Hallo Oma! ... Hörst Du mich? - Coria Berende - E-Book

Hallo Oma! ... Hörst Du mich? E-Book

Coria Berende

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Beschreibung

Kinder zelten ungestört an einem See. Doch irgendetwas stimmt hier nicht. Was sie kurz darauf jedoch entdecken, versetzt sie in große Unruhe. Zudem hatten Lena und Tobi ein krasses Erlebnis auf dem Friedhof. Die Frage nach dem Tod lässt sie seitdem nicht mehr los. Mit Spannung nehmen sich die Kinder vor, diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Und erfahren etwas, was sie jubeln lässt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 284

Veröffentlichungsjahr: 2023

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© 2023 Coria Berende

Coverdesign: Evelin Meier

Illustration: Kathrin Neumann-Taubert

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg,

Deutschland

ISBN

Softcover

978-3-384-01389-7

E-Book

978-3-384-01390-3

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Teil 1

Sommerferien

Schätze der Erinnerung

Der Friedhof

Oma, wo bist du?

Vergessene Zeiten

Der Totengräber

Überrascht von Herrn Borne

Entweder – oder …

Ein Zelt und ein Ich

Neues Denken, neues Fühlen

Vom Plan zur Tat

Belauscht

Ein spannendes Gespräch

Kathys Entdeckung

Ein Wettlauf mit der Zeit

Falkos Reportage

Ende gut – alles gut?

Suchen und Finden

Ein raffinierter Plan

Zitterpartie auf dem See

Zwei Teams – ein Ziel

Sommergewitter

Etwas „Schönes“ machen?

Das ganz besondere Buch

Teil 2

Liebe Leserinnen und Leser!

Zu Besuch bei Herrn Borne

Herr Borne tickt anders

Verschiedene Meinungen

Wie alt ist unsere Erde?

Noch mehr Beispiele?

Und die anderen Religionen?

Der Anfang vom Anfang

Warum gibt es Tod und Leiden?

Eine Lüge mit gewaltiger Wirkung

Gefährliche Spiele

Unterschätzte Gefahren

Ein überraschender Anruf

Die freie Wahl

Die ersten Generationen

Ein Ende mit Schrecken

Bloß nicht die Niete ziehen

Wohin soll ich gehen?

Gerechtigkeit

Ein beglückender Zwischenfall

Beweise?

Auf der Fahrt des Lebens

Komm, sag es allen weiter … Oder doch nicht?

Die große Flut

Knifflige Fragen

Gibt es Leben auf anderen Planeten?

Verborgene Schätze

Baupläne in winzigen Schachteln

Am Rocky-River

Wem gehören wir?

Hilfe! Wer kann uns befreien?

Ein kleiner Blick in Gottes Reich

Weihnachten ganz neu entdeckt

Der Himmel steht uns offen – jetzt weißt du warum

Willkommen bei Gott – Das große Freudenfest

Hallo Oma! ... Hörst Du mich?

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Sommerferien

Willkommen bei Gott – Das große Freudenfest

Hallo Oma! ... Hörst Du mich?

Cover

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Teil 1

Sommerferien

Lena und ihr Bruder Tobi sind froh, dass endlich Ferien sind. Leicht und unbeschwert strolchen sie kreuz und quer durch ihren großen Garten. Ja, ihr Garten ist wirklich ziemlich groß! Es gibt Obstbäume, Beerensträucher, Büsche, hohes Kraut und manch verwilderte Ecken. Und so soll es auch sein, sagt ihre Mama. Eben ein Öko-Garten.

Es ist ein stiller, sonniger Vormittag. Erst wussten die beiden nicht so recht, was sie machen könnten, doch dann kam ihnen plötzlich eine Idee. Denn sie entdeckten einen richtig guten Geheimplatz. Ein lauschiges Plätzchen zwischen einem Holzstapel und einem dicken Holunderbusch. Genau richtig, um sich eine versteckte Bude zu bauen. Nicht weit davon eine Hecke, hinter der eine kleine Straße entlangführt. Doch wenn man sich hinhockt, kann man durch die Äste peilen und beobachten, wer draußen auf dem Weg vorüber geht. Wer zum Strand des nahen Sees trabt, zum Sportplatz rennt oder mit einem Bollerwagen zu den Gärten zockelt.

„Ha, ein perfekter Platz!“, freut sich Tobi und reibt sich die Hände. „Da könnten wir uns manchen Streich ausdenken! Und Leute schocken! Wir, gut getarnt und unsichtbar – und die da draußen … kriegen einen Schreck! Das wird lustig!“

Lena kraust die Stirn. „Was denn für Streiche?“

Tobi überlegt kurz. „Na ja, man legt zum Beispiel einen knorrigen Ast am Wegesrand ins hohe Gras und knotet eine dünne Schnur daran. Und wir, versteckt hinter der Hecke, halten sie fest. Und wenn dann jemand kommt, ziehen wir plötzlich so an der Schnur, so dass es tüchtig raschelt. Und am besten machen wir noch ein seltsames Geräusch dazu! Ich sag dir, die werden gucken wie `ne Kuh wenn’s donnert! Und wir würden uns eins ins Fäustchen lachen.“

Lena schmunzelt. „Nicht schlecht!“ Einen Augenblick stellt sie sich die Szene vor. Gleich darauf aber schnipst sie mit dem Finger. „Ha! Dazu fällt mir auch was ein! Erinnerst du dich, im Winter hatten wir doch mal aus feuchter Pappe und Leim jeder so einen gruseligen Männerkopf gebastelt? Mit langen Barthaaren!“

„Au ja!“, freut sich ihr Bruder. „Die beiden Köppe liegen in einem Karton, in der Garage! Die könnte man draußen in die buschige Eibe am Weg aufhängen! Und an einer Schnur lassen wir heimlich mal das eine – mal das andere Gruselgesicht plötzlich herunter.“

„Oh la la, das wird was geben!“, lacht Lena und klatscht in die Hände. „Aber das machen wir lieber nur bei solchen, die immer `ne große Klappe haben. Bei kleineren Kindern besser nicht.“

„Okay, schon klar.“ Das sieht Tobi ein. „Aber sonst machen wir es, stimmt’s?“ Übermütig boxt er in die Luft und rennt auf die alte Mauer ihres Gartens zu. Mit einem Satz springt er hinauf und schaut zum See hinüber. Von hier aus hat man überhaupt einen tollen Ausblick, weil ihr Grundstück auf einer kleinen Anhöhe liegt. Tobi lässt sich nieder und lässt die Beine baumeln. Doch schon bald hat er die nächste neue Idee: “Weißt du was, Lena, wollen wir dazu nicht Falko und Kathy einladen? Zu viert macht es doch erst richtig Spaß! Ja, wir könnten hier sogar übernachten! Die verreisen auch erst gegen Ende der Ferien, so wie wir. Von hier aus ist man schnell am See, wir könnten Radtouren machen oder was uns sonst noch alles einfällt.“

Lena blinzelt. „Ey, Tobi, das finde ich super! Wir fragen sie!“

Schätze der Erinnerung

Die Geschwister sind sich einig. Von ihrem Plan begeistert, flitzen sie zum Haus, um alles Mögliche für die Bude herbeizuholen.

Die Mutter sitzt auf der Terrasse und arbeitet an ihrem Laptop. „Mama, wo hast du denn die alten Decken und die grüne Plane?“, erkundigt sich Lena.

„Im Abstellraum! Ganz links im Regal.“

„Okay.“ Und schon sausen die Kinder ins Haus, laufen eifrig in den Abstellraum und knipsen das Licht an. Lena hat schnell gefunden was sie sucht und zieht es hervor. Doch Tobi’s Blick hat etwas anderes entdeckt: Einen besonderen Karton. Einen, den er schon heimlich vermisst hatte.

„Hier also bist du“, flüstert er und lächelt. „Schau mal, Lena, Omas Karton.“

„Waas?“, wundert sich auch seine Schwester. „Den habe ich schon überall gesucht.“ Sie legt die Plane zur Seite und streicht zärtlich über den Deckel. „Ach, Oma“, haucht sie. „Hier ist dein Karton also gelandet! Nein, das ist kein guter Platz für dich. Du kommst unbedingt wieder in mein Zimmer. Du, Tobi, wollen wir uns noch einmal alles ansehen?“

„Ja, komm, das machen wir“, flüstert ihr jüngerer Bruder und seine großen, braunen Augen blicken Lena an. Die Kinder lieben nämlich all die kleinen Erinnerungsstücke sehr, die sie von ihrer Oma aufgehoben haben. Denn ihre Oma ist nun leider tot. Vor etwa einem Jahr war sie ganz plötzlich gestorben. Damals fühlten sich die beiden wie vom Blitz getroffen. Sie konnten es überhaupt nicht fassen, dass sie von nun an ihre liebe Omi nie wieder sehen würden. Sie hatte in derselben Straße gewohnt und fast täglich waren sie bei ihr gewesen. Und dann, plötzlich … wurde sie mit Tatü-Tata ins Krankenhaus gefahren… Und kam nie wieder. Und was haben sie nicht alles miteinander erlebt! Ja, sie hatten ihre Oma sehr, sehr liebgehabt.

Leise trippeln die Kinder in Lenas Zimmer. Behutsam stellt das Mädchen den Karton auf den Teppich und öffnet den Deckel. Sogleich kommt den Kindern der wohlbekannte Geruch entgegen: nach Oma, nach Rosenblüten. Oma mischte sich nämlich immer selber ihr Parfüm: aus Rosen-Öl und anderen Wässerchen. Lena nimmt den Seidenschal heraus, hält ihn sich unter die Nase und schließt die Augen. Tobi ergreift das andere Ende des Schals und küsst den zarten Stoff. Dabei kann er seine Tränen nicht mehr zurückhalten.

Nach einer Weile wischen sich beide über die Augen und blinzeln. Dann finden sie in einer kleinen Schachtel Omas grüne Kette, die Armbanduhr und ihre Lieblingstasse mit dem schönen Vogel darauf ….

Nun greift Tobi zur kleinen, roten Ledermappe mit den Fotos. „Schau mal, Lena, dieses Bild! Hier steht Oma an der Pferdekoppel, als sie mit uns zum Reiten war.“

„Oh ja, das war ein toller Tag damals. Und hier buddeln wir alle zusammen in ihrem Garten Kartoffeln aus! Und Oma hält die größte Kartoffel in der Hand!“

„Ja, und hinterher gab’s Pellkartoffeln mit Salz und Butter.“

„Genau. Und zwar in Omas gemütlichen Küche mit dem breiten Sofa. Ach, war es da immer schööön…“, schwärmt Lena.

Schon hat Tobi das nächste Bild. „Und hier waren wir mit Oma an dem einsamen Waldsee. Guck mal, wir hatten Omas Füße ganz tief eingebuddelt.“

Lena schmunzelt. „Wie sie da hervorschaut unter dem großen Sonnenhut!… Aber weißt du noch, Tobi, als du dann plötzlich durchs Fernglas einen verdächtigen Kerl entdeckt hattest? Der sich ganz seltsam verhielt, komisch umherschlich, so, als ob er etwas suchte?“

„Na, das war was!“, flüstert ihr Bruder, „In der einen Hand schleppte er einen Aktenkoffer und in der anderen hielt er ein langes, schwarzes Ding! Wir vermuteten gleich, dass es ein Gewehr sein könnte.“

„Mensch, jaa!“, erinnert sich Lena. „Da wurde uns richtig mulmig und wir bekamen Angst. Und dann ist Oma heimlich mit uns davon gekrabbelt. Ganz vorsichtig … geduckt, wie in einem Gangsterfilm. Bis wir in einer Senke Deckung fanden.“

Tobi schüttelt sich und zieht die Schultern hoch. „Huuh, wenn ich daran noch denke! Wir hatten den Kerl dann noch so lange beobachtet, bis er im hohen Schilf verschwunden war und nicht wieder herauskam.“

Lena kraust die Stirn. „Sehr komisch war das alles … Stimmt’s? Am Ende tasteten wir uns noch durch wüstes Gestrüpp, bis wir endlich auf einen Weg stießen.“

So betrachten die Kinder andächtig die Fotos, eins nach dem anderen. Und erinnern sich an die vielen schönen Momente, die sie mit ihrer Oma erlebt haben.

Als sie dann alles wieder zurück in den Karton legen, sieht Tobi recht verzweifelt aus. „Oh Mann, das ist so gemein, dass Oma tot ist!“, presst er hervor. Er hat seine Hände zu Fäusten geballt und würde am liebsten laut schimpfen. Vor Zorn, weil seine Oma nicht mehr da ist! Aber er weiß nicht recht auf wen. Wer ist denn schuld an Omas Tod? Eigentlich keiner! …Oder? … Schließlich zischt er böse: „Diese doofe Krankheit war schuld.“

Lena schnaubt sich die Nase. „Wenn Oma wenigstens so lange gelebt hätte, bis wir groß sind! Sie ist viel zu früh gestorben! Weißt du was, Tobi, wir gehen jetzt auf den Friedhof und besuchen sie. Aber vorher pflücken wir noch einen schönen Blumenstrauß fürs Grab. Die Bude können wir danach noch bauen. Das läuft uns nicht weg. Die Ferien haben ja gerade erst angefangen.“

Betrübt schnieft ihr Bruder vor sich hin und wischt sich mit dem Arm übers Gesicht. Lena nimmt den geliebten Karton und stellt ihn hinters Bett.

Draußen ist es still und heiß. Nur die Bienen summen und ein warmer Wind streicht durch den Garten. Die Kinder machen sich nun daran, einen großen, bunten Strauß zu pflücken.

„Mama, wir gehen mal zum Friedhof, Oma besuchen!“, ruft Lena der Mutter zu, die noch immer auf der Terrasse sitzt und auf den Bildschirm schaut.

Die Mutter blickt auf: „Das ist eine prima Idee! Denn die Blumen auf dem Grab müssen unbedingt gegossen werden.“

„Machen wir!“ Das Gartentürchen klappt zu und die Kinder traben davon.

Der Friedhof

Der Friedhof liegt am Rande des Dorfes. Die Geschwister haben es nicht eilig. Gemächlich schlendern sie an Gärten entlang und an Häuser, die in der Sonne dösen. Die Hitze macht schlapp und jeder geht seinen Gedanken nach.

Lena geht gern auf den Friedhof. Wie geheimnisvoll es dort immer ist. Besonders da, wo die alten Gräber sind. Die ganz alten. Weit hinten liegen sie, schon nahe am Wald. Ein Ort, wo es knorrige Bäume gibt, verwunschene Hecken, und Wege, die längst zugewachsen sind. Wenn man sich dort einmal hinschleicht, ganz stillsteht und lauscht, fühlt man sich ganz sonderbar. Trotzdem zieht es Lena manchmal gerade da hin. Schon früher, als sie mit Oma öfter auf dem Friedhof war. Meist fand Oma dann jemanden zum Schwatzen und setzte sich auf eine Bank. Dann machte sich Lena auf leisen Sohlen davon. Heimlich wollte sie diese ältesten Gräber erkunden. Mit bebendem Herzen wagte sie sich immer weiter vor. Schlich sich näher an das Dickicht heran, wo die düsteren Steinkreuze stehen. Hier und da verweilte sie, betastete das Moos auf den rauen Steinen und atmete den herben Duft der Lebensbäume ein. Einmal zwängte sie sich in die Lücke einer dichten Hecke. Wie eine schützende Mauer stand sie um drei alte Gräber. Als sie eintrat, fühlte sich Lena wie in einem geheimen Schlafzimmer. Denn hier ruhten in einsamer Stille, tief in der Erde, Menschen. Menschen, die einmal da waren … und nun nicht mehr sind. Lena konnte richtig spüren, wie sich die vergangenen Zeiten hier eingenistet haben. Langsam hockte sie sich nieder und flüsterte: „Ach je, ihr Armen, an euch denkt heute niemand mehr. Nicht mal einer.“ Zärtlich berührten ihre Finger die Buchstaben einer Steintafel. „Selma“ stand da als Vorname. „Oh, Selma, … wer warst du? Wie hast du wohl ausgesehen? Was hast du … gern gemacht? Warst du arm? … Keiner weiß es mehr. Bist völlig vergessen … für immer.“ Reste einer zerbrochenen Vase lagen zwischen raschelndem Laub. Ganz verwittert. Sonst nur trockene Zweige, die der Wind vom Baum geweht hatte. Und Spinnennetze! Überall!

Plötzlich wird das Mädchen aus ihren Gedanken gerissen. Tobi hatte klappernd eine Blechdose vor sich her geschossen.

„Ach, wir sind ja schon da!“, ruft seine Schwester überrascht. Denn gerade sind sie bei der Friedhofsmauer angekommen.

Das kleine, eiserne Türchen quietscht und sie betreten den Friedhof.

„Endlich Schatten!“, stöhnt Tobi und schaut hinauf zum dichten Blätterdach der Bäume. Gleich am Eingang plätschert ein kleiner Brunnen. Lena schnappt sich eine der Gießkannen, die dort immer bereitstehen und sagt: „Warte kurz, Tobi!“ Damit taucht sie die Kanne in das kühle Wasser und hebt sie mühsam heraus. Dann trippeln die beiden los.

Tobi betrachtet den Friedhof heute genauer als sonst. Denn manchmal erzählt ihm seine Schwester vor dem Einschlafen noch eine Geschichte. Und da kommt meistens auch irgendwie der Friedhof drin vor. Echt gruselig.

Na ja, jetzt aber scheint die Sonne und alles ist nur halb so schlimm. Er hört den Gesang der Vögel, und versteckt auf hohen Zweigen gurren ein paar Wildtauben.

Kurz darauf biegen sie in den Weg ein, wo es die neueren Gräber gibt. Hier sehen die meisten Grabstellen wie prachtvolle Blumenbeete aus. Viele sind sogar geschmückt mit besonderen Erinnerungsstücken.

Tobi hat nun von weitem ein recht auffälliges, buntes Grab entdeckt. Schnell rennt er hin und betrachtet es. „Lena, sieh dir das an!“, ruft er.

Als das Mädchen die schwere Kanne absetzt, nickt sie. „Wow! Wie eine kleine Ausstellung!“

Was sogleich auffällt, ist das schöne Foto einer jungen Frau. Davor eine Menge weißer Engelsfiguren.

Auch ein aufgeschlagenes Buch, verzierte Steine und Windmühlen. Ja, sogar ein Sonnenhut mit roten Bändern. Ganz besonders toll aber findet Tobi das kleine Ruderboot in der Mitte, das nicht viel größer ist, als ein Schuhkarton.

„Ich weiß, wer hier liegt“, sagt Lena. „Da, es steht auf dem Grabstein. Silvia Kemberg hieß sie. Weißt du noch, die junge Frau vom Ruder-Club? Sie war doch letzten Sommer ertrunken! Erinnerst du dich? Bei der Überschwemmung in den Wiesen, als ein alter Mann in Not geraten war und sie ihn retten wollte. Das war für alle ein mächtiger Schock gewesen!“

Tobi nickt zaghaft und schaut sich das Foto an. „Ja, jetzt weiß ich’s wieder.“ Natürlich, er hatte die junge Frau oft gesehen, unten am Fluss. Sie war immer so chic und sportlich gewesen. Und wenn sie mit ihrem Rad den Uferweg entlangfuhr, flatterte ihr blondes Haar im Wind. – Tja, und nun gibt es sie nicht mehr. Wie seltsam. Man kann es kaum glauben.

Nachdenklich gehen die Kinder weiter und betrachten die unterschiedlichen Grabsteine. Manche sind geformt als Baumstamm, Säule oder Herz. Richtig schöne Kunstwerke.

Dann streckt Lena den Finger aus und zeigt: „Schau mal, der weiße Engel dort drüben. Der gefällt mir am besten. Er ist sogar größer als Mama!“

Die Kinder laufen hin und bestaunen die großen Flügel und das schöne, zarte Gesicht der Figur. „Siehst du, wie freundlich er uns anschaut?“, flüstert der Junge. „Lena, gibt es Engel wirklich?“

„Das weiß ich nicht, Tobi.“

Oma, wo bist du?

Schließlich kommen die Geschwister beim Grab ihrer Oma an. Es liegt voll in der Sonne. Die goldene Schrift auf dem Stein glänzt noch wie neu.

„Oma, wir sind daa!“, ruft Tobi und streichelt mit den Fingern über Omas Namen.

Lena hockt sich hin und sagt: „Hey, Oma, wir bringen dir Blumen! Weißt du was, ich habe ein richtig gutes Zeugnis bekommen. Freust du dich? Und deine Hühner sind auch gut versorgt. Papa hat einen Stall gebaut. … Und in deinem Haus … wohnt jetzt eine andere Familie.“

Dann erhebt sich das Mädchen und beginnt das Grab zu begießen. „Siehst du, Tobi, wie die Blumen schon die Köpfe hängen lassen?“

Tobi hält ihr schnell die Vase hin. „Hier muss auch was rein!“ Dann stellt er ihren mitgebrachten Strauß in die Mitte. „Hier, Oma, für dich! – Was meinst du, Lena, ob Oma uns hören kann? Oder auch sehen? Wo ist sie denn jetzt?“

Seine Schwester hebt die Schultern. „Wenn ich das nur wüsste…“ Und nach einer Pause meint sie: „Manche Leute sagen ja, man ist dann im Himmel… Allerdings liegt ihr Körper ja hier, unter der Erde in einem Sarg.“

„Ja, in dieser schönen Holzkiste“, erinnert sich Tobi und wischt sich den Schweiß von der Stirn.

Nachdenklich setzen sich beide auf die Einfassung und beginnen das Unkraut zu zupfen.

„Der Himmel … der Himmel … wo könnte das denn sein?“, murmelt Tobi.

„Tja“, meint Lena nur und pustet sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Keine Ahnung. Und wenn, würden dann alle in den Himmel kommen? Auch die ganz Bösen? Solche, die Menschen getötet haben? Oder gequält?… Das wäre dann doch aber ungerecht, oder?“

„Das stimmt.“ Tobi presst die Lippen zusammen. „Aber wo kommen die dann hin?“

„Vielleicht in die Hölle?“, lacht Lena kurz auf. „Ach, Tobi, sowas kann es gar nicht geben, dass man irgendwo hinkommt. Das ist nur so Gerede… Damit die Menschen einen Trost haben.“ Seufzend nimmt das Mädchen eine Harke hinter dem Grabstein hervor.

Doch Tobi lässt nicht locker. „Und wenn es den Himmel doch gibt?“

„Na ja, schön wärs.“

„Und auch die Hölle?“, setzt Tobi dazu und schaut ängstlich seine Schwester an. „Wo kämen wir dann hin? Du und ich?“

Lena blickt erschrocken auf. „Wir?“, wiederholt sie, stützt sich auf die Harke und schaut zu den Tauben, die noch immer in den Zweigen flattern. „Also, wenn es das wirklich gäbe … wüsste ich es nicht. Man weiß ja gar nicht, wovon das abhängt! Ob Himmel oder Hölle. Ist es wie beim Zeugnis in der Schule? Ob man versetzt wird oder nicht? Wonach ginge es da? Und wer bestimmt das überhaupt?“

Tobi schaut ratlos seine Schwester an. „Lena, was meinst du, wen könnte man denn danach fragen?… Das ist doch wichtig, findest du nicht? Wer könnte denn wissen, was nach dem Tod dann kommt? … Wo man dann ist?… War jemand schon mal tot und ist dann wieder lebendig geworden? Der könnte dann erzählen, wo er war.“

Lena überlegt. „Nee, das geht bestimmt nicht, dass ein Toter wieder aufwacht. Und wenn, dann war er noch nicht so richtig tot.“

Tobi hebt die Schultern. „Aber irgendwer auf der Welt muss es doch wissen! Vielleicht ein Pastor?“

„Hmm, aber wir haben ja keinen mehr in unserem Dorf. Und selbst wenn, wie könnten wir dann sicher sein, ob das dann auch stimmt, was er sagt? Er ist doch auch nur ein Mensch.“ Versonnen harkt Lena ein schönes Muster um das Grab und legt dann die Harke wieder an ihren Platz zurück.

Vergessene Zeiten

Danach nimmt das Mädchen die leere Gießkanne und flüstert: „Komm Tobi, wir gehen jetzt mal einen anderen Weg zurück … einen ganz geheimnisvollen. Siehst du da hinten die düsteren Bäume? Da liegen die ältesten Gräber. Du weißt schon, die, von denen ich dir manchmal erzählt habe. Wollen wir da mal einen Blick drauf werfen?“ Tobi erinnert sich sogleich an Lenas Gruselgeschichten. „Na gut“, nickt er.

Die beiden traben los. Je weiter sie zum hinteren Teil des Friedhofs vordringen, um so leiser werden ihre Schritte. Tobi erschaudert, als er zwischen wilden Hecken verrostete Kreuze hervorragen sieht oder umgestürzte Steinsäulen … zerbröckelte Figuren.

„Halt, Lena! Weiter gehe ich nicht!“, bremst der Junge ab und macht ein banges Gesicht. Und flüstert dann: „Ist mir echt zu gruselig.“

„Ach, komm schon, nur noch bis zu diesem Grabstein da, mit dem großen Vogel.“

„Aber weiter nicht!“, beharrt der Junge.

Der steinerne Vogel wirkt wie ein Wächter mit seinen ausgebreiteten Flügeln. Sein Adlergesicht blickt kalt und böse auf den Weg. Hinter ihm breitet sich ein größeres Gräberfeld aus, beschattet von tiefhängenden Zweigen. Überall von Efeu überwuchert. Wie ein dichter Teppich. Unter jeder Erhöhung lässt sich ein Grab erahnen.

Mit verhaltener Stimme bemerkt Lena: „Ist das nicht seltsam? Alle, die hier ruhen, haben früher einmal in unserem Dorf gelebt. Vor sehr langer Zeit. Aber jetzt erinnert sich niemand mehr an sie. Als wären sie nie da gewesen.“

„Hmm“, nickt Tobi bedrückt, wobei seine Blicke über das dämmrige Gelände gleiten. „Fühlt sich richtig komisch an.“, sagt er leise. „So schwer und traurig.“

Eine Weile lassen die Kinder den kühlen Hauch des Ortes auf sich wirken. Sie sehen, wie an manchen Stellen noch Grabsteine aus den Blätterranken hervorschauen. Wundersam ist diese Sache mit dem Tod, denken sie. Erst ist man eine Weile auf der Welt und dann verschwindet man wieder. Für immer.

Lena stupst ihren Bruder an: „Komm Tobi, wir versuchen mal, ob wir auf den alten Grabsteinen noch etwas entziffern können.“

Vorsichtig staksen die Geschwister auf die versunkenen Gräber zu. Uuh! Ihre Beine verschwinden bis zu den Knien in Efeuranken.

Lena beugt sich hier und da über einen Stein, schüttelt aber gleich den Kopf. „Nee, nix mehr zu erkennen.“

Auch bei den nächsten Gräbern links und rechts ist alles schon verwittert.

„Vielleicht da!“, zeigt Tobi. „Dieser Stein dort, mit der schwarzen Platte! Da, wo an der Seite ein Engelskopf hervorschaut.“

„Okay, versuchen wir es.“ Beide waten darauf zu.

Als sie die Stelle erreichen, streicht Tobi über den Kopf des Engels und befreit ihn vom Grünzeug. „Sieh mal, Lena, er zeigt mit einer Hand auf die Grabinschrift und mit der anderen zum Himmel hinauf.“

Emsig beginnen nun die Kinder den Stein von Ranken zu befreien. Und tatsächlich, die Schrift ist noch recht gut erhalten. Lena befeuchtet sogar ihr Taschentuch mit den letzten Tropfen aus der Kanne und versucht die Platte zu säubern.

„So, ich glaube, jetzt kann man es einigermaßen lesen. Also los:

Hier ruhen in Gott

unsere geliebten Kinder

Johannes Feldmann

Geboren am 17.5.1862

Gestorben am 23.11.1869

Magdalena Feldmann

Geboren am 14.7.1859

Gestorben am 27.11.1869

Tobi hat genau mitgelesen. Konzentriert blickt er auf die Zahlen und hat dann schnell errechnet, wie alt die beiden geworden sind. „Mensch, Lena, das Mädchen wurde nur… 10 Jahre alt und der Junge nur… 7!! Geschwister, so wie wir!“

„Ja, und außerdem“, zeigt Lena auf die Ziffern, „sind sie innerhalb von nur 4 Tagen gestorben! Stell dir das mal vor! In nicht mal einer Woche beide Kinder tot! Die hatten bestimmt eine schlimme, ansteckende Krankheit und keiner konnte helfen.“

„Die armen Eltern“, seufzt Tobi. „Das war vor … warte … vor etwa 153 Jahren! Oh Mann, ist das lange her!“

„Ja, damals sind viele schon als Kind gestorben.“, bemerkt Lena. „Hat Oma erzählt.“ Dann aber entdeckt das Mädchen, dass da noch mehr geschrieben steht. Eifrig drückt sie die Efeu-Stängel noch tiefer herunter, säubert die Stelle und liest dann langsam vor:

In der festen Hoffnung auf den Tag der Auferstehung, auf dass sie alle Zeit bei Gott sein werden.

Schau dir das an, Tobi … Genau unser Thema von vorhin. Die haben damals tatsächlich geglaubt, dass sie eines Tages wieder lebendig werden. … Aber, ach,“ winkt das Mädchen ab, „das kann es ja gar nicht geben.“

Tobi zieht die Stirn hoch. „Aber, wer weiß … vielleicht gibt es das doch! … Schau auf die zweite Zeile: …dass sie alle Zeit bei Gott sein werden… Könnte doch sein, dass es Gott gibt! Der dann die Menschen zu sich holen kann. Oder?“

Lena blinzelt. „Mal im Ernst, hältst du das für möglich? Das geht doch gar nicht.“

„Ich meine ja nur. Vielleicht gibt es ja doch etwas Großes, Unbekanntes, irgendwo da oben bei den Sternen.“

„Ach Unsinn“, schüttelt seine Schwester den Kopf. „In der Schule sagen sie jedenfalls, dass es Gott gar nicht gibt. Auch die Astronauten haben nie einen gesehen. Und wie, bitteschön, sollten denn Tote wieder lebendig werden?“

„Trotzdem“, beharrt Tobi, „Die Lehrer können auch nicht alles wissen.“

Nachdenklich kratzt sich Lena einen Mückenstich am Arm und schmiert sich etwas Spucke drauf.

Dann murmelt sie: „Mama und Papa haben aber auch noch nie etwas von Gott gesagt.“

Ihr Bruder zuckt die Schultern. „Bestimmt, weil sie es nur auch nicht wissen. Aber stell dir doch mal vor, Lena, das gäbe es wirklich! Ein neues Leben! Irgendwo bei Gott! Vielleicht wussten die Leute früher mehr darüber.“

„Ach Tobi, das klingt eher nach Wunschdenken. Damit das Sterben nicht so traurig ist. Ich kann es mir jedenfalls nicht vorstellen.“ Das Mädchen seufzt und richtet sich auf. „Die wissen doch heute fast alles“, betont sie und fuchtelt in der Luft. „Erforschen sogar das Weltall! Komm Tobi, gehen wir nach Hause.

Der Totengräber

Mit großen Schritten verlassen die Kinder das einsame Gräberfeld. Als sie in einen Nebenweg einbiegen, hören sie plötzlich Geräusche.

„Psst! Da ist jemand“, flüstert Tobi und bleibt ängstlich stehen.

Doch Lena geht einfach weiter. Kurz darauf entdeckt sie einen Haufen mit frischer Erde. Sie hört auch, wie jemand mit einer Schippe Erde nach oben wirft. Da dreht sie sich zu ihrem Bruder um und grinst. „Komm schon, da wird gerade ein neues Grab ausgeschachtet.“

Als die Geschwister näherkommen, sehen sie, dass es Herr Borne ist. Nicht der übliche Friedhofswärter. „Guten Tag, Herr Borne!“, grüßen die Kinder.

Der Mann blickt auf. „Hallo Lena! Na, Kinder, habt ihr das Grab eurer Oma besucht?“

Die beiden nicken.

„Na, und ich mache Vertretung und bereite gerade, wie ihr seht, mal wieder ein Grab vor.“

„Wer ist denn gestorben?“, erkundigt sich Lena.

„Martin Reusch. Der junge Mann, der immer so rasant mit seinem Motorrad um die Kurven flitzte. Habt ihr nicht von seinem Unfall gehört?“

„Waaas?“ Die Kinder sind zutiefst erschrocken. Nein!! Das hatten sie noch nicht gehört! „Oh, wie schrecklich!… Das kann doch nicht wahr sein!“

„Und ich fand den immer so cool“, murmelt Tobi. „In seinen Lederklamotten und dem rot gestreiften Helm… Der kann doch jetzt nicht einfach tot sein!“

„Tja, das ist wirklich kaum zu glauben“, schnauft Herr Borne. „So schnell kann alles vorbei sein.“

Bestürzt schauen die Kinder dem Mann bei der Arbeit zu. Eine ganze Weile. Und sagen kein Wort. Plötzlich aber zuckt Tobi zusammen. Denn gerade hat er in dem Haufen lockerer Erde einen Totenschädel entdeckt! „Dddda ist ein Totenkopf!!!“, stottert er und stupst seine Schwester an.

„Tatsächlich! …“, flüstert das Mädchen, macht große Augen und geht näher heran. Mit krauser Nase betrachtet sie das gruselige Ding.

Herr Borne macht eine Pause und wischt sich über die Stirn. „Na, was guckt ihr denn so bedeppert? Wenn ein Grab ausgehoben wird, kommen fast immer Totenköpfe zum Vorschein … und auch andere menschliche Knochen. Ist ganz normal auf’m Friedhof. Seit hunderten von Jahren werden hier schon Menschen begraben. Und Knochen halten sich mitunter lange in der Erde. Und schaut mal da!“ Der Mann klettert mühsam aus der Grube. „Das ist noch ein Stück Holz vom Sarg! Oder dort, an der Wurzel, da hängen sogar noch Fetzen von Stoff! Von dem, was der Tote damals angehabt hatte.“

Mit großem Staunen schauen es die Kinder an und sind ziemlich schockiert. Es geht ihnen durch und durch.

Herr Borne richtet sich auf. „Einmal, Kinder, da habe ich mich selbst total gegruselt. Ich stand so da, gestützt auf meinen Spaten, ein Totenkopf nicht weit von mir … da begann der auf einmal zu nicken. Richtig heftig! Vor Schreck sprang ich gleich drei Schritte zurück und mir zitterten die Knie. Eine Weile beobachtete ich die Sache mit Abstand und begann mich richtig zu fürchten. Doch plötzlich sprang ein kleiner Frosch aus dem Schädel heraus und der Spuk war vorbei. Da war ich aber froh! Denn eigentlich braucht man sich vor Toten nicht zu fürchten. Sie können nichts mehr tun.“

„Echt nicht?“, fragt Tobi.

„Nee, ganz sicher nicht.“

Überrascht von Herrn Borne

Bedrückt betrachten Lena und Tobi den Erdhaufen und die Knochen. Huuh, wie grauenhaft, denken sie. Dies war mal ein lebendiger Mensch! Und nun? Sind nur noch Reste von ihm übrig.

Sogleich fällt Lena die Frage wieder ein, die sich die Kinder vor wenigen Minuten gestellt hatten. „Herr Borne, was meinen Sie, können die Toten auch irgendwann wieder lebendig werden? Also auferstehen? Das haben wir nämlich dort hinten auf einem alten Grabstein gelesen.“

Der Mann schaut das Mädchen überrascht an. Das hat ihn ja noch niemand gefragt.

Lena aber wartet äußerst gespannt auf seine Antwort. Da sieht sie … wie der Mann … vollen Ernstes zu nicken beginnt.

„Oh ja“, bestätigt er, „ganz gewiss werden die Toten auferstehen. Nämlich dann, wenn unsere Weltzeit hier zu Ende ist. So hat es Gott gesagt. So steht es in der Bibel.“

„Also doch!“, durchzuckt es Tobi.

Doch Lena ist sprachlos. Ihr bleibt der Mund offenstehen. Mit dieser Antwort hat sie absolut nicht gerechnet. Nicht von Herrn Borne! Ein Grab herrichten – das macht er nur mal nebenbei, wenn der echte Friedhofswärter mal verhindert ist. Sie weiß, sein wirklicher Beruf ist Landvermesser. Dabei muss er viel herumreisen. Außerdem interessiert er sich für Erdschichten, Gesteine und für besondere Fundstücke, die man im Boden entdecken kann. Darüber hat er auch schon mal in Sachkunde einen Vortrag gehalten. Und nun das! Er glaubt also tatsächlich, dass die Toten einmal auferstehen werden?!

Zweifelnd schaut sie den Mann an. „Herr Borne … aber wie denn? Das geht doch gar nicht! Sie sehen doch, der ganze Körper ist zerfallen und zu Erde geworden! Das kann doch gar nicht funktionieren!“

„Na, auf den ersten Blick sieht es zwar so aus. Aber fest steht auch: Gott ist Gott. Er ist doch nicht nur wie ein Mensch, sondern der Herrscher über das ganze Universum! Und über noch viel mehr! Er hat unsere Welt erschaffen, und alle Lebewesen überhaupt! Und den ganzen Kosmos! Für ihn ist unsere Erde nur so klein wie eine Handvoll. Viele Menschen haben keine Ahnung, wer Gott wirklich ist und was er alles kann! Sie glauben eben nur an das, was man hier so sieht. Oder was man ein bisschen erforscht hat. Dabei gibt es noch so vieles, wovon die Menschen keine Ahnung haben! Das ganze Weltall ist voll von Geheimnissen. Die riesige Menge an Sternen, das Licht, besondere Strahlen, magnetische Kräfte… Ebenso auch das winzig Kleine, was unsere Augen nicht erfassen können. Einfach alles! Gott ist ein großes Genie, der über alles wacht und es zusammenhält.“

„Waas?“, entfährt es Lena. „Das habe ich ja noch nie gehört! Ich dachte, alles sei einfach nur so da! Von allein! … Durch einen Urknall entstanden.“