gibt es Identifikationen von Staat und Kirche. So ist die Münze Österreich, ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Österreichischen Nationalbank, das heißt der staatlichen Zentralbank der Republik Österreich, kommerziell mit der katholischen Kirche »verbandelt«: durch die – wie es seitens der Münze heißt – allseits beliebte silberne »Anlassmedaille« zur Firmung.

Dazu heißt es auf der Internetseite der Staatsbank im Originaltext: »In der katholischen Kirche gilt die Firmung als Vollendung der Taufe. Sie wird auch als Sakrament des Heiligen Geistes bezeichnet und soll den jungen Menschen in seinem Glauben stärken. Der Firmling erneuert selbst das Glaubensbekenntnis, das andere bei seiner Taufe gegeben haben. Nach alter Tradition schwört er auch dem Teufel ab. Als Geschenk zur Firmung ist unsere spezielle Medaille besonders beliebt. […] Individualisieren Sie diese kleine Kostbarkeit, jetzt gleich in Ihrem Warenkorb. So einfach geht es: Sobald Sie diese Medaille in den Warenkorb gelegt haben, erhalten Sie die Möglichkeit, Ihre persönliche Widmung in das dafür vorgesehene Textfeld einzufügen.«3 Preis: Euro 66,00 (inkl. 10 % MwSt.), im Etui mit Schuber.

Man sollte also nicht meinen, dass nur die Kirche mit religiösen Ritualen und Devotionalien Geld verdienen kann.

Allerdings spielt bei der Frage der Verknüpfung von Politik und Kirche nicht nur das personelle Netzwerk eine Rolle, sondern auch, mit was für einer Vielzahl von Einrichtungen man es zu tun hat, wenn man sich mit »der Kirche« beschäftigt. Das mag eine kurze Übersicht von Einrichtungen der katholischen Kirche mit öffentlich-rechtlicher Stellung verdeutlichen. Das sind zum Beispiel: die Österreichische Bischofskonferenz, die Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs, die Vereinigung der Frauenorden, die Ordensinstitute, die Säkularinstitute, Gesellschaften apostolischen Lebens, (Erz-)Diözesen, bischöfliche Mensalgüter (Bistümer), Pfarren, Pfarrkirchen, Pfarrpfründen, selbstständige Stiftungen sowie andere mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Einrichtungen. Dazu kommen noch die Caritas und diverse Stiftungen.

Dass diese Rechtsträgerschaften eine wesentliche Rolle spielen, verdeutlicht auch die (komplizierte) Darstellung des Österreichischen Städtebundes zur Kommunalsteuerpflicht.

Darin heißt es: »Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften, wie etwa die katholische Kirche, haben gemäß Art. 15 StGG das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung; katholisch-theologische Universitäten genießen die Rechtspersönlichkeit einer Körperschaft öffentlichen Rechts. Nach den einschlägigen Erlässen des Bundesministeriums für Finanzen über Einrichtungen der katholischen Kirche, Orden und Kongregationen sowie der Diözesan-Caritas fällt die Seelsorge und auch die Heranbildung von Priestern unter die Ausübung der öffentlichen Gewalt. […] Der Betrieb einer katholisch-theologischen Privatuniversität ist im Hinblick auf Art. V § 1 des Konkordats als hoheitliche Tätigkeit zu qualifizieren.«4

Und »öffentliche Gewalt« und »hoheitlich« heißt durchaus, dass diese Einrichtungen eine eigene »Rechtshoheit« parallel zu der des Staates haben können.

Diese Darstellung von Rechtsträgern ist insofern erstaunlich, als es dem Staat vollkommen gleichgültig sein müsste, wie die katholische Kirche ihre innerorganisatorischen Rechtsbeziehungen ordnet und verwaltet. Nach dem römisch-kanonischen Kirchenrecht hat der Papst die oberste Verfügungsgewalt über das gesamte Kirchenvermögen: »Kraft des Leitungsprimats hat der Papst die oberste Verwaltung und Verfügung über alle Kirchengüter« (Can. 1273). In einer weiteren Bestimmung (Can. 1256) heißt es unter anderem »Das Eigentum am Vermögen steht unter der obersten Autorität des Papstes jener juristischen Person zu, die das Vermögen rechtmäßig erworben hat.« Und alles wird verbunden aufgrund des »Bandes der Einheit und der Liebe« (Can. 1271). Das bedeutet eine Einheit des Vermögens unter der Autorität des Papstes, auch wenn es verschiedene Rechtsträger gibt.

