Grundsätze der Volkswirtschaftslehre - Carl Menger - E-Book

Grundsätze der Volkswirtschaftslehre E-Book

Carl Menger

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Beschreibung

Der 1840 geborene Österreicher Carl Menger beschäftigt sich in seinem hier vorliegenden Werk 'Grundsätze der Nationalökonomie' mit Wert- und Preistheorie. Im Unterschied zur derzeit vorherrschenden Arbeitswertlehre, nach der sich die Preise von Gütern durch die Arbeit bestimmen, die für ihre Produktion investiert wird, spielt bei Menger die subjektive Einschätzung die entscheidende Rolle. Mit der Feststellung, dass der Wert eines Gutes mit steigender Menge abnimmt, ist Menger mit seinem 1871 erschienenen Werk einer der Pioniere der Grenznutzentheorie.

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Impressum

Carl Menger: Grundsätze der Volkswirtschaftslehre Neu herausgegeben von Thomas Müller Klassiker der Ökonomie. Band 2 Veröffentlicht im heptagon Verlag © Berlin 2014 www.heptagon.de ISBN: 978-3-934616-86-8

Über Carl Menger

Der 1840 geborene Österreicher Carl Menger beschäftigt sich in seinem hier vorliegenden Werk »Grundsätze der Nationalökonomie« mit Wert- und Preistheorie. Im Unterschied zur derzeit vorherrschenden Arbeitswertlehre, nach der sich die Preise von Gütern durch die Arbeit bestimmen, die für ihre Produktion investiert wird, spielt bei Menger die subjektive Einschätzung die entscheidende Rolle. Mit der Feststellung, dass der Wert eines Gutes mit steigender Menge abnimmt, ist Menger mit seinem 1871 erschienenen Werk einer der Pioniere der Grenznutzentheorie.

Parallel zu Menger entwickelten der Franzose Leon Walras und der Brite Stanley Jevons ähnliche Modelle. Bei der Untersuchung der Frage, welcher Ökonom der Erste auf diesem Gebiet war, kam allerdings heraus, dass ein anderer bereits 1854 eine solche Theorie entwickelt hat, nämlich Heinrich Hermann Gossen in seinem Buch »Entwickelung der Gesetze des menschlichen Verkehrs«. Gossens Werk hat allerdings nie große Verbreitung gefunden und war in Vergessenheit geraten.

Mengers Hauptwerk wurde zunächst auch wenig beachtet, herrschte doch im deutschsprachigen Raum die Historische Schule vor, die Ökonomie als empirische Wissenschaft ansah. Carl Menger brach den Methodenstreit vom Zaum, lieferte ein Gefecht mit dem Hauptvertreter der historischen Schule, Gustav Schmoller. Höhepunkt war das zweite ökonomische Hauptwerk Mengers, das 1884 erschienene Buch »Die Irrtümer des Historismus in der deutschen Nationalökonomie«.

Wir publizieren in unserer Reihe »Klassiker der Ökonomie« Mengers Werk als Band 2, weil er der einflussreichste der oben genannten Ökonomen war. Auch wenn er wenige Werke publiziert hat – woran auch sein Perfektionismus Anteil hatte – waren seine Vorlesungen sehr beliebt. Er gilt als Vater der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, seine Schüler Eugen von Böhm-Bawerk, Friedrich von Wieser und Ludwig von Mises entwickelten seine Theorie weiter. Auch Knut Wicksell besuchte seine Vorlesungen. Menger kann als Pionier der Volkswirtschaftstheorie im deutschsprachigen Raum angesehen werden.

Bei der Umsetzung des Werks in ein E-Book haben wir die Rechtschreibung behutsam modernisiert. Anders als bei anderen E-Books unserer Reihe »Klassiker der Ökonomie« haben wir allerdings stärker die Spracheigentümlichkeiten Mengers beibehalten. So haben wir den traditionellen Dativ mit angehängtem »e« – wie z.B. »dem Werte« – in der Regel nicht modernisiert, verwendet doch auch Menger die Vokabel »im Anbote«, bei der wir versucht waren, sie in »Angebot« zu ändern, dabei konnten wir uns aber nicht überwinden, das Gegenstück »Ausbote« in Nachfrage zu verändern.

Vorrede

Wenn unsere Zeit den Fortschritten auf dem Gebiet der Naturwissenschaften eine so allgemeine und freudige Anerkennung entgegenbringt, während unsere Wissenschaft eben in jenen Lebenskreisen, welchen sie die Grundlage praktischer Tätigkeit sein sollte, so wenig beachtet und ihr Wert so sehr in Frage gestellt wird, so kann der Grund hievon keinem Unbefangenen zweifelhaft erscheinen. Nie hat es ein Zeitalter gegeben, welches die wirtschaftlichen Interessen höher stellte, als das unsere, niemals war das Bedürfnis nach einer wissenschaftlichen Grundlage des wirtschaftlichen Handelns ein allgemeineres und tiefer gefühltes, niemals auch die Fähigkeit der Praktiker auf allen Gebieten menschlichen Schaffens, die Errungenschaften der Wissenschaft sich nutzbar zu machen, größer, als in unseren Tagen. Nicht die Folge des Leichtsinnes oder der Unfähigkeit der Praktiker kann es demnach sein, wenn dieselben, unbekümmert um die bisherigen Entwicklungen unserer Wissenschaft, bei ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit lediglich die eigenen Lebenserfahrungen zu Rate ziehen, nicht die Folge eines hochmütigen Zurückweisens der tieferen Einsicht, welche die wahre Wissenschaft dem Praktiker über die den Erfolg seiner Tätigkeit bestimmenden Tatsachen und Verhältnisse bietet. Der Grund einer so auffälligen Gleichgültigkeit kann vielmehr nirgends anders gesucht werden, als in dem gegenwärtigen Zustand unserer Wissenschaft selbst, in der Unfruchtbarkeit der bisherigen Bemühungen, die empirischen Grundlagen derselben zu gewinnen.

Ein jeder neue Versuch in dieser Richtung, mit so schwachen Kräften er auch unternommen werden mag, trägt deshalb seine Berechtigung in sich selbst. Die Erforschung der Grundlagen unserer Wissenschaft anstreben, heißt seine Kraft der Lösung einer mit der Wohlfahrt der Menschen im engsten Zusammenhang stehenden Aufgabe widmen, einem öffentlichen Interesse von höchster Wichtigkeit dienen und einen Weg betreten, auf welchem selbst der Irrtum nicht ganz ohne Verdienst ist.

Damit ein solches Unternehmen aber nicht dem gerechten Misstrauen der Sachkundigen begegne, dürfen wir es einerseits nicht verabsäumen, allen Richtungen, in welchen der Forschergeist auf dem Gebiet unserer Wissenschaft bisher vorgedrungen ist, eine sorgfältige Beachtung zuzuwenden, andererseits aber auch nicht davor zurückschrecken, mit der vollen Selbstständigkeit des Urteiles an die Kritik der Ansichten unserer Vorgänger und selbst jener Lehrmeinungen zu schreiten, welche bisher für fest stehende Errungenschaften unserer Wissenschaft galten. Durch das erstere würden wir uns der ganzen Summe von Erfahrungen freiwillig begeben, welche so viele ausgezeichnete Geister aller Völker und Zeiten auf dem Weg zum gleichen Ziel gesammelt haben, durch das letztere auf jede Hoffnung einer tiefer gehenden Reform der Grundlagen unserer Wissenschaft von vornherein verzichten. Wir weichen diesen Gefahren aus, indem wir die Ansichten unserer Vorgänger zu unserem geistigen Besitze machen, aber nirgends davor zurückschrecken, dieselben zu prüfen, von Lehrmeinungen an die Erfahrung, von Menschengedanken an die Natur der Dinge zu appellieren.

Auf diesem Boden stehen wir. Wir waren in dem Nachfolgenden bemüht, die komplizierten Erscheinungen der menschlichen Wirtschaft auf ihre einfachsten, der sicheren Beobachtung noch zugänglichen Elemente zurückzuführen, an diese letzteren das ihrer Natur entsprechende Maß zu legen und mit Festhaltung desselben wieder zu untersuchen, wie sich die komplizierteren wirtschaftlichen Erscheinungen aus ihren Elementen gesetzmäßig entwickeln.

Es ist dies jene Methode der Forschung, welche, in den Naturwissenschaften zur Geltung gelangt, zu so großen Resultaten führte und deshalb in missverständlicher Weise auch die naturwissenschaftliche genannt wird, während sie doch allen Erfahrungswissenschaften gemeinsam ist und richtiger die empirische genannt werden sollte. Es ist diese Unterscheidung aber deshalb von Wichtigkeit, weil jede Methode durch die Natur des Wissensgebietes, auf welchem sie zur Anwendung kommt, ihren besonderen Charakter erhält und demnach von einer naturwissenschaftlichen Richtung in unserer Wissenschaft füglich nicht die Rede sein kann.

Die bisherigen Versuche, die Eigentümlichkeiten der naturwissenschaftlichen Methode der Forschung kritiklos auf die Volkswirtschaftslehre zu übertragen, haben denn auch zu den schwersten methodischen Missgriffen und zu einem leeren Spiel mit äußerlichen Analogien zwischen den Erscheinungen der Volkswirtschaft und jenen der Natur geführt Magna cum vanitate et desipientia inanes similitudines et sympathias rerum describunt atque etiam quandoqus affingunt1, sagt Baco von Forschern dieser Art, ein Satz, der auch heute noch und zwar seltsamerweise eben von jenen Bearbeitern unserer Wissenschaft gilt, die sich unablässig die Schüler Bacos nennen, während sie den Geist seiner Methode doch so sehr verkennen.

Wenn zur Rechtfertigung solcher Bestrebungen angeführt wird, dass es die Aufgabe unserer Zeit sei, den Zusammenhang aller Wissenschaften und die Einheit ihrer höchsten Prinzipien festzustellen, so möchten wir den Beruf unserer Zeit zur Lösung dieses Problems denn doch in Frage stellen. Nie werden, so glauben wir, die Forscher auf den verschiedenen Gebieten der Wissenschaft dies gemeinsame Endziel ihrer Bestrebungen ohne Nachteil aus dem Auge verlieren, mit Erfolg wird jedoch an die Lösung dieser Aufgabe erst dann geschritten werden können, wenn die einzelnen Wissensgebiete auf das Sorgfältigste durchforscht und die ihnen eigentümlichen Gesetze gefunden sein werden.

Zu welchen Resultaten uns die obige Methode der Forschung geführt hat und ob es uns gelungen ist, durch den Erfolg darzutun, dass die Erscheinungen des wirtschaftlichen Lebens sich strenge nach Gesetzen regeln, gleich jenen der Natur, dies zu beurteilen ist nun Sache unserer Leser. Verwahren möchten wir uns nur gegen die Meinung Jener, welche die Gesetzmäßigkeit der volkswirtschaftlichen Erscheinungen mit dem Hinweis auf die Willensfreiheit des Menschen läugnen, weil hiedurch die Volkswirtschaftslehre als exakte Wissenschaft überhaupt negiert wird.

Ob und unter welchen Bedingungen ein Ding mir nützlich, ob und unter welchen Bedingungen es ein Gut, ob und unter welchen Bedingungen es ein wirtschaftliches Gut ist, ob und unter welchen Bedingungen dasselbe Wert für mich hat, und wie groß das Maß dieses Wertes für mich ist, ob und unter welchen Bedingungen ein ökonomischer Austausch von Gütern zwischen zwei wirtschaftenden Subjekten statthaben, und die Grenzen, innerhalb welcher die Preisbildung hiebei erfolgen kann usf., all’ dies ist von meinem Willen ebenso unabhängig, wie ein Gesetz der Chemie von dem Willen des praktischen Chemikers. Die obige Ansicht beruht demnach auf einem leicht ersichtlichen Irrtum über das eigentliche Gebiet unserer Wissenschaft. Die theoretische Volkswirtschaftslehre beschäftigt sich nicht mit praktischen Vorschlägen für das wirtschaftliche Handeln, sondern mit den Bedingungen, unter welchen die Menschen die auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse gerichtete vorsorgliche Tätigkeit entfalten.

Die theoretische Volkswirtschaftslehre verhält sich zu der praktischen Tätigkeit der wirtschaftenden Menschen somit nicht anders, als etwa die Chemie zur Tätigkeit des praktischen Chemikers, und der Hinweis auf die Freiheit des menschlichen Willens kann wohl als ein Einwand gegen die volle Gesetzmäßigkeit der wirtschaftlichen Handlungen, niemals aber als ein solcher gegen die Gesetzmäßigkeit der von dem menschlichen Willen gänzlich unabhängigen Erscheinungen gelten, welche den Erfolg der wirtschaftlichen Tätigkeit der Menschen bedingen. Es sind aber eben diese Letzteren der Gegenstand unserer Wissenschaft.

Eine besondere Aufmerksamkeit haben wir der Erforschung des ursächlichen Zusammenhanges zwischen den wirtschaftlichen Erscheinungen an den Produkten und den bezüglichen Produktions-Elementen zugewandt und zwar nicht nur wegen der Feststellung einer der Natur der Dinge entsprechenden, alle Preiserscheinungen (somit auch den Kapitalzins, den Arbeitslohn, den Grundzins usf.) unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zusammenfassenden Preistheorie, sondern auch wegen der wichtigen Aufschlüsse, welche wir hiedurch über manche andere bisher völlig unbegriffene wirtschaftliche Vorgänge erhalten. Es ist aber eben dieses Gebiet unserer Wissenschaft dasjenige, auf welchem die Gesetzmäßigkeit der Erscheinungen des wirtschaftlichen Lebens am deutlichsten zu Tage tritt.

Eine besondere Freude war es uns, dass das hier von uns bearbeitete, die allgemeinsten Lehren unserer Wissenschaft umfassende Gebiet zum nicht geringen Teil so recht eigentlich das Besitztum der neueren Entwicklungen der deutschen National-Ökonomie ist und die hier versuchte Reform der höchsten Prinzipien unserer Wissenschaft demnach auf der Grundlage von Vorarbeiten erfolgt, welche fast ausnahmslos deutscher Forscherfleiß geschaffen hat.

Möge diese Schrift deshalb auch als ein freundlicher Gruß eines Mitstrebenden aus Österreich betrachtet werden, als ein schwacher Widerhall der wissenschaftlichen Anregungen, welche uns Österreichern von Deutschland aus durch so viele ausgezeichnete Gelehrte, die es uns sandte, und durch seine vortrefflichen Schriften in so reichlichem Maße zu Teil geworden sind.

Dr. Carl Menger.

1

Novum Organ. II, 27.

Erstes Kapitel. Die allgemeine Lehre vom Gute

§1. Über das Wesen der Güter

Alle Dinge stehen unter dem Gesetz von Ursache und Wirkung. Dieses große Prinzip hat keine Ausnahme und vergebens würden wir im Bereich der Empirie nach einem Beispiel von seinem Gegenteil suchen. Die fortschreitende menschliche Entwicklung hat nicht die Tendenz, dies Prinzip zu erschüttern, sondern vielmehr den Erfolg, dasselbe zu befestigen, die Erkenntnis des Gebietes seiner Geltung immer mehr zu erweitern und die unerschütterte und wachsende Anerkennung desselben ist somit geknüpft an den menschlichen Fortschritt.

Auch unsere eigene Persönlichkeit und jeder Zustand derselben sind Glieder dieses großen Weltzusammenhanges und der Übergang unserer Person aus einem Zustand in einen hievon verschiedenen ist in anderer Weise undenkbar, als unter dem Gesetz der Kausalität. Wenn demnach unsere Person aus dem Zustand des Bedürfens in jenen des befriedigten Bedürfnisses treten soll, so müssen ausreichende Ursachen hierfür vorhanden sein, das ist, es müssen entweder die in unserem Organismus waltenden Kräfte unseren gestörten Zustand beseitigen, oder aber äußere Dinge auf uns einwirken, welche ihrer Natur nach geeignet sind, jenen Zustand herbeizuführen, welchen wir die Befriedigung unserer Bedürfnisse nennen.

Diejenigen Dinge, welche die Tauglichkeit haben, in Kausal-Zusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gesetzt zu werden, nennen wir Nützlichkeiten, wofern wir diesen Kausal-Zusammenhang aber erkennen und es zugleich in unserer Macht haben, die in Rede stehenden Dinge zur Befriedigung unserer Bedürfnisse tatsächlich heranzuziehen, nennen wir sie Güter1.

Damit ein Ding ein Gut werde, oder mit anderen Worten, damit es die Güterqualität erlange, ist demnach das Zusammentreffen folgender vier Voraussetzungen erforderlich:

1. Ein menschliches Bedürfnis.

2. Solche Eigenschaften des Dinges, welche es tauglich machen, in ursächlichen Zusammenhang mit der Befriedigung dieses Bedürfnisses gesetzt zu werden.

3. Die Erkenntnis dieses Kausal-Zusammenhanges seitens der Menschen.

4. Die Verfügung über dies Ding, so zwar, dass es zur Befriedigung jenes Bedürfnisses tatsächlich herangezogen werden kann.

Nur wo diese Voraussetzungen Zusammentreffen, kann ein Ding zum Gut werden, wo immer aber auch nur eine derselben mangelt, kann kein Ding die Güterqualität erlangen; besäße es aber bereits dieselbe, so müsste sie doch sofort verloren gehen, wenn auch nur eine jener vier Voraussetzungen entfallen würde2.

Es verliert demnach ein Ding seine Güterqualität, erstens, wenn durch eine Veränderung im Bereich der menschlichen Bedürfnisse der Erfolg herbeigeführt wird, dass kein Bedürfnis, zu dessen Befriedigung jenes Ding die Tauglichkeit hat, vorhanden ist.

Der gleiche Erfolg tritt, zweitens, überall dort ein, wo durch eine Veränderung in den Eigenschaften eines Dinges die Tauglichkeit desselben, in ursachlichen Zusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gesetzt zu werden, verloren geht.

Die Güterqualität eines Dinges geht, drittens, dadurch verloren, dass die Erkenntnis des ursächlichen Zusammenhanges zwischen demselben und der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse untergeht.

Viertens büßt endlich ein Gut seine Güterqualität ein, wenn die Menschen die Verfügung über dasselbe verlieren, so zwar, dass sie es zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse weder unmittelbar heranziehen können, noch auch die Mittel besitzen, um dasselbe wieder in ihre Gewalt zu bringen.

Ein eigentümliches Verhältnis ist überall dort zu beobachten, wo Dinge, die in keinerlei ursächlichem Zusammenhänge mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gesetzt werden können, von den Menschen nichts desto weniger als Güter behandelt werden. Dieser Erfolg tritt ein, wenn Dingen irrtümlicherweise Eigenschaften, und somit Wirkungen zugeschrieben werden, die ihnen in Wahrheit nicht zukommen, oder aber menschliche Bedürfnisse irrtümlicherweise vorausgesetzt werden, die in Wahrheit nicht vorhanden sind. In beiden Fällen liegen demnach unserer Beurteilung Dinge vor, die zwar nicht in der Wirklichkeit, wohl aber in der Meinung der Menschen in jenem eben dargelegten Verhältnis stehen, wodurch die Güterqualität der Dinge begründet wird. Zu den Dingen der ersteren Art gehören die meisten Schönheitsmittel, die Amulette, die Mehrzahl der Medikamente, welche den Kranken bei tief stehender Kultur, bei rohen Völkern auch noch in der Gegenwart gereicht werden, Wünschelruten, Liebestranke u. dgl. m., denn alle diese Dinge sind untauglich, diejenigen menschlichen Bedürfnisse, welchen durch dieselben genügt werden soll, in der Wirklichkeit zu befriedigen. Zu den Dingen der zweiten Art gehören Medikamente für Krankheiten, die in Wahrheit gar nicht bestehen, die Gerätschaften, Bildsäulen, Gebäude etc. wie sie von heidnischen Völkern für ihren Götzendienst verwandt werden, Folterwerkzeuge u. dgl. m. Solche Dinge nun, welche ihre Güterqualität lediglich aus eingebildeten Eigenschaften derselben, oder aber aus eingebildeten Bedürfnissen der Menschen herleiten, kann man füglich auch eingebildete Güter nennen3.

Je höher die Kultur bei einem Volk steigt, und je tiefer die Menschen das wahre Wesen der Dinge und ihrer eigenen Natur erforschen, um so größer wird die Zahl der wahren, um so geringer, wie begreiflich, die Zahl der eingebildeten Güter, und es ist kein geringer Beweis für den Zusammenhang zwischen wahrer Erkenntnis, das ist, zwischen Wissen und Wohlfahrt der Menschen, dass erfahrungsmäßig bei denjenigen Völkern, welche an wahren Gütern die ärmsten sind, die Zahl der sogenannten eingebildeten Güter die größte zu sein pflegt.

Von einem eigentümlichen wissenschaftlichen Interesse sind noch jene Güter, welche von einigen Bearbeitern unserer Wissenschaft unter der Bezeichnung »Verhältnisse« als eine besondere Güter-Kategorie zusammengefasst werden. Es werden hiezu Firmen, Kundschaften, Monopole, Verlagsrechte, Patente, Realgewerberechte, Autorrechte, von einigen Schriftstellern auch die Verhältnisse der Familie, der Freundschaft, der Liebe, kirchliche und wissenschaftliche Gemeinschaften usf. gerechnet. Dass ein Teil dieser Verhältnisse die strenge Prüfung derselben auf ihre Güterqualität nicht zulässt, mag immerhin zugestanden werden, dass aber ein anderer Teil, z.B. Firmen, Monopole und Verlagsrechte, Kundenkreise und dergleichen Dinge mehr, tatsächlich Güter sind, dafür spricht schon der Umstand, dass wir denselben in zahlreichen Fällen im Verkehr begegnen. Wenn nichts desto weniger derjenige Theoretiker, welcher sich am eingehendsten mit diesem Gegenstand beschäftigt hat4, zugesteht, dass die Existenz dieser Verhältnisse als Güter etwas Auffälliges an sich habe und dem unbefangenen Auge wie eine Anomalie erscheine, so liegt der Grund hiervon, wie ich glaube, in der Tat etwas tiefer, als in dem unbewusst auch hier wirkenden realistischen Zug unserer Zeit, welche nur Stoffe und Kräfte (Sachgüter und Arbeitsleistungen) als Dinge, und somit auch nur solche als Güter anerkennt.

Es ist von juristischer Seite schon mehrfach hervorgehoben worden, dass unsere Sprache keinen Ausdruck für »nützliche Handlungen« im Allgemeinen, sondern nur einen solchen für »Arbeitsleistungen« habe. Nun gibt es aber eine Reihe von Handlungen, ja selbst von bloßen Unterlassungen, welche, ohne dass man sie Arbeitsleistungen nennen kann, doch für bestimmte Personen entschieden nützlich sind, ja einen sehr bedeutenden wirtschaftlichen Wert haben. Der Umstand, dass Jemand bei mir seine Waren einkauft, oder meine Dienste als Advokat in Anspruch nimmt, ist sicherlich keine Arbeitsleistung desselben, aber eine mir nützliche Handlung, und der Umstand, dass ein wohlhabender Arzt, der in einem kleinen Landstädtchen wohnt, wo sich außer ihm nur noch ein anderer Arzt befindet, die Praxis auszuüben unterlässt, ist noch viel weniger eine Arbeitsleistung des Ersteren zu nennen, aber jedenfalls eine für den Letzteren, der hierdurch zum Monopolisten wird, sehr nützliche Unterlassung. Der Umstand, dass eine größere oder kleinere Anzahl von Personen (z.B. eine Anzahl von Kunden) solche irgendeiner Person (z.B. einem Krämer) nützliche Handlungen regelmäßig ausübt, verändert die Natur dieser letzteren nicht, so wie der Umstand, dass von Seiten einiger oder sämtlicher Bewohner eines Ortes, beziehungsweise eines Staates, gewisse einer Person nützliche Unterlassungen freiwillig oder durch rechtlichen Zwang erfolgen (natürliche oder rechtliche Monopole, Verlagsrechte, Markenschutz etc.), die Natur dieser nützlichen Unterlassungen durchaus nicht ändert. Was man demnach Kunden-Kreise, Publikum, Monopole etc. nennt, sind, vom wirtschaftlichen Standpunkte aus betrachtet, nützliche Handlungen, beziehungsweise Unterlassungen anderer Personen, oder aber, wie dies zum Beispiel bei Firmen der Fall zu sein pflegt, Gesamtheiten von Sachgütern, Arbeitsleistungen und sonstigen nützlichen Handlungen, beziehungsweise Unterlassungen. Selbst Freundschafts- und Liebesverhältnisse, religiöse Gemeinschaften u. dgl. m. bestehen offenbar in solchen uns nützlichen Handlungen oder Unterlassungen anderer Personen. Sind nun diese nützlichen Handlungen oder Unterlassungen derart, dass wir über dieselben verfügen können, wie dies zum Beispiel bei Kundenkreisen, Firmen, Monopolrechten etc. tatsächlich der Fall ist, so ist kein Grund zu erkennen, weshalb wir denselben die Güterqualität nicht zuerkennen sollten, ohne doch zu dem dunklen Begriff der »Verhältnisse« greifen und diese letzteren den übrigen Gütern als eine besondere Kategorie entgegenstellen zu müssen. Ich glaube vielmehr, dass die Gesamtheit der Güter sich in die beiden Kategorien der Sachgüter (einschließlich aller Naturkräfte, so weit sie Güter sind) und in nützliche menschliche Handlungen (beziehungsweise Unterlassungen), deren wichtigste die Arbeitsleistungen sind, einordnen lassen.

§2. Über den Kausal-Zusammenhang der Güter

Es scheint mir nun vor Allem von der höchsten Wichtigkeit zu sein, dass man in unserer Wissenschaft sich klar werde über den ursächlichen Zusammenhang der Güter; denn wie in allen anderen Wissenschaften, so wird auch in der unseren der wahre und dauernde Fortschritt erst dann beginnen, wenn wir die Objekte unserer wissenschaftlichen Beobachtung nicht mehr lediglich als vereinzelte Erscheinungen betrachten, sondern uns bemühen werden, den Kausal-Zusammenhang derselben zu erforschen und die Gesetze, unter welchen sie stehen. Das Brot, das wir genießen, das Mehl, aus welchen wir das Brot bereiten, das Getreide, das wir zu Mehl vermahlen, der Acker, auf welchem das Getreide wächst, alle diese Dinge sind Güter. Es ist diese Erkenntnis jedoch für unsere Wissenschaft nicht ausreichend, vielmehr ist es notwendig, dass wir, wie dies in allen übrigen Erfahrungswissenschaften geschehen ist, uns bemühen, die Güter nach inneren Gründen zu ordnen, die Stelle kennenzulernen, welche jedes derselben in dem Kausalnexus der Güter einnimmt und schließlich die Gesetze zu erforschen, unter welchen sie in dieser Rücksicht stehen.

Unsere Wohlfahrt, so weit dieselbe von der Befriedigung unserer Bedürfnisse abhängt, ist gesichert, wenn wir jeweilig über die zur unmittelbaren Befriedigung derselben nötigen Güter verfügen. Besitzen wir z.B. die nötige Quantität Brot, so haben wir es unmittelbar in unserer Gewalt, unser Nahrungsbedürfnis zu stillen; der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Brot und der Befriedigung eines unserer Bedürfnisse ist demnach ein unmittelbarer und die Prüfung der Güterqualität desselben nach den von uns im vorigen Kapitel dargelegten Grundsätzen ohne jede Schwierigkeit. Einer gleichen Beurteilung unterliegen nun aber auch alle übrigen Güter, die wir unmittelbar zur Befriedigung unserer Bedürfnisse zu verwenden vermögen, gleichwie die Getränke, die Kleidungsstücke, die Schmuckgegenstände u. dgl. m.

Der Kreis der Dinge, deren Güterqualität wir anerkennen, ist jedoch hiermit nicht abgeschlossen. Neben diesen Gütern, die wir um der Kürze des Ausdruckes willen im weiteren Verlauf der Darstellung: »Güter der ersten Ordnung« nennen werden, begegnen wir vielmehr in der Wirtschaft der Menschen einer großen Anzahl anderer Dinge, die in keinerlei unmittelbaren Kausal-Zusammenhang mit der Befriedigung unserer Bedürfnisse gesetzt werden können, und deren Güterqualität doch nicht minder feststeht als jene der Güter erster Ordnung. So sehen wir auf unseren Märkten neben dem Brot, und unter anderen zur unmittelbaren Befriedigung menschlicher Bedürfnisse tauglichen Gütern, auch Quantitäten von Mehl, Brennstoffen, Salz; wir sehen auch die Vorrichtungen und Werkzeuge zur Broterzeugung im Verkehr stehen und nicht minder die qualifizierten Arbeitsleistungen, die hiebei erforderlich sind. Alle diese Dinge, oder doch die weitaus größere Mehrzahl derselben, sind untauglich, menschliche Bedürfnisse in unmittelbarer Weise zu befriedigen; denn welches menschliche Bedürfnis ließe sich mit der spezifischen Arbeitsleistung eines Bäckergesellen, mit einer Backvorrichtung und selbst mit einer Quantität rohen Mehls in unmittelbarer Weise befriedigen? Wenn nun diese Dinge nichts desto weniger in der menschlichen Wirtschaft ebensowohl als Güter behandelt werden, wie die Güter erster Ordnung, so findet dies seine Begründung darin, dass sie zur Hervorbringung von Brot und anderen Gütern erster Ordnung dienen und solcher Art – obzwar der Regel nach untauglich, menschliche Bedürfnisse in unmittelbarer Weise zu befriedigen – doch mittelbar hiezu geeignet sind. In gleicher Weise verhält es sich aber mit tausend anderen Dingen, die ohne die Tauglichkeit zu besitzen, in unmittelbarer Weise menschliche Bedürfnisse zu befriedigen, doch zur Hervorbringung von Gütern erster Ordnung dienen und so in einen mittelbaren Kausal-Zusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gesetzt werden können. Es ist aber damit zugleich auch dargetan, dass das Verhältnis, welches die Güterqualität dieser und ähnlicher Dinge, die wir Güter zweiter Ordnung nennen, begründet, seinem Wesen nach ganz dasselbe ist, wie das der Güter erster Ordnung, denn der hier obwaltende Unterschied, dass die Güter erster Ordnung in unmittelbarer, die Güter zweiter Ordnung aber in mittelbarer Kausal-Beziehung zur Befriedigung unserer Bedürfnisse stehen, bewirkt keinen Unterschied in dem Wesen jenes Verhältnisses, weil die Voraussetzung der Güterqualität wohl der Kausal-Zusammenhang, nicht aber notwendigerweise der unvermittelte Kausalnexus zwischen den Dingen und der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ist.

Es wäre nun leicht, zu zeigen, dass auch mit diesen Gütern der Kreis der Dinge, deren Güterqualität wir anerkennen, nicht abgeschlossen ist und dass, um bei dem oben gewählten Beispiel zu bleiben, sich uns Getreidemühlen, Weizen, Roggen, die bei der Erzeugung des Mehls in Verwendung kommenden Arbeitsleistungen usf. als Güter dritter; Getreideäcker, die zur Bearbeitung derselben erforderlichen Werkzeuge und Vorrichtungen, die spezifischen Arbeitsleistungen der Landleute, als Güter vierter Ordnung darstellen. Ich glaube indes, dass der Gedanke, der hier zum Ausdruck gelangen soll, bereits genügend ersichtlich ist.

Wir haben im vorigen Abschnitt gesehen, dass die ursächliche Beziehung eines Dinges zu der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse eine der Vorbedingungen der Güterqualität ist. Der Gedanke, den wir in diesem Abschnitt darzulegen bemüht waren, lässt sich nun dahin zusammenfassen, dass es keine Voraussetzung der Güterqualität eines Dinges ist, dass es im unmittelbaren Kausal-Zusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gesetzt werden könne. Es ist aber auch zugleich gezeigt worden, dass unter den Gütern, die in einem so vermittelten Verhältnis zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse stehen, ein allerdings das Wesen ihrer Güterqualität nicht berührender Unterschied obwaltet, indem dieselben bald in einer näheren, bald in einer entfernteren ursächlichen Beziehung zur Befriedigung unserer Bedürfnisse stehen, und wir haben in Rücksicht hierauf: Güter erster, zweiter, dritter, vierter Ordnung usw. unterschieden.

Auch hier ist es jedoch nötig, dass wir uns von vorneherein gegen eine fehlerhafte Auffassung des Gesagten versichern. Wir haben schon dort, wo wir von der Güterqualität überhaupt sprachen, darauf hingewiesen, dass diese keine den Gütern anhaftende Eigenschaft sei. Dieselbe Erinnerung muss nun auch hier gemacht werden, wo es sich um die Ordnung handelt, welche ein Gut im Kausalnexus der Güter einnimmt. Auch diese zeigt nur an, dass ein Gut sich mit Rücksicht auf eine bestimmte Verwendung desselben in einer bald näheren, bald entfernteren ursächlichen Beziehung zur Befriedigung eines menschlichen Bedürfnisses befinde und ist demnach nichts dem Gut Anhaftendes am wenigsten eine Eigenschaft desselben.

Nicht die Ordnungsziffern sind es denn auch, auf welche wir hier, sowie in der nachfolgenden Darstellung der Gesetze, unter welch en die Güter stehen, das Gewicht legen, obzwar dieselben uns hiebei, wofern sie richtig verstanden werden, ein erwünschtes Hilfsmittel bei Darlegung eines ebenso schwierigen, als wichtigen Gegenstandes darbieten werden; das, worauf wir aber insbesondere Gewicht legen, ist der Einblick in den Kausal-Zusammenhang zwischen den Gütern und der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und die je nach der Bestimmung der ersteren, mehr oder minder vermittelte ursächliche Beziehung derselben zu dieser letzteren.

§3. Die Gesetze, unter welchen die Güter in Rücksicht auf ihre Güterqualität stehen

a. (Die Güter höherer Ordnung sind in ihrer Güterqualität dadurch bedingt, dass wir auch über die entsprechenden komplementären Güter verfügen)

Verfügen wir über Güter erster Ordnung, so liegt es in unserer Macht, dieselben unmittelbar zur Befriedigung unserer Bedürfnisse zu verwenden. Verfügen wir über die entsprechenden Güter zweiter Ordnung, so liegt es in unserer Macht, dieselben in Güter erster Ordnung umzugestalten, und in so vermittelter Weise der Befriedigung unserer Bedürfnisse zuzuführen. Verfügen wir aber auch nur über Güter dritter Ordnung, so haben wir es in unserer Macht, dieselben in die entsprechenden Güter zweiter Ordnung, diese aber wieder in die entsprechenden Güter erster Ordnung umzugestalten, und so die Güter dritter Ordnung, allerdings in einer mehrfach vermittelten Weise, zur Befriedigung unserer Bedürfnisse heranzuziehen. In gleicher Weise verhält es sich nun mit allen Gütern höherer Ordnung, und wir können an ihrer Güterqualität nicht zweifeln, wofern wir es nur in unserer Macht haben, dieselben der Befriedigung unserer Bedürfnisse tatsächlich zuzuführen.

In diesem letzten Umstand liegt aber, mit Rücksicht auf die Güter höherer Ordnung, eine Beschränkung von nicht geringer Wichtigkeit. Es steht nämlich durchaus nicht in unserer Macht, ein einzelnes Gut höherer Ordnung zur Befriedigung unserer Bedürfnisse heranzuziehen, wofern wir nicht zugleich über die übrigen (die komplementären) Güter höherer Ordnung verfügen.

Setzen wir zum Beispiel den Fall, es verfüge ein wirtschaftendes Individuum zwar nicht unmittelbar über Brot, wohl aber über sämtliche zur Erzeugung desselben nötigen Güter zweiter Ordnung, so ist kein Zweifel, dass dasselbe nichtsdestoweniger es in seiner Macht hätte, sein Bedürfnis nach Brotnahrung zu befriedigen. Setzen wir nun aber den Fall, dasselbe Subjekt würde wohl über Mehl, über Salz, über die nötigen Gärstoffe, die bei der Broterzeugung erforderlichen Arbeitsleistungen und selbst über sämtliche hier erforderliche Vorrichtungen und Werkzeuge, aber über keinerlei Feuerung und über kein Wasser verfügen, so ist klar, dass dasselbe in diesem Fall nicht mehr die Macht hätte, die obigen Güter zweiter Ordnung zur Befriedigung seines Bedürfnisses nach Brotnahrung heranzuziehen, denn ohne Feuerung und ohne Wasser kann kein Brot bereitet werden, selbst wenn man über alle übrigen hiezu erforderlichen Güter verfügt. Es würden demnach in diesem Fall die Güter zweiter Ordnung, in Rücksicht auf das Bedürfnis nach Brotnahrung, sofort ihre Güterqualität einbüßen, da eine der vier Voraussetzungen derselben (in diesem Fall die vierte Voraussetzung) mangeln würde.

Damit wäre durchaus nicht ausgeschlossen, dass die Dinge, deren Güterqualität hier in Frage ist, selbst unter den obigen Verhältnissen ihre Güterqualität mit Rücksicht auf andere Bedürfnisse jenes Individuums, in dessen Verfügung sie sich befinden, aufrecht erhalten könnten, in sofern dasselbe die Macht besäße, diese Güter zur Befriedigung anderer Bedürfnisse als jenes nach Brotnahrung heranzuziehen, oder aber trotz des Mangels des einen oder des anderen komplementären Gutes doch die übrigen auch für sich geeignet wären, ein menschliches Bedürfnis in mittelbarer oder unmittelbarer Weise zu befriedigen. Würden aber die vorhandenen Güter zweiter Ordnung wegen des Mangels an einem oder mehreren komplementären Gütern weder für sich allein, noch aber in Verbindung mit anderen verfügbaren Gütern zur Befriedigung irgendeines menschlichen Bedürfnisses herangezogen werden können, so würden jene Güter allerdings durch den Mangel der komplementären Güter allein schon ihre Güterqualität vollständig einbüßen, denn die wirtschaftenden Menschen besäßen dann nicht weiter die Gewalt, sie zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse heranzuziehen und es entfiele somit eine der wesentlichen Voraussetzungen der Güterqualität.

Als Resultat unserer bisherigen Untersuchung ergibt sich demnach vorerst der Satz, dass die Güter zweiter Ordnung in ihrer Güterqualität dadurch bedingt sind, dass zugleich die komplementären Güter derselben Ordnung zum mindesten mit Rücksicht auf die Hervorbringung irgendeines Gutes erster Ordnung der menschlichen Verfügung unterworfen sind.

Mehr Schwierigkeit bietet die Beurteilung der Frage, inwiefern auch die Güter höherer als der zweiten Ordnung in ihrer Güterqualität dadurch bedingt seien, dass die komplementären Güter der Verfügung der Menschen unterworfen sind. Diese Schwierigkeit liegt nun aber durchaus nicht in dem Verhältnis der Güter höherer zu den entsprechenden Gütern der nächst niederen Ordnung, also z.B. der Güter dritter Ordnung zu den entsprechenden Gütern der zweiten, der Güter der fünften Ordnung zu jenen der vierten, denn die bloße Betrachtung des Kausal-Verhältnisses zwischen diesen Gütern ergibt eine vollständige Analogie desselben mit, dem so eben dargelegten Verhältnisse der Güter zweiter Ordnung zu den entsprechenden Gütern der nächst niederen, das ist der ersten Ordnung, so zwar, dass sich der obige Grundsatz in ganz natürlicher Weise zu dem Satz erweitert, dass die Güter höherer Ordnung in ihrer Güterqualität zunächst dadurch bedingt sind, dass der Verfügung der Menschen auch die komplementären Güter derselben Ordnung zum mindesten mit Rücksicht auf die Hervorbringung irgendeines Gutes der nächst niederen Ordnung unterstehen.

Die Schwierigkeit, von der wir bei den Gütern höherer, als zweiter Ordnung sprachen, liegt vielmehr darin, dass selbst die Verfügung über sämtliche zur Hervorbringung eines Gutes der nächst niederen Ordnung erforderliche Güter diesen nicht notwendigerweise die Güterqualität sichert, wofern nicht die Menschen zugleich auch noch über die sämtlichen komplementären Güter dieser letzten Ordnung und aller niederen Ordnungen zu verfügen vermögen. Setzen wir den Fall, dass Jemand über sämtliche Güter dritter Ordnung verfügen könnte, die erforderlich sind, um ein Gut zweiter Ordnung herzustellen, nicht aber zugleich über die übrigen komplementären Güter zweiter Ordnung, so würde ihm selbst die Verfügung über sämtliche, zur Hervorbringung eines einzelnen Gutes zweiter Ordnung erforderlichen Güter dritter Ordnung nicht die Macht gewähren, dieselben tatsächlich der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zuzuführen, denn er hätte wohl die Macht, die Güter dritter Ordnung (deren Güterqualität hier in Frage ist) zu Gütern zweiter Ordnung, nicht aber auch die Macht, jene Güter zweiter Ordnung in die entsprechenden Güter erster Ordnung umzugestalten. Er hätte demnach auch nicht die Macht, die in Rede stehenden Güter dritter Ordnung der Befriedigung seiner Bedürfnisse zuzuführen und es würden beim Eintritt eines solchen Verhältnisses jene Güter sofort ihre Güterqualität einbüßen.

Es leuchtet somit ein, dass der oben ausgesprochene Grundsatz: »Die Güter höherer Ordnung sind in ihrer Güterqualität zunächst dadurch bedingt, dass der Verfügung der Menschen auch die komplementären Güter derselben Ordnung zum mindesten zum Zwecke der Hervorbringung irgendeines Gutes der nächst niederen Ordnung unterstehen«, nicht die ganze Summe der Voraussetzungen umfasst, welche in Bezug auf die Güterqualität der Dinge daraus entspringen, dass nur die Verfügung über die komplementären Güter höherer Ordnung uns die Macht gewährt, dieselben zur Befriedigung unserer Bedürfnisse heranzuziehen. Wenn wir über Güter dritter Ordnung verfügen, so ist ihre Güterqualität allerdings zunächst dadurch bedingt, dass wir dieselben zu Gütern zweiter Ordnung gestalten können, eine weitere Bedingung ihrer Güterqualität liegt aber dann noch darin, dass wir es in unserer Macht haben, die Güter zweiter Ordnung zu Gütern erster Ordnung zu gestalten, was die Verfügung über gewisse komplementäre Güter zweiter Ordnung zur weiteren Voraussetzung hat.

In ganz analoger Weise stellt sich das Verhältnis bei den Gütern vierter, fünfter und höherer Ordnung dar. Auch hier ist die Güterqualität der in so entfernter Beziehung zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse stehenden Dinge zunächst dadurch bedingt, dass wir über die komplementären Güter derselben Ordnung verfügen; die Güterqualität derselben ist aber dann auch noch dadurch bedingt, dass wir auch über die komplementären Güter der nächst niederen Ordnung, ferner über die komplementären Güter der hierauf folgenden Ordnung verfügen usw., so zwar, dass wir es tatsächlich in unserer Macht haben, jene Güter höherer Ordnung zur Hervorbringung eines Gutes erster Ordnung und in letzter Reihe zur Befriedigung eines menschlichen Bedürfnisses heranzuziehen. Nennt man die Gesamtheit der Güter, welche erforderlich sind, um ein Gut höherer Ordnung zur Hervorbringung eines Gutes erster Ordnung heranzuziehen, dessen komplementäre Güter im weiteren Sinn des Wortes, so ergibt sich demnach der allgemeine Grundsatz, dass die Güterqualität der Güter höherer Ordnung dadurch bedingt ist, dass wir über deren komplementäre Güter im obigen Sinn des Wortes zu verfügen vermögen.

Nichts vermag uns den großen ursächlichen Zusammenhang der Güter lebendiger vor die Augen zu stellen, als dieses Gesetz der gegenseitigen Bedingtheit der Güter.

Als im Jahr 1862 der nordamerikanische Bürgerkrieg Europa die wichtigste Bezugsquelle von Baumwolle verschloss, ging auch die Güterqualität tausend anderer Güter, deren komplementäres Gut jene Baumwolle war, verloren. Ich meine die Arbeitsleistungen der englischen und kontinentalen in der Baumwollfabrikation tätig gewesenen Arbeiter, die nunmehr zum großen Teil feiern und die öffentliche Mildtätigkeit in Anspruch nehmen mussten. Die Arbeitsleistungen, (über welche diese tüchtigen Arbeiter verfügen konnten,) waren die gleichen geblieben und doch verloren dieselben in großen Quantitäten ihre Güterqualität, denn das komplementäre Gut, die Baumwolle, blieb aus, und die spezifischen Arbeitsleistungen konnten für sich im Großen und Ganzen zur Befriedigung keines menschlichen Bedürfnisses herangezogen werden. Es wurden diese Arbeitsleistungen aber sofort wieder Güter, als das komplementäre Gut derselben, das ist die nötige Baumwolle, zum Teil durch gesteigerte Zufuhr aus anderen Bezugsorten, zum Teil nach Beendigung des amerikanischen Bürgerkrieges auch aus der alten Bezugsquelle wieder disponibel wurde.

Umgekehrt verlieren nicht selten Güter ihre Güterqualität dadurch, dass die nötigen Arbeitsleistungen, die zu ihnen in dem Verhältnis von komplementären Gütern stehen, der Verfügung der Menschen nicht unterworfen sind. In Ländern mit dünner Bevölkerung und zumal in solchen, in welchen vorwiegend eine einzelne Gattung von Kulturpflanzen, z.B. Weizen, gebaut wird, pflegt nach besonders reichen Ernten ein sehr großer Mangel an Arbeitsleistungen zu entstehen, indem die ländlichen Arbeiter, an und für sich in geringer Anzahl vorhanden, in Zeiten des Überflusses zumeist noch zur Arbeit eine geringe Nötigung finden und die Erntearbeiten wegen des einseitigen Weizenbaues auf einen sehr kurzen Zeitraum zusammengedrängt sind. Unter solchen Verhältnissen (z.B. in den fruchtbaren Ebenen Ungarns), wo der Bedarf an Arbeitsleistungen innerhalb eines kurzen Zeitraumes ein sehr größer ist, die verfügbaren Arbeitsleistungen aber nicht ausreichen, pflegen große Quantitäten Getreide auf den Feldern zu verderben; der Grund hievon liegt aber darin, dass die komplementären Güter der auf den Feldern stehenden Früchte, (die zu ihrer Einbringung nötigen Arbeitsleistungen,) mangeln, und so jene Feldfrüchte selbst ihre Güterqualität einbüßen.

Wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Volkes hoch entwickelt sind, so sind der Regel nach die verschiedenen komplementären Güter höherer Ordnung in den Händen verschiedener Personen. Die Produzenten jedes einzelnen Artikels führen der Regel nach in mechanischer Weise ihr Geschäft fort, während die Produzenten der komplementären Güter ebensowenig sich es in den Sinn kommen lassen, dass die Güterqualität der Dinge, die sie produzieren oder verarbeiten, durch das Vorhandensein anderer Güter bedingt sei, die sich gar nicht in ihrem Besitze befinden, und es kann der Irrtum, dass die Güter höherer Ordnung auch für sich und ohne alle Rücksicht auf das Vorhandensein komplementärer Güter die Güterqualität besitzen, in der Tat am leichtesten in Ländern entstehen, wo durch einen regen Verkehr und eine hochentwickelte Volkswirtschaft fast jedes Produkt unter der stillschweigenden, ja der Regel nach dem Produzenten gar nicht bewussten Voraussetzung entsteht, dass andere mit ihm durch Verkehr verbundene Personen für die komplementären Güter rechtzeitig Vorsorgen werden. Erst wenn diese stillschweigende Voraussetzung bei einem Wechsel der Verhältnisse nicht zutrifft, und die Gesetze, unter welchen die Güter stehen, ihre Einwirkung bis auf die Oberfläche der Erscheinungen erstrecken, pflegt dann der gewohnte mechanische Geschäftsbetrieb unterbrochen zu werden, und die öffentliche Aufmerksamkeit sich solchen Erscheinungen und ihren tiefer liegenden Ursachen zuzuwenden.

b. (Die Güter höherer Ordnung sind in ihrer Güterqualität durch jene der entsprechenden Güter niederer Ordnung bedingt)

Die Beobachtung des Wesens und des Kausal-Zusammenhanges der Güter, wie wir dieselben in den beiden ersten Abschnitten dargelegt haben, führt uns zur Erkenntnis eines weiteren Gesetzes, unter welchem die Güter als solche, das ist ohne Rücksicht auf ihren ökonomischen Charakter, stehen.

Wir haben gezeigt, dass das Vorhandensein von menschlichen Bedürfnissen eine der wesentlichen Voraussetzungen der Güterqualität ist, und dass im Fall die menschlichen Bedürfnisse, mit deren Befriedigung ein Gut in ursächlichen Zusammenhang gesetzt werden kann, vollständig entfallen, ohne dass neue Bedürfnisse nach demselben entstehen, seine Güterqualität sofort verloren geht.

Dass demnach die Güter erster Ordnung, wofern die Bedürfnisse, zu deren Befriedigung sie bisher dienten, insgesamt entfallen, ohne dass neue Bedürfnisse nach denselben entstehen, sofort ihre Güterqualität einbüßen, ist nach dem, was wir über das Wesen der Güter gesagt haben, unmittelbar einleuchtend. Verwickelter wird diese Frage, wenn wir die Gesamtheit der im Kausalnexus mit der Befriedigung eines menschlichen Bedürfnisses stehenden Güter ins Auge fassen, und nunmehr darnach fragen, welche Wirkung das Entfallen dieses Bedürfnisses auf die Güterqualität der zur Befriedigung desselben in ursächlicher Beziehung stehenden Güter höherer Ordnung äußert.

Setzen wir den Fall, dass durch eine Änderung in der Geschmacksrichtung der Menschen das Bedürfnis nach dem Genuss von Tabak vollständig beseitigt würde und zugleich alle übrigen Bedürfnisse, zu deren Befriedigung der zum Genuss der Menschen bereits zubereitete Tabak etwa noch dienlich ist, gleichfalls entfallen würden. Dass in einem solchen Fall aller Tabak, welcher sich in der Form, in der diese Pflanze von den Menschen genossen wird, in dem Besitz derselben befände, sofort seine Güterqualität einbüßen würde, ist sicher. Wie verhielte es sich nun aber in diesem Fall mit den entsprechenden Gütern höherer Ordnung? Wie mit den rohen Tabakblättern, den bei der Erzeugung der verschiedenen Tabaksorten verwendeten Werkzeugen und Vorrichtungen, den hier zur Verwendung kommenden qualifizierten Arbeitsleistungen, kurz mit sämtlichen zur Hervorbringung des zum menschlichen Genuss dienenden Tabaks vorhandenen Gütern zweiter Ordnung? Wie ferner mit dem Tabaksamen, den Tabakplantagen, den bei der Erzeugung von rohem Tabak zur Verwendung kommenden Arbeitsleistungen und den hier zur Anwendung kommenden Werkzeugen und Vorrichtungen, und all’ den übrigen Gütern, die wir mit Rücksicht auf das Bedürfnis des Menschen nach dem Tabakgenuss als Güter der dritten Ordnung bezeichnen können? Wie würde es sich endlich mit den entsprechenden Gütern der vierten und fünften Ordnung usw. verhalten?

Die Güterqualität eines Dinges ist, wie wir sahen, dadurch bedingt, dass es in ursächlichen Zusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gesetzt werden kann. Wir haben aber auch gesehen, dass der unmittelbare Kausalnexus zwischen Gut und Bedürfnisbefriedigung keineswegs eine notwendige Voraussetzung der Güterqualität eines Dinges ist, dass vielmehr eine große Anzahl von Dingen die Güterqualität lediglich daraus herleitet, dass sie sich in einem mehr oder minder vermittelten Kausal-Zusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse befinden.

Steht es nun fest, dass das Vorhandensein zu befriedigender menschlicher Bedürfnisse die Voraussetzung aller und jeder Güterqualität ist, so ist damit zugleich der Grundsatz dargetan, dass die Güter, ob sie nun unmittelbar in ursächlichen Zusammenhang mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gesetzt werden können, oder ihre Güterqualität aus einem mehr oder minder vermittelten Kausalnexus mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse herleiten, doch ihre Güterqualität sofort einbüßen, wenn die Bedürfnisse, zu deren Befriedigung sie bisher dienten, insgesamt verschwinden. Es ist nämlich klar, dass mit den entsprechenden Bedürfnissen die ganze Grundlage jenes Verhältnisses entfällt, das, wie wir sahen, die Güterqualität der Dinge begründet.

Die Chinarinde würde dadurch, dass die Krankheiten, zu deren Heilung sie dient, vollständig verschwinden würden, aufhören, ein Gut zu sein, da das einzige Bedürfnis zu dessen Befriedigung dieselbe in ursächlicher Beziehung steht, dann nicht weiter vorhanden wäre. Aber dies Entfallen des Gebrauchszweckes der Chinarinde hätte zur weiteren Folge, dass auch ein größer Teil der entsprechenden Güter höherer Ordnung seine Güterqualität einbüßen würde. Die Bewohner der Chininländer, welche sich durch das Aufsuchen und Schälen der Chinabäume gegenwärtig ihren Lebensunterhalt erwerben, würden plötzlich finden, dass nicht nur ihre Vorräte von Chinarinde, sondern in naturgemäßer Folge hievon auch ihre Chinabäume, die Werkzeuge und Vorrichtungen, welche nur bei der Chinin-Produktion verwendbar sind, und zumal jene spezifischen Arbeitsleistungen, mit welchen sie sich bisher ihren Lebensunterhalt erwarben, plötzlich ihre Güterqualität einbüßen würden, denn dieselben würden unter den geänderten Verhältnissen nicht weiter in irgendeiner ursächlichen Beziehung zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse stehen. Wenn durch eine Geschmacksänderung das Bedürfnis nach dem Genuss von Tabak vollständig entfallen würde, so hätte dies nicht nur zur Folge, dass die gesamten Tabakvorräte, die sich in der Form, in welcher die Menschen diese Pflanze zu gemessen pflegen, in ihrer Verfügung befänden, die Güterqualität einbüßen würden; es hätte dies vielmehr die weitere Folge, dass auch die rohen Tabakblätter, die ausschließlich zur Verarbeitung derselben tauglichen Maschinen, Werkzeuge und Vorrichtungen, die bei jener Fabrikation zur Verwendung kommenden spezifischen Arbeitsleistungen, die vorhandenen Vorräte von Tabaksamen usw. ihre Güterqualität verlören. Die gegenwärtig so gut bezahlten Leistungen jener Agenten, welche in Kuba, Manila, Portorico, Havannah usw. in der Prüfung der Qualität des Tabaks und im Einkauf desselben eine besondere Geschicklichkeit besitzen, würden aufhören, Güter zu sein, nicht minder aber die spezifischen Arbeitsleistungen der zahlreichen, in jenen fernen Ländern und in Europa in der Zigarren-Fabrikation beschäftigten Personen. Selbst zahlreiche, gegenwärtig für Praktiker höchst nützliche Bücher über den Tabakbau und die Tabakindustrie würden dann aufhören, Güter zu sein und ihren Verlegern unverkäuflich am Lager bleiben. Nicht genug daran, würden selbst die Tabaksdosen, Zigarrenetuis und alle Arten von Tabakspfeifen, Pfeifenrohren usw. ihre Güterqualität einbüßen.

Diese scheinbar sehr komplizierte Erscheinung fände aber darin ihre Erklärung, dass alle obengenannten Güter ihre Güterqualität aus ihrem ursächlichen Zusammenhange mit der Befriedigung des Bedürfnisses der Menschen nach dem Genuss von Tabak herleiten, und mit dem Entfallen dieses Bedürfnisses eine der Grundlagen beseitigt würde, welche die Güterqualität derselben begründet.

Die Güter erster Ordnung leiten übrigens nicht selten, die der höheren Ordnung sogar der Regel nach, ihre Güterqualität nicht lediglich aus einer vereinzelten, sondern aus mehr oder minder zahlreichen Kausal-Beziehungen zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse her, und ihre Güterqualität geht demnach in diesem letzteren Fall nicht schon dadurch verloren, dass ein einzelnes, oder überhaupt nur ein Teil dieser Bedürfnisse entfällt. Es ist vielmehr klar, dass dieser Erfolg erst dann eintritt, wenn die sämtlichen Bedürfnisse, zu deren Befriedigung die Güter in ursächlicher Beziehung standen, beseitigt erscheinen, indem diese Güter im entgegengesetzten Fall ihre Güterqualität mit Rücksicht auf die auch dann noch vorhandenen Bedürfnisse, zu deren Befriedigung sie auch unter den geänderten Verhältnissen in ursächlicher Beziehung stehen, und zwar in ganz gesetzmäßiger Weise aufrecht erhalten. Auch in diesem Fall bleibt nämlich ihre Güterqualität nur in sofern erhalten, als sie auch dann noch in ursächlicher Beziehung zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse stehen, und dieselbe verschwindet sofort, wenn auch diese letzteren Bedürfnisse entfallen.

Würde der oben angeführte Fall eintreten, und das Bedürfnis der Menschen nach dem Genuss von Tabak vollständig entfallen, so würden z.B. der zum Gebrauch der Menschen bereits zubereitete Tabak, und wohl auch die Vorräte an rohen Tabakblättern, an Tabaksamen und so viele andere mit der Befriedigung des obigen Bedürfnisses der Menschen in ursächlicher Beziehung stehende Güter höherer Ordnung, ihre Güterqualität vollständig einbüßen, dieser Erfolg würde aber nicht notwendigerweise bei allen hier einschlägigen Gütern höherer Ordnung eintreten, indem zum Beispiel die zur Tabakkultur geeigneten Grundstücke und die hiebei in Anwendung kommenden landwirtschaftlichen Geräte, wohl auch viele in der Tabakindustrie zur Verwendung kommende Werkzeuge und Maschinen, mit Rücksicht auf andere menschliche Bedürfnisse, zu deren Befriedigung sie auch nach dem Entfallen des Bedürfnisses nach dem Tabaksgenuss in ursächlicher Beziehung stünden, in ihrer Güterqualität erhalten bleiben würden.

Nicht als eine das Wesen des obigen Grundsatzes berührende Modifikation, sondern lediglich als eine konkretere Form desselben, ist das Gesetz zu betrachten, dass die Güter höherer Ordnung in Rücksicht auf ihre Güterqualität durch jene der Güter niederer Ordnung bedingt sind, zu deren Hervorbringung sie dienen.

Haben wir nämlich bisher die sämtlichen, mit der Befriedigung eines menschlichen Bedürfnisses im Kausal-Zusammenhang stehenden Güter im Großen und Ganzen in Betracht gezogen, und war demnach die ganze Kausalkette bis auf die letzte Einwirkung, die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, der Gegenstand unserer Untersuchung, so fassen wir, indem wir den obigen Grundsatz aufstellen, nunmehr nur einige Glieder derselben ins Auge, indem wir zum Beispiel von dem Kausalnexus der Güter dritter Ordnung mit der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zunächst absehen, und nur den Kausal-Zusammenhang der Güter dieser Ordnung mit den entsprechenden Gütern irgendeiner willkürlich zu wählenden höheren Ordnung im Auge behalten.

§4. Zeit – Irrtum

Der Prozess, durch welchen die Güter höherer Ordnung stufenweise in solche niederer Ordnung umgestaltet und diese schließlich der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zugeführt werden, ist, wie wir in den vorangehenden Abschnitten gesehen haben, kein regelloser, sondern steht gleich allen übrigen Wandlungsprozessen unter den Gesetzen der Kausalität. Die Idee der Kausalität ist nun aber unzertrennlich von der Idee der Zeit. Ein jeder Wandlungsprozess bedeutet ein Entstehen, ein Werden, ein solches ist jedoch nur denkbar in der Zeit. Es ist aber darum auch sicher, dass wir den Kausalnexus der einzelnen Erscheinungen in diesem Prozess und diesen selbst nie vollständig zu erfassen vermögen, wofern wir denselben nicht in der Zeit betrachten und das Maß derselben an ihn legen. Auch bei dem Wandlungsprozess, durch welchen die Güter höherer Ordnung stufenweise in solche niederer Ordnung verwandelt werden, bis diese schließlich jenen Zustand bewirken, den wir die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse nennen, ist deshalb die Zeit ein wesentliches Moment unserer Beobachtung.

Wenn wir über die komplementären Güter irgendeiner höheren Ordnung verfügen, so müssen diese Güter vorerst in solche der nächst niederen und so stufenweise fort verwandelt werden, bis dieselben zu Gütern erster Ordnung gestaltet sind, welche letzteren wir erst der Befriedigung unserer Bedürfnisse in unmittelbarer Weise zuführen können. Die Zeiträume, welche zwischen den einzelnen Phasen dieses Prozesses liegen, mögen in manchen Fällen noch so kurz erscheinen und die Fortschritte in der Technik und im Verkehrswesen immerhin die Tendenz haben, dieselben mehr und mehr abzukürzen – ein vollständiges Verschwinden derselben ist indes undenkbar. Es ist unmöglich, Güter irgendeiner höheren Ordnung durch einen bloßen Wink in die entsprechenden Güter niederer Ordnung zu verwandeln; vielmehr ist nichts sicherer, als dass derjenige, der über Güter höherer Ordnung verfügt, erst nach einem gewissen, je nach der Natur des Falles bald kürzerem, bald längerem Zeitraum über die entsprechenden Güter der nächst niederen Ordnung zu verfügen in der Lage sein wird. Was nun aber hier von dem einzelnen Glied der Kausalkette gesagt wird, gilt im erhöhten Maß von dem ganzen Prozess.

Der Zeitraum, welchen dieser Prozess in den einzelnen Fällen ausfüllt, ist je nach der Natur dieser letzteren sehr verschieden. Wer über die sämtlichen zur Hervorbringung eines Eichenwaldes nötigen Grundstücke, Arbeitsleistungen, Werkzeuge und Samenfrüchte verfügt, wird an hundert Jahre warten müssen, ehe er über einen schlagbaren Hochwald selbst zu verfügen in der Lage sein wird, und in den meisten Fällen wird dies wohl erst bei den Erben oder sonstigen Rechtsnachfolgern desselben der Fall sein, dagegen mag derjenige, der über die Ingredienzien von Speisen oder Getränken und die zu ihrer Erzeugung nötigen Werkzeuge, Arbeitsleistungen u. dgl. m. verfügt, in einzelnen Fällen in wenigen Augenblicken schon über die Speisen und Getränke selbst zu verfügen in der Lage sein; – wie groß dieser Unterschied aber auch immer sein mag, eines ist sicher, dass der Zeitraum, welcher zwischen der Verfügung über Güter höherer Ordnung und jener über die entsprechenden Güter niederer Ordnung liegt, niemals völlig beseitigt erscheint. Die Güter höherer Ordnung erlangen und behaupten demnach ihre Güterqualität nicht mit Rücksicht auf Bedürfnisse der unmittelbaren Gegenwart, sondern lediglich im Hinblick auf Bedürfnisse, welche sich menschlicher Voraussicht zufolge erst in solchen Zeitpunkten geltend machen werden, in welchen der Produktionsprozess, von dem wir oben sprachen, bereits vollendet sein wird.

Ist es nach dem Gesagten sicher, dass wofern wir einen bestimmten Gebrauchszweck im Auge haben, sich die Verfügung über Güter höherer Ordnung von jener über die entsprechenden Güter niederer Ordnung zunächst dadurch unterscheidet, dass wir von den letzteren sofort den bezüglichen Gebrauch machen können, während die ersteren eine frühere Stufe im Prozess der Güterbildung repräsentieren, und uns demnach erst nach dem Verlauf eines gewissen, je nach der Natur des Falles, bald längeren, bald kürzeren Zeitraums diesen unmittelbaren Gebrauch gestatten, so fordert noch ein anderer höchst wichtiger Unterschied zwischen der unmittelbaren Verfügung über ein Gut und der mittelbaren Verfügung über dasselbe, (durch den Besitz von entsprechenden Gütern höherer Ordnung,) uns zu Betrachtungen heraus.

Wer über gewisse Güter unmittelbar verfügt, ist der Quantität und Qualität derselben sicher. Wer indes über jene Güter nur mittelbar, das ist durch den Besitz der entsprechenden Güter höherer Ordnung verfügt, kann nicht mit gleicher Sicherheit die Quantität und Qualität der Güter niederer Ordnung bestimmen, über welche er am Schluss des Prozesses der Gütererzeugung zu verfügen in der Lage sein wird.

Wer hundert Metzen Korn besitzt, verfügt über diese Güter mit Rücksicht auf Quantität und Qualität mit jener Sicherheit, die der unmittelbare Besitz von Gütern überhaupt zu bieten vermag. Wer dagegen über eine solche Quantität von Grundstücken, Samen, Dünger, Arbeitsleistungen, landwirtschaftlichen Geräten usw. verfügt, als der Regel nach zur Herstellung von hundert Metzen Getreide erforderlich sind, steht der Eventualität gegenüber, mehr, aber auch weniger als die obige Quantität von Getreide zu ernten, und es ist für denselben selbst die Eventualität einer völligen Missernte nicht ausgeschlossen; er wird überdies auch in Rücksicht auf die Qualität des Produktes einer gewissen Unsicherheit preisgegeben sein.

Diese Unsicherheit in Rücksicht auf Quantität und Qualität des Produktes, über welches man durch die entsprechenden Güter höherer Ordnung verfügt, ist bei einigen Produktionszweigen größer, bei anderen geringer. Wer über die zur Erzeugung von Schuhen nötigen Materialien, Werkzeuge und Arbeitsleistungen verfügt, der wird aus der Quantität und Qualität dieser seiner Verfügung unterstehenden Güter höherer Ordnung mit einer ziemlich großen Bestimmtheit auf die Quantität und Qualität der Schuhe einen Rückschluss ziehen können, über welche er am Ende des Produktions-Prozesses zu verfügen in der Lage sein wird. Wer dagegen über die Benützung eines für die Kultur von Raps geeigneten Feldes und der entsprechenden landwirtschaftlichen Werkzeuge, ferner über die erforderlichen Arbeitsleistungen, Samenfrüchte, Dungstoffe usw. verfügt, wird über die Quantität der Ölfrüchte, die er am Ende des Produktions-Prozesses ernten wird, und eben sowohl über deren Qualität sich ein vollständig sicheres Urteil nicht bilden können. Und doch wird er in den beiden obigen Rücksichten immer noch einer geringeren Unsicherheit preisgegeben sein, als ein Hopfengärtner, ein Jäger oder gar ein Perlfischer. So groß aber dieser Unterschied bei den verschiedenen Produktionszweigen auch immer sein mag, und obzwar die fortschreitende Kultur die Tendenz hat, die hier in Rede stehende Unsicherheit unablässig zu vermindern, so viel ist sicher, dass ein gewisser, je nach der Natur des Falles allerdings bald höherer, bald geringerer Grad von Unsicherheit über die Quantität und Qualität des schließlich zu erzielenden Produktes allen Produktionszweigen gemein ist.

Die letzte Ursache dieser Erscheinung liegt in der eigentümlichen Stellung des Menschen zu jenem Kausal-Prozess, den wir die Gütererzeugang nennen. Die Güter höherer Ordnung werden nach den Gesetzen der Kausalität zu solchen der nächst niederen, diese so fort, bis sie zu Gütern erster Ordnung werden, und schließlich jenen Zustand bewirken, den wir die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse nennen. Die Güter höherer Ordnung sind die wichtigsten Elemente dieses Kausal-Prozesses – aber durchaus nicht die Gesamtheit derselben. außer diesen der Güterwelt angehörigen Elementen wirken auf die Qualität und Quantität des Produktes jener Kausal-Prozesse, welche wir die Güter-Produktion nennen, auch Elemente ein, deren ursächlichen Zusammenhang mit unserer Wohlfahrt wir entweder noch nicht erkannt haben, oder aber solche Elemente, deren Einfluss auf das Produkt wir wohl kennen, die aber aus irgendwelchen Gründen unserer Verfügung entrückt sind.

So kannten die Menschen bis vor Kurzem nicht den Einfluss der verschiedenen Erdarten, Bodensalze und Düngungsstoffe auf das Wachstum verschiedener Pflanzen, so zwar, dass die ersteren eine bald mehr, bald minder günstige oder ungünstige Einwirkung auf das Endresultat des Produktions Prozesses in quantitativer und qualitativer Beziehung äußerten. Durch die Forschungen auf dem Gebiet der Agrikultur-Chemie ist nun aber gegenwärtig ein gewisser Teil jener Unsicherheit bereits beseitigt und es nunmehr in die Hand der Menschen gegeben, so weit die Forschungen reichen, die günstigen Einflüsse mit Rücksicht auf jeden besonderen Fall herbeizuführen, die schädlichen aber zu beseitigen.