Green travelling - Julia-Maria Blesin - E-Book

Green travelling E-Book

Julia-Maria Blesin

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Beschreibung

Einzigartige Orte, atemberaubende Natur, fremde Küche und Kulturen – das alles macht eine Reise unvergesslich. Aber dafür um die halbe Welt fliegen oder Teil des Massentourismus sein? Das geht auch anders. Für Wanderurlaub, Radtour oder Campingtrip findet man auch in Europa tolle Ferienorte, und wenn es einmal weiter weg gehen soll, sieht man die Welt aus Zug und Boot mit ganz anderen Augen. Der Weg ist das Ziel, lautet die Überzeugung der Nachhaltigkeitsbloggerin Julia-Maria Blesin. Sie hat jede Menge Ideen im Gepäck, die ganz einfach umzusetzen sind und Lust auf nachhaltiges Reisen machen. • Alles, was man für die nächste Reise zu Fuß, mit Rad, Zug, Boot, Zelt oder Campingbus wissen muss • Mit Packlisten, Funfacts, Tipps und Reiseanekdoten • Geheimtipps für nahe Reiseziele: Neuseelandfeeling am Königssee, Bären beobachten in Slowenien, Riesenwellen reiten in Portugal • Für Trips alleine, als Paar, mit Kindern oder Freunden

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Julia-Maria Blesin
Einfach nachhaltig reisen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© 2021 oekom verlag, Münchenoekom – Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbHWaltherstraße 29, 80337 München
Lektorat: Lena DenuKorrektorat: Maike SpechtLayout und Illustration: BUCH & DESIGN Vanessa WeuffelUmschlaggestaltung: BUCH & DESIGN Vanessa Weuffel, unter Verwendung von Motiven von Julia-Maria Blesin und AdobeStock
E-Book: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt
Alle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-96238-815-7
Alle Inhalte und Angaben in diesem Buch wurden von Autorin und Verlag nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und geprüft. Weder sind sie umfassend noch verbindlich. Autorin und Verlag haften deshalb nicht für eventuelle Nachteile, Fehler oder Schäden, die aus den im Buch gemachten Hinweisen resultieren.