Dieses kanonische Recht findet sich in der Realität wieder, wenn in kirchlichen Veröffentlichungen, beispielsweise durch die Erzdiözese Wien, dargestellt wird, welche Einrichtungen und Träger als katholische zu ihr gehören. Unter »Organisation« werden aufgelistet: Pfarre und Gemeinde, Vikariate, Dekanate, Pfarren, Orden und Gemeinschaften, anderssprachige Gemeinden. Und weiter heißt es zu »Orden und Gemeinschaften«: »Das kirchliche Leben in der Erzdiözese Wien wird wesentlich von den Orden und geistlichen Gemeinschaften mitgetragen. 48 % der Pfarren sind in Ordenshand, viele Einrichtungen im sozialen, pflegerischen, bildnerischen, beraterischen Bereich werden von Orden geleitet.«5

Falls die diversen katholischen Rechtsträger allerdings nicht in der Lage sind, die von ihnen stets propagierten christlichen Werte der »Solidarität« und der »Nächstenliebe« untereinander zu praktizieren, dann sollte es deren eigenes Problem sein und bleiben.

Wenn die katholische Kirche also nicht willens oder in der Lage ist, einen Finanzausgleich zwischen ihren verschieden vermögenden Rechtsträgern herzustellen – zwischen den angeblich armen Diözesen und den wohlhabenden Ordensgenossenschaften –, dann ist das ein kircheninternes Thema und braucht den Staat eigentlich nicht zu interessieren. Es sei denn, er lässt sich für kirchliche Partikularinteressen in eine Zahlungsverpflichtung gegenüber den vorgeblich ärmeren Rechtsträgern nehmen.

Der Wiener Erzbischof bestätigte das Anfang Februar 2012 – vielleicht ungewollt –, als er das neue Infozentrum für Berufe in der Kirche »Quo Vadis« am Stephansplatz einsegnete. Dabei rief er zur verstärkten Zusammenarbeit zwischen Diözesen und Orden auf. »Bischöfen, Diözesen und Orden: Allen ist klar, es kann nur miteinander gehen.« Die Segnung nahm Kardinal Schönborn gemeinsam mit Schwester Kunigunde Fürst, Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden, und Pater Lorenz Voith, Vorsitzender der Wiener Superiorenkonferenz, vor. Die zahlreich anwesenden Ordensleute rief der Kardinal auf, durch ihr Wirken ein Zeichen gegen »Mutlosigkeit, Angst und Unsicherheit« zu setzen.6

Nun, man darf gespannt sein, ob sich nun auch die Geldbörsen öffnen werden.

Wie erfolgreich jedoch bisher die verschiedensten kirchlichen Lobbyisten – getreu dem Motto: »Getrennt marschieren, getrennt kassieren« – den Staat zur Kasse bitten, um sich ihre Partikularinteressen, die sie beständig als dem Gemeinwohl nützlich deklarieren, bezahlen zu lassen, das wird dieses Buch zeigen.

Hinsichtlich der bereits genannten formalen Fragen und Zuständigkeiten soll auf einen weiteren Aspekt verwiesen werden, der einen einmaligen Tatbestand darstellt.

Die katholische Kirche in Österreich ist, mit allen ihren Untergliederungen und Rechtsträgern, Teil einer internationalen Organisation, die von einer im Ausland ansässigen Zentrale gelenkt wird.

Dass es sich dabei zudem um eine Organisation handelt, die von einem absoluten Monarchen regiert wird, der nach den Regeln einer mittelalterlichen Wahlmonarchie gewählt wird, soll dabei außer Betracht bleiben.

