Großer Himmel - kleine Hölle? - Jens Kaldewey - E-Book

Großer Himmel - kleine Hölle? E-Book

Jens Kaldewey

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Beschreibung

Christen glauben an einen barmherzigen Gott. Die Bibel spricht andererseits aber auch von der Hölle und Verlorenheit. Kann beides gleichzeitig stimmen? Und was sollen wir über unsere Freunde denken, die (noch) keine bewussten Christen sind? Müssen wir hinnehmen, dass Gott zum Schluss nichts von ihnen wissen will? Jens Kaldewey befragt die Bibel zu diesem Thema und macht überraschende Entdeckungen. Er verabschiedet sich nicht von einem richtenden Gott - zeigt aber, dass Christus weit mehr Menschen mit Gott versöhnt, als Fromme manchmal glauben.

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Seitenzahl: 486

Veröffentlichungsjahr: 2021

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JENS KALDEWEY

GROSSERHIMMEL –

KLEINEHÖLLE?

Wie das Gericht Gottesuns Hoffnung macht

SCM R.Brockhaus ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-417-27021-1 (E-Book)

ISBN 973-3-417-24171-6 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck

© 2021 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH

Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen

Internet: www.scm-brockhaus.de; E-Mail: [email protected]

Die Bibelverse wurden folgenden Ausgaben entnommen:

Elberfelder Bibel 2006, © 2006 by SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Witten/Holzgerlingen. (ELB)

Bibeltext der Neuen Genfer Übersetzung, Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft,

Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten. (NGÜ)

Gute Nachricht Bibel, durchgesehene Neuausgabe,

© 2018 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. (GNB)

Hoffnung für alle® Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®.

Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis – Brunnen Basel. (HFA)

Umschlaggestaltung: Stephan Schulze und Maikel Karkoush, Holzgerlingen

Satz: Lieverkus. Media, www.lieverkus.de

Inhalt

Widmung

Über den Autor

Einführung

Entstehung des Buches – eine lange Geschichte

Wie das Buch aufgebaut ist

Wie das Buch zu lesen ist

Über meinen Umgang mit dem Bibeltext

Die Bibel legt sich selbst aus

Frühere Texte schatten die Wahrheiten späterer Texte vor

Der Heilige Geist inspiriert zu persönlichen Einsichten

Danksagung

Teil I: Der Richter und das Gericht

1. Der Richter

Schuldig oder unschuldig?

Es kommt auf den Richter an

Gesetzgeber und Richter in einer Person

Der Richter und sein Sohn

2. Vom Wesen des Richters

Jahwe, Jahwe …

Das Wesen des Richters

3. Das zukünftige Gericht – eine heilsame Notwendigkeit

Erfahrungen mit dem »Familienparlament«

Die Wahrheit kommt auf den Tisch

Das kommende Gericht ist heller, als wir denken

Sehnsucht nach Gerechtigkeit

Das zukünftige Gericht erleichtert Versöhnung heute

Die Vorverlegung des Gerichts

4. Das Gericht Gottes – ein zentrales Thema der Bibel

Es ergeht über alle Menschen

Es ergeht über jedes Detail

Es ist selbstverständlicher Teil neutestamentlicher Verkündigung

Es sorgt für umfassende Rehabilitation

Es bereitet den neuen Himmel und die neue Erde vor

Gott wird nach seinen eigenen Rechtsgrundsätzen richten

5. Der erste Maßstab: Jesus Christus

Das Buch des Lebens

6. Der zweite Maßstab: Unsere Reue

Was ist Reue?

Beispiele für die Verweigerung echter Reue

Beispiele echter Reue

»Buße« im Neuen Testament

Schlussfolgerung

7. Der dritte Maßstab: Gottes Gebote

Die Zehn Gebote

Die Bergpredigt

Das Liebesgebot und die »goldene Regel«

Gottes Gebote – seine Hausregeln

Unterschiedliche Klarheit der Erkenntnis

8. Der vierte Maßstab: Gottes Barmherzigkeit

Barmherzig wie der Vater

Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht

Barmherzigkeit wird belohnt

9. Der fünfte Maßstab: Gottes Offenbarung

Wissen bewirkt Verantwortung

Gott berücksichtigt, was wir bei mehr Wissen getan hätten

Milde für die Unwissenden

Strenge für die Wissenden

Gott selbst bewirkt Erkenntnis

Zur Erkenntnis berufen

10. Der sechste Maßstab: Das Maß unserer Frucht

11. Der siebte Maßstab: Unsere Absichten

Befreiung von falschen Motiven – eine Selbsterfahrung

Die verborgenen Absichten des Herzens

Gemischte Motive

Böse und gute Überraschungen

Vorsicht vor schnellen Urteilen

Durchforsche mich Gott und sieh mir ins Herz!

12. Der achte Maßstab: Ausgleichende Gerechtigkeit

Der reiche Mann und Lazarus

Die Bergpredigt

Ausgleichende Gerechtigkeit im AT

Auge um Auge, Zahn um Zahn

Gott selbst gleicht aus

Offene Rechnungen

Die Maßstäbe und der Ausgang des Gerichts

13. Ein Ergebnis: Leben oder Tod

14. Ein Ergebnis: Schmerz und Heilung

15. Ein Ergebnis: Der Lohn

Gnade oder Lohn?

Göttliche Boni

Formen des Lohns

16. Ein Ergebnis: Leben innerhalb oder außerhalb der Stadt Gottes

Das Neue Jerusalem ist die Gemeinde

Das Neue Jerusalem hat eine Umgebung

Nationen außerhalb von Jerusalem

17. Der Zeitpunkt des Gerichts

Nach der alten und vor der neuen Welt

Bei der Ankunft von Jesus

Nach unserem Tod

Täglich im Hier und Jetzt

In geschichtlichen Ereignissen

Teil II: Die kleine Hölle

1. Vorbemerkungen

2. Die Hölle in der Bibel

Hölle als Ort des Strafgerichts Gottes

Hölle als Ort des verzehrenden Feuers

Hölle als Ausschluss

Hölle als Ort des Jammerns

Hölle – ein finsterer Ort

Hölle als Feuersee

Weitere Bilder für die Hölle

Die Hölle als ewiger Zustand

3. Die Barmherzigkeit Gottes und die Hölle

Die Hölle als Ort endgültiger Vernichtung

»Wirft« Gott Menschen in die Hölle?

Wer kommt in die Hölle?

Mein Fazit zum Thema Hölle

Teil III: Der große Himmel

1. An der Schwelle des Himmels

2. Siehe, ich mache alles neu.

Neu – Eine kleine Spurensuche

Neu – vollständig erneuert und wiederhergestellt

Neu – verändert und verbessert

Neu – unvergänglich

Neu – unbefleckt

Neu – unverwelklich

3. Siehe, ich mache alles neu.

Eine neue Gottesbeziehung

Ein neuer Leib

Neue soziale Beziehungen

Eine neue Stadt

Eine neue Erde und ein neues Universum

Eine neue Völkerwelt

4. Die Nationen der neuen Erde

Die Nationen und das Volk Gottes

Ewiges Leben außerhalb des Gottesvolks

Zusammenfassung

5. Warum noch evangelisieren?

Jesus hat es uns geboten

Die Evangelisierung der Welt ist Bedingung für die Wiederkunft Jesu

Wer hier zum Glauben kommt, ist mit Gewissheit gerettet

Wer hier zum Glauben kommt, wird schon jetzt verändert

Es wäre unbarmherzig, den Menschen die gute Botschaft vorzuenthalten

Der Heilige Geist treibt uns dazu

Die Mächte des Bösen binden

6. Der schmale und der breite Weg – Gedanken zu einer vielzitierten Bibelstelle

7. Großer Himmel – kleine Hölle: Schlussgedanken

Literaturverzeichnis

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Widmung

»Kriege offenbaren sämtliche Seiten des Menschseins. Inmitten schrecklichster Umstände begegnen mir barmherzige, mutige und liebenswürdige Menschen. Respekt und Mut existieren neben Gier und Intoleranz.«

James Nachtwey, Kriegsfotograf in der NZZ(Neue Züricher Zeitung) am Sonntag, 5.1.2020

Dieses Buch widme ich den zahllosen tapferen und liebenden Menschen unserer Welt, die inmitten von Gier und Intoleranz dem Nächsten zugewandt bleiben, ob sie Gott oder Jesus bewusst kannten oder nicht. Ich rufe ihnen zu: Eure Liebe war nicht umsonst.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Über den Autor

JENS KALDEWEY lebt in der Schweiz, ist Pastor im Ruhestand und jetzt freiberuflicher Vortragsredner, Bibellehrer und Berater. Er arbeitet beim Podcast »bibletunes« mit.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Einführung

Während meiner bisherigen Lebenszeit wurden mir nicht nur vier biologische Nachkommen geboren – ich brachte auch geistige, theologische Kinder hervor. Mehrfach wurde ich durch meinen »intimen« Umgang mit Gott und seinem Wort schwanger. Etwas regte sich in mir, begann zu wachsen und erblickte schließlich das Licht der Welt. Verschiedene Wahrheiten, Themen und Einsichten trug ich lange unter dem Herzen, bis ich sie schließlich gebar, in Form von Artikeln, Vorträgen und Büchern.

Drei dieser Kinder wuchsen besonders stark und kamen in intensiven Geburtsprozessen zur Welt: Die Themen »Gericht Gottes«, »Hölle« und »Himmel«.

Vor einigen Jahren, ich war schon weit über sechzig Jahre alt, nahm eine innere Unruhe zu und mahnte mich: Schicke deine Kinder hinaus in die Welt. Behalte sie nicht bei dir. So entschloss ich mich, dieses Buch zu schreiben: »Großer Himmel – kleine Hölle? Wie das Gericht Gottes uns Hoffnung macht.«

Entstehung des Buches – eine lange Geschichte

Ich wuchs in einem konsequent säkularen Elternhaus auf, wurde weder getauft noch konfirmiert und hatte keine Ahnung vom christlichen Glauben oder von der Bibel. Knapp vor meinem 18. Geburtstag klingelten zwei Mormonenmissionare1 an unserer Tür, die mich wie eine reife Frucht für ihre Glaubensgemeinschaft pflückten. Ich war offen für und hungrig nach Gott. Sie erzählten mir, es gäbe im Himmel drei Herrlichkeitsstufen. In der höchsten wären Gott und Jesus präsent und dort könnte man mithilfe einer (Mormonen-)Frau geistige Kinder zeugen, für diese Planeten bauen und selbst ein Gott werden. In der zweiten Stufe gäbe es nur Jesus und ewige Vermehrung wäre dort nicht möglich. In der dritten wäre es immer noch wunderschön, aber ohne Jesus und ohne den Vater.

Ich kann mich noch gut an meine damalige Reaktion erinnern: Wenn ich nicht in die höchste Stufe gelange, wo der Vater ist, ist das für mich wie eine Hölle. Ausschluss vom Vater, Abwesenheit des Vaters – das ist Hölle. Hölle heißt ohne Gott sein. Das war meine erste Höllenerkenntnis und ich lag damit gar nicht so falsch!

Nach drei Jahren lernte ich den ersten echten Christen kennen, der mit Jesus vertraut war und ihn liebte. Er vertrat ihn glaubwürdig. Nach einigen Monaten des »Aufgeweichtwerdens« und starken inneren Kämpfen trennte ich mich radikal von den Mormonen und wurde ein Jesusnachfolger. Von Anfang an las ich viel in der Bibel und in anderen christlichen Büchern. Es folgten eine Zeit als christlicher Hippie in der Jesus-People-Bewegung2, eine Ausbildung zum Krankenpfleger und ein Theologiestudium an einer evangelikalen, sogenannt »bibeltreuen« Ausbildungsstätte mit akademischem Charakter3. Mein entscheidender Beweggrund zum Glauben war nicht die Angst vor irgendeiner Hölle, sondern die Sehnsucht nach Gott und Jesus. Im Unterschied zu den Mormonen ist für mich bis heute das Wesentliche des christlichen Glaubens, es nicht mit einem System, sondern mit einer Person zu tun zu haben.

Als Christ übernahm ich schnell die vorherrschende Lehre der nie endenden bewussten Qual für alle, die nicht an Jesus glauben. Allerdings hatte ich früh einige Allversöhner kennengelernt, die auf mich den Eindruck glaubwürdiger Christen machten. Lange Jahre dachte ich nicht besonders über die Hölle nach, steckte sie in die unterste Schublade meiner »Glaubenskommode« und machte diese Schublade selten auf, und wenn, dann nur ganz kurz. Doch weil ich über einen Zeitraum von fast zwanzig Jahren jährlich einmal die ganze Bibel betend, forschend und fragend durchlas, kam ich natürlich immer wieder bei den »Höllenstellen« vorbei – aber noch mehr bei den »Himmelsstellen«. Für sie verwendete ich eine größere Schublade in meiner Kommode, die immer voller wurde. Irgendwann war es dann so weit, auch die unterste Schublade wieder einmal aufzuziehen, zu inspizieren und ihren Inhalt einer genauen Untersuchung zu würdigen.

Das war zwar nicht gerade so wie bei der Büchse der Pandora4, erwies sich aber doch als sehr unangenehm, zwar nicht in dem Sinne, dass die traditionelle Lehre von der Hölle mir plötzlich falsch erschien – sie wurde mir schrecklich. Entsetzlich. Monströs. Mir wurden zum ersten Mal die grauenhaften Konsequenzen der klassischen Höllenlehre bewusst. Gott lässt die Ungläubigen von Ewigkeit zu Ewigkeit, ohne dass jemals ein Ende abzusehen wäre, in einem Zustand leiden, der einem Verbranntwerden ohne sterben zu können gleicht, und dies leiblich, seelisch und geistlich! Die sympathische Allversöhnung mit ihrer zeitlich begrenzten Hölle schien mir keine Lösung, denn ich fand sie biblisch zu wenig begründet – auch wenn ich es sehr gerne so gehabt hätte.

In einem neueren Buch über die Hölle stieß ich auf eine Bemerkung, die mir aus dem Herzen sprach, mich aber auch in ihrer schonungslosen Stimmigkeit erschütterte.

»Von allen Höllen, die man seit Urbeginn erdacht hat, ist die vollständigste, die systematischste, die hoffnungsloseste, die des Christentums – so sehr, daß sie zum Archetyp geworden ist. Sie ist absolutes Leiden, das zugleich die fünf Sinne – und durch Gewissensbisse und das Bewußtsein von der Ewigkeit der Qualen – den Geist erfüllt. […] bestimmt für die Verdammten, das Gegenteil einer Heilsreligion, die die menschliche Freiheit respektieren möchte: Sie wird zum Schicksal jener, die sich von der Quelle des absolut Guten trennen. Das ist ihre Einzigartigkeit und ihre Macht.«5

Der Glaube an diese Hölle wurde mir schwer und bedrückend. Diese Schwere wurde noch gesteigert durch tiefere Einsichten in andere Wahrheiten, sowohl der Bibel als auch meiner mittlerweile langjährigen Lebenserfahrung als Mensch und Christ. Gott war für mich zu einer Vertrauensperson geworden, die mein Leben ausfüllte und bestimmte. Ich war sowohl in der Bibel als auch in meinem Leben beständig einem Gott begegnet, der barmherzig, versöhnend, liebevoll, nicht nachtragend, geduldig und gerecht ist, so wie ihn die folgenden Verse beschreiben:

»Barmherzig und gnädig ist der HERR, langsam zum Zorn und groß an Gnade. Er wird nicht immer rechten, nicht ewig zürnen. Er hat uns nicht getan nach unseren Vergehen, nach unseren Sünden uns nicht vergolten … Denn er kennt unser Gebilde, gedenkt, dass wir Staub sind.«6

Dieses Bild von Gott stand für mich nicht nur in der Bibel, es war meine Lebenswirklichkeit geworden. Es schien jedoch nicht zur herkömmlichen Lehre von der Hölle zu passen! Zunehmend empfand ich eine furchtbare Spannung zwischen dem barmherzigen Wesen Gottes und der Lehre, dass er viele Menschen in die Hölle wirft und dort ewig leiden lässt.

Hinzu trat auch die Begegnung mit der Gebrochenheit, Blindheit, Verletzung und Verzauberung so vieler Menschen, Christen wie Nichtchristen, obwohl sie die besten Absichten hatten. Ich nahm bei ihnen keine solch ausschließlich böse, hartnäckige Verstockung und Verhärtung wahr, die eine ewige Bestrafung rechtfertigen könnten. Ich traf so viele Menschen, Christen und Nichtchristen, die neben ihrer Bosheit auch andere Seiten hatten. Ich selbst stehe inmitten einer großen »ungläubigen« Verwandtschaft, von denen ich einige ehrlich für ihre Hingabe und Treue für andere bewundere – aber meinem Zeugnis über Jesus haben sie bis heute keinen Glauben geschenkt. Nach klassischer Lehre kommen sie alle in eine ewige Hölle. Dabei war mir auch die Mahnung keine Hilfe, niemanden zu richten, sondern die Entscheidung Gott zu überlassen. Denn es erschien mir allzu wahrscheinlich: Die allermeisten kommen in die Hölle.

Zudem hat Gott mir eine »Berufungskombination« gegeben, die es nicht leichter macht, das klassische Höllenverständnis zu vertreten. Ich wuchs hinein in zwei »Berufungslinien«: Prediger/Lehrer und Seelsorger/Berater. Man fand mich am Schreibtisch, auf der Kanzel und in seelsorgerlichen Gesprächen. Nach vielen Jahren der Tätigkeit als Pastor machte ich mich 1998 selbstständig und gründete einen Dienst mit der Bezeichnung »Lehr- und Beratungsdienste«. Ich habe unzählige Vorträge und Seminare zu diversen Themen gehalten und war als Dozent tätig. Ich habe aber auch unzähligen Menschen und Paaren in Beratungsgesprächen gedient und dabei etliche Menschen begleitet, die nach dem klassischen Verständnis eigentlich in der Hölle landen müssten.

Diese doppelte Berufung hat dazu geführt, mir vielleicht mehr als andere die Frage zu stellen, welche Folgen eine bestimmte Lehre für einen konkreten Menschen hätte. Ich darf ein wenig provozieren und wechsle kurz zu einem anderen äußerst umstrittenen Thema mit Spaltungstendenz in der Christenheit: homosexuell aktive Christen. Es ist leichter, vom Schreibtisch aus homosexuell aktiven Christen pauschal und anonym das Heil abzusprechen7, als den eigenen jungen erwachsenen Sohn hinauszuwerfen, weil er sich als homosexuell aktiv geoutet hat, aber tatsächlich noch an Jesus glaubt und auch sonst vorbildlich lebt.8

Ich blieb mit Gott im Gespräch über die Hölle und betete oft in dieser Weise: »Vater, ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich komme an eine Glaubensgrenze. Ich kann das so nicht mehr glauben. Vater, was soll ich tun?! Hilf mir! Wenn das wirklich wahr ist, hilf mir, damit zu leben, es zu glauben, es so weit zu verstehen, dass ich es von dir annehmen kann!«

Bei Mitchristen stellte ich fest, dass sie sich darüber noch keine Gedanken gemacht oder diese Wahrheit einfach verdrängt hatten – oft in die unterste Schublade oder gar ins Geheimfach –, oder dass ihnen diese Lehre viel weniger ausmachte als mir.

Beginn einer Forschungsreise

Aus meiner Not heraus begann ich zu forschen, zum Thema zu lesen, Bibelstellen genauer auszulegen und mir die griechischen und hebräischen Ausdrücke anzuschauen. Dabei stieß ich auf eine alternative Möglichkeit, die Hölle zu verstehen: Als Ort endgültiger Vernichtung des Bösen und nicht der Verewigung der Strafe. Das wird auch Annihilation genannt, die Auffassung trägt den Namen Annihilationstheorie. Ich prüfte diese Sicht und stellte fest: Sie ist gut begründet, aber nicht gut genug, um die alte Sicht völlig und widerspruchsfrei abzulösen. Einige Bibelstellen standen quer dazu und ließen sich nicht ohne Weiteres anders verstehen.9

Meine Sympathie für die Annihilation war jedoch geweckt. Im Laufe der Zeit wurde sie für mich immer wahrscheinlicher. Für andere Christen in meinem Umfeld war sie längst die richtige Auffassung. So weit wollte ich nicht gehen. Im Zuge einer langen intensiven Auseinandersetzung10 verstand ich auch die Position der Allversöhnung besser, und zwar als Gegenreaktion, als Notwehrmaßnahme gegen die traditionelle Lehre der unendlichen bewussten Qual. Mir scheint, Allversöhnung und unendliche bewusste Qual sind zwei Extrempositionen, die sich immer wieder gegenseitig aufschaukeln und am Leben erhalten. Solange es Menschen gibt, die von einer unendlichen, qualvollen Bestrafung in der Hölle sprechen, wird es auch Menschen geben, die sich mit dem Gedankengut einer Allversöhnung dagegen wehren.

Langsam reifte der Entschluss, das Thema einzubetten in ein ganzes Buch über das Gericht Gottes. Sie halten es in den Händen. Ich bat ein Missionsteam, mit dem mich seit 25 Jahren eine fruchtbare Zusammenarbeit und Gemeinschaft verbindet, mich für dieses Projekt zu segnen und zu senden. Einer der Hauptleiter, eine echte geistliche Größe, zu dem ich wirklich aufschaue, sagte: »Jens, wenn du in dem Buch lehrst, dass in der Hölle nicht ewig bestraft wird, bete ich nicht für dich.« Meine Antwort: »Doch, du kannst für mich beten, ich verspreche dir, dass ich jede Position nochmals überprüfe, gründlich.« – »In dem Fall bete ich für dich«, antwortete er.

Ich habe mein Versprechen gehalten und nochmals »eine Runde gedreht«, sogar mehrere, weitere, gründlichere als die ersten Runden. Ich habe neue Bücher gelesen und neue Argumente für die jeweiligen Sichtwesen unter die Lupe genommen. Dabei begann ich mit einem Buch, das leidenschaftlich und sorgfältig für die klassische Sicht eintritt.11 Mehrere anerkannte amerikanische Theologen argumentieren darin gegen die Lehren der Allversöhnung und der Annihilation, die sie als »Ausverkauf der Hölle« betrachten, und machen ihre Ansicht zu einem Zentralpunkt des christlichen Glaubens, der in unmittelbarer und engster Verbindung zur Lehre von Kreuz und Auferstehung Christi steht. Durch die Lektüre dieses Buches tauchte ich nochmals tief in diese noch immer weitgehend vorherrschende Denktradition ein und erlebte wieder, wie eine große Schwere und Bedrückung über mich kamen.

So geriet ich mit meinen 68 Jahren ungeplant in eine echte Glaubensnot, als ich feststellen musste: All diese Aussagen mögen wahr sein, aber ich schaffe es nicht, mich dieser Wahrheit zu beugen. Eine Wolke schob sich zwischen Gott und mich, die ganz und gar nicht harmlos war, denn ich konnte Gott an diesem Punkt sozusagen nicht folgen und sagte ihm das auch. Wiederholt betete ich: »Vater, ich will diese Wahrheit annehmen. Sie scheint mir doch die biblisch am stärksten belegte zu sein. Aber ich kann es zurzeit nicht, noch nicht. Meine Glaubens- und Vertrauensfähigkeit ist da an eine Grenze gekommen.« So erlebte ich erneut eine tiefe Glaubenskrise, obwohl ich bereits zahlreiche Abenteuer mit Gott erlebt und in einigen sehr tiefen Talsohlen meines Lebens Gottvertrauen hatte lernen müssen und auch gelernt hatte.

Die Auseinandersetzung ging weiter. Andere Deutungsmöglichkeiten gewisser Bibelstellen leuchteten wieder neu auf. Besonders wichtig waren mir schon lange Zeit die letzten beiden Kapitel der Bibel geworden. Sie erweckten bei mir den Eindruck, dass der Himmel, bzw. die neue Erde riesig ist – von sehr vielen Menschen bevölkert. Auch eine systematische und gründliche Untersuchung der biblischen Aussagen zum Gericht Gottes war erhellend. Sie wurde zur wesentlichen Grundlage einer neuen Annäherung an das Thema Hölle und Himmel. Langsam wurde aus einer Drohbotschaft eine Frohbotschaft.

Das Gericht Gottes wird in diesem Buch in einem positiven, hoffnungsvollen Licht aufstrahlen, auch wenn es keinesfalls verharmlost wird.

Ich möchte dazu beitragen, die klar bezeugte, aber häufig missverstandene Lehre von der Hölle vom namenlosen Grauen zu befreien, das ihr anhaftet. Es hat dazu geführt, sie zu tabuisieren – im Herz des einzelnen Christen sowie in Lehre und Verkündigung. Daher will ich die Hölle als einen möglichen Ausgang des Gerichts weniger einseitig und traditionsbehaftet darstellen, indem ich die traditionellen Vorstellungen durch alternative Erklärungen ergänze. Ich freue mich, wenn meine Ausführungen zu einer Enttabuisierung der Hölle verhelfen.

Dagegen soll der Himmel als zweiter möglicher Ausgang des Gerichts an Strahlkraft gewinnen, indem ich einerseits seine Herrlichkeit konkret beschreibe und andererseits seinen Umfang und seine Weite aufzeige. In meinen Ausführungen wird deutlich werden, dass dort wesentlich mehr Menschen wohnen, als oft von gläubigen Christen angenommen wird.

So will das Buch dazu beitragen, im Herzen der Leser Glanz und Größe des Himmels aufstrahlen zu lassen, damit die Schrecklichkeit der Hölle auf ein angemessenes, sinnvolles Maß reduziert wird. So kann die Vorfreude auf die kommende Welt wachsen und unser Leben bis in den Alltag hinein beschwingen.

Im Laufe dieser langen Forschungsreise und vielem Nachdenken über Gott, die Schrift und mich selbst, merkte ich aber mit wachsender Deutlichkeit:

Eine objektive, rein sachliche, emotionsfreie und vorurteilsfreie Lehre über die Hölle gibt es nicht! Jeder ist bei der Auseinandersetzung mit diesen letzten großen Fragen, bei denen es wirklich um alles geht, mit seiner ganzen Person beteiligt, mit seiner Lebenserfahrung, seiner Biografie und seinem Charakter.

Wie das Buch aufgebaut ist

In Teil I, »Das gerechte Gericht«, wird das Gericht Gottes ausführlicher beschrieben, als wir es gewohnt sind. Ein Schwerpunkt liegt hier auf den Maßstäben, die Gott anwendet, wenn er unser komplexes Leben und Sein auf dieser Erde abschließend bewertet und ein gerechtes Urteil fällt. Dieser Teil legt die Grundlage für Teil II, »Die kleine Hölle«, und Teil III, »Der große Himmel«.

Bei der Erklärung der Hölle gehe ich auf die drei unter gläubigen Christen am meisten verbreiteten Höllenvorstellungen ein und wäge sie im Spiegel der Bibel gegeneinander ab.

Bei der Beschreibung des Himmels entfalte ich die entsprechenden biblischen Aussagen und betone dabei unter anderem einen oft vernachlässigten Aspekt: Neben der Gemeinde Christi wird es noch andere Völker auf der neuen Erde, die Gott schaffen wird, geben.

Wie das Buch zu lesen ist

Auch wenn sich das Buch mit einem komplexen Thema auseinandersetzt, verspreche ich Ihnen: Es ist leicht verständlich. Dazu empfehle ich, das Buch regelmäßig und langsam in kleineren Abschnitten über einen längeren Zeitraum hin zu lesen, z. B. an jedem Tag für nur 15 bis 20 Minuten – dann ist man in einem Monat fertig. Man kann es auch wegen der einfachen und logischen Gliederung als Begleiter für die Stille Zeit verwenden.

Zwar bauen die drei Teile aufeinander auf, dennoch kann auch jeder von ihnen für sich allein gelesen werden. Sie halten sozusagen drei Bücher in den Händen, jedes zu seinem eigenen interessanten und wichtigen Thema. Fühlen Sie sich also frei, mit dem Teil zu beginnen, der sie im Moment am meisten interessiert – sei es das Thema Hölle oder das Thema Himmel. Sie können auch z. B. mit den Ausführungen über das Gericht Gottes beginnen und dann entscheiden, wann Sie die anderen Teile noch dazulesen wollen.

Das Buch enthält viele Bibelzitate. Versuchen Sie, diese Stellen nicht einfach zu überfliegen, sondern als Teil des Textes bewusst zu lesen.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Über meinen Umgang mit dem Bibeltext

Neben dem hebräischen und griechischen Grundtext habe ich vier deutsche Übersetzungen der Bibel verwendet: Die revidierte Elberfelder Übersetzung (ELB), die Neue Genfer Übersetzung mit den Psalmen (NGÜ), Die Gute Nachricht Bibel (GNB) und die Hoffnung für Alle (HFA). Dabei habe ich jeweils die Übersetzung ausgewählt, welche die eigentliche Aussage des Textes zum Thema am verständlichsten zum Ausdruck bringt.

Häufig habe ich Passagen durch Kursivschrift hervorgehoben. In solchen Fällen finden Sie in den Fußnoten neben der Angabe der Übersetzung das Kürzel HJK – Hervorhebung durch Jens Kaldewey.

Der Leser wird bemerken, dass ich aus allen Teilen der Bibel Verse und Geschichten zur Stützung und Illustration meiner theologischen Auffassungen verwende. Darin eingeschlossen sind auch Texte, die auf den ersten Blick wenig unmittelbar mit dem Thema zu tun haben. Deshalb ist eine kleine »hermeneutische Reflexion« angebracht, in der ich anhand dreier Leitlinien beschreibe, wie ich Abschnitte aus der Bibel verstehe und auslege:

Die Bibel legt sich selbst aus

Eine der reformatorischen Grunderkenntnisse Luthers war es, gegen die Tendenz, kirchliche Lehrmeinungen in die Heilige Schrift hineinzulesen, die Bibel selbst als ihren eigenen Interpreten ernst zu nehmen. Nach Luther ist die Bibel »durch sich selbst glaubwürdig, deutlich, und ihr eigener Ausleger«12. Das Neue Testament legt das Alte aus und umgekehrt, spätere Schriften erklären frühere, frühere erhellen spätere. So sind auch die wesentlichen Einsichten in die Thematik von Himmel und Hölle nicht dadurch entstanden, dass ich mich auf wenige Bibelstellen konzentriert und diese so umgedeutet habe, bis sie meiner Meinung entsprachen, sondern indem ich über viele Jahre die Bibel sehr breit gelesen habe. Manche vereinzelte Stelle der Bibel widerspricht einzelnen meiner Erkenntnisse, aber die Bibel als Ganzes nicht – so sehe ich es zumindest.

Frühere Texte schatten die Wahrheiten späterer Texte vor

Die Wahrheiten, die in späteren Schriften ausgeführt werden, werfen ihre Schatten zu früheren Texten zurück und bilden sich in ihnen bereits ab. Die Schlüsselstellen zu dieser hermeneutischen Leitlinie finden sich in Kolosser 2,16-17 und Hebräer 8,3-5 und 10,1.13

»Niemand soll euch also Vorhaltungen machen wegen dem, was ihr esst oder trinkt oder was ihr an den Festen, am Neumondstag oder am Sabbat tut. Das ist doch alles nur ein Abbild und ein Schatten der Dinge, die Gott angekündigt hatte und die in Christus Wirklichkeit geworden sind.«

»Ihr [der Hohepriester] Dienst vollzieht sich freilich in einem ›Heiligtum‹, das nur ein Abbild und ein Schatten der himmlischen Wirklichkeit ist. Aus diesem Grund erhielt Mose, als er sich an den Bau des heiligen Zeltes machte, die Anweisung: ›Achte darauf, dass du alles genau nach dem Vorbild ausführst, das dir auf dem Berg gezeigt wurde!‹« (Hebr 8,5).

»Das Gesetz lässt also nur ein Schattenbild der künftigen Güter erkennen, nicht deren wahre Gestalt. Mit seinen Jahr für Jahr dargebrachten und immer wieder gleichen Opfern kann es die, die vor Gott treten, niemals völlig von ihrer Schuld befreien.«

Vier Beispiele mögen dies illustrieren: Die Stiftshütte mit Allerheiligstem, Heiligtum und Vorhof, mit ihren Teppichen und Einrichtungsgegenständen sowie die gesamte Opfergesetzgebung und das Priestertum mit seiner Fülle an Vorschriften schatteten das künftige Heil, die Erlösung durch Jesus Christus, vor. Es gab und es gibt ein Urbild, eine himmlische Wirklichkeit, die durch all die Vorgänge rings um den Opferkult unvollkommen und schattenhaft vorgezeichnet, aber auch inspirierend und vorbereitend abgebildet wurde.

Als Jesus mit den beiden Jüngern aus Emmaus »die ganze Schrift durchging und ihnen alles erklärte, was sich auf ihn bezog – zuerst bei Mose und dann bei sämtlichen Propheten«14, erhellte er viele Geschichten und Ausdrücke des Alten Testaments im Licht von Kreuz und Auferstehung, die, für sich betrachtet, dies nicht ohne Weiteres erkennen lassen.

Wenn Philippus dem äthiopischen Hofbeamten15 die Beschreibung des leidenden Gottesknechtes in Jesaja 53 erklärt, indem er sie gänzlich auf Jesus bezieht, liest er diese Erklärung zu Recht in die Stelle hinein. Damalige und heutige jüdische Ausleger würden dies niemals tun, denn sie erkennen den Bezug nicht.

Wenn Paulus die beiden Frauen Sara und Hagar als lebendige Sinnbilder für die Freiheit des Evangeliums und die Sklaverei des Gesetzes versteht16 oder wenn er durch den Rückgriff auf die alte Geschichte von Ismael und Isaak die Verkündigung des Evangeliums rechtfertigen und »beweisen« will, müssten wir eigentlich den Kopf schütteln. Wissenschaftliche Hermeneutik nach heutigem Verständnis ist das nicht, aber eine Art von pneumatischer Hermeneutik, eine Hermeneutik, die inspiriert ist durch den Geist Gottes. Im Normalfall bejahen gläubige Bibelleser diese Auslegung, sie »spüren«, dass es wahr und stimmig ist.

Man könnte diese Beispiele noch lange fortsetzen. Sicher ließe sich in früheren Texten noch so mancher Niederschlag anderer Wahrheiten finden, die in den späteren heiligen Schriften, den Briefen oder der Offenbarung des Johannes ausgeführt werden. So verhält es sich auch mit den Wahrheiten vom letzten Gericht Gottes. Auch sie sind vorgezeichnet in so manchen Geschichten und Reden der Evangelien, der Propheten und der Geschichtsbücher des Alten Testaments und der fünf Bücher Mose.

Der Heilige Geist inspiriert zu persönlichen Einsichten

Wie schon in der zweiten Leitlinie der Vorschattung beschrieben, nehmen sich die Verfasser der Schriften des Neuen Testaments oft die Freiheit, Texte des ihnen vorliegenden Alten Testaments neu oder tiefer zu deuten – auf Christus hin, auf Kreuz, Auferstehung und Evangelium hin. Ich glaube, das geschah durch den Heiligen Geist. Dieser erhellte ihnen gewisse Stellen und sie kleideten diese Erkenntnisse in ihre eigenen Worte, die wir heute teilweise nur noch begrenzt nachvollziehen können.

Ähnlich habe ich es erlebt, auch wenn ich mich nicht mit den Verfassern der Heiligen Schriften vergleichen möchte! Der Heilige Geist hat mir immer wieder Stellen aus der Bibel erhellt. Ich habe sie nicht krampfhaft zusammengesucht, sie sind mir im Lauf meiner Bibelmeditationen zugefallen. Manche so entstandene Einsichten finden sich auch im vorliegenden Buch. Ob sie den Leser überzeugen, weiß ich nicht, doch auch dafür gilt: »Weissagungen verachtet nicht, prüft aber alles, das Gute haltet fest!«17

Danksagung

Dank an meine Frau Kathi, die sich unzählige Male meine sich langsam und widersprüchlich entwickelnden Gedankengänge anhören musste.

Dank an die Mitglieder meiner langjährigen Männergruppe, die mich ermutigt haben, dieses Buch zu schreiben.

Dank an die Mitglieder von meinem Missionsteam Kingdom Ministries, die mich für dieses Projekt bewusst gesegnet haben.

Dank an fünfzehn kostbare Menschen, die regelmäßig für dieses Projekt gebetet haben.

Dank an meinen Sohn Simon, der meine Gedanken über die Nationen im Himmel aufgegriffen und daraus eine theologische Masterarbeit gemacht hat, die wiederum mich sehr befruchtet hat.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Teil I:Der Richter und das Gericht

Denn wir alle müssen einmal vor dem Richterstuhl von Christus erscheinen, wo alles offengelegt wird, und dann wird jeder den Lohn für das erhalten, was er während seines Lebens in diesem Körper getan hat, ob es nun gut war oder böse.

2Kor 5,10 (NGÜ)

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1. Der Richter

Jean Valjean ist kein Gewohnheitsdieb, sondern ein hungriger, im Elend lebender junger Mensch. Er stiehlt ein Brot aus einer Wohnung. Der Richter verurteilt ihn zu mehreren Jahren harter Haft mit Zwangsarbeit. Mehrere verzweifelte Fluchtversuche führen zu langen Verlängerungen der Strafe. Nach 19 Jahren verlässt er als erbitterter und gebrochener Mann das Zuchthaus. Nun ist er tatsächlich ein Dieb geworden. In einem Dorf sucht er eine Übernachtung. Alle weisen ihn ab, doch der Bischof von Digne, Myriel, ein herzensguter Mensch, nimmt ihn auf, gibt ihm zu essen und ein schönes Zimmer zum Schlafen. Jean Valjean sieht nur die Gelegenheit zum Diebstahl. Er klaubt in der Nacht wertvolle Silberstücke vom Haushalt des Bischofs zusammen und verschwindet. Doch wird er von der Polizei aufgegriffen und zum Bestohlenen zurückgebracht. Nun hat er ein weiteres Urteil vor Augen, das ihn für den Rest seines Lebens sozial und psychisch ruinieren wird. Doch der Bischof hat eine völlig andere Sicht als die herkömmliche Rechtsprechung. Er begrüßt den Dieb warm, holt zwei Silberleuchter, drückt sie ihm in die Hand und ruft: »Mein Lieber, die hatten sie vergessen! Die sollten Sie doch auch noch nehmen!« Die Polizisten stehen ratlos und verwundert daneben, ihr Verdacht und ihre Macht werden ausgehebelt.

Die Barmherzigkeit des Bischofs wird Jean Valjean zum Anlass radikaler Umkehr zu Gott und einem konsequent selbstlosen Lebensstil, den er sein Leben lang durchhält und vertieft.18

Schuldig oder unschuldig?

Während ich dies schreibe, läuft in Moskau ein Prozess, der nationale Aufmerksamkeit erregt. Drei Mädchen sind bei einem gewalttätigen Vater aufgewachsen. Die Mutter hatte er nach einigen Misshandlungen unter Todesdrohungen weggejagt. Die zurückgebliebenen Töchter wurden wiederholt misshandelt und, als sie älter wurden, missbraucht. Ihr Vater hatte gute Verbindungen zur lokalen Polizei und konnte dort auf einige Freunde zählen. Manche Polizisten waren ohnehin von seiner enormen Gewaltbereitschaft und Heimtücke eingeschüchtert. Die Töchter hatten ihn in ihrer Verzweiflung schon mehrmals angezeigt, doch die Polizei ließ die Anzeigen verschwinden und informierte sogar den Vater, worauf dieser seine Töchter schwer bestrafte. Auch stand messerscharf und glaubwürdig seine Drohung im Raum: »Wenn ihr flieht, bringe ich euch um.« Bald waren sie am Ende ihrer Kräfte und wussten nicht, wann die erste von ihnen tatsächlich lebensgefährlich verletzt oder gar getötet würde. So standen sie vor einem furchtbaren moralischen Dilemma, das sie in den ersten Verhören so schilderten: »Sein Leben oder unser Leben?« Schließlich fassten sie den Plan, ihn gemeinsam umzubringen, was ihnen auch gelang. Nach der Tat zeigten sie sich sofort selbst an. Große Teile der Öffentlichkeit bekunden tiefes Mitleid und fordern eine milde Bestrafung oder gar Freispruch. Verschiedene juristische Fachpersonen jedoch beurteilen die Tat als eindeutigen Mord und plädieren dafür, sie entsprechend zu verurteilen.19

Das ist ein extremes Beispiel, doch es zeigt uns, wie sehr es auf eine faire, weise, alle Fakten mit einrechnende und barmherzige, d. h. tief-mitleidige Einschätzung eines kompetenten Richters ankommt.

Es kommt auf den Richter an

Wer also ist es, der eines Tages die ganze Welt richten wird? Wer wird es sein, der Menschen »in den Himmel holt« oder »in die Hölle wirft«?

Will man sich mit dem Gericht Gottes an sich auseinandersetzen, muss man den Richter kennen. Die Institution Gericht mit ihren vorgeschriebenen Abläufen und Prozessordnungen zu begreifen, reicht nicht hin. Das Gesetz allein genügt auch nicht. Wir brauchen einen Richter, eine lebendige Person, der die Vorgänge angemessen interpretiert und kompetent auf den einzelnen Rechtsfall anwendet. Wir wissen nur allzu gut, wie viel nicht nur von den Kenntnissen, der Intelligenz und Erfahrung eines Richters abhängt, sondern auch von seinem Wesen und seiner Einstellung. Zwei verschiedene Richter können beim gleichen Rechtsfall und den gleichen zugrunde liegenden Gesetzen verschieden urteilen. Der Ermessens- und Handlungsspielraum von Richtern ist erheblich, obwohl beide dasselbe Gesetz vorliegen haben.

Eine Meldung von Spiegel online in Deutschland über die unterschiedliche Rechtsprechung in den Regionen Deutschlands mag dies illustrieren:

»Ob ein Räuber in den Knast muss, hängt nicht nur von seiner Tat ab. Sondern auch davon, ob er etwa vor einem Nürnberger Richter steht – oder vor einem aus Bremen. Wurde der Täter in Nürnberg erwischt, bekommt er in 60 Prozent der Fälle eine Haftstrafe ohne Bewährung. In Bremen hingegen nur in 40 Prozent der Fälle. Vorstrafen und Schwere des Delikts sind bei dem Vergleich berücksichtigt.«20

Wir können auf Richter treffen, die zu hart sind oder zu weich, zu links oder zu rechts, zu sachlich oder zu emotional, zu optimistisch oder zu pessimistisch. Sie können ideologisch engstirnig oder tolerant sein, oder auch unbarmherzig oder barmherzig, um diese älteren Begriffe zu verwenden. Sie werden uns noch beschäftigen.

Gesetzgeber und Richter in einer Person

»Einer ist Gesetzgeber und Richter, der zu erretten und zu verderben vermag.«21

Gott empfängt nicht Gesetze von irgendeiner Legislative außerhalb von ihm selbst. Der Höchste persönlich plant, macht und gibt die Gesetze. Er setzt sie in Kraft und je nach der Ebene ihrer Geltung beendet er auch ihre Gültigkeit. Einige seiner Gebote gelten von Anfang an bis ganz zum Schluss für die ganze Welt, andere haben vorübergehende Gültigkeit oder sind in ihrer Geltung bezogen auf bestimmte Völker, Gruppen oder einzelne Personen. Gott hält sich aber auch selbst an seine Gesetze und bleibt ihnen treu. Er ändert sie nicht ständig nach Lust und Laune.22

Gott allein trifft die letzte Entscheidung über Schuld und Unschuld, über ihr Verhältnis zueinander und über das Strafmaß. Mit letzterem Begriff sollten wir allerdings vorsichtig umgehen, wie wir im Schlusskapitel von »Die kleine Hölle« noch sehen werden. Gottes Strafmaß lehnt sich mit äußerster Genauigkeit an das an, was der Mensch gesät hat, es besteht letztlich in der Auslieferung des Menschen an seine eigene Ernte. Doch dazu später.

Gott hat also keinen Richter neben sich oder gar über sich. Er empfängt von niemandem Autorität oder Kompetenz. Er hat sie in sich von Ewigkeit her.

Der Richter und sein Sohn

Vielversprechend und hoffnungsvoll ist die enge juristische Zusammenarbeit des einzigen wahren Gottes, des Allerhöchsten, mit dem Menschen: Jesus Christus, Sohn Gottes und Erlöser der Welt. Gott ist und bleibt der Richter. Einer ist der Richter, nämlich Gott. Aber er hat dieses Gericht ganz dem Sohn übergeben:

»Dem Sohn ist nämlich auch das Gericht übertragen. Der Vater selbst richtet niemand; er hat das Gericht ganz dem Sohn übergeben … Und er hat ihm die Vollmacht gegeben, Gericht zu halten; denn er ist der Menschensohn.« 23

Jesus Christus, der menschgewordene Sohn Gottes, der einer von uns geworden ist, wird dem zukünftigen Gericht als Hauptrichter mit voller Verantwortung und Kompetenz vorsitzen. Diese Wahrheit ist im Neuen Testament gut bezeugt.

»Denn der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommen und wird jedem nach seinem Tun vergelten.«24

»Und er gab uns den Auftrag, dem ganzen Volk mit allem Nachdruck zu verkünden und zu bezeugen, dass er der von Gott eingesetzte Richter ist, der über die Lebenden und über die Toten das Urteil sprechen wird.«25

Daneben gibt es auch Bibelstellen, die beschreiben, dass Gott richten wird:

»… Und da meinst du, du könnest dem Gericht Gottes entgehen, wo du doch genauso handelst wie die, die du verurteilst … So sorgst du selbst dafür, dass sich Gottes Zorn gegen dich immer weiter anhäuft, bis er schließlich am ›Tag seines Zorns‹ über dich hereinbricht – an dem Tag, an dem Gott Gericht hält und für alle sichtbar werden lässt, dass sein Urteil gerecht ist.«26

Diese Passagen stehen jedoch nicht im Widerspruch zueinander, noch stellen sie uns vor ein Entweder-oder. Weder ist Jesus eine Art Marionette, dem alle Urteile schon vollständig von Gott ausgefertigt auf dem Tisch liegen, noch hat Gott sich selbst aus dem Gericht verabschiedet und alles dem Sohn überlassen. Nein, es ist ein ganz großartiges Miteinander. Durch Christus hindurch wird Gott richten. Christus wird auch im Gericht der Mittler sein: »Denn einer ist Gott, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst als Lösegeld für alle gab, als das Zeugnis zur rechten Zeit.«27 Er vertritt als ewiger Sohn Gottes, »durch den er auch die Welten gemacht hat, er, der Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und der Abdruck seines Wesens ist«28, voll und ganz die Seite Gottes. Das erinnert an die Funktion des Staatsanwalts. Er vertritt aber auch voll und ganz die Seite des Menschen:

»Jesus ist ja nicht ein Hoherpriester, der uns in unserer Schwachheit nicht verstehen könnte. Vielmehr war er – genau wie wir – Versuchungen aller Art ausgesetzt, allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass er ohne Sünde blieb.«29

Das erinnert an die Funktion des Rechtsanwalts. Gott selbst hat diesen Rechtsanwalt bestellt, diesen Menschen, der wirklich unter den Menschen gelebt hat, ihre Not kennt, voller Erbarmen ist, der aber auch »weiß, was Recht ist«. Dieser Rechtsanwalt hat nichts zu tun mit einem redegewandten, manipulierenden und das Recht verdrehenden »Staranwalt«, der versucht, seine Ziele gegen Staatsanwalt und Richter durchzusetzen. Er richtet so, wie er es bereits in seinen Zeiten auf der Erde seinen Jüngern mitteilte:

»Von mir selbst aus kann ich nichts tun. Auch dann, wenn ich urteile, höre ich auf den Vater. Und mein Urteil ist gerecht, weil es mir nicht um meinen eigenen Willen geht, sondern um den Willen dessen, der mich gesandt hat.30 Dann, wenn ihr den Menschensohn erhöht habt, werdet ihr mich als den erkennen, der ich bin, und werdet erkennen, dass ich nichts von mir selbst aus tue, sondern das sage, was mich der Vater gelehrt hat.31 Ich und der Vater sind eins.«32

Im Gericht Gottes sind der Vater und der Sohn wie eh und je eins. In vollkommenem Einklang miteinander agieren sie wie eine Person. Warum betone ich das?

Das Gericht Gottes ist göttlich und menschlich! Es ist ein Gericht, welches die Heiligkeit Gottes in Rechnung stellt, aber auch unser ganzes Menschsein berücksichtigt, in all seiner Not, in all seinen Möglichkeiten, in all seiner Schwachheit und Sünde.

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2. Vom Wesen des Richters

In einer tragischen und äußerst bedrohlichen Gerichtssituation erfahren Mose und die Israeliten die Barmherzigkeit Jahwehs, ihres Gottes und ihres Richters. Er stellt sich ihnen vor als jemand, der barmherzig und gnädig ist, langsam zum Zorn und reich an Güte und Treue. Er bestraft sie, vernichtet sie aber nicht und trennt sich auch nicht von ihnen. Er vergibt ihnen, bleibt bei ihnen und führt sie weiter auf dem Weg ins verheißene Land.33

Die Israeliten hatten sich nach ihrer Befreiung aus Ägypten und dem Wunder vom Durchzug durch das Rote Meer, dem Manna in der Wüste und dem Wasser aus dem Felsen von ihrem Befreier und Ernährer abgewandt, sich ein goldenes Standbild angefertigt und dieses angebetet – während Mose auf dem Berg die Tafeln der Zehn Gebote empfing!

Die Selbstvorstellung Gottes in 2. Mose 34,6 wurde berühmt in Israel und immer wieder zitiert.34

»Da stieg Jahwe in der Wolke herab und er trat dort neben ihn und rief den Namen Jahwes aus. Und Jahwe ging vor seinem Angesicht vorüber und rief: Jahwe, Jahwe, Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue.«35

Jahwe, Jahwe …

Zweimal nennt Gott hier seinen Namen. Es scheint ihm wichtig zu sein. »So heiße ich«, sagt er. »Der bin ich. Das ist mein Name, so will ich genannt werden.«

Jahwe – der Name ist Programm! Gottes persönlicher Name leitet sich ab von dem hebräischen Verb »hajah«, das bedeutet: sein, werden, sich ereignen. Es ist ein lebendiges, dynamisches Wort mit verschiedenen Facetten und Übersetzungsmöglichkeiten: »Ich bin, der ich bin.« »Ich bin.« »Ich werde sein, der ich sein werde.« »Ich werde immer wieder neu, ereigne mich immer wieder.« »Ich bin der Lebendige, die Quelle allen Lebens, der alles am Leben erhält.« »Ich bin das SEIN schlechthin.«

Die neuere Forschung hat gezeigt, dass dieser Wortstamm ein enklitisches Verb ist36, das heißt, es verlangt nach einem Gegenüber, nach einem Objekt. Einfacher ausgedrückt: Das Verb »hajah« bedeutet nicht ein Sein im Sinne von für sich sein, sondern ein Sein für andere.

Das also ist Gottes eigener Name, das zeichnet ihn aus, so »tickt« er: »Ich bin da – für dich.« »Ich werde da sein – für dich.« »Ich bin – für dich.«

Wir haben einen Richter, der für uns ist. Er hat uns das Leben gegeben, er erhält unser Leben und will für uns das Maximum an Leben herausholen. Das wird auch im Gericht Gottes so sein. Gott wird sich auch bis dahin nicht ändern.

Das Wesen des Richters

Nachdem er seinen Namen genannt hat, wird Gott noch konkreter. Er stellt sich vor als

• barmherzig

• gnädig

• langsam zum Zorn

• reich an Gnade

• reich an Treue

Diese Eigenschaften schließen uns das Wesen Gottes weiter auf und beeinflussen auch unsere Sicht auf das Gericht, denn nun wissen wir genauer, wer da eigentlich über uns urteilt, wer die Schlussbewertung unseres gesamten Lebens vollzieht. Dieses Wer lässt bereits ahnen, wie das Gericht gehandhabt wird: barmherzig, gnädig, langsam zum Zorn, reich an Gnade und reich an Treue. Der Richter bestimmt, wie das Gericht vollzogen wird!

Dennoch wird unsere »Schlussabrechnung« nicht nett und harmlos sein. Die Wahrheit wird unerbittlich aufgedeckt, harte Urteile werden gefällt, endgültige und ewige Konsequenzen gezogen werden. Zugleich wird diese Aufdeckung der Wahrheit für viele unendlich wohltuend sein. Es wird überraschend milde Rechtssprüche geben. Die »endgültigen und ewigen Konsequenzen« werden für viele Menschen von unfassbarer Herrlichkeit sein. Ihr Lebenswerk wird gewürdigt, geehrt, belohnt und bejubelt werden. Ganz gleich, welche Seiten des göttlichen Gerichts wir betrachten: In allem, hinter allem, unter allem strömen Barmherzigkeit, Gnade, Geduld, Güte und Treue. Sie machen das innerste Wesen des Gerichts aus. Es ist Jahwe, der das Gericht hält, der große »Ich bin, der ich bin – für dich«; der Gott des Lebens, der alles Leben geschaffen hat und dieses Leben erhalten und fördern will; der Vater im Himmel, der das bleibende Wohl des Lebens seiner Familie im Auge hat; Jesus, der Retter, der alle herausretten will aus ihrer Not, und zwar endgültig und umfassend.

Das Gericht Gottes hat einen Sinn und ein Ziel: Leben! Umfassendes, heiles, erfülltes, störungsfreies, unvergängliches, unbeflecktes, unverwelkliches37 Leben.

Barmherzig

Barmherzigkeit führt die Liste an. Das ist kein Zufall. Nichts im inspirierten Wort der Bibel ist beliebig oder austauschbar. So wird deutlich, dass Barmherzigkeit sozusagen die Erstgeborene der großen Eigenschaften Gottes ist. Es handelt sich um einen der großen Schlüsselbegriffe in der Bibel, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament.

»Er aber war barmherzig, er vergab die Schuld und vertilgte nicht; und oftmals wandte er seinen Zorn ab und ließ nicht erwachen seinen ganzen Grimm.« 38

Barmherzigkeit bezeichnet das innerste Empfinden Gottes, sein mütterliches Mitleid. Der zugrunde liegende hebräische Wortstamm kann Mutterleib, Gebärmutter bedeuten. In Jesaja 49,15 kommt die Verwandtschaft von Barmherzigkeit und Mutterleib sehr schön zum Tragen: »Vergisst etwa eine Frau ihren Säugling, dass sie sich nicht erbarmt über den Sohn ihres Leibes?«39

Stellen wir uns eine Mutter vor, deren Kind krank ist, vor Schmerz weint oder vor Hunger schreit. Sie spürt die Not des Kindes bis tief in ihren Bauch hinein. Es zieht sich alles in ihr zusammen. Oder denken wir an eine Mutter, die ein Kind unter ihrem Herzen trägt, in ihrer Gebärmutter, eine Mutter, die sich dieses Kind gewünscht und es in Liebe empfangen hat. Nun wächst es heran, tief in ihr. Die Gefühle, die sie für dieses Kind hat – das ist Barmherzigkeit.

Eine schöne Bestätigung dieser Ansiedelung von Barmherzigkeit in den inneren Organen finden wir in den Evangelien. Wir lesen wiederholt, wie Jesus, gemäß der Elberfelder Übersetzung, »innerlich bewegt war«. Die Neue Genfer Übersetzung spricht vom »leidtun«.

»Und als er ausstieg, sah er eine große Volksmenge, und er wurde innerlich bewegt über sie und heilte ihre Kranken.«40

Im griechischen Grundtext steht ein interessantes Wort, »splanchnízomai«. Splánchnoi sind die Eingeweide in der Bauchgegend. Splanchnízomai bezeichnet eine starke Erregung, Empfindung und Bewegung in den Bauchorganen. In der Luther-Übersetzung wurde lange das Wort jammern verwendet. »Es jammerte ihn …« – ein inneres Jammern, ein innerer Schmerz. Es geht um eine sehr starke und gefühlsmäßige Reaktion auf die konkrete Not eines Menschen oder einer Menschengruppe, mit der man es zu tun hat.

Gnädig

Das zugrunde liegende hebräische Verb bedeutet so viel wie Hilfe schenken, Gunst erweisen, huldvoll handeln. Der Gnädige kommt jemandem, der in Not ist und um Hilfe bittet, freundlich entgegen. Gnade fließt aus der Barmherzigkeit und überschneidet sich mit dieser ein Stück weit. Barmherzigkeit und Gnade sind ein wunderbares Doppelpack.

Gnädig sein heißt, aus Barmherzigkeit heraus etwas zu unternehmen, dem anderen konkret entgegenkommen, um etwas zu tun, was dessen Not lindert. Gnade ist aktiv. Gnade ist eine konkrete Handlung. Forscher haben auch gezeigt, dass in der Umwelt des Alten Testaments bei Gnade immer ein Gefälle im Spiel ist. Der Höhere hilft dem Niederen, der Stärkere dem Schwächeren. Gnade ist die Handlung einer höher gestellten Person zugunsten einer niedriger gestellten Person, die keinerlei Anspruch auf eine Gunst des Höheren hat. Es kann eine Reaktion auf eine Bitte sein, aber auch eine Handlung, die von sich aus Initiative ergreift, ohne dass der niedriger Gestellte überhaupt darum gebeten hätte.

In vielen Gebeten wird Gott um seine Gnade gebeten und in vielen Aussagen wird Gott als der beschrieben, der Gnade erweist, und oft genug einfach so.

Für König Salomo, der als junger König bei der Einweihung des Tempels ein langes öffentliches Gebet sprach, war ein wesentlicher Ausdruck von Gnade die Ausführung des Rechts, der Beistand gegen Ungerechtigkeit:

»Und diese meine Worte, mit denen ich vor dem HERRN um Gnade gefleht habe, seien dem HERRN, unserm Gott, nahe, Tag und Nacht, dass er das Recht seines Knechtes und das Recht seines Volkes Israel ausführe.«41

Gnade zu erweisen kann demnach bedeuten, mit einer konkreten Aktion aus der Fülle der eigenen Möglichkeiten und Machtmittel heraus einem Unterdrückten darin beizustehen, sein Recht zu bekommen. Vielen ist das in diesem Leben verwehrt. Sie erfahren weder Gerechtigkeit noch Gnade. Wir dürfen fest damit rechnen, dass Menschen, die in diesem Leben keine Gnade erlebt haben, im Zuge einer göttlichen Kompensation im Gericht Gottes eine Gnade erleben, die ihnen endlich Gerechtigkeit verschafft.

Gnade ist etwas völlig anderes als Belohnung. Wenn der reiche Arbeitgeber einem seiner Arbeitnehmer sein vereinbartes Monatsgehalt auszahlt, ist das Lohn. Wenn er ihm aber aufgrund einer speziellen Notsituation zwei zusätzliche Gehälter auszahlt, ohne dass der Arbeitnehmer eine besondere Leistung dafür erbracht hätte – dann ist das ein Akt der Gnade.

Es kann nicht anders sein: Gott bleibt auch im Gericht gnädig. Er wird diese Eigenschaft auch im letzten Gericht nicht ablegen. Sie gehört zu seinem Wesen. Deshalb bin ich überzeugt, dass es im letzten Gericht Gnadenüberraschungen geben wird. Keine billige Gnade für alle, sondern ganz besondere, überraschende, erstaunliche Gnade für die, denen Gott aus seinen ureigenen Gründen Gnade gewähren wird. Vielleicht sind es viel mehr als wir denken.

Langsam zum Zorn

Die Hoffnung für Alle übersetzt hier: »Meine Geduld ist groß«, Die Gute Nachricht bietet: »Ich habe Geduld«. Vielen meiner älteren Leser klingt noch die Luther-Übersetzung im Ohr, die einfach »geduldig« wiedergibt. Die Einheitsübersetzung verwendet »langmütig«, was dem »longsuffering« der berühmten englischen King James Übersetzung entspricht, die sinngemäß meint: etwas Schwieriges lange ertragend.

Ich ziehe die wörtliche Übersetzung vor: langsam zum Zorn. Genau diese Kombination schließt uns diese schwer verständliche Eigenschaft Gottes auf.

Gottes Zorn ist langsam

Er gibt uns Zeit zum Wachsen und Reifen, erträgt uns geduldig und wartet lange mit ernsteren Maßnahmen. Das gilt für einzelne Menschen, aber auch für Städte und Nationen. Das gilt für sein Volk und für alle Völker. Ja, er wird richten, er wird uns zur Rechenschaft ziehen, er wird bestrafen – aber erst, nachdem er geduldig gewartet hat, nachdem er auf viele Arten versucht hat, uns zur Reue und Umkehr zu bewegen, wir uns jedoch konsequent verhärtet haben. Mit dem letzten großen und weltumspannenden Gericht wartet er schon so lange, dass es vielen entschieden zu lang erscheint und sie fragen: Gott, warum greifst du nicht ein?

»Langsam zum Zorn« bedeutet nicht, dass Gott lange passiv zuschaut, bis er schließlich nach längerer oder sehr langer Zeit »zuschlägt«. Nein, Gott wirbt um unsere Umkehr, er ermahnt uns auf vielfältige Weise, durch Umstände, durch Konsequenzen unseres Verhaltens, mit denen wir konfrontiert werden, durch Gewissensbisse oder Zurechtweisungen durch unsere Nächsten.

Langsamkeit hebt den Zorn nicht auf

Einen Gott ohne Zorn kennt die Bibel nicht. Sie kennt einen Gott, der die Menschen auf verschiedene Weise seinen Zorn über ihre Gottlosigkeit spüren lässt. So sind z. B. unsere Vergänglichkeit oder die Kürze unseres Lebens ein Ausdruck seines Zorns.42

Insofern haben wir alle, auch als Christen und »Kinder Gottes«, mit seinem Zorn zu tun. Zudem zeigen uns zahlreiche Bibelstellen, dass es ein Ende der Menschheitsgeschichte und dieses Zeitalters geben wird, einen »Weltuntergang«, der Ausdruck des Zorns Gottes ist über eine Menschheit, deren Gottlosigkeit und Bosheit ein Maß erreicht hat, das nun den göttlichen Zorn nach sich zieht.

Der Zorn Gottes ist der Zorn des Lammes

Eines meiner großen Lehrprojekte war die Offenbarung des Johannes, die vielen Menschen Angst macht und in der es viel Zorn und Katastrophen gibt. Hier hat der Zorn Gottes eine besondere Ausprägung erhalten: Es wird gesprochen vom »Zorn des Lammes«43.

Viele Male hatte ich diese sprachliche Wendung gelesen, doch plötzlich blitzte sie neu auf. Sie wurde mir zu einem großen Geschenk, zu einem Schlüssel, mit dem ich die scheinbar dunkle und bedrohliche Kammer des Zorns Gottes aufschließen konnte. Ich sah, dass es keine Folterkammer ist, sondern ein Ort der Liebe, wie alle Räume Gottes.

Der »Zorn des Lammes« ist eine Formulierung, die mit »langsam zum Zorn« verwandt ist. Der langsame Zorn ist ein qualifizierter Zorn, gefärbt und durchdrungen von Langsamkeit, von einer Zeit, in der Gott wartet, wirbt, redet, lockt, sucht und leidet.44 Der Zorn des Lammes ist der Zorn dessen, der uns liebt und der unendlich für uns gelitten hat. Eigenschaften und Wirkungen des Zornes hängen immer von dem ab, der ihn übt! Der Zorn des Lammes kann zwar ein harter Zorn sein, er ist aber auch immer ein liebevoller, wohlwollender und selbstloser Zorn.

Der Zorn ist Gewalt gegen das Böse in seiner grausamen Wirksamkeit

Der Ausdruck Gewalt ist zu einem Reizwort geworden. Gewalt ist in vieler Augen fast ausschließlich böse, gemein und unnötig. Es regt sich augenblicklich Widerstand, wenn man das Wort auch nur hört. Aber Gewalt ist nicht an sich böse. Sie wird böse, wenn sie in die falschen Hände kommt. In den richtigen Händen wirkt sie gut und heilsam, weil sie dann zu einem Instrument wird, das Böse auszuschalten. Das Böse ist eine Realität und wird an vielen Stellen der Bibel beschrieben.45

Gottes Zorn – das ist der Kampf gegen das Böse. Es ist ein Kampf, der Gott viel kostet, ein Kampf, der unter Tränen geführt wird. Weil Gott die Menschen und die gesamte Schöpfung liebt, kämpft er selbst gegen alles, was sie in irgendeiner Weise zerstören will.

Bitte behalten Sie diese Einsicht im Kopf, wenn wir uns später auf den langen und schweren Teil über die Hölle einlassen. Die Hölle steht für die endgültige Entsorgung, die vollkommene Vernichtung des Bösen, die zu einem gewaltigen Jubelschrei in allen Welten Gottes führen wird. Dabei ist es unerheblich, ob man diese Vernichtung als ewige, vollkommen abgeschlossene Einkerkerung des Bösen versteht, um so jede mögliche weitere Wirkung des Bösen zu verhindern, oder ob das Böse selbst in allen seinen Existenzformen ausgelöscht wird.

Dieser Form des Zorns werden wir auch im Gericht Gottes begegnen. Entsprechend dem Raum, dem wir dem Guten und dem Bösen in unserem gelebten Leben gegeben haben, wird dieser Zorn uns vernichten, oder reinigen, korrigieren, disziplinieren, wiederaufbauen, um der Zukunft der ganzen Schöpfung willen.

Reich an Güte

Meine Frau Kathi und ich nehmen einen kräftigen Schimmer von Gottes Güte durch einen Menschen wahr, der uns begünstigt. Es ist ein wohlhabender Mann, der uns schätzt und mit Freude unterstützt. Er hat uns bereits mehrere Male besonders schöne und wohltuende Ferien gesponsert, die wir uns sonst nie hätten leisten können.

Wieder haben wir es mit einem der zentralen Merkmale Gottes zu tun, einer der Königinnen unter seinen Eigenschaften. Das entsprechende hebräische Wort bezeichnet Treue, Freundlichkeit, Loyalität, Liebe, Gunst. Sehr gut trifft es das englische loving kindness – liebende Freundlichkeit. Eine Freundlichkeit, die nicht oberflächlich ist, nicht nur nett und höflich, sondern aus tiefstem Herzen kommt, aus Liebe geschieht. Diese Eigenschaft Gottes wird oft besungen und bejubelt.

»Ich will die Gnadenerweise des HERRN bekennen, die Ruhmestaten des HERRN, nach allem, was der HERR uns erwiesen hat, und die große Güte gegen das Haus Israel, die er ihnen erwiesen hat nach seinen Erbarmungen und nach der Fülle seiner Gnadenerweise.«46

Diese Güte fließt aus einer Herzenshaltung, einer Grundeinstellung. Sie geschieht nicht aus einer Laune heraus, flammt auf und erstirbt schnell wieder. Ihr geht eine tiefe Entscheidung voraus. Sie ist dauerhaft und geschieht langfristig.

Eines der schönsten Beispiele dieser Güte findet sich in der Geschichte von Mephiboschet, einem verkrüppelten Sohn Jonatans. König David erwies ihm um der Liebe zu Jonatan und eines Treueschwures willen, für dessen Nachkommen zu sorgen, außerordentlich konkrete und langfristige Wohltaten:

»Hab keine Angst. Ich will dir eine Gunst erweisen deinem Vater Jonatan zuliebe. Ich werde dir allen Landbesitz zurückgeben, der einst deinem Großvater Saul gehört hat. Und du darfst immer an meinem Tisch essen.«47

Wenn ich einer alten Frau über die Straße helfe, ist das ein freundlicher Akt, aber noch keine Güte. Wenn ich eine alte Frau regelmäßig zum Essen einlade, z. B. meine Nachbarin, die mich mit ihren Meckereien, Verleumdungen und Verdächtigungen jahrelang geplagt hat, wenn ich sie dennoch regelmäßig besuche, ihr häufig finanziell unter die Arme greife und immer wieder mit ihr zusammensitze, auch wenn sie älter und älter, sturer und sturer, schwerhöriger und schwerhöriger wird – dann erinnert uns das an die Güte Gottes.

Reich an Treue

Der Mensch ist reich an Untreue. Das erleben wir täglich auf der ganzen Welt. Gott dagegen ist reich an Treue. Er hat so viel davon, dass sie nie ausgeschöpft werden kann. Man kann sie nicht überstrapazieren. Man kann sie allerdings aktiv zurückweisen. Die Treue Gottes selbst verändert sich dabei aber nicht!

In einem berühmten Wort Jeremias kommt die einzigartige Verbindung zwischen Barmherzigkeit, Gnade und Treue zum Ausdruck:

»Ja, die Gnadenerweise des HERRN sind nicht zu Ende, ja, sein Erbarmen hört nicht auf, es ist jeden Morgen neu. Groß ist deine Treue. Mein Anteil ist der HERR, sagt meine Seele, darum will ich auf ihn hoffen.« 48

Das ist die Antwort dessen, der auf Gottes Treue vertraut. Trotz der schreienden Not um mich her, trotz meines Elends – Gott selbst bleibt mein Anteil, mein Gegenüber, mein Freund, mein Partner. Ich habe ihn nicht verloren. Das gilt heute, das gilt morgen und deshalb kann ich hoffen. Die Treue Gottes bewirkt unter anderem etwas sehr Heilsames, kraftspendendes: Hoffnung. Mit Gott geht es weiter! Deshalb geht es auch mit mir weiter! Ich habe eine Zukunft, denn Gott ist mir treu.

Diese Treue Gottes prägt auch sein Gericht. Eine gerechte Rechtsprechung ist Ausdruck der Treue eines Herrschers gegenüber den Bewohnern seines Herrschaftsbereichs. Zur Treue gehört die Beurteilung und Bestrafung all dessen, was den Treuepartner schädigt. Viele Urteile des göttlichen Gerichts sind Akte der Treue gegenüber all denen, die Gott ihre Rechtsfälle anvertrauen. So haben wir in den Gleichnisreden von Jesus eine wunderschöne indirekte Beschreibung der Treue Gottes:

»Sollte da Gott nicht erst recht dafür sorgen, dass seine Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm rufen, zu ihrem Recht kommen? Und wird er sie etwa warten lassen? Ich sage euch: Er wird dafür sorgen, dass sie schnell zu ihrem Recht kommen. Aber wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde solch einen Glauben finden?« 49

Was für ein Glaube ist hier gemeint? Der Glaube, der fest damit rechnet, dass Gott über kurz oder lang Recht schafft.

Liebe

Barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Güte und Treue – das lässt sich zusammenfassen in dem Wort Liebe.

»Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist Liebe. Und Gottes Liebe zu uns ist daran sichtbar geworden, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, um uns durch ihn das Leben zu geben. Das ist das Fundament der Liebe: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühneopfer für unsere Sünden zu uns gesandt hat.«50

Diese Liebe Gottes hat in Jesus Christus ihren vollkommenen Ausdruck gefunden. So wie das ewige Wort Gottes in Jesus Fleisch wurde, wurde auch die Liebe Gottes in Jesus Fleisch. Man konnte sie hören, fühlen, anfassen, erleben.

Jesus hat immer wieder mit tiefstem Mitleid auf die Not der Menschen reagiert – denn Gott ist barmherzig.

Jesus hat immer wieder sehr konkret und handfest Menschen herausgeholt aus Krankheit, Sünde, dämonischer Knechtschaft und sinnlosem Leben, nicht weil sie etwas für ihn getan hätten, sondern weil er es wollte – denn Gott ist gnädig.

Jesus war wiederholt zornig über die Kaltherzigkeit der Menschen, aber er hat diesen Zorn zurückgehalten und sein Zorn mischte sich mit Trauer. »Er sah sie der Reihe nach an, voll Zorn und zugleich tief betrübt über ihr verstocktes Herz.«51 Er kam in die Welt, um zu retten und nicht um zu richten – denn Gott ist langsam zum Zorn.

Wenn Gott reich an Güte ist, können wir diese Güte deutlich an der Stetigkeit und Vielfältigkeit der Wohltaten ablesen, die Jesus an den Menschen und an seinen Jüngern bis zum Schluss tat.

Was den Reichtum Gottes an Treue betrifft: Jesus wird in der Offenbarung der treue Zeuge genannt.52 Er blieb seinem Auftrag treu und er blieb seinen Jüngern treu, trotz der Schwere des Auftrags und der Unvollkommenheit seiner Jünger.