Inhalt

Nachhaltig Reisen – Ist das überhaupt möglich?
Green Travel Basics: Umwelt- und Klimaauswirkungen
Die Schattenseiten des (Sommer-)Urlaubs • Alles nur schlecht? Positive Nachhaltigkeitseffekte von Tourismus • Green-Travel-101 • Der individuelle Reisefußabdruck
Planung: Ziele, Reisezeit & Begleitung
Reiseziele: Nah reisen, fern fühlen • Reisezeit und -dauer: Wann und wie lange bewusst reisen? • Alleine reisen: fünf nachhaltige Ideen • So gelingt’s: Nachhaltig und entspannt reisen mit Kindern
Nachhaltig nächtigen: Grüne Unterkünfte
Die Ökobilanz von Urlaubsunterkünften • Shareconomy: Unter fremdem Dach schlafen • Campieren: Heute dort, morgen woanders • Feste Basis: Vom Bauernhof bis zum Biohotel
Im Gepäck: Grüne Reiseutensilien
Alternativen zum Neukauf • Achtung, Greenwashing?! • Ethische Mode – besser angezogen unterwegs • Der nachhaltige Pflege- und Kosmetikbeutel • Verpflegung: Müll reduziert, lokal, saisonal, bio • Travel-Must-haves und was man gerne vergisst
Auf dem Weg: Nachhaltig Reisen ohne Flugzeug
Statt fliegen: Vom Mikroabenteuer zur Nahreise ohne Flugzeug
Warum ist Fliegen besonders schädlich für das Klima? • Mikroabenteuer – das Ganz-nah-Erlebnis
Zu Fuß: Auf Wanderschaft
Gesundheitsboost: Weitwandern und Waldbaden • Reisereport: Annkathrin und Silas von »Wanderfalke« • Tipps für Planung und Reise • Ausrüstung und Packliste • Wandern mit Kindern
Auf dem Rad: Mit dem Drahtesel auf langer Strecke
Umweltschutz & Gesundheitsvorsorge auf dem Zweirad • Reisereport: Eddie und Laura von »The OGNC« • Tipps für Planung und Reise • Ausrüstung und Packliste • Radreisen mit Kindern
In Bus und Bahn: Mit Öffis zu fernen Zielen
Reisereport: Mia von »Hey lila hey« • Tipps für Planung und Reise • Ausrüstung und Packliste • Bus- und Bahnreisen mit Kindern
Auf vier Rädern: Flexibel mit Vanlife und Autocamping
Camping im Trend • Reisereport: Lisa und Max von »zweidiereisen« • Tipps für Planung und Reise • Ausrüstung und Packliste • Camping mit Kindern
Zu Wasser: Abenteuer mit Kanu, Haus- und Segelboot
Die Deutschen auf dem Kreuzfahrtdampfer • Reisereport: Anna und Malin von »annaundmalin.de« • Tipps für Planung und Reise • Mehrtagestrips zu Wasser: Mit Muskelkraft, Wind oder Motor? • Auf dem Wasser mit Kindern
Gruß der Autorin
Links & Lektüre
Bildnachweis
Anmerkungen
Ja, ist es! Nachhaltiger zu leben und zu konsumieren – und dazu gehört auch das Reisen – erscheint bisweilen wie eine dröge Auflistung von Verboten und Verzichtsübungen. Dabei hält die Reise ohne die Emissionsschleuder Flugzeug für die, die sie wagen, so viel mehr Möglichkeiten, mehr Abenteuer, mehr Erlebnisse bereit. Einfach ist das nachhaltigere Reisen außerdem: Wer näher reist und länger verweilt, ist schon die ersten Schritte gegangen.
Green Travel Basics
Umwelt- undKlimaauswirkungen
2019 nahmen sich 56 Prozent der Bevölkerung vor, möglichst nachhaltig Urlaub machen zu wollen. Allerdings: Nur für vier bis acht Prozent der Urlaubsreisen gaben Tourist*innen an, dass Nachhaltigkeit bei der Entscheidung tatsächlich ein ausschlaggebendes Argument war.1  Der Schweinehund bellt bei Entscheidungen für einen nachhaltigeren Lebens- und Konsumstil also genauso laut wie bei anderen guten Vorsätzen. Vielleicht aber auch, weil die Negativauswirkungen von Reisen – insbesondere zu fernen Destinationen mit dem Flugzeug und Schiff – zu wenig bewusst sind.