Bemerkenswert ist an dieser Organisation, dass sie es politisch und rechtswirksam vermag, in die nationalen Souveränitätsrechte der Republik Österreich (wie auch in die anderer Staaten) einzugreifen, sich eine ganze Reihe von Vorrechten zusichern zu lassen und einen rechtseigenen Raum innerhalb des Staates zu bekommen, mit dem sich die kirchlichen Personen außerhalb des Zivil- und des Strafrechts stellen können.

Möglich gemacht wurde dies durch das Konkordat vom Juni 1933, in dessen Artikel XXII es unter anderem heißt: »Alle anderen auf kirchliche Personen oder Dinge bezüglichen Materien, welche in den vorhergehenden Artikeln nicht behandelt wurden, werden dem geltenden kanonischen Recht gemäß geregelt werden.«

Rechtsgrundlagen sind demnach nicht österreichische Gesetze und Entscheidungen, sondern das christliche römisch-katholische Recht, das im Vatikan gesprochen wird.

Entsprechend heißt es beispielweise in § 38 Abs. 1 des Universitätsgesetzes: »Die Universitäten, deren Wirkungsbereich sich auch auf Studien der Katholischen Theologie erstreckt, haben bei der Gestaltung ihrer inneren Organisation und der Studienvorschriften sowie bei der Sicherstellung des Lehr- und Forschungsbetriebs das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich, BGBl. II Nr. 2/1934, zu beachten.«

Es ist keine andere religiöse internationale Organisation bekannt, der es in dieser Weise erlaubt ist, in nationale Rechte und Gesetze der Republik Österreich (wie auch in die anderer Staaten) einzugreifen.

Basis der sogenannten Kooperation zwischen Staat und Religionsgemeinschaften und der staatlichen Subventionen für Religionsgemeinschaften in Österreich ist das bereits erwähnte Konkordat mit dem Heiligen Stuhl aus dem Jahr 1933. Es wurde unter dem austrofaschistischen Bundeskanzler Engelbert Dollfuß abgeschlossen und gilt mit geringen Einschränkungen bis heute. Darüber hinaus gibt es den sogenannten Vermögensvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Vatikan aus dem Jahr 1960 und das sogenannte Schulkonkordat aus dem Jahr 1962. Beide schreiben Direktzahlungen beziehungsweise Subventionen von staatlicher Seite an die römisch-katholische Kirche vor.

Ein weiterer grundlegender Bestandteil der Kirchenfinanzierung ist das Kirchenbeitragsgesetz aus dem Jahr 1939, eines jener NS-Gesetze, die bis heute gelten. Der Kirchenbeitrag ersetzte damals die Zahlungen aus dem sogenannten Religionsfonds. Aus diesem waren seit Kaiser Joseph II. die Gehälter der Geistlichen gezahlt worden.

Diese Regelungen gelten dem Gleichheitsgrundsatz gemäß für alle 15 derzeit gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften in Österreich. Das sind neben der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche:

•die altkatholische Kirche

•die armenisch-apostolische Kirche

•die evangelisch-methodistische Kirche

•die orientalisch-orthodoxe Kirche

•die griechisch-orientalische (orthodoxe) Kirche (inkl. der serbischen, rumänischen, russischen und bulgarischen Bekenntnisse)

•die Islamische Glaubensgemeinschaft

•die Israelitische Religionsgemeinschaft

•die Zeugen Jehovas

•die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

•die koptisch-orthodoxe Kirche

•die Neuapostolische Kirche

•die Buddhistische Religionsgemeinschaft

•die syrisch-orthodoxe Kirche

Die genannten Religionsgemeinschaften genießen gegenüber allen anderen religiösen Bekenntnissen einige Privilegien, etwa das Recht auf staatlich finanzierten Religionsunterricht in Schulen oder das Recht, mithilfe staatlich erstellter Mitgliederlisten steuerlich absetzbare Kirchenbeiträge einzuheben.

Eine Systematik hinter der Anerkennungspraxis gab es bis vor wenigen Jahren nicht, in den privilegierten Status wurden Religionsgemeinschaften mehr oder weniger nach politischem Bedarf oder politischer Willkür erhoben.

Die geltende Anerkennung der römisch-katholischen Kirche (an die in Österreich auch unierte Riten wie die armenisch-katholische Kirche angegliedert sind) hat rein historische Gründe. (Ausdruck dafür ist beispielsweise das Konkordat von 1933.) Für die ehemalige Staatskirche gibt es nicht einmal ein eigenes Anerkennungsgesetz – anders als für die Protestanten (1867/1961), die Altkatholiken (1874) und die Islamische Glaubensgemeinschaft (1878/1912). Die Mormonen wurden auf Druck der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg anerkannt, für Buddhisten und Orthodoxe gibt es ebenfalls eigene Anerkennungsgesetze. Die Herrnhuter Brüdergemeinde galt bis 2010 ebenfalls als gesetzlich anerkannt. Nachdem sie über einen längeren Zeitraum nicht aktiv war, ist dieser Status nach Auskunft des zuständigen Ministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur erloschen.

Kriterien, wann und warum Religionsgemeinschaften anerkannt werden, gibt es erst seit 1997. Bis dahin gab es keinen Rechtsanspruch. Diesen Anspruch erzwangen die Zeugen Jehovas für sich mit mehreren Klagen vor dem Verfassungsgerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das Resultat war das Bekenntnisgemeinschaftsgesetz, das ein dreistufiges System zur Anerkennung vorsieht. 2010 wurde das Gesetz reformiert; nun gibt es weitere Hürden, die einer Religionsgemeinschaft die gesetzliche Anerkennung erschweren.

Als Konfessionsfreier wundert man sich manchmal, was für ein Aufhebens die Religionsgemeinschaften darum machen, staatlich anerkannt zu sein. Wenn ich an einen Gott glaube, kann es mir doch eigentlich vollkommen egal sein, ob das der Staat anerkennt oder nicht. Das ist doch meine Privatsache?

Wer das meint, der irrt, denn der Unterschied zwischen den staatlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und jenen, die nicht anerkannt sind, ist ein gewaltiger: Die anerkannten haben nicht unerhebliche (Vor-)Rechte gegenüber den staatlich nicht anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Die folgenden Privilegien haben ausschließlich die staatlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften7:

Allgemein:

•Schutz vor Herabsetzung des Ansehens bei Veranstaltungen (Niederösterreich)

•Verfassung anerkennt Bedeutung der Religionen für religiöse und sittliche Grundlage des menschlichen Lebens (Vorarlberg)

Schulwesen:

•beratende Stimme im Kollegium des Landesschulrats

•Mitgliedschaft im Schulausschuss für die Religionsgemeinschaft, der die Mehrheit der Schüler angehört

•staatlich finanzierter Religionsunterricht

•automatische Verleihung des Öffentlichkeitsrechts für konfessionelle Privatschulen

•Subventionierung der Lehrer an konfessionellen Privatschulen

Medien:

•Sitz im Beirat der KommAustria

•Sitz im Stiftungsrat des ORF

•Sitz im Publikumsrat des ORF (nur katholische und evangelische Kirche)

•Berücksichtigung der Bedeutung der Religionsgemeinschaft seitens des ORF bei der Programmplanung

Seelsorger:

•befreit von Stellungspflicht und Wehrpflicht

•befreit von der Leistungspflicht nach Militärbefugnisgesetz

•befreit von der Bürgerpflicht zum Geschworenen- und Schöffenamt

•befreit von Leistungspflicht in Pflichtfeuerwehren (Tirol)

•Anrechnung von Seelsorgetätigkeit als Ruhegenussvordienstzeit (zum Beispiel für Beamtenpension, ÖBB-Pension)

•ausgenommen vom Erfordernis einer Bewilligung laut Aufenthaltsgesetz

•ausgenommen vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes

•ausgenommen von Arbeitnehmerschutzgesetz und Arbeitsinspektionsgesetz

Schutz religiöser Riten:

•Möglichkeit zur Trauung vor einem Seelsorger für Strafgefangene

•Möglichkeit zur Abweichung von üblichen Aufbahrungsbestimmungen aufgrund religiöser Vorschriften

•Möglichkeit, einen Friedhof zu errichten und zu betreiben

•Möglichkeit zur Bestattung außerhalb eines Friedhofs aufgrund religiöser Vorschriften (Vorarlberg)

•Seelsorger darf Bestattung auf Friedhofsgelände leiten/Kulthandlungen anlässlich Bestattung auf Friedhöfen erlaubt

•Möglichkeit zur Abweichung von üblichen Tierschutzbestimmungen aufgrund religiöser Vorschriften (zum Beispiel Steiermark)

•Unpfändbarkeit von für den Gottesdienst verwendeten Gegenständen

Veranstaltungen der Religionsgemeinschaften:

•ausgenommen vom Veranstaltungsgesetz (Niederösterreich: religiöse Veranstaltungen; Tirol: alle Veranstaltungen)

•Befreiung von Gewerbeordnung für Speisen- beziehungsweise Getränkeausschank bei Veranstaltungen, deren Ertrag religiösen Zwecken zugutekommt

•ausgenommen vom Campinggesetz (Tirol)

•Teilnehmer an religiösen Veranstaltungen von Aufenthaltsabgabe befreit (Tirol)

•religiöse Veranstaltungen von Vergnügungssteuer befreit (zum Beispiel Wien)

•Befreiung vom Erfordernis einer Gebrauchserlaubnis für die Benutzung öffentlichen Grunds für religiöse Zwecke (Niederösterreich)

Sonstige soziale Aktivitäten:

•Möglichkeit zur Zertifizierung als Kursträger für Alphabetisierungs- und Deutsch-Integrationskurse

•Möglichkeit der Mitgliedschaft in einem vom Innenministerium gegründeten Verein zur Förderung des Auslandsdienstes

•Mitgliedschaft der größten Jugendorganisationen im Präsidium der Bundes-Jugendvertretung

•Seniorenveranstaltungen subventioniert (Niederösterreich)

•Möglichkeit zum Abschluss von befristeten Hauptmietverträgen zur gemeinnützigen Wohnraumbeschaffung als Zwischennutzung bis zu einer geförderten Sanierung

Vermerk des Religionsbekenntnisses auf Urkunden:

•Religionszugehörigkeit auf Schulzeugnissen vermerkt

•Religionszugehörigkeit auf Personenstandsurkunden vermerkt

•Explizite Ausnahme von der Anwendung des »Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Dokumentations- und Informationsstelle für Sektenfragen« (BGBl. I 150/1998) (s. § 1 Abs. 2)

Steuern:

•Pflichtbeiträge an Religionsgemeinschaften im Ausmaß von bis zu 400 Euro jährlich steuerlich absetzbar

•Begünstigung bei Schenkungs- und Erbschaftssteuer (nur mehr theoretisch, da sowohl Erbschafts- als auch Schenkungssteuer vom VfGH aufgehoben wurden)

•Grundsteuerbefreiung für Gebäude, die für Gottesdienste, Verwaltungsaufgaben oder als Altenheim genutzt werden

•Befreiung von der Gesellschaftsteuer

•Befreiung von Überwachungsgebühren für Dienste öffentlicher Sicherheitsorgane bei Veranstaltungen

•Befreiung von (Vorarlberg) beziehungsweise Begünstigung bei Landes- und Gemeinde-Verwaltungsabgaben (zum Beispiel Wien, Oberösterreich)

•Befreiung von der Fremdenverkehrsabgabe (Kärnten)

•Finanzierung:

•Möglichkeit zur Durchführung von Nummernlotterien, Tombolaspielen u. Ä.

•ausgenommen von den Bestimmungen der Sammlungsgesetze

•ausgenommen vom Stiftungs- und Fondsgesetz

Datenschutz:

•Religionsgemeinschaften erhalten auf Verlangen die Meldedaten der sich zur jeweiligen Gemeinschaft bekennenden Personen

Einiges davon wird in diesem Buch immer wieder eine Rolle spielen.

Eine Besonderheit der österreichischen Rechtslage ist der Status der religiösen »Bekenntnisgemeinschaften«. Als solche gelten – im Allgemeinen – kleinere Religionsgemeinschaften wie die Aleviten und die Baptisten. Diesen Status kann man als Vorstufe zur »anerkannten Religionsgesellschaft« betrachten. Nach zehn Jahren kann das Kultusamt im Unterrichtsministerium einer »Bekenntnisgemeinschaft« den privilegierten Status als »anerkannte Religionsgesellschaft« zuerkennen. Die Bekenntnisgemeinschaften wurden geschaffen, um, wie die Autoren des Gesetzes inoffiziell freimütig bekennen, die Anerkennung der Zeugen Jehovas hinauszuzögern.

Die dritte Kategorie sind die »religiösen Vereine«, die – zumindest potenziell – eine Vorstufe zu den »Bekenntnisgemeinschaften« darstellen. »Religiöse Vereine« haben mit den »Bekenntnisgemeinschaften« gemeinsam, dass sie im Wesentlichen keine Privilegien genießen – mit Ausnahme einiger weniger steuerlicher Befreiungen, die allerdings kaum ins Gewicht fallen dürften.

Den Löwenanteil der direkten und indirekten Subventionen bekommt in Österreich die römisch-katholische Kirche. Das liegt an ihrer Größe: Ende 2011 waren 5,41 Millionen Menschen in Österreich katholisch, das sind zwar einerseits sehr viele; andererseits sind es mittlerweile weniger als 65 Prozent der Bevölkerung.

Die zweitgrößte Gruppe nach Religionsbekenntnis sind die Muslime, zu denen (2010) rund 500.000 Menschen gehören sollen.8 (Bei der zuletzt durchgeführten Volkszählung [2001] waren es nach Angaben der Statistik Austria 338.988 Personen beziehungsweise 4,2 Prozent der Bevölkerung). Davon ist allerdings nur etwa ein Viertel bei der gesetzlichen Vertretung, der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), registriert. Unklar ist auch, wer als Muslim gezählt wurde, da es im Islam keine formalen Zugehörigkeiten gibt – handelt es sich um Menschen, die sich selbst als Muslime bekennen, das heißt auch um alle »kulturellen Muslime«, die sich nicht als religiös verstehen, oder pauschal um alle Menschen aus Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit beziehungsweise mit muslimischem Elternteil? Und warum wird bei den Muslimen nicht zumindest nach Sunniten (mit den vier Rechtsschulen der Hanafiten, Malikiten, Hanbaliten und Schafiiten), den Schiiten und Aleviten unterschieden, wenn jede kleine christliche Gruppe extra gezählt und genannt wird?

Eingetragene Protestanten gibt es laut eigener Zählung 2011 insgesamt 319.752 (312.252 Lutheraner, A. B. und 7.500 Reformierte, H. B.), den orthodoxen Kirchen gehören etwa 150.000 Menschen an.

Wie sehr sich die Zeiten zum Positiven und zur Religionsfreiheit verändert haben, auch zu der Möglichkeit, frei von einer Religionszugehörigkeit zu sein, mag noch ein kurzer Rückblick verdeutlichen.

In der Zeit der Diktatur der sogenannten Klerikalfaschisten unter der Führung des Kanzlers Dollfuß (1933–1938) und lobender Kommentierung durch Kirchenfürsten wurde im August 1933 hinsichtlich des Kirchenaustritts verfügt: »Die Behörde hat sich in jedem Fall der Erklärung des Austritts aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft über die Identität der Person des [sich zum Austritt aus der Kirche, Anm. der Autoren] Anmeldenden und ob er das 14. Lebensjahr zurückgelegt hat, Gewißheit zu verschaffen und sich weiters zu vergewissern, ob sich der Austretende im Zeitpunkt der Abgabe der Austrittserklärung nicht etwa in einem Geistes- oder Gemütszustand befunden hat, der die eigene freie Überzeugung ausschließt.«9

Diese Zeiten, als Konfessionsfreie oder Atheisten als möglicherweise geisteskrank galten, sind, zumindest offiziell, vorbei.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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