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Yael hat Nein gesagt. Nein zum Leben. Nun soll sie lernen, Ja zu sagen. Dabei will sie nur, dass man sie in Ruhe lässt. Denn sie sieht keinen Grund, Ja zu sagen. Wozu auch immer. Doch ihre Schwester lässt nicht locker. Deshalb sucht Yael nach Gründen, für die es sich zu leben lohnt, und sie findet sie dort, wo sie sie niemals vermutet hätte: in einer unkonventionellen neuen Freundschaft, sehr, sehr vielen Smoothies, trashiger Erotikliteratur, beim Meeresschwimmen vor Sonnenaufgang ... und immer wieder in der tiefen Bindung zu ihrer Schwester.
Humorvoll und berührend zugleich erzählt Nadine J. Cohen von Freundschaft, Trauer, vererbten Traumata und Mental Health und behält dabei stets den Blick für die kleinen, einfachen Freuden und die Schönheit der Welt. Eine zärtliche und selbstironische Erkundung der Reise einer Frau an den Abgrund und zurück.
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Seitenzahl: 362
Veröffentlichungsjahr: 2024
Yael hat Nein gesagt. Nein zum Leben. Nun soll sie lernen, Ja zu sagen. Dabei will sie nur, dass man sie in Ruhe lässt. Denn sie sieht keinen Grund, Ja zu sagen. Wozu auch immer. Doch ihre Schwester lässt nicht locker. Nadine J. Cohen erzählt von Yaels Suche nach Gründen, für die es sich zu leben lohnt, und wie sie sie dort findet, wo sie sie niemals vermutet hätte: einer unkonventionellen Freundschaft, beim Meeresschwimmen vor Sonnenaufgang, unfassbar großen Mengen Speiseeis, trashiger Erotikliteratur … und immer wieder in der tiefen Bindung zu ihrer Schwester. Eine zärtliche und selbstironische Erkundung der Reise einer Frau an den Abgrund und zurück.
Nadine J. Cohen ist Anwältin für Migrationsrecht und wohnt in Sydney. Sie hat eine Kolumne im The Guardian, in der sie Lifestyle-Phänomene aufs Korn nimmt, und verfasst Beiträge für diverse Magazine und Zeitungen. Sie war Leiterin von Hope for Nauru, einer gemeinnützigen Organisation, die von 2018 bis 2023 Asylsuchende unterstützte. Everyone and Everything ist ihr Debütroman.
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Titel der englischen Originalausgabe:»Everyone and Everything«
Für die Originalausgabe:Copyright © 2023 by Nadine J. Cohen
First published in Australia by Pantera Press Pty Limited
Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2024 byBastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- undData-Mining bleiben vorbehalten.
Umschlaggestaltung: Barbara Thoben, Köln
Einband-/Umschlagmotiv: © stocksy.com/hannahcriswell
eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen
ISBN 978-3-7596-0004-2
luebbe.de
lesejury.de
Liebe Leser:innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet ihr auf Seite 350 eine Triggerwarnung. Achtung, sie enthält Spoiler für das gesamte Buch!
Wir wünschen uns für euch alle das beste Leseerlebnis.
Euer pola-Verlag
Für Mum, Dad, Nanna, Zeida, Grandma und Ariella, die mich – wenn auch wahrscheinlich nicht mit Absicht – zu der gemacht haben, die ich bin.
Jeder von uns ist ein Kaleidoskop aus all dem, was wir geliebt und verloren und gelernt haben, aus persönlichen Erfolgen und Misserfolgen, was wir besonders bedauern, und unseren individuellen Freuden.
Nick Cave, The Red Hand Files, Issue 197
Als ich Richtung Meer gehe, ist es noch dunkel. Ich muss nichts sehen, meine Füße kennen den Weg. Sie beschleunigen, als ich am Spielplatz vorbeikomme, wo die Schaukeln zu schwingen scheinen, auch wenn es windstill ist.
Vor dem verschlossenen Tor warten schon zwei Frauen. Wir lächeln uns nur kurz zu, in stiller Übereinkunft, dass es für Gespräche noch zu früh ist.
Es ist das erste Mal, dass ich im Morgengrauen hier bin. Vor ein paar Monaten hätte ich die Vorstellung, in aller Herrgottsfrühe aufzustehen, um im Meer zu schwimmen, lächerlich gefunden. Ich war schon immer ein Nachtmensch.
»Schließt du dich uns an, Miss Yael?«
Ein breiter australischer Akzent. Kurze schwarze Haare und ein roter Trainingsanzug.
Lynne, eine der Volunteers, steht am Tor und wartet darauf, dass ich durchgehe.
»Sorry, Lynne.«
»Viel Spaß beim Baden!«
Für diese Uhrzeit ist sie viel zu gut gelaunt.
Ich gehe den Betonweg entlang an den Umkleideräumen vorbei Richtung Meer. Ich lasse meine Tasche auf einer der Rasenflächen fallen und ziehe Shorts und T-Shirt aus. Ich trage einen meiner zahllosen schwarzen Badeanzüge, einen der Schwerkraft trotzenden Einteiler mit tiefem Rückenausschnitt. Ich schaue an mir hinab, fürs Schwimmen bei Sonnenaufgang in einem Freibad nur für Frauen kommt er mir unpassend vor.
In den Spalten der Felsen um das Becken tummeln sich lauter Krabben.
»Guten Morgen, Freunde«, flüstere ich, ehe ich reinspringe.
Die anderen Frauen ziehen ordentliche Bahnen, während ich wie ein Kind herumplansche. Bei meinem Sonnenaufgangsschwimmen wird weniger geschwommen, als der Begriff vermuten ließe.
»Da kommt sie!«, ruft Lynne von ihrem Posten, und ich blicke aufs Meer hinaus.
Ein Rausch von Orange- und Gelbtönen steigt aus dem Meer empor und erhellt langsam den Himmel. Umgeben von Wasser, während die Sonne ihren Aufgang ankündigt, fühle ich mich schwerelos. Ich fühle mich frei.
So wie sich andere Menschen wahrscheinlich immer fühlen.
Und dann ist es vorbei.
»Also, was können wir tun?«, fragt Liora.
Es ist schon spät. Wir sind in der Praxis meiner Psychiaterin.
»Es gibt drei Möglichkeiten«, sagt Priya. »Sie kann in eine private Entzugsklinik gehen, sie kann zu Ihnen ziehen oder zu Hause bleiben. Ich werde sie nicht einweisen, rein rechtlich ist es also ihre eigene Entscheidung.«
»Einweisen?«
»Sie ohne ihre Zustimmung in irgendeine öffentliche Einrichtung schicken. Das wäre bestimmt nicht das Beste für sie.«
Ich kann mich nicht daran erinnern, hergekommen zu sein.
»Was sind die Vor- und Nachteile einer Entzugsklinik?«, fragt Liora, die immer praktisch denkt.
»Die nächste Woche wird hart sein. Ich setze all ihre Medikamente ab und gebe ihr ab morgen andere. Keine Entwöhnung, dafür haben wir keine Zeit. Während sich ihr Körper anpasst, wird sie wahrscheinlich heftige Entzugserscheinungen haben. In einer Klinik würde man sich rund um die Uhr um sie kümmern. Sie ist doch privat versichert, oder?«
»Ja.«
Normalerweise kann ich es nicht ausstehen, wenn man über mich redet, als wäre ich nicht da, aber im Moment hoffe ich, dass sie überhaupt nicht mit mir reden.
Ich will nicht sprechen. Ich kann nicht.
»Die Klinik ist etwa eine Stunde von hier entfernt, aber es ist die beste.«
Liora nickt langsam, entmutigt. »Und was sind die Nachteile?«, fragt sie.
»Wenn sie einmal aufgenommen worden ist, darf ich keinen Kontakt mehr zu ihr haben. Die behandelnden Ärzte können die Medikation nach eigenem Gutdünken ändern. Normalerweise tun sie das nicht, aber die Möglichkeit besteht. Und Menschen sind aus den unterschiedlichsten Gründen dort, nicht wenige in viel schlimmerem Zustand als sie.«
Es gibt weitaus schlimmere Zustände als den hier?
Priya zieht den Schal enger um die Schultern. Ihr ist immer kalt.
»Ich bin mir nicht sicher, ob das die ideale Umgebung für sie wäre«, sagt sie. »Es könnte ihr danach schwerfallen, sich wieder umzugewöhnen.«
»Und wenn sie bei mir wohnen würde?«
Ich schließe die Augen.
»Das ist eine Möglichkeit. Sie müsste ihr gewohntes Umfeld nicht verlassen und sich also auch nicht wieder eingewöhnen. Aber für Sie und Ihre Familie wäre es eine große Belastung. Schließlich haben Sie kleine Kinder. Es wäre eine Herausforderung für sie – und für Sie und Ihren Mann ebenfalls.«
»Und wenn sie allein in ihrer Wohnung bleibt?«
»Meiner Meinung nach sollte sie das nicht.«
Ich öffne die Augen.
»Was ist mit Julia Louis-Dreyfus?«
Die beiden sehen mich an, als hätten sie mich ganz vergessen.
Ich kann wohl doch sprechen.
»Sagen Sie mir noch mal, wer Julia Louis-Dreyfus ist?«, fragt Priya behutsam.
»Meine Katze.«
*
Ich liebe Katzen, aber als ich meine älteste Freundin Margot eines Tages nach dem Pilates in die Zoohandlung begleitete, hatte ich nicht die Absicht, mir eine anzuschaffen.
Da ich eher der Typ bin, der Tiere adoptiert, meide ich Zoohandlungen, aber Margot sagte, dort gebe es gerettete Katzen, also bin ich mitgegangen.
Wir liefen an Glaskästen mit Designerhunden vorbei, Schnoodles, Cavoodles und Labradoodles, so weit das Auge reichte. In dieser Gegend, den Eastern Suburbs von Sydney, macht man offenbar was verkehrt, wenn man kein Besitzer einer Pudelkreuzung ist.
Ich winkte den niedlichen Welpen zu, während ich Margot in den hinteren Teil des Ladens folgte. Dort gab es drei große Käfige, in denen Katzen sich rekelten oder miteinander rauften.
»Schau sie dir nur an!«, gurrte Margot, eine erwachsene Frau mit Doktortitel. »Sind die nicht süß?«
Margots Partner ist gegen Katzen allergisch, weshalb sie ihre Liebe zu Katzen auf diese Art befriedigt.
»Warum gibst du Josh nicht einfach den Laufpass und holst dir eine Katze?«
»Und wer würde mir dann Ramen kochen und die Kinder ins Bett bringen?«
In diesem Augenblick sah ich sie in all ihrer Pracht. Eine grau-weiß getigerte Katze mit einem Hauch Rot und einem Marilyn-Monroe-Schönheitsfleck, der es trotz des kleinen Geheges gut zu gehen schien. Sie hatte die Pfoten oben zwischen die Gitterstäbe geklemmt und hing daran wie eine Turnerin, die eine Übung am Stufenbarren beginnt. Sie sah aus wie ein Idiotin. Eine kleine, schöne Idiotin.
»O mein Gott, schau sie dir an«, quietschte ich Margot zu. »Die finde ich süß!«
»Natürlich findest du die süß«, sagte sie. »Die ist total bekloppt.«
»Hey!«
»Das ist die Katzenversion deines Typen, dessen Name nicht genannt werden darf.«
»Hör bitte auf, meine Katze zu beleidigen.«
»Ach, es ist deine Katze?«
»Vielleicht. Warum nicht? Ich könnte doch eine Katze haben. Könnte ich eine Katze haben?«
»Soll ich fragen, ob du sie mal auf den Arm nehmen darfst?«
Oh nein. Oh nein. Oh nein. »Ja!«
Margot rief einen bekifften Teenager aus der Tierhandlung herbei, damit er Nadia Comăneci aus dem Käfig befreite. Sie fing an zu schnurren.
»Sie liebt dich«, sagte Margot.
»Ich liebe sie. Ist es denn eine Sie? Gendern wir überhaupt Haustiere?« Ich sah den bekifften Teenager an.
»Auf jeden Fall.«
Es war ihm offensichtlich egal.
»Wie heißt sie?«, fragte ich.
»Beauty«, sagte er. »Wegen dem Fleck. In ihrem Gesicht.«
»Ja, schon kapiert. Margs, ich kann mir doch nicht einfach eine Katze anschaffen. Oder?«
»Oh doch! Oh doch! Oh doch!« Dazu klatschte sie langsam in die Hände.
»Du bist keine Hilfe.«
»Wir können sie vierundzwanzig Stunden für Sie reservieren, wenn Sie darüber nachdenken wollen«, sagte der Teenager lahm.
Oh Mann.
»Okay, das machen wir.«
Am nächsten Tag adoptierte ich offiziell Julia Louis-Dreyfus, ehemals Beauty, Katzenturnerin, kleine Idiotin, sie/ihr.
*
Priya und Liora stimmen zögernd zu, dass ich weiterhin zu Hause wohne. Priya glaubt nicht, dass ich »eine Gefahr für mich selbst« bin, und Liora weiß nicht, wo sie mich unterbringen soll. Oder Julia Louis-Dreyfus.
Aber es gibt Regeln:
Liora kommt heute Abend zu mir und nimmt alle Tabletten mit.Ich melde mich jeden Tag bei Priya und gehe zweimal die Woche zu ihr.Ich verbringe so wenig Zeit wie möglich allein zu Hause.»Ich weiß nicht, wie lange ich mir freinehmen kann«, sagt Liora. »Was soll sie machen, wenn ich arbeite oder mich um die Kinder kümmern muss?«
Ich will niemanden sehen. Ich will niemanden sehen. Ich will niemanden sehen.
»Versuchen Sie, so oft wie möglich bei ihr zu sein, während sie sich an die neuen Medikamente gewöhnt. Sie wird nicht viel machen können. Abgesehen davon ist es am besten, wenn sie sich unter Menschen befindet, aber nicht gezwungen ist, mit ihnen zu interagieren. Strand, Kino. Fitnessstudio. Auch wenn sie nur langsam auf einem Laufband läuft oder in der Sauna sitzt. Yoga ist ebenfalls toll, wenn sie Lust dazu hat – ich weiß, dass sie es mag –, und das gilt auch für die Tanzkurse und diese neue Ballettart, die ich nicht verstehe.«
Barre.
»Und wenn sie bereit dafür ist, kann sie ihre Freunde treffen.«
Ich kann mir nicht vorstellen, je wieder jemanden treffen zu wollen.
Liora sieht mich an. »Ist das für dich in Ordnung? Vielleicht solltest du einfach mit Julia bei uns einziehen. Wir kriegen das schon hin.«
Julia Louis-Dreyfus. Ich hasse es, wenn sie nicht den vollen Namen sagt.
»Ich möchte zu Hause bleiben«, flüstere ich.
Liora macht ein Gesicht, als würde sie sich nicht zwischen zwei Gerichten auf der Speisekarte entscheiden können.
»Wir schauen mal, wie es läuft, und bewerten es Tag für Tag«, sagt Priya. »Wenn es nicht klappt, überlegen wir, ob sie bei Ihnen oder in einer Klinik besser aufgehoben ist.«
»Okay, das klingt gut.«
Wir sind schon fast draußen, als Priya beinahe schreit.
»Moment!«
Wir drehen uns um.
»Keine traurigen Bücher, kein trauriges Fernsehen, keine traurigen Filme und vor allem keine traurigen Dokus. Im Grunde genommen also nichts von dem deprimierenden Mist, den Sie so mögen. Nachrichten auch nicht. Und auf gar keinen Fall Politik.«
Ich nicke.
»Nur Komödien und leichten Kram. Romcoms, Sitcoms, all diese Comedys. Keine Dokus. Kein ›Four Corners‹. Das müssen Sie mir versprechen.«
»Versprochen.«
»Wenn ich könnte, würde ich Ihren Netflix-Account kontrollieren.«
Liora lacht und sieht prompt so aus, als wäre sie im Unterricht beim Quatschen erwischt worden.
Ich will nur noch schlafen.
*
In ihrer riesigen Familienkutsche gerät Liora in Panik. Ich glaube, ich habe sie noch nie zuvor in Panik erlebt. Sie ist der ausgeglichenste Mensch, den ich kenne, und neigt nicht zu öffentlichen Gefühlsausbrüchen.
Wir sind nur dreieinhalb Jahre auseinander, und in unserer Kindheit waren wir uns ziemlich nah, aber als sie auf die Highschool ging, trennten uns plötzlich Welten, und wir gerieten immer öfter aneinander.
Doch davor wollte ich unbedingt so sein wie sie und ihr alles nachmachen.
Alles.
Als Liora Anwältin werden wollte, wollte ich auch Anwältin werden.
Als Liora keinen Fisch mehr aß, aß ich auch keinen Fisch mehr.
Als sie in Jason Donovan verknallt war, war ich auch in Jason Donovan verknallt.
Als sie auf Jason Priestley stand, stand ich auch auf Jason Priestley.
Damals gab es eine Menge Jasons.
Jahrelang wünschte ich mir jeden Abend, mit Haaren wie ihren aufzuwachen. Ihre goldblonde, glatte, wunderbar dichte Mähne war so viel schöner als meine straßenköterblonden Locken. Und es half auch nicht, dass meine Mutter mich Shirley Temple und Liora Barbie nannte. Ich wollte Barbie sein. Barbie war hübsch. Barbie hatte ein Cabrio und ein Strandhaus. Barbie hatte Ken.
»Ich weiß nicht recht«, setzt Liora an und wirft mir beim Fahren einen Blick zu. »Vielleicht solltest du bei uns bleiben, wenigstens heute Abend. Julia Louis-Dreyfus wird schon klarkommen. Wir füttern sie und kommen morgen früh wieder.«
Ich schüttle den Kopf.
»Okay. Soll ich bei dir bleiben? Für ein paar Tage? Sean kann sich um die Kinder kümmern.«
»Ich komm schon zurecht«, bringe ich heraus.
»Ich könnte nach Hause fahren, ein paar Sachen packen, uns was zu essen besorgen und dann direkt zu dir kommen. Ach, eine Nacht komme ich auch ohne mein Zeug aus. Ich bestelle uns einfach was.«
»Ich möchte nichts essen.« Allein zu sprechen kostet mich all meine Kraft. »Fahr nach Hause. Ich stell auch nichts an.«
Sie verzieht das Gesicht. »Okay.« Sie klingt nicht überzeugt, sie glaubt mir nicht.
Ich weiß nicht mal, ob ich mir selbst glaube.
»Aber ich bringe dich ins Bett und bleibe, bis du eingeschlafen bist. Und morgen früh komme ich sofort zu dir. Keine Widerrede.«
Ich nicke.
Wir biegen in die Einfahrt vor dem Haus, in dem ich wohne. Liora stellt den Wagen auf einem Besucherparkplatz ab. Ich hoffe, dass keiner meiner Nachbarn da ist. Hier leben außer mir nur ein paar Siebzigjährige, und das gefällt mir so. Aber manchmal möchte ich vom Auto zur Wohnung gehen können, ohne siebzehn Gespräche darüber führen zu müssen, dass der alte Gärtner besser war als der aktuelle.
Ich gehe die Treppen zur Wohnung hinauf und höre Julia Louis-Dreyfus an der Tür miauen. Ich habe mich immer gefragt, ob sie das jedes Mal macht, wenn sie hört, dass die Eingangstür des Hauses geöffnet wird, oder ob sie auf magische Weise spürt, dass ich es bin.
In der Wohnung füttere ich sie und trinke ein Glas Wasser. Als ich mich umdrehe, sitzt Liora auf der Couch und hält etwas in der Hand. Sie liest etwas.
Moment, weint sie etwa?
Fuck.
Fuck, fuck, fuck.
Den Brief hatte ich ganz vergessen.
*
Als kleines Kind habe ich eine Fähre sinken sehen. Das war an einem dieser alljährlichen Fährentage im Hafen von Sydney, die es heute nicht mehr gibt, und offenbar war niemand zu Schaden gekommen, aber seitdem habe ich ein schwieriges Verhältnis zu Schiffen und offenen Gewässern. Das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn ich nicht an einem Ort aufgewachsen wäre, an dem der schnellste Weg von A nach B über Wasser führt.
Als ich dann acht Jahre alt war, haben es Mum und Dad geschafft, mich auf eine Fähre zu locken. Wir wollten mit einer befreundeten Familie in den Zoo, und sie schworen Stein und Bein, dass die Fähre den Kai nicht verlassen würde.
Diese miesen Lügner.
Kaum sprang der Motor an, weinte und schrie ich so lange, bis wir endlich von Bord gingen – für die anderen Fahrgäste sicher kein Vergnügen. Aber es zeigte Wirkung. Heute komme ich einigermaßen mit Schiffen zurecht, solange ich jederzeit Land sehen kann. Eine Kreuzfahrt werde ich daher wohl nie unternehmen, aber das ist kein großer Verlust – meiner Meinung nach sind das sowieso nichts anderes als höllische schwimmende Themenparks voller Krankheitserreger.
Als wir dann schließlich im Zoo waren, besuchten wir auch die Abteilung für Meerestiere. Auf den Fotos sieht man, dass ich knielange Jeans-Shorts, ein gelb-weiß gestreiftes T-Shirt und die weißen Apple-Pie-Turnschuhe trug, um die ich so sehr gebettelt hatte, wie ich noch nie zuvor in meinem Leben um etwas gebettelt hatte.
Als ich meine Lieblingstiere entdeckte, rief ich »SEEHUNDE!« und rannte zu ihrem Becken, gefolgt von Liora und den zwei Jungs der anderen Familie. Damals konnten die Seehunde bis zu den Gitterstäben schwimmen und saßen dann nur Zentimeter davon entfernt, wie bei einem Gefängnisbesuch.
Tatsächlich ziemlich genau wie bei einem Gefängnisbesuch.
Ich streckte die Hand durch die Gitterstäbe, um sie zu streicheln, und schrie gleich darauf wie ein Mädchen in einem Slasher-Film aus den Achtzigern.
»Was ist los?«, fragte Liora neben mir.
»Er hat mich gebissen!« Unter Tränen hob ich die blutende Hand.
Jetzt schrie auch sie los.
»Wo ist Mummy?«, schrie ich.
»Ich weiß nicht!«, schrie sie zurück und stellte sich suchend auf die Zehenspitzen. Um uns hatte sich eine Menschentraube gebildet, an der wir nicht vorbeisehen konnten.
»Wir suchen sie«, sagte einer der Jungs. Beide rannten los und drängten sich durch die Menge.
Eine nette Dame in einem geblümten Kleid hockte sich vor uns. Während ich hysterisch weinte, versuchte Liora, mich zu trösten.
»Mein Mann ist losgegangen, um Hilfe zu holen, Liebes«, sagte sie freundlich. »Darf ich mein Tuch um die Stelle wickeln, wo er dich erwischt hat? Dann können wir die Blutung vielleicht stoppen.«
»Das ist eine gute Idee«, sagte Liora und klang älter als ihre elf Jahre. »Zeigst du der Frau, wo er dich gebissen hat?«
»Ich … ich … ich habe Angst.«
»Das kann ich verstehen«, sagte die Dame. »Ich bin auch ganz vorsichtig, versprochen.«
Ich blickte an mir hinunter, mein T-Shirt war voller Blut. Ich hatte meinen Arm abgestützt und die Hand an den Bauch gedrückt.
Ich streckte ihr die Hand entgegen.
»Yael!«, hörte ich meine Mutter rufen. »Wo ist sie?«
»Mum! Mum! Wir sind hier!«
Liora sprang hoch und winkte.
Mum stürmte durch die Menge und wurde bleich, als sie mich sah, blutig und schluchzend, während mir eine Fremde ein Seidentuch von Ken Done um die Hand wickelte.
»O mein Gott!« Sie stürzte herbei. »Was ist passiert?«
»Ich wollte ihn nur streicheln.«
»Oh, Moosh«, sagte sie und nahm mich in den Arm. »Er hatte bestimmt Hunger.«
»Wo ist Daddy?«, fragte ich.
»Er und Michael waren ein Stück weiter vor uns«, sagte Mum. »Die Jungs sind losgezogen, um sie zu suchen.«
»Sind meine Finger noch alle da?«, fragte ich die Frau.
»Kommt drauf an. Wie viele hattest du denn vorher?«
Ich sah Mum an. Ich schaute auf meine linke Hand.
»Fünf?«, sagte ich zögernd.
»Ja, dann sind sie alle noch da. Er hat nur ein bisschen geknabbert.«
Bald wichen der Schock und das Adrenalin dem Schmerz, und ich fing an zu heulen, drückte mir die eingewickelte Hand fest an die Brust und verwandelte dabei das pastellfarbene Kaleidoskop von Herrn Done in einen Tatort.
Mum und Liora hockten neben mir und versuchten, mich zu trösten.
»Wer hat meine Yael gebissen?«, dröhnte ein breiter, ethnisch schwer zuzuordnender Akzent. »Zeigt mir den Übeltäter.«
Plötzlich erschien Dad, hob mich hoch in seine Arme, wobei er darauf achtete, meine Hand nicht zu berühren. Ich vergrub das Gesicht an seinem Hals.
»Wollte dich etwa ein böser Seehund fressen, sheyne Meydl?«, fragte er.
»Jahaaa«, heulte ich in sein T-Shirt.
»Soll ich mal versuchen, ihn zu fressen?«
Ich kicherte.
»Das mach ich, ehrlich«, fuhr er fort. »Niemand knabbert an meinem Meydl und kommt ungeschoren davon.«
Ein Golfcart hielt neben uns, und ein Mann schob Mum und mich hinein. Nachdem Mum sich bei der Dame bedankt hatte, wandte sie sich an Dad, der hinter Liora stand, die Hände auf ihren Schultern.
»Wir lassen dich nachher ausrufen.«
»Okay«, sagte Dad. »Ich hab dich lieb, Kleines.«
»Lass dir die Kontaktdaten der Dame geben, damit wir ihr das Tuch ersetzen können.«
»Oh, das ist nicht nötig«, sagte die Dame. »Ich mag Ken Done eigentlich gar nicht.«
»Mag ihn überhaupt irgendwer?«, fragte Mum.
Und dann fuhren wir los.
*
Als Priya sagte, es würde hart werden, hatte sie nicht übertrieben. Der Entzug. Die neuen Medikamente. Der Entzug und die neuen Medikamente. Zur gleichen Zeit. Zusammen.
Ich zitterte, hatte Kopfschmerzen und musste kotzen.
Ich schlief nur wenige Stunden am Stück.
Meine Körpertemperatur änderte sich alle paar Minuten. Mir war entweder zu heiß oder zu kalt. Kein erträgliches Mittelmaß, kein genau richtig. So musste es sein, wenn man frühzeitig in die Menopause kam.
Nicht so schlimm wie ein Heroinentzug (vermute ich), aber schlimm genug.
Immer wieder musste ich an die Szene in Requiem for a Dream denken, in der Jared Leto in seinem Kinderzimmer entgiftet. Ob der Film nach heutigen Maßstäben überhaupt noch etwas taugt? Wahrscheinlich nicht, vor allem wegen Jared Leto.
Doch wenn Liora kam, um nach mir zu sehen, habe ich heruntergespielt, wie schlecht es mir ging, denn: I didn’t want to go to rehab.
No, no, no.
*
Nur um das klarzustellen: Ich habe natürlich vollsten Respekt gegenüber dem Künstler, der Ikone und dem Nationalheiligtum Ken Done.
*
»Willkommen im multikulturellen, halb nackten, körperfreundlichen Utopia, von dem du gar nicht wusstest, dass du es brauchst«, verkündet meine Freundin Romy, als wir beim Frauenschwimmbad in Coogee Beach ankommen. »Ich kann nicht glauben, dass du noch nie hier warst.«
»Ich schiebe es auf die Männer«, sage ich leise.
»Das ist die richtige Einstellung!«
Nachdem ich Romy von der Sache erzählt habe, bestand sie darauf, mich mitzunehmen.
»Es ist magisch«, sagte sie. »Alle sagen, Wasser hat heilende Kräfte.«
Pah. Sie weiß, was ich von pseudo-mystischem Wellness-Gequatsche halte. Sie weiß auch, was ich vom Meer halte, aber sie hat versprochen, dass es dort keine Wellen gibt.
Sie nimmt meine Hand und führt mich über einen Betonweg. »Oh, ich habe vergessen, dir zu sagen, dass der Eintritt einen Dollar kostet. Das geht heute auf mich.«
Romy und ich waren Kolleginnen in der Medienbranche, hatten uns aber schon lange vorher kennengelernt, als sie in einem Café in der Nähe meiner Wohnung jobbte. Wir verstanden uns auf Anhieb, denn wir beide mögen Mode, Gilmore Girls und lieben es zu hassen – und das bildet bekanntlich das Rückgrat jeder starken Freundschaft.
Am Ende des Weges sitzen zwei Frauen mittleren Alters unter einem riesigen Schirm, mit gelben T-Shirts, auf denen in Rot »VOLUNTEER« steht. Sie haben grünen Sonnenschutz auf Wangen und Nasen. Ich frage mich, ob sie seit 1987 hier sitzen.
Eine der sonnenbeschützten Frauen hält ein Eimerchen hoch, in das Romy ein paar Münzen wirft.
»Sie ist zum ersten Mal hier«, sagt sie und deutet auf mich.
Mir schlägt das Herz bis zum Hals, und ich spüre, wie ich rot werde. Vielleicht ist es doch eine schlechte Idee.
»Willkommen, Liebes«, sagt die Frau mit dem kleinen Eimer.
»Viel Spaß«, sagt die andere.
Romy nimmt wieder meine Hand und zieht mich weiter. Jetzt kann ich das gesamte Schwimmbad überblicken. Es scheinen Hunderte von Frauen zu sein, die sich sonnen, schwimmen, lesen oder miteinander reden. Ich bekomme Panik.
»Warte. Romy. Warte!«, sage ich, so laut ich kann.
Sie dreht sich um, und mein Kopf wird leer.
»Ich … ich weiß nicht, ob ich das schaffe.«
»Scheiße, tut mir leid«, sagt sie. »Hab ich vergessen.«
»Ich will einfach niemanden sehen, den ich kenne.«
Kaum jemand weiß von der Sache. Ich habe es nur Romy erzählt, weil sie mich immer wieder gedrängt hat, wieder mit der Arbeit anzufangen.
»Willst du dir vielleicht den riesigen Hut aufsetzen, während wir uns einen Platz suchen? Bitte bleib.«
»Okay. Aber können wir uns weit weg von den anderen setzen?«
Romy nickt, und wir gehen zum Wasser. Die Wiesen links und rechts vom Weg sind voller halb nackter Frauen. Wir laufen weiter die Betonstufen zu den riesigen Felsen hinunter, auf denen noch mehr Frauen liegen, wie in einem feuchten Traum von Botticelli.
Die coolen Hippie-Mütter einiger meiner Freundinnen nahmen sie als Kinder mit in das Schwimmbad, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie meine schüchterne, zutiefst gehemmte Mutter am helllichten Tag oben ohne auf einem Felsen gelegen hätte.
Als wir die Felsen erreichen, bleibt Romy stehen. »Wie wäre es dort drüben, neben dem Mädchen mit den pinken Haaren?« Sie zeigt über die Felsen.
Bevor ich Ja sagen kann, ruft eine dröhnende Stimme: »He!«
Ich erstarre.
Eine der Volunteers marschiert mit wütendem Blick auf uns zu. »HE! IHRDADRÜBEN! MITDEMPICKNICKKORB! KEINEFOTOS! IHRKENNTDIEREGELN! WENNICHEUCHDABEIERWISCHE, WIEIHRDIEHANDYSAUFIRGENDWASANDERESALSDASWASSERRICHTET, FLIEGTIHRRAUS!«
Ausatmen.
»Ach ja«, sagt Romy, »man darf hier keine Fotos machen, aber wenn es Selfies sind oder nur das Meer zu sehen ist, drücken sie ein Auge zu.«
»Ich werde wohl nicht so schnell wieder Content liefern.«
»Das versteh ich.«
Wir machen uns auf den Weg zu der Stelle, auf die sie gezeigt hat, springen von Stein zu Stein und versuchen dabei, auf niemanden zu treten. Nachdem wir unsere Badetücher ausgebreitet haben, zieht Romy sich aus und legt auch das lindgrüne Bikinioberteil ab.
»Wie du siehst, ist oben ohne hier erlaubt, ja, sogar erwünscht. Also, raus mit ihnen!«
»Eins nach dem anderen.«
Ich bin nicht in der Verfassung, oben ohne in der Sonne zu liegen. Oder zu schwimmen. Ich weiß nicht, in welcher Verfassung ich bin.
Ich trage Sonnencreme auf jeden Zentimeter meiner lilienweißen, mit Leberflecken übersäten osteuropäischen Haut auf und bin mit einem Mal todmüde. Seit der Sache bin ich zum ersten Mal unter Menschen.
Das ist alles viel, aber wenigstens ist es schön.
»Danke, dass du mich mitgenommen hast, Rom.«
»Immer wieder gern.«
*
Kaum hatte ich mich dazu entschlossen, schrieb ich den Brief.
Ich quälte mich.
Verfasste mehrere Entwürfe.
Probierte verschiedene Schriftarten aus.
Er musste perfekt sein.
*
Liora versucht immer wieder, mich mit fester Nahrung zu füttern, aber allein der Gedanke ans Kauen macht mir Angst. Ich habe keinen Appetit. Alles, was ich will, sind Mango-Smoothies.
Normalerweise würde ich mich über den Gewichtsverlust freuen, aber ich fühle nichts. Bin nicht glücklich, nicht hungrig. Nicht einmal traurig.
Ich bin nichts.
Priya sagt, es handle sich um Dissoziation, eine Trauma-Reaktion, eine Notfallmauer ist zwischen meinem Gehirn und meinen Gefühlen hochgeschnellt. Sie meint, es sei nur vorübergehend.
Mir ist das ziemlich egal.
Und das bedeutet wohl, dass sie recht hat.
*
»Ich schicke Sie zu Priya Hoffman«, sagte Dr. Chandra vor etwa fünf Jahren, als meine Depression eskalierte und ich mehr Hilfe brauchte (also Medikamente), als meine Psychologin mir legal geben konnte. »Sie macht Gesprächstherapie.«
»Machen das nicht alle Psychiater?«
»Nein, manche verschreiben nur Medikamente und überlassen den Rest Psychologen.«
»Wird sie mir etwas anderes verschreiben?«
»Das nehme ich an, aber wir warten ab, was sie sagt. Meiner Meinung nach ist sie eine der Besten in der Gegend, allerdings hat sie den Ruf, etwas hart zu sein. Manche Patienten kommen nicht mit ihr zurecht. Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie sie nicht mögen, dann kommen Sie wieder zu mir, und wir finden jemand anderen.«
Ich mochte Priya sofort.
*
Ich war neunzehn, als ich meine erste depressive Episode hatte, oder zumindest die erste, die man nicht einfach als eine Art Schulangst abtun konnte.
Ich hatte zu kämpfen. Nicht mit den Anforderungen an der Uni – es war ein Bachelor-Studiengang, also quasi der Hochschulkindergarten –, sondern mit dem Menschsein in so ziemlich jeder anderen Hinsicht.
Ich stritt mich ständig mit meiner Familie, was ehrlich gesagt nichts Neues war, und fühlte mich trotz eines regen Soziallebens emotional isoliert.
Wenn ich mich mit jemandem allein unterhielt, ging es mir im Allgemeinen gut, aber in Gruppen war ich bestenfalls einsilbig. Wenn ich abends ausging, landete ich oft auf der Toilette, weinte oder versuchte, mir meine Ängste rational auszureden, oder ich verschwand einfach.
Das Ganze erreichte seinen Höhepunkt, nachdem ich von einem Urlaub mit Studienfreunden in Byron Bay als stummes Wrack nach Hause kam.
»Ist irgendetwas passiert?«, fragte Mum, als ich mich mehrere Tage lang weigerte, mein Bett zu verlassen oder zu essen. »War jemand gemein zu dir?«
Ich schüttelte nur den Kopf und wandte ihr den Rücken zu.
Sie kam immer wieder und brachte mir Essen oder versuchte, mich aus dem Bett zu locken.
»Wie wär’s, wenn ich Chili-Chips für dich besorge? Oder wir könnten Popcorn machen und Clueless gucken.«
»Ich hab keinen Hunger«, sagte ich. »Ich will einfach nur schlafen.«
Ich wünschte, ich könnte sagen, dass es mir wehtat, sie so zu behandeln, und ich wünsche mir von ganzem Herzen, ich könnte es ungeschehen machen, aber ich war wie betäubt.
Schließlich fuhr sie schweres Geschütz auf.
»Yael«, sagte Mum und klopfte leicht an meine Zimmertür. »Margot ist da.«
»Kann ich reinkommen?«, fragte Margot.
Ich wollte sie nicht sehen, aber ich war zu gut erzogen, um ihre Bitte abzulehnen.
»Hey«, sagte sie und setzte sich ans Fußende meines Bettes. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Alle machen sich Sorgen um dich.«
Seit Byron hatte ich keine Anrufe oder SMS beantwortet.
»Mir geht’s gut.«
»Mhm, das glaube ich nicht, Süße.«
Ich fing an zu weinen und konnte nicht mehr aufhören. Margot legte sich zu mir, nahm mich in die Arme und ging erst am nächsten Tag.
Dann fing Mum wieder an.
»Sag mir, was du brauchst, Moosh. Wie kann ich dir helfen? Was kann ich tun?«
Ich war am Ende, und meine Eltern hatten keine Ahnung, was sie tun sollten. Oder sie wussten es, taten es aber nicht, denn meine Mutter hegte ein ausgeprägtes Misstrauen gegenüber Psychotherapeuten.
Nach ein paar Wochen kam Liora, die nicht mehr bei uns wohnte, in mein Zimmer. »Was ist denn so schlimm an deinem Leben? Weißt du, wie vielen Leuten es viel schlechter geht als dir?«, zischte sie geradezu.
Auch wenn mich ihr Ton ärgerte – denn ich nutze jede Gelegenheit, um mich zu ärgern –, bestätigte ein kurzer Privilegien-Check, dass sie recht hatte. Objektiv betrachtet war mein Leben einfach, sogar halbwegs glücklich. Und auch wenn Selbsterkenntnis keine Depression heilt, kann sie dem Selbstmitleid einen ordentlichen Tritt in den Hintern verpassen.
Es war schließlich Liora, die Mum und Dad davon überzeugte, mich zur Therapie zu schicken.
Wie sich zeigt, ist der Weg zur Heilung mit genervten Geschwistern gepflastert.
*
Seit Romy mich mitgenommen hat, bin ich fast jeden Tag im Meeresschwimmbad.
Ins Wasser muss ich mich aber erst noch wagen. Bislang reicht es mir, einfach nur hier zu sein.
Das Tolle am Frauenpool ist, dass er zwar zwischen einem sehr beliebten öffentlichen Strand und einem sehr beliebten öffentlichen Schwimmbad, aber so tief in der felsigen Bucht liegt, dass man ihn von keiner der beiden Seiten aus sehen kann. Einblick hat man nur vom Meer und vom Himmel aus, wenn man also oben ohne ist, muss man sich damit abfinden, dass Leute, die im Meer schwimmen, und Hubschrauberpiloten unsere Brüste sehen können. Daran kann man nichts ändern, deshalb lächeln und winken alle nur und hoffen, dass sie nicht von einem Fernsehteam gefilmt werden.
Irgendwie schaffe ich es, einen begehrten Platz auf einem der großen, flachen Felsen in der Nähe des Beckens zu ergattern. Wenn ich mein Badetuch längs hinlege, kann ich über das Wasser blicken und so tun, als gäbe es nichts anderes.
Ich teile den Felsen mit drei Mädchen in knappen Bikinihöschen. Ich würde mich nie trauen, so etwas zu tragen. Ich habe noch nicht den Mut für oben ohne aufgebracht, aber ich mag das offensive Selbstvertrauen der jüngeren Generation. Alle Größen, alle Geschlechter, alle sexuellen Orientierungen, alle lieben sich selbst wie irre. In Stringtangas.
Das Trio trinkt Gatorade, isst Chili-Chips und jammert darüber, einen dicken Kopf zu haben. Alle drei haben gestern Abend jemanden abgeschleppt und tauschen sich jetzt aus.
Ich fühle mich in meine Zwanziger zurückversetzt. Bloody Marys und ausgedehnte Frühstücke mit Margot.
Ich versuche, ihrem Gespräch zu folgen, während ich so tue, als würde ich auf dem Handy herumscrollen. Es scheinen zwei, wenn nicht sogar drei Männer namens Dan beteiligt gewesen zu sein, und es ist alles ziemlich verwirrend.
Als ich merke, dass ich sie anstarre, wende ich schnell den Blick ab.
»Willst du ein paar Chips?«, fragt die Blonde und schiebt mir eine riesige Tüte Chili-Chips zu.
»Oh, danke, nein, alles gut.«
Ich muss krank sein.
Ich liebe Chili-Chips.
*
»Sprechen wir irgendwann über den Brief?«
Ich bin mit Liora unterwegs, um die Kinder von der Schule abzuholen. Sie und ihr Mann Sean haben drei Kinder, bekannt als die Tintenfische. Ethan ist zehn, Lexi ist acht, und Hannah ist fünf. Sie sind mein Ein und Alles.
»Welchen Brief?«, frage ich leise und werfe ihr einen Blick zu.
Sie schnaubt und verzieht das Gesicht. »Du weißt, welchen Brief.«
Die Tintenfische besuchen eine jüdische Privatschule. Es ist keine streng religiöse oder konservative Schule, aber wenn man bedenkt, dass Liora und ich auf säkulare öffentliche Schulen gingen, und als Teenager jüdische Vereine und so ziemlich die gesamte Gemeinde gemieden haben, wundert es mich, dass ihre Kinder jetzt dorthin gehen.
»Können wir nicht so tun, als hättest du ihn nicht gesehen?«
»Nein, können wir nicht. Aber wir müssen nicht jetzt darüber reden. Da kommen die Kinder.«
Drei zappelige Tintenfische springen förmlich ins Auto wie Clowns im Rückwärtsgang.
»Yay!«, schreit Hannah. »Tante Yaya ist da!«
»Wenn du Tante Yaya so sehr liebst, warum heiratest du sie nicht?«, fragt Ethan, womit er beweist, dass sozialer Fortschritt eine Lüge ist.
»Yeah!« Lexi will einfach nur mitmachen.
Ich lehne den Kopf an die Scheibe.
»Leute«, sagt Liora laut flüsternd, »Tante Yaya hat immer noch Kopfweh, also müssen wir leise sein. Ich sag euch was: Wer die ganze Fahrt bis nach Hause nicht rumschreit, bekommt eine besondere Schabbat-Süßigkeit.«
Drei Stimmen raunen: »Jaaaaaaaaaaaa.«
Ich habe mich bemüht, nicht vor ihnen zu weinen oder zu niedergeschlagen zu sein, aber es fällt mir schwer. Es ist ja erst ein paar Wochen her. Die Tintenfische glauben, ich habe ziemlich oft Kopfschmerzen.
»Es tut mir so leid, dass dir der Kopf wehtut, Tante Yaya«, sagt Hannah.
»Danke, Spatz.« Ich drehe mich um, um ihr schönes Gesicht anzusehen.
»Willst du mit Shawarma kuscheln, wenn wir zu Hause sind?«, fragt Lexi und meint damit nicht das orientalische Fleischgericht, sondern ihr Plüschlama. »Er macht immer, dass es mir besser geht.«
»Das wäre schön. Danke.«
»So«, sagt Liora. »Wie war euer zweiter Schultag?«
Ich drifte ab, schlafe nicht ein, bin aber auch nicht ganz bei Bewusstsein. In diesem Zustand befinde ich mich in letzter Zeit oft. Ein Zustand, in dem ich so gut wie gar nicht denke. Mir gefällt das.
Liora steuert den Wagen in die Garage.
»Waren wir brav, Mummy?«
»Wer war am bravsten, Mummy?«
»Was kriegen wir denn?«
»Ihr wart alle sehr brav. Jetzt seid bis nach dem Essen brav, dann bekommt ihr eure Belohnung.«
Das war nicht Teil der Abmachung. Die Kinder sind nicht glücklich.
*
Verdammt, ich liebe Chili-Chips.
*
Es ist elf Uhr abends, und ich liege mit Julia Louis-Dreyfus und Selbstmitleid im Bett, als das Telefon klingelt.
Margot.
Ich lasse es klingeln.
Sie versucht es wieder.
Ich lasse es klingeln.
Sie schreibt mir eine Nachricht.
Jetzt geh endlich dran.
Margot ist vor zwei Jahren mit ihrem Partner und ihren Kindern nach Tokio gezogen. Sie wollte, dass sie mehr von der japanischen Kultur kennenlernen als sie in ihrer Kindheit.
Ich vermisse sie.
Sorry, bin total müde.
Sie schreibt wieder. Hartnäckiges Miststück.
Liora hat mir erzählt, was passiert ist.
Ich habe ihr gesagt, sie soll es dir nicht sagen.
Ich bin froh, dass sie es trotzdem getan hat. Ich bin hier. Hab dich lieb x
x
Zum Glück passierte der ganze Mist bei warmem Wetter. Ich muss daran denken, zukünftig alle größeren Krisen zwischen November und März zu legen.
*
Liora und ich hatten es als Kinder ziemlich gut. Liebevolle Eltern, ein nettes Haus, Essen und Geborgenheit, eine Katze. Und wenn ich es in meinem fortgeschrittenen Alter nicht zu sehr durch die rosarote Brille betrachte, hatten wir uns in den ersten zehn gemeinsamen Jahren einigermaßen gern.
Wenn ich an diese glücklichen Tage zurückdenke, fallen mir immer wieder Momente der schwesterlichen Harmonie ein.
Wir studierten bescheuerte Tanznummern zu Songs von New Kids on the Block und Rick Astley ein, bevor wir Mum, Dad und alle anderen armen Schweine, die womöglich gerade da waren, zwangen, uns dabei zuzusehen, manchmal sogar mehrmals.
Wir spielten Blindekuh, veranstalteten Handstand-Wettbewerbe, ritten im Swimmingpool unserer Nachbarn auf aufblasbaren Bananen und in jedem anderen Pool, in den wir reinspringen durften. Vor dem Meer hatte ich Angst, aber Pools waren Safe Spaces.
Wir beknieten Mum und Dad an den wenigen Tagen im Jahr, an denen wir in die Synagoge gehen sollten, zu Hause bleiben zu dürfen. Dann hatten wir so viel Spaß beim Versteckspielen und Wettrennen mit den anderen Kindern in der Nachbarschaft, dass wir sie anflehten, noch länger bleiben zu dürfen, wenn es Zeit war, nach Hause zu gehen.
Wir kümmerten uns sozusagen selbst um eine – verzerrte und äußerst verfrühte – sexuelle Aufklärung, wenn wir bei Nanna und Zeida übernachteten. Nachdem unsere Großeltern schlafen gegangen waren, schauten wir uns kichernd lauter frauenfeindliche Softpornos aus den Achtzigern an. Aber auch kinderfreundliche Klassiker wie Bachelor Party, Der Bikini Shop und Die Rache der Eierköpfe (Teil 1–4). Als Mum und Dad das herausfanden, mussten die Großeltern den Fernseher aus unserem Zimmer holen.
Kleine Kämpfe mit den Stäbchen in unserem chinesischen Lieblingsrestaurant, bei der Osterkirmes nur die harmlosen Fahrgeschäfte (wir setzen eine lange Erblinie von Schissern fort), Seilspringen auf unserem Trampolin, im Auto aufeinanderliegend einschlafen.
Es ging uns gut.
Bis sich alles änderte.
*
Es war ein ausgezeichneter Brief. Ich habe ihn bei Officeworks ausgedruckt.
Da die meisten Leute jetzt wieder arbeiten, ist es tagsüber an den Wochentagen im Frauenschwimmbad am schönsten. Es ist kaum jemand da, und ich kann mich nach Herzenslust auf einem Felsen ausweinen.
Nicht dass mein Herz im Moment zu irgendwas Lust hätte.
»Wir sollten dir eine Bonuskarte besorgen«, sagt Lynne, als sie auf einer Runde über das Gelände an mir vorbeikommt. »Jeder fünfte Besuch ist kostenlos.«
»Oh, habt ihr so was?«
»Ich nehm dich auf den Arm, Liebes.«
»Ach so.«
Was Zwischentöne angeht, bin ich im Moment nicht so gut.
»Kein Ding, aber wenn du öfter kommen willst, kannst du dir eine Mitgliedskarte anschaffen. Dann musst du nicht jedes Mal einen Dollar hinlegen.«
»Oh, cool, dann kaufe ich die nächstes Mal.«
»Kein Stress, Liebes. Ist nur eine Möglichkeit.«
Sie schlendert weiter, und ich hole meinen Kindle hervor, den ich erst gestern gekauft habe, damit ich Kitschromane lesen kann, ohne dass jemand was von meiner heimlichen Leidenschaft mitbekommt. Wahrscheinlich müsste ich mich gar nicht so blöd elitär anstellen – in den Umkleidekabinen gibt es ein Tauschregal voll mit der unterschiedlichsten Lektüre.
Ich habe mich nie für Genre-Literatur interessiert, aber Priyas Auftrag, nur leichte Unterhaltung zu konsumieren, erinnerte mich daran, dass ich mal einen Podcast mit dem Titel »The Allusionist« gehört habe. Genauer gesagt eine Folge über »The Ripped Bodice«, einen auf Romance und Erotik spezialisierten Buchladen in Los Angeles. Die beiden Schwestern, denen der Laden gehört, erklärten, dass die Verkaufszahlen von Liebesromanen in Zeiten wirtschaftlicher, sozialer oder politischer Krisen in die Höhe schnellten. Das gelte auch für andere Genres wie Fantasy und Science-Fiction.
Das klingt einleuchtend. In schwierigen Zeiten brauchen die Menschen Eskapismus und Optimismus, und Genre-Literatur bietet beides in Hülle und Fülle.
Aus diesem Grund habe ich, professionelle Autorin und echter Büchersnob, beschlossen, Fifty Shades of Grey zu lesen.
Das kann doch nicht so schlecht sein.
*
Fifty Shades of Grey, Seite eins, Satz eins.
Lieber Gott, es ist schlimmer, als ich dachte.
*
Ein Anruf.
Er, dessen Name nicht genannt werden soll.
Vergangenheit.
»Hi.«
»Heirate mich.«
Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
»Es ist vier Uhr morgens.«
»Zeit ist blöd. Komm mit mir nach London.«
»Du bist betrunken.«
»Stimmt!«
»Ich leg mich wieder schlafen.«
»Heirate mich und komm mit mir nach London.«
Pause.
»Gehst du wirklich nach London?«
»Ja. Ich liebe dich.«
Pause.
»Wie lange weißt du das schon?«
»Eine Weile. Heirate mich.«
Pause.
»Wann gehst du?«
»Weiß noch nicht. Kann ich vorbeikommen?«
Pause.
Pause.
Pause.
»Okay.«
*
Während Liora kocht, decke ich den Tisch für Schabbat. Es fühlt sich gut an, eine Aufgabe zu haben, sich nützlich zu machen, ohne mit jemandem reden zu müssen. Es würde sich noch besser anfühlen, wenn ihre Katzen, zwei prächtige Exemplare mit rotem Fell namens Pumpkin und Sweet Potato, nicht ständig auf den Tisch springen und alles durcheinanderbringen würden.
Ich decke sechs Tischsets, Teller, Gabeln, Messer, Gläser und Servietten in der üblichen Anordnung ein und stelle Warmhalteplatten und Wasserkrüge hinzu. Dann gehe ich in die Speisekammer, zum jüdischen Regal mit den Schabbatutensilien. Ich nehme silberne Kerzenständer, Kerzen, einen silbernen Kiddusch-Becher, Schnapsgläser, Traubensaft, eine bestickte Challah-Abdeckung und Kippas für Sean und Ethan und platziere sie dort, wo sie hingehören.
Ich liebe das Schabbat-Ritual, die Zeremonie. Liora und ich haben jeden Freitagabend mit Mum und Dad Schabbat gefeiert, bis wir ins Teenageralter kamen und solche Traditionen unserer kostbaren Zeit nicht mehr würdig waren.
Sean kommt mit Challahs und Eiscreme nach Hause.
»Geht’s dir gut?«, fragt er und gibt mir ein Brot, damit ich es auf den Tisch lege.
»Ging mir noch nie besser.«
Er lacht. »Ausgezeichnet.«
Er macht sich auf die Suche nach den Tintenfischen, die sich seit unserer Rückkehr seltsam ruhig verhalten haben.
»Kinder!«, ruft er. »Ich bin zu Hause!« Da das Haus nicht besonders groß ist, gibt es eigentlich nur drei Orte, an denen sie sein könnten.
»Hi, Dad!«
»Hi, Dad!«
»Hi, Daddy!«
Alle drei kommen die Treppe heruntergehüpft, in den Händen etwas, das nach Zeichnungen aussieht. Mit den freien Händen klammern sie sich kichernd in unterschiedlichen Höhen und Winkeln an Sean, während er langsam durch das Zimmer geht.
»Wir haben Karten für Tante Yaya gemacht«, sagt Lexi.
»Weil es ihr nicht gut geht«, mischt Ethan sich ein.
»Und sie hat Geburtstag!«, fügt Hannah hinzu.
»Hat sie nicht, Dummkopf!«
»Ethan!«, schimpft Sean. »Nenn deine Schwester nicht Dummkopf. Yael kann Geburtstag haben, wenn Hannah das will.«
»Kann ich auch Geburtstag haben, wenn ich das will?«, fragt Lexi hoffnungsvoll.
»Nicht heute«, sagt Sean. »Tut mir leid, ich habe die Regeln nicht gemacht.«
Seltsamerweise akzeptiert Lexi dies widerspruchslos, und sie alle geben mir besagte Karten, auf denen in beliebiger Reihenfolge ein Bus, ein Regenbogen und etwas, das ich für einen Pinguin halte, zu sehen sind. Auf allen dreien steht in großen Buchstaben und unterschiedlich akkurat »Gute Besserung«, wobei das »ung« auf einer Karte offenbar vor lauter Eifer beim Schreiben fehlt.
»Wow«, sage ich. »Ihr seid die Besten.«
Das ist alles ein bisschen viel.
»Welche findest du am schönsten?«, fragt Hannah.
»Mir gefallen sie alle«, stammle ich und suche schnell das Weite, damit die Kinder mich nicht weinen sehen.
Zwei neugierige Katzen folgen mir ins Bad, und wir setzen uns alle in die Wanne, als wäre das ganz normal.
Ich werde von einem Gefühl überwältigt, das ich nicht benennen kann und das irgendwo zwischen Schuld und Bedauern liegt.
»Ich hab sie einfach so lieb«, sage ich zu den Katzen, die offenbar nur wollen, dass ich den Wasserhahn aufdrehe, damit sie trinken können.
Es klopft an der Tür.
»Yael, ich bin’s, Sean. Kann ich reinkommen?«
Ich glaube nicht, dass noch jemand in die Badewanne passt.
»Ja.«
Er tritt ein und lehnt sich an das Waschbecken.
»Geht’s dir gut?«
Ich wische mir über das Gesicht. »Ich musste nur kurz allein sein. Sorry.«