Die Schattenseiten des (Sommer-)Urlaubs

Entspannen, alltagsflüchten, Abenteuer und Neues erleben, Tapetenwechsel – unsere Reisemotivationen heute sind denen von Urlaubenden vor Jahrzehnten ähnlich. Orte und Aufenthaltsmöglichkeiten hingegen begrenzen nur das Portemonnaie der Reisenden.
Das hat Folgen: Der Tourismus ist für acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, fand eine Studie der Universität Sydney 2019 heraus – und trägt damit deutlich mehr zu Klimawandel und Umweltschäden bei als lange angenommen.2 An- und Abreise sowie die Beherbergung, Verpflegung und Aktivitäten am Urlaubsort verursachen klimawirksame Emissionen. Umweltschäden ziehen darüber hinaus auch die Entsorgung von Abfällen und Abwasser, Trinkwasserentnahme und Flächenverbrauch nach sich.3
Im Sommer steigt mit der Zahl der Tourist*innen auch das Aufkommen an Plastikmüll in den meeresnahen Sonnenscheinregionen um bis zu 40 Prozent. So landet jährlich mehr als eine halbe Million Tonnen Plastikmüll im Mittelmeer. Das überfordert die kommunalen Abfallentsorger.4
Auch der Wasser- und Energieverbrauch im Hotelurlaub ist immens. Laut dem Deutschen Hotellerie- und Gaststättenverband (DEHOGA) beanspruchen Fünf-Sterne-Hotels hierzulande über 500 Liter Wasser pro Übernachtung und Gast. Schwimmbad, Sauna und andere Wellnessangebote sind für den hohen Konsum an Trinkwasser verantwortlich. Selbst bei der Übernachtung in Hotels mit weniger oder keinen Sternen werden mindestens 250 Liter täglich auf jeden Gast verwendet.5 Zu Hause hingegen verbrauchen die Deutschen etwa 125 Liter Trinkwasser täglich.6 Insbesondere in Urlaubsregionen, in denen Wasser eine knappe Ressource ist, wird der tourismusbedingte Wasserverbrauch zur Konkurrenz zum Trinkwasserbedarf der lokalen Bevölkerung und der Landwirtschaft. Wasseranlieferung durch Tankschiffe und -laster oder die Aufbereitung von Meerwasser führen zu zusätzlichen Emissionen. Neben mehr entnommenem Wasser kann das zusätzliche Abwasser die Entsorgungsinfrastruktur überfordern und zu Gewässerverschmutzung führen.7
Sicher führt das Mehr an etwa einem halben Kilo Nahrungsmittel,8 den Urlaubende gegenüber zu Hause täglich verbrauchen, nicht zu Hunger bei den Locals. Jedoch werden unter den Leckereien auch solche konsumiert, die die Ökosysteme und Biodiversität vor Ort bedrohen. Für die Aufzucht von beliebten Riesengarnelen beispielsweise müssen seit Jahrzehnten Mangrovenwälder in Südostasien weichen. Mit ihnen verschwinden Küstenschutz, Lebensräume für weitere fischereilich genutzte Arten (und damit wichtige Einkommensquellen) sowie hocheffektiv CO2 bindende Wälder.
Auch der Bau von Hotels führt zur Abholzung von Mangrovenwäldern.9 Ein Problem, das auch andere Urlaubsregionen in Küstennähe kennen: In Spanien wurden von Mitte der Fünfziger- bis in die 1990er-Jahre etwa 3.500 Kilometer und damit 50 Prozent der Küste für den Tourismus ausgebaut.10 Hotelkomplexe, Golf- und Freizeitanlagen, Parkplätze, Straßen, Flughäfen und die Errichtung weiterer touristischer Infrastruktur beanspruchen Flächen und versiegeln Böden. Von architektonischen Bausünden und der Verdrängung lokaler Bautraditionen einmal abgesehen, führt die Versiegelung des Bodens zum Verlust seiner natürlichen Funktionen. Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und das Kleinklima haben wiederum erhöhte Risiken von Überflutungen und Überhitzung im Sommer zur Folge.
In jedem Fall nimmt die touristische Flächennutzung Lebensräume für Pflanzen und Tiere. So verschwinden in den Küstenregionen Europas zum Beispiel Sanddünen und mit ihnen die Artenvielfalt (Biodiversität). In Italien betrug der Rückgang der Sanddünen im 20. Jahrhundert 80 Prozent; an Spaniens Küsten am Atlantik 30 Prozent und 70 Prozent am Mittelmeer.11 65 Prozent der im Rahmen der Naturschutzvorschriften der Europäischen Union geschützten Lebensräume in Küstengebieten sind in ungünstigem bis schlechtem Erhaltungszustand. Den Sanddünen als separat untersuchte, geschützten Lebensräumen wurde sogar zu über 90 Prozent ein schlechter Zustand zugeschrieben.12

Tendenz: Mehr Reisen zu ferneren Zielen

Zunehmender Tourismus wird die genannten Herausforderungen verstärken: Mit knapp 1,5 Milliarden internationalen Reiseankünften war das weltweite Tourismusaufkommen im Jahr 2019, vor der Coronakrise, so hoch wie nie zuvor. Mit wenigen Ausnahmen ist die Anzahl der grenzüberschreitenden Reisen in jedem Jahr weiter gestiegen – um das Zehnfache in den letzten 50 Jahren.13
Dass in den vergangenen Jahrzehnten unser Reiseverhalten globaler geworden ist, ist wenig verwunderlich. Die Zahlen sind dennoch beeindruckend: Für Urlaubsreisen ab fünf Tage Dauer ist die Anreisedistanz innerhalb von 16 Jahren um 34 Prozent gewachsen. Profitiert haben von diesem Zuwachs der Flug- und der (Kreuzfahrt-)Schiffsverkehr und damit besonders umwelt- und klimaschädliche Fortbewegungsmittel.14
Der pandemiebedingte Knick, den die Reisebranche erlebt, dürfte in der langfristigen Reiseentwicklung nur eine Ausnahmeerscheinung sein: Obwohl kaum absehbar ist, wann und wie die nächsten Jahre verreist werden kann, plant die Hälfte der Bundesbürger*innen, in den Urlaub zu fahren. Jede*r Achte träumt sogar von vollständiger Reisefreiheit und der nächsten Fernreise.15
Die Simulation einer 2015 im Journal of Sustainable Tourism veröffentlichten Studie gleicht jedenfalls eher einem Horrorszenario als einer Zukunftsvision: Zu erwarten sei, dass der Ressourcenverbrauch im globalen Tourismus in den Jahren 2010 bis 2050 im günstigsten Fall zwischen 92 Prozent (Wasser) und 189 Prozent (Flächenverbrauch) steigen werde.16

Alles nur schlecht? Positive Nachhaltigkeitseffekte von Tourismus

Für viele Regionen der Erde ist Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Nachhaltigkeit hat neben der viel studierten ökologischen und der bisher noch weniger quantifizierten sozialen Dimension auch noch eine dritte: die wirtschaftliche. Tourismus sichert vielerorts einen Großteil des Bruttoinlandsproduktes. Auf den Seychellen etwa oder den Malediven hingen in 2019 über 40 bzw. über 56 Prozent der Wirtschaftsleistung an der Reisebranche.17 Zwischen Januar und Mai 2020 gingen aufgrund der Corona-Pandemie weltweit die internationalen Tourismusankünfte um 56 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück.18 Das hat besonders dann Auswirkungen auf die vom Tourismus geprägten Volkswirtschaften – und den dahinter stehenden, ganz individuellen Existenzen, – wenn staatliche Unterstützungspakete fehlen.
Die Krise offenbart außerdem, dass ausbleibende Tourist*innen zu weniger Umweltschutz führen: Naturschutzgebiete und -parks sind wichtige Tourismusmagneten. Bleiben diese geschlossen, entfallen auch die touristischen Einnahmen. So können Wildhüter*innen nicht mehr bezahlt werden, und Wilderei nimmt zu, berichtet der World Wildlife Fund (WWF) und muss um Spenden für seine Naturschutzprojekte bitten.19 Auch beobachtet der WWF explodierende Waldzerstörungen während der Pandemie: »In der Mekong-Region in Asien seien aufgrund sinkender Einnahmen im Tourismus und aus dem Verkauf von Waldprodukten wie Honig, Nüssen oder Beeren viele Menschen in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt und nutzten jetzt den Wald verstärkt als Brennholz- und Einkommensressource.«20
Dass Tourismus Naturschutz fördern kann, zeigen verschiedene Regierungsentscheidungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte: Australien beschloss 2018, zugunsten von Arbeitsplätzen im Tourismussektor über 300 Millionen Euro in den Schutz des Great Barrier Reef zu investieren.21 Im selben Jahr kündigte die Regierung von Belize an, zum Schutz der Korallenriffe auf die Ölförderung in seinen Gewässern zu verzichten.22 Und die Dominikanische Republik sicherte sich mit der Einrichtung und Ausweitung des Silver-Bank- Schutzgebiets für Buckelwale wichtige touristische Einnahmen durch Whale-Watching-Angebote.23
Neben diesen konkreten Beispielen, in denen Tourismus Umweltschutz befeuert, gibt es auch Effekte, die sich weniger leicht benennen und beziffern lassen. Etwa individuelle Einstellungs- und Verhaltensänderungen bei den Reisenden: Wer die Schönheit von Natur kennenlernt, mag zukünftig eher dazu bereit sein, diese zu schützen und auch einen eigenen Beitrag zu leisten. Und von Toleranz, Offenheit und einem Verbundenheitsgefühl als Wirkung von kulturellem Austausch kann die Bevölkerung einer Reisedestination auch in der sozialen Nachhaltigkeitsdimension profitieren.
Früher als Ossi geneckt und als Wessi sozialisiert, habe ich dem Osten Europas immer seinen Reiz abgesprochen. Umso mehr angetan von der Natur, vor allem von der Gastfreundschaft und der Hilfsbereitschaft der Menschen war ich nach einer unserer Campingbusreisen. Auf einem Bauernhof im Südwesten Sloweniens überließ man uns am Abend den Zugang zum hauseigenen Likörkeller. Abgerechnet wurde am nächsten Morgen auf Vertrauensbasis. Bei Ljubljana empfing man uns auf einem Hof nicht nur mit hausgemachtem Apfelsaft und Wein zur späten Stunde, man kredenzte uns am nächsten Morgen auch ein deftiges Frühstück mit hofeigenen Produkten und entließ uns mit einem »Zahl, was du willst«. Und als wir uns nach einer anstrengenden Wanderung in den Tolmin-Klammen in der sengenden Nachmittagssonne entlang der Straße zum Parkplatz schleppten, hupte es plötzlich neben uns. Eine Parkmitarbeiterin hielt und bot uns an, uns in ihrem Auto auf dem Weg in den Feierabend ein Stück mitzunehmen. Mir ist lange nicht mehr so viel Freundlichkeit von Fremden begegnet!

Green-Travel-101

Wer mit dem nächsten Urlaub wirklich gar keine Negativpunkte auf dem Klimakarmakonto sammeln möchte, reist klimaneutral oder sogar klimapositiv, umwelteffektiv und für die Bevölkerung der Reisedestination sozial und wirtschaftlich profitabel. Nachhaltig par excellence Reisen kann folgendermaßen gehen.

Klimaneutral oder -positiv reisen

• Anreise- und Abreise, aber auch die Fortbewegung, der Energieverbrauch und die Emissionen während deines Urlaubs sind nicht höher, als sie beim Urlaub auf Balkonien wären.
• Du kompensierst CO2-Äquivalente deiner Reise (siehe Kapitel »Fußabdruck ausgleichen«).
ProfiTipp: Deine eigene Wohnung oder dein Haus sowie andere ressourcenintensive Besitztümer können in deiner Abwesenheit fremdgenutzt werden, statt brach zu liegen. So zahlen sie nicht negativ auf dein CO2-Konto ein. Frage Familie oder Freunde, ob sie nicht Lust haben, in deiner Abwesenheit in deinen Wohnräumen zu urlauben, oder vermiete den ungenutzten Wohnraum zeitweise.

Umwelteffektiv reisen

• Du verzichtest auf umweltschädliche Erlebnisse, wie Motorbootfahren im Korallenriff, die Nutzung künstlich beschneiter Wintersportpisten und Elefantenreiten, Delfinshows oder andere Wildtiererfahrungen.
ProfiTipp: Die Umwelt wird durch den Urlaub nicht nur nicht belastet, sondern profitiert sogar von deinem Aufenthalt. Dazu könntest du etwa während einer Wanderung oder beim Strandaufenthalt Müll sammeln.

Sozial und wirtschaftlich profitabel

Die Wirtschaft und Gesellschaft des Reiselandes oder der Region wird durch deinen Urlaub bereichert, etwa durch
• den Besuch in Restaurants und die Wahl von Unterkünften, die inhabergeführt sind,
• dem Kauf von lokal hergestellten Souvenirs,
• die Buchung bei lokalen Erlebnisanbietern,
• Interesse an und Respekt vor der Kultur vor Ort.
Blicke doch einmal auf deine letzte Reise zurück – welche Punkte kannst du abhaken?
Puh! Alles richtig zu machen klingt auf den ersten Blick nahezu unvereinbar mit Erholung und Erleben. Dass dem nicht so ist, soll dieses Buch zeigen. Außerdem wird im Folgenden von »nachhaltiger reisen« statt einem dogmatischen »nachhaltig reisen« gesprochen – jeder Schritt in die richtige Richtung ist besser, als auf der Stelle zu treten.
Je mehr ich in das Thema Nachhaltigkeit und damit verbunden in nachhaltigere Konsum- und Handlungsweisen eintauchte, desto größer lastete der Druck auf mir, alles richtig machen zu wollen. Immer wieder stolperte ich über Aspekte, die ich noch gar nicht bedacht hatte und die bisher unmöglich erscheinende Veränderungen in meinem Leben hervorriefen.
So scheiterte ich etwa an dem Versuch, »zero waste«, also verpackungs- und insbesondere plastikmüllfrei, zu konsumieren. Dass ich in einem damals Drei-Personen-Haushalt nicht nur mein eigenes Leben, sondern auch das meines Kindergartenkindes (das bereits an in reichlich in Plastik eingepackte Snacks gewöhnt war) und meines Partners (der noch nicht im gleichen Maße in Nachhaltigkeit involviert war wie ich) würde ändern müssen, entmutigte mich – ohne überhaupt nach Mülleinsparungsmöglichkeiten im Alltag geschaut zu haben. Auf sozialen Medien sah ich Bilder von mit Glas- und Metalldosen gefüllten Vorratskammern und von Wocheneinkäufen im Unverpacktladen. In meinen Küchenschränken hingegen tummelten sich vor allem bunte Plastikbüchsen. Der nächstgelegene Unverpacktladen lag zwei Stadtteile und eine halbe Stunde mit der Tram entfernt. Und während die Vorreiter*innen der müllfreien Bewegung ihr Müllaufkommen eines ganzen Monats oder gar Jahres in einem einzigen Marmeladenglas fassen konnten, trug ich mehrere Rest- sowie Papier- und Plastikmüllsäcke pro Woche vor die Tür.
Erst als ich mich »less waste« und damit einem weniger absoluten Ziel zugewandt hatte, konnte ich für meine Lebenssituation realisierbare Alternativen finden und annehmen. Etwa der Obst- und Gemüseeinkauf auf dem Wochen- und im Supermarkt mit mitgebrachten Beuteln und Behältnissen oder der Griff zu fester, unverpackter Kosmetik (siehe Kapitel »Auslaufsicher, müllfrei und sauber unterwegs mit fester Kosmetik«). Anderes, wie verpackte Snacks für das Kind unterwegs oder gelegentliches Take-out, sind für mich nach wie vor bewusste Ausnahmen. Trotzdem verursache ich heute deutlich weniger Verpackungsmüll als früher. »Green, fair und fun« ist der Leitsatz, unter dem ich über nachhaltigere Konsumalternativen und Lebensweisen blogge und den ich allen ans Herz legen möchte, die es auch probieren möchten.

Der individuelle Reisefußabdruck

Energieverbrauch und CO2-Emissionen hängen im Tourismus zu 75 Prozent mit der Nutzung von Verkehrsmitteln zusammen.24 Je nach Mobilitätsart kann aber auch die Unterkunft einen beachtlichen Anteil am Fußabdruck einer Reise haben. Mit Rucksack und Rad zu reisen ist löblich. Nächtigt man auf der Tour allerdings in Fünf-Sterne-Hotels, wäre der Urlaub nicht weniger ressourcenaufwendig als die An- und Abreise mit Dieselauto und der zweiwöchige Aufenthalt im Ökohotel. Um zu ermitteln, welche Faktoren eine Reise aus Nachhaltigkeitsperspektive problematisch machen und wie sehr, können wir auf zwei wissenschaftliche Konzepte zurückgreifen:
Der ökologische Fußabdruck berechnet, wie viel biologisch produktive Land- und Wasserflächen – also Ackerland, Weideland, Waldflächen, Fischgründe und bebaute Flächen – benötigt würden, um die verbrauchten Ressourcen zu produzieren und die anfallenden Abfälle (auch CO2) aufzunehmen. Angewendet werden kann der ökologische Fußabdruck auf Individuen, Bevölkerungen oder Aktivitäten (z. B. das Reisen). Unter der Messgröße der globalen Hektar (gha) werden die Faktoren Ernährung, Wohnen, Konsum und Mobilität zusammengefasst.
Die Angebot-versus-Nachfrage-Bilanz für unseren gesamten Planeten sieht mau aus: Laut Daten der Non-Profit-Organisation Global Footprint Network übersteigt die weltweite Nachfrage nach natürlichen Ressourcen seit 1971 durchgehend das Angebot an regenerierten Ressourcen.25 Gegenwärtig bräuchte die Erde mehr als anderthalb Jahre, um den Verbrauch eines Jahres zu decken. Wenig überraschend: Wir Europäer*innen leben besonders über unsere Verhältnisse. Würden alle Erdenbewohner*innen unseren Lebensstil pflegen, wären fast drei Erden notwendig, um den Ressourcenverbrauch nachhaltig zu ermöglichen. Im Jahr 2017 betrug in Deutschland der Pro-Kopf-Fußabdruck 4,7 globale Hektar. Damit auch zukünftige Generationen auf Ressourcen zurückgreifen können, würde der nachhaltige ökologische Fußabdruck in Deutschland bei etwa 1,5 globalen Hektar (15.000 Quadratmetern) pro Person liegen.26
Der CO2-Fußabdruck ist ein weiteres beliebtes Konzept. Hier werden Negativeinflüsse auf das Klima – also solche, die zur Erderwärmung und damit zu den negativen Folgen für Mensch und Natur beitragen – in CO2-Äquivalente in Kilogramm umgerechnet. Der Richtwert für einen klimaschützenden Lebensstil liegt bei zwei Tonnen pro Kopf im Jahr. Jede*r Deutsche verursacht momentan allerdings mehr als das 6-Fache – nämlich durchschnittlich 12,5 Tonnen.27

Fußabdruck berechnen

Egal, welche Messgröße man zugrunde legt: Das jährliche »Freikontingent« an globalen Hektar oder Tonnen CO2 ist mit einem zweiwöchigen Aufenthalt im Luxusresort ebenso schnell ausgeschöpft wie mit der motorisierten An- und Abreise zum Urlaubsort, zum Beispiel 1.200 km von Hannover an die nordspanische Mittelmeerküste (siehe Tabelle rechts). Der Fußabdruckrechner der Technischen Universität Graz zeigt dies und lässt die Berechnung für die ganz persönliche und individuelle Reiseplanung zu. Nach der Abfrage von An- und Abreise, Unterkunft und Verpflegung sowie Mobilität und Aktivitäten vor Ort spuckt der Rechner eine Gesamtbilanz für die geplante Reise als Fußabdruck in Quadratmetern wie auch in Kilogramm CO2 aus.28
Eindeutig ist: Flugzeug, Schiff und die Reise auf vier (eigenen) Rädern frisst die meisten Ressourcen. Überraschen mag, dass Flugzeug und Schiff eine weniger drastische Umweltauswirkung haben als Auto oder Wohnmobil. Den Abdruck der motorisierten Reise kann man jedoch ganz deutlich mit der Auslastung im Fahrzeug senken. Würde der Campingbus statt mit zweien mit drei Personen besetzt sein, läge der Fußabdruck pro Kopf unter dem der Flugzeug- und Schiffsreise. Zudem kann eine umsichtige Fahrweise Energieverbrauch und Emissionen deutlich reduzieren. Bei der An- und Abreise mit dem Flugzeug wäre zusätzlich mindestens ein Hin- und Fortkommen zur Unterkunft hinzuzurechnen.
Jetzt bist du dran! Die folgende Tabelle zeigt die Werte heruntergerechnet auf einen Kilometer An- und Abreise sowie eine Übernachtung jeweils für eine Person. Nun kannst du deine geplante Reise ganz einfach berechnen!

Fußabdruck ausgleichen

Über Anbieter wie Atmosfair oder MyClimate kann man Flüge, Kreuz- und Autofahrten ausgleichen: Die verursachten CO2-Emissionen in Tonnen werden beispielsweise gegenüberstellt mit der Zahl der Bäume, deren es bedürfen würde, um das Kohlenstoffdioxid zu binden. Die Pflanzung ebenjener Bäume in Aufforstungsprojekten kann man dann mit einem bestimmten Geldbetrag unterstützen und so die ökologische Missetat kompensieren. Neben dem Pflanzen von Bäumen gibt es auch weitere Klimaschutzprojekte: solche etwa, die den Aufbau von klimafreundlicher Energieerzeugung durch Solar-, Wind- oder Wasserkraft fördern und damit dreckige Energiegewinnung in Kohlekraftwerken ersetzen können. Andere geförderte Projekte konzentrieren sich auf Bildung, Investitionen in medizinische Einrichtungen oder den Aufbau von Infrastruktur und Arbeitsplätzen, um langfristig eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. Das Umweltbundesamt empfiehlt, solche Kompensationsprojekte auszuwählen, die mit dem Siegel »Gold Standard« ausgezeichnet sind.
Aber Achtung: Das Kompensieren von klimaschädlichem Verhalten sollte kein ökologischer Ablasshandel sein. Ziel ist nicht, ohne Gewissensbisse und wie bisher weiter zu konsumieren. Neben der Wiedergutmachung soll das Kompensieren auch zu einem Bewusstsein für das eigene klimawirksame Handeln beitragen. Was kostet ein Flug tatsächlich? Der supergünstige Flug ist vielleicht nicht mehr erste Wahl, wenn man die Kosten für den Ausgleich des Klimaschadens aufrechnet. Viele Tools, die den ökologischen oder CO2-Fußabdruck berechnen, geben außerdem Tipps, wie man den eigenen Einfluss verringern kann. Für Fern- und Flugreisen gilt: diese bewusst unternehmen und als den Luxus anerkennen, die sie sind.
Planung
Ziele, Reisezeit &Begleitung
Bevor es an die Detailvorbereitung mit der Beantwortung ganz praktischer Fragen zur Unterkunft, zum Hin- und Herumkommen und zu Gepäck und Mitnehmseln geht, solltest du zunächst drei Faktoren klären, die deine weitere Reiseplanung bestimmen: das Reiseziel, die Reisezeit und -dauer sowie die Reisebegleitung.

Reiseziele: Nah reisen, fern fühlen

Den ökologischen Fußabdruck deiner Reise bestimmt ganz wesentlich das Transportmittel für die An- und Abreise. Und dieses wiederum hängt von der Entfernung des Ziels vom Wohnort ab. Ein Leitsatz für nachhaltigeres Reisen lautet daher: möglichst nah reisen!
»Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!«, empfahl bereits Goethe, und recht hat er noch immer. Diese besonderen Orte liegen allesamt in Deutschland oder im nahe gelegenen europäischen Ausland und lassen dennoch ein Weit-weg-Gefühl aufkommen:
Königssee im Berchtesgadener Land: An einen neuseeländischen Fjord fühlt man sich erinnert, wenn man mit dem Elektroboot zur Wallfahrtskirche Sankt Bartholomä auf dem Königssee schippert. Zwischendurch stellt der Kapitän den Motor aus und zückt sein Horn, dessen Klang die steil aus dem Wasser ragenden Felswände wiedergeben. Gänsehaut! Etwa zwei Wanderstunden oberhalb der Kirche gelegen ist der Einstieg zur 1.800 Meter hohen Ostwand des Watzmanns. An deren Fuß befindet sich mit der Eiskapelle – dem tiefst-gelegenen permanenten Eisfeld der Alpen – eine weitere Besonderheit.
Elbsandsteingebirge in der Sächsischen Schweiz